"Mensch sein.." - Gedankenspiele zu Moral und Werten
Die Stille umgibt mich. Ich liebe sie, diese Ruhe um mich herum, wenn meine Gedanken durch den Raum strömen, ihn ausfüllen und auf mich einwirken.
Oftmals schweifen meine Gedanken in die Vergangenheit ab und Erinnerungen werden wach.
Sternstunden der Kindheit und der Jugend
sind urplötzlich fast greifbare Gegenwart.
Konnte man es als Kind kaum erwarten, erwachsen zu werden, die Geheimnisse der Erwachsenen endlich kennenzulernen, die volle Wahrheit zu erfahren, erscheint
dies heute im Rückblick als wenig spannend und relativ unwichtig.
Die kindliche Welt ist die eigentlich richtige, wichtige und wahre Welt.
Die Reinheit der Gedanken und Gefühle macht sie wertvoll.
Viele Erwachsene versuchen diese Welt zu zerstören und negativ auf sie einzuwirken.
Wehe einem Kind, dem so etwas passiert. Es wird gezeichnet für sein ganzes späteres Leben.
Wer eine schöne Kindheit erlebt hat, wer sie mitnehmen konnte in das Erwachsenenleben, wer nicht verbogen wurde und sich nicht
verbiegen lässt, der könnte als Mensch leben, sich entwickeln und entfalten.
Doch lässt sich das praktisch nur schwierig durchführen, weil an jeder Ecke die Gefahr besteht, der Verlogenheit, dem Schurkentum und den Ausbeutern zu begegnen.
Skrupellose Gestalten, die sich Menschen nennen, bloß weil ihre Anatomie stimmt.
Sie lauern überall, sind auf ihren Vorteil aus, gehen immer schneller über wachsende Berge von Leichen.
Welch eine miese Gesellschaft, die es so schwer macht Mensch zu werden, Mensch zu sein und Mensch zu bleiben.
Der aufrechte Gang wird schnell gelernt, die aufrechte Seele aber hat es sehr schwer, keine dauerhaften Dellen davonzutragen.
Seelenstärke wird heute abgelöst durch Ellbogenstärke.
Der wichtigste Volkssport ist nicht Golf spielen, sondern das "Rennen nach dem Gelde" geworden.
Staat und Wirtschaft wollen uns als berechenbare Konsumenten sehen, die jeden Mist kaufen und fleißig Steuern zahlen.
Was wir kaufen sollen, das sagt uns die Werbung in den Zeitungen und die faden Programme in der Glotze.
Kaum eine Fassade, die nicht beklebt oder bemalt ist mit Werbeschmutz.
Freie Flächen werden überdies mit Spraydosen beschmiert.
Bevormundung auf allen Ebenen ist angesagt.
Politiker, Stimmenjäger vor der Wahl, verlogene Verbrecher nach der Wahl, bestimmen
wie wir leben sollen.
Doch dieses Leben ist kein freies Leben, es ist eine Pressung in eine Schablone, die kein reales Abbild davon ist, ein Mensch sein zu können.
Bescheiden gegenüber der Natur, sorgsam im Umgang mit Rescourcen, auch noch etwas den Enkeln überlassen, unverdorben sein, leben und leben lassen, das sind die Devisen, die eigentlich Geltung haben müssten.
Doch davon sind die Menschen heute entfernter
denn je.
Die Verrohung nimmt zu, ebenso tätige Gewalt.
Moral, was ist das?
Hohe Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit im Beruf für ausgebildete, hoch qualifizierte Jugendliche, das sind die klaffenden Wunden unserer Gesellschaft.
Hier muss rasch ein Wandel erfolgen, sonst droht die Eskalation.
Die Wertevorstellungen müssen sich ändern, eine Abkehr vom Materialismus sollte erfolgen.
Die Lüge von der Notwendigkeit einer Wachstumsgesellschaft als Garant für den Fortschritt gehört vom Tisch.
Ein neuer Anfang sollte gemacht werden, oder ist es bereits zu spät?
Es ist zumindest sehr schwer, den fahrenden Zug abzubremsen, die Richtung zu ändern und ihn wieder zu beschleunigen.
Dazu braucht es eine enorme Energie, die nur eine gestärkte Gesellschaft und nicht ein loser Haufen von Egozentrikern aufzubringen
in der Lage ist.
Fangen wir ganz langsam an und lassen wir dann ganz stark nach.
Texte: copyright Wilfried Kreft
2009
Tag der Veröffentlichung: 23.09.2009
Alle Rechte vorbehalten