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Draußen war alles still. Es regte sich nichts, außer einer Gestalt welche durch das Schneetreiben lief. Ja, er rannte förmlich, um sich vor dem Unwetter in Sicherheit zu bringen. Über seiner Schulter hatte er eine Sporttasche. Er kam jedoch nicht vom Sport, nein es war schlimmer. Er, Jeff, wurde am heutigen Tag aus dem Gefängnis entlassen. Wegen guter Führung sogar etwas früher als erwartet.
Jeff selbst war ein 1.80m großer Mann mit grünen Augen und schwarzem, etwas zotteligen Haar. Sein Gesicht zierte einen unsauberen Bart um denn er sich nicht hatte gekümmert als er das Gefängnis verließ. Er sah vom körperlichen auch nicht aus wie Popeye, aber auch nicht wie ein Spargeltarzan.
Er sah nun mal aus wie er aussah, auch wenn die Zeichen der Gefangenschaft ihre Spuren hinterlassen hatten.
Kurz blinzelte er unter seiner Mütze hervor, musste sich orientieren, da es lange her war, seit er in dieser Gegend gewesen war.
°Meow°. Dieses Geräusch ließ den gerade weiter laufen wollenden Jeff inne halten. Es erklang erneut und hörte sich sehr jämmerlich und leidend an. Hastig sah sich Jeff suchend um und erblickte an einer Hauswand gelehnt einen Karton stehen. Langsam, um nicht auf dem glatten Weg auszurutschen trat Jeff näher heran und sah erstaunt zwei eng aneinander gekuschelte Kätzchen. „Wie grausam und das bei diesem Wetter“, murmelte Jeff kopfschüttelnd und hockte sich vor den Karton, streckte die Hand nach den beiden zitternden Kätzchen aus, streichelte kurz über das kühle Fell und hatte auch deren Aufmerksamkeit.
Zittrig schleckte eines der Kätzchen über seine Finger, sah Jeff mitleiderregend an und maunzte erneut kläglich. „Schau mich doch nicht so an. Ich kann euch doch nicht mitnehmen. Ich habe doch gar nicht genügend Mittel um euch zu versorgen“, murmelte Jeff, doch schon ertönte ein weiteres Maunzen. Jeff fiel es ziemlich schwer die beiden Kleinen so zu sehen, hob den Blick an und schaute sich suchend um. Es war schon ziemlich dunkel und die Läden würden sicher auch gleich schließen.
Mit klammen Fingern zog Jeff sein Portemonnaie aus der Tasche und schaute auf den einzigen Zehn Euroschein den er noch drin hatte. Leicht gequält verzog er das Gesicht und sah wieder zu den Kätzchen runter. „Wartet hier ihr Beiden. Ich bin gleich wieder da“, nuschelte Jeff, erhob sich und rannte über die Straße zu einem Markt welcher auch gerade schließen wollte.
Er hatte Glück, die Verkäuferin ließ ihn noch rein, sodass er hastig etwas Katzenfutter und ein wenig Essen für sich selbst besorgen konnte. Mit der Plastiktüte in der Hand kam er wieder raus, verstaute den Einkauf in seiner Sporttasche und rannte zu den Kätzchen im Karton zurück. Ohne weitere Diskussionen hob er die beiden heraus, hatte vorher die Jacke etwas geöffnet und steckte sie darunter. Mit einer Hand hielt er die beiden an ihrem Platz, während er mit der anderen die Jacke etwas schloss, seine Tasche griff und weiter rannte.

Es dauerte noch gut zwanzig Minuten bis er Daheim war. Den ganzen Weg über hatte er die Kätzchen unter seiner Jacke deutlich gespürt, schloss leise die Tür zu einem Häuschen auf. Er hatte Glück, dass ein alter Freund ihm angeboten hatte vorübergehend bei ihm zu wohnen. Jeff hätte sonst wirklich nicht gewusst wohin, da seine alte Wohnung gekündigt worden war.
Die Kündigung hatte sein alter Freund Thomas ebenfalls übernommen gehabt. Die Begründung war, dass er ja schlecht vom Gefängnis aus die ganzen Rechnungen wie Stromrechnung, Miete und der gleichen zahlen konnte. Es wäre unsinnig gewesen. Thomas stand schon immer zu ihm, auch als er damals als Bankräuber eine kleine Bank überfallen hatte.
Jeff bereute es sehr, doch er konnte es nicht ändern. Da er auch jemanden angeschossen hatte war er nicht mit irgendeinem milden Gerichtsurteil davon gekommen, nein er musste direkt in den Knast, doch nun war er wieder raus und hatte sogar zwei kleine Anhängsel mitgebracht.
Eben diese ließ er in dem Zimmer, welches Thomas ihm zur Verfügung gestellt hatte, runter auf den Boden, schloss hastig die Tür. Es war ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch mit Stuhl und ein Bücherregal vorhanden. Thomas war noch nicht Zuhause. Er hatte schon angekündigt, dass er lange arbeiten musste, ihn somit nicht abholen und begrüßen konnte. Doch das machte nichts.
Thomas hatte ihm trotzdem ein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht, indem er ihm vorübergehend ein Zuhause geschenkt hatte. Jeff hatte den Entlassungstermin nämlich direkt auf dem ersten Weihnachtstag bekommen.
Leicht schüttelte Jeff den Kopf, verschwand kurz aus dem Zimmer und suchte etwas woraus er ein Körbchen für die Katzenbabys machen konnte. Mit einem Karton und zwei Handtüchern kehrte er zurück, drapierte alles, nur um die Kätzchen dann darein zu legen. Diese bibberten immer noch ziemlich, sodass Jeff die Heizung etwas aufdrehte, sich selbst dann endlich seiner nassen Sachen entledigte.
Sein Magen meldete sich in diesem Moment ebenfalls, sodass er in die Küche entschwand um etwas zu Essen zu kochen und gleich auch das Katzenfutter fertig zu machen. Er hoffte nur, dass die Kleinen es auch fraßen. Er hatte ehrlich gesagt keine Ahnung von Katzen und erst recht nicht von Katzenbabys.
Während dem Kochen bekam er gar nicht mit wie die Tür aufging und ein etwas jüngerer Mann im Rahmen stehen blieb, ihn beobachtete. Erst beim Umdrehen bekam er es mit und erschrak sich direkt zu Tode. „Thomas. Warum machst du dich nicht bemerkbar?“, keuchte Jeff, trat zu seinem jüngeren Freund ran und zog diesen in eine Umarmung welche erwidert wurde. „Ich war gebannt von deinem Anblick in meiner Küche“, grinste Thomas schalkhaft, löste sich und trat zum Herd rüber, wohl um zu sehen was es gab.
Dann aber wanderte sein Blick zu den Schälchen mit dem Katzenfutter. „Das willst du aber nicht essen, oder?“, fragte Thomas, drehte sich um und sah den Älteren fragend an. „Nein. Das ist nicht für mich“, gab Jeff verlegen zu, schluckte einmal und überlegte wie er es Thomas verkaufen sollte. „Du hast mir hier aber keine Tiere angeschleppt oder?“, fragte Thomas und zog galant eine Augenbraue hoch.
Erneut schluckte Jeff und kratzte sich völlig verlegen am stoppeligen Kinnbart. Thomas beobachtete ihn noch eine Weile schweigend bis er den Kopf schüttelte und fragte „Du weißt doch sicher noch das ich ungern Tiere in meinem Haus habe? Was ist es? Ein Hund? Ein Vogel? Eine Katze?“.
„Zwei Katzenbabys“, gab Jeff kleinlaut von sich und natürlich wusste er das, aber denn Augen der Kleinen hatte er einfach nicht widerstehen können. „Katzenbabys. Wo hast du die den aufgetrieben?“, fragte Thomas und drehte sich zum Schrank um, holte eine Schale raus, nur um Jeff fragend an zu sehen.
„Sie lagen am Neumarkt in einem Karton. Sie waren schon halberfroren, ich konnte sie schlecht da liegen lassen“, erklärte Jeff die Umstände und wunderte sich mal wieder, dass Thomas, der zwei Jahre jünger als er war, viel erwachsener wirkte. Fast als sei dieser der Ältere von ihnen beiden.
„Du hast ein viel zu großes Tierherz, Jeff. Die Katzenbabys sollten zu dem Futter, Wasser bekommen bis wir wissen wie alt sie wirklich sind. Am besten gehst du nach Weihnachten zum Tierarzt und lässt sie durchchecken“, lachte Thomas, füllte das Wasser in die heraus geholte Schale und reichte diese an den anderen weiter. „Danke Thomas“, grinste dieser verlegen und wollte schon abhauen, doch hielt er noch mal inne. „Ich kann mir doch gar keinen Tierarzt leisten“, seufzte er und sah über die Schulter zu Thomas.
„Dann sieh es als Weihnachtsgeschenk von mir und jetzt geh. Lass die Beiden nicht verhungern“, damit scheuchte Thomas ihn aus der Küche. „Danke“, strahlte Jeff noch und lief in sein Zimmer, stellte die Schale zu den Kätzchen, animierte diese zum Trinken.
Er hatte wirklich einen echt guten Freund, dass wusste Jeff zwar schon immer, aber hier kristallisierte es sich mal wieder heraus. Er und Thomas hatten schon in der Schulzeit viel zusammen gehangen, hatten alles miteinander geteilt. Geheimnisse, Spiele, Spaß, Feiertage und mehr. Selbst jetzt noch schien sich kaum etwas verändert zu haben. Thomas war wirklich ein ordentlicher, schlauer, gutmütiger und geradliniger Mensch, während er meist nur Scheiße baute, in der Schule zweimal sitzen geblieben war und von einem Unglück ins Nächste lief. Sie waren wirklich schon immer ein buntes Chaotenpaar gewesen.
Zufrieden lächelnd sah Jeff, auf dem Boden sitzend den Kätzchen beim Trinken zu, ihnen schien auch nicht mehr kalt zu sein. Dann aber wanderte sein Blick aus dem Fenster wo er dichte Schneeflocken sah. „Fröhliches Weihnachten“, murmelte Jeff mit einem verträumten Lächeln. „Ja genau. Frohe Weihnachten, auch dir Jeff“, erklang Thomas Stimme hinter ihm und auch ohne sich umzudrehen wusste Jeff, dass Thomas ihn anlächelte, sich freute, dass er endlich wieder da war. Er hatte Thomas wirklich vermisst.

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Tag der Veröffentlichung: 01.12.2011

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