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Pallograph der Liebe

 

Begriffe: Bambisteak, Golfhandschuh, Erdbeermarmelade, Mandeln, Wanderschnecke, Männerunterwäsche, flanieren, begatten
Thema: Mein erstes Mal

 

Küchenzauber

„Walter, ich hab es so satt, du musst doch auch mal etwas alleine schaffen! Jahrelang hab ich für dich gekocht, gewaschen, geputzt, gebügelt und gestaubsaugt. Wir sehen uns in drei Wochen wieder, bis dahin habt ihr beide, der Haushalt und du, euch sicher angefreundet.“, mit diesen Worten verlässt mich meine Frau, um sich mit ihrer besten Freundin in einen Wellness-Urlaub zu verdrücken und mich mit der Wäsche, dem Einkauf, den Kochtöpfen und allen weiteren seltsamen Gerätschaften und Utensilien zu Hause alleine zu lassen.

Kaum ist Elfriede zur Tür hinaus, fühle ich mich verlassen und hilflos wie ein kleiner Junge, das Haus erscheint mir unverhältnismäßig groß und ich tapse unsicheren Schrittes durch unseren stubenreinen Hausflur, vollkommen überfragt was nun am besten zu tun sei. Beinahe stolpere ich über den Korb voll frisch gewaschener Männerunterwäsche. ‚Hm‘, überlege ich, ‚ das muss wohl meine sein…‘Mit knurrendem Magen mache ich mich auf den Weg in die Küche, zum allerersten Mal alleine und auch zum allerersten Mal mit der Notdurft, etwas Essbares zu kreieren. Also watschle ich zum Kühlschrank, stiere hinein und versuche ihm all die kleinen Ernährungsgeheimnisse zu entlocken, die meine Frau immer aus ihm hervorzaubert. Meine Hände wuseln zwischen Erdbeermarmelade und diversen Fleisch-und Wurstsorten hin und her bis ich mich endlich für ein saftiges Bambi-Steak entscheide. Vorsichtig packe ich es aus und lege es auf den Tisch… Sooo, was macht man nun damit? Marinade… Oder so ähnlich, ja, ich muss das Ding panieren ohne es zu malträtieren. Wie das nun funktionieren soll weiß ich noch nicht so genau, also wühle ich zwischen unseren Lebensmitteln, aus welchen ich dann ratlos Mandeln und Müsli hervorziehe, damit müsste es doch gehen! Schnell rühre ich eine Pampe aus Wasser und den Kellogs Crunchy Nuts zusammen, ich mag mein Fleisch wenn es schön knusprig ist.

Sooooo, nur noch ein paar Kräuter aus dem Garten. Das ist mein Fachgebiet, quasi meine Area. Kaum trete ich hinaus, bin ich von den beiden Hoe’s in der Hood aber gar nicht begeistert, zwei dicke fette Wanderschnecken vom Weinberg, die sich gegenseitig begatten. Glauben Sie mir, das ist kein schöner Anblick! Sowas wollen Sie definitiv nicht gesehen haben. „Huhuuu“, gellt es schrill über die Hecke, verdammt, ich kann den Kopf nicht schnell genug einziehen und sehe wie die beiden alten Homies unserer Straße Hand in Hand durch die Gegend flanieren. Händchenhalten, macht man das in dem Alter überhaupt noch? Da ich keine andere Wahl habe, ziehe ich meine beste Ach-ist-das-Wetter-nicht-herrlich- Fratze, in der Hoffnung, die beiden Quasselrabauken mögen so schnell wie möglich wieder von dannen ziehen. So wie der alte Herr Schmidt seiner ollen Olga die Hand am Hintern anlegt, ist unschwer zu erkennen, dass er sie vernaschen möchte. Kaum ausgedacht, schäme ich mich schon für den Gedanken. Was können denn die anderen dafür, dass meine Elfriede mich nicht mehr ranlässt?! „Lieber Walter, wir würden ja gerne ein wenig mit Ihnen quatschen, aber leider ist die Eile groß, wir müssen noch den Braten aus der Röhre holen.“ Ach, so nennt man das unter alten Leuten! Amüsiert fange zuerst an zu brüsteln, und als sie mich verständnislos anstarren, zu hüsteln und presse zwischen den Zähnen hervor: „Diese verdammten Zigarren, die bringen mich noch um!“ Von der Antwort besänftigt nicken die beiden und begeben sich auf den Nachhauseweg.

Behände zupfe ich ein wenig Petersilie, ohne die beiden Schnecken zu stören, und schlüpfe wieder zurück ins Haus, wo ich dann meine soeben verfeinerte Marinade bestaune… Nicht schlecht! Da ich aber die Pfannen nicht finde, beschließe ich kurzerhand, das Steak in den Backofen zu stecken und ich glaube auch zu wissen, wie man ihn einschaltet… Geschafft! Mit einem Bierchen setze ich mich behaglich vor den Fernseher und schaue mir endlich in aller Ruhe eine Folge Charmed – Zauberhafte Hexen an. Wenn Elfriede da ist, kann ich das nie tun, denn dann würde sie noch mehr an meiner Männlichkeit zweifeln als es ohnehin schon der Fall ist. Ich döse also in meinem Sessel vor mich hin und erwache mit einem sehr seltsamen Duft in meiner Kartoffelnase und sprinte schnell in die Küche. Naja, so schnell das eben mit einem zentnerschweren Bauch und Dinosaurier-Pantoffeln geht. Dass der Golfhandschuh nicht das Richtige ist, um mein Mahl aus dem Backofen zu fischen, erfahren sogar die Nachbarn. Meine gellenden Schmerzensschreie hallen durch die gesamte Hofauffahrt die Straße hinunter, so kommt es mir zumindest vor. Aua! Mit echten Topflappen, und nachteilig behindert durch Verbrennung, nehme ich das schwarze, verkohlte Ding aus dem Ofen und beschließe, mir lieber eine Pizza zu bestellen. Das erste Mal in der Küche, das will gelernt sein!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.07.2013

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Widmung:
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