Wenn zwei Seelen sich suchen, sich begegnen, dann wird die Welt wieder bunter und das Glück zieht ein. Seelenpartner finden immer zueinander, löschen den Schmerz und die Liebe gedeiht.
Seelenschmerz
*~*~*~**~*~*~*
Mann war das eine Nacht. Nach langer Zeit habe ich mal wieder die Gelegenheit genutzt und bin in einem Gay Club auf die Jagd gegangen. Ja ich gestehe. Ich bin schwul und lebe es auch aus. Da gibt es kein verstecken für mich. Entweder meine Freunde und Angestellten akzeptieren dass, oder sie gehen mir aus dem Weg. Schließlich gehe ich auf die dreißig zu und bin ein erwachsener Mann der weiß, was er will. Heute habe ich endlich mal früher Feierabend gemacht und freue mich darauf, in den Clubs ein paar willige Twinks zu vernaschen.
Ich sehe gut aus, keine Frage und jemanden für ein paar Stunden zu finden ist leicht für mich. Die Gay Clubs sind voll mit willigen Männern, die sich mir anbieten.
Mit meinen 1,95 m bin ich schließlich nicht zu übersehen. Eine enge schwarze Leinenhose umschließt meinen Knackarsch und auch vorne habe ich was zu bieten. Die Jungs machen es mir aber auch verdammt leicht. Schwarze Haare, die modisch geschnitten sind und dunkelblaue verträumte Augen, runden das Bild ab. Mein schmales Gesicht und die vollen Lippen versprechen jeden Mann der mit mir geht, dass auch er bei mir auf seine Kosten kommen wird.
Seitdem ich die Firma der Eltern übernommen habe, hatte ich dafür einfach keine Zeit mehr. Ich bin jetzt in den besten Jahren und sehr erfolgreich in meinem Beruf. Den letzten festen Freund habe ich leider mit meiner Arbeitswut vergrault. Ihr wisst ja, wie das ist, wenn du einen traditionellen Betrieb modernisieren willst, wie viel Zeit dafür drauf geht. Mann kann nicht alles zur selben Zeit haben. Auch muss ich mich auf meine Angestellten verlassen können, sonst läuft die Arbeit nicht rund.
Dass mein damaliger Partner mich dabei nicht unterstützen wollte, hat mich schon etwas verletzt. Ihm ging es verdammt gut bei mir. Er brauchte nicht zu arbeiten, hatte alles, was er sich nur wünschen konnte. Aber es war ihm zu wenig. Er wollte mit mir nach Paris fliegen. In Mailand shoppen gehen, in den Urlaub nach Monaco um bis zum Abwinken zu feiern. Liebevolle Zuwendung, eine Schulter zum Anlehnen, wenn mir mal alles zu viel wurde, nein das war nichts für ihn. Woher ich das Geld für seine Eskapaden nehmen sollte, war ihm egal. Ich war ihm egal, also habe ich die Bremse gezogen und ihn rausgeworfen, nachdem ich ihn im Darkroom eines Clubs erwischt habe, wie er gerade einen Twink vögelte. Dabei hatte ich ihm noch eine SMS gesendet, ob wir uns vielleicht mal einen schönen Abend zu Hause machen könnten. Mit einem leckeren Essen, tollen Wein und zum Schluss hätte ich ihn als Nachtisch vernascht. Doch als ich zu Hause ankam, lag dort ein Zettel, dass er mit Freunden feiern wäre. Nichts hat mich mehr verletzt, als diese kalte Absage. Ich wusste, dass dies das Ende unserer Beziehung war. Nur brauchte ich noch den letzten Beweis dafür, wollte es mit eigenen Augen sehen, was mir ein Freund ins Ohr geflüstert hatte.
Das Gesicht , als ich vor meinem Ex auftauchte, war dies allemal wert. Die fassungslosen Augen, als ich ihm meinen Haustürschlüssel abnahm. Dass ich ihm am liebsten die Faust ins Gesicht geschlagen hätte, sah er mir an. Er hatte Glück, das einer unserer Freunde mich an diesen Abend begleitete, der die Faust in der Luft abfing.
Aber eins kann mir mein Ex nie vorwerfen. Ich habe am anderen Tag ein Umzugsunternehmen angerufen und sie habe all seine Sachen und auch die Möbel, die er bezahlt hatte, zu seinem neuen Lover gebracht. Ob er dort untergekommen ist, war mir total egal. Seitdem bin ich alleine. Besser so, als dass ich immer wieder betrogen werde. Schließlich will ich um meiner selbst Willen geliebt werden und nicht, weil ich Geld besitze und sich mein Partner darauf ausruht.
Daher gibt es für mich nur noch ab und zu einen One-Night-Stand oder Handbetrieb. Langsam aber sicher bekomme ich das private und das Geschäftliche in den Griff. Ab heute schreibe ich schwarze Zahlen und kann mich nun auch auf mein sexuelles Leben konzentrieren, das viel zu kurz gekommen ist.
Der Club ist brechend voll, die Musik klasse. Nach ein paar Drinks entspanne ich mich und die Jagd kann beginnen. Kurz nach Mitternacht gehe ich nach Hause. Die Nacht war einfach nur geil und ich bin voll auf meine Kosten gekommen. Kurz noch den fremden Geruch der Männer vom Körper waschen und dann ab ins Bett. Ich bin befriedigt und drifte langsam in das Land der Träume ab. Plötzlich geht das Arbeitstelefon. Erschrocken fahre ich im Bett hoch und versuche mein wild klopfendes Herz zu beruhigen. Verdammt! Wenn das nicht wichtig ist, dann kann derjenige sich aber warm anziehen. Noch ganz verschlafen melde ich mich, höre, wie am anderen Ende jemand verzweifelt weint. Bevor ich was sagen kann, fängt dieser Mann sofort an zu erzählen. Gebannt lausche ich einer tiefen Stimme, die so voller Schmerz ist, dass ich seine Pein beinahe körperlich spüren kann.
„Glaubst du, dass man sein restliches Leben mit jemand teilen muss, denn du nicht liebst? Das nur, weil du ihn schon dein ganzes Leben lang kennst? Du sein bester Freund bist und sonst nichts!“
Er macht eine Pause. Ich versuche zu antworten, doch er erzählt schon weiter.
„Ich glaube ganz fest daran, dass es auf der Welt für jeden von uns einen Seelenpartner gibt. Einen Partner, der mit dir durch dick und dünn geht, der dein Herz so zum klopfen bringt, dass du nur noch an ihn denken kannst. Wir, das waren Milan und ich Joel, sind zusammen aufgewachsen, im gleichen Alter gewesen und unsere Eltern waren auch noch Nachbarn. Irgendwann hatte mir Milan gestanden, dass er mich mehr als einen Freund mag. Ja er wusste, dass ich auf Männer stand, genau wie er. Daher setzte er voraus, dass ich genauso für ihn empfand. Doch ich war zu feige ihm zu sagen, dass ich ihn zwar liebte, doch nur wie einen Bruder halt. Er aber hatte für uns beide entschieden, dass ich zu ihm gehören sollte.
Milan war sehr dominant doch ich konnte mich einfach nicht durchsetzen und nahm den Weg des geringsten Widerstandes. Ein Jahr habe ich dies ausgehalten, bevor ich genug Mut fand, um ihn zu sagen, dass ich dies so nicht mehr möchte. Dass ich mir selber einen Mann suchen will, einen, den ich aufrichtig lieben kann. So voller Leidenschaft. Nicht dieses erdrückende Gefühl, das ich für ihn empfand, sobald er mich auch nur berührte. Er wurde danach so furchtbar zornig, dass ich zum ersten Mal Angst vor ihm bekam!“
Tief hole ich Luft, will dem Kerl erklären, dass er sich verwählt hat, als er auch schon weiter redet.
„Ich bin so müde, so fertig.“
Wieder holt er tief Luft und erzählt mit zittriger Stimme schnell weiter, damit ich ihn nicht unterbrechen kann, er den Mut verliert mir zu sagen, was so dringend auf seiner Seele brennt. Gebannt lausche ich seiner so tiefen Stimme.
„Mein Körper rebellierte und Furcht breitete sich immer mehr aus, sobald er nur in meiner Nähe kam. Da kennst du einen Mann dein ganzes Leben lang und kennst ihn doch nicht. Er hatte ja recht mit dem, was er mir damals vorwarf. Ein Jahr, ein verdammtes Jahr hatte ich ihn immer nur hingehalten. Dass wir nicht zusammenwohnen könnten, weil sich meine Eltern altersbedingt, nicht selbst versorgen konnten. Oder, weil ich noch nicht genug Geld verdienen würde, weil ich … einfach nicht mit ihm alleine sein wollte. Er machte mir plötzlich solche Angst. Mit jeder neuen Ablehnung, sah er mich mit hasserfüllten Augen an. Er konnte oder wollte es nicht akzeptieren, dass ich nichts für ihn empfand. Er hatte sich verändert, war nicht mehr der Mann, den ich kannte und als meinen Bruder liebte.
Dass wir beide schwul waren, war nicht das Problem, sondern dass ich auf einen andern Typ Mann stand. Oh, und auf was für Männer. Mein Freund war genau so groß wie ich. Ich bin mit meinen 1,85m zwar nicht klein, aber ich suche einen Mann, der etwas größer ist als ich, damit ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegen kann. Der mir so das Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Was aber gar nicht so leicht ist. Ich bin der typische Twink in der Szene, dabei kenne ich keinen dieser Clubs von innen, weil ich nie die Gelegenheit dazu bekam. Milan wollte nie mit mir zusammen dort hingehen, alleine aber, ja da kannte er keine Hemmungen.
Meine Augenfarbe ist ein warmes goldbraun während seine hellblau, kalt in die Welt schauten. Meine Haarfarbe ist fast wie poliertes Mahagoni, das in der Sonne glänzt und seines war dunkelblond. Eigentlich war Milan ein schöner Mann, doch mein Herz klopfte nicht schneller, wenn er mich berührte. Auch war er sehr bestimmend, was mich richtig einschüchterte. Ich … ich brauche zwar einen starken Mann, an den ich mich anlehnen kann, doch er … er machte mir höllische Angst.
Früher hatten wir alles miteinander geteilt. Ich wandte mich vertrauensvoll an ihn, wenn ich Probleme hatte. Alles um uns herum veränderte sich so rasend schnell, dass ich es nicht mitbekam, wie seine Liebe in Besessenheit umschlug. Ich brauche eine Aufgabe, die mich mit Ruhe und Befriedigung erfüllt, er aber wollte mich am liebsten zu Hause einschließen. Dabei war er ein Hengst unter den schwulen Männern. Ein erfolgreicher Jäger halt! Dass er sich seine Befriedigung woanders suchte und holte, hatte ich mit großer Erleichterung hingenommen. Ist das nicht krank?“
Ich höre, wie er schniefend Luft holt und lege mich nun bequem in die Kissen zurück. Irgendwie mag ich seine Stimme. Sie ist so herrlich tief, etwas rau. Wie er sich beschreibt finde ich sehr erregend. Wenn ich so einem Kerl in den Clubs begegnen würde, wäre er genau meine Beute. Also höre ich ihm einfach weiter zu, hoffe, dass es seine Pein ein klein wenig lindert. Dass er sich verwählt hat, verschweige ich ihm. Anscheinend wollte er mit der Telefonseelsorge sprechen und ihnen sein Leid klagen.
„Schon verrückt, oder?“, fragt er mich gerade. Ich räuspere mich und will von ihm wissen, was er eigentlich von seinem Leben erwartet! Lange Zeit ist es ruhig und ich dachte schon, dass er aufgelegt hat. Dann höre ich, wie er zittrig Luft holt.
„Oh, du hast so eine tolle Stimme. Sie vibriert in meinem Körper nach. Wie heißt du? Bist du neu dort?“
Ich verneine und nenne ihm meinen Namen. „Ich heiße Nic. Nic Kramer.“ Noch mal frage ich ihn etwas drängender, was er sich von seiner Zukunft erhofft.
„Ich? Ich will einen Mann der mich so liebt, wie ich nun mal bin. Ich bin etwas schüchtern, oder wie sagt man? Mich einem Mann zu nähern, dass geht einfach nicht, weil er immer in meiner Nähe ist und dies zu verhindern weiß. Ich liebe es zu Kochen und würde meinen Partner damit verwöhnen, wenn ich denn einen hätte. Dabei will ich doch bloß einen Mann an meiner Seite, der nur mir gehört. Schon traurig, dass ich solche primitiven Wünsche habe, oder? Ich habe Webdesign gelernt und erstelle dir alles mit einem PC, was du dir nur vorstellen kannst. Er jedoch nannte das, Zeitverschwendung. Vor ein paar Wochen hatte er mich dann zum ersten Mal geschlagen!“
Abrupt setze ich mich auf.
„Er wollte, dass ich mich ihm endlich hingab. Noch nie hatte ich ihn so wütend gesehen. Ich … ich wollte ihn aber nicht. Er war doch mein bester Freund und nicht mein Liebhaber. Das was ich zu geben habe, will ich dem richtigen Mann geben, dem, der mein Herz erobert. Ist das zu viel verlangt? Ich liebte ihn doch nicht so, dass ich mich nach ihm verzehren würde. Nein! Langsam streikte mein Körper und ich wollte nur noch aus seiner Reichweite entkommen, wollte, dass diese Angst, die alleine sein Name verursachte, auf hört!“
Ich höre, wie er wieder anfängt zu weinen und frage, wo er denn jetzt sei? Lange ist es still, dann holt er tief Luft.
„Ich sitze auf einem Brückengeländer und das schon seit Stunden. Ich brauche den Abstand zu dem, was heute geschehen ist. Weißt du, er hatte mich Anfang der Woche schon wieder geschlagen, hatte mir die Kleidung vom Körper gerissen. Zum ersten Mal wehrte ich mich gegen ihn. Dann ist er einfach abgehauen, hat mich dort blutend liegen gelassen. Meine Gefühle veränderten sich und statt Bruderliebe, machte sich Hass in mir breit. Ich wollte das nicht. Er war doch mein bester Freund. Warum konnte er dies nicht akzeptieren?“ Verzweifeltes Schluchzen kommt mir entgegen. Mein Herz blutet nun mit ihm.
Eisige Kälte umschließt mich plötzlich. Mit einem Mal springe ich auf und ziehe mich an.
„Wo bist du genau?“, frage ich ihn.
Leise weinen dringt an mein Ohr. Er ignoriert mich und redet einfach weiter, als ob er mir seinen Standort verschweigen wollte. Mein Herz klopft ängstlich auf, das er sich was antun könnte. In meiner Firma habe ich einen Mitarbeiter, der mit seinem PC auch so alles anstellen kann. Ich nehme mein Handy, decke mit der Hand das andere Telefon ab, und rufe meinen Angestellten an. Verschlafen meldet er sich und als ich ihm leise erkläre, was ich will, gebe ihm die Telefonnummer, die auf dem Display auftaucht. Er macht sich sofort an die Arbeit. Ich höre, wie er im Hintergrund auf die Tastatur einhämmert. Immer noch erzählt mir dieser verzweifelte Mann aus seinem Leben.
„Zwei Tage nach dem er einfach abgehauen war, hatte mich das Krankenhaus angerufen. Milan wurde in einen Unfall verwickelt. Meine Adresse und mein Name waren in seiner Geldbörse. Ich habe direkt seine Eltern angerufen und bin ihm schnell zur Hilfe geeilt, doch der Arzt hat mich nicht zu ihm gelassen. Erst als seine Eltern kamen, durfte ich in das Zimmer hinein. Er lag an so vielen Schläuchen angeschlossen, die ihn am Leben erhielten, das ich panisch abgehauen bin. Laut dem Arzt haben sie Drogen und Alkohol in seinem Blut festgestellt. Drogen! Ich … ich wusste nichts davon. Jetzt erst begreife ich, warum er sich so zu seinem Nachteil verändert hatte. Diese verfluchte Clique, mit der er immer abhing. Klar, er wollte dazugehören, hip sein oder wie man das nennt.
Die Schwester gab mir sein Handy. Bilder darauf zeigten mir, wie sich die Männer mit denen er befreundet war, alle miteinander vergnügt haben. Gruppensex mit Männern und Frauen. Drogen, die offen herumlagen und eine Unmenge von Alkohol. Das alles geschah auch noch, ohne, dass es Safe war. Ja hatte er denn im Drogenrausch seinen Verstand eingebüßt? Ich bin schuld. Ich hatte ihn so weit getrieben. Dabei wollte ich doch bloß meinen Freund aus Kindertagen wieder haben.
Weiß du, dass ich keinen anderen Mann angesehen, geschweige denn angesprochen habe aus Angst, dass ihm was passieren könnte? So wurde ich überwacht. Besessenheit ist was ganz Schlimmes. Sie nimmt dir die Luft zum Atmen, lässt dich am Leben verzweifeln und du fragst dich immerzu … warum ich? Heute Abend war es besonders schlimm. Sie haben vor einer Stunde die Geräte abgestellt und er ist friedlich eingeschlafen. Ja, ich war dabei, musste es sein, nur um zu wissen, dass ich endlich frei bin. Da stirbt dein bester Freund und du bist erleichtert darüber. Wie böse und abgrundtief schlecht sind solche Gedanken?“
Ich lenke ihn ab und bete, dass mein Kollege endlich den Standort dieser Nummer ausfindig machen kann. Wie viele Brücken gibt es hier in der Stadt wohl? Endlich hat er ein Signal und gibt mir die Wegbeschreibung. Schnell bedanke ich mich und bin schon auf dem Weg nach draußen. Ich schmeiße mich regelrecht ins Auto, aktiviere die Freisprechanlage und rase zu der angegebenen Adresse. Endlich taucht diese verdammte Brücke auf und ich sehe einen Mann dort sitzen, der immer noch mit mir telefoniert.
Er sieht so verdammt traurig und einsam aus. Leise spreche ich ihn an, sehe, wie er ungläubig den Kopf dreht. Augen wie geschmolzene Schokolade schauen mich verzweifelt und total verweint an. Mein erster Gedanke ist, dass ich seinen Freund verstehen kann. Dieser Mann sieht sogar in seinem Elend bildhübsch aus. Die Haare fallen ihm bis auf die Schultern und ein schmales Gesicht schaut mich mit großen schmerzvollen Augen an. Die vollen Lippen beben und er hält das Handy verkrampft fest. Das Erste was er sagt als er mich sieht, ist: „Oh, da habe ich mich wohl verwählt oder?“
Langsam gehe ich auf ihn zu, halte ihm die Hand hin. Er schaut auf meine Finger, dann in mein Gesicht. Innerlich bete ich, dass er dieses verdammte Brückengeländer verlässt und sich mir anvertraut. Irgendetwas hat er in meinen Augen entdeckt, dass er zaghaft den Arm ausstreckt. Bevor er es sich anders überlegen kann, packe ich seine Hand, ziehe ich ihn schnell von dem Geländer runter. Er fällt mir in die Arme und es fühlt sich so verdammt richtig an. Eine ganze Zeit lang stehen wir so auf der Brücke, ohne uns zu bewegen. Kaum ein Auto fährt zu dieser späten Zeit hier noch drüber. Er wäre also die ganze Nacht über nicht entdeckt worden. Wer weiß, was er in seinem Elend noch gemacht hätte. Ich darf gar nicht daran denken. Sein Körper ist eisig kalt und behutsam lege ich die Jacke über seine bebenden Schultern.
Er klammert sich an mich, weint und drückt das Gesicht an meinen Hals. Er riecht so gut und ich schäme mich nicht, als mein Körper auf ihn reagiert. Gott es fühlt sich so richtig an, wie er sich an meine Brust lehnt, mich fest umklammert. Behutsam hebe ich ihn auf die Arme, drücke den bebenden Mann fest an mich und flüstere ihm beruhigende Worte ins Ohr. Bevor er es mitbekommt, sitzt er auch schon in meinem Auto. Zu Hause ziehe ich ihn aus, stelle mich mit ihm zusammen unter die warme Dusche und gebe ihm danach ein leichtes Schlafmittel. In meinen Armen schläft er endlich ein. Bevor ihm die Augen zufallen, höre ich, wie er leise: „Danke!“, flüstert.
Seelenpein
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Seit Stunden sitze ich nun auf diesem Brückengeländer und weiß nicht, was ich machen soll. Das Bedürfnis mit jemandem zu reden, schwillt in mir an. Eben habe ich doch an der Bushaltestelle diese Nummer der Telefonseelsorge gesehen! Ich atme tief ein, schließe die Augen und versuche mich daran zu erinnern, wie die Nummer lautet.
Schnell nehme ich das Handy und wähle die Zahlen, die ich gerade vor meinem inneren Auge sehe. Nach ein paar Mal klingeln höre ich, wie sich eine tiefe, etwas verschlafende Männerstimme meldet. Oh, ob ich ihn wach gemacht habe? Dieses etwas raue Timbre, lässt mein Herz plötzlich schneller schlagen. Bevor er was sagen kann, fange ich an, ihn mein Leid zu klagen. Er hört mir zu, ohne mich zu unterbrechen. Seine leise Atmung lässt mich ruhiger werden und ich passe mich ihm automatisch an.
Ich erzähle ihm meine ganze Lebensgeschichte und finde darin etwas Trost. Er weiß jetzt, was für ein schlechter Mensch ich bin. Ja, ich habe meinem Freund zum Schluss nur noch den Tod gewünscht. Jahre voller Vertrauen schlugen sich innerhalb einer kurzen Zeit in Hass um.
„Jahrelang waren wir die besten Freunde, haben immer alles zusammen gemacht. Das Leben war einfach nur toll. Bis er sich in den Kopf gesetzt hatte, dass ich sein Mann werden sollte. Beide haben wir schon früh gemerkt, dass wir auf Männer stehen. Ich, ich war der schüchterne Twink und er? Er hat alles an sich gerissen, war dominant und ein Jäger, wie es im Buche steht. Kein Twink war vor ihm sicher. Ich … ich fand das so entwürdigend. Was wollte er mir damit beweisen? Dass er sich seinen Spaß wo anders holen konnte, wenn ich nicht nachgab?“, frage ich den Mann am anderen Ende des Telefons und erwarte keine Antwort darauf.
Immer noch hört er mir am anderen Ende zu, sagt kein Wort. Meine Tränen rinnen jetzt heftiger und schluchzend versuche ich ihm zu erklären, dass man Liebe nicht erzwingen kann.
„Dabei liebte ihn nicht so, wie mein Freund es gerne gehabt hätte. Er war nur wie ein Bruder für mich. Unsere beruflichen Wege gingen weit auseinander. Ich bin ein Nerd, jawohl! Gebt mir einen PC, ein Problem und ich löse es, doch er war mehr der Typ, der Arbeit nur als Notwendigkeit ansah. Er wollte Feiern, Leben und das in Saus und Braus.
Unsere Clique veränderte sich. Alte Freunde gingen und neue kamen hinzu. Drogen wurden herumgereicht, wie eine Schale mit Bonbons. Wer was auf sich hielt, machte jeden Unsinn mit. Doch ich zog mich zurück, wollte das nicht.
Dann kam der Abend, wo er mich zum ersten Mal in seinem Rausch schlug, mich mit Gewalt gefügig machen wollte. Zum Glück bekam er keinen hoch. Meine Liebe schlug in Hass um und ich wollte nur noch weg von ihm. Er hatte voller Wut die Wohnung verlassen und kam nicht wieder. Dann passierte dieser böse Unfall. Tagelang haben seine Eltern die Hoffnung gehabt, dass er aufwachen würde, doch die Ärzte verneinten, sagten, dass er im Sterben läge sein Herz nur noch von den Geräten am schlagen gehalten würde. Heute haben sie diese Geräte abgestellt und er starb in meinen Armen. Ich habe mir vorher so gewünscht, frei von ihm zu sein, wollte einfach nur mein Leben in Ruhe leben und dann passiert so was. Ich bin ein schlechter Mensch!“
Leise weine ich vor mir hin, als er mich fragt, wo ich sei. Schluchzend erkläre ich es ihm, das ich auf einer Brücke bin, spreche weiter mit ihm. Mit jedem Wort wird es mir leichter auf der Seele. Der Druck nimmt langsam ab. Mir ist kalt und der Wind, der über das Gelände pfeift, drückt mich etwas nach vorne. Meine Hände klammern sich fest und beinahe hätte ich das Handy fallen gelassen. Den Blick nach unten gerichtet, sehe ich, wie schwarz das Wasser ist, höre wie es leise plätschert. Es wäre so einfach loszulassen, keinen Schmerz mehr zu empfinden. Friede würde in meiner Seele einkehren. Doch ich bin kein Feigling, will leben.
Fest drücke ich das Handy an mein Ohr und höre, wie er leise mit mir redet. Seine Stimme ist so warm, männlich und mein Körper reagiert darauf. Was mich sehr erstaunt.
Plötzlich kommen ein paar Scheinwerfer auf mich zu. Blinzelnd schaue ich in das helle Licht. Ein schlanker Mann steigt aus, kommt auf mich zu. Himmel was für ein Kerl. Ich halte die Luft an, mein Körper erwacht und das Blut rauscht schneller durch meine Adern. Als er vor mir steht, kann ich es einfach nicht glauben. Er ist groß, hat breite Schultern und ein so männliches Gesicht.
Oh verdammt. Da habe ich mich wohl verwählt und diesen Mann aus seinem warmen Bett geklingelt. Habe ich mich denn so verzweifelt angehört, dass er sich direkt aufgemacht hat, nur um mich zu suchten?
Ganz langsam streckt er die Hand aus und wartet. Zögerlich umklammern meine Finger sein Handgelenk. Wie ein gefällter Baum lasse ich mich in seine Arme fallen, klammere mich regelrecht an ihn. Beschämt drücke ich das Gesicht an seinen Hals und spüre, wie er mich auf die Arme nimmt, zum Auto trägt. Eine schwere Last fällt von meiner Seele und vertrauensvoll schmiege ich mich in die so starken Arme. Sein Herzschlag ist ganz ruhig, sodass ich mich entspannen kann. Das erste Mal nach fast einem Jahr, erlaube ich es einen Mann mich anzufassen und finde dies einfach nur Himmlisch.
Wo er mit mir hinfährt, bekomme ich gar nicht mit. Plötzlich streichen ein paar warme Hände über mein Gesicht, rahmen es ein. Verschlafen schaue ich in ein paar blaue Augen. Er spricht mit mir, zieht mich aus und zusammen stellen wir uns unter der warmen Dusche. Mir ist so kalt, das die Zähne aufeinander schlagen. Er zieht mich fester in die Arme und mein Körper reagiert darauf, fühlt sich seit langer Zeit zum ersten Mal geborgen. Behutsam trocknet er mich ab, gibt mir eine Tablette. Meine Augen fallen zu, und bevor ich einschlafe, flüstere ich ihm noch ein „Danke“ zu.
Seelenwunder
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Wie vertrauensvoll er sich in meine Arme schmiegt. Es scheint, als wäre er nur für mich geboren worden. Zärtlich fahre ich mit den Fingern über sein Gesicht. Fasziniert streiche ich über die vollen sinnlichsten Lippen, die ich je sah, senke den Kopf und lege meine ganz leicht darauf. Er stöhnt leise auf, öffnet den Mund. Ob er mir entgegen kommt? Zaghaft spüre ich, wie seine Zungenspitze gegen meine streicht. Sein leises Keuchen ist wie Musik in meinen Ohren. Ganz vorsichtig streiche ich ihn über den Bauch. Mit dem Zeigefinger umspiele ich seine Brustwarzen, die sich direkt zusammenziehen. Noch nie habe ich einen Mann im Bett gehabt, der so sensibel auf meine Berührungen reagiert hat und ich hatte eine Menge. Seine Augen schauen mich so vertrauensvoll an. Das ich sein erster Mann bin, wird mir gerade bewusst. Die Hände zittern, mein Schaft reibt sich an seinem und voller entzückend schließt er die Augen.
„Bitte zeig mir, wie es zwischen uns sein könnte. Das, was ich jetzt empfinde, ist so anders, als was ich bei Milan empfunden habe. So ganz anders. Fühl mal, wie schnell mein Herz klopft!“
Er legt meine Hand auf seine Brust und ich spüre wie wild, sein Puls unter der Haut schlägt. Sein Geruch macht mich total verrückt. Mit der Zunge lecke ich mich bis zu seinem Bauchnabel runter, sehe wie Muskeln zucken. Er hebt das Becken, will mehr und viel zu gerne erfülle ich ihm diesen Wunsch.
Je näher ich seinem Glied komme, umso mehr nimmt mich sein Duft gefangen. Er zuckt zusammen, schreit voller Erregung auf, als ich die Lusttropfen ablecke, die sein Schaft gerade produziert. Nur ein einziges Mal sauge ich an seinem Schwanz, als er erstarrt und mit einem lauten Schrei zum Orgasmus kommt. Obwohl ich immer viel Wert auf Safer Sex lege, bin ich mir mit ihm sicher, dass er keine Krankheiten hat.
Völlig erschlagen liegt er in meinen Armen, strahlt mich an und sagt: „Wie gut, dass ich mich verwählt habe und du mir zugehört hast. Da auf der Brücke wollte ich mir das Leben nicht nehmen, wollte nur nachdenken. Die Stille, das Rauschen des Wassers hat meine Gedanken geklärt. Das Leben ist viel zu kostbar um es einfach so wegzuschmeißen. Besonders, wo ich dich gerade kennengelernt habe. Oder willst du mich nicht?“
Bange schauen mich ein paar dunkle Augen an. So hoffnungsvoll und doch so voller Sorge. Ein kleines Lächeln legt sich auf meine Lippen, als ich ihn mir so anschaue. Oh ja. Er ist genau der Mann, den ich immer gesucht und nie gefunden habe. Wenn die Nacht vorbei ist, dann wird er wissen, zu wem er in jeder Sekunde seines Lebens gehört.
„Jetzt mein Spatz, jetzt geht es erst richtig los.“ Mit diesen Worten beuge ich mich wieder über ihn und fange da an, wo ich aufgehört habe. Sanft bereite ich ihn auf mein Glied vor. Vorsichtig erobere ich ihn, sehe, wie er sich fallen lässt, wie seine langen Beine sich um mich schlingen. Er drückt sich mit jedem Stoß, den ich mache, entgegen. Seine erregenden, wimmernden Geräusche, werden immer lauter, bis er mich zum Schluss regelrecht anschreit in härter zu nehmen.
Ist das der schüchterne, in seiner Seele zu tief verletzte Mann, den ich von der Brücke geholt habe? Nein! Dieser Mann in meinen Armen, ist temperamentvoll und voller Zärtlichkeit.
Morgen früh werden wir zusammen Frühstücken und dann wird er von mir ein Angebot bekommen, in meiner Firma zu arbeiten, damit er seine Talente beweisen kann und ich weiß jetzt schon, dass er bestehen wird.
Seelenglück
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Warm und geborgen liege ich in ein paar starken Armen. Noch nie war meine Seele so friedvoll und glücklich. Dieser Mann der, obwohl er mich nicht einmal kannte, einfach in die Nacht hinausfuhr, um mich zu retten, er gab mir neuen Lebensmut.
Stundenlang bin ich über die einsame Brücke gewandert, habe alles infrage gestellt, was ich erlebt habe. Die Zweifel, dass ich ein Niemand bin, wie Milan so schön gesagt hatte, kamen wieder in mir hoch. Diese Brücke kannte fast mein ganzes Leben so oft, wie ich hier manche Nacht verbracht hatte und leise vor mir hin murmelte. Sie war schon immer mein Trostpflaster, wenn ich mich vor Milan versteckte. Ich habe dann auf dem Brückengeländer gesessen, in die Tiefe geschaut und über den Sinn des Lebens nachgedacht. Nur durch Zufall habe ich die Nummer der Seelsorge erblickt und in einem schwachen Augenblick angerufen. Mein Glück war, dass der Mann am anderen Ende des Telefons mir einfach nur zugehört hat und als ich die Brücke erwähnte, da ist er sofort ins Auto gesprungen und zu mir gekommen. Das alles, obwohl er mich nicht einmal kannte.
Plötzlich spüre ich warme Hände, die mir zärtlich über den Bauch streicheln neckisch in die Brustwarzen kneifen. Noch nie habe ich solche intensive Gefühle gehabt. Ich will, dass er mich nimmt, bettele ihn regelrecht an. Sanft bereitet er mich vor und ich … ich schwebe wie auf Wolken.
Völlig geschafft liege ich danach in seinen Armen. Er steht auf, macht uns sauber und zieht mich danach in die Dusche. Nach dem Frühstück schaut er mich ganz ernst an. Ob es das war? Nein, er will alles, wirklich alles über mich wissen. Ich erzähle ihm von mir, von Milan und wie froh ich bin, dass ich mich verwählt habe. Dann macht er mir doch tatsächlich ein Angebot. Ich soll in seiner Firma arbeiten, ein paar Kunden persönlich betreuen. Sie wären sehr schwierig und selten zufrieden mit dem Resultat. Ob ich diese Herausforderung annehmen möchte. Ja, ja und wie. Ich falle meinem Retter um den Hals und presse die Lippen auf seine. Diese schlimmste Nacht in meinem Leben wurde zu meiner glücklichsten.
Nach ein paar Wochen wollte er, dass ich zu ihm ziehe. Ich fand es zu früh, doch er ließ einfach nicht locker. Unter einer Bedienung gab ich dann nach. Ich beteiligte mich an allen Unkosten, wollte nicht, dass er mich für einen Schmarotzer hält, der sich auf seine Kosten ins gemachte Nest niederlässt. Erstaunt sah er mich an und als er endlich nachgab, zog ich bei ihm ein.
Auch mein neuer Job macht mir verdammt viel Spaß. Zusammen mit dem Mitarbeiter, der mich über mein Handy gefunden hat, leite ich die Abteilung für die schwierigen und nicht zufriedenstellenden Kunden. Mir macht das so viel Spaß, dass ich regelrecht aufblühe. Langsam werde ich zu dem Mann, den ich immer sein wollte. Das alles habe ich nur Nic zu verdanken. ER hat mein Herz heil gemacht und gibt mir so viel Liebe, dass ich es kaum glauben kann, dass dieser Mann mich so begehrt.
Klar haben wir auch Meinungsverschiedenheiten, aber die Versöhnung ist dafür umso toller. Auch hat er mich mit in seinem Lieblingsclub genommen. So viele Männer und alle geben sich hemmungslos ihrer Geilheit hin. Erstaunt sah ich, wie sie sich suchen, finden und dann zusammen verschwanden. Ich wollte unbedingt auch in diesen Raum und habe es nicht bereut. Dort, zwischen all den anderen Männer, nahm mich Nic und meine Schreie konnte man bestimmt bis draußen auf der Straße gehört. Na ja, so ab und zu finde ich es dort toll, doch am liebsten vernasche ich meinen Partner zu Hause, in unserem Bett.
Heute sind wir nun schon zwei Jahre zusammen und jedes Mal an unserem Jahrestag, gehen wir zu unserer Brücke und setzen uns auf das Geländer. Wir halten uns an den Händen und erzählen uns alles was uns bedrückt oder was uns glücklich macht. Plötzlich springt er hinunter, kniet sich vor mir nieder und hält mir den schönsten Ring hin, den ich jemals gesehen habe. Voller Glück leuchten meine Augen auf. Ich halte ihm die Hand hin, spüre, wie er den Ring über den Finger zieht und fange an zu weinen. Er steht auf, zieht mich in seine Arme und flüstert leise:
„Ich liebe dich Joel und bin froh, das du dich damals verwählt hast und ich, dass ich dir zugehört habe. Dass ich dich gesucht und gefunden habe. Ich werde dich immer behalten, dich lieben und glücklich machen!“
Ja das weiß ich, darum ist er auch die Liebe meines Lebens!
© Neschka Angel
Oktober 2016
Tag der Veröffentlichung: 09.10.2016
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