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1. Kapitel - Prolog






Die Schokolinchen


ein Märchen im tropischen Gebiet der Karibik




von Kokoleka




Es waren einmal drei Mädchen, Schwestern, die am selben Tag geboren waren. Sie lebten in einem Bungalow weit weg von Nadelwäldern und Süßwasserseen, von Villen und Schlössern, von Weizen- und Rapsfeldern. Wenn sie morgens aus ihrer Hütte traten, wurden sie von der salzigen Meeresluft, den Lauten der tropischen Tiere und den Strahlen der karibischen Sonne empfangen. Sie betraten dabei direkt einen weiten, weißen Strand, wobei der Bungalow noch im Schutz des Regenwaldes stand. Links von ihnen tauchte in der Früh die Sonne aus dem Meer. Am Abend sank sie dann wieder in das
weite, tiefblaue Wasser, das die ganze Insel einschloss. Doch sie lebten nicht alleine auf der Insel. Auch ihre Mutter wohnte hier, von ihrem Vater jedoch wussten sie nichts. Ihre Mutter meinte, er sei tot. Nachdem aber einer Tradtition zufolge die Toten nur Ruhe finden konnten, wenn die Lebenden nicht über sie sprachen, wurde den drei Mädchen nie etwas erzählt. Natürlich versuchten sie ihre Mutter zu überreden, es aufzuzeichnen, in Pantomimen- Sprache darzustellen, doch jedes Mal stiegen ihr Tränen in die Augen und die Drillinge wagten nicht über ihn zu sprechen.
So wuchsen sie auf, glichen sich mit dem Aussehen sehr, allerdings unterschieden sie ihre Haarfarbe, ihre Hobbys und natürlich die Namen.
Anela war die Älteste, auch wenn es sich dabei nur um wenige Minuten handelte. Sie konnte sich lange Zeit mit kniffligen Dingen auseinandersetzten, war geduldig und malte gerne. Oft saß sie eine gesamte Stunde am Strand, nur um ja keine nuance der Abenddämmerung, des Sonnenuntergangs und des Sternenhimmels zu verpassen. Während sie malte, war sie komplett in ihrer eigenen Welt. Rundherum nahm sie kaum etwas wahr; sie konzentrierte sich nur auf das MOtiv vor ihr und das Bild, das sie malte, auf das Mischen der Farben und das exakte Einfangen der Stimmung. Besonders gefiel es ihr, Landschaften und Tiere zu malen. Die Haare fieln ihr meist offen über die Schultern und hatten fast denselben Braunton wie ihre Augen. Dazu trug sie gern eines ihrer orange- oder rotfarbenen Kleider.
Hokulani war die mittlere der drei Schwestern und hatte schwarze Haare, die sie die meiste Zeit zu Zöpfen geflochten hatte. Sie verbrachte ihre Zeit mit Ukulele- oder Flötespielen und liebte es, andere Sprachen zu lernen. Weiters richtete sie sich gern schön her, sei es andere Frisuren oder Kleidung, von der sie am meisten der drei hatte. In starkem Kontrast zu ihren Haaren standen ihre grünen Augen. In der gleichen Farbe war auch der Großteil ihrer Kleidung.
Die jüngste war Palila, ein sehr aufgewecktes und quirliges Mädchen. Sie erkundete gern die Insel und die vielen unterirdischen Höhlen und blieb dabei ganze Nachmittage weg und kannte die Insel wie keine andere. Auf diesen Erkundungstouren beobachtet sie besonders die verschiedenen Tiere, da sie sehr naturverbunden war. Ihre nahezu immerwehrende Fröhlichkeit war sehr ansteckend und spíegelte sich in ihren zarten, hellblauen Augen wider, die mit ihrem kupferfarbenen, in leichten wellen fallendem Haar harmonierten. Ihre Kleidung war hauptsächlich in Blautönen gehalten.
Doch trotz ihrer Verschiedenheit glichen sich ihre Gesichtszüge sehr, ebenso wie die Körpergröße, und sie verstanden sich so gut wie Schwestern es selten tun.


2. Kapitel


An einem wundervollen Morgen, als die feuerrote Sonne sich über den Ozean hob und den Himmel mit zarten, warmen Gelb-, Orange- und Rottönen schmückte, saß Anela im weißen Sand und beobachtete diesen Sonnenuntergang. Eine leichte Brise, die noch die Kühle der Nacht und den salzigen Duft des Meeres mit sich brachte, strich durch ihr Haar. Möwen verkündeten ihr Dasein und kreisten mal hoch in den Lüften, mal knapp neben ihrem Kopf. Gleich hinter ihr begann das Dickicht eines kleinen Regenwaldes. Und die ganze Zeit begleitete das gleichmäßige Rauschen der Wellen ihre Gedanken. Beruhigend bewirkten sie, dass sie sich vollkommen entspannte. Doch mit dem Erwachen des Tages, kamen auch die Geräusche von anderen Lebewesen hinzu und so drehten sich ihre Gedanken wieder einmal um ihr Leben auf der Insel. Seit etwa 3 Monaten waren die drei 15 Jahre alt- und waren nur bis auf die 10 Meter entfernte 5 Quadratmeter große Nachbarsinsel gekommen. Wie es wohl weiter draußen sein mochte? Doch sie hatten hier auf der Insel ja, was sie brauchten. Sie sollte sich glücklich schätzen, so eine Insel ganz allein zu haben! Doch so sehr sich Anela vornahm, das Inseldasein zu schätzen, wuchs ihre Sehnsucht nach Neuem von Tag zu Tag.

Gedankenverloren und mit einem sehnsuchtsvollen Blick starrte sie auf den Horizont, weit weg von hier. So unerreichbar, mit einer Grenze, die sich mit dem Farbton des Himmels mischte. Nun glaubte sie etwas dort draußen, ganz am äußersten Rand ihrers Gesichtsfeldes zu entdecken. Womöglich war das die Andeutung einer Insel, eines Schiffes? Oder sollte sich das, was sie für eine Möglichkeit, von der Insel zu anderem Leben zu fliehen, als pure Einbildung und verzweifeltes Wunschdenken herausstellen? Von ihrer nun ungeduldigen Neugier getrieben, kam sie auf die Beine, strich ihr rotes Kleid glatt und trat mit einem forschenden und wünschenden Blick näher zum Meer. Ihre bloßen Füße gruben sich in den grobkörnigen Sand, der angenehm kühl war. Sie tat einen weiteren Schritt, wobei sie den Fleck nicht aus den Augen ließ. Das Wasser überspülte bereits ihre Zehen, doch für das Schiff oder die Insel hatte sie trotzdem keine Sicherheit. Seufzend konnte sie sich dennoch nicht abwenden. Ach, wenn das doch... und Anela fuhr herum- und schaute mit erschrockener Miene und schneller schlagendem Herzen in das lachende Gesicht ihrer jüngsten Schwester. Zuerst fielen die leuchtenden kupferfarbenen Haare auf, die in der aufgehenden Sonne strahlend leuchteten. Ihre grünen Augen funkelten aus Schadenfreude und um ihren Mund hatten sich tiefe Grübchen gebildet. Es war nicht selten, dass Anela in ihrer Welt gefangen war und rundherum nichts wahrnahm. Ihre Schwester hatte eine besondere Gabe, sie gerade in diesen Momenten anzusprechen. Sie packte sie dann immer mit beiden Händen an den Hüften und zwickte sie kurz, denn da reagierte sie am empfindlichsten. "Warum musst du mich immer erschrecken, Palila!", rief Anela. Doch Palila war schon wieder 5 Meter weiter am Strand entfernt und kam halb Räder schlagend und halb vor Lachen am Boden kugelnd zurück zu ihr. Die ungetrübte Fröhlichkeit und Ausgelassenheit ihrer Schwester war zu ansteckend, als dass Anela auch nur eine weitere Sekunde verärgert zu sein vermochte. Grinsend stand sie wieder neben ihr. "Kein Problem, mach ich doch gern!", erwiderte diese verschmitzt und tänzelte über den Sand hinweg, summend, schlug ein Rad, Handstand und schon hatte sie den Regenwald erreicht. Dort wandte sie sich um und bemerkte, dass Anela mit zur Hütte kommen sollte. Ohne auf eine Reaktion zu warten oder auf die Bestätigung, dass sie gehört wurde, sprang Palila leichtfüßig.
Noch einige Sekunden blickte Anela auf die Stelle, wo sich Palila zuvor umgedreht hatte. Mit einem Lächeln löste sie sich aus ihrer Starre, konnte einen Blick auf den Horizont nicht zurückhalten und begann schließlich ihren Weg zu den anderen, weit langsamer als es Palila gewesen war, bemerkte sie in Gedanken. Und der Fleck am Horizont war nun auch nicht mehr wichtig, sobald sie an ihre SChwester dachte, die alle Glücklichkeit ausstrahlte. Lieber wollte sie das innige Verhältnis behalten, als gegen eine Reise ins Unbekannte zu tauschen und es dadurch zu verlieren.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine beiden langjährigen Freundinnen, die mich zu diesem Buch überredet haben.

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