"Das kann doch nicht sein!" flüstere Jane Foster geschockt vor sich hin. Soeben hatte sie ihre Note für ihr Geschichtsreferat über die Spanische Inquisition bekommen.
"Tut mir Leid Jane, doch zu mehr als einem C hat es dieses Mal leider nicht gereicht!" meinte ihr Geschichtslehrer Mr. Grant selbstzufrieden.
Entgeistert sah Jane ihn an. Denn in diesem Moment platzte ihr Traum. Ihr Traum von der Brown-University! Und dieser Vollidiot grinste auch noch.
"Aber...kann ich meine Note nicht irgendwie noch verbessern? Ich brauche einen Schnitt von unter 1,5 um das Stipendium an der Brown zu bekommen!" meinte Jane entsetzt.
"Nun ich fürchte dafür ist es leider schon zu spät. Und wie Sie wissen ist Chelsea Wilson ebenfalls Kandidatin für das Stipendium." erklärte Mr. Grant und sträute damit noch Salz in die Wunde.
Jane musste sich sehr zusammenreißen, um nicht auf der Stelle auszuflippen. Stattdessen packte sie mit zusammengebissenen Zähnen ihre Bücher ein und verließ rauschend das Klassenzimmer.
Stunden später saß Jane niedergeschlagen in ihrem Zimmer. Ihre Eltern hatten wie erwartet wenig erfreut reagiert als sie erfahren hatten, dass das mit Brown wohl nichts werden würde. Jane hatte daraufhin fast zwei Stunden mit ihrer besten Freundin Roxy telefoniert und sich bei dieser ausgeheult. Doch auch diese wusste nicht, wie sie etwas daran ändern könnte. In zwei Wochen war Notenschluss und dann war die Sache mit Brown gelaufen.
Für immer.
Es war mitterweile fast sechs Uhr abends und Jane fletzte sich auf ihr Bett um erneut zu ihrem Handy zu greifen.
Da bimmelte dieses plötzlich los und verwundert sah sie, dass eine SMS von einer unbekannten Nummer angezeigt wurde.
Irritiert öffnete sie die SMS und las
"Ich kann dir das Stipendium an der Brown besorgen. Komm heute Abend um Mitternacht an das Haus am Medison Lake! -D"
"Was zur Hölle?" rief Jane aus und dachte, dass sich da jemand gerade einen ganz üblen Scherz mit ihr erlaubte.
"Jane! Essen!" rief ihre Mutter von unten und kopfschüttelnd verließ Jane ihr Zimmer und schlurfte mit hängenden Schultern nach unten in die Küche.
Ihr Vater las den Sportteil der Tageszeitung, während ihre Mutter Käsemakkaronie in einer Pfanne wendete.
Mechanisch begann Jane den Tisch zu decken und es war ein sehr schweigsames Abendessen.
Um elf Uhr schlich Jane auf leisen Sohle und dem Schlüssel zum Ferienhaus am Medison Lake aus dem Haus.
Oh Gott, wenn Mum und Dad merken das ich weg bin gibts sowas von Ärger! war ihr einziger Gedanke.
Doch da es eine winzige Chance gab, dass Janes Hoffnung auf ein Stipendium an der Brown noch nicht vollkommen verloren war, so wollte sie sie ergreifen.
Mit schlechtem Gewissen, ihre Eltern zu hintergehen lenkte Jane den alten Mercedes ihres Vaters auf die Landstraße und kam zwei Minuten vor Mitternacht beim Ferienhaus an.
Ihr Herz schlug ihr mittlerweile bis zum Hals und nervös fuhr sich Jane durch die langen dunklen Haare.
Was wenn das nur irgendein Spinner war, der sie verarschen wollte? fragte sie sich und lief um das Haus herum zur Eingangstür.
Vor dieser stand ein schwarzer Masarati und auf dessen Motorhaube saß eine dunkle Gestalt, die sich kaum wahrnahm.
Fast wäre sie sogar an ihm vorbeigelaufen, ehe sie wie angewurzelt stehen blieb.
"Pünktlich auf die Minute!" rief ihr eine dunkle Jungenstimme entgegen.
Jane blieb wie angewurzelt stehen und sah zu ihm.
Er groß und schlank soweit Jane das erkennen konnte.
Als im nächsten Moment die grellen Scheinwerfer seines Maserati aufleuchteten wurde Jane geblendet und beschirmte ihre Augen mit der linken Hand.
"Hey was soll der Shit!" rief sie ihrem unbekannten Gegenüber zu und trat genervt einen Schritt zurück.
"Bist du allein gekommen?"
"Ja?" meinte Jane irritiert und die Scheinwerfer wurden auf Standlicht zurückgesetzt, so dass sie Jane nicht länger blendeten.
Als Jane ein paar Schritte näher kam musste sie zweimal hinsehen, um den Typen richtig zu erkennen.
"David Talon?" Konnte das sein?
"Gut erkannt...ist schon ne Weile her." meinte er leichthin und setzte sich erneut lässig auf die Motorhaube seines Wagens.
Fast hätte Jane ihn nicht erkannt. Es war fast ein Jahr her, seit er - in deutlich weniger toller Aufmachung im Computerfreaklook, zotteligen Haaren und Nerdbrille durch die Flure der Schule gelaufen war.
Und das als Sohn des Dekans der Brown-University!
Janes Herz machte einen Hüpfer und sie überlegte schon, ob sie nicht einfach verschwinden sollte.
Ja klar, dachte sie, weil ausgerechnet der mir helfen wird!
Beeindruckt musterte sie sein ungewohnt gepflegtes Erscheinungsbild: dunkle Jeans, weißes T-Shirt, schwarzer Blazer, Haare relativ kurz geschnitten und von der Brille fehlte auch jede Spur.
"Und willst du jetzt das Stipendium oder nicht?" fragte er sah sie lauernd an.
Jane schwankte. Das konnte doch alles jetzt nicht war sein oder? Das war doch wohl ein Witz!
"Und wie willst du mir helfen? Du kannst wohl kaum meinen Notenschnitt ändern oder?" stellte Jane eine Gegenfrage und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Das lass mal meine Sorge sein... Was nun: Ja oder Nein?"
"Wieviel willst du dafür?" fragte Jane. Schließlich war nichts in der Welt umsonst.
"Nicht wieviel..." er stieß sich von seinem teueren Wagen ab und kam auf sie zu.
"Sondern was." Und das war genau der Moment, in dem Jane ihn auslachen sollte und die Hufe schwingen sollte.
Außer den paar tausend Dollar die ihre Eltern auf einem Sparkonto für sie angespart hatten, hatte Jane nichts vorzuweisen. Nichts was einen David Talon reizen würde. Sie hatte eine Menge Geschichten über ihn gehört. Das er gern mal einen Joint rauchte und für ein nettes Sümmchen einen blauen Brief verschwinden ließ.
Doch stattdessen - und weil es ja ohnehin nicht wirklich viel gab, was sie im Moment zu verlieren hatte, schließlich war sie wahnsinnig genug gewesen einfach hierher zu kommen - fragte Jane: " Und was willst du dafür?"
Es gefiel ihr gar nicht, dass David gut einen Kopf größer war als sie und nun zum aufsehen musste.
"Ein Wochenende." Dabei verzogen sich seine Lippen zu einem leicht anzüglichen Lächeln und Jane schluckte hart.
"Was? Was meinst du damit ein Wochenende?" -"Denk nach...!" meinte er und Jane hätte fast über sich selbst gelacht.
Sie war zwar verzweifelt...doch so verzweifelt mit Sicherheit nicht. Es gab auch noch andere gute Unies an denen sie studieren konnte und so etwas hatte sie nun wirklich nicht nötig.
Na großartig Jane, schimpfte sie mit sich selbst, du bist soeben einem Spinner auf den Leim gegangen! Bestimmt würde gleich jemand mit seinem Handy aus dem Gebüsch kommen und ihr lachend die Kamera ins Gesicht halten und rufen "Erwischt!" Und für die nächsten Wochen wäre sie Gesprächsthema Nr.1 weil sie für ein Stipendium alles tun würde und der neue Star auf Youtube werden!
"Nein danke!" lehnte Jane gereizt ab und drehte sich auf dem Absatz um.
"Gut, ich wollte nur helfen! Falls dus dir anders überlegst melde dich!" rief er ihr hinterher und sie konnte sich gut vorstellen, dass David wieder an seinem verdammten Masarati lässig lehnte.
Tag der Veröffentlichung: 20.02.2012
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