Ich wurde von meinem Schreien wach und dem Umstand, dass Melinda mich schüttelte. „Debbie, wach auf! DEBBIE!“ „Lass mich los!“ kreischte ich. Dumpf landete mein Kopf auf dem Kissen, als Melinda mich unsanft fallen ließ. Langsam beruhigte ich mich wieder und ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mein Wecker zeigt Zwei Uhr Zehn an. „Wie geht’s dir?“ fragte mich Melinda. Ich lächelte leicht. “Besser.“ Dann erzählte ich ihr von meinem Traum. Als ich geendet hatte nickte sie. „Das ist eine verständliche Reaktion, du bist total traumatisiert!“ Wütend schlug ich sie mit meinem Kissen. „Ach Quatsch! Ich sitz doch nicht rum, rede Unsinn und sabbere!“ Jetzt lachte sie. „O.K., du bist leicht traumatisiert.“ Ich schüttelte den Kopf, hatte aber keine Lust darüber zu diskutieren. Anscheinend war auch Melinda zu müde um mein Kopfschütteln zu kommentieren. „Komm, lass uns wieder schlafen.“ sagte sie und gähnte. Ich hörte mich an, und fühlte mich auch, wie ein Kleinkind als ich sagte: „Melinda, kannst du nicht bei mir im Bett bleiben?“ Sie sah mich mit einem unergründlichen Blick an und nickte. Mein Bett war ziemlich eng, also mussten wir uns eng aneinander drücken, aber es war trotzdem gemütlich. Schnell schlief ich wieder ein.
Ich wachte wieder auf. Es war halb Fünf. Ich wollte schon meine Augen schließen, als ich bemerkte, dass Melinda mich anstarrte. Es war ein seltsamer Blick, so intensiv. Ich erwiderte ihren Blick eher unbewusst. So, lagen wir dort geschlagene fünf Minuten. Und dann passierte es. Melinda rutschte noch näher an mich heran. Unsere Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt. Sie schloss ihre Augen, ich schloss meine. Ich wusste was passieren würde und ich fragte mich wieso ich das tat. Dann trafen unsere Lippen aufeinander. Erst war es nur eine zögerliche Berührung doch dann wurde es immer stürmischer. Es war mein erster Kuss und er war wunderbar. Ich spürte einerseits das Gefühl der Befriedigung, andererseits hatte ich so eine Sehnsucht, dass sie mich noch fester halten sollte, mich noch intensiver küssen sollte. Wir küssten uns, bis unsere Lippen pochten. Wir sahen uns an und ich lächelte zögerlich. Einer von Melindas Mundwinkeln zog sich leicht nach oben. Dann schliefen wir Arm in Arm ein.
Es war hell. Das wusste ich, ich brauchte die Augen nicht zu öffnen. Das wollte ich auch nicht, aus Angst Melinda zu sehen. Das, was gestern Nacht passiert war verwirrte mich enorm. Ich hatte noch nie Gefühle für ein Mädchen gehabt, geschweige denn für Melinda. Aber ich hatte auch nie Interesse an Jungen gezeigt, die wider rum kein Interesse an mir hatten. War das gestern einfach nur eine einmalige Sache gewesen? War es nur so weit gekommen, weil wir Beide nicht ganz ausgeschlafen waren und ich, wie Melinda doch Recht hatte, so geschockt gewesen war? Ich dachte über all dies nach, als ich bemerkte dass Melinda gar nicht mehr neben mir lag. Ich setze mich ruckartig auf, was dazu führte dass sich alles drehte und ich erstmal eine Weile so verharren musste. Dann stand ich auf, zog mich an und tapste die Treppe hinunter. Überall duftete es herrlich. Ich kam in die Küche und sah Melinda am Herd stehen. „Hmm…Pancakes.“ Sie drehte sich kurz um und lächelte unsicher. Als sie fertig war, stellte sie die Pancakes auf den Tisch und holte Schokoladensirup und Schlagsahne hervor. „Uhm…danke.“ murmelte ich und senkte den Kopf. „Sieh es als Entschuldigung an.“ Verwirrt hob ich den Kopf. „Was?“ Sie sah mich an, mit dem gleichen Blick wie gestern Nacht. „Ich glaube ich erzähle dir alles von Anfang an.“ Langsam nahm ich mir einen Pancake, sprühte Schlagsahne drauf und fing an zu essen. Ich signalisierte ihr dass sie anfangen sollte zu sprechen. Es kostete sie viel Überwindung anzufangen, das sah man ihr an. „Also, nachdem wir uns näher kennen gelernt hatten und wir beste Freundinnen wurden, wurde mir klar dass mir das nicht reichte. Ich wusste, dass ich etwas für dich empfand. Aber ich wusste nicht ob du nur auf Jungen stehst oder…du weißt schon….“ Sie gestikulierte hilflos mit den Armen. „Ich wollte unsere Freundschaft nicht riskieren deswegen sagte ich nichts. Und dann gestern Nacht...nun ja da hatte ich das Gefühl dass ich den Zustand in dem du warst, die ganze Situation, ausgenutzt hab.“ Verlegen schaute sie auf ihren Teller. Plötzlich überkam mich ein Gefühl der Zuneigung das Stärker war als bei einer normalen Freundschaft. Ich stand auf umrundete den Tisch und hob Melindas Kopf mit meiner Hand an, sodass sie mich ansehen musste. Dann lächelte ich und küsste sie. Es war ein sanfter Kuss, nicht so ein Wilder wie gestern Nacht. Sie sah mich verwundert an. „Was du da sagst.“ flüsterte ich, „Ist totaler Unsinn.“ Jetzt lächelte sie auch und wir entspannten uns. Am Nachmittag saßen wir zusammengekuschelt auf der Couch und redeten über Herr Barohn. „Vor allem dieser Traum…“ sagte ich, „Und Herr Barohns spitze Eckzähne.“ Ich schauderte. Dann erstarrte Melinda. „Was?“ fragte ich misstrauisch. „Warte.“ murmelte sie. „Das erinnert mich an etwas…“ Sie sprang auf und rannte nach oben, ich sputete hinterher. „Melinda! Was zum Teufel ist los?“ Als ich oben ankam war sie schon wieder dabei, mit ihren Sachen zur Tür zu rasen. Dort fing ich sie ab. „Was. Ist. Los?“ fragte ich sie drohend. Sie sah mich nur trotzig an. „Dieses Mal bin ich dran mit Geheimnissen. Wenn ich mehr Infos hab sag ich dir bescheid.“ Sie drückte mir einen Kuss auf den Mund und dann war sie weg. Als ich sah, wie ihr Auto langsam hinter einer Kurve verschwand, fühlte ich mich so einsam wie noch nie zuvor.
Nach dem ich noch fünf Minuten wie erstarrt an dem Türrahmen lehnte musste ich hineingehen, da das Telefon klingelte. „Hallo?“ murmelte ich. „Hallo Schätzchen, wie geht es dir so? Mir geht es gut. Es ist so super hier, unglaublich und die Leute sind alle so nett hier, ich dachte immer Fernsehleute wären geldgierige Eigenbrötler.“ Sie lachte und ich hörte im Hintergrund das Meer rauschen. „Hi Mom. Mir geht’s super, ehrlich.“ „Du hörst dich aber nicht so an und das ehrlich macht mich stutzig.“ Verdammt, ich hatte ganz vergessen dass sie meinen Schuldbewussten Blick nicht sehen konnte. „Ach.“, sagte ich schnell, „es ist nichts besonderes, es gab nur einen kleinen Vorfall in der Schule, ich erzähl dir alles wenn du wieder da bist.“ Auf keinen Fall würde ich meiner Mutter ihre Reportage vermiesen, auf keinen Fall. Würde ich es ihr erzähle, würde sie egal was ich sage, nach Hause kommen und ich war nicht egoistisch genug um das zu zulassen. „Na gut.“ sagte sie zögernd. „Ich muss jetzt auch auflegen, dass hier ist das Einzige Telefon an das wir im Moment haben, Papageien haben nämlich sämtliche Kabel durchgeknabbert, ist das nicht unglaublich? Nun ja jedenfalls möchte meine Stylistin, ach das wollte ich schon immer mal sagen meine Stylistin, nun ja, also sie möchte mit ihrer Tochter sprechen, die in Bangkok wohnt. Debbie kannst du dir das vorstellen? Bangkok! Da wollte ich schon immer mal hin, naja jedenfalls muss ich jetzt auflegen. Ich liebe dich. Tschaui.“ Klick. „Tschüss Mom, ich hab dich lieb.“ sagte ich, auch wenn ich wusste dass sie aufgelegt hatte. Sie hatte so aufgeregt geklungen, wie ein kleines Kind das für mehrere Tage in der Werkstatt des Weihnachtsmannes bleiben durfte. Ich vermisste sie so sehr. Ich brauchte jetzt Frustfutter und steckte mir ein paar Pizzataschen in die Mikrowelle. Als sie fertig waren holte ich mir die Modemagazine meiner Mutter und mir fiel auf, dass sie gar nicht so schrecklich waren. Jedenfalls gab es in keiner Einzigen einen Artikel über eine neue Strickjacken Kollektion. Während ich da so saß meine Pizzataschen mampfte und darüber sinnierte wie unnatürlich hübsch die Models doch waren klingelte das Telefon. „Ja?“ fragte ich, den halben Mund voll mit Pizzatasche. „Debbie! Hier ist Melinda.“ Schnell schluckte ich den Rest herunter. „Hi! Und?“ „Ich möchte es dir nicht am Telefon sagen, komm zu mir!“ Sie redete gehetzt und überschlug sich fast beim Sprechen. Das passierte nur wenn sie total aufgeregt war. „Melinda, wieso kannst du es mir nicht jetzt sagen?“ Sie wurde ungeduldig. „Dafür ist es viel zu wichtig. Ich bin da auf was gestoßen, was ganz großes.“ Plötzlich wurde mir ganz mulmig zumute. „Ok, ich komme.“ „Danke Debbie.“ Sie seufzte, „Ehm…also...komm so schnell es geht ja? Ich liebe dich.“ Das war das erste Mal dass sie es aussprach, obwohl wir uns erst seit heute morgen über unsere Gefühle klar waren. Doch ich empfand das Gleiche wie sie. „Ich dich auch.“ wisperte ich. „Auf wieder sehen.“ Sagte Melinda und legte auf. Schon wieder sagte ich zu spät Tschüss. Heute war ich einfach nicht ganz bei mir.
Er fuhr an ihrem Haus vorbei. Auch ohne offene Fenster hörte er genau was sie vor sich hin murmelte. Sie wusste es. Sie hatte ihre kleine Freundin benachrichtigt. Alles lief genau nach Plan.
Schnell aß ich auf und zog mich um. Dieses Mal achtete ich sehr auf mein Outfit, es war das erste mal dass ich wollte dass Melinda mich…schön fand. Als ich endlich zufrieden war schwang ich mich auf mein Fahrrad und fuhr los. Sobald ich in die Pedale trat überkam mich ein seltsam drängendes Gefühl, das mir sagte, ich solle doch schneller sein. Und ich wurde schneller, raste. In der Kurve vor Melindas Haus raste mir ein schwarzer Luxusschlitten entgegen. Ein hysterisches Gefühl überkam mich als ich ihn sah. Egal, ich musste zu Melinda. Als ich angekommen war sprang ich vom Fahrrad und raste zur Tür. Es war unwichtig das mein Fahrrad dabei hinfiel. Ich klingelte und wartete darauf dass Melinda die Treppe runter raste zur Tür lief sie öffnete und mich in ihr Zimmer zog. Das tat sie immer. Doch heute öffnete mir Frau Kingsley. Ich war verwirrt. Sie lächelte mich mitleidig an. „Hallo Debbie, geh doch hoch. Willst du etwas zu trinken? Einen Tee vielleicht?“ „Nein danke.“ murmelte ich und rannte die Treppe hoch. Hinter mir hörte ich wie Frau Kingsley ins Wohnzimmer ging und wie der Fernseher anfing zu laufen. Dann klopfte ich an Melindas Tür. Stille. Ich klopfte erneut, dieses Mal stärker. Wieder nichts, vielleicht hatte sie ja Kopfhörer drauf. Jetzt trat ich gegen die Tür, immer noch nichts. Also öffnete ich sie einfach. Melindas CD-Player lief leise, doch trotzdem herrschte Stille. Es war die Art von Stille, die da war wenn keiner da war. Genauso war es hier. Das Zimmer war komplett leer, Melinda war verschwunden, weg. Scheiße!
Langsam ging ich durch ihr Zimmer und bemerkte wie unordentlich es war. Sonst hielt Melinda doch immer alles so sauber. Ihr Fenster war weit geöffnet sodass ein Luftzug durchs Zimmer wehte, der mich frösteln ließ. Plötzlich knirschte etwas unter meinen Füßen. Erschrocken sah ich hinunter. Glas…Glas? Ich sah genauer hin und erkannte die zerschmetterte Glasskulptur in Form eines Schwanes, die Melinda sich vor zwei Jahren in einem Vintage-Laden gekauft hatte. Sie hatte dieses Ding geliebt, wieso war sie dann so unachtsam gewesen und hatte es auf den Boden fallen lassen? Ich sah mich genauer in ihrem Zimmer um. Der Fakt dass sie nicht da war ließ mich unnatürlich langsam denken. Überall lagen Sachen auf dem Boden, die dort nicht hingehörten. Melindas Schreibtischstuhl war umgefallen und auf dem Boden lag ein Federballschläger der in dessen Gitter durchgebrochen war. Was war hier passiert? Mein Blick schweifte die Gardinen, sie waren total zerfetzt. Ein plötzlicher Adrenalinschub ließ mich nicht mehr langsam denken, jetzt kam mir alles total klar vor. Jemand hatte sie entführt! Und Melinda hatte sich mit allen Kräften gewehrt! Sie hatte sich sogar an ihren Gardinen festgeklammert. Mir wurde schwarz vor Augen. Aber wieso hatte ihre Mutter nichts bemerkt. Ich konnte mir nicht vorstellen dass Melinda nicht geschrieen hatte. Und es war ja auch nicht gerade leise wenn ein Stuhl auf Laminat fällt. Unwillkürlich wurde mir bewusst dass ihr Computer lief. Da ihr Stuhl auf dem Boden lag nahm ich an dass sie wohl gerade an ihrem Computer gesessen hatte. Also ging ich zu ihrem Schreibtisch und beendete den Standby-Modus des PCs. Mit einem Klingeln wurde der Bildschirm hell und ich bekam drei Einträge aus dem Internet zu sehen die Melinda abgespeichert hatte. Ihre Überschriften sprangen mir ins Auge und ließen mich erstarren. Schon 10 Mädchen blutleer Aufgefunden- war Vampir am Werke?, Überfällt ein Vampir Harlow City? Und der letzte: Wie ich dem Tod ins Auge blickte. Der erste war von 1980 der zweite war erst ein Jahr alt und der dritte war ein Zeugenbericht aus dem Jahre 1899. Ich las sie mir nacheinander durch:
Mädchen blutleer Aufgefunden- war Vampir am Werke?
Seit geraumer Zeit erschüttert eine Reihe schrecklicher Morde unsere schöne kleine Stadt. Alles begann vor zwei Wochen als die Abiturientin Hannah August spurlos verschwand. Zwei Tage später fand man ihre Leiche in einem umgefallenen, hohlen Baumstamm komplett blutleer im angrenzenden Waldstück ihres Hauses. Ihre Leiche lag dort wie in einem Grab, die Hände auf der Brust gefaltet und in einem Brautkleid, welches niemand aus ihrem Umfeld kannte. Außerdem fand man zwei Löcher genau an ihrer Halsschlagader. Und dann nur eine Woche später verschwand wieder eine Schülerin dieses Mal ein Mädchen aus der achten Klasse, Maria Rügen. Auch sie fand man zwei Tage später auf dem Friedhof. Der Täter hatte sie so drapiert dass ihre Leiche einen Steinengel umarmte. Auch sie war blutleer und auch bei ihr fand man die mysteriösen Abdrücke. So verschwanden auch Julia Meinhard, Jana Hoffmann, Barbara Rabe, Margaret Fröhlich, Lisa Meloy, Gudrun Baren, Anja Blume und Katja Wiesens und so fand man auch sie in skurrilen Positionen. So hing Margaret Fröhlich in der St. Martin Kirche an dem Kreuz, an dem sonst eine Statue von Jesus hing. Die einzige Voraussetzung der Opfer für den Täter war wohl, dass sie weiblich waren. Die alten Leute unserer Stadt glauben standhaft an einen Vampir und auch die Polizei kann sich keinen Reim aus den Löchern im Hals der Schülerinnen machen. Auch verbindet nichts Auffälliges diese Schülerinnen miteinander. Doch wenn man sich die Schulakten der Mädchen ansieht stellt man fest das sie alle den gleichen Lehrer hatten: Julius Baron, der vor einem Jahr Lehrer an unserer Gesamtschule wurde. Jedoch verschwand er wenige Tage nach dem Fund des letzten Opfers spurlos. Kurz davor hatte er an der Schule gekündigt mit der Begründung, dass die Morde ihn psychisch stark belasten würden. Die Polizei fahndet seit Montag nach ihm. „Er war wunderschön, gut gebaut und hatte keinen Makel, nicht mal ein Muttermal. Er war unnatürlich blass und seine Stimme klang wie ein Instrument. Er bewegte sich immer perfekt, man hat noch nie gesehen dass ihm ein Missgeschick passiert ist, nie ist ihm etwas heruntergefallen oder ähnliches. Er war sehr sportlich. Alle Mädchen waren verliebt in ihn.“ sagt der Schüler Marco B. Ungefähr so klingen alle Berichte von Leuten die in Kontakt mit Julius Baron standen. Ob er wirklich der Täter war und wenn ja, ein Vampir war wie die alten Leute behaupten können wir noch nicht sagen, aber mit Gewissheit war diese Mordserie nicht natürlich.
Überfällt ein Vampir Harlow City?
Die Liste der Namen ist lang: Rachel Parker, Lisa Hunte, Arina Nitschke, Jennifer Grobe, Verena Scholten, Claire Johnson, Miranda Schulz und noch viele andere Mädchen wurden Opfer einer schrecklichen Mordserie in Harlow City. Eltern lassen ihre Töchter nicht mehr auf die Straße, zur Schule gehen die Schülerinnen nur noch in Gruppen oder lassen sich von ihren Eltern dort hin fahren. Die blanke Panik herrscht über der Stadt, alle sind verunsichert. Denn seit einem Monat verschwinden regelmäßig junge Mädchen, vor allem im Alter zwischen 13 und 19 Jahren. Die Leichen derer die gefunden werden sind oft in bizarre Haltungen gebracht worden, wie zum Beispiel im Fall von Claire Johnson. Ihre Leiche stand im örtlichen Wachsfiguren Museum. Der Mörder hatte sie zwischen drei alte Wachsdamen gesetzt und es sah so aus als ob sie mit ihnen Kaffee trinken würde. Wie jedes andere Mädchen auch, war sie völlig blutleer und hatte zwei mysteriöse Einstiche an ihrer Hauptschlagader. Doch es werden auch noch viele der Mädchen vermisst, die Chancen dass sie noch leben liegen bei null Prozent, ließ die Polizei verkünden. Diese verteilte gestern auch an jedes Mädchen eine kleine Dose Pfeffer Spray. „Wir wissen nicht ob sie gegen so einen Mörder helfen, aber es ist besser dass die Mädchen sich wehren können.“ So wird unter diesem Motto in der Sporthalle des Gymnasiums von Harlow City ein Selbstverteidigungskurs für junge Mädchen angeboten. Dieser ist jeden Dienstag von 16-17 Uhr. Ob die Polizei schon einen Verdächtigen hat? Ja, hat sie. Denn wie man herausfand hatten alle Mädchen bei dem gleichen Lehrer, Thomas Bahron. Kurz nachdem er ankam fingen die Morde an und nun, seitdem auch er spurlos verschwand, stellten sich die Übergriffe ein. Es kursiert auch schon das Gerücht er sei ein Vampir. „So sah er jedenfalls aus.“ erzählt eine Schülerin deren Klassenlehrer er war. „Er war super hübsch und total muskulös. Er hatte eine hammer Stimmer, wir hatten ja Musik bei ihm. Sportlich war er natürlich auch. Seine Haut war makellos aber er hatte kein Make-up drauf, das hat man gesehen. Aber er war auch voll blass obwohl es Sommer ist.“ So hören sich auch andere Berichte rund um Thomas Bahron an. „Ob die Mordserie mit seinem verschwinden zusammen hängt wissen wir nicht. Aber dass, wie manche sagen, er ein Vampir sei schließen wir vollkommen aus. Vampire existieren genauso wenig wie Einhörner oder Kobolde. Wir denken eher dass der Mörder so etwas wie ein Psycho-Spiel treibt, indem er uns genau dass vorgaukelt.“ sagte uns ein Polizist. Trotz solcher beruhigenden Worte kaufen sich immer mehr Leute Talismane gegen Vampire auf dem Markt und der Kauf von Knoblauch ist in Harlow City rasch angestiegen. Die gesamte Stadt ist im Vampir-Fieber und man weiß nicht wann dieses wieder abklingt.
Wie ich dem Tod ins Auge blickte
Ich war auf der Durchreise und sollte schon bald meine geliebte Familie wieder sehen. Ich bin ein kleiner Händler und fahre jedes Jahr am Ende des Frühlings durch die Städte und Dörfer um meine Waren zu verkaufen. Dieses Mal hatte ich alles verkauft, was ich mitgenommen hatte und war deswegen frohen Mutes. Doch diese Freude sollte bald untergehen wie die Sonne. Ich war in einer kleinen Stadt, in dessen Kneipe ich immer zu trinken pflegte. Sonst reiste ich immer durch die nächste große Stadt um da den Rest meiner Waren zu verkaufen, doch da ich dieses mal nichts mehr hatte, wollte ich den kürzeren Weg durch ein kleines Dorf nehmen. Der Wirt, ein ehrlicher und freundlicher Zeitgenosse, erzählte mir die Leute dort seien eigenbrötlerisch und wollten nur für sich seien, Fremde seien dort nicht Willkommen. Ich lachte und sagte dem guten Manne dass man einem Fremden ein Bett für eine Nacht und das aufstocken seines Proviants doch gewähren würde. Also machte ich mich am nächsten Tage auf um zu diesem Dorf zu gelangen. Am Nachmittag erblickten meine Augen das kleine Dorf und ich freute mich schon auf eine warme Mahlzeit und eine erholsame Nacht. Doch als ich immer näher an das Dörflein heran kam, fiel mir auf dass ich keinen einzigen Menschen sah, auf keinem der Felder rings herum ein Bauer arbeitete. Kurz vor dem Dorfe, jenes wie ausgestorben vor mir lag, fiel mir des Weiteren auf, dass man keinen einzigen Mucks hörte. Nicht einmal Hundegebell hörte ich. So lief ich unter Hallorufen ins Dorf hinein, doch eine Antwort bekam ich nicht. Plötzlich bemerkte ich eine Gestalt die vor einem Haus lag. Ich trat näher an sie heran und erkannte einen jungen Recken, der fest ein Schwert umklammerte. Von seinem Körper ging eine ungewöhnliche Kälte aus. Er war tot. An seinem Hals klafften zwei Löcher und auch der Rest seines Körpers war grausam entstellt. Ich erkannte sofort dass dieser junge Mann von einem Vampir angegriffen wurde. Mein ganzer Körper wollte mich dazu bringen mich von diesem unseligen Ort weg zu gehen. Doch ich wollte unbedingt wissen ob es überlebende gab. Ich durchkämmte voller Angst das Dorf, doch fand nur die geschändeten Leichen der Dorfbewohner. Schnell lief ich zur Kirche in der Überzeugung dass ein Geschöpf des Teufels nicht in ein Gotteshaus eindringen konnte. Doch in der Kirche fand ich die Leiche des Priesters, der in einer Hand die Bibel und in der anderen ein goldenes Kruzifix hielt. Um seinen Hals hing eine Knoblauchkette. Der Vampir hatte den Pfarrer auf dem Weg zum Altar überfallen. Voller grauen lief ich aus der Kirche heraus, da ich wusste dass ich nicht mehr sicher war. Doch noch auf der Hauptstraße entdeckte ich den Vampir. Das Blut in den Adern gefror und ich konnte mich nicht mehr bewegen. Er kam immer näher an mich heran bis sich unsere Gesichter fast berührten. Der finstere Geselle verzog seinen Mund zu einem bestialischen Grinsen sodass man seine spitzen Zähne sah. Blinde Panik ergriff mich. „Eigentlich sollte ich dich töten.“ sagte der Dämon mit samtweicher Stimme. „Doch dann hätte ich keinen Spaß. Ich vertraue darauf dass du jedem von dieser Begebenheit erzählen wirst und meine Taten nicht vergessen werden. Wenn nicht, werde ich es herausfinden und dich töten, dann habe ich für ein paar Jahre keine Langeweile mehr. Und damit du es auch nicht vergisst…“ Plötzlich kam er angesprungen und ritzte mit seinen scharfen Klauen das Zeichen des Teufels in meine Brust. Dann drehte er sich um und ging pfeifend davon. Als über ihm eine Krähe entlang flog sprang er nach oben und trank sie in wenigen Zügen aus. Die schmerzerfüllten Schreie des Vogels verfolgen mich noch heute. Und als der Finsterling plötzlich mit übernatürlicher Geschwindigkeit in Richtung Berge rannte, wurde mir bewusst dass ich gerade dem Tod ins Augegeblickt hatte. Dann konnte ich mich auf einmal wieder Bewegen und rannte wie vom Teufel getrieben zurück zur Stadt, machte keine Pause und kam so schon nach einer Stunde dort an. Danach schlief ich in fiebrigen Träumen die nächsten Tage durch, mit einem schrecklichen Schmerz in der Brust. Und selbst heute, nach siebzehn Jahren, plagen mich schreckliche Alpträume und immer wenn ich an jenes Ereignis denke spüre ich ein deutliches Stechen an der Stelle, an der mir der Dämon die Haut aufschlitzte.
Entsetzt starrte ich auf den Bildschirm und konnte nicht fassen was ich da sah. Unter den zwei Artikeln waren Fahndungsbilder und unter dem Zeugenbericht eine Zeichnung. Alle drei Bilder bildeten ganz genau Herr Barohns Gesicht ab. Unter den Berichten hatte Melinda noch einen Kommentar geschrieben, so wie sie es immer tat. Wir haben ihn. Das ist was Riesiges. Irgendwie müssen wir ihn bekommen. Ich habe schon eine Theo…Dann brach der Kommentar ab. Ich erschauerte. Es war Herr Barohn. Und den Berichten zufolge war er über hundertelf Jahre alt! Dann stöhnte ich entsetzt aber auch genervt auf. Ein Vampir? Das war doch völlig bescheuert, wieso sollte ein Vampir sich an hübschen Schülerinnen vergreifen? Das war doch wie in diesen Filmen! Doch dann wurde schwindelig denn plötzlich kam die Erkenntnis, was dass für Melinda bedeutete. Sie war in seiner Gewalt. Und er saugte Schülerinnen aus. Also musste Melinda tot sein. Wie in Trance fuhr ich den Computer herunter um nicht mehr das Gesicht des Mörders meiner Freundin sehen zu müssen. Nein, das durfte alles nicht wahr sein. Gerade erst hatten wir herausgefunden was wir für einander empfanden und jetzt sollte unser Glück einfach beendet werden bevor es wirklich angefangen hatte? Das konnte, durfte nicht sein. Nein, nein ,nein. „Nein! Nein! Nein!“ schrie ich und warf mich auf den Boden. Es war egal dass ich dabei in die Glasscherben fiel, ich konnte eh nichts fühlen. Mein Körper erbebte unter meinen Schluchzern und mein Gesicht war nass von meinen Tränen. Mein Shirt saugte sich mit meinem Blut voll. Hinter mir hörte ich Frau Kingsley entsetzt aufschreien. Sie hatte viel eher gemerkt dass ihrer Tochter etwas passiert war. Doch sie war mir egal völlig egal. Nach geraumer Zeit fühlte ich wie ich von jemandem hochgehoben wurde. Schon wieder war die Polizei da. Doch dieses Mal konnte ich ihre Fragen nicht beantworten. „Hat sie jemanden der auf sie aufpasst?“ hörte ich die Stimme eines Polizisten fragen. „Nein, ihre Mutter dreht gerade eine Reportage im Ausland.“ sagte Frau Kingsley mit erstickter Stimme. „Sie kann in der Ausnüchterungszelle auf der Polizeistation bleiben. Dort wird sie verarztet und man kann auf sie aufpassen. Blut lief meinen Körper herunter als man mich aus dem Haus trug. Auf dem Weg zum Polizeiauto sah ich hinter einer Absperrung die ernsten Gesichter der Nachbarn, die natürlich sofort angelaufen waren, als sie das Polizeiauto sahen. Auch ein paar meiner Mitschüler waren unter ihnen, die mich entsetzt angafften. In einer anderen Situation wäre mir das total peinlich gewesen, doch nun war mir alles egal. Sollten sie sich doch die Mäuler darüber zerreißen und in der Schule herumerzählen wie Debbie Meyer voller Blut von einem Polizisten zum Auto getragen wurde. Und über das Verschwinden von Melinda. Melinda. „Melinda! schrie ich unter meinen Schluchzern. „Melinda!“ Die Polizisten versuchten mich zu beruhigen doch es klappte nicht, natürlich nicht. Wie sollten man auch jemanden beruhigen der gerade seine Freundin verloren hatte? In dem Polizeiauto war es stickig und es roch nach Fast Food. Langsam begann ich weg zu dämmern. „Sie verliert sehr viel Blut.“ sagte der Polizist neben mir besorgt. „Dann fahren wir halt ins Krankenhaus.“ meinte der vordere Polizist und riss das Steuer herum. Ich wurde herumgeschleudert als er wendete. Der Typ neben mir fluchte. Wäre ich nicht so geschockt gewesen hätte ich auch geflucht. Ich fror und wurde müde. „Fahr schneller!“ hörte ich den Polizisten panisch rufen. Das letzte was ich wahr nahm wahren die Sirenen, die angeschaltet wurden und das Blitzen des Baulichts. Dann glitt ich in eine endlose Dunkelheit. „Melinda ich komme.“
Texte: Photo: made by me
Tag der Veröffentlichung: 28.09.2010
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Widmung:
An die Leute aus der Svz Gruppe "Leseratte frisst Bücherwurm", weil sie mein Buch ernsthaft bewertet haben ;)