Hund mit Kind
Als ich am Wochenende mit dem Hund spazieren ging, fanden wir auf einer Wiese ein herrenloses Kind. Der Hund spielte ausgiebig mit dem posierlichen Ding, und hätte es am liebsten mit nach Hause genommen. Ich sagte ihm, dass dieses Vorhaben mit vielen Aufgaben verknüpft sei, und dass ich nicht bereit sei, ihm dabei zu helfen. Mit einem Blick teilte mir das verständige Tier mit, dass es alle Pflichten - vom Füttern bis zum Hausaufgaben kontrollieren - übernehmen und mit Sorgfalt erfüllen will, aber ich gestattete es trotzdem nicht. Man weiss ja, wie das ist. Ein, zwei Wochen ist der Hund Feuer und Flamme, und dann findet man das Kind irgendwann verängstigt und vernachlässigt unterm Bett oder in einer Schublade, und muss sich doch selbst um alles kümmern.
Wir setzten das Kind also wieder aus, und um den Hund zu beruhigen sagte ich, es werde sicher wieder zu seinen Eltern finden. Auf dem Heimweg erklärte ich ihm, dass er Menschen nicht verhundischen darf, denn das Verhalten des Menschen, wenn es mit unter auch durchdacht wirken mag, ist letztlich doch rein instinktiv. Wenn ein Hund einem Menschen einen Stock bringt, dann scheint es natürlich so, als wolle der Mensch mit dem Hund spielen. Tasächlich aber stellen das Bringen des Stockes, das Ablegen und das Wedeln des Schwanzes Einzelreize dar, die sich überlagern und in einer entsprechenden Umgebung zu einer Reizüberflutung führen, die so zwangsläufig den genetisch vorprogrammierten Reflex des Stock-Weg-Werfens auslösen. Daran kann es gar keinen Zweifel geben, denn obwohl das ungezielte Wegwerfen eines Stockes völlig sinn- und nutzlos ist, wird es in einer bestimmten Situation von nahezu allen Menschen nahezu identisch ausgeführt.
Der Hund, mein Hund, sein Blick liess überhaupt keinen Zweifel daran, glaubt unbeirrt weiterhin an das Märchen vom denkenden Menschen. Ich möchte nur mal wissen, wie der immer auf solchen Unsinn kommt. Nur wegen dem Kind habe ich doch ein bißchen ein schlechtes Gewissen. Na ja, ich hoffe, es kommt durch.
Texte: Alle Rechte bei Christian Weiß
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2009
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Widmung:
meinem altersschwachen Humpelhund (sh. Titelbild)