Cover

1

Mein Name ist Grace Gordon und hier ist meine Geschichte. Sie ist wahr und ich habe sie wirklich erlebt, es ist keine Lüge. Nun macht euch bereit und taucht ein in einen Abschnitt meines Lebens. Begebt euch mit mir auf eine interessante, faszinierende Reise. Für euch wird es unglaublich und unglaubwürdig klingen, doch versetzt euch mal in meine Lage, wie es mir am Anfang mit dieser Gabe ging. So nun genug geplaudert, denn es wird höchste Zeit euch davon zu erzählen wie alles begann.

 


Wie jeden Tag in den letzten Wochen startete mein Tag pünktlich gegen sechs Uhr. Hektisch machte ich mich für die Arbeit fertig, gab meiner Katze Cindy noch schnell ihr Futter und schon huschte ich aus der Tür raus und eilte zum Bus. Heute hatte ich es sehr eilig, da ich heute ausnahmsweise einmal früher als sonst anfing. Mein Chef musste seine Tochter in die Schule bringen und bat mich eine Stunde eher zu kommen. Davor dürfte ich eine Stunde früher gehen, das passte nämlich heute super in meine Pläne für den späteren Abend.

Seit einem guten Jahr war ich glücklicher Single, doch langsam wurde es Zeit mal wieder ein paar Dates zu haben. Es konnten doch nicht alle Männer Betrüger und Lügner sein oder? Irgendwo da draußen müsste es einen normalen, treuen, aufrichtigen Typen geben, der es ernst mit Frauen meinte. Oder irrte ich mich da? Mein damaliger Freund Jens betrug mich seit Monaten und ich dumme Kuh fand es erst raus, als ich eine eindeutige Nachricht in seinen E-Mails las. Die Trennung verlief ruhig und ohne großen Streit.

Ich packte wortlos seine Sachen, blockierte seine Nummer im Handy, stellte seine vollgepackten Koffer vor die Tür. Lediglich eine Nachricht befand sich am Koffer, mit dem Inhalt dass er die Schlüssel für die Wohnung in den Briefkasten werfen sollte. Ich war nicht wie andere dumme Frauen, die einen Mann nachweinten. Meine Einstellung war schon immer diese "Kein Mann der dich liebt tut dir weh und ist deine Tränen wert".

Zudem gestaltete es sich für mich mehr als schwierig einen Mann kennenzulernen. Ich war sehr schüchtern, brachte nicht mal mein Maul auf wenn wir Jemand gefiel. Außderdem hatte ich keine Hungerfigur, sondern eine etwas Rundlichere. Nein ich war keinesfalls dick, lediglich Größe achtunddreißig, was schon viele Männer in der heutigen Zeit als mollig empfanden. Dazu war ich ein extremer Bücherwurm und verbrachte die Wochenenden am liebsten zuhause, denn zu den Partymenschen zählte ich nie.

 Sich wie andere Menschen unnötig die Birne wegzusaufen, fremde Leute abschleppen um ein lächerliches One Night Stand zu haben oder zu zeigen wie viele man in die Kiste kriegen konnte, war absolut nicht meines. Ich war auf der Suche nach Mr. Right, der müsste irgendwo da draußen sein und auf mich warten oder vielleicht gefunden werden. Wer weiß das schon?

 Das Schicksal hatte für Jeden den Weg bestimmt und das Leben war teilweise festgelegt und vorherbestimmt. Das Leben war meiner Meinung nach wie eine Straße und man konnte selbst entscheiden ob man geradeaus ging oder an einer Kreuzung abbog und auf die Überraschung wartete die dort bereit stand. Es war einzig und allein jedem Menschen selbst überlassen, welchen Weg er ging und letzten Endes einschlug.

Viele von euch fragen sich bestimmt, wie ich in einem Leichenschauhaus arbeiten konnte, doch es war faszinierend für mich und schon seit ich das erste Mal Gerichtsmedizindokumentationen sah oder Serien wie CSI mein größter Wunsch gewesen, später einmal in diese Berufssparte einzusteigen. Ich erntete jede Menge verwirrte Blicke, doch mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt und mich störte es keineswegs, wenn ich für ein paar Leute schräg war.

Diesen Beruf liebte ich über alles und würde ich bis zu meiner Pension oder solange es mein Körper zuließ ausführen. Schon alleine die Atmosphäre hier, konnte man mit Worten nicht beschreiben, denn sie war und blieb einzigartig. Jeder andere, normale Mensch bekam hier im Institut Gänsehaut und wollte hier so schnell wie möglich wieder weg und das Weite suchen, im Gegensatz zu mir. Neben meiner Wohnung, gehörte dies hier zu meinem zweiten Zuhause, wo ich mich richtig heimisch und wohl fühlte. 

 An meinen ersten Arbeitstag während meiner sechsmonatigen Ausbildung konnte ich mich noch sehr gut erinnern, so als ob es erst gestern gewesen wäre. Ich sah alles vor meinem geistigen Auge ablaufen und könnte bestimmt jede Kleinigkeit Detail getreu nacherzählen. Ihr fragt euch sicherlich was ich so den ganzen Tag mache und wie mein Tagesablauf verläuft. Größtenteils unterstütze ich Gerichtsmediziner und Pathologen bei den Obduktionen. Ich bringe die Leichen in den Seziersaal, reinige sie gründlich und bereite sie für die spätere Obduktion vor. Zudem assistiere ich bei der Leichenöffnung, bei der Entnahme von Gewebeproben und Organen. Da braucht man einen wirklich starken Magen und keinen empfindlichen.

An die Gerüche und den Anblick gewöhnt man sich mit der Zeit. Die entnommen Organe müssen sorgfältig konserviert werden, da darf einen absolut kein Fehler unterlaufen, sonst hätte man großen Ärger am Hals. Es durfte auf keinen Fall etwas von entnommen Proben verunreinigt werden.

Nach Abschluss der Obduktion reinige und desinfiziere ich die verwendeten Instrumente, Werkzeuge und den Prosektur-Tisch. Danach richte ich die Leichen mit Hilfe für die Beerdigung her, indem man die Leichen wäscht und anzieht. Wie gesagt kein normaler Job für Jedermann, doch mir lag er und den wollte ich gegen keinen anderen Beruf eintauschen.

 

2

 

Wie viele Leichen pro Tag eintrafen war relativ unterschiedlich, denn manchmal waren es fünf und dann kam es vor, dass ein oder zwei Tage Niemand gebracht wurde. Diese Tage zogen sich endlos in die Länge und die Zeit verging wie in Zeitlupe. Nämlich gar nicht, in solchen Stunden saß ich nur im Büro und las Bücher oder vertrieb mir die Zeit im Internet. Anderweitig konnte ich diese Zeit nicht nutzen, denn es gab selten etwas zu tun für mich. Mein Obduktionsassistent Dean stand mir immer hilfreich zur Seite, wenn ich seine Unterstützung brauchte, denn oftmals waren die Leichen viel zu schwer für mich und ich machte nur so viel wie es meine körperliche Kraft zuließ. Heben, tragen und umdrehen konnte ich nicht, viel zu oft hatte ich es versucht und war kläglich daran gescheitert.

Aber für diese Dinge hatte ich ja Dean, der mich nie im Stich ließ und ich war froh ich zu haben. Beruflich wie privat verstanden wir uns außerordentlich gut, des Öfteren trafen wir uns nach der Arbeit seit meinem Beziehungsende und unternahmen Ausflüge. Dean war ein ruhiger, stiller, sehr hilfsbereiter und lieber Typ und zudem ein sehr guter Zuhörer, was ich sehr zu schätzen wusste. Mit ihm konnte ich über den Schmerz reden, welchen ich am Anfang kurz nach der Trennung empfand.

Vom Aussehen her, hatte er lange schwarze Haare die ihn bis zum Hintern reichten, graue Augen und er war an die einen Meter achtzig groß und von schlanker Statur. Vom Stil her konnte man in Richtung Gothic-Metaltyp einordnen und dass gefiel mir außerordentlich gut. Um ehrlich zu sein, ich fand ihn schon relativ heiß und wäre an einer Affäre oder vielleicht sogar Beziehung mit ihm nicht allzu abgeneigt. Ob er auch Interesse an mir hatte, wagte ich zu bezweifeln, denn vom Stil her war ich eher der Normalo. Ich war eine ziemlich unscheinbare und oft unsichtbare Person vom Aussehen her und sicher nicht oft vom Jemanden der Typ.

Impressum

Texte: Abigail Dilaurentis
Bildmaterialien: Abigail Dilaurentis
Tag der Veröffentlichung: 21.02.2016

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /