Ich öffnete die Augen, konnte wieder sehen. Auch wusste ich dass ich wieder hören konnte denn ich lauschte meinen regelmäßigen Atemzügen. Und spüren konnte ich auch wieder. Denn ich fiel und der Wind flog über meine Haut. Sollte das hier etwa der Himmel sein!? Alles war in zartem Rosa angehaucht. Wobei ich nicht wusste was alles überhaupt war. Ich sah nur rosafarbene Dinge, die an lange seidene Tücher erinnerten. Ich schaute nach oben, sah eingrelles Licht. Aber hieß es nicht dass man auf ein Licht zulief? Dann schaute ich nach unten. Nur Rosa. Wieso nur Rosa? Das war eine der Farben die ich nicht so gerne mochte. Mehrere Fragen kamen mir in den Sinn. War dies der Himmel? War es meine persönliche Hölle? Für immer durch rosafarbene Tücher zu fallen? Eine gewisse Komik hätte es. Oder war dies hier erst der Weg zum Tod? Ich fiel immer weiter, ohne Zeitgefühl. Fiel ich erst ein paar Minuten oder schon viele Jahre? Verwundert fiel mir auf das ich nie Hunger und Durst verspürte, ehrlich gesagt spürte ich überhaupt keine menschlichen Bedürfnisse, außer dem Atmen. Irgendetwas benebelte meine Sinne, es legte sich wie Wein auf meine Zunge. Eine Blase voller Glück und Zufriedenheit umschloss mich. Es war wie ein Delirium...Genau! Ein Delirium! Irgendwann fiel mir etwas auf. Unten wurde das Rosa immer heller. Und es sah nicht mehr aus wie nichts, eher wie eine Substanz. War es vorbei? Schon oder endlich? Mein Fall wurde immer sanfter und langsamer. Meine nackten Füße berührten die Substanz. Sie war wie Wasser, nur etwas dickflüssiger. Immer mehr von meinem Körper wurde in die Flüssigkeit gezogen. Sie war lauwarm. Bis zur meiner Brust war nun alles verschwunden. Mir wurde klar dass ich wohl wieder wegdämmern würde und für einen kurzen Moment war ich wütend. Würde mein Leben jetzt nur noch aus einschlafen und aufwachen bestehen? Doch dann war die Flüssigkeit bei meinem Hals und ich wusste nicht ob dies meine Letzten Atemzüge waren also hob ich meinen Kopf soweit es ging nach oben und schrie: „Melinda, ich liebe dich!“ Dann versank ich gänzlich in der Substanz.
Hin und her, hin und her. War es dieses Schwanken welches mich aufweckte? Der süßliche Geschmack war von meiner Zunge verschwunden, doch ein Teil meines Deliriums war noch da. Ich konnte meine Augen nicht öffnen, es war als klebten sie fest. Bewegen konnte ich mich auch noch nicht, da dass einzige was ich fühlte das Schwenken war. Doch langsam wurde ich immer klarer, bald konnte ich die Zeit genau bemessen. Ich schwankte jetzt schon 4 Stunden, 32 Minuten und 17 Sekunden. Auch wenn meine Augen geschlossen waren merkte ich, dass es heller wurde. Und fühlen konnte ich nun auch besser. Irgendetwas umgab meinen Körper aber ich konnte nicht sagen was. Mein Gehör war jetzt auch wieder da. Um mich herum hörte ich ein seltsames Rauschen und Blubbern...Blubbern? Und dann ging alles ganz schnell. Ich fühlte wieder alles und wusste was mich da umgab. Entsetzt öffnete ich meine Augen und sah...Wasser! Ein lautloser Schrei entfuhr meinen Lippen, was natürlich die Folge hatte dass sich mein Mund mit Wasser füllte. Ich würde ertrinken! Doch jetzt schaltete sich auch mein Verstand ein. Du wärst doch schon lange ertrunken wenn dich nicht irgendetwas am Leben halten würde! Ich sah an mir herunter, kein Sauerstofftank, natürlich nicht, wie wäre sonst dass Wasser in meine Lungen hinein gekommen? Doch etwas erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich war mit Eisenketten gefesselt worden! Sie waren fest am Grund verankert. Aber wieso? Ich erinnerte mich an gestern Nacht. Wieso war ich noch am Leben, wollte Herr Barohn nicht dass ich starb? Aber das würde keinen Sinn ergeben. Oder war es etwa der fremde Angreifer der mich hier festhielt? Ich schüttelte den Kopf, erst Mal musste ich mich befreien. Auch wenn ich wusste dass es sinnlos war spannte ich meine Muskeln an und zog meine Arme und Beine auseinander. Selbst durch das Wasser hörte ich das leise Knacken als die Unzähligen kleinen Ketten zersprangen. Verwundert befühlte ich die Bruchteile des Seiles, es war wirklich Eisen, keine Frage. Aber wie hatte ich es geschafft sie zu zerstören? Nein, es gab jetzt wichtigeres, ich musste an die Luft. Mit schnellen Bewegungen schwamm ich nach oben. Prustend und nach Luft schnappend kam ich an die Oberfläche. Ich sog die Luft in meine Lungen bis mir auffiel dass ich sie gar nicht brauchte. Panisch fragte ich mich wieso. Das konnte doch nicht wahr sein! Am liebsten wäre ich sofort wieder Untergetaucht, doch mein Körper zwang mich zum Ufer zu schwimmen. Dort angekommen kauerte ich mich zusammen und zitterte krampfhaft. Alles war völlig falsch! Nach ein paar Minuten hatte ich mich soweit gefasst dass ich mich umschauen konnte. Dem Licht nach war es ungefähr vier Uhr morgens. Doch ich konnte trotzdem gut sehen, ein jeder Gegenstand war genau zu erkennen. Ich war am Rindener Waldsee, was mich nicht überraschte. Das Meer hatte ich eh schon ausgeschlossen, da das Wasser nicht salzige geschmeckt hatte. Ein kleiner Teil meines Gehirns befasste sich noch mit der Frage, wieso ich noch am Leben war, aber der meiste Teil dachte über meine neue Eigenschaft nach, nicht atmen zu müssen. Da bemerkte ich dass ich auf einer Brennnessel lag. Ich zuckte zusammen und wartete auf den Schmerz, doch er kam nicht. Langsam näherte ich mich der Brennnessel mit der Hand und tippte sie kurz an. Nichts. Ich befühlte meine Haut, sie war härter als sonst und anscheinend auch nicht so empfindlich. Da fing ich an zu weinen. Es war einfach zu viel. Mein Körper bebte unter meinen heftigen Schluchzern, meine Tränen flossen ins Gras, bildeten einen Rinnsal zum Wasser. Ich weinte jetzt schon 30 Minuten und 55 Sekunden als plötzlichem Schritte erklangen. „Herr Barohn!“ durchzuckte es mich, und ich presste mich fest an den Boden, machte mich klein. „Da bist du ja, Debbie!“ rief auf einmal eine fremde, sanfte Stimme. Sie gehörte auf jeden fall zu einem Mann, aber nicht zu Herr Barohn. Sie klang sehr besorgt. Der Mann packte mich am Arm und zog mich hoch. Verängstigt blickte ich in sein Gesicht und schnappte unnötigerweise nach Luft. Er ähnelte Herrn Barohn, denn er war genau so schön wie er. Doch er war auch sehr anders. Er hatte kinnlange schwarze Haare, ein energisches Kinn und sanft geschwungene Lippen und Augenbrauen. Seine Nase war gerade gerichtet und genauso sanft wie der Rest des Gesichtes. Und dann kamen die Augen. Seine Iris war goldgelb! Ich hatte diese Farbe noch nie bei einem Menschen gesehen und mir war klar, dass er auch gar keiner war. Seine Haut fühlte sich genauso an wie die Meine. Er ließ mir Zeit all das zu verarbeiten, so dass ich mir seinen Körper genau angucken konnte. Er war nicht groß, aber auch nicht zu klein. Er war zwar muskulös, wirkte aber trotzdem schlank und geschmeidig. Langsam erholte ich mich von dem Schock und brachte es sogar zustande, Wörter zu formen. „W...woher...kenn...en...sie m...mich?“ Er lachte freudlos. „Erinnerst du dich noch daran, dass jemand diese schreckliche Kreatur von dir herunter geschmissen hat? Nun, dies war ich.“ Er lobte sich nicht dafür, er stellte es nur fest. „Das heißt sie haben mich nicht gefesselt?“ „Um des Lebens Willen, Nein! Aber Herr Barohn, wie du ihn nennst, hat es am Ende doch noch geschafft dich in seine Klauen zu bekommen und ist mir dir davon gerannt. Ich fürchtete schon du währest tot, aber dann roch ich einen Hauch deines Aromas im Wasser und suchte den See ab, bis ich dich fand.“ „Aber wieso? Wieso hast du mich gerettet? Weißt du was Herr Barohn von mir will? Weißt du wer er ist? Wieso hat er mich nicht getötet? Was ist mit mir passiert? Was bin ich? Woher weißt du wer ich bin? Und wer bist du überhaupt?“ Plötzlich wurde sein Blick traurig. „Ich weiß dies ist alles sehr verwirrend für dich, aber wir müssen jetzt erstmal hier weg.“ Ich verschränkte trotzig die Arme. „Ich komme erst mit wenn du mir sagst wer du bist!“ Er nickte. „Nun gut, hier nennt man mich Ian, aber in meine Heimat heiße ich Loean Igashiru.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und stapfte davon, in Richtung Wald. Schnell folgte ich ihm. Er lief genau in den Rindener Wald hinein und ich fragte mich was ihn dort hin zog. Vielleicht lag in diesem Wald das versteckte Schloss einer alten Sekte, der er angehörte oder steckte doch mit Herr Barohn unter eine Decke und wollte mich dort endgültig töten. Mir fiel auf dass es mir keine Mühe machte seinen langen, schnellen Schritten zu folgen, obwohl ich nach so einem Ereignis doch total erschöpft sein müsste. Außerdem war ich nicht müde, obwohl ich nur vier Stunden geschlafen hatte. Doch ich fühlte mich wie mit Koffein abgefüllt, total wach, voller Energie und mit einem plötzlich glasklaren Verstand. Loean war fast genau so wie Herr Barohn und ich war genauso wie Loean. Also wurde ich wohl verwandelt. Das müsste also heißen dass ich nun Blut trinken würde. Aber als er Herrn Barohn angesprochen hatte, hatte seine Stimme vor Abscheu sogar gezittert! Also könnte seine Ernährung anders sein. Ich musste an ein Vampirbuch denken, das ich letztens gelesen hatte. Die „guten“ Vampire hatten Tierblut getrunken und keines von Menschen. Vielleicht war er ja genau so. Ein hysterisches Lachen entfuhr mir und Loean sah mich fragend an. Ich ging nicht darauf ein. Der Rindener Wald war nicht sonderlich groß, in 5 Stunden hatte man ihn durchquert, weshalb er ein beliebtes Ziel für Tagesfahrten war. Eine normale Touristenfahrt lief meistens so ab, dass diese mit dem Bus zum Wald gebracht wurden, mit einem Führer durch den Wald marschierten, während der Leiter ihnen alles erklärte. Dann ein paar kurze Pausen und wenn man wieder aus dem Wald herausgekommen war fuhr man mit dem Bus wieder zurück ins Hotel. Ich brauchte lange bis mir auffiel dass Loean nicht den Touristenweg benutzte. Aber wieso sollte er ihn auch benutzen, um eine Wanderschaft zu machen? Wohl kaum. Er ging immer weiter und einmal kreuzten wir sogar den Touristenweg. Wir liefen und liefen bis er urplötzlich stehen blieb. Sonst wäre ich in ihn hinein gerannt aber mein Gehirn nahm dies im Bruchteil einer Sekunde wahr und blieb so schnell stehen wie er. Ich schaute mich um, erpicht darauf den Grund für unser Stoppen zu entdecken, doch ich fand nichts Ungewöhnliches. Er drehte sich zu mir um und sprach: „Debbie, ich weiß du bist sehr verwirrt und traust mir wahrscheinlich nicht, aber genau jetzt musst du mir einfach vertrauen, verstehst du? Das, was gleich passieren wird, könnte dich zutiefst verstören aber bitte, raste nicht aus! Verstanden?“ Während er auf eine Antwort wartete bildete sich eine Sorgenfalte auf seiner Stirn. Ich nickte nur, wollte nicht sprechen. „Gut, nimm meine Hände.“ Ich erfasste sie, sie waren lang, schlank und sehr sanft. Ich fragte mich wann ich das letzte Mal ein so sanftes Wesen wie Loean gesehen hatte und wusste es nicht. Er schloss die Augen, seine Lider waren ein paar Schattierungen dunkler als der Rest seines Schneeweißen Körpers. Erst jetzt achtete ich auf seine Kleidung. Eine alte, löchrige Jeans und ein weißes T-Shirt. Dann summte er eine fremdartige Melodie. dieses Summen wurde immer tiefer und kräftiger bis es den Punkt erreichte, an dem ein Mensch es nicht mehr hören konnte. Wir schon. Ich spürte eine starke Energie, die Luft um uns herum schien von ihr zu vibrieren. Und dann wurde alles durchsichtig. Das Rauschen der Bäume verschwand in weiter Ferne, der blaue Himmel existierte nicht mehr, alles war weiß. Der Boden unter mir verschwand, unter meinen Füßen war eine gähnende, weiße Leere, doch ich fiel nicht herunter. Das war zu viel für mich. Ich presste mir meine Hand gegen den Mund, um meine panischen Schreie zu unterdrücken. „Ganz ruhig Debbie. Hab keine Angst, alles ist in Ordnung.“ Loean nahm meine Hand und strich sanft über sie. Ich beruhigte mich und nach einer gefühlten Unendlichkeit hatte ich wieder festen Boden unter meinen Füßen. Ich hörte das Rauschen der Bäume wieder, doch es erschien tosender als vorhin. Über uns wurde es blau und dann war auch die Umwelt wieder zu sehen. Es war ein Wald, aber nicht der von Rinden. Die Bäume waren gigantisch hoch und so breit, dass man in ihnen drin einen Bus gut verstecken könnte. Als ich nach oben schaute, sah ich den Himmel nur als winzig kleine Pünktchen, die Lücken im Blattwerk darstellten. Überall wuchsen fremdartige Pflanzen in mir bekannten und unbekannten Farben. Ich wünschte ich hätte diese Farben beschreiben können, denn sie waren so schön dass sie einen vom Rest der Welt ablenkten. Doch man fand einfach keine Wörter für sie. Ich wollte gerade nach ihnen fragen als Loean einen Finger auf meine Lippen drückte und mir mit einem Blick befahl nichts zu sagen. Dann flüsterte er:„Bitte verhalten Sie sich jetzt vollkommen ruhig. Verraten Sie niemandem ihren Namen, ihre Herkunft, Geburtstag oder ähnliche Persönliche Dinge. Am Besten seien Sie ganz still, Miss, niemand darf ihre Stimme hören!“ Verwirrt von seiner plötzlichen Höflichkeit wollte ich fragen wieso, doch dann nickte ich nur stumm. In dieser fremdartigen Gegend, in der ich mich nicht auskannte, könnte jeder Fehler verheerend sein. Er führte mich durch den Wald, völlig orientierungslos, wie es schien, doch dann fiel mir etwas auf. Wir liefen immer zwischen zwei Bäumen der gleichen Art. Diese Bäume waren kleiner als die Anderen und das Grün ihrer Blätter ging ins bläuliche über. Sie schimmerten geheimnisvoll in diesem Morgenlicht. Die Bäume waren wohl so etwas wie ein Weg, den nur bestimmte Leute entlang gehen sollten. Als Mensch wäre mir dies gar nicht aufgefallen, da der Weg ziemlich verschlungen war. Loean führte mich durch diese Allee und an seinem Gang stellte ich fest, dass er diesen Weg schon sehr oft entlang gegangen war. Nach einiger Zeit, stillen Laufens berechnete ich die Uhrzeit. Um vier Uhr war ich aufgewacht, wir waren drei Stunden gewandert, also musste es jetzt sieben Uhr morgens sein. Sonst Frühstückte ich um diese Zeit. Da knurrte, wie auf ein Stichwort, auch schon mein Magen. Loean sah mich mit einem eigenartigen Blick an und hielt mir plötzlich eine seltsam aussehende Frucht hin. Sie war lila und mit gelben Tupfern besprenkelt. Wo hatte er sie herbekommen? Ich nahm sie und bis zögerlich hinein. Es war ein kleines Geschmacksfeuerwerk, überall auf meiner Zunge explodierten mir unbekannte Geschmäcke. Ich schluckte den Bissen hinunter und studierte das Fruchtfleisch. Außen war es gelb aber es ging in ein Orange über, welches wiederum in ein Rot überging, das den Mittelpunkt der Frucht bildete. Ich aß weiter, bis ich zum Kern gelangte. „Sie können ihn ruhig mitessen.“ sagte Loean neben mir, wahrscheinlich hatte er gemerkt wie ich unschlüssig auf dem Kern herumgeknabbert hatte. Also biss ich fest auf ihn. Der Kern zersprang und eine zähe Flüssigkeit trat aus. Sie war himmlisch. Als ich dann alles von der Frucht verzehrt hatte war ich vollkommen gesättigt, obwohl die Frucht nur die Größe einer Birne hatte. Darüber dass ich davon gesättigt wurde und nicht, wie ich angenommen hatte, von Blut dachte ich gar nicht nach. Wir liefen immer weiter durch das Dickicht und manchmal besprenkelten Tupfer von Sonnenstrahlen unsere blasse Haut. Ich schwieg wirklich die ganze Zeit, selbst als ich mich erschrak weil plötzlich ein fremdartiges Wesen über den Weg schoss und verschwand. Ich hatte nur einen verschwommenen Umriss und einen bepelzten Schwanz erkannt, hatte mich aber trotzdem sehr erschreckt. Loean nickte mir anerkennend zu und wir setzten unsere Reise fort. Irgendwann wurden die Bäume lichter und die Büsche und Dornenranken die abseits des Weges gewachsen waren, verschwanden ganz, bis auf ein paar Ausnahmen. Meine neuerdings superempfindliche Nase roch den Geruch von Leben. Irgendwo wurde gekocht. Ich roch bearbeitetes Holz und auch Kleidung die wahrscheinlich aus Baumwolle war. Ich hörte viele sanfte Füße, eine weibliche Stimme sang ein fröhliches Lied und jemand lachte dabei. Die Stimmen trieben mir Tränen in die Augen, sie waren so wunderschön. Doch gleichzeitig verkrampfte ich mich. Ich wusste zwar, dass diese Geräusche noch sehr weit weg waren, aber trotzdem hatte ich Angst. „Alles ist gut, laufen Sie einfach weiter.“ sagte Loean beruhigend und nahm meine Hand. Plötzlich stand ein fremdartiges Wesen vor uns und genauso schnell wie er meine Hand erfasst hatte, ließ Loean sie wieder los. Es war ein Wesen dass Loean glich, doch seine Ohren waren spitz, er bewegte sich fließender, so als ob er nicht ganz fest wäre. Sein weißes Haar schien leicht in der Luft zu schweben. War er eine Elfe? Ich beschloss dass es so war. Er war anscheinend männlich und alt, obwohl es keine Makel wie Falten oder Haarausfall hatte. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und er deutete auf mich. „Itao Igashiru, wai gahn ya jit yim?“ Diese Sprache schien mir fremd, aber doch so vertraut als ob ich sie schon kannte. Die Wörter flossen ineinander wie ein Wasserfall. Loean antwortete:„Su Shoya sa Kliia dun warehnhukom!“ Da wurden die Augen des Mannes groß, er verbeugte sich und entschwand im Nichts. „Das war einer der dreizehn Wachen, sie stehen unter dem Schwur des Königshauses, jedes Gespräch mit ihnen ist strengst vertraulich.“ flüsterte Loean. Dann lief er weiter und die Umgebung änderte sich erneut. Auf die Weg-Bäume trafen wir immer seltener, ihr Abstand wurde immer größer, bis sie ganz verschwanden. Dafür wurde ein richtiger Weg sichtbar. Es war keine richtige Straße, nur ein sehr großer Streifen fest gelaufene Erde. Nach einiger Zeit tauchte eine weibliche Elfe auf. Sie hatte kurze, bronzefarbene Haare um die sich ein Haarband mit einem grünen Stein schlang, giftgrüne Augen und ihre sonst blasse Haut schimmerte in einem Hellen Bronze. Sie trug keine Schuhe, aber eine Lederweste und eine Lederhose. An ihren Rücken waren Pfeil und Bogen befestigt, in den Händen hielt sie ein schwarzes Bündel. Sie drückte es mir in die Hände und sah mir in die Augen. „ Than san Zikun an si yam hui we’un!“ Dann sprang sie hoch in die Luft, drehte sich und verschwand im Erdboden. Erschrocken starrte ich auf die Stelle, an der sich der Erdboden geöffnet hatte um die Elfe zu verschlucken. Loean lachte. „Haben Sie keine Angst, sie war auch eine der Wachen. Übersetzt hat sie gesagt: Nimm diesen Umhang auf dass dich keiner erkenne. Wenn Sie diesen Umhang tragen wird Sie niemand erkennen.“ Wieso sollte mich jemand erkennen? Sie kannten mich doch gar nicht! Und wieso hatte er mir das jetzt übersetzt, aber das Andere nicht? Und wie konnte diese Elfe einfach im Erdboden verschwinden? Loean verwirrte mich immer mehr. Der Weg war uneben, hier und da wuchsen Blumen auf ihm. Wir kamen den Stimmen näher, es wurden immer mehr. Auch die leisen Schritte wurden mehr, wobei sie den Stimmen in der Anzahl unterlagen. Loean blieb vor einer Efeu-Mauer stehen, sie war sehr hoch und schien undurchdringlich. Er hob die Hand und richtete sie direkt auf die grüne Wand. Dann schoss ein helles Licht aus seiner Hand auf das Efeu zu. Es verformte sich und bald erkannte man die Form eines Tores. Dann verfestigte es sich und wir standen vor einem goldenen, reichlich verzierten, gigantischen Tor. Es öffnete sich langsam und ich sah die wunderschönste Stadt die ich je gesehen hatte. Die Stadt der Elfen.
Texte: Alle rechte bei mir
Photo: made by me
Tag der Veröffentlichung: 24.10.2010
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