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Keine Ahnung zum wievielten Mal ich an einem Tag, geschweige denn allein schon in dieser Woche ich auf die verdammte Post schaute und immer die Hoffnung in mir aufkeimte, dass sich endlich der lang ersehnte Brief im Briefkasten befand. Doch jedes wurde ich erneut enttäuscht und als ich schon fast den Glauben daran verloren hatte, war ein Umschlag angekommen. Ich blinzelte mehrmals und wollte oder konnte es kaum glauben, doch nach wochenlangen Warten durfte ich ihn letztlich in den Händen halten. Die Spannung und Neugierde stieg ins Unermesslich, denn ich hatte seit Ewigkeiten darauf gewartet, doch jetzt fühlte ich innerlich statt Freude und Erleichterung bloß nur noch pure Angst. Die Panik die sich von einer Sekunde auf die Nächste in meinem Körper wie ein tobendes Meer ausbreitete war keineswegs angenehm, sondern ich empfand es eher störend. Jeder andere Mensch wäre glücklich darüber, doch ich gehörte nicht zu diesen normalen Leuten, denn ich hatte extrem Schiss vor dem, was in dem Brief stand. Insgesamt hatte ich es jetzt schon das dritte Mal in Folge versucht einen Platz in dieser Schule zu bekommen, aber es die letzten beiden Mal leider nicht geschafft. Jedes Mal riss mich eine Absage in ein tiefes Loch, aus dem ich es nach einigen Wochen nur mit Mühe herausschaffte. Die Ausbildung an dieser Schule bedeutete mir extrem viel und es war mein allergrößter Wunsch einen Platz zu bekommen, doch dies war nahezu unmöglich. Jahr für Jahr hatten sie hunderte an Bewerbern die genau das gleiche Ziel verfolgten wie ich und es schaffen wollten aufgenommen zu werden.

Diejenigen die zu den Glücklichen zählten und zu den Aufnahmetest eingeladen wurden, mussten anschließend wochenlang zittern und bangen, bis sie überhaupt wussten, ob sie den Test positiv bestanden hatten. Danach lud man die Besten der Besten zu einem persönlichen Gespräch an die Schule ein und dort musste man erst mal eine der letzten Hürden überstehen. Bei dieser kleinen, anscheinend harmlosen Unterhaltung mit seinen vielleicht zukünftigen Lehrkräften wurden die womöglich bald angehenden Schüler ausgequetscht wie kleine Zitronen und musste ihnen nebenbei erklären warum und wieso man diese Ausbildung anstrebte. Natürlich wollten und bekamen nur diejenigen Personen eine wirkliche Chance die es auch tatsächlich ernst meinten und ehrlich darum kämpften. Es gab jedes Jahr leider nur eine kleine Hand voll an Plätze zu vergeben und es war klar, dass es nur Menschen schafften die sehr überzeugend rüberkamen und genug Kampfgeist zeigten.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und riss den Brief schnell auf. Mehrmals las ich die Zeilen und ich brauchte etliche Minuten um den Text zu verstehen. Der Termin zum Gespräch für die Aufnahme sollte heute in einer Woche stattfinden und zwar um zwölf Uhr mittags. Nie im Leben hatte ich daran geglaubt, dass tatsächlich irgendwann mal der Zeitpunkt kommen sollte, doch der Himmel meinte es offenbar doch gut mit mir und gab mir eine kleine Chance. Ich musste nur noch die letzte Hürde überstehen und danach stand einem neuen Leben rein gar nichts mehr im Weg. Diese Hoffnung half mir die restlichen Tage zu überstehen, bis zu jenem schicksalshaften Tag, an dem meine ganze Zukunft am Spiel stand. Entweder ging es von nun an bergauf oder bergab und all dies würde sich bald entscheiden. Doch sollte es tatsächlich mal wieder nicht klappen, so schwor ich mir auf keinen Fall den Kopf in den Sand zu stecken. Ein persönliches Motto dass mir in schweren Zeiten immer Mut gemacht hat lautet "Die Hoffnung stirbt zuletzt".

 Der Tag rückte immer näher und es fühlte sich so an, als würde die Zeit doppelt so schnell vergehen. Dauernd hatte ich den Spruch „Wer hat an der Uhr gedreht“ im Kopf. Klingt für andere Menschen, die nicht in meiner Haut steckten natürlich bescheuert, doch für mich fühlte es sich tatsächlich so an, als würde die Tage einfach nur so dahin fliegen. Ehe ich mich versah, war es soweit und in paar Stunden schlüge womöglich mein letztes Stündchen. Die Nacht davor hatte ich so gut wie gar nichts geschlafen und mich gefühlte tausend Mal im Bett herumgewälzt. An diesem Morgen quälte ich mich regelrecht ins Bad und ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich eine extradicke Schicht Concealer gegen meine dunklen Augenringe auftragen musste. So hässlich fühlte ich mich schon seit langer Zeit nicht mehr in meiner Haut, doch nach einer halben Stunde war ich letztendlich gestylt und meiner Meinung nach sah ich recht gut aus ohne dabei eingebildet klingen zu wollen.

Zufrieden blickte ich in den Spiegel und nickte mir freudestrahlend zu, doch nur um nicht den Mut zu verlieren. Kaffee musste mir helfen die nächsten Stunden zu überstehen, denn ich durfte nicht zu aufgeregt sein. Stottern oder kein einziges Wort herauszubringen, wäre das Schlimmste was mir passieren könnte, doch an solche Dinge durfte ich so kurz vor dem Gespräch auf gar keinen Fall denken.

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Schlagartig und ohne es zu wollen war ich mit den Gedanken bei dem Tag an dem sich meine ganze Zukunft entschied. Dabei handelte es sich um den beliebten Aufnahmetest, doch vor diesen sollte man sich in Acht nehmen und auf keinen Fall unterschätzten, den mit diesen kleinen Test war die Aufnahmekommission in der Lage die Eignung festzustellen. Wie ich es an dieswm schicksalshaften Morgen schaffte aus dem Bett zu kommen  und in den Zug zu steigen, ist mir bis jetzt noch unbegreiflich. In Gedanken versunken stand ich am Fenster und die Umgebung an mir vorbeiziehen. Um mir für die drei Stationen die ich vor mir hatte extra einen Sitzplatz zu suchen war unnötig, denn ich war viel schneller am Ziel angekommen als erwartet. Ich versuchte mir zwar die Nervosität und Angst nicht anmerken zu lassen, doch innerlich fühlte ich mich so, als ob ich zwei Stunden in der Sauna verbracht hätte. Mit wackeligen Knie ging ich langsamer als eine Schnecke zu dem Tisch, wo ein Schild mit „Anmeldung für Aufnahmetest“ stand. Vor mir saß eine Dame mittleren Alters mit braunen Haaren, welche sie zu einen Pferdeschwanz gebunden hatte, dir mir jedoch keinerlei Beachtung schenkte, sondern stattdessen stur und finster in den Computerbildschirm starrte. Gefühlte fünfzehn Minuten stand ich da und kam mir wie ein Idiot vor, da die anderen Personen bereits im Wartebereich saßen und mich belustigt beobachteten. Endlich nach einer geschlagenen halben Stunde, blickte sie mich argwöhnisch an und musterte mich von oben bis unten. Mit einer fordernden und strengen Stimme sagte sie mir: „Ihren Ausweis bitte und die Einzahlbestätigung hätte ich sehr gerne von Ihnen. Wenn dies zu meiner Zufriedenheit erledigt ist dürfen Sie natürlich bei den anderen Kandidaten Platz nehmen.“

Ohne ein Wort zu verlieren, händigte ich ihr die verlangten Unterlagen aus, dabei bekam ich leider nicht mit, dass die Menschen bereits langsam in die Computerräume verschwanden und sich Sitzplätze suchten. Als ich mich umdrehte sah ich den mittlerweile leeren Wartebereich. Sie folgte meinen Blick, doch machte keinerlei Anstalten sich zu beeilen, stattdessen schien sie es sichtlich zu genießen mich auf die Folter zu spannen. Unerwartet brummte ich zornig: „Wie lange benötigen Sie denn bitte um sich den Ausweis zu kopieren und die Einzahlungsbestätigung abzuheften? Ich glaube Sie sind wirklich unfähig und überhaupt nicht für diesen Job geeignet“ Fassungslos blickte sie mir in die Augen und versuchte sichtlich Sätze zu formulieren, doch es wollten oder sollten ihr kein Wort über die Lippen kommen. Plötzlich brüllte eine extrem zornige männliche Stimme hinter mir: „Wofür halten Sie sich bitte? Wer hat Ihnen erlaubt in so einen Ton mit Ihrer womöglich zukünftigen Lehrerin Frau Mabut so zu sprechen?“ Das Herz rutschte mir in die Hose und war nicht in der Lage mich umzudrehen. Ich hörte wie Schritte eilig näher kamen und hinter mir stehen blieben. Mit wackeligen Knien, die sich anfühlten als wären sie aus Pudding, drehte ich mich wie in Zeitlupe um und sah beschämt ein paar Sekunden lang beschämt zu Boden.

Langsam fasste ich endlich den Mut und ich sah mir die riesengroße Gestalt an die sich unmittelbar vor mir befand. Vor mit stand ein circa ein Meter achtzig großer, schlanker Mann mit langen grauen Haaren der mich mit zornesfunkelnden Augen von oben herab ansah. In diesem Moment war ich eine sehr kleine Maus, die sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätte. Mit einer piepsigen Stimme antwortet ich: „Es tut mir leid, dass wusste ich nicht.“ Der Mann jagte mir jetzt schon eine Heidenangst ein und ich malte mir die schlimmsten Dinge aus, zu denen er womöglich fähig war. „ So ein Fehler darf niemals mehr passieren, denn Sie müssen absoluten Respekt vor den Lehrpersonal haben. Auf eine Sache freue ich mich aber in diesem Augenblick aber jetzt schon. Ich werde Sie höchstpersönlich ganz besonders im Auge behalten und sollten Sie sich auch nur den kleinsten Fehler erlauben, mache ich ihnen das Leben in der Schule zur Hölle, das schwöre ich.“

Er grinste mich argwöhnisch an und verschwand auf der Stelle so schnell wie er gekommen war. Mit seinen Worten jagte er mir eine Heidenangst ein um am liebsten wäre ich geflüchtet, doch die Chance über den womöglich baldigen Schulplatz wollte ich mir trotzdem nicht entgehen lassen. Ich nahm den letzten Mut, der in mir schlummerte zusammen und begab mich in den Computerraum, wo bereits Viele eifrig am Tippen waren. Nachdem ich die Zugangsdaten eingegeben hatte, startete ich ebenfalls und schon bei den ersten Fragen rauchte mir der Kopf. Ich musste mir eingestehen, den Test überschätzt zu haben, denn er kam mir schwerer vor als erwartet.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.09.2018

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine liebe Omi die für immer einen Platz in meinem Herzen hat

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