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„Ich hab dich SOOOO vermisst.“, jammert Stacy und kneift die Augen traurig zusammen.
Ich lächele ihr zu.
„Ich komme hier bald schon raus. Dann wird alles besser.“, meine ich beschwichtigend, obwohl ich mir mit dem schnell Rausholen nicht mehr ganz so sicher bin, wie vor ein paar Stunden. Allein schon die Tatsache, dass ich wirklich WÄHREND des Raubs erwischt wurde plus der Tatsache, dass die Zeugin, die ja eigentlich geschlafen hat, gegen mich aussagen wird.
„Ach ja. Ich hab Tom angerufen und sicher gestellt ob er sich auch Mühe gibt.“, meint sie wieder grinsend und ich lache auf.
Das muss schön ausgesehen haben.
Stacy die ins Telefon kreischt und Tom auf der anderen Seite, der sich das Telefon vom Ohr wegreißt und die Augen aufsperrt.
„Und gibt er sich Mühe?“
Sie zuckt die Schultern, verzieht die Lippen.
„Er sagt er hat alle angerufen. Sogar Dick, wer auch immer das ist, und Fred. Ich weiß zwar nicht ein bisschen wer die beiden sind, aber Tom meinte dass es vielleicht länger dauert als er befürchtet hatte.
Er meinte, dass du dich aber darauf verlassen kannst dass Anne, Bea und er dich hier heraus boxen werden.“
Ich nicke und fahre mir durchs Haar. Länger als befürchtet.
Was heißt das jetzt?
Eine Woche? Zwei? Einen Monat?
Wie soll ich es hier solange aushalten. Ich werde noch kirre, wenn mich weiterhin diese Idioten ansehen, als wäre ich ein Geist.
Neben mir, an diesen berühmten Zellen mit Telefon, sitzen ein paar von den Idioten und reden mit deren Freunden oder Angehörigen.
„Ich habe ein Haus.“, höre ich Stacy freudig strahlend sagen und hebe den Kopf von meinem Handballen, starre sie verwundert an.
„Du hast ein WAS? Wie hast du so schnell eines gefunden, dass perfekt ist. Mit Garten. Viel Platz. Und weiteren Luxusartikeln wie einen Jacuzzi.“
Stacy grinst und tippt sich leicht an die Nase.
„Wie ich das gemacht habe bleibt ein Geheimnis. Aber WARUM ich es so schnell geschafft habe, sage ich dir.“, meint sie und lehnt sich vor, bringt ihr Gesicht nahe an die Scheibe, gibt mir einen guten Blick in ihr Dekollete. Mann, habe ich diesen Anblick vermisst.
„Weil ich wunderbar bin.“, flüstert sie leise und ich starre verzückt in ihr hübsches Gesicht, direkt vor meinem.
Unwillkürlich beuge ich mich auch vor, bringe meine Nasenspitze ein bisschen an die Scheibe.
„Hol mich schnell hier raus.“, sage ich leise.
Sie nickt ernst und bläst mir dann einen Luftkuss zu.
„Ich muss jetzt. Die Wache hatte mir gesagt, nach spätestens 10 Minuten ist erst Mal Schluss.
Wahrscheinlich nur, weil ich seine Hoden angegriffen habe. Aber er hatte es verdient.“
Ich grinse und tue etwas, dass ich mir niemals hätte erträumen lassen. Etwas so Kitschiges, Schleimiges, das ich nachher sicherlich brechen muss.
Ich lege langsam und behutsam die Finger, die ganze Hand, an die befleckte, leicht schmierige Scheibe.
Befleckt vom letzten Kerl, der das Gleiche gemacht hat wie ich.
Stacy reagiert ohne Nachzudenken, legt ihre Finger auch an die Scheibe, dort wo meine Finger hindurch zu sehen sind, unsere Hände nur von einer 10 cm dicken Panzerglasscheibe getrennt.
„Ich liebe dich, das weißt du oder?“, sage ich leise und sehe sie an.
„Ich weiß. Und so soll es auch bleiben.“, meint sie ernst und grinst danach.
Damit macht sie sich mit wippenden Locken und eine hübsch schwingendem Hintern auf den Weg aus dieser Irrenanstalt.
Ich seufze, fahre mir durchs Haar und lasse mich vom Wärter zurück zu meiner Doppelzelle bringen.
„Wie lief es?“, fragt Carlo ohne von seiner Zeichnung aufzusehen.
Ich seufze wieder. „Noch ein bisschen ohne sie und ich sterbe hier.“, meine ich genervt und hüpfe nach oben auf meine Pritsche.

„Muss ich das tun?“, frage ich angewidert und schlinge das Handtuch etwas enger um meine Hüften.
Carlo, ebenfalls in ein Handtuch gewickelt nickt mir zu.
„Anders kommst du nicht zum Duschen. Und ich gehe doch davon aus, dass du duschen willst oder?“, fragte er mich mit hoch gezogenen Brauen und geht los.
Ich verabscheue Gruppenduschen.
Es erinnert mich einfach viel zu sehr an High School, die Zeit in der man sich so schrecklich schämte, wenn man weniger ausgebildet war. Oder in meinem Fall:
Viel zu schnell reif wurde. Sodass man mit einem riesigen Gehänge herum lief und die beliebten, tollen Kinder einen immer so komisch ansahen. Die beliebten Jungen hatten Angst vor dem Ding, oder waren neidisch. Je nachdem. Die andern fanden es abartig.
Und ich konnte damals mit kaum jemandem reden. Da war nur Will und da der sich etwas weniger schnell entwickelte und so im ganz normalen Tempo aufwuchs konnte der mir auch nicht helfen.
Das endete damit, dass ich zwar grandios aussah, groß, breitschultrig mit guter Figur, aber einem viel zu großen Schwanz für meine Größe.
Und man würde vielleicht jetzt sagen, dass das nicht halb so schlimm ist bzw. war wie einen zu kleinen zu haben, aber was denken Mädchen wenn sie das Ding sehen?
Sie denken nicht an Erotik, oder wie damals an Ekel, sie bekommen richtig Angst, dass ich es als Knüppel verwenden könnte und sie somit erschlage.
Aber wie auch immer.
Carlo geht voran, hinter mir Kyle der sich ebenso fühlt wie ich. Das letzte Mal war ich in der Schule in einer Gruppendusche und als ich jetzt schon die ersten nackten Ärsche sehe, kommt in mir wieder dieses schlechte Gefühl hervor.
Mittlerweile schäme ich mich natürlich nicht mehr, ich bin zufrieden und es haben mich schon genug Personen nackt gesehen sodass ich versichert bin, doch es fühlt sich nicht gut an das Handtuch herunter zu nehmen und an meine kleine Wand zu hängen. Die kleine Wand die die Duschen abteilen, jedoch nur dazu dienen, dass man das Handtuch aufhängen kann. Also nicht der Zweck zum Verdecken von privaten Dingen.
„Ist es immer so? Dass es nur einen Tag zum Duschen gibt?“, frage ich und stelle das Wasser an, ignoriere das Gefühl angestarrt zu werden und wende mich zur Seite, sehe Carlo über die winzige Wand an. Lasse den Blick erfolgreich auf seinem Gesicht.
„Es gibt zwei Tage. Sie wollen nicht riskieren, dass einem einzelnen was passiert, wenn er allein hier ist.“
Ich verlagere das Gewicht, ziehe die Augenbrauen zusammen und genieße das Wasser auf meine Rücken, über meine Schultern und meine Beine hinab.
„Was soll einem denn hier unten passieren?“
„Ausrutschen.“
„Na klar. Und das kann nicht passieren, wenn man mit Milliarden von Häftlingen hier unten ist.“, meine ich spöttisch und lehne mich zurück, lasse das Wasser über meinen Kopf rinnen.
„Doch, natürlich. Aber hier tragen sie keine Haftung. Hier kann man immer noch den anderen Häftlingen die Schuld geben und ist fein aus dem Schneider.“, meint Carlo und verteilt Schaum in seinem Haar, das ihm beinahe bis zur Mitte reicht.
„Miese Verwaltung.“, spuke ich aus und nehme mir auch etwas von dem geruchlosen Schaum, den es hier als Shampoo gibt.
Ich verteile es in meinem Haar, rubbele durch.
„Und was wenn man für ’nen Besucher gut aussehen will? Für seine Alte oder so?“, fragt Kyle und schrubbt über seine Arme.
Ich persönlich würde mir den Körper jetzt ungern einreiben, aber er hat anscheinend die Angst vor den Leuten hier überwunden und reibt sich langsam und genüsslich ein, selbst zwischen den Beinen seift er sich ein.
Und ihm fällt nicht auf, wie ein paar Kerle ihn dabei beobachten, seinen Schwanz betrachten.
Oh ja, Kyle ist definitiv ihr nächstes Opfer.
Obwohl ich den Jungen nicht leiden kann, kommt dieser Beschützerinstinkt auf
„Hör auf damit.“, zische ich ihm zu und er hört auf sich die Brust einzureiben, sieht sich um.
Und fängt kurz an zu zittern, reißt sich zusammen und stellt sich unter das Wasser.
Carlo nickt mir zu, tut als wenn nichts passiert wäre.
„Das geht trotzdem nicht. Du gehst so hin wie du gerade bist.“
Ich wasche das Shampoo aus meinem Haar, blende die anderen Gespräche die überall laufen aus und rubbele mir Schaum aus dem Ohr.
„Was macht ihr hier eigentlich um euch die Zeit zu vertreiben?“, frage ich und stelle mich komplett unter das Wasser, lege den Kopf in den Nacken, jedoch mit dem Hintern zu den anderen Häftlingen.
Ich habe heute schon genug von meinen Juwelen gezeigt, es reicht jetzt.
„Ich zeichne.“
„Hab ich bemerkt. Du bist richtig gut.“, gebe ich zu und stelle dass Wasser ab.
Carlo steht noch unter dem Wasser, spült den Schaum aus seinen langen Haaren.
Kyle ist immer noch dabei den Schaum von seinem Körper zu spülen.
Die anderen Häftlinge unterhalten sich alle oder sind damit beschäftigt sich zu waschen.
„Danke. Aber ansonsten…Man spielt Karten. Redet. Lesen. Oder Basketball.“
„Sonst nichts?“, frage ich und schlinge das Handtuch um meine Hüften.
„Junge, was willst du noch? Wir sind hier im Gefängnis nicht in einem Hotel.“, sagt Carlo und sieht mich skeptisch an, seine Augen sehen fast weiß aus. Beängstigend.
Carlo stellt das Wasser auch ab, schlingt das Handtuch um sich herum.
Er hat einen kleinen Bauch. Und Tattoos. Ein paar Zeichen, dann ein kleines Gesicht.
„Wer ist das?“, frage ich und deute auf eine kleine Gestalt, in eine blaue Tunika gehüllt und einen entspannten Gesichtsausdruck.
„María, la Madre de Dios!“, motzt er mich an.
Ich runzele die Stirn, beuge mich vor und sehe etwas genauer unter seine rechte Brustwarze.
„Die heilige Mutter Maria.“, grunzt Carlo, weil er denkt, das hätte ich nicht kapiert.
Ich zucke die Schultern.
„Irgendwie ganz schön klein.“, sage ich und stelle mich normal hin. Sorge dafür, dass das Handtuch fest um mich gewickelt ist.
Carlos Kopf wird ein bisschen rot.
„Usted cabrón, te voy a dar una lección? ¿Se puede tener, imbécil! Yo te enseñaré, ¿qué consecuencias tiene una pelea con los puños de Satanás! Estúpido hijo de puta.“, schreit er mich an, seine Augen bohren sich in meine und er brüllt mich auf Spanisch an.
Ich weiß nicht was er sagt, aber es klingt nicht nach: „Oh hast Recht. Ich denke ich werde es größer machen.“
Etwas beunruhigt sehe ich Carlo an.
„Tut mir leid. Wollte ich nicht.“, sage ich beschwichtigend und hebe die Hände, meine Augen mache ich extra groß um Angst auszudrücken.
Carlos Faust, die er gehoben hatte, senkt sich wieder, seine Augen werden ruhiger.
„Glück gehabt.“, sagt er mir grummelnd und geht los.
Als sein Rücken mir zugewandt ist, breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus.
So gehe ich ihm hinterher.
„Was hast du mir eigentlich gesagt?“, frage ich und komme mit Carlo und Kyle hinter mir im Umkleideraum an.
Carlo geht zu seinem Spind und macht ihn auf.
„Ich hab dich nur ein bissen zurecht gewiesen.“, meint er ruhig und rubbelt sich mit dem Handtuch ab.
Ich drehe mich zu meinem Spind und tue das Gleiche.
„Nicht Mal schlecht.“, ertönt es neben mir und ich drehe das Gesicht zum Kerl.
Er starrt mich an. Da unten. Mich durchfährt ein kalter, ekliger Schauer.
Genau das hasse ich an Gruppenduschen.
„Uh…könntest du wohl woanders hingucken.“, sage ich eher, als dass ich frage.
Ich starre ihn wütend an und wende mich ab, hole meine Unterwäsche aus dem Spind.
„Was dagegen, wenn ich Mal bei dir vorbei komme?“, fragt der Kerl jetzt ruhig.
Es ist fast als wenn wir Freunde wären und er fragt ob wir später noch ein Bier zischen.
Nur dass dieser hier kein Interesse an Bier hat sondern einen wegstecken will. Oder anderes herum.
Ich schüttele den Kopf. „Da hätte ich was gegen.“, grummele ich, benutze den abweisenden, tiefen Ton der immer etwas Einschüchterndes hat.
Der Kerl verzieht sich auch, da ich keinen Atem mehr im Nacken spüre.
Ich ziehe mich um, Carlo nickt mir aufmunternd zu.
„Gut gemacht.“, sagt er leise und macht sein Hemd zu.
„Ich weiß.“, sage ich und mache die Hose zu.
Kyle stand die ganze Zeit nur erstaunt daneben und tropft immer noch.
„Wie hast du das gemacht?“, fragt Kyle leise und starrt mich an.
Ich nehme mein Hemd und steife es über.
Ich runzele die Stirn. „Hast es doch gesehen.“
Er schluckt. „Das könnte ich nie so.“
Ich grinse. „Tja, Jahre der Übung.“, bringe ich heraus und lache auf.
Frische Sachen am Leib gehe ich los, Carlo neben mir und wir lassen Kyle zurück
Ich weiß nicht ob das eine gute Idee ist, den Kleinen allein zu lassen an so einem Ort, aber es interessiert mich nicht.
Dieses von Tom gestellte: Länger als befürchtet ist grauenhaft.
Ich bin jetzt den dritten Tag hier, habe knapp 10 Stunden geschlafen und viel zu wenig gegessen.
Ich habe zu viel gepokert und trotz der ganzen Fressalien zu wenig im Magen.
Ich musste fast alles an Kyle abgeben, weil er nicht pokern kann und so nur den Fraß aus der Kantine bekommt.
Und das will ich ihm eigentlich nicht antun.
Doch schon gestern hat er abends nichts von mir bekommen und so wird es auch heute den Tag über sein.
Ich bin müde und hungrig, dazu schlecht gelaunt und verzweifelt. Ich will nicht mehr hier sein, ich will dass Tom mich endlich hier raus holt, VERDAMMT!!!!

„Schläfst du?“, frage ich leise, Carlo antwortet nicht.
Schon die vierte Nacht in diesem gottverdammten „Bett“. Und wieder bekomme ich keinen Schlaf. Ich weiß einfach, ich werde nicht schlafen können.
Dieses Gebäude macht mich nervös, macht mich schwach. Ich habe nicht sehr oft Angst. Schmerz spüre ich oft, Verzweiflung, Einsamkeit. Aber nicht Angst. Nur wenn es um meine Familie geht.
Oder um Tom. Und jetzt um Stacy. Aber sonst nicht. Aber dieses Gebäude jagt mir eine scheiß Angst ein.
Ich komme einfach nicht aus diesem Trott, dieser Angst, dass Tom nicht mehr tun kann.
Dass ich hier bleiben muss, die nächsten Jahre wird dies hier mein Käfig sein.
Die ersten zwei Tage war ich so unglaublich davon überzeugt, dass Tom das wieder hinbiegt. Dass er mich hier rausholt, so wie ich das bei ihm gemacht hatte.
Aber anscheinend funktioniert es nicht.
Ein Wärter ist während des Tages vorbei gekommen und hat mir mitgeteilt, dass in zwei Tagen der Gerichtstermin ist.
In zwei Tagen. Wenn Tom mich an diesem Tag nicht irgendwie raus haut, bleibe ich hier.
Für die nächsten 3 – 4 Jahre. 3 oder 4 Jahre allein in dieser Zelle. Ich werde zwar immer Carlo bei mir haben, Kyle wird auch dabei sein. Und vielleicht hängt sich noch jemand an uns.
Aber ich werde 4 Jahre in einem Käfig sein. Wie ein Kanarienvogel. Ich BRAUCHE meine Freiheit Wenn ich zu lange an einem Ort bleibe, werde ich unruhig, ich brauche einen Szenenwechsel.
Aber hier…hier werde ich nichts wechseln können. Kein Deut Freiheit.
Ich werde mich hier verändern. Sehr sogar. Wenn man mir den Sauerstoff raubt, mir jeglichen Platz raubt, werde ich verrückt.
Ich werde hier sterben. Innerlich. Ich werde langsam immer weiter ersticken, der Strick wird sich immer enger um meinen Hals ziehen, mir die Luft wegnehmen und mich atemlos zurück lassen.
Es wird nicht helfen, dass ich hier so etwas Ähnliches wie Freunde habe. Es wird mir letztendlich nicht helfen.
Sie werden mich letztendlich auch nur wieder enttäuschen, mir nur Leid bringen.
Ich spüre Hass in mir aufwallen. Schmerz und Trauer, dass ich hier höchstwahrscheinlich nicht heraus komme.
Wenn man sich ansieht wie meine Geschichte bis jetzt verlaufen ist, mein ganzes Leben, sollte man eigentlich mit etwas Gutem rechnen.
Ich habe so viel gelitten in meinem Leben. Vielleicht nicht so viel wie Kinder in Afrika, die täglich an Hunger sterben.
Aber diese Kinder…sie haben nur ein kurzes Leben hinter sich. Ihr Leid war stärker, aber kürzer.
Mein Leid hat sich über Jahre verteilt, mich langsam aufgefressen.
Ich sollte jetzt eigentlich auf gute Dinge hoffen, Dinge die wunderbar sind und mir widerfahren sollten.
Doch wie es bis jetzt aussieht…ich sollte mich langsam an die Pampe in der Cafeteria gewöhnen, denn es ist offensichtlich, dass ich hier eine sehr, sehr lange Zeit verbringen werden muss.
Ich sollte eigentlich endlich glücklich werden. Ich bin zwar nicht gläubig, aber ich bin verzweifelt, damit rechtfertige ich das:
Wieso tut Gott mir das an? Habe ich nicht schon genug für meine Sünden gelitten?
Kann ich nicht einfach in Ruhe leben. In einem kleinen Haus mit Garten und anderen Luxusartikeln?
In dem Haus mit Stacy. Meinem Engel, ich will nur noch zu meinem Engel, meiner Erlösung. Meiner Kleinen.
Wieso kann ich nicht einfach hier heraus kommen, zu meiner Angebeteten gehen und mit ihr glücklich werden?
Oder wenigstens ihr Glück bescheren. Vielleicht ist zu viel in meinem Leben passiert, als dass ich noch beschenkt werden kann.
Aber Stacy? Wieso wird sie nicht glücklich gemacht (Mir ist bewusst, dass es darauf hinaus läuft, dass ich hier rauskomme), sie hat es endlich Mal verdient. Ihr Vater hat sie sozusagen verlassen(na ja, frei gelassen) und sie somit in die kalte Welt ausgesetzt, nach Jahren des Schutzes durch ihn.
Sie verdient, dass sie beschenkt wird!
„Weinst du?“, fragt Carlo verschlafen und ich pruste los.
„Uh…Nein! Wie kommst du darauf?“
„Es klingt so. Du machst komische Geräusche.“, meint er und brummt unter mir.
„Ich mache einfach solche Geräusche. Ist doch nicht schlimm.“
„Es hört sich eben an, als wenn du weinst.“
„Carlo, ich weine NIEMALS.“, lüge ich genervt und wische mir die eine Träne von meinem Mundwinkel, versuche nicht zu schniefen.
Ja okay, ich habe vielleicht ein bisschen emotional vor mich hin gewimmert, aber das ist kein Verbrechen, verdammt.
„Schon gut. Versuch einfach still zu sein.“, grummelt Carlo.
„Ich kann nicht schlafen.“, sage ich und fahre mir wieder einmal in letzter Zeit durchs Haar.
„HALTETE EURE SCHEIß FRESSSEN!!! HIER WOLLEN LEUTE SCHLAFEN!!!!“, schreit es von nebenan.
„SEI DU STILL! ICH WEIß NOCH GENAU DA KAMST GERADE ZU MIR UND BATEST MICH UM TROST!!! SEI STILL ROBERTO!!!“, schreit Carlo zurück und dieser Roberto hält die Klappe, einiges Lachen ertönt durch die Reihen.
„ARME KLEINE SCHWUCHTEL HAT GEWEINT!!!“, schreit es und lautes Gelächter folgt, Roberto kreischt dagegen, aber selbst sein Zellengenosse scheint zu lachen.
Ich weiß nicht ob ich es hier aushalte. Es ist grauenhaft so zu leben, eingesperrt und mit anderen auf so engem Raum zu verrotten.
Ich glaube nicht, dass ich, ein sehr frei lebender Mensch, mich hier gut einleben werde.
Ja okay, die Sitten kenne ich. Nach bereits einer Nacht bin ich die Pokerrunde herein geraten und bin sowas wie der unangefochtene Champ was das Glücksspiel betrifft. Aber sonst?
Ich kann das Duschen nicht leiden, das Essen und die Umgangsformen der Wärter.
Wie soll ich mich hieran gewöhnen?
Wie nur?
Mir fällt auf, dass es wieder ruhig ist, Wärter blöken noch Sachen wie: „Seit still. Ihr Jammerlappen, haltet die Klappe!“
Aber ansonsten ist nur unterdrücktes Lachen in Folge ein paar kleinen Flüchen zu hören.
„Wieso denn nicht?“, fragt Carlo, als wenn diese Schreisache gar nicht stattgefunden hätte.
„Ich weiß nicht. Alles ist zu neu, unbekannt. Und ich fühle mich irgendwie nicht sicher.“
„Das ist ein GEFÄNGNIS! Wie oft noch Vinety? Wir sind in einer Strafanstalt in der du deine Sünden bereuen und wieder auf die gute Seite zurück kehren sollst. Wir sind in keinem verfluchten Hotel, Scheiße noch mal.“, meint Carlo genervt und ich höre wie er lautstark schnaubt und sich dann laut hin und her bewegt.
„Was bedeutet bitte gute Seite huh? Dass ich nach 3, 4 Jahren hier raus komme und mich gut fühle. Das ich mir denke, ja jetzt ist der Zeitpunkt ab dem ich gut werde, keine Betrügereien mehr, keine Hurerei, nichts Böses mehr. Und weißt du was dann passiert? Ich werde arm. Sterbe an Hunger. Kann meine Familie nicht ernähren und werde so verlassen. Ich werde depressiv, mein Chef kündigt meinen Mindestlohnjob und ich erhänge mich mit einem Stromkabel an der Gardinenstange.“, sage ich wütend und schlage gegen mein Kissen, ein riesiges Loch entsteht in dem sowieso viel zu dünnen Daunending. Es ist wirklich kaputt gegangen. Weil ich drauf gehauen habe. Ich habe es lediglich geschlagen….und es ging kaputt.
„Ich hasse diesen miesen Ort.“, zische ich und knalle meinen Kopf auf da Kissen, auf die Matte und somit spüre ich auch wie sich das Gitterrost gegen meinen Hinterkopf presst.
„Da bist du nicht allein. Aber ich denke du solltest dich schon einmal hieran gewöhnen. Anscheinend kommst du doch nicht so schnell wieder raus.“
ICH HASSE ES HIER!!!!!
Ich grunze. „Halt die Klappe und schlaf.“, maule ich wütend und drehe mich auf die Seite.
Und doch hat er absolut Recht.

„Was ist los?“, fragt Stacy besorgt und ich sehe von meinen Händen auf dem kleinen Tischchen von mir auf, sehe in zwei besorgt aussehende, braune Augen.
„Nichts. Alles ist okay.“, meine ich und versuche ein Lächeln.
Morgen ist es soweit. Morgen bekomme ich meine Haftzeit.
„Gar nichts ist okay. Denkst du etwa ich sehe das nicht?“, fragt sie und wirkt wütend.
„Es ist gut hier. Sie behandeln mich gut.“ Carlo und Kyle. „Das Essen ist auch okay.“ Kommt auf die Definition von „okay“ an. „Und alles läuft super.“ Kommt darauf an, was genau dieses ALLES ist.
Stacy sieht mich an, lange und in die Augen.
„Ich HOLE dich hier RAUS!“, sagt sie bestimmt und betont die wichtigen Worte.
„Das weiß ich Kleines.“, sage ich und versuche wieder mein grauenhaft falsches Lächeln.
„Anscheinend ja nicht. Ich hole dich hier raus. Tom ist immer noch dran, aber er hat gestern noch gesagt, er hätte alles unter Kontrolle.“
Ich lächele sie wieder so an.
„Ich weiß das. Ich weiß, dass ihr mich hier raus holt.“, sage ich diesmal bestimmt.
Sie holen mich auch raus. Nachdem ich frei gelassen werde und gehen darf. Ich bin sicher dass mindestens einer von ihnen hier stehen wird und auf mich warten wird.
Und ich bin mir zu Hundert Prozent sicher, dass diese Person männlich sein wird.
Tom wird auf mich warten. Stacy eher nicht.
„Sag es so, als wenn du es auch glaubst.“
Ich sehe sie an. Heute ist etwas anders. Sie wirkt müde. Sehr sogar. Die braunen Augen wirken nicht wach, fast glasig, dunkle Schatten haben sich unter ihre Augen gegraben, ihre Haare sind widerspenstig, die Kleidung zerknittert.
„Alles okay, wenn ich dich Mal nach den Umständen da draußen fragen darf?“, meine ich spöttisch, aber kann mir die Sorge nicht aus dem Kopf schlagen.
„Alles gut.“, sagt sie schnell und sieht weg.
„Stacy.“, meine ich tief und sie sieht zu mir, ihre Augen sind feucht.
„Was ist passiert?“, frage ich sanft.
Sie schüttelt den Kopf. „Nichts ist passiert.“
„Aber es läuft hier was falsch oder nicht? Ich sehe das doch. Du hast doch sicher in den Klamotten geschlafen.“
„Nichts ist passiert.“, wiederholt sie und ihre Augen schwimmen langsam in der Nässe.
Ich lege meine Finger gegen die Scheibe und Stacy presst ihre Handfläche gegen meine.
Natürlich von den 10 cm Glas getrennt.
„Nichts ist passiert.“, sagt sie schniefend und die ersten zwei Tränen laufen ihre Wangen runter.
Sie wischt sie schnell weg.
„Aber wie kann das sein? Wieso weinst du dann?“, frage ich verwirrt und versuche leise, sanft zu sein, obwohl ich sie lieber fragend ansehen würde, als mit diesem verständlichen Gesichtsausdruck.
„Genau das ist es. Nichts ist passiert. Du bist immer noch hier drinnen und Tom tut einfach nichts.“, meint sie und die nächsten Tränen kullern ihre roten Wangen herunter, sie wischt sie wenig sanft weg.
„Er tut nichts. Immer wieder sagt er, er hätte einen Plan. Aber es passiert nichts. Dean…“, sie schnieft, neue Tränen. Die Hand fegt wieder über ihr Gesicht.
„Das Haus ist wunderschön. Ich habe es gekauft und schon fast eingerichtet. Es ist so unglaublich. Mit wunderschönem Garten, einer großen Veranda. Alles was man will. Aber…“
Sie stoppt. Und weint. Die Besucher in den Nebenzellen sehen neugierig hier rein.
Sehen uns.
„Was aber?“, frage ich leise.
„D-du bist nicht da.“, meint sie flüsternd, legt ihre Stirn leiht an die Scheibe.
Mit dem Finger streiche ich über die Stelle an der Scheibe, an der ihre Stirn liegen würde.
Allein dass sie sieht, dass ich das tue, zählt jetzt.
„Ich komme doch schon bald hier raus.“, lüge ich ihr ins Gesicht.
Sie sieht mich an, rote Flecken auf den Wangen, rote Augen, Tränenspuren über ihre Wangen verteilt.
„Wieso glaubst du das selbst nicht, obwohl du willst dass ich es glaube?“, fragt sie mich ernst und ich lege die Stirn an einen Handballen, sehe auf den Tisch vor mir. Grau. Aus Metall.
„Ich…Na ja. Stacy, ich wurde bei so vielen Sachen erwischt. Der Raub, dann der Kreditbetrug und all die anderen Sachen auf dem Revier. Tom…Du kannst ihm keine Schuld geben. Er tut was er kann, aber selbst ich könnte ihn nicht rausholen, wenn er in meiner Situation wäre.“, sage ich.
Ich weiß sie ist meine große Liebe, die eine Liebe die auf ewig halten wird und wahrscheinlich sollte.
Aber so wie es um mich steht, diese 3 oder 4 Jahre ohne sie…ich kann ihr einfach nichts versprechen. Ich werde mich in diesem scheiß Loch so verändern, sie wird mich überhaupt nicht wieder erkennen können. Sie wird mich nicht mehr mögen. Und abgesehen von mir…sie wird sich verändern.
Schon wieder ist sie schutzlos in dieser großen, weiten, bösen Welt, niemand der sich um sie kümmert. Erst lässt ihr Vater sie einfach zurück, hilft ihr mit der Wohnung und allem, aber bleibt nicht bei ihr. Dann komme ich daher gelaufen, verspreche ihr so viel Mist, den ich eigentlich auch halten will und es verändert sich. Ich bleibe weg, sie bleibt allein. Wieder.
Und ich glaube das wird sie so verändern, dass wir nichts mehr füreinander empfinden werden.
Ihr Temperament ist mit den Jahren sicherlich zurück gegangen, in den Jahren ohne Schutz und Hilfe, und wenn ich jetzt wieder von ihr weg bleibe wird sie das komplett ändern. Ihr kleines Funkeln, den Zauber den sie über mich hat, wird ihr genommen werden und ich glaube…ich glaube ich könnte es nicht ertragen jeden Tag in meinem restlichen Leben zuzusehen wie sie immer und immer mehr zum Durchschnitt wird.
Ihre Gefühle nach und nach verliert und sich schließlich in einen kalten, gefühlslosen, abgehärteten Klumpen verwandelt. Ich kann das nicht und ich will das auch ganz ehrlich nicht. Will nicht dabei sein.
In guten wie in schlechten Tagen.
So heißt dieser Spruch.
Aber was wird die Kirche sagen, wenn sie von ihr wissen. Wenn sie sehen wie sie langsam leidet und sich abschottet. Ich will bei ihr sein, wann immer. Wenn es ihr schlecht geht. Wenn sie sauer ist. Wenn sie traurig ist. All die schlechten Zeiten würde ich ausstehen, wenn sie da ist.
Aber wenn ihre Persönlichkeit immer mehr verschwindet…das ist einfach einer der ZU schlechten Tage. So ein Tag an dem man nicht mit dem anderen zusammen sein kann, weil man anfängt zu kreischen, wenn man dessen Gesicht sieht, dessen leeres, kaltes Gesicht.
So. Ich weiß sie ist meine große Liebe und ich sollte sie beruhigen, ihr versichern, dass ich hier rauskomme, dass Tom es schafft.
Aber wie schon erwähnt…ich weiß, dass Tom es nicht schafft. Ich wusste es die ganze Zeit, hatte nur die Wunschvorstellung, dass er es schafft. Aber es war offensichtlich, dass er es nicht schafft.
Deshalb kann ich ihr nicht versichern, dass ich hier raus komme. Denn ich bezweifele, dass ich tatsächlich aus diesem Mistgebäude raus komme, bevor meine Haft abgelaufen ist.
Ich starre weiter auf den Tisch, traue mich nicht in ihr Gesicht zu sehen, will nicht die Erkenntnis sehen, dass sie jetzt weiß, dass ich nicht raus komme.
„W-was meinst du damit?“, fragt sie leise, klingt fast wütend.
Ich sehe nicht auf, lege beide Hände auf den Tisch, fummele an meinem Handgelenk herum, versuche mir das Bändchen zu schnappen und damit zu spielen. Aber es ist verschwunden.
„Ich meine…Na ja, es kann sehr gut sein, dass…Tom es nicht schafft. Dass ich hier bleiben muss.“, sage ich leise und Stille trifft mich vom anderen Ende der Leitung des Telefons, das ich zwischen Schulter und Ohr geklemmt habe.
„D…Du…ICH HOLE DICH RAUS!!!“, schreit sie dann, ich sehe auf, begegne ihrem blitzenden Blick versuche mir alles an ihr einzuprägen.
Sie wird vielleicht noch anfangs oft vorbei kommen, aber bald wird auch das vorbei sein. Sie wird jemanden finden. Jemanden, der ihr mehr bieten kann, der ihr sein ganzes Leben schenken kann, im Gegensatz zu meinem kleinen Stück meines Lebens. Ein Jemand der ihr seine Aufmerksamkeit schenkt, so oft sie will. Jemand der nicht immer Arbeit, Geld, Gefahr oder seine egoistischen Ziele im Kopf hat. Jemand der nur SIE im Kopf hat nicht all die anderen Frauen, die mir zwischenzeitlich immer wieder durch den Kopf schwirren.
Immer nur kurze Einblicke, ein kleiner Moment von einer mittlerweile namenlosen Frau, eine Frau die mich anlächelt, eine andere die mich anschreit, wieder eine andere die mich mit dem Zeigefinger anlockt und eine andere die mir ins Gesicht schlägt.
Immer wieder 1 bis 2 Sekunden einer Frau, sogar jetzt wo ich hier sitze.
Doch anders als bei anderen, machen diese Erinnerungen mir nur bewusst, dass ich mein Leben damit verschwendet habe, mir meine „Hörner“ abzustoßen, dass ich Stacy nicht schon nach diesem einen Raub mitgenommen habe.
Dann wäre es viel schneller gewesen, nicht mehr dieses Hin und Her.
Ich tauche augenblicklich wieder in die Realität ein, sehe dass Stacy mich anschnaubt auf etwas von mir wartet, einige andere Besucher starren zu uns herüber, andere Häftlinge in ihren kleinen Zellen sehen rüber und sehen neugierig aus.
Ich lächele entschuldigend, auch wenn ich weiß, dass Stacy mir das mehr als übel nimmt.
Ich wende mich wieder ihr zu, sehe sie an, zwirbele die Schnur des Telefons.
„Ich…Ich weiß schon. Du versuchst es, ich weiß das. Du tust mehr, als ich je hätte, du hast so viele Ideen. Aber…Stacy, wenn es nicht klappt, will ich nicht dass du enttäuscht bist okay? Ich will, dass du nichts erwartest, ja? Denn dann bist du nicht traurig, wenn es doch nicht klappt.“, sage ich beschwichtigend und sehe wieder auf den Tisch, will ihr nicht zeigen, dass es wehtut allein darüber nachzudenken, sie zu verlieren. Zu denken, dass sie höchstwahrscheinlich jemand anderen findet, einen anderen Mann der dieses Haus mit ihr teilen wird, der Kinder mit ihr zeugen wird und sie glücklich machen wird. Der Gedanke allein bringt mich nicht nur zum Kochen, mein Magen dreht sich zudem noch, knotet sich zusammen und lässt kalten Schweiß über meine Stirn fließen.
„Es wird klappen. Ich fahre rüber zu Tom, wo auch immer er haute wieder ist. Es hat ja auch nicht lange genug gedauert ihn hier zu finden. Aber ich werde ihn finden und ihn dazu zwingen etwas zu tun. Ich habe genug davon, dass er sagt er hat einen Plan!“, sagt sie und wischt sich die letzten Tränen aus den Augen, sieht mich entschlossen an.
„Stacy….Ich liebe dich. Das werde ich immer tun, egal was passiert. Hast du gehört? Nichts kann daran rütteln oder es ändern.“, sage ich mit den Augen auf meinen Fingern, die unentwegt über mein leeres Handgelenk streichen, daran herum fummeln, als wenn dadurch ein Band entstehen würde.
Ich sollte der Starke von uns sein, aber ich habe auch genug davon. Genug davon immer der Stare zu sein, nie Gefühle zuzulassen.
Und so ist mir die einzelne Träne die mir über den Wangenknochen rollt auch fast egal, es stört mich nur, dass Stacy dadurch denkt dass ich aufgebe. Sie soll das nicht denken.
Ich tue es, ja, aber sie soll weiter denken, ich würde kämpfen bis zum Tode. Selbst wenn dies nicht der Fall ist.
„Ich liebe dich auch. Aber ich habe vor diesen Satz von dir die nächsten Monate immer wieder zu hören klar? Während ich uns Essen mache. Während du draußen den Rasen mähst.“, sagt sie und ihre Stimme zittert ein bisschen.
Ich sehe nicht auf. Ich weiß nicht genau, wieso ich ihr Gesicht nicht sehen will. Aber ich will es einfach nicht.
Ich will sie in Erinnerung behalten wie sie in meinem Kopf ist. Nicht den verletzten, viel zu tapferen Menschen direkt vor mir.
Doch wie immer hat mein Willen nichts entgegen zu bringe, wenn sie sagt:
„Sieh mich bitte an. Bitte.“ Und dabei klingt sie wie ein kleines, weinendes Kind.
Ich hebe den Kopf, sehe in zwei große, braune, wunderschöne Augen, die nicht die geringste Spur von Trauer mehr in ihnen birgt.
„Pack schon Mal deine Sachen. Wir sehen uns morgen und dann fahren wir nach Hause und schlafen erst einmal.“, sagt sie leise, ich starre wie hypnotisiert in ihre Augen.
Wie die Maus die Schlange ansieht.
„Mach das. Und vergiss nicht, ich erwarte dass du gut aussiehst, wenn du vor Gericht stehst. Also schlaf endlich Mal wieder, bevor du noch vor Müdigkeit umfällst.“, sagt sie bestimmt und steht ein bisschen auf, aber da ich rede setzt sie sich wieder.
„Das kann ich auch von dir behaupten. Wann hast du das letzte Mal gut geschlafen?“, frage ich sie etwas amüsiert, weil gerade sie mir das sagt.
Ich weiß, dass ich zu wenig schlafe, gestern habe ich schon wieder überhaupt nicht geschlafen. Ich denke 4 Tage mit kaum Schlaf sind nicht gesund, da ich mich ziemlich schwach fühle, aber ich halte das schon noch aus.
Sie senkt den Kopf, ihre unordentlichen Locken fallen vor ihr Gesicht.
„Wann ich das letzte Mal gut geschlafen habe?“
„Ja, denn das scheint schon zwei, drei Tage her zu sein.“, sage ich besorgt.
„Ich denke…“, sie sieht auf, wirft mir einen intensiven Blick zu. „Der Tag in diesem Hotel in Dayton. Der letzte Tag, die letzte Nacht, in der du mich im Schlaf umklammert hast, sodass ich dachte ich müsste gleich ersticken. Diese Nacht hatte ich das erste Mal wieder einen ruhigen Schlaf ohne Cals Gesicht, ohne Explosionen die mich in Träumen umbringen. An diesem einen Tag habe ich so gut geschlafen wie lange schon nicht mehr.“, sagt sie leise.
Ich stocke.
Ungefähr wie bei mir. Nur dass Cal mich nicht umbringt, sondern in meinen Albträumen zu Ende bringt was er angefangen hat. Wie sie dort liegt, das Gesicht blutig und zertrümmert, die Kehle aufgeschlitzt und auf dem Rücken. Nackt mit Blessuren überall auf dem Körper. Dies sind die schlimmsten Momente in meinem Leben. Wenn ich aufwache und ich nach Stacy taste, sie aber nicht da ist. Die Erkenntnis, dass ich wieder davon geträumt habe, dass ich schon wieder mit einem kalten Schweißhauch überzogen bin, dass meine Beine zittern, meine Fäuste und auch meine Lippen. Dass ich eiskalt bin und mich kaum bewegen kann, dass das Erlebnis von Stacy, tot, selbst in Gedanken so schlimm ist, dass ich mich in der Dusche zusammen rollen muss.
Und immer wieder habe ich versucht wach zu bleiben, mein Körper konnte nicht damit leben, dass ich solche Träume hatte, also schaltete er die Funktion des Schlafens ab, zwang mich dazu wach zu liegen, selbst wenn ich so müde war, dass ich zwei oder drei Mal ohnmächtig geworden war.
„Stacy…“
„NEIN! Wir holen dich hier raus, alles wird wieder gut, wir werden glücklich sein und mindestens 17 Kinder machen.“, schnauzt sie und mir kriecht ein kleines, erbärmliches Lächeln über das Gesicht.
„Ich habe vor mehr von meiner DNA zu verteilen, als einfach 17 Kinder zu machen. Du musst schon damit rechnen, dass du dauerhochschwanger bist, bis du die 70 erreichst.“, scherze ich halbherzig, sie schenkt mir ein breites Stacylächeln, das man einfach erwidern muss.
„Sage ich doch. Also schlaf dich aus, wasch dich, zieh dich an und wir holen dich raus. Bis morgen.“, sagt sie glücklich und schwingt ihren kleinen Hintern vom Stuhl geht los und bleibt bei der Tür stehen.
Und noch bevor die Tür sich schließt sehe ich es:
Stacy Crow bricht in Tränen aus, knickt in den Kniekehlen zusammen.
Die Tür schließt sich.
Und so auch die Tür zur Freiheit.

„Was guckst du die ganze Zeit so?“, fragt mich Carlo genervt und schnaubt.
Ich weiß nicht genau wie ich gucke, aber anscheinend ein bisschen verzweifelt.
„Es ist nichts. Ich hab heute meinen Gerichtstermin.“
„Und deswegen guckst du so scheiße? Culo, und ich mach mir Sorgen um deine Gesundheit. Du bekommst doch nur eine Strafe und kommst dann zurück. Nichts Großes.“, mault Carlo, der in den letzten zwei Tagen (Dabei bin ich gerade so 5 Tage hier) ständig gereizt auf mich reagiert.
„Tut mir leid. Ich hör ja schon auf.“, sage ich schnippisch und grummele etwas vor mich hin.
Carlo sieht wieder zurück auf seinen Zeichenblock und fängt an mit einem Bleistift darauf herum zu kritzeln
„Sag mir endlich was du zeichnest!“, meine ich aggressiv und frage das schon zum ungefähr 5. Mal. Schon seit gestern malt er auf dem Zeichenblock herum, sagt mir nicht was er tut, lässt keinen Blick über die Schulter zu, schläft mit dem Block unter dem Kopf.
Es muss was Grandioses sein, dass er es mir einfach nicht zeigen will.
Aber was kann so toll sein, dass er mir die Zeichnung nicht zeigt? Dass er es sogar im Schlaf überwacht und sobald ich versuche einen kleinen Blick zu erhaschen, anfängt mich zu beschimpfen mit verschiedenen spanischen Flüchen und mir zwei Male sogar eine runter gehauen hat. Ich meine es ernst. Er hat mir einfach so ins Gesicht geschlagen und sobald ich etwas auch nur ansatzweise Gemeines sagen wollte, sah er mich so eigenartig mit den hellen Augen an und brummelte: „Du hältst dich von meinen Sachen fern.“
Als würde ich seine Sachen kaputt machen oder klauen wollen, dabei will ich doch einzig wissen was zur Hölle er da zeichnet.
Ich schnaube, weil Carlo wieder einmal nicht antwortet und lege mich auf den Rücken, versuche das blöde Eisengitter unter mir zu ignorieren, dieses Gitter das sich unbarmherzig in meinen Rücken bohrt und versucht mich langsam aber sicher zu verkrüppeln.
„Wirst du mir irgendwann sagen, was du zeichnest?“, frage ich erschöpft und fahre mir durchs ziemlich lange Haar.
Ich brauche dringend eine neue Frisur, Es sieht schon beinahe lang genug aus, dass mein ganzes Aussehen ein bisschen sinkt. Mein Haar sieht besser aus, wenn es kurz ist.
„Pronto le pertenecen a usted, muchacho.“, sagt er grummelnd. Muchacho verstehe ich ja noch, aber der Rest? Keinen blassen Schimmer. Ich muss mir dringend selbst Spanisch beibringen, denn sonst scheint es, als wenn ich nicht auf dem neusten Stand wäre.
Spanisch scheint hier die Sprache unter den Häftlingen zu sein, da so viele Latinos unter uns sind. Selbst die „schwarze“ Fraktion spricht Spanisch untereinander. Zwar mit eine seltsamen Akzent, aber was solls?
Aber darum mache ich mir wieder Sorgen, wenn ich zurück bin mit der gegebenen Strafe.
Heute ist kein Duschtag, aber es geht noch, so wie es jetzt ist. Ich war ja erst gerade gestern duschen. Da wird das noch gehen.
Und was die Kleidung angeht…Na ja, so weit ich weiß, muss ich meine Gefängnissachen anlassen. Das gefällt mir nicht so wirklich, weil ich nicht will, dass Tom oder sonst wer sich nur so an mich erinnert.
Obwohl ich mir sicher bin, dass Tom mich auch regelmäßig hier besuchen wird. Er wird es aber sicherlich durchziehen, wobei ich mir bei Stacy weniger sicher bin.
Ich weiß, ich sollte mich total auf ihre Liebe verlassen könne, darauf, dass sie zu mir hält, schließlich versucht sie ja auch verzweifelt mich hier raus zu holen, aber wann tun Frauen etwas Gutes? Ich meine…Na ja, sie verlassen einen doch nur, schreien einen an, schlagen einen und das muss man dann mit den guten Momenten vereinbaren. Und Stacy ist ja wohl eine der exzentrischen Sorte, sie würde es sicher nicht lange aushalten mit mir im Gefängnis. Einmal die Woche vorbei kommen und mich jedes Mal so sehen, wie ich hier sitze und nichts tue, wie ich immer schlechter aussehe wegen Schlafmangels und auch Unzufriedenheit.
Das wird sie genauso wenig sehen wollen, wie ich sehen will wie sie sich so stark verändert.
Ich weiß einfach nicht was ich tun kann. Vor allem von hier aus! Was kann ich hier eingesperrt machen? Was soll ich machen?
„Vinety, da kommt jemand für dich.“, meint Carlo unheilvoll und klingt wieder einmal viel zu spanisch für mich.
Ich setze mich auf, schwinge die Beine herab und kann zusehen wie ein Wärter die Zelle öffnet, ein zweiter Wärter steht dahinter und sieht mich misstrauisch an.
Er kann sich beruhigen, es ist ja nicht so als wäre ich gemeingefährlich. Ich habe nur den einen Cop angegriffen und das auch nur, weil er so beschissen gegrinst hat, als ich mich ausziehen musste.
„Dean Vinety…“, sagen sie zum ersten Mal meinen Namen und nicht ständig diese beschissene Nummer die ich als Markenzeichen trage.
„Ihr Gerichtstermin beginnt in Kürze.“
Ohne jeglichen Gesichtsausdruck, mit blankem Gesicht, starre ich den Wärter der mit mir gesprochen hat an.
„Wenn Sie uns bitte folgen würden.“, sagt er höflich, obwohl es ihm offenbar widerstrebt so mit einem „Kriminellen“ zu sprechen. Vielleicht bin ich kriminell, aber ich sehe mich selbst nicht gern so.
Ich laufe, nachdem ich Carlo zugezwinkert habe, hinter dem Kerl vor mir her, wir gehen durch die Gänge und ich höre wie Häftlinge uns etwas entgegen schreien, doch es sind eher Beschimpfungen gegen die Wärter, als dass sich etwas gegen mich richtet.
Schweigend gehe ich hinter den beiden Männern her, der eine wirft immer wieder Blicke nach hinten um sich zu überzeugen, dass ich nicht plötzlich eine Machete aus meiner Hose ziehe und sie alle abschlachte.
Ich lasse mein Gesicht wie es ist, keine einzige Gefühlsregung spiegelt sich in meinen Zügen, alles bleibt kalt und gleichgültig.
Doch innerlich…da kocht es. Alles in mir will jetzt einfach flüchten. Ich halte es hier nicht aus, ich bleibe nur allein und die zwei Freunde die ich hier habe, sind nicht genug. Ich muss hier raus. Frische Luft als ein FREIER Mann einatmen und nicht die heiße Luft, die auf dem Gefängnishof herum schwirrt.
Ich will wieder frei sein, zu diesem Haus fahren und Stacy in meine Arme nehmen, sie herum wirbeln um dann lachend mit ihr auf den Rasen zu fallen.
Ich weiß nicht wieso, aber ich gehe unwillkürlich alle Fluchtmöglichkeiten durch, so als wenn ich in einem Haus einbreche und dann einen guten Ausweg finden muss.
Doch es gibt eigentlich keinen Ausweg aus diesem Loch.
Ich könnte die beiden Wärter mit Leichtigkeit nieder schlagen, aber dann kämen die anderen 25 und würden mich zu Brei hauen.
Ich könnte fliehen, während sie mich in einen Wagen setzten würden. Doch die draußen haben scharfe Waffen und würden ohne mit der Wimper zu zucken schießen.
Oder ich könnte im Wagen versuchen mich beim Fahren aus der Tür zu rollen.
Aber ich würde höchstens dabei sterben oder aber ich würde aufstehen können um dann beim Weglaufen erschossen zu werden.
Aber wahrscheinlich ist das alles so gesichert, dass ich nicht einmal die Tür öffnen kann.
Und so bin ich bei den anderen Möglichkeiten. Jeder Moment, in dem ich zum Gerichtssaal geführt werde. Aber da sind noch so viele andere Wärter und Cops, da komme ich nicht raus.
Dann vielleicht nach dem Gerichtstermin, wenn ich meine Strafe in der Tasche habe.
Aber da ist es doch genau das Gleiche wie beim Hinweg.
Obwohl Tom dann dabei ist und auch Stacy.
Aber die beiden werden auch nichts tun können.
Während mir das alles durch den Kopf läuft, werde ich durch Gänge geführt, wobei immer mehr Wärter unseren Weg kreuzen.
Und ich bin bald schon an einem kleinen Van, in den ich mit gefesselten Händen bugsiert werde.
Zwei Wärter sitzen auch in dem Wagen, jedoch vorne und fahren.
Mich trennt ein starkes Eisengitter von den beiden Kerlen und die Vantür wurde mit so vielen Schlössern gesichert, selbst ich bräuchte von außen schon fast eine Stunde um alle zu knacken. Und von innen, wenn man eingesperrt ist, kann ich überhaupt nichts tun.
Ich lege den Kopf etwas nach hinten, treffe auf Metall und seufze leise.
Aber nur so leise, dass mich die Kerle nicht hören können.
Ich habe wirklich keine Lust darauf, dass man mich als schwach ansieht, vor allem in so einem Gebäude vor diesen Kerlen.
Was kann ich nur TUN? WAS?
Wie soll ich hier rauskommen? Ich muss hier raus. Einfach weil ich nicht überleben werde. Oder auch wegen Stacy. Ich kann meine Stacy nicht einfach so allein lassen. Es ist falsch nur darüber nachzudenken. Und wie soll Tom an Geld kommen, wenn ich weg bin.?
Ja okay, er könnte sich einen neuen, netteren, Partner besorgen, aber der ist nicht so gut, wie ich, es sei denn er holt sich jemanden wie Joseph Wright, der über mir steht und viel reicher ist.
Und was macht meine Mutter? Ihr schicke ihr auch Geld. Was macht sie ohne mich? Sie hat doch sonst auch kein Geld, nur Will oder Mary(Schwester) können ihr helfen, aber die beiden verdienen selbst nicht ganz so viel. Ich war und bin doch immer ihre größte Einnahmequelle gewesen.
Was macht Will ohne seinen kleinen, nervigen Bruder, der nur ankommt, wenn er etwas braucht?
Was macht Mary ohne ihren jüngsten Bruder, der sie nur anruft oder besucht, wenn er ein Versteck braucht?
Was macht meine Mutter ohne Geld und ohne ihren jüngsten Sohn, den sie bemuttern kann, wenn er denn Mal vorbei kommt?
Was macht Tom ohne seinen besten Freund, und seinen Arbeitskollegen?
Was macht Stacy ohne ihren Bodyguard? Was macht sie ohne mich? Wie kommt sie ohne mich klar?
Wie soll ein kleiner Engel auf der großen, bösen Welt überleben, wie soll MEIN Engel ohne mich zurecht kommen?
„Wir sind da.“, mault der Wärter, der mich schon die ganze Zeit über mustert, als wäre ich verrückt…
Ich hebe den Kopf, der bis jetzt, anscheinend lässig, herunter gehangen hat, und starre den vielleicht 30-jährigen weißen Mann an. Braune, helle Augen, ein ziemlich zusammen gedrücktes Gesicht, klein und schwach.
„Kommen Sie.“, mault er weiter mit so einer nervtötenden, ätzenden Stimme.
Ich stehe langsam auf (Wie ich diese verdammte Geschwindigkeit HASSE!!!) und gehe an den Rand des Vans.
Drei Wärter beobachten mich aufmerksam, sind darauf gefasst dass ich loslaufe und sie mich abknallen können.
Aber ich gebe ihnen diese Befriedigung nicht, setze einen Fuß vor den anderen und stehe am Ende zwischen den Wärtern. Zwei gehen voran, einer, der bulligste und bedrohlichste läuft hinter mir.
Gemächlich und äußerlich leicht amüsiert und lässig laufe ich weiter, obwohl ich mir innerlich die Seele aus dem Leib schreie, jemand solle mir helfen, ich will nicht zurück, ich will FREI sein.
Dieser Gesichtsausdruck wirkt, da alle denken, ich hätte keine Angst, während ich innerlich so eine Angst habe, dass ich schon weine.
Ich wippe hin und her, kreische und heule, bettele, dass sie mir nichts antun. Dass sie mich frei lassen.
Ich weiß, es ist nicht männlich und stark, aber diese ganze Situation ist so verzwickt, ich komme damit nicht klar, da ist es mir in diesem kleinen Moment egal, dass ich eigentlich nicht so stark bin wie ich mir wünsche oder wie ich wirke.
Ich werde in einen großen Saal geführt, der anscheinend die Eingangshalle des großen Gebäudes ist.
Die Menschen um mich herum starren mich an, als wenn sie noch nie einen Häftling gesehen hätten. Sie starren und versuchen heraus zu finden was für einer ich bin, was ich angestellt habe.
Ich versuche die Farce weiter aufrecht zu erhalten und sehe die Männer die mich anstarren überlegen an, den Frauen lächele ich breit zu oder zwinkere.
Ein paar, die noch nicht realisiert haben, dass ich ein Häftling bin, sehen zurück, lecken sich die Lippen oder werden rot.
Die Frauen, die wissen weswegen ich hier bin, weswegen ich hier durch die Gänge mit Wärtern vor und hinter mir herum gehe, reißen erschrocken du verängstigt die Augen auf, machen sich Sorgen, dass ich sie genauso vergewaltige, wie meine anderen Opfer (In der Fantasien der Frauen bin ich immer ein Vergewaltiger, obwohl ich diese Männer verachte).
Die Männer denen ich begegne, mustern mich, ziehen oft die Schultern ein und gehen schnell vorbei.
Die Wärter führen mich zu einem Raum, dessen Türen weit offen stehen. Ich werde hinein geführt. Es ist aber nicht so, wie in den Filmen und Serien. Dort sind keine Jurymitglieder, dort ist kein Zweiter Tisch, an dem das Opfer sitzt, der Anklagende.
Nur ein Tisch, dahinter ein paar Sitzreihen, in denen schon ein paar Leute sitzen.
Ich gehe durch den Gang, werde durch die Wärter geführt und sehe nur ein paar mir fremde Gesichter und Bea. Das wars.
Wie ein Vorschlaghammer wird mir alles klar.
Sie haben es nicht geschafft und werden nicht hierher kommen, werden nicht zusehen wie ich meine Strafe bekomme. Sie haben es nicht geschafft und sie wollen mich nicht mehr sehen. Ertragen es nicht oder wollen es einfach nicht
Sie lassen mich allein. Ohne Freunde nur Bea ist da.
Die einzige Frau die mich abgrundtief hasst, sitzt dort in den Reihen und wartet darauf, dass ich meine gerechte Strafe bekomme. Sie hat wahrscheinlich nicht versucht mir zu helfen. Sie hat einfach zugesehen, wie Tom und Stacy sich den Arsch abgearbeitet haben und es doch nicht schaffen. Doch es fällt mir etwas ein.
Tom hat mich kein einziges Mal besucht. Stacy schon, aber sie wirkte schon etwas merkwürdig. Diese ganze Heulerei, vielleicht war das nicht echt. Vielleicht wollte sie mich einfach damit überzeugen.
Vielleicht…sie haben nichts getan. Sie haben es nicht einmal versucht, wollten mich gar nicht raus hauen. Wie konnte ich so blind sein? Wie nur?
Wie kann jemand nur so dumm sein? Normalerweise bin ich schlauer! Doch es hat sich etwas verändert. Die Frau. Schon wieder ist eine Frau aufgetaucht und hat mich blind gegenüber den Tatsachen gemacht.
Sie haben es nicht versucht, Tom will mich ja nicht einmal sehen. Und Stacy…wie konnte ich auf sie reinfallen? Wie konnte ich glauben, sie würde wirklich auf mich warten? Wie konnte ich ernsthaft glauben, sie würde darauf hoffen, dass ich zu ihr kommen würde?
Sie haben mich alle allein gelassen. Allein mit meinem Schicksal, ohne Verabschiedung und ohne ein letztes gutes Wort. Einfach zurück gelassen.
Tom. Anne. Bea. Jerry. Fred. Derik. Stacy. Mein Engel. Mein Engel hat mich allein gelassen, damit ich langsam sterben kann.
Mein Engel hat mich allein gelassen ohne mir zu sagen, sie würde auf mich warten. Mein Engel hat mich allein gelassen ohne mir zu versichern sie liebe mich.
Mein Engel ist weg. Und kommt nicht wieder.
Mein Magen verknotet sich und zum ersten Mal, seit die Wärter mich geholt haben, verzieht sich mein Gesicht. Kalter Schweiß läuft mir über den Rücken, meine Hände fühlen sich an wie Eisblöcke und ich in meinem Inneren zieht sich alles schmerzhaft zusammen, ich keuche leise auf, doch man hört es deutlich über die Stille des Raumes.
Meine schwere Atmung ist das einzige, was zu hören ist. Die Wärter drehen sich um, starren mich an, sehen wie eine kalte Schweißschicht mein Gesicht umhüllt.
Die Gesichter in den Stuhlreihen wenden sich mir zu, sie hören auf zu sprechen, starren mich an während ich versuche wieder zu atmen.
Mein Engel kommt nicht. Lässt mich allein. Ohne ein Wort. All meine Hoffnung auf ein Leben, auf Glück, auf Liebe, brechen in sich zusammen, weil mein Engel nicht da ist.
Doch ich spüre wie ein kleiner Teil meiner Selbst versucht mich zu beruhigen.
Sie wird noch kommen, Noch ist Zeit.
Doch diese kleine Zusprechung hilft nicht, trotzdem keuche ich weiter, und ignoriere die Wärter und Zuschauer.
Ich höre nur undeutlich wie die Wärter sich unterhalten, während ich auf dem Boden knie und huste, keuche und die Augen fest zu kneife.
„Ist er krank?“
„Der Doc hat nichts erwähnt.“
„Hat er was genommen?“
„Keine Ahnung. Vielleicht.“
„Aber er kriegt doch nur 10 Jahre oder so.“
„Stan, es gibt komische Leute, das müsstest du doch wissen. Vielleicht hat er was genommen, damit er nicht ins Gefängnis kommt.“
„Sieht so aus.“
„Zum Arzt und Magen auspumpen?“
„Okay.“, einigen sie sich alle Drei am Ende und ich höre Schritte.
Doch ich hebe die Hände, versuche das Keuchen zu stoppen.
„Es…G- geht.“, keuche ich und versuche aufzustehen, brauche Hilfe von einem der Wärter der mich ziemlich unsanft unter den Armen greift und mich hoch zerrt.
Ich öffne die Augen, versuche die ersten zwei Tränen zu unterdrücken und werde an den Tisch gebracht, lasse mich lautstark und erschöpft auf den Stuhl fallen.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel kommt nicht mehr. Mein Engel lässt mich allein.
„Tut mir leid, wegen der Verspätung.“, keucht eine dickliche Frau neben mir.
Sie lässt sich auf den Stuhl sinken, erkennt nicht, dass sie Schweißflecken unter den Armen hat und macht einen Aktenkoffer auf.
Ihre Haare sind blond gefärbt und wirr, stehen ab. Ihr Kostüm, wenn man es so bezeichnen will, ist zerknittert und sie sieht ziemlich unsauber aus, ungepflegt.
„Ich bin Ihre Anwältin, Mr. Vinety. Ich heiße Cadence Walters.“, teilt sie mir mit, lächelt mich an und bemerkt auch dieses nicht. Die hat etwas zwischen den Zähnen klemmen.
Bekomme ich eigentlich immer nur Pech auf mich gegossen?
Ich nicke ihr zu, und sehe gerade aus.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel kommt nicht mehr. Mein Engel lässt mich allein.
„Wir werden das schon schaffen.“, sagt meine Anwältin Irgendwas Walters.
Ich nicke nur wieder, starre weiter.
„So schlimm ist die Lage nicht. Ich habe mit dem Polizisten geredet, den Sie angegriffen haben und er erklärte sich dazu bereit, es zu vergessen, wenn Sie sich entschuldigen und er ein paar Minuten mit Ihnen reden kann.“, sagt sie glücklich und kramt weiter in der Aktenkoffer.
Ich denke sie weiß nicht, dass dieser Polizist mich in diesen paar Minuten entweder vergewaltigen wird oder mich zu Brei schlagen wird.
Beides nicht wirklich aufmunternd und so nehme ich doch lieber in Kauf, dass ich die volle Strafe bekomme. Denn ich lasse mich nicht gerne schlagen und vor allem befürchte ich, dass dieser Cop eher das Erste im Sinn hat, wobei ich definitiv dagegen bin.
„Es wird schon noch.“, erklärt die Frau weiter.
Ich nicke wieder. Und starre auf den Stuhl des Richters, der noch nicht anwesend ist.
„Sie müssen nur bitte still sein, ja? Denn ich habe auf jeden Fall eine Strategie, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
Ich nicke.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel kommt nicht mehr. Mein Engel lässt mich allein.
„Bitte erheben Sie sich. Richter Sanders.“, sagt ein Gerichtsdiener und ich erhebe mich schwerfällig, wische mir unauffällig über das Gesicht, damit ich nicht vor Schweiß triefe.
Mir ist so kalt, wie noch nie.
Ein kleinerer Mann mittleren Alters kommt herein getrabt, schiebt seine 120 Kilo durch die Tür und schmeißt sich so elegant wie möglich auf seinen Stuhl.
Er nickt und wir dürfen uns setzen.
Ich lasse mich sinken, lege die Stirn gegen den Handballen, aber nur kurz, damit ich wieder zu mir selbst finde.
Ich bin NICHT schwach. Und das werde ich auch nicht zeigen. Ich bin stark und das werde ich immer sein. Nichts kann das ändern. Ich plustere mich etwas auf.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel kommt nicht mehr. Mein Engel lässt mich allein.
Und sofort wieder dieser Schlag unter die Gürtellinie. Wieder dieser Schlag der direkt in meine Eingeweide geht und sie verknotet, sodass mit schlecht wird.
Der Richter öffnet eine Akte und liest sie durch, dann sieht er mich an, runzelt die Stirn und schaut wieder in die Akte.
Mir ist es egal. Es hat doch alles keinen Wert mehr. Tom kommt ohne mich klar, besorgt er sich eben einen neuen Partner. Meine Mutter hat noch Mary und Will, die sich um sie kümmern, und meine Geschwister brauchen ganz sicher keinen Anhängsel, der ihnen nur Probleme macht und nervt.
Bea braucht mich nicht, sie wird auch schnell jemand Neues finden.
Stacy kommt auch ohne mich zurecht. Denn sonst wäre sie jetzt hier richtig?
Ich brauche keine Antwort von ihr, ich weiß auch selbst, dass sie mich nicht braucht.
Denn wenn sie hier wäre, wenn sie in meinen Schwierigkeiten wäre, würde ich hier sein.
Ich würde alles versuchen, ich würde den Richter erschießen, ich würde Amok laufen, bis sie frei ist. Aber ich wäre zumindest HIER. Wozu sie sich anscheinend nicht überreden konnte da ich nicht wichtig genug bin. Nicht wichtig genug um bei mir zu sein und mir in dieser Zeit beizustehen.
Um mich noch ein letztes Mal als freien Mann zu sehen.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel kommt nicht mehr. Mein Engel lässt mich allein.
„Ich befinde den Angeklagten für nicht schuldig.“, ist der nächste Satz, den ich höre.
Nur sehr langsam sackt der Satz ein, ich hebe überrascht den Kopf. Der Richter starrt mich intensiv an, wie meine Augen groß werden, mein Mund aufklappt.
Irgendwas Walters sieht überrascht aus und perplex.
„Sie hat aber noch gar nichts gesagt.“, höre ich meine tiefe, etwas schwache Stimme durch den Raum wabbern.
„Das ist mir bewusst, Mr. Vinety. Doch ich befinde Sie für unschuldig. Jetzt gehen Sie, ich habe noch andere Fälle.“, mault der kleine Richter.
Ich verstehe die Welt nicht mehr.
Irgendwas Walters, steht auf, ihre Augen verwirrt hin und her sehend, die Wärter starren den Richter an. Ich starre den Richter an, der sich jetzt zu dem erstaunten Gerichtsdiener wendet und mit ihm redet.
Wie kann das möglich sein? Kein einziges Wort ist gefallen und trotzdem bin ich frei gesprochen. Das geht nicht. Hier ist etwas faul, aber mir will nichts einfallen, dass den Richter auf diese hirnlose Idee gebracht haben könnte.
Ich bin schuldig. Das weiß ich, die ganze Welt weiß es.
Wie kann das dann sein? Das kann nicht sein! Was zur Hölle ist hier los?
“Mr. Vinety, ich habe keine Zeit. Sie sind frei, gehen Sie.“, brüllt der Richter schlecht gelaunt und ich erhebe mich, gehe ohne mein Wissen aus dem Raum und setze mich auf eine Bank.
Was war das? Wie nur?
Vielleicht war es nur zur Show, vielleicht ist das so eine Sendung die Leute verarscht. Nur diesmal sehr geschmacklos, da sie mich gleich wieder herein holen werden um mich zu verurteilen.
Oder aber, sie werden verläuten lassen, ich sei abgehauen, damit ich erschossen werden kann.
Vielleicht machen sie sich einen Spaß daraus und holen mich gleich wieder rein.
So wird es sein. Sie holen mich gleich wieder, damit ich im Gefängnis ende.
Ich fahre mir unschlüssig durchs Haar.
Wieso bin ich frei? Wieso?
Ich habe jemanden offensichtlich beraubt, ich behindere die Justiz, ich beging mehrfach Kreditbetrug und habe dann noch einen Überfall auf einen Beamten verübt. Kein Richter, der bei Verstand ist, hätte mich gehen lassen.
„Glück gehabt.“, sagt Bea und ich hebe den Kopf, sehe in das Gesicht von einer meiner Partnerinnen.
„Wieso bist du hier?“, frage ich leise und reibe mir durchs müde Gesicht.
Sie lächelt mich breit an und beugt sich auf meine Höhe herunter.
Dann flüstert sie mir zu: „Ich lasse meinen besten Arbeiter nicht einfach so ins Kittchen wandern.“
Damit verschwindet sie.
Perplex sehe ich ihr nach. Also hat sie mir geholfen? Sie hasst mich. Wieso hat sie mir geholfen? Und WIE hat sie mir geholfen? Sie kann ja nicht einfach zum Richter gegangen sein und ihn gefragt haben „ Ach ja, können Sie Dean Vinety frei lassen?“
Das hätte nicht funktioniert.
Was hat sie dann gemacht? Hat sie ihn mit Geld gelockt oder ihn bestochen?
„Mr. Vinety.“, tönt es neben mir und ich hebe das Gesicht, sehe einem Cop ins Gesicht (Verbissener Ausdruck, Eindrückspuren an der Seite seines Gürtels, copische Haltung).
„Ja?“, frage ich undeutlich und setze mich gerade hin, höre auf, auf den Boden zu starren.
Ich bin frei. Aber Bea war das nicht allein. Nie im Leben. Sie hat Einfluss, aber nicht so viel Einfluss.
„Kommen Sie bitte mit. Sie werden Ihr Hab und Gut bekommen und anschließend dürfen Sie gehen.“, sagt der Cop und sieht unzufrieden aus.
Das erste Mal an diesem tag schleicht sich ein echtes Grinsen auf mein Gesicht.
Ich bin FREI!!!!! Scheiße, wie ist das passiert? Aber wieso mache ich mir solche Sorgen, wenn ich doch FREI bin??? Oh GOTT, FREI!!!!
Ich stehe auf, halte mir kurz die Stirn, weil sich mein Schlafmangel wieder bemerkbar macht und gehe dem Cop hinterher, der sobald ich mich auch nur einen Millimeter bewegt hatte, losgegangen war.
Ich gehe langsam hinterher, immer noch verwirrt.
Anne muss geholfen haben. Bea hätte das niemals allein geschafft.
Und so erwacht auch diese Hoffnung, dass Tom geholfen hat und Stacy.
Aber wieso waren sie dann nicht gerade eben noch hier?
Bea war doch da, wieso waren meine beiden Freunde dann nicht da?
Gerade Stacy müsste wissen, dass ich es nicht aushalte ohne sie, wenn ich sicher bin, dass ich nicht mehr aus dem Gefängnis komme.
Wir gehen den Gang entlang, uns sehen viele an, weil ich noch immer diese Gefängniskluft trage.
Anne und Bea. Und Tom und Stacy. Aber das können nicht alle sein. Es ist nicht möglich nur mit 4 Personen jemanden frei zu bekommen.
Da mussten mehr Leute drin verwickelt gewesen sein.
Wir gehen aus dem Gebäude und in einen weiteren Van. Dieser ist nicht grau, sondern schwarz.
Ich werde hinten platziert, der Cop setzt sich mir gegenüber hin, beobachtet mich.
„Sie werden Ihre Sachen aus der Strafanstalt morgen bekommen. Solange…“
„Ich brauche die Sachen nicht. Obwohl…Ich bräuchte nur ein Armband.“, sage ich nachdenklich, weil ich nicht bis morgen hier sein möchte.
Der Cop stiert mich an und greift in seine hintere Tasche.
„Hier.“, sagt er und gibt mir das Lederband und ein Stück Papier.
„Wieso haben Sie das hier?“, frage ich verwirrt, wickele mir dabei aber das Bändchen um das Handgelenk.
„Eine Frau hat es mir gegeben als ich Sie abholen wollte.“
Ich runzele die Stirn und sehe das Papier an. Eine schreckliche Vorahnung überfällt mich und ich reiße die Augen auf, starre den Cop an.
„Wie sah diese Frau aus?“, frage ich ängstlich.
Wenn das Stacys Abschied sein sollte…ich würde sterben. Innerlich zieht sich schon alles zusammen, wartet auf den Schlag.
Der Cop runzelt die Stirn.
„Sie war…glaube ich blond. Klein.“
Der Schlag kommt. Und bringt mich zum Husten.
Es gibt viele Frauen die so aussehen!!!
„Wie genau? Erinnern Sie sich bitte.“, sage ich keuchend und halte meinen Bauch, der versucht heraus zu springen.
Der Cop runzelt die Stirn wieder, aber auf meinen verzweifelten Blick schließt er kurz die Augen und öffnet sie einen Moment später.
„Lange Haare bis zur Hüfte. Sehr, sehr klein. Mandelförmige blaue Augen.“, sagt er dann und ich starre ihn an, breche in Gelächter aus.
Gott sei Dank.
„Mr. Vinety, geht es Ihnen gut?“, fragt der Cop der offensichtlich an meinem geistigen Zustand zweifelt.
Ich nicke und öffne das Papier.
Heraus fällt ein kleiner Zettel, doch ich bin erst einmal total fasziniert von der Zeichnung die ich in den Händen halte.
Der Hof des Gefängnisses. Die Sonne strahlt, die Kerle sehen glücklich aus. Ein paar aus der schwarzen Fraktion spielen verbissen Basketball, einige verschnaufen, andere lachen. Im Hintergrund wird an Bänken Karten gespielt, andere spielen Poker.
Hitch dealt gerade mit ein paar Süßigkeiten und sieht sich verstohlen um, sein Kunde grinst vor sich hin.
Kyle sitzt sehr nahe, sein Gesicht dem Himmel zugewandt und die Augen geschlossen.
Mike, mit dem ich gepokert habe, sitzt auf seiner Bank und lacht sich schlapp.
Die anderen Häftlinge reden oder lachen oder laufen herum, andere rauchen in Ecken, wieder andere sitzen auf den Bänken und lesen, tanzen Hip Hop oder liegen auf den Bänken und bräunen sich, oder schlafen. All das ist so erstaunlich gut gezeichnet, jeder einzelne Gesichtszug ist so gut detailliert aufgezeichnet, wie die Sonne auf die ganze Szene hinein fällt. Jede Bewegung sieht lebendig aus, jedes Lachen ist so gut eingezeichnet, dass man unwillkürlich mitgrinsen muss.
Es wirkt so entspannt und fröhlich, als wenn es gar nicht im Gefängnis wäre sondern auf einem großen Barbecue.
Wie ein großes Familienfest strahlt es mir entgegen.
Und auf der Rückseite steht in krakeliger Schrift, wie das bei Künstlern oft ist, eine Widmung. Eine Widmung die ich erst noch übersetzen muss, aber diesen Satz beherrsche ich.
Buena suerte, hijo.
Viel Glück, Junge.
Ein Lächeln breitet sich über mein Gesicht aus, als ich an Carlo denke.
Egal wie kitschig es ist, ich werde ihn besuchen und ihm irgendwie massenweise Zigaretten reinschmuggeln.
Ich starre immer noch das Blatt Papier an, als der Van hält und der Cop meint. „Wir sind da.“
Ich stehe auf und gehe mit ihm aus dem Wagen, wir sind auf dem Polizeirevier.
Ich laufe dem Kerl hinterher, der mich durch das Revier führt, Cops sehen auf, als ich vorbei gehe und mustern mich misstrauisch.
Tja, aber ich bin FREI!!!!
„Ich bringe Ihnen gleich ein paar Klamotten mit. Wir müssen nur noch ein paar Papiere unterschreiben lassen, dann dürfen Sie gehen.“, sagt er, und ich grinse, nicke.
Gleich bin ich hier weg.
Ich setze mich auf eine Bank, warte auf meine Kleidung, da sehe ich blonde Haare.
Hoffnungsvoll hebe ich den Kopf und zwar bin ich zuerst enttäuscht, dann aber glücklich. Tom steht dort, in einem Anzug, die Nickelbrille hochgeschoben, sodass er etwas versnobt aussieht.
Ich winke, damit er rüber kommt.
Doch er sieht mich kurz an und dreht sich dann weg, guckt zu einem Cop.
Verwirrt runzele ich die Stirn. Was ist das denn? Er ist doch hier um mich zu holen, oder nicht?
Der Cop von gerade kommt zu mir und drückt mir eine Jeans und einen Sweater in die Hand.
„Der Raum neben Ihnen ist frei. Ich komme gleich und gebe Ihnen die Papiere.“
Ich nicke.
Und halte den Cop am Handgelenk auf, als er gehen will.
Er dreht sich mir zu.
„Könnten Sie mir sagen, wer das ist?“, frage ich und deute auf Tom. Er würde niemals einfach so in ein Polizeirevier kommen. Nicht ohne Grund. Und wenn ich nicht der Grund bin, welcher dann?
„Oh, das ist ein Angestellter von Francis Bovary. Er holt ihr Gemälde ab.“
Dabei sieht er mich warnend an, von wegen: Ich würde die Finger endlich davon lassen.
Tom ist da um das Gemälde zu holen.
Ein breites Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus.
Dann kriegen wir die 7 Millionen doch, Mit Umwegen, aber immerhin.
Der Cop geht, weil er mich wieder einmal nicht versteht. Und dich breche in lautes Gelächter aus, damit Tom sozusagen unwillkürlich zu mir gucken kann.
Ich heb den Daumen, niemand bis auf Tom versteht mich, dem kurz ein Zucken in den Mundwinkeln anzusehen ist.
„Hier sind die Papiere.“, sagt der Cop mir und hält mir die Papiere hin.
Ich nicke und stehe auf, gehe nach einem Nicken des Bullen in diesen Raum und schäle mich aus den scheiß Gefängnisklamotten, schmeiße sie in eine Ecke und ziehe die Jeans an, versuche den Sweater zu schließen, aber es geht nur zur Hälfte. Etwas schlecht gelaunt, da der Sweater zu klein ist und die Hose mir um die Hüfte zwar sehr, sehr eng ist, aber viel zu kurz, was die Beinlänge angeht, gehe ich aus dem Raum, die Papiere im Arm. Ich setze mich wieder auf die Bank und der Cop sieht mich verabscheuend an.
Ich lese mir die Papiere durch. Und verstehe ziemlich wenig.
Aber ich unterschreibe einfach auf den leeren Flächen, gebe sie zurück.
Der Cop sieht sich meine halb entblößte Brust an, die kurzen Brusthaare und den Anfang von meinem Bauchnabel.
Ich zucke die Schultern.
„Tut mir leid, dass so viel zu sehen ist. Aber die Sachen passen mir nicht.“, meine ich und erhebe mich, zeige auf die Beine und die Hüfte. Mein Hintern ist derart in diese Hose eingequetscht, man muss ihn komplett erkennen können.
„Wie war das mit dem Gehen?“, frage ich und sehe mich um. Einige Cops sehen mich an, ein paar weibliche von den Starrenden ziehen mich mit Blicken aus, andere sind angeekelt, andere sind einfach neutral.
Ich sehe mich jedoch eher nach Tom um.
Und sehe ihn etwas entfernt, wie er in einem Raum mit Glastür steht und nickt und redet.
„Ja, Sie können jetzt gehen.“, meint der Cop und lächelt schwach.
Ich nicke und ohne ein weiters Wort laufe ich durch die Gänge, ignoriere die blöden Blicke die ich auf mein Aussehen bekomme und stehe draußen im Sonnenlicht, genieße die verdreckte Luft von L. A.
Ich weiß aber jetzt nicht wohin. Tom hat offenbar bei der ganzen Planung geholfen, sonst würde er sich jetzt nicht das Gemälde unter den Nagel reißen.
Aber mir fehlt etwas.
Mein Engel ist nicht da. Mein Engel lässt mich allein.
Aber so darf ich nicht denken, sie kommt sicherlich noch bald um mich abzuholen.
Erst einmal muss ich los und mir ein Fahrzeug besorgen, aber das geht schnell. Dann muss ich mir ein Handy besorgen, aber nur kurz, da ich nur Tom anrufen will.
Aber dann? Ich will zu Stacy, aber wo ist Stacy? Wo hat sie ein Haus gefunden? Ich muss Tom erreichen.
Ich trabe los, ignoriere gewissenhaft die Passanten, die mich anstarren.
Ich hole meine Brieftasche aus der hinteren Hosentasche, die ich mit den Klamotten bekommen hatte, da meine Brieftasche schon auf dem Polizeirevier eingesackt wurde.
Kein Geld, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass anfangs noch 20 $ drin waren.
Die falschen Kreditkarten alle weg, nur mein Führerschein ist noch drin, aber der ist zerkratzt und offensichtlich aufgebrochen worden um zu sehen ob das Papier echt ist.
Das bedeutet, ich muss wieder klauen.
Hach ja, die Justiz zwingt mich immerhin dazu.
Ich laufe in einen McDonalds und hole meine Brieftasche wieder heraus, tue so, als ob ich etwas suche.
Vor mir ist eine Schlange, doch ich gehe auf ein paar andere Leute los, Leute die sich an einen Tisch setzen wollen um auf ihre Bestellung zu warten.
Ich laufe gegen einen Kerl, da sie die Brieftasche an einem leichter zugänglichen Ort haben, und greife schnell danach. Stecke sie in meinen Sweater und falle gleichzeitig um, damit niemand das mit ansehen kann.
Ich rappele mich auf, der Mann sieht mich wütend und gleichzeitig verwundert über meine Aufmachung an.
„Tut mir leid, Kumpel. Hab nicht aufgepasst.“, sage ich lächelnd und gehe an ihm vorbei, als er nickt.
Damit laufe ich aus dem Laden, halte auf ein Kleidungsgeschäft zu, denn langsam habe ich genug davon, wie die Leute mich mustern.
Ich verdränge ein paar Gedanken, die sich wieder einmal um Stacy drehen und nehme mir die erste Jeans, die lang genug aussieht und ein breites Oberteil.
Ich bezahle mit Kreditkarte und mache mich auf den Weg heraus, ignoriere die weiteren Blicke.
„Sir, würden Sie sich bitte anziehen?“, fragt mich ein Cop.
Ich sehe ihn wütend an.
„Bin dabei.“, und damit stürme ich weiter. Meine gute Laune wird immer wieder abgeschwächt, aber je länger ich hier draußen bin, nicht eingesperrt, wird es besser.
Ich mache mich mit den Klamotten auf den Weg zu einer öffentlichen Toilette.

„Noch Mal. Du bist zu dieser Francis gegangen und hast WAS getan?“, frage ich Tom der mir gegenüber sitzt und sich ein Stück Burger in den Mund schiebt, genüsslich kaut.
„Na gut, noch mal für die Dummen unter uns.“, nuschelt er mit vollem Mund.
Er schluckt und ich starre ihn an, warte auf etwas.
Ich hatte Tom vor ungefähr zwei Stunden angerufen und wir saßen jetzt seit ungefähr einer halben Stunde in einem Imbiss und hatten uns erst begrüßt, dann geschwiegen, anschließen gegessen und jetzt waren wir hier.
„Ich bin zu Francis gegangen, habe mich als ein Assistent der Firma ausgegeben. Ab da hat sie mir getraut und ich konnte mir das Gemälde holen.“
„Aber welche Firma? Wieso hat sie dir vertraut?“
„Die Firma die sie beauftragt hat das Gemälde in ein Museum zu bringen, da sie es nicht mehr wollte. Die Firma hat zugesagt. Also habe ich angerufen, habe ihre Stimme genutzt und wieder abgesagt. Dann bin ich zu ihr. Und warum sie mir vertraut hat? Weil ich einfach liebenswert bin.“, meint er am Ende grinsend.
„Und wieso hat es so lange gebraucht um mich rauszuholen?“, frage ich genervt, da es ihm anscheinend so leicht gefallen ist.
Tom sieht mich etwas schnippisch an, aber wirkt auch traurig.
„Na ja, Anne war im Urlaub. Also haben Stacy und ich versucht sie anders zu erreichen. Mit Stacy wollte sie dann nicht reden und bis ich sie erreicht hatte, waren schon 4 Tage vergangen. Solange hat Bea alles getan, das sie konnte. Ich glaube sie st darüber hinweg, was auch immer du getan hast. Und ich hab Jerry, Fred und Derik angerufen und die haben auch alles getan, haben sogar Cameron und Ziggy alarmiert und bescheid gegeben. Um ehrlich zu sein, schuldest du jedem auf der ganzen Welt jetzt einen riesigen Gefallen.“, meitn Tom und trinkt sein Bier aus.
Ich nicke und denke nach. So viele. So viele haben geholfen und trotzdem hat es so lange gedauert.
„Also hing alles von Anne ab?“, frage ich besorgt, da ich Anne eigentlich nichts schulden WILL.
„So gut wie. Sie hat den Richter überzeugt und hat die Cops irgendwie hingebogen. Ich glaub du bist ihr ziemlich wichtig.“, sagt Tom vage und sieht mich an.
„Dean, ich will dich wirklich nicht nerven, du warst immerhin 5 Tage im Gefängnis und ich denke, das war nicht leicht, aber was zur Hölle tust du noch hier?“, fragt er mich laut und verwirrt.
Ich runzele selbst verwirrt die Stirn.
„Wo soll ich denn hin? Ich wollte mit dir reden und alles klären und danach dachte ich, wir fahren rum, geben Geld aus.“, sage ich lächelnd.
Ich spiele wieder einmal in den letzten paar Momenten an dem Bändchen, drehe es an meinen Handgelenk und verschlinge die drei Schnüre die herunter hängen miteinander.
Tom starrt mich an.
„Du willst NICHT zu Stacy?“, fragt er verwundert.
Ich sehe ihn erstaunt an.
„Doch, aber ich weiß nicht wo sie ist. Und sie will mich offenbar auch nicht mehr, weil sie nicht da war. Nicht bei den Cops, nicht im Gericht. Und ich will mich nicht aufdrängen.“, sage ich mit zusammen gebissenen Zähnen, weil ich endlich zu ihr will, weil ich mich aufdrängen Will, nein, MUSS! Aber ich kann mich ihr doch nicht aufzwingen, wenn sie mich nicht will.
„Aber…“
„Ich will nichts hören.“, schnappe ich und trinke mein Bier auch aus.
Mein Kopf schwirrt und ich fühle mich wirklich schwach. Es ist fast schrecklich, ich will schlafen, aber mein Gehirn weigert sich einzuschlafen, weil es weiß, was dann passiert.
Schreckliche Träume, die nicht enden wollen.
„Dean…“
„TOM! Nein, ich will nicht weiter darüber sprechen.“, maule ich und stehe auf, langsam, damit mir nicht schwindlig wird.
Das nächste das ich weiß ist, dass Tom mich gegen eine Wand stößt und mich mit zusammen gekniffenen Augen mustert.
„Ich liebe dich wie einen Bruder, aber es reicht mir. Sie wartet auf dich, auch wenn ich die Kleine nicht wirklich mag, und heult sich die Augen aus. Du fährst spätestens morgen los und besuchst sie zumindest.“, schnauzt er mich an.
Ich bin viel zu schwach um mich gegen seinen Griff zu wehren und nicke.
„Na gut, aber sie will mich nicht mehr. Es war Glück dass du gerade da bist.“
Tom lässt mich los und ich sinke etwas zusammen.
Er sieht mich an. „Erstens: Irgendwas läuft hier falsch. Was ist los? Und Zweitens: Sie hat dir einen Zettel geschrieben, wo sie alles erklärt hat. Da steht auch die Adresse von eurem Haus drauf.“, sagt er missgelaunt und ich starre ihn an
„Welcher Zettel?“, frage ich.
„Sie hat den Zettel Maggie gegeben, die sollte dir ein paar Sachen aus dem Gefängnis bringen.“, sagt Tom ungerührt und ohne ein Wort von mir, aber sehr zu meinem Glück, kommt er zu mir und stemmt seine Schulter unter meinen Arm.
„Wer ist Maggie? Und da war kein Zettel von Stacy.“, sage ich erschöpft und Leute mustern uns, als ich so abgestützt durch die Tür gehe, meine Haare durchkäme und seufze.
„Dann wird Stacy Maggie umbringen. Sie hat eine Zettel geschrieben, ich saß sogar daneben und hab mitgelesen.“, meint Tom und verfrachtet mich zu seinem Wagen, der direkt neben der Eingangstür geparkt ist.
„Was hat sie geschrieben?“, frage ich und lasse mich auf den Beifahrersitz fallen, so müde wie schon lange nicht mehr.
„Nur so einen Frauenkram. So komische Liebeserklärungen und sowas eben.“, meint Tom und startet den Motor.
„Na gut, ich fahre hin.“, sage ich und lehne den Kopf gegen das Fenster.
Ich spüre Toms Blick auf mir.
„Was ist mit dir passiert Mann? Siehst aus wie eine Leiche.“
Ich grinse und huste ein kleines Lachen.
„Wenig geschlafen.“
Tom sagt nichts.
„Weißt du was, ich bin nicht müde, ich fahr dich hin.“, sagt Tom plötzlich und ich hebe den Kopf und sehe ihn verschlafen an.
„Das musst du nicht. Ich kann morgen auch selbst fahren.“, sage ich obwohl allein der Gedanke an meinen Engel mein Herz dazu bringt Purzelbäume zu schlagen.
„Ich mach es aber trotzdem. Ich weiß, dass du mir morgen böse bist, dass ich es nicht getan habe und ich kann es nicht ertragen, wenn ich weiß, dass eine Frau rum sitzt und um dich heult.“
Ich grinse und lache wieder kurz.
„Wo ist es denn?“, frage ich und sehe kurz zu, wie das Auto sich aus dem Parkplatz bewegt und auf die richtige Straße aufkommt.
Dann schließe ich die Augen, denke erst einmal an gar nichts.
„Sag ich dir nicht. Wir sehen uns, wenn ich dich wecke.“, sagt Tom und es kommt mir vor, als sei er Millionen von Meter unter Wasser, ich höre ihn nur sehr undeutlich.
Und dann spüre ich es endlich: ich falle in Ohnmacht vor Müdigkeit.

„ALTER, HÖR AUF!!!“, höre ich Tom kreischen und ich reiße die Augen auf.
Kalter Schweiß läuft mir über die Stirn, meine Hände sind kalt, meine Füße und in meinem Inneren zieht sich etwas zusammen. Mir ist noch kälter als vor ein paar Stunden im Gericht.
Verwundert sehe ich mich um.
Irgendwo in der Natur, Bäume und Rasen und die sind echt, nicht in New York, wo alles falsch ist.
Ich sehe zu Tom rüber, wir stehen am Straßenrand und andere Autos fahren vorbei, der mich anstarrt.
„Was?“, frage ich und wische mir den Schweiß von der Stirn.
Mittlerweile ist es vielleicht sehr früher Morgen und Tom wirkt etwas müde, doch seine Angst ist größer.
„Was? Du fragst WAS? Hast du eine Ahnung, wie viel Schiss ich hatte?“, fragt er panisch, hört aber auf das Lenkrad zu umklammern und sich an das Fenster zu pressen.
Ich runzele die Stirn, obwohl ich eine Vorahnung habe.
„Was ist passiert? Wieso hast du Angst?“
„Weil du geschrieen hast wie ein Geisteskranker! Das war grauenhaft, ich sollte es aufnehmen und es dir zeigen.“
Ich senke den Blick auf das Bändchen, das ich mit einer Hand umschließe.
„Ist nichts Schlimmes.“, sage ich beruhigend, doch Tom reagiert nicht.
Ich wische mir noch den letzten Rest Schweiß aus dem Nacken und sehe Tom an.
„Fahr schon. Ich habe nicht ewig Zeit.“
„Nein, ich fahre erst, wenn du mir sagst, was los ist. Das ist schrecklich. Man will nur noch wegrennen, wenn man dich hört.“, sagt er mit großen Augen, seine Brille liegt auf dem Armaturenbrett.
„Keine Ahnung. War halt ein Traum.“, sage ich und sehe ihn an, für mich ist diese Diskussion vorbei.
Tom schüttelt langsam den Kopf, dreht sich weg und startet den Wagen.
„Ich hätte eigentlich erwartet, langsam vertraust du mir.“, sagt er leise.
Ich lehne den Kopf müde an die Fensterscheibe.
„Tom, du weißt mehr über mich, als irgendwer sonst.“ Außer Stacy.
„Wieso sagst du mir dann nicht einfach was es ist, schließlich weiß ich doch, dass du nur nicht sprechen Möchtest, nicht das du es nicht WEIßT!“, sagt er genervt und fährt weiter.
Ich schweige. Ich will es ihm eigentlich nicht sagen, aber er hat Recht. Er weiß eigentlich nicht viel über mich, nur das was ich wollte, dass er es wusste. Was nicht viel war und nicht viel sein wird, egal wie lange wir einander kennen.
Aber er verdient zu wissen, was es ist, das mir Alpträume bereitet.
Während ich diesen Gedanken nachhänge fährt Tom los und reiht sich in den Morgenverkehr ein.
„Stacy…wurde von so einem Kerl zusammen geschlagen. Er wollte sie vergewaltigen. Als sie geschrieen hat, bin ich aufgewacht. Und rüber gelaufen, hab ihn bewusstlos geschlagen und ihm sein Gesicht zertrümmert. In meinem Traum…komme ich zu spät.“, sage ich leise und lasse die Augen auf mein Handgelenk gerichtet.
Erst einmal ist Tom ruhig, dann greift er rüber, drückt meine Finger und lässt sie wieder los.
„Du bist aber rechtzeitig gekommen. Sie ist noch da.“, sagt er ruhig und fährt etwas schneller.
Ich reibe mir durchs Haar, über die Stirn.
„Ich weiß, aber es ist einfach grauenhaft aufzuwachen….und dann ist sie nicht da. Als wenn…ich doch zu spät bin.“
„Wenn du es richtig machst, dann musst du nicht mehr ohne sie aufwachen.“, sagt Tom und ich lächele.
„Falls ich es richtig mache.“
Tom lacht auf. „Ach was, die ist dir verfallen, Da kannst du nichts mehr falsch machen.“, sagt Tom.
Ich antworte nicht, lehne mich nur gegen die Scheibe zurück, lege meine kalte Stirn an die eigentlich auch kalte Fensterscheibe, doch es fühlt sich unheimlich warm an.
„Ist das immer so?“, fragt Tom leise.
„Nicht immer. Nur wenn ich schlafe. Richtig schlafe.“, sage ich.
„Wie meinst du das?“
„Die letzten Tage habe ich nicht richtig geschlafen. Deswegen wussten die Häftlinge nicht, dass ich schwach bin.“, murmele ich beinahe am Schlafen.
Tom lacht kurz. „Dean, du solltest endlich lernen, dass es nicht immer wichtig ist, stark zu sein, Kämpfen ist nicht immer gut.“, sagt er verschwommen und ich antworte nicht, da es wieder schwarz um mich wird.

Ich reiße wieder die Augen auf. Wir stehen an einer Ampel, es ist tiefe Nacht.
Ich drehe mich zur Seite, sehe Tom an, der sich Etwas ins Ohr gestopft hat, die Musik ist laut aufgedreht.
„Tut mir leid.“, bringe ich heraus und Tom zieht den Stoff aus seinem Ohr.
Er winkt ab. „Du kannst ja nichts dafür.“
Die Ampel schaltet um auf Grün.
„Wo sind wir?“, frage ich immer noch müde und wische mir durchs Gesicht. Wische den Schweiß fort.
Wie kann derselbe Traum, der Traum jede Nacht, mich jedes Mal nur so schockieren, als wenn ich nicht darauf gefasst wäre?
„Wir sind bald da.“, sagt Tom müde und reibt sich durchs Gesicht.
„Das war nicht die Frage. WO sind wir?“, frage ich und starre in der Gegend herum.
Nur die anderen Autos und die Ampel, keine Schilder.
„Nur noch ein paar Stunden, dann sind wir da.“, sagt Tom.
„Okay, und wo geht es hin?“, frage ich und stütze den Kopf nach hinten, aber schon wieder bin ich so müde.
„Erfährst du noch früh genug. Ich mach kurz eine Pause.“
„Gut.“, sage ich, da ich auch auf die Toilette muss und ich bin fast am Verhungern.
Wir fahren noch ein paar Minuten, doch auch hier keine Schilder.
Dann biegt Tom auf einen Parkplatz eines Imbisses.
„Komm, ich will nicht zu viel Zeit verlieren. Stacy dachte ja du wärst sofort losgefahren.“, sagt Tom und ich steige aus.
Mir ist schwindelig, da ich mich so schnell bewege.
Immer noch müde wie verrückt stake ich auf die Tür zu und stoße sie auf, lasse Tom vorgehen, was ihm ein Grinsen entlockt.
„Ladies first.“, sage ich und Tom boxt mich gegen die Schulter.
„Na endlich, ich dachte schon ich sei dich Arschloch endlich los.“
Ich lache auf und folge ihm.
Ein Mädchen kommt zu uns, verschlingt uns beide gleichzeitig mit Blicken und fragt mit schnurrender Stimme: „Was kann ich für euch tun?“
Tom grinst schelmisch und sie fällt fast in Ohnmacht. Sie leckt sich die Lippen, starrt in sein Gesicht.
„Ein Tisch fürs Erste.“, sage ich erschöpft und sie wechselt von Tom zu mir, ihre Augen werden groß und sie starrt mich gebannt an.
Mein Gesicht ist auf den ersten Blick schöner als Toms, aber sein Lächeln haut die Mädels um, nicht meines.
Sie grinst und geht voran, der Hintern ausladend schwingend bringt sie uns zu einem Tisch.
„Bestell für mich. Bin gleich wieder da.“, sage ich und gehe zur Herrentoilette und verziehe mich in eine Kabine.
Was werde ich nur tun, wenn ich bei Stacy bin?
Ich meine, natürlich werde ich mich freuen, aber was tue ich zuerst? Sie küssen? Einfach ansehen?
Ich gehe meine Hände waschen und starre danach kurz auf das Bändchen.
Ich weiß nicht einmal wieso mir dieses Band so wichtig ist.
Es ist eigentlich nichts besonderes, es erinnert mich eben nur an Stacy. Aber ich habe doch auch die lebendigen Erinnerungen in meinem Kopf, da brauche ich doch eigentlich kein schlichtes Stück Leder.
Ich sehe wieder auf, sehe mein Gesicht im Spiegel.
Ich habe selten so schlecht ausgesehen. Immer noch besser als der Großteil der Welt, aber viel schlechter als normal.
Tiefe, tiefe, endlose Augenringe die beinahe schwarz sind, gemeiner Zug um die Mundwinkel und so erschöpft wie noch nie.
Ich quäle mich aus der Herrentoilette und gehe zu Tom, vor dem jetzt ein großer Burger mit allem drum und dran steht.
Für mich das Gleiche.
„Wo sind wir?“, frage ich etwas genervt.
„Bald da.“, nuschelt er mit Essen im Mund.
„Wow, darauf wäre ich nie gekommen.“, sage ich und sehe mich um, ob hier jemand mir sagen könnte wo ich bin.
Aber da es ungefähr 2 Uhr am Morgen ist, sitzen wenige Leute hier und die haben es genauso eilig wie wir.
Ich ignoriere erst einmal meine Neugier und mache mich über das wunderbare Essen her, Essen, das ich so sehr vermisst habe wie meine Freiheit.
Ich stopfe mich voll, mir ist egal, wie es aussieht und höre mich selbst stöhnen.
„Das ist so gut.“, nuschele ich und stopfe noch mehr hinein, schneller.
Als ich nach ungefähr 4 Sekunden fertig bin, bemerke ich Toms verstörten Blick.
Ich zucke die Schultern.
„Das Essen im Gefängnis entspricht den Vorstellungen.“, sage ich leichthin, auch wenn es nervig gewesen ist. Immer dieser Zwang sich bei Hitch was zu kaufen und dann nur so wenig zu bekommen.
Tom sieht mich an, isst dabei weiter.
Ich greife mir ein paar seiner Pommes und stopfe weiter Zeug in mich hinein.
Was soll ich tun, wenn ich sie sehe? Ich kann ja nicht einfach hinein laufen und mich auf sie stürzen oder? Außerdem bin ich zu müde um mich auf irgendwen zu stürzen. Ich würde wahrscheinlich mitten im Lauf umfallen und auf dem Rasen einschlafen.
Also was soll ich dann tun? Einfach angucken und nichts sagen? Reden? Küssen? Umarmen?
Was denn?
„Komm, wir gehen.“, sagt Tom und trinkt den Rest seiner Cola aus, ich schütte den Rest von mir, auch runter.
Damit stehe ich auf und Tom legt Geld auf den Tisch.
Wir gehen los, da kommt uns das hübsche Mädchen entgegen.
„Kann ich noch etwas für euch tun?“, fragt sie und sieht uns viel sagend an.
Tom schüttelt den Kopf doch ich sage:
„Das kannst du.“ Ihre Augen werden groß, da sie das nicht erwartet hat und sie fühlt sich unwohl.
Erst anmachen und dann Angst haben. Pff.
„Wo sind wir hier genau?“, frage ich. Tom macht den Mund auf.
„Du Idiot, ich habe dir gesagt, nicht jetzt.“, mault er und schiebt mich weiter.
„Sags mir bitte.“, sage ich dem Mädchen.
Sie runzelt die Stirn.
„In Groom, Texas.“
Ich grinse. Und lasse mich heraus schieben.
„Du Scheißkerl!“, mault Tom, dem ich seinen Spaß versaut habe.
„Tja, unterschätze nicht meine Macht.“, lache ich und setze mich auf den Beifahrersitz.
Tom setzt sich und schließt kurz die Augen, sieht müde aus.
„Ich kann auch fahren, wenn du schlafen willst.“, sage ich.
Er hebt den Kopf und sieht mich mit zusammen gekniffenen Augen an.
„Vergiss das. Ich habe immer noch den Trumpf, dass du nicht weißt wo es hingeht.“, sagt er.
Ich verdrehe die Augen.
„Na gut, dann verwickele uns doch in einen Unfall, weil du am Steuer einschläfst.“, sage ich und lehne meinen Kopf nach hinten, schließe die Augen, damit ich ihn provoziere.
Tja, ich kann schlafen!
„Mach ich schon.“, sagt er und startet den Wagen.
Ohne es zu versuchen, sogar mit einem kurzen Kampf dagegen, schlafe ich einen Moment später ein.

„AU!“, schreie ich und wache durch einen Schmerz im Magen auf.
Tom fährt immer noch, doch jetzt ist es relativ hell.
Vielleicht so 6 Uhr.
„Ich halte diese Schreierei nicht mehr aus. Versprich mir, dass du auf den letzten Metern nicht mehr einschläfst.“, meint Tom und sieht mich an, seine Augen wieder so groß.
Ich wische meinen Schweiß mit einer mittlerweile gewohnten Handbewegung weg.
„Ich versuche es. Warte, letzte Meter?“, frage ich und sehe mich um.
Natur. Eher braunes, als grünes Gras, aber hübsche kleine Häuschen säumen die Straße.
„Wo sind wir?“, frage ich verwirrt und sehe mich weiter um.
Familienhäuser offensichtlich.
„Oklahoma.“, sagt Tom und wird langsamer.
Ich sehe mich zu beiden Seiten um. Braunes, bis leicht grünes Gras.
Doch je weiter wir fahren, desto grüner und schöner wird das Gras.
Die Häuschen werden zu größeren Häusern, die Wandfarbe sauberer.
Die Gärten gepflegt und wunderschön mit Blumen.
An einigen Häusern das Schild mit ZU VERKAUFEN.
„Wo genau in Oklahoma. Ich war hier nämlich noch nicht.“, sage ich und runzele die Stirn.
Tom grinst mich an.
„Wynona.“
„WAS? Wieso bin ich hier?“, frage ich. Ich würde nie und nimmer nach Wynona fahren, zwar ist es offensichtlich schön hier, aber ich bin mir sicher, dass hier nichts los ist.
„Weil wir gleich zu Stacy fahren.“
„Sie hat HIER ein Haus gekauft?“, frage ich und mir läuft ein guter Schauer über den Rücken.
Stacy. Mein Engel. Ich sehe sie gleich.
„Das stand jedenfalls auf dem Zettel.“
Tom wird immer langsamer.
„Mach schneller.“, maule ich und er fängt an zu lachen.
„OH, die hat dich. Das ist ja sowas von merkwürdig, Dean Vinety ist süchtig nach einer Frau.“
Ich drehe mich zu ihm und zeige ihm meinen langen Mittelfinger.
Er lacht wieder.
Dann fährt er auf einen Hof.
Und ich sehe zum Haus hoch.
Zwei Stöcke, cremefarben. Schöner Vorgarten, blaue und rote Blumen säumen das grüne, gepflegte Gras. Eine kleine Hecke. Die Tür des Hauses ist dunkel. Ein dunkles, schönes Holz.
„Geh schon.“, sagt Tom lächelnd und ich sehe ihn an.
„Komm mit rein. Du musst schlafen.“, sage ich und steige aus.
Tom sieht auf die Uhr.
„Dean, es ist gerade 7 Uhr und du kommst das erste Mal zurück zu Stacy, ich will lieber nicht dabei sein, wenn das gefeiert wird.“, sagt er und grinst, ich schlage die Tür zu und zeige ihm wieder einmal meinen Finger.
Er schwenkt mit seinem herum und parkt aus, fährt davon.
Ich stehe vor dem Haus, weiß nicht was ich tun soll.
Die Haustür sieht einladend aus.
Ich seufze. Jetzt oder nie.
Ich gehe zur Tür, klingele aber nicht, da ich Stacy nicht wecken will.
Also sehe ich mich noch einmal um, nehme einen der Dietriche, die ich von Tom bekommen habe, aus meiner Hosentasche und fummele gut eine halbe Sekunde damit rum, bis die Tür aufspringt und ich eintrete.
Hinter mir schließe ich leise die Tür und sehe mich um.
Heller Flur, cremefarbene Teppiche, die sicherlich bald braun werden, schließlich ist das hier der Flur.
Fast neben der Haustür stehen Stacys Turnschuhe, also ziehe ich meine Schuhe auch aus und stelle sie neben ihre.
Die Wände sind blau, ein Mittlerblau. Halb hell, halb dunkel.
Ich gehe weiter und komme in eine große, schöne Küche.
Heller Granit schmückt die Arbeitsflächen. Ein aus hellem Holz bestehender Tisch mit vier Stühlen mit Stickereien auf den Bezügen.
Alles was ein Spitzenkoch braucht ist vertreten. Pfannen hängen von den Wänden.
Ich gehe wieder aus dem Raum heraus, gehe in ein großes Wohnzimmer.
Dunkler Teppich, mit hellen Möbeln, die alle gemütlich aussehen, und als ich näher gehe rieche ich schon Stacy überall.
Ein relativ großer Fernseher schmückt die eine weiße Wand.
Ein weiterer Tisch mit 8 Stühlen steht etwas weiter hinten, ein dunkles Holz glänzt.
Der Boden ist mit Parkett belegt und ich versuche so leise wie möglich weiter zu gehen.
Ein kleines Bad ist unten, helle Fliesen, zu dunklem Waschtisch und auch der Rest ist in diesem Hell-Dunkel Kontrast.
Unten ist durch.
Das bedeutet ich muss hoch.
Ich gehe langsam und leise die Treppe hoch und komme in einem Flur an, der dem unten ähnlich ist, doch hier sind die Wände grün, kein grelles, sondern ein mildes Grün.
Ich gehe weiter, ignoriere erst einmal die geschlossene Tür, da ich mir Stacy bis zuletzt aufheben will.
Ich gehe in einen weiteren Raum. Vollkommen leer. Vollkommen weiß. Nichts weiter.
Nur ein paar Utensilien wie ein Bügeleisen plus Tisch und ein bisschen Wäsche liegt herum.
Ich gehe weiter, in einen Raum mit gelben Wänden und einem Holzboden.
Dunkles Holz zu mildem Gelb.
Es dient anscheinend als eine Art Büro.
Ein Schreibtisch mit Computer steht dort, dazu ein paar Bücher in einem Bücherregal.
Ich gehe näher.
Kinderbücher und ein paar mir Unbekannte.
Damit gehe ich aus dem Raum, sehe mir noch kurz die kleine Couch mit Tisch daneben an und mache mich auf den Weg in das obere Bad.
Dort ist es wieder hell, doch hier ist alles hell. Kein Dunkles Fleckchen. Das Bad strahlt Sonne und Wärme aus.
Eine große Badewanne in der sicherlich zwei Personen Platz finden, eine Dusche, schöner Waschtisch.
Ein Schrank mit Handtüchern, als ich nachgesehen habe, und ein paar Dekosachen.
Stacy hat sich hier schon eingelebt.
Alles steht an seinem Platz.
Ich sehe zum großen Spiegel. Auf dem Podestchen ist eine Hälfte mit Stacys Sachen belegt.
Zahnbürste, Zahnpasta, Parfüm, ein Schälchen mit Zopfbändern und Spangen, ein Föhn, Haarkuren oder etwas Ähnliches.
Die andere Hälfte ist vollkommen leer.
Sie war wirklich überzeugt ich würde raus kommen.
Sie hat mir überall Platz gelassen, sodass ich mich hier einleben kann.
Als ich in die Dusche sehe, erkenne ich dass sie auch dort Platz für meine Shampoos und weiteres gelassen hat.
Ich seufze und fahre mir durchs Haar.
Doch da fällt mir etwas auf. Waschmaschine….
Ich weiß es ist nur eine Verzögerungstaktik, da ich irgendwie Angst habe Stacy zu sehen, weil ich wahrscheinlich in Tränen ausbrechen würde, aber ich gehe wieder herunter, suche nach einer Treppe nach unten, einen Keller.
Ich finde jedoch erst nur eine Hintertür, durch die ich auch gleich gehe.
Der hintere Garten ist groß. Und schön.
Eine Schaukel ist aufgebaut und ich sehe ein paar Wäscheleinen mit einigen Sachen darauf.
Dieses Haus ist ein Jackpot. Mehr als das, es ist das Paradies. Hier kann man unbeschwert leben. Man hat keine Probleme.
Ich drehe mich um, gehe zurück in die Küche durch die ich zur Hintertür gekommen bin und sehe mich um.
In der Küche ist sie nicht.
Das bedeutet es gibt eine Treppe nach unten.
Ich sehe mich um, suche nach etwas.
Da sehe ich etwas.
Die Verkleidung für die erste Treppe. Darin ist eine Tür.
Ich öffne die Tür und sehe in einen dunklen Schlund.
Erkennen tue ich wenig, wenn schon gar nichts, und erst als ich nach längerem Suchen eine Schnur gefunden habe hellt sich die Treppe auf.
Ich gehe leise herunter, achte darauf keine Geräusche zu machen.
Da steht die Waschmaschine.
Und ein Trockner.
Es ist doch eigentlich ziemlich dumm, den Bügeltisch dann in den 2. Stock zu stellen oder nicht?
IST EGAL!!
Ich seufze.
Also geht es jetzt nach oben.
Ich gehe wieder hoch, mein Kopf schwirrt ein wenig, weil ich noch müder bin, als am Anfang der Reise nach Wynona, Oklahoma.
Ich stehe vor der verschlossenen Tür und atme tief durch.
Dann öffne ich sie.
Und mein Herz zieht sich zusammen.
Dort liegt sie in einem Doppelbett, sie umarmt ein Kissen und die Decke ist um ihre Beine geschlungen, ihre Haare fliegen herum, Klamotten liegen auf dem Boden, direkt vor einer weiteren Tür, die höchstwahrscheinlich zu einem begehbaren Kleiderschrank führt.
Die zweite Hälfte des Bettes ist gemacht und sauber, Stacys Körper liegt weit von der unberührten Seite entfernt.
Ihr Nachttisch ist mit einem Wecker und einer kleinen Lampe versehen.
Daneben liegt ein Buch und ein Glas, welches leer ist.
Ob etwas in den Schubladen darunter ist, weiß ich nicht.
Ich drehe erst die Augen zum Schrank und mache ihn leise auf.
Die Hälfte ist belegt. Der Rest ist ein klaffendes Loch.
Ich gehe zurück, schließe die Tür vorsichtig.
Und da bemerke ich das erste Mal, als ich Stacy anstarre, dass sie weint.
Nur leise und wimmernd, aber sie weint.
Das Kissen ist von ihren kleinen Händen umklammert, ihre Tränen fließen in den Stoff und ihre schmalen Schultern beben unter ihrer Trauer.
Ohne wirklich auf mich zu achten, stürme ich zum Bett, setze mich vorsichtig hin und streiche ihr über die Stirn, lasse meine Hand durch ihre Locken fahren.
Sie weint ein bisschen mehr, also ist es mir jetzt egal ob sie aufwacht.
Ich setze mich bequemer hin und ziehe sie auf meinen Schoss, lege ihren Kopf auf meinen Oberschenkel, streichele ihr Gesicht, den Hals entlang und über ihren Kopf.
Langsam wacht sie auf, blinzelt die Tränen aus den Augen und sieht zu mir auf.
Ihre Gesicht ist erst neutral, dann als sie mich ansieht, strahlen ihre Augen, sie lässt das eben noch umklammerte Kissen zur Seite fallen und schmeißt sich an meine Brust. Umständlich, da ihre Beine noch seitlich liegen, doch ich schlinge meine Arme um ihren kleinen Körper, drücke sie fest gegen mich, stecke die Nase in ihre Locken.
So sitzen wir etwas länger, wechseln kein Wort, ich umklammere sie nur wie ein Ertrinkender, sie schlingt die Beine um mich, sitzt nur mit dem breiten T-Shirt und Unterwäsche bekleidet auf meinem Schoss.
Nach ungefähr einer halben Stunde, drückt sie die Lippen gegen meinen Hals und sagt leise:
„Wieso hat das so lange gedauert?“
Ich streiche langsam an ihrer Wirbelsäule hoch und runter.
„Kommt nicht wieder vor.“, flüstere ich zurück.
Sie löst die Lippen von meiner Haut und setzt sich etwas nach hinten, sieht mir ins Gesicht.
Und ohne dass wir es abmachen, lehnt sie sich nach vorne und unsere Lippen treffen sich.
Ich habe noch niemals jemanden so geküsst, einfach überglücklich dass es diese Person gibt.
Der Kuss währt lange und ich habe die Augen geschlossen, beide Hände an ihrem Gesicht, drücke ich sie langsam mit meinem Körper zur Seite, lege sie auf ihre Bettseite.
Dann löse ich mich. Stacy sieht mir ins Gesicht.
Ich streiche langsam an den Augenringen entlang, die ihr hübsches Gesicht zieren.
„Lass uns schlafen.“, sage ich langsam und lege mich auf meine Seite, ziehe sie jedoch mit, sodass sie an meiner Seite liegt, ihr Kopf auf meiner Schulter.
„Ich liebe dich.“, murmelt sie und schmiegt sich enger.
Ich nehme eine Decke und lege sie über uns beide und küsse ihren Scheitel.
„Ich liebe dich auch.“, sage ich und dann wird alles schwarz.

„DANKE DASS IHR ALLE GEKOMMEN SEID!!!“, kreische ich über die Lautstärke meiner Freunde hinweg.
Alle Leute die mir geholfen haben aus dem Gefängnis zu kommen sind da, plus deren Begeleitung.
Anne und Tom unterhalten sich aufgeregt, Bea hat Felicia mitgebracht, die jetzt eine sehr schöne, große Frau ist.
Sie ist anscheinend darüber hinweg, da sie mich anlächelt und mich in den Arm genommen hat.
Fred, Derik, Jerry, Ziggy, Cameron, Bea, Felicia, Anne, Tom…Sie alle sind in meinem Haus und essen, reden, lachen.
Nachdem mein Gekreische fertig ist, werden die Leute still und sehen mich an.
Stacy, die sich gerade noch angeregt mit Derik unterhalten hat, kommt auf mich zu, stellt sich neben mich.
Wie immer in der letzten Zeit, wenn sie in der Nähe ist, schießt ein Lächeln, wie es nicht echter hätte sein können, über mein Gesicht, erreicht auch meine Augen.
Ich lächele Stacy an und mein Engel lächelt zurück.
„Ich danke euch, dass ihr alle Zeit gefunden habt. Ich wollte mich hiermit dafür bedanken, dass ihr mir alle geholfen habt, als ich Hilfe dringend gebraucht habe.“, sage ich förmlich und Fred grölt:
„Hör auf mit dem Scheiß. Haben dir nur geholfen nicht ins Loch zu kommen!“
Ich grinse.
„ Na gut. Danke dass ich dank euch nicht ins Loch musste. Besser?“, frage ich und Stacy grinst, schmiegt ihre Hand in meine und ich verflechte unsere Finger.
„Ich denke ich schulde euch jetzt etwas, aber um ehrlich zu sein, werde ich das wohl kaum erfüllen.“, sage ich grinsend und ein paar fangen an zu murmeln.
„War schon immer ein Arschloch!“
„Und wie. Wie kann er nur?“
„ABER!!!“, schreie ich, damit die Leute mir wieder zuhören.
Sie werden still.
„Aber ich werde es versuchen.“, sage ich leiser und die Leute nicken, lächeln mich an.
„Ich will einen Whirlpool.“, schreit Derik.
Stacy kichert.
Es ist ein freudiger Augenblick, aber es gefällt mir ganz und gar nicht, dass Stacy und Derik sich so gut verstehen.
„Du hast ja nicht einmal ein Haus Alter, frag wenn du eines hast.“, sage ich und verdrehe die Augen.
„Na gut. Ich will dann ein Auto.“, mault er genervt.
Ich grinse. „Ich guck Mal.“
Damit wende ich mich wieder an alle.
„Ich werde euch wenn möglich helfen, wenn ihr Hilfe braucht. Also, dann lasst uns Mal essen und trinken und was man sonst noch auf den Treffen der Diebe macht.“, sage ich grinsend und erhebe mein Bier.
Andere tun es mir gleich, entweder mit Sekt oder Bier.
Ich sehe Stacy an, die mich wieder einmal in den letzten 5 Tagen ansieht.
„Was ist?“, frage ich verwirrt, da sie mich so merkwürdig mustert.
„Ich liebe dich, das weißt du.“, sagt sie leise und ich beuge mich vor, unsere Gesichter sind fast auf gleicher Höhe, was bedeutet, dass ich mich sehr weit bücke und sie sich auf die Zehenspitzen stellt.
„Wieso fragst du? Willst du wegfahren?“, frage ich panisch, da ich sicherlich nicht schlafen könnte ohne sie.
Nachdem ich hier eingezogen bin, der erste Tag, hatten wir jeden Tag damit verbracht Stunden um Stunden zu schlafen.
Wir beide hatten schon so lange nicht mehr gut geschlafen, da tat es einfach gut, wieder zu wissen, dass es möglich ist.
Wenn ich einen dieser Träume hatte, griff ich wie verrückt neben mich und meistens griff ich nach Stacy, zog sie näher und vergrub meine Nase in ihrem Haar. So war mein Körper sich sicher, dass Stacy da war und nicht, dass sie nicht mehr da ist, dass sie nicht mehr unter uns weilt
Stacy erzählte mir, dass sie träumte ich würde nicht zu ihr zurück kommen, dass ich im Gefängnis sei.
Und so griff auch sie nach mir und zog mich näher, griff nach meinen Händen und verknäulte sie mit ihren.
Am nächsten Tag waren meine Hände oft etwas geschunden, aber es machte mir nichts aus, da ich meinem Engel fast jede Nacht die Luft abschnürte,
Seitdem habe ich sehr viel geschlafen und es geht mir besser. Kein Schwirren mehr, kein schwindlig sein nur noch gutes Gefühl.
Und auch Stacy sieht frischer aus, die Augenringe verschwinden und auch meine Schatten sind nur noch leicht bläulich, nicht mehr schwarz.
Die Tage haben wir damit verbracht zu reden, einfach vor dem Fernseher zu sitzen, zu kochen und all die anderen Kleinigkeiten, die ein Leben ausmachen…
„Nein, will ich nicht, Ich wollte es nur sagen.“, meint sie leise.
Ich lächele sie an, streichele ihre Wange und drücke ihr einen kleinen Kuss auf die hübschen Lippen.
„Ich liebe dich auch, das weißt du.“
Sie lächelt und nimmt meine Hand an ihrer Wange in ihre, verschränkt unsere Finger.
„Das wird wohl nichts mehr mit den blauen Laken.“
Grinsend drehe ich mich um, Stacy schnaubt und sieht unzufrieden aus.
„Nein, ich schätze nicht. Aber ich wette Tom würde.“, sage ich und deute undeutlich auf meinen besten Freund der zu uns rüber starrt.
Anne seufzt und streicht sich eine ihrer langen Haarsträhnen hinter ihr Ohr.
„Dabei hatte ich mich so darauf gefreut.“
Ich zwinkere ihr zu und sie wird leicht rot.
„Der frühe Vogel bekommt den Wurm.“, sage ich weise und Anne lacht, sieht mich dabei vergnügt an.
Sie fasst meinen Oberarm an und keucht ein bisschen.
„Ja, ich hätte früher dran sein sollen.“, sagt Anne und streicht langsam an meinem Oberarm auf und ab.
„Verzieh dich. Ganz schnell.“, sagt Stacy mit ihrer hohen, schönen Stimme sodass es ein bisschen lächerlich wirkt, doch wenn man sie kennt, was ich tue, erkennt man, dass man schnell befolgen sollte was sie sagt, da sie wieder diesen Ausdruck in den Augen hat.
Anne lächelt mir zu und verschwindet. Sie wirft mir noch einen Blick unter lange Wimpern zu, dann geht sie zu Tom.
„Ich hasse diese Schlampe.“, zischt Stacy und ich drehe mich zu ihr.
„Komm mit.“, meine ich grinsend.
Stacy sieht mich verwirrt an.
Ich ziehe sie weiter und ohne Nachzufragen kommt sie mit.
„Wo wollt ihr hin?“, fragt Jerry, der seinen Ehemann hinter sich herzieht.
„Ich will sie kurz etwas wegen dieser ganzen Befreiungsaktion fragen. Lange Geschichte.“, sage ich und winke ab.
„Frag doch uns.“
„Es geht aber darum, was sie gemacht hat.“
Jerry nickt. „Okay.“
Damit gehe ich weiter, ziehe Stacy mit und wir sind neben dem Wandschrank angekommen.
„Was willst du denn wissen? Habe ich dir irgendwas nicht gesagt?“, fragt sie verwirrt.
Wir waren uns in diesen 5 Tagen emotional sehr, sehr nahe gekommen. Körperlich aber nicht.
Ohne ein Wort, ziehe ich sie zu mir, presse meine Lippen gegen ihre und drehe sie um, stoße sie gegen eine Wand und presse meinen Körper gegen ihren.
Sie stöhnt und seufzt dann, als ich meinen Kuss von ihrem Hals löse.
„Wir können nicht. Gäste.“, keucht sie und schlingt beide Beine um meine Hüften, ihre Hände fahren unter mein Shirt und sie zieht ihre Fingernägel über meinen unteren Bauch.
„Wir können. Wenn wir leise sind.“, sage ich grinsend und öffne den Wandschrank.
Stacy lacht leise und rau. „DU bist so verrückt.“
Ich mache die Tür zu und öffne ihre Hose. „Verrückt nach dir, mein Engel.“

Epilog

„Ich werde auch Dieb, Daddy.“, meint Josh. Ich nehme die Zeitung vor meinem Gesicht herunter und starre meinen 5-jährigen Sohn entgeistert an.
„Wie kommst du auf so einen Unsinn?“, frage ich und lege die Zeitung zusammen.
„Mummy hat gesagt ich darf.“, mault Josh und verschränkt seine Arme, seine dunklen Locken hüpfen dabei.
„Mummy erzählt viel, Josh. Du darfst nicht alles glauben.“, sage ich und stopfe den Rest meines Pfannkuchens in meinen Mund.
„Aber Mummy hat GESAGT ich DARF!!!“, mault er und sieht mich böse aus braunen Augen an.
Ich lächele und verwuschele ihm die Haare.
Er zieht einen Schmollmund und sieht mich wütend an.
Mein Sohn ist eine Mischung aus Stacy und mir. Ihre Augen, ihre Locken, ihre Stupsnase, ihre Sturheit.
Meine Haarfarbe, mein Kinn, mein Tatendrang.
„Ich rede noch mal mit Mummy. Du darfst nicht Josh.“, sage ich ernst und sehe ihn von oben herab an, sehe ernst und mächtig aus.
„DOCH!“, schreit er und springt von seinem Stuhl, ist noch kleiner und stampft auf.
„Nein. Das ist gefährlich.“
„Aber du machst das auch.“, sagt er aufmüpfig und kräuselt die kleine Nase.
Ich seufze, nehme den kleinen Jungen an der Mitte und drehe ihn im letzten Moment um, sodass er mit dem Kopf nach unten hängt.
„DADDY!!!“, schreit er lachend und ich wackele ein bisschen hin und her.
„Na, wirst du Dieb?“, frage ich grinsend und sehe zu ihm runter. Er lacht und schnieft dabei.
„JA!“
Ich schüttele ihn sanft und er lacht wieder.
„Und jetzt?“
„NEIN! NEIN!!! RUNTER!!!“, schreit er und ich setze ich vorsichtig auf seine zwei Füße, er springt mir an ein Bein und fängt an mit mir zu rangeln.
Ich lasse mich gespielt fallen und Josh stürzt auf mich zu, rangelt mit mir, sitzt auf meinem Bauch und lacht sich kaputt.
„Hatten wir nicht ausgemacht, dass nur draußen gerangelt wird?“, fragt Stacy ernst und Josh dreht sich zur Seite, ich sehe hoch.
Da steht mein Engel. So schön wie eh und je, selbst nach 6 Jahren.
Josh steht schnell auf, als wenn das alles gar nicht passiert wäre.
Ich grinse entschuldigend.
„Er hat angefangen.“, sage ich und mache einen Schmollmund.
„GAR NICHT!!!“, mault Josh und ersticht mich mit seinem Blick.
Ich fange an zu lachen und wuschele ihm noch einmal durchs Haar.
Stacy lächelt, streichelt den runden Bauch.
Sie streicht Josh durchs Haar.
„Mein kleiner Josh macht doch sowas nicht. Das war ganz sicher wieder Daddy“, sagt sie lächelnd zu ihrem Sohn der sie mit so einer Liebe anstrahlt, dass man automatisch mitlächeln muss.
„Macht er nicht.“, sagt Josh lächelnd und Stacy küsst ihn auf die Stirn.
„Dann geh weiter essen.“
Josh macht sich auf den Weg zu seinem Stuhl und fängt an brav zu essen.
Stacy sieht mich von oben böse an.
„Guck nicht so. Er war es wirklich.“, sage ich und Stacy schüttelt langsam den Kopf.
„Wo bleibt eigentlich mein Morgenkuss?“, frage ich beleidigt und stehe langsam auf, stütze mich an der Wand.
Dieses ganze Anschießen ist wirklich nicht gesund.
Dann stehe ich vor ihr, überrage sie um ein vielfaches und sehe herunter in ihr Gesicht.
Ihr Gesicht strahlt, wie die Sonne, die Haare sind weich und lockig, sie trägt einen rosa Morgenmantel unter dem ihr runder Bauch deutlich zu sehen ist.
Diesmal hoffen wir auf ein Mädchen.
„Ich weiß nicht ob du dir einen verdient hast. Erst rangelt ihr hier unten, dann lügst du mich an.“, sagt sie und stemmt beide Hände in die Taille.
„Tja, schuldig. Aber ich setze dem Jungen wenigstens keine Flausen in den Kopf. Er wird kein Dieb.“, sage ich erbost, Stacy lächelt unschuldig.
„Dann sind wir wohl quitt.“, sage ich leichthin und gehe näher, drücke meine Hüfte ein bisschen gegen ihre.
Sie seufzt. „Aber mach schnell.“, meint sie und verdreht die Augen.
Mit einer Hand greife ich leicht nach ihrem Nacken, die andere lege ich auf ihren Bauch, streichele sie durch den Stoff.
Dann drücke ich meine Lippen sanft auf ihre. Erst kurz. Dann beim zweiten Kuss länger und etwas inniger.
„Eklig.“, spuckt Josh aus und ich löse mich lächelnd von Stacy, sie sieht mir ins Gesicht, streicht mir über die Wange.
„Das wird sich ändern.“, meine ich grinsend und setze mich wieder hin.
Stacy geht solange schon einmal zum Tisch und holt sich auch Pfannkuchen (Erstaunlich, aber ich habe sie gemacht).
Josh sieht mich ungläubig an.
„Wann kommt Will vorbei?“, fragt Stacy mich und ich hebe den Kopf und unterbreche den Blickkampf mit meinem Sohn.
„Er meinte Samstag, aber vielleicht auch schon morgen. Er hat gesagt er ist sich nicht sicher ob er dann frei bekommt.“, sage ich.
Mein Bruder und ich haben uns wieder vertragen, wir besuchen uns auch regelmäßig.
Und ich habe heraus gefunden dass seine Frau Susan ein echter Fang ist. Sie ist witzig, süß und irgendwie hat sie so eine echte Art an sich.
Stacy fand Susan gleich zu Anfang liebenswert, aber mittlerweile vergöttern die Frauen sich gegenseitig.
Stacy hat nie heraus gefunden, dass ich Susan angemacht hatte, Susan hatte es vergessen und Will und ich haben das aus der Welt geschafft.
Ich bin immer noch Dieb. Und das werde ich auch für die nächsten Jahre bleiben.
Denn es macht mir Spaß und um ehrlich zu sein hält es mich auch fit.
Stacy habe ich nach Tagelangem Zureden dazu gebracht es aufzugeben, aber ich habe manchmal trotzdem Angst, dass sie wieder anfangen will.
Alles läuft also gut. Meine Frau ist perfekt für mich, sie trägt mein Kind in sich, mein Sohn sitzt mir gegenüber und versprüht Charme, mein Bruder und ich verstehen uns, meine Schwester ist so ignorant wie immer und selbst meine Mutter hat aufgehört immer wieder zu nerven, sie ist glücklich so wie es ist.
Stacys Vater hat mich nach langem Warten und Bangen als Ehemann akzeptiert, wobei ihre Mutter sofort Feuer und Flamme war.
Also ist alles gut.
Ich kann immer noch nur dann sehr gut schlafen, wenn Stacy da ist, aber es ist nicht mehr so schlimm.
Ich schlafe trotzdem, zwar nicht so gut, aber doch Recht gut.
„Beeil dich ein bisschen. Du musst gleich los Josh.“, sagt Stacy und streicht sich eine Locke hinter das Ohr.
Josh nickt und stopft den Rest seines Essens hastig in seinen Mund.
„Verschluck dich nicht.“, meine ich grinsend und Josh grinst zurück, sein Mund voller Essen.
Und er erinnert mich so sehr an Tom, dass ich es kaum fassen kann.
Tom ist mittlerweile mit Anne verheiratet( WER HÄTTE DAS GEDACHT?) und ist glücklich.
Josh steht auf und läuft los um sich seine Schuhe anzuziehen.
Er setzt sich hin, ich stehe auf und sehe dabei zu und ziehe dabei meine eigenen Schuhe an.
„Vergiss nicht deine Tasche.“, sagt Stacy und reicht mir meine Sporttasche, die mit meinen Geräten gefüllt ist.
„Würde ich doch niemals.“, versichere ich.
Sie sieht mich an, wie ich meine Jacke überziehe.
„Muss das jetzt sein?“, fragt sie und sieht unzufrieden aus.
Ich gehe rüber und drücke ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.
„Ich treffe nur Tom und dann brauch ich höchstens den halben Tag nach Kansas und zurück.“
Sie seufzt.
„Fertig“, ruft Josh und bedeutet mir damit, dass ich ihn zur Schule bringen soll.
Also küsse ich Stacy ein letztes Mal, hänge mir die Tasche über die Schulter und mache die Tür auf, Josh schießt an mir vorbei.
„Ich bin erster.“, ruft er beim Laufen und ich grinse, winke meinem Engel und laufe meinem Sohn nach.
„Bist du nicht.“

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Tag der Veröffentlichung: 27.09.2010

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