Stehe da und benötige eine Klärung meiner Gedanken. Alle Jahre wieder kommt dieses Gefühl der Ohnmacht mir selbst gegenüber und wirft mich immer in einen Klammerbeutel der Absonderheiten.
Gibt es, gab es auch eine Zeit, in der mir der Schicksalsbeutel anderes ermöglicht hätte? Wäre mir dieser andere Weg sichtbar gewesen, habe ich diesen nur nicht sehen wollen, zog mir statt dessen den AffenBeutel über: Gleichzeitig nichts hören, sehen, reden.
War der Büddel für mich immer so gefüllt?
Gestern Nacht sah ich wieder das Pferd vor der Apotheke, ja genau das, welches dringend diesen Beutel, doch lieber Klartext, diesen Kotzbüddel benötigt.
Nur woher nehmen, mein letzter Flug ist schon so lange her und gab es da auch welche? Vielleicht in den Rücklehnenbeuteln der Sitze vor mir. Ich kann mich gar nicht daran erinnern.
An den Flug ja an den, denn der war wunderschön. Die Musik dazu kam passend in mir (über den Wolken ...), so kommt sie immer wieder.
Jetzt fällt mir der Tabakbeutel von Opa wieder ein, der Geruch war ein Stück Heimat, dabei hat Opa gar nie nicht mehr sein Pfeifchen damit gefüllt. Aber es musste immer dabei sein.
In der Werkstatt war alles pikobello sauber. Alle Werkzeuge hatten ihren Platz und in der angrenzenden Kammer war das Holz fachgerecht gelagert, auch Elfenbein. Das hatte Opa noch dabei und Mahagoni aus der Zeit, als es über Wege zu ihm kam, über die keiner je Wert legte Bescheid zu wissen oder zu geben.
War Opa ein Kauz, vielleicht, auf alle Fälle ein Holzwurm. Ein Magier der Intarsien und Verstecke in allem Gewerk. Ob es nun ein Stuhl, eine Kommode, ein Sekretär waren- in jedes Stück baute er kleine, verwinkelte, nur durch bestimmte Bewegungen von Teilen zugängliche Horte.
Stolz war ich, wenn ich in einem neuem Werkstück das Versteck entdeckte und davor den geheimen Riegel betätigte.
Gibt es einen Beutel des Schweigens?
Diese Besonderheiten sind in mir verborgen. Sie sind ein Teil meiner Geschichte, meiner Welt.
Wege, die erinnern.
Immer, wenn ich später dort entlang kam, war es schon allein der Weg zum Obst&Gemüseladen, in dem die nicht mehr verkaufbaren Dinge in Beutel verpackt wurden.
Dabei die Büddel, meist waren es die großen Jutebeutel mit der Sonne drauf, auf dem Fahrrad verteilt.
Klar bekamen alle was davon, die Lagerung war wirklich gut möglich und nur weil mal durch einen Abdruck eines Blattes auf einem Apfel, eine Wurmstelle in der Birne oder gar Schnecken im Salat zu finden waren, schlossen die Dinge den Weiterverbrauch nicht aus.
Wir haben daraus nicht nur die Pferde, Hühner, Kaninchen und sonstiges Getier mit Futterbeuteln versorgt.
Oft war einfach viel zu viel, darum konnte noch ein deftigkräftiger Gemüsetopf für alle Menschen am Hof gekocht werden.
Genau richtig, wenn der Dicke, mein über alles geliebter Norwegerhengst, mal wieder das Regenwetter nutzte, um sich in die Schlammkuhle zu verdrücken. Sorgfältig, bis sein falbfarbenes Fell eine Sclammkruste war.
Er ging danach auch bereitwillig wieder mit. Ließ sich genüsslich schrubbeln und die Verkrustungen entfernen und bedankte sich mit einem Ausdruck tiefster Zufriedenheit und festem Kopf-auf-Schulter-ablegen.
Da galt es, auf sicheren Beinen zu stehen und einfach nur die Balance zu halten.
Das Heu und die anderen Knabbereien wurden gern genommen und so war von allen Seiten bald nur noch zufriedenes Beutelvollschlagen, ach nein das heißt ja Bauchvollschlagen, zu vernehmen.
Blumenbeutel, die an Fahrrädern hingen oder im Korb lagen, zogen meinen Dicken auch magisch an. Vor allem dann, wenn keck Rosenköpfe hervor lugten. Die Zeit, die die Menschen mit der Bewunderung der Fohlen verbrachten, nutze der Norweger, um genüsslich die Rosenköpfchen zu verputzen.
Das gab dann zwar mehr gebeutelte Blicke, aber ein Warnschild war bereits gut sichtbar angebracht:
„Achtung, Pferd frisst Blumen„
Das war nicht nur zur Belustigung dort zu lesen.
Nein, es entsprach hundertprozentig der Wahrheit.
Zu Ausflügen nutzten wir gern die Beutelflaschen. Es passte eine gute Menge hinein und egal wie das Wetter war, blieb der Inhalt in einem trinkbarem Zustand.
Es war ein tolles Beutelfest, Weihnachten. Aber schon dieser riesige Sack, den unser –also hier ist wirklich der Weihnachtsmann gemeint- mit sich herum schleppte. Er holte für jeden aus diesem Beutel die Trinkbeutel heraus.
Ab und an konnte er auch wirklich mit Schlitten kommen, was in der Gegend eher selten möglich war. Dafür benötigte der Weihnachtsmann genügend Beutel mit Streusand, um den Schlitten nicht wie irr in der Gegend herumschlitternd zu haben. Und wir saßen ineinanderumeinandergekneult auf den Heusäcken und fröstelten vor uns hin. Vorsorglich gab es heißen Tee, dazu das Lagerfeuer und das Brot am Stock.
Erinnerungen an eine andere Welt, aus dem Traumsack oder doch real erlebt. Das bleibt im Besonderheitensack.
So verändern sich die Wege, jeder hat seinen Büddel zu tragen. Manche Wege treffen sich, verbinden sich eine Weile und trennen sich auf unterschiedlichste Art.
Texte: ©Leahnah Perlenschmuck
Bildmaterialien: ©Leahnah Perlenschmuck
Lektorat: ©BK
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2016
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