Cover

Prolog




Kaum einer weiß von ihrer Existenz. Kaum einer könnte sich ausmalen, dass es so etwas wie sie überhaupt geben kann. Doch sie ist wahrhaftig, mächtig und real und gleichzeitig ist sie umso weniger greifbar.
Denn nur ein Mädchen vermag sie zu kennen und zu sehen, sie zu hören, sie zu spüren. Aber um dorthin zu gelangen, gibt es eine lange Reise zu bestehen. Eine Reise, die so gefährlich ist, wie die Geschichte von Harry Potter, genauso überirdisch, machtvoll und spektakulär, und doch anders.
Jedoch spielt diese Geschichte in der selben Welt. In der Welt der Zauberer und Hexen, der Welt, in der es vor Riesen, Acromantulas, Gnomen, Trollen, Dementoren und unzähliger anderen Kreaturen nur so wimmelt. Einer Welt, die so magisch ist, dass die Unwissenden nur davon träumen können, sich nicht denken, dass es solche Mächte wirklich gibt, so etwas wie die Magie, dass sie in jedem Augenblick vor ihren Augen Gestalt annehmen könnte.
Diese Geschichte handelt von der Welt eines Mädchens, dessen Lebensweg schon seit ihrer Geburt festgelegt ist. Folgt ihrem schwierigen, gefährlichen und teilweise einsamen Weg dorthin und taucht ein in das Wunder der Zauberei, das manchmal so verzwickt und grausam, und trotzdem geheimnisvoll und schön zugleich sein kann.
Wird es dem Mädchen gelingen, die gläserne Prinzessin zu finden und ihre Vergangenheit zu enthüllen? Denn das geheimnisvolle Schweigen, das um das Verschwinden ihrer Mutter gelegt wird, lässt das Mädchen nicht los und bewegt sie dazu, ein großes Verbrechen aufzudecken, das schon Jahrhunderte mit Sagen umwoben ist und spektakulär bleibt.

Ein grauer Geburtstag




Abby konnte gerade noch ausweichen, bevor ein Teller genau auf ihr Gesicht prallte. Ihr Vater war echt ein fauler Sack. Und grausam. Selbst an einem vielleicht hoffnungsvollen, zweiundzwanzigsten August - ihrem Geburtstag - konnte er sich nicht davon abhalten, etwas nach ihr werfen zu wollen. Und das schon vor dem Frühstück!
Wird Zeit, dass ich abhaue..

, flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf und wie auf Kommando verließ sie schnell das Haus, während ihr Vater ihr noch wüste Beschimpfungen nach rief, auf die sie schon aus Prinzip nicht mehr achtete.
Sie seufzte. Bis sie siebzehn wurde waren es noch ganze zwei Jahre. Wie würde sie das bloß aushalten? Es war ja schon schwer gewesen, sich an zu gewöhnen auszuweichen, wenn sie in die Nähe ihres Vaters kam.
Ihre Mutter war tot, lange schon bevor sie sich daran erinnern konnte. Zumindest nahm das Zaubereiministerium es an, denn wirklich bewiesen war es nicht, ihre Mutter war lediglich zwei Jahre nach Abbys Geburt verschwunden und ihre Leiche hatte man nie finden können. Von einem Tag auf den anderen war sie fort und wurde nie wieder gesehen und das schon seit dreizehn Jahren nicht mehr.
Und wieso war Abby überhaupt hier? Wieso hatte ihr Vater sie nicht schon längst zu einer Waisen gemacht? Und wieso kümmerte es sie? Sie hatte nie besonders viele Sympathien erhalten, weder von der Familie, noch von anderen Mitmenschen. Dabei war sie nicht einmal hässlich, stinken tat sie auch nicht. Das Mädchen hielt sich immer fern von Dingen, die einen unwohlen Geruch verbreiteten. Zum Beispiel ihr Vater.
Edgar Swan war ein Trinker. Er brauchte nicht einmal mehr zu schlafen. Dem schweißtriefenden, ekligem Arbeitslosen war es zuwider, sich in ein Bett zu legen und dann nichts mehr zu tun. Wahrscheinlich hatte er einfach nur Angst, er könnte etwas sehr Wichtiges verpassen, sobald er schlief, doch das war völliger Blödsinn. Bei ihm lief sowieso nichts mehr. Die Logik ihres Vaters war dem fünfzehnjährigem Mädchen schon immer fremd gewesen.
Ihr durchschnittlich dunkelbraunes, langes Haar und ihre durchschnittlichen grün-braunen Augen musste sie von ihrer Mutter haben, denn ihr Vater hatte helle Haare und helle Augen. Er mochte einst ein gut aussehender Mann gewesen sein, doch das frühe Dahinscheiden seiner Frau hatte einen rapide schlechter werdenden Eindruck auf ihn hinterlassen.
Ein Glück, dass nächste Woche die Sommerferien vorbei waren! Wenigstens darauf konnte Abby sich freuen. Nächste Woche war der erste September. Der Tag, an dem der Hogwartsexpress um Punkt elf Uhr von Gleis 9 ¾ abfahren, und ihr fünftes Jahr in Hogwarts, der Schule der Hexerei und Zauberei, anbrechen würde.
Abby wusste nicht, warum sie eine Hexe war. Klar, sie hatte magisches Blut in ihren Adern, aber sie wusste nichts über dessen Herkunft. War sie eine Muggelstämmige oder ein Halbblut? Die fünfzehnjährige Hexe war sich sicher: Ihr Vater war kein Zauberer.
Aber was war mit ihrer Mutter? Über die wusste Abby nichts. Ihr Vater hatte ihr nie etwas erzählt und im ganzen Haus hatte sie nur ein Bild von ihr gefunden. Telma Swan war eine ungewöhnlich schöne Frau gewesen und ihre Tochter war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Womöglich war dies der Grund für die spürbare Abneigung ihres Vaters. Dies könnte der Grund sein, denn sie erinnerte ihn immer daran, dass die schöne Frau auf dem Foto nicht mehr lebte, beziehungsweise verschwunden war.
Abbys Kindheit hatte sie geprägt, denn schon in sehr jungen Jahren hatte sie erkennen müssen, dass ihr Vater sich nicht für sie interessierte. Die Flasche war ihm wichtiger, als sein eigen Fleisch und Blut. Wirklich traurig. Deshalb konnte die junge Hexe auch nicht verstehen, wie die schöne Frau auf dem einzigen Familienfoto im Haus einen solchen Versager heiraten konnte, wie ihr Vater einer war. War Telma Swan zu verliebt gewesen, – obwohl Abby sich schwer vorstellen konnte, wie man solch einen Mann lieben konnte – um Edgars Wesen zu erkennen, oder wollte sie es nicht sehen? Wie war ihr Vater wohl vor dem Tod seiner Frau gewesen? Das Vergangene zog Abby in einen Bann, der sie wie ein unsichtbarer Sog zu sich hinzuziehen versuchte.
Irgendwann würde sie wissen, wieso ihre Mutter verschwunden war, denn das hatte man ihr nicht verraten. Man hatte ihr sowieso nie etwas über sie erzählt. Ihr Vater nicht und auch sonst niemand, der sie eigentlich gekannt haben musste. Wie zum Beispiel Professor McGonagal, die Leiterin des Hauses Gryffindor. Abby wusste durch den sprechenden Hut, dass ihre Mutter eine Gryffindor gewesen war, also warum konnte die Professorin ihr nichts über sie erzählen? Wieso wollte

sie ihr nichts über Telma erzählen? Selbst die Tatsache, dass sie für tot erklärt worden war, hatte sie alleine herausfinden müssen. Abby war eigens mit zwölf Jahren nach Godrics Hollow gereist, um auf dem Friedhof nach dem Namen ihrer Mutter zu suchen. Den Begräbnisort hatte sie aus dem Tagespropheten vom 29.11.1983, dem Tag an dem offiziell bekannt gegeben worden war, dass man ihre Mutter für tot erklärt hatte. Der Grabstein war weißer Marmor und hatte ein seltsames Ornament in der Mitte besessen. Soviel wie Abby herausgefunden hatte, wusste niemand so recht, welchen Zusammenhang es zwischen ihrer Mutter und diesem Zeichen gab. Es war ein Kreis, in dem ein gezackter Strich senkrecht nach oben verlief. Um den Kreis herum waren komische Zeichen eingeritzt worden, doch bis jetzt wusste Abby immer noch nicht, was dieses Zeichen bedeuteten. Wenigstens die Geburtsdaten ihrer Mutter hatte sie herausfinden können: 31.12.1960 – 08.04.1982.
Sie war nicht einmal zweiundzwanzig Jahre alt gewesen, als sie verschwand. Und Abby hatte auch herausgefunden, dass sie ziemlich berühmt gewesen sein musste, sonst hätte man nicht so viel Wirbel über ihr Verschwinden gemacht. Zumal war sie zu der Zeit Sucherin der Holyhead Harpies gewesen und hatte viele Auszeichnungen erhalten. Sie war zum Beispiel die Einzige gewesen, die einem Dementor, der sie hatte küssen wollen, entkommen war, ohne den Zauberstab zu gebrauchen. Wie sie das geschafft hatte, wusste niemand so genau. Außerdem hatte sie eine Slytherin vor einem Werwolf gerettet, der sie in den Verbotenen Wald entführt hatte. Im Anbetracht dessen, dass zu der Zeit Slytherin und Gryffindor zunehmend Feindseligkeiten ausgetauscht hatten, war dies eine bewundernswerte Tat gewesen.
Wie sehr würde Abby ihre Mutter einmal sehen. Wenigstens ein Mal! Die Ursache für ihr Verschwinden erfüllte sie mit solch einem Tatendrang, dass sie es bald nicht mehr aushalten würde, ihr Leben, wie es im Moment war und einfach alles. Sie würde bald alles hinter sich lassen, das wusste sie. Und trotzdem hatte sie keine Ahnung, wo sie anfangen sollte.
Diese Machtlosigkeit gegenüber ihrem Vater bei diesem Thema und überhaupt, die Tatsache, dass sie mittlerweile nicht einfach so in eine Zaubererbibliothek gehen konnte, weil es zu Hause einfach viel zu viel zu tun gab, hinderte Abby daran einfach abzuhauen. Zumal sie ihre Ausbildung nicht an den Nagel hängen wollte. Als Ravenclaw war sie ihr äußerst wichtig. Der einzige Hoffnungsschimmer war heute, denn heute hatte sie vor, in die Winkelgasse zu gehen, um sich ihre Bücher und alles Andere zu besorgen, was sie brauchte. Der Lehrer, der das Buch für Verteidigung gegen die dunklen Künste auf die Liste gesetzt hatte, musste nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Wilbert Slincards „Theorie Magischer Verteidigung“? Bei Merlins Unterhose! So einen Bockmist hätte Abby sofort in den Müll geworfen, wäre ihr ein solches Exemplar je unter die Nase getreten! In diesem Buch standen Dinge, die sie sich hätte selbst erklären können. Überhaupt keine Anleitungen, wie man Zauber anwendet und das auch noch in der Zeit, wo wir Schüler es am meisten brauchten!
Die Rückkehr Voldemorts am Ende des letzten Schuljahres hatte Abbys Welt zunehmend durcheinander gebracht. Dies lag jedenfalls daran, dass sie vorsichtiger und misstrauischer jedem Fremden entgegen trat, dem sie begegnete. Doch die junge Hexe wusste, dass nur wenige Angehörige der Zaubereibevölkerung diese Ansicht teilten. Der Tagesprophet hatte seit einigen Wochen erheblich gegen Albus Dumbledore und Harry Potter debattiert. Abby konnte sich vorstellen, dass das kommende Schuljahr größere Veränderungen mit sich bringen würde, als manche Schulkameraden vielleicht voraussehen würden. Die Tatsache, dass am 2. August in Little Whinging, Surrey, Dementoren versucht hatten, den Jungen, der überlebte und dessen Vetter zu küssen, hatte der Zaubereiminister Cornelius Fudge ignoriert und vertuscht und gleichzeitig verdrehte er Dumbledores und Potters Aussagen in der Öffentlichkeit, die immer noch überzeugt und fleißig den Tagespropheten las.
Was für naive Tölpel! Hätten sie nur ein wenig mehr gesunden Menschenverstand, so würden sie wenigstens nach wenigen Ausgaben der bekanntesten Zaubererzeitung des Landes erkennen, dass dort eine große Wahrheit hinter Verspottung und Hohn versteckt wurde. Es gab ohnehin zu wenig kluge, vorausschauende und klare Zauberer, die zwischen den Zeilen lasen. Hoffentlich kamen bessere Zeiten auf sie alle zu. Zeiten, in denen es keine Angst und keine Unterdrückung gibt. Doch wann würde das sein? In zwanzig, fünfzig oder vielleicht erst hundert Jahren? Eine viel zu lange Zeit nach Abbys Geschmack.
Das Ravenclawmädchen ging eine lange Hauptstraße entlang, eine Rolltreppe hinunter zu einer Station der Londoner Tube. Das Netz der Londoner U-Bahn kannte sie wie ihren linken Augapfel. Schließlich war es in ihrer Kindheit die einzige Beschäftigung, der einzige Grund gewesen, wieso sie so lange weg war, um von ihrem Vater fern bleiben zu können. Sie nahm den Zug in Richtung der richtigen U-Bahn-Station, der sie in die Nähe der Straße Charing Cross Road brachte, in der sich der Tropfende Kessel befand. Sie liebte die Winkelgasse, weil es dort Dinge zu kaufen gab, die sie aus ihrem trostlosen Alltag befreiten. Vor allem die Läden wie Florish & Blott's waren für sie interessant. Bücher, die sie in eine andere Welt führten oder Bücher, die ihr Zusatzwissen verschafften, das sie eventuell im nächsten Schuljahr würde brauchen können.

Impressum

Texte: Die von mir entwickelten Ideen dieses Buches gehören allein mir und dürfen nicht zu kommerziellen Zwecken und nur nach Nachfrage bei mir genutzt werden!
Bildmaterialien: www.upload.wikimedia.org
Tag der Veröffentlichung: 21.04.2012

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Widmung:
**** Die Zeit mag Wunden heilen, aber sie ist eine miserable Kosmetikerin. - Mark Twain ****

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