Dieses Buch ist noch in Bearbeitung.
Ich entschuldige mich schon im voraus, für Schreib-/ Zeichen-/ und Grammatikfehler.
Falls Fehler vorliegen (wovon ich ausgehe :D ), dann benachrichtigt mich doch bitte :)
Vielen Dank.
Viel Spass beim Lesen!!!
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Grüne Augen
Ich sank so tief.
Dunkelblaue Masse unendlich weit.
Silberfarbende Wesen wirbelten um mich herum.
Alles floss durch meine Hände.
Glitt mir aus den Fingern.
Ich sinke.
Ich höre das Rauschen.
Ich fühle den Druck auf mir.
Wehre mich nicht.
Schillernde Perlen kamen aus meinem Mund.
Ich sah ihnen nach,
wie sie zur Oberfläche trieben und sich auflösten.
Ich schwamm in gebrochenem Licht,
es brachte meine Haut zum schimmern.
Als schimmerndes Wesen glitt ich durch die stille Dunkelheit.
Die Zeit scheint hier still zu stehen.
Ich sinke immer tiefer.
Dort wohin ich kam, reichte da Licht nicht mehr hin.
Aus meinem schimmernden Wesen wurde ein Geschöpf der Dunkelheit.
Am Ende lösten sich meine Gedanken auf
und ich mich mit ihnen.
Mein erster Tag wieder zu Hause. Ich wachte morgens auf und schaute in den kleinen Standspiegel neben mir auf der Komode. Er war schön. Verziehrt durch mehrere blaue Windungen. Meine Stirn runzelte sich leicht.
Tiefes blau...
Doch zurück schauten mich, dunkelblaue, große Augen an, die durch die Augenringe nur noch dunkler wirkten, als sie es schon waren und rissen mich aus meinen Gedanken.
Das Aufstehen war ein Akt des Grauens, mein ganzes Inneres knackte.
Ich werde zerbrechen wie ein Keks, dachte ich. Während ich mich aus meiner Bettdecke schälte und Hunger bekam, fiel mein Blick auf das dunkelblonde Monster mir gegenüber. Es richtete sich auf , saß ungefähr zwei Meter mir gegenüber und schnitt eine Grimasse. Seine leeren, dunkelblauen Augen starrten mich an. Da beugte sich das Monster zur Komode vor, nahm die darauf liegende Bürste und fing an sich durch die verfilzte Zottelmähne zu kämmen. Ich stöhnte auf. Locken waren einem manchmal eine echte Zumutung, besonders wenn man sich fast eine Glatze kämmte, musste ich wiedereinmal frustriert feststellen. Als ich fertig war, stand ich auf und sie vielen mir in weichen Wellen bis zum Gesäß. Das Monster im Spiegel sah sich zufrieden an, selbst jetzt wirkte es wie eines. Ich zog mir Jogginghose und ein schwarzes Top an, schlurfte in die Küche und machte mir mein Frühstück, das aus Müsli und Joghurt bestand.
Nachdem ich fertig war, schaute ich mich in der Wohnung um.
Es war als würde hier niemand leben... . Kein Krimskrams, keine Bilder, nichts was auf eine Persönlichkeit hindeutete.
Bis auf einen Raum.
Ich ging in das Zimmer nebenan. Das Schlafzimmer meiner Eltern. Sah mich um. Der Schreibtisch meines Dads in der linken Ecke, das Bücherregal meiner Mum in der anderen. Bücher über Fossilien, Entdeckungen von Gräbern und anderen Dingen aus aller Welt. Sie waren bedeckt mit einer leichten Staubschicht.
Plötzlich wurde mein Körper taub und schwer.
Meine Lungen füllten sich mit Wasser und ich versank in einer tiefen, dunklen Masse aus blau und schwarz.
Es war so kalt.
Ein Vibrieren ging durch meinen Leib und ich stand wieder im
Schlafzimmer. Dachte ich zumindenst. Aber es war eine mir nur zu gut bekannte Kajüte, in der ich mich wiederfand.
Ich stand in der Kajüte von vor sechs Monaten.
Na toll, dachte ich, meine Halluzinationen geben sich wiedereinmal allergrößte Mühe.
Ich verdrehte die Augen und sah mich zum einhundertstem Mal, in der mir so vertrauten Umgebung um.
Der Raum reichte gerade mal aus um ein paar Schritte, vor und
zurück zu gehen.
Er war rustikal eingerichtet mit einem Bett. Am Kopf des Bettes ein Schrank und dem gegenüber eine kleine Komode. An der linken, leicht gewölbten Wand befanden sich drei Bullaugen. Zum Bett hin verengte sich die Stube.
Gegenüber meines Raumes, lag der meiner Eltern, getrennt durch einen Korridor mit einem roten Teppich. Ich trat hinaus. Es war totenstill, und da schmeckte ich wieder diesen salzigen Geschmack in meinem Mund. Ich schnalzte mit der Zunge.
Auf einmal setzte der Boden sich in Bewegung und brachte mich aus dem Gleichgewicht. Mein Umfeld verschmelzte und ich befand mich wieder in einer Masse aus blau und schwarz.
Es sah eigentlich sogar schön aus, wie die Lichtreflexe, die
die Oberfläche durchdrangen, meine Haut zum schimmern brachten.
Ich betrachtete meine Hände und verlor mich in dem tanzenden
Muster, das die Haut reflektierte.
Ein Dröhnen und Ächzen ging durch die dunkle Masse,
wodurch mein Herz kurz aus dem Rhythmus kam und mich aus meiner Tagträumerei riss, aber leider nicht aus meiner Halluzination. Etwas aus meinem Augenwinkel erregte meine Aufmerksamkeit.
Und da trieben sie vor mir. Meine Eltern. Ihre Haut schimmerte so wie meine. In so vielen verschiedenen Blau- und Grüntönen. Es wirkte fast magisch. Aus dem blonden Haaransatz meines Dads traten Blutwolken aus. Seine halboffenen dunkelblauen Augen in sich gekehert, drehte er sich mit meiner Mum leicht um die eigene Achse.
Mum sah selbst jetzt wunderschön aus, mit ihrem langen braunen Haar, das ihr Gesicht streichelte während sie so dahintrieb.
Dies war der letzte Anblick meiner Eltern, an den ich mich noch erinnere, bevor ich mein Bewusstsein verlor.
Ja, meine Eltern starben vor sechs Monaten bei einem Schiffsunglück.
Ein Zweitausender-Passagierschiff ging durch eine Explosion im Frachtraum unter. Doch die meisten Menschen starben an dem giftigen Gas, das aus dem Bauch des Schiffes kam.
Ich bin die Einzige, die es überlebt hat. Ich weiß nicht wie ich diese Katastrophe überleben konnte. Es war so ähnlich wie bei der Titanic, als sie untergig. Nur ohne einen Eisberg.
Kann ein Eisberg überhaupt so eine dicke Metallschicht durchstechen? Naja...,egal.
Ich habe wohl meinen Vorrat an Glück für dieses Leben aufgebraucht. Bis zum letzten Tropfen ... .
Das Nächste woran ich mich erinnere war ein strahlend blauer Himmel. Ich befand mich auf einer kleinen Insel, keine andere in Sicht, weit und breit.
Ich verbrachte drei Monate auf diesem Reiskorn der Erde, was mir auch genügend Zeit gab den Tod meiner Eltern zu verdauen.
Ich weinte nicht viel, vielleicht eine Woche. Naja..., dafür dass meine Eltern gestorben waren und ich ihre bewegungslosen Körper gesehen habe... .
Meiner Überzeugung nach werden Menschen wiedergeboren.
Ein Beispiel: Stellt euch vor, ihr wärt am Nordpol und beobachtet, wie ein gigantischer Eisbrocken ins Meer fällt.
Nach einiger Zeit schmilzt dieser und verdunstet durch die Sonne.
Die Wolken tragen die gewonnene Feuchtigkeit in Richtung Nordpol und erleichtern sich. Das Wasser sammelt sich an Boden und gefriert nach einiger Zeit zu einer neuen Eisschicht und tadaaa.
Alles geht zurück zu seinem Ursprung, in welcher Form auch immer.
Aber das ist nur eine plumpe Beschreibung,... eine sehr plumpe.
Der Aufenthalt auf der Insel nagte an meiner Psyche.
Alleine auf einer einsamen Insel, ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt, da vergisst man schnell, dass es so etwas wie eine Außenwelt überhaupt gab.
Es war aber gar nicht so schlimm, bis auf den Fakt, dass ich einsam war. Genug zur Beschäftigung gab es. Ich musste mich um meine Ernährung kümmern und mich vor möglichen Raubtieren in Acht nehmen. Nicht, dass es einfach war zu
Überleben, aber es gab Momente, in denen ich fast aufgegeben hätte.
Nach meinem Aufenthalt auf dem Reiskorn entdeckten mich Ermittlungstrupps, die nach Überlebenden des verunglückten Passagierschiffs suchten.
Sie hatten schon die Hoffnung aufgegeben und waren umso mehr überrascht als sie mich fanden, wahrscheinlich sogar mehr als ich.
Die zehn Männer waren sich nicht sicher, bis ich mein erstes Wort nach drei Monaten aussprach... zu einem Menschen: "Hallo."
Ok, ... gut, ist jetzt nichts besonderes, es war halt das Erste was mir einfiel. Sie starrten das mit verfilzten Haaren, sonnengebräunte, in Stofffetzen und Palmblättern gewickelte Mädchen ungläubig an.
Einigen fiel sogar die Kinnlade herunter und anderen sogar fast die Augen heraus. Es war sehr interessant ihre Mimiken zu beobachten. Menschliche Gesichtszüge wiederzusehen. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Ich musste mein Lachen unterdrücken. Wie drei einsame Monate einen Menschen verändern konnten.
"Hi.", sagte der Mann an vorderster Front nach einer Weile, "Do you speak english?"
Da verlor ich meine Beherrschung und brüllte los.
Wie lange war das schon nun her, aus tiefster Seele zu lachen?!
"YES!", schrie ich, "YES!" und Tränen liefen meine Wangen hinunter.
Ich rannte dem Mann in die Arme und bedeckte sein erschrockenes Gesicht mit tausend Küssen.
Im Hintergrund hörte ich einige Männer kichern und wie sie sich auf die Schultern klopften.
Die angespannte Atmosphäre wich der Erleichterung.
Sie führten mich auf ihr Boot, gaben mir neue Klamotten, etwas zu essen, gaben mir ein Zimmer und wir schipperten nach England.
In den zwei Wochen, in denen wir dort hinfuhren, versuchte ich mich dem sozialen Umgang der Menschen wieder zu nähern.
Es war noch schwerer als gedacht. Da ich ohnehin nie ein kontaktfreudige Person war. Meistens starrte ich sie nur an oder beobachtete was sie taten. Einigen war es unangenehm, worauf ich keine Rücksicht nahm, anderen war es ziehmlich egal und wiederum andere freute es sogar.
Menschen können so unterschiedlich sein. Das freute mich.
Meine zehn Retter hießen Paul, Sebastian, Tyler, Rick, Steven,
Felix, Flo, Ivan, Troye und Angabluu, was aus dem afrikanischen kommt und "blauer Himmel" bedeutet, aber meistens nannten sie ihn einfach Angie.
Sie waren zwischen fünfundzwanzig und Mitte vierzig und sie waren alle sehr freundlich.
Wenn ich mich mal nicht in irgendeiner Ecke des Schiffes versteckte, verbrachte ich meine Zeit mit Ivan. Er hatte fast die gleichen dunkelblauen Augen wie mein Vater, was mich sehr beruhigte. Wir sprachen nicht viel miteinander und das war auch nicht nötig.
In England angekommen, wurde ich Tests unterzogen zur physischen und psychischen Gesundheit.
In einigen Aufgaben war ich sogar weit über dem Durchschnitt.
Danke kleine Insel, sendete ich ihr in Gedanken meine kleine Botschaft und habe mich in mich hineingelächelt.
Die Tests waren schnell vorüber und nach einigem Papierkram war ich nach gut zwei Monaten wieder in meinen eigenen vier Wänden.
Zu Hause. Im Saarland, Saarbrücken. Dem Kaff an der Grenze zu Frankreich.
Ich merkte nicht direkt, dass ich wieder geistig anwesend, im
Schlafzimmer meiner Eltern war.
Meine Schläfe massierend, flüsterte ich:"Ich muss hier weg, sonst verliere ich letztenendes doch noch meinen Verstand... ."
Das Telefon klingelte.Was denn jetzt?, dachte ich genervt. Ich ging wieder in mein Zimmer und schaute aufs Display.
14.03.2015. 10:43. 692 entgangene Nachrichten. Haru.
Ah,... achso,... das heißt also, dass er sich erst meldet nachdem man für ein halbes Jahr spurlos verschwunden war... . Gut zu wissen. Bedeute ich ihm etwa doch noch etwas? Klar, dachte ich und lächelte spöttisch. Bestimmt..., fügte ich traurig hinzu.
Haru war ein Sandkastenfreund, als wir noch in Pampers durch die Gegend krochen. Braunhaarig mit leicht violetten Augen und Sommerpsrossen.
Wir waren im gleichen Kindergarten und in der gleichen Grundschule. Wir haben jeden Mist zusammen getan, jeden Streich zusammen verbrochen und waren immer für einander da gewesen. Wie viele Nachmittage und Nächte haben wir zusammen verbracht? Haru war etwas ganz besonderes. Er war nicht nur mein bester Freund, er war mehr. Viel mehr. Vielleicht ein Seelenverwandter? Aber, wie gesagt... er war es.
Eines Nachts, bei mir zu Hause in meinem Zimmer, gaben wir uns, als Drittklässler, ein Versprechen.
Wir lagen unter unserem selbstgebautem Zelt, dass aus einer Bettdecke, Kissen und Stühlen bestand, so zwanzig Centimeter von einander entfernt.
"Wollen wir heiraten, wenn wir beide groß sind?", fragte ich und kicherte.
Er kicherte auch und drehte sich dabei auf den Rücken. "Ja."
Seines Gesicht strahlte selbst in dieser dunklen Nacht, heller
als je zuvvor. Dieses kleine Versprechen war wie ein unsichtbares Band, dass uns immer enger zusammenschnürt hatte und wahrscheinlich nie in Erfüllung gehen wird.
Doch nach der 4. Klasse musste er wegziehen. Uns wäre nie in den Sinn gekommen, dass wie uns jemals trennen würden. Es war ein Schock. Es flossen weder Tränen noch hatten wir wie kleine, verwöhnte Kinder rumgeschrien. Wir standen einfach da und verabschiedeten uns auf unsere Weise. Wir umarmten uns ganz lange, wechselten kein Wort und schauten uns bis zum bitteren Ende nur noch in die Augen.
Augen sagen so viel mehr als Worte.
Über die Jahre hinweg schrieben wir uns Briefe und telefonierten fast jeden Tag. Doch irgendwann versiegten seine Post und die Telefonate wurden seltener, bis sie schlussendlich aufhörten.
Doch ich schrieb weiter, immer in der Hoffnung, dass er sie liest, selbst wenn er nicht zurückschreibt.
Aber nach einiger Zeit gab ich auch das auf und schrieb nur noch aus Gewohnheit.
Es stand nichts Besonderes drin, lauter Belanglosigkeiten.
Ich starrte das Telefon immer noch an.
Die Skala meines Wohlbefindens lag jetzt unter dem Gefrierpunkt.
Ich nahm ab.
"Ja?", fragte ich eisig.
"MELINA!? Was ist passiert? Geht' s dir gut? Du hast aufgehört Briefe zu schreiben... und... und... und... . ", seine Stimme brach. Verärgert, erleichtert, müde, vorwurfsvoll, entschuldigend, flehend, ungläubig... . All das hörte ich aus seiner Stimme heraus.
Stille.
"Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht...", flüsterte er.
Ich fragte leise:"Warum hast du aufgehört zurückzuschreiben?"
Die Frage passte jetzt zwar überhaupt nicht, aber das war mir gerade ziemlich egal.
Es ist nur eine Frage der Zeit bis ich explodiere... nur noch ein wenig. Warte noch.
"..."
10... 9... 8..., zählte ich schonmal den Countdown hinunter.
"Es ging einfach nicht.", sagte er bestimmt und sog die Luft ein.
"Warum hast... du... aufgehört zu schreiben?", fragte er wieder.
Vorsichtiger.
7... 6... 5...
"Du hast nicht die leiseste Ahnung.", meine Stimme steigerte sich langsam. Bebte etwas.
Ich atmete tief ein und aus.
4... 3... 2...
Mir ist klar, dass er davon nichts wissen kann.
Er lebt auf einer kleinen Insel, da bekommt man nicht viel von den Geschehnissen, in den Großstädten mit.
Aber, dass er JETZT anruft. Ausgerechnet jetzt... .
Mein Mund schmeckte salzig und diesmal war es keine Einbildung.
Es waren Tränen.
Haru hatte über den Hörer gemerkt, dass etwas nicht stimmte und blieb still,für den Moment.
"Alles in Ordnung?"
1... Countdown end.
"NEIN!", schrie ich ihn an,"FICK DICH DOCH INS KNIE!" und knallte den Hörer zu.
In Wahrheit war ich doch glücklich. Ich schluchzte. Seine Stimme war wie Balsam für meine Seele. Ich bin so ein Idiot!
Tiefer und rauer als früher, aber es war unverkennbar seine.
"MELINA!?" schrie er durch den Hörer. Meinen Namen.
Doch das Telefon klingelte nicht wieder.
Theoretisch wäre heute mein erster Schultag, aber man hat mir erlaubt die nächsten zwei Wochen noch frei zu haben.
Ich studierte an der Saarbrücker Universität Kunst und buddhistische Religion als Lehrfach, seit zwei Jahren und dieses Jahr musste ich wiederholen. Es war mein Letztes.
Meine Kurse haben schon vor Stunden begonnen, aber ich zog mich trotzdem um, in eine Jeans, ließ das Top an und einen schwarzen Hoodie, packte einen Block, meinen Mp3 und einen Stift in meinen Rucksack und nahm den Bus 124 für eine dreiviertelstündige Fahrt zur Uni.
Ich schaffte es noch in den Religionskurs, um viertel nach eins und setze mich in die hinterste Reihe.
Das Thema war "Die Lehre des Bedingten Entstehens".
Einfacher ausgedrückt: Wiedergeburt/ Reikarnation.
Es war ein sehr interessantes Thema und ich hörte zwar die tiefe Stimme des Dozenten, hörte aber nicht den Sinn seiner Worte heraus.
Stattdessen schaute ich mich im Unterrichtsraum um, sog den Duft von Schulbüchern und des Aftershaves eines Typen, ein paar Reihen vor mir, ein.
Meine Sinne nahmen alles viel zu genau wahr.
Das Aftershave stach in meiner Nase und das Kratzen der Stifte und Füller machte mich etwas kirre.
Obwohl ich schon so oft in diesem Raum war, kam er mir jetzt so fremd vor.
Ich hatte auch keine Freunde an der Uni, ich hatte generell keine. Hab ja bereits erwähnt, dass mir der soziale Umgang mit Menschen schwer fällt.
Ich nahm meinen Stift und tat so, als ob ich mitschreiben würde und inspizierte weiter den Raum und die Menschen.
Der Dozent war etwas nervös und seien Hände zitterten leicht.
Ein Neuer.
Eine Schülerin, schräg vor mir schlief, ein Anderer, drei Reihen vor mir simste und der Rest schaute entweder in die Luft oder arbeitete sogar eirfig mit.
Ich war nur die Beobachterin. Was ich auch gerne tat. Es liegt in der Natur des Künstlers zu beobachten.
Am Ende der Stunde fand ich, hingekritzelt, ein Paar Augen auf meinem Block vor.
Ich stutzte. Wo war ich denn mit meinen Gedanken?
Es waren überraschend schöne Augen, immerhin ein Zeichen dafür, dass mich mein Talent noch nicht verlassen hatte.
Sie hatten eine leicht asiatische Form, umrahmt von langen, dichten Wimpern und waren dunkel schattiert. Ihr Blick war voller Trauer, als wären sie kurz davor zu weinen.
"Wow, das sieht ja hammer aus!", sagte jemand hinter mir und mein Genick brach fast, als ich mich mit einem Ruck umdrehte.
Ich sah in das runde Gesicht eines Mädchens mit lockigen schwarzen Haaren und warmen braunen Augen. Sie hatte blasse Haut, die aber immernoch dunkler war als meine und ein süßes kleines Lächeln mit rosigen Wangen.
Ein "Danke...", kam kaum hörbar aus mir heraus und ich starrte sie weiter an. Sie lächelte zwar immernoch, aber ihre Nervösität war ihr anzusehen. Ich hatte nicht vor schon am ersten Tag, irgendwelche Freundschaften zu schließen und erlöste sie indem ich ihr sagte, ich hätte noch etwas zu tun und ging.
Kunst war das nächste Fach. Eine Doppelstunde.
Ich ging ins Gebäude A 2.2, in den Kunstraum und fing an meine Staffelei aufzustellen. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich merkte, dass mich auch diese Gewohnheit nicht verlassen hatte. Wir hatten einen sehr schönen Kunstraum. Die
Wände waren komplett voll mit Gemälden, einige überlappten
sich sogar, so voll war es. Gemälde über alles mögliche und in
allen vorstellbaren Stilen.
Skizzen, Designs, Abstraktes, Modernes und so weiter.
Das ganze Repertoire.
Diesmal bemerkte ich, dass jemand hinter mir war und ich drehte mich um, um zu sehen wer.
Es war meine pumelige Kunstlehrerin, mittleren Alters Mrs. Beldwin, aus dem letzten Jahr, in ihren bunten, selbstgenähten Kleidern.
"Melina...", hauchte sie meinen Namen und sah mich überrascht an, als wär ich ein Geist. Ihr Mund ging auf und wieder zu und Brüchstücke von Worten kamen heraus.
"Ja?", fragte ich nach einer Weile, erwartete aber keine Antwort. Da wie erwartet auch nichts kam, ging ich zurück zu meiner Staffelei und stellte meinen Zeichenblock auf. Es war noch der Neue, von vor sechs Monaten.
Ich ignorierte Beldwin's Blicke und überließ mich wieder meinen Gedanken.
Ich dachte an die Augen, die ich unbewusst gezeichnet habe und fragte mich, wo ich sie schon einmal gesehen hatte.
Solche Augen vergisst man doch nicht so leicht! Besonders nicht, wenn man so einen Augenfetisch hat wie ich! Na toll, jetzt bin ich verärgert und das auch noch auf mich selbst. Ich bedeckte mein Gesicht und stöhnte leise. Wie armselig.
Mittlerweile haben sich auch die anderen Schüler im Raum versammelt und fingen an ihre Staffeleien aufzustellen.
Zu Beginn der Stunde saßen wir dann in einem Kreis und Beldwin fing an das neue Thema vorzustellen.
"Guten Tag, meine Lieben", sagte sie etwas zerstreut und bohrte ihren Blick in mich. Hör auf mich anzustarren, dachte
ich genervt, ich hab jetzt echt keinen Bock auf ein Blickduell.
Sie setzte sich auf ihr Pult und redete weiter:"Heute wird das
Thema "Gefühle" sein. Also zeichnet diese beiden Stunden, nach herzens Lust, was auch immer ihr wollt, ihr könnt währenddessen auch Musik hören, ich habe nähmlich noch was zu besprechen."
Na toll..., Gefühle, mir wird übel. Am liebsten würde ich dabei Heavy Metal hören alle hier vorhandenen Farbkästen holen und durch die Gegend werfen.
Ihre langen Gesichter wären Gold wert. Ich muss mir die Idee aus meinem Kopf hauen, dachte ich entzückt von mir selbst, sie ist zu verlockend. Ich könnte mich aber auch mit der Entschuldigung, es wäre abstrakte Kunst, noch aus der Bredulie ziehen. Ein fettes Grinsen klebte an meinem Gesicht. Die würden mir das sogar noch glauben. Nein..., nein..., ich sollte wirklich aufhören so etwas zu denken.
Ich nahm mir einen Bleistift aus der "Gemeinschaftstasse", -diese Tasse dient dem Zweck, wenn mal jemand seine Sifte vergessen hat, er dann immer noch welche parat hat- machte meinen Mp3 Player an, hörte Hurts mit The Water und fing an zu zeichen. Das Lied fing mit tiefen Tönen eines Klavieres an, leicht versetzt, etwas bedrohlich und Theo Hutchcraft fing an zu singen ...
"Innocent, they swim
I tell them no
They just dive right in
But do they know
It's a long way down
When you're alone
And there's no air or sound
Down below the surface..."
Ich liebe seine Stimme. Sie ist hoch, zwar nicht allzu sehr, aber sie hat auch wieder gleichzeitig diese Wärme in sich. Musik, war eines der Dinge die ich auf der kleinen Insel am meisten vermisst hatte.
Nach einer halben Minute, ware da plötzlich wieder eine
Skizze von einem Paar Augen vor mir.
Das kann doch nicht wahr sein... . Diesmal waren sie schmäler, wieder umrahmt von langen, dichten Wimpern, aber sie brennten voller Leidenschaft und Wut.
In meinen Jahren als Künstlerin habe ich mich immer geärgert, dass ich es nie schaffte, Augen mit ausreichend Emotionen zu zeichnen. Ich war immer unzufrieden, egal was die Anderen gesagt hatten. Es hat mir nie gereicht.
Und jetzt, sitze ich nach gut sechs Monaten "künstlerischer Pause", im Klassenzimmer und rotze ein Paar fremder Augen auf die Leinwand und bin dann auch noch selbst hin und her gerissen von ihnen. So etwas ist mir schon öfters passiert, aber dass es in so einer Perfektion endet, hätte ich niemals erwartet.
Na schön..., ich akzeptier das jetzt einfach mal.
Stellt sich nur noch die Frage, in welcher Farbe ich sie colorieren soll. Ach egal, dachte ich amüsiert, ich mal einfach weiter wie bisher. Nach Gefühl... und Theo sang weiter:
"There's something in the water
I do not feel safe
It always feels like torture
To be this close
I wish that I was stronger
I'd separate the waves
Not just let the water
Take me away
There was a time, I'd dip my feet
And it would roll off my skin
Now every time I get close to the edge
I'm scared of falling in
'Cause I don't want to be
Stranded again on my own
When the tide comes in
And pulls me below the surface
There's something in the water
I do not feel safe
It always feels like torture
To be this close
I wish that I was stronger
I'd separate the waves
Not just let the water
Take me away"
Nach einer dreiviertelstunde, endlosen Loops von Theo's Song klingelte es und ich stand auf, ging ein paar Schritte zurück, um meine Leinwand zu betrachten und fand ein grünes Augenpaar vor mir vor.
Der Schatten der Wimpern machte sie noch dunkler, als sie waren.
Um die Iris herum, war eine dunkelgraue Abgrenzung und um die Pupille ein grüner Kranz in verschiedenen Farbabstufungen.
Ich legte meinen Kopf schief.
Die habe ich doch schon einmal irgenwo gesehen... . Meine Stirn runzelte sich.
Je länger ich sie ansah, desto kräftiger wurde mein Herzschlag. Es war kein Rasen, sondern ein tiefes, dumpfes Pochen.
Jeder Schlag war massiv und schallte durch meinen Körper. Das Atmen fing an mir schwerer zu fallen.
Ich schloss die Augen und begann mir meinen Nasenrücken mit Zeigefinger und Daumen zu massieren. Es ist wahrscheinlich doch zu früh für mich, wieder auf die Uni zu gehen.
Ich atmete aus und sah, dass Mrs. Beldwin auf mich zukam. Sie schaute immer noch etwas verwirrt drein, aber das hielt sie nicht davon ab mir jetzt schon auf den Geist zu gehen. Ich stellte mich auf ein Frage-Antwort-Spiel ein. Dann stand sie neben mir und brachte wieder kein Wort heraus. Stattdessen starrte sie mein Bild an. Ich hob eine Augenbraue. Bildete ich mir das nur ein oder wurde sie tatsächlich rot? Gut, ich kann ihr das nicht verübeln, bei diesem lüsternen Blick, den diese Augen von sich gaben.
Die Pause ging noch fünf Minuten und dannach wollte ich wieder nach Hause gehen, also räusperte ich mich, um wieder ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Sie blinzelte ein paar mal und wendete sich mir zu.
"Miss Orenda," begann sie, "das ist ein... sehr ausdrucksvolles Bild." Pause. Sie berührte meinen rechten Arm und sprach weiter mit einem warmen Blick: "Es ist schön, dass sie wieder unter uns sind." War ich denn tot? "Wir, die Lehereschaft, hatten erhlich gesagt nicht erwartet, dass sie schon Heute kommen würden und ich hoffe sie können sich hier wieder einigermaßen einleben.", letzteres sagte sie mit einem warmen, aber unsicheren Lächeln zu mir.
Ja und ich hoffe hier endlich herauszukommen, dachte ich trotzig.
"Und... sie haben unser aufrichtiges Beileid... ", piepste sie weiter.
"Das brauche ich nicht.", sagte ich mit eine kaum hörbaren, scharfen Unterton.
Selbst wenn man an Wiedergeburt glaubt, es schmerzt. Nie wieder ihre Wärme zu spühren, kein gemeinsames zu Abend essen mehr, keine Kinosonntage im Wohnzimmer... nichts mehr. Einfach nichts. Jedenfalls nicht in dieser Welt, für eine sehr lange Zeit.
Meine Miene verhärtete sich, mein Mund wurde zu einer harten Linie und mein Kiefer spannte sich an.
Beldwin spührte die Missstimmung in der Luft und machte sich klein. Sie tat mir nicht leid, auch wenn sie eine gutherzige Person war. Ich habe zu ihr keinen persöhnlichen Bezug, hatte ich auch nicht vor dem Unglück.
Was mich angeht, stempelte ich dieses Gespräch als beendet ab und packte meine Sachen ein.
Eingeschüchtert ließ ich meine pumelige Kunstlehrerin zurück und beeilte mich zur Haltestelle, denn in drei Minuten sollte die 124 zurück in die Stadt fahren. Es war ein ganzes Stück bis dahin, von Gebäude A 2.2 .
Aber meine Sorge war unbegründet, denn meine Beine trugen mich in solch einer Geschwindigkeit dorthin, dass ich sogar noch warten musste. Ich war nicht einmal außer puste.
Der Bus kam pünktlich. Ich setzte mich neben dem hinteren Ausgang und machte wieder meinen Mp3 an.
Die Musik nahm ich gar nicht wahr, denn meine Gedanken gingen noch einmal durch den Tag.
Die Chek-Liste:
1. Höchstens eine Halluzination pro Tag [CHECK]
2. Kindheitsfreund, nach jahrelanger Windstille, verbal in die
Wüste schicken [CHECK]
3. Menschen unabsichtlich einschüchtern [CHECK]
4. Mich meiner miserablen Laune hingeben [CHECK]
Wie's aussieht alles erledigt, dachte ich und lächelte müde.
Eine halbe Stunde Bussfahrt später, war ich in der Stadt.
Es war früher Abend und die meisten Leute fuhren um diese Zeit nach Hause. Das hieß Stau. Smog. Und vorallem Lärm. Ich überquerte die Straße und ging durch eine Menschenmenge. So viele Menschen. So viele Gerüche. Mir wurde schwummrig. Bloß keine Halluzination. Bloß keine Halluzination, wiederholte ich mein Mantra. Die eine Stunde packst du noch.
Ich sah in die Gesichter der Menschen, die an mir vorbeigingen. Von Vorteil wäre wenn ich sie auch erkennen würde, aber meine Wahrnehmung hatte sich verabschiedet und stattdessen sah ich zusammengeschmolzene Köpfe.
Ob das wohl so aussah, wenn man unter Drogen stand?
Und als nächstes sah ich nichts.
In dem Bruchteil einer Sekunde, wo sich den Abstand meines Kopfes, zu dem Abstand des Bürgersteigs änderte, viel mir eine Kurzgeschichte ein, aus der Mittelstufe.
Way out
Ich sah dich dort stehen.
Mittendrin.
Sie zogen scheinbar lautlos an die vorbei.
Dein Gesicht starrte in die Leere.
Ausdruckslos.
Die Hände in den Hosentaschen.
Langsam drehte sich dein Kopf zu mir.
Leere, dunkle Augen.
Fast wie schwarze Löcher.
Durchbohrten und zogen mich zu dir.
Ein Schritt vor den anderen.
Du lächeltest.
Ich ging weiter.
Ein schriller Laut.
Ich drehte meinen Kopf.
Ein schwarzes Ungetüm kam auf mich zu.
Ich schaute wieder zu dir.
Du warst weg.
Taubheit, Blutgeschmack.
Dann war ich auch weg.
Da umhüllte auch mich diese Schwärze.
Ich wachte im Krankenwagen auf, meine Augen waren aber noch verschlossen.
Erkennen, dass es ein Krankenwagen war, konnte ich anhand der beißenden, chemischen Gerüche.
Dinge die nicht fest waren, hörte ich hin- und herschaben.
Eine Hand hielt meine. Streichelte sie. Es war sehr angenehm. Höchstwahrscheinlich ein Mann. Eine Frau kann solche rauen Hände nicht haben.
Sie war gradezu lächerlich zärtlich, als hätte deren Besitzer die Angst, ich könnte zerbrechen.
Eine zweite Hand kam hinzu und bedeckte meinen Handrücken. Die untere diente als eine Art Kissen und die obere fing an Kreise zu ziehen. Ganz sanft. Ich seufzte.
Diese kleine Geste war ein Erlebnis, das solche Gefühle in mir hervorbrachte, die ich mir nicht erklären konnte.
So etwas banales. Da entzog sich mir die Hand und eine Welle der Trauer und Schutzlosigkeit überkam mich. Nein, geh nicht weg!, dachte ich erschrocken. Bleib bei mir. Halt mich fest! Ein Finger strich zum Abschied über meine Hand, ein letztes Mal, als hätte er mein Betteln gehört.
Das Bett auf dem ich mich befand, wurde herausgetragen und schnell ins Krankenhaus gebracht. Die Atemmaske war zu eng, die ich trug, doch den Chemiekaliengestank nahm ich darunter immer noch zu stark wahr. Und da war wieder meine miese Laune. Ich muss mich unbedingt später, bei diesem Mann von vorhin bedanken, nahm ich mir vor.
Irgendwann hielt mein Bett in einem Raum an und ich wurde einer Narkose unterzogen.
Keine Ahnung wie viel Zeit seitdem vergangen war, aber als ich wieder aufwachte war es früher Morgen.
Ich hörte ein leises Sirren und kurz darauf kamen ein Arzt und drei Schwestern herein.
"Guten Morgen", sagte der Arzt müde. Hat die Nacht wohl durchgemacht. Als er sich neben mich gesetzt hatte, schiehn er mir mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen.
"Wie heißen sie?", fragte er dann.
"Melina... Orenda", raunte ich.
"Wie alt sind sie?", ging es weiter und ich antwortete:
"20."
"Wo leben sie?"
"Grünbergstrasse 3, 66113 Saarbrücken." Die Postleizahl gab ich ihm, als Extra.
"Gut. Das sollte reichen.", sagte er zufrieden und eilte zum nächsten Patienten. Das ging ja schnell. Die drei Schwestern hatten derweil aufgeräumt und Eine schüttelte nun mein Kissen.
"Schön, dass es ihnen wieder besser geht. Letzte Nacht, hätte
man sie glatt mit Schneewittchen verwechseln können.", ich schaute zu ihr hoch und sie lächelte mich warmherzig an. Vielleicht mitte dreißig. Konnte man schlecht einschätzen, denn sie sah ebenso müde aus wie der Arzt.
"Waren Sie gestern mit mir im Krankenwagen?", brachte ich nach einer Weile hervor. Mein Mund glich einem ausgetrocknetem Rohr, aus einer Wüste. Eine zweite Schwester
brachte mir ein Glas Wasser. Ich hätte sie dafür heiraten können. Während sie mir beim trinken half, antwortete die andere. Emely, stand auf ihrem Schild.
"Ja. Es gab ein ganz schönen Aufruhr, da du mitten auf der Straße zusammengebrochen warst.", erklärte Emily.
Nachdem ich das Glas leergetrunken hatte, anwortete ich dennoch relativ trocken:
"Ich bin immer gut für eine Überraschung zu haben." Sie lachte. Es kam von herzen und ein Grinsen konnte ich mir dann auch nicht mehr verkneifen.
Sie fing an meinen Pulsdruck zu überprüfen und da viel mir wieder etwas ein.
"Schwester Emily-", fing ich an, doch sie unterbrach mich.
"Nenn mich einfach Emily. Du kannst mich auch ruhig dutzen." und lächelte wieder.
"Also,... Emily, könntest... du dem Mann, der meine Hand im Krankenwagen hielt, meinen Dank ausrichten?", bat ich sie.
Emily sah mich verwirrt an.
"Welcher Mann? Es waren nur zwei Schwestern bei dir und die Eine war ich. Es hat auch niemand deine Hand gehalten. Vielleicht hast du es dir eingebildet."
Meine Augen weiteten sich. Das kann nicht sein. Das kann keine Halluzination gewesen sein!, versuchte ich mich in zu beruhigen. Ich habe höchstens eine pro Tag. Und die war heute morgen.
"Ich muss jetzt weiter Kleines. Ruh dich noch ein wenig aus und dann kannst du nach Hause gehen. Aber sei vorsichtig! Dass du mir ja nicht wieder umkippst."
Emily lächelte mich ermutigend an und winkte mir zum Abschied, als sie aus dem Zimmer ging. Ich musste plötzlich an meine Mutter denken. Sie waren sich ähnlich. So nett und offen zu fremden Menschen... . Ganz anders als ich.
Unruhig schlief ich ein und träumte davon, dass ich so groß war wie Däumelinchen. Ich war umzingelt von Beldwin, den Krankenschwestern, dem Arzt, von Studenten und Menschen, die ich nicht kannte. Sie waren mindestens fünzig Meter groß, ihre Körper verzerrt und griffen alle nach mir, redeten auf mich ein und stellten Forderungen. Durch ihre Beine hindurch, sah ich meine Eltern.
Mum weinte. Dad umarmte sie und schaute ermunternd zu mir hin, doch seine Augen waren voller Schmerz.
Er bedauert es. Er bedauerte, dass er nicht für uns beide da sein konnte. Ich konnte meinen Blick von ihnen nicht abreißen. Die Menschen um mich machten mir keine Angst. Mir machte es aber Angst, dass meine Eltern sich selbst dafür die Schuld gaben, nicht bei mir zu sein.
Aufeinmal legte sich ein großer Schatten über mich.
Ich sah hoch.
Es war eine riesige Hand. Größer als die der Grotesken um mich.
Gott?, dachte ich spöttisch.
Ich glaubte nicht an Gott.
Mein Blick schweifte wieder zu meinen Eltern. Mum hatte aufgehört zu weinen und nun lächelten sie mich beide warmherzig an. Fast schon erleichtert.
Die Hand kam immer näher. Ich spührte schon ihre Wärme, bevor sie mich überhaupt berührte.
Sie umschloss mich vorsichtig und hob mich behutsam auf.
Lichtsrahlen kamen durch die Zwischenräume der Finger durch und ich sah, dass ich mich immer mehr vom Boden wegbewegte. Es nahm gar kein Ende.
Die Hand bewegte sich nun so schnell nach oben, dass ich sogar einen Druck spührte. Er wurde immer stärker, bis ich endgültig gegen die Handinnenfläche gepresst wurde und mich keinen Centimeter mehr rühren konnte. Da öffnete sich die Hand und ich wurde mit voller Wucht nach oben geschleudert. Ich glaubte zumindenst, dass es oben war, denn ich hatte gar keine Orientierung mehr. Ich schloss meine Augen. Alles drehte sich. Doch wie die Gesetzte der Physik es so wollten, die hier auftauchten wie es ihnen gerade passte, erreichte ich einen Punkt der Schwerelosigkeit.
Und blieb in ihr stecken.
Als ich meine Augen wieder öffnete, war ein Gesicht vor mir, von solch einem Ausmaß, dass es proportional zur Hand passen könnte. Ich sah es nicht vollständig... nur die Augen. Es waren dieselben, die ich in der Uni gemalt hatte.
Nur viel schöner.
Dieser Moment dauerte nur einen Augenblick, doch er kam mir vor wie eine Ewigkeit.
Und ich fiel. Fiel dem Boden entgegen. Ich habe Physik schon immer gehasst, fuhr mir durch den Sinn.
Der Boden kam immer näher, doch bevor ich aufkam, wachte ich mit einem Ruck auf.
Ein Gedanke bildete sich in meinem Kopf:
Ich muss raus aus diesem Krankenhaus. Raus aus dieser Stadt.
Ganz weit weg von hier.
Am späten Nachmittag wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Emily sah ich nicht wieder.
Es war relativ kalt für Ende März, stellte ich fest, als ich heraustrat. Da konnte mir der Hoodie auch nicht helfen, den ich mir überstreifte. Ich war an sommerliches bis tropisches Wetter gewöhnt, von der Insel.
Meine Bräune war auch schon weg, war immerhin schon etwas mehr als zwei Monate her.
Vor zwei Monaten, bin ich noch durch den kleinen Dschungel gelaufen, bin auf Bäume geklettert und habe im azurblauen Wasser gefischt.
Es war eine Idylle.
Schmetterlinge, die so groß waren wie meine Hand, in so vielen schönen Farben. Manchmal hat es gewittert, aber der Dschungel war an manchen Stellen so dicht, dass kaum etwas durchkam. Einmal hatte ich sogar das Glück, einen Zyklon zu beobachten. Ich sah ihm beim Entstehen zu und obwohl er so weit weg war, stürmte es auf der Insel.
Auch die Halluzinationen, hatten sich von da an nicht mehr geändert.
Die Ärzte in England, aus der Abteilung der Psychoterapie, dachten ich würde, seit dem Unfall, Angst davor haben ins Wasser zu gehen. Sie stellten mir eine riesige Glaswanne hin und ehe sie mir etwas erklären konnten, sprang ich mit Anlauf hinein. Kraulte und tauchte. Diese Aktion war ihnen Antwort genug.
Selbst nach diesem Verlust. Angst vor dem Wasser hatte ich keine.
Bei Wasser dachte ich an Ruhe und Ausgeglichenheit. Nicht an Tod oder etwas ähnliches.
Logischer wäre, davor Angst zu haben auf ein Boot zu gehen.
Jedenfalls für mich. Aber auch das traf nicht auf mich zu. Ich war psychisch, als auch physisch in Topform.
Das Schiffunglück hinterließ keine bleibenden Schäden, was mich aber auch selbst überraschte.
Ich erreichte eine Bushaltestelle und nahm den nächsten Bus bis zum Hauptbahnhof.
Viele Menschen verstanden meine Art des Denkens nicht. Ich war nicht die Art von Person, die lange trauerte. Aber ich kann sehr wohl nachtragend sein.
Ach, ich bin so widersprüchlich, stellte ich ironisch fest und lächelte.
Da fiel mir ein Teil eines Gedichts ein, vom Hermann Fischer:
Wie ist das Menschenherz
des Widerspruches voll;
Es soll nicht, was es möchte,
und will nicht, was es soll.
Es war eine Strophe aus einem, der Gedichtsbänder meines Dads. Diese besaß er aber auch nur wegen Mum. Sie hatte nähmlich eine Schwäche für Männer, die versuchten, sie mit Reimen zu verführen.
Und diese Vorliebe hatte ich offensichtlich von ihr vererbt.
Der nächste Bus der kam, war zufällig der, der mich auch nach Hause brachte.
Stell dir mal vor. Ein Mann, der dich mit süßen Worten verführt, dich mit einem begehrenden Blick entflammen lässt, aber dich nie wieder gehen.
Meine Beine wurden weich. Wie gut, dass ich schon im Bus saß.
Diese grünen Augen tauchten vor meinem inneren Auge auf.
Sie wollen mich einfach nicht gehen lassen.
Verfolgen mich bis in meine Träume... .
Für die Fahrt überließ ich mich meinen Gedanken.
Nach einer Viertelstunde, war ich wieder zu Hause.
Das Erste was ich tat, bevor ich duschen ging, war meinen Laptop anzuschalten und auf die erstbeste Seite für Reisen zu weitentfernten Inseln zu gehen.
Nach kurzer Zeit wurde ich fündig.
Eine Insel namens Patamon.
Vielversprechend hörte sie sich schon mal an.
Die 5.000 km2 große Insel lag im Pazifischen Ozean, war umgeben von mehreren, etwas kleineren Inseln und war größtenteils deutschsprachig. Einwohnerzahl betrug 95 Menschen pro Quadratkilometer.
Das wär es dann, entschied ich spontan.
Ich ging unter die Dusche und dachte über meine nächsten Schritte nach.
Anträge und viel Papierkram werden erledigt werden müssen.
Plötzlich war ich wie vom Blitz gerührt. Von Thor höchstpersönlich zu mir geschickt.
Zieh dort hin. Ganz weit weg von hier. Weit weg.
Säuselte mir die hauchzarte Stimme zu.
Was für ein unsinniger Gedanke!, rügte ich mich zurecht.
Und die Stimme verstummte abruppt.
Aber eben dieser, wuchs und gedeihte immer weiter in meinem Kopf. Drang seine Wurzeln tief in mein Gedankengeflecht ein und verankerte sich dort. Die Stimme wurde wieder lauter und sprach durcheinander. Mein Kopf fing an zu schmerzen und ich stieg aus der Dusche und wickelte mich in ein großes Handtuch.
Dort hinziehen? -Ja, antwortete die Stimme leise.
Ich drückte das Handtuch fester an mich.
Auf eine fremde Insel? -Dich wird da immerhin keiner bemitleiden...aww du armes Kind, du bist jetzt eine Weise, hast keine Eltern, redete die Stimme heuchlerisch weiter und lachte.
Es wird dich keiner vermissen. Diese Welt ist nichts mehr für dich, denn deine Sicht auf sie hat sich verändert. Zukunfstträume, die du einst hattest, sind nichts mehr für dich.
Was hast du schon zu verlieren? Jeder hat dich verlassen.
Ich fasse es nicht, stellte ich entsetzt fest. Jetzt halluziniere ich schon Selbstgespräche!
Verchwinde aus meinem Kopf!, schrie ich lautlos und schüttelte ihn heftig.
-NEIN! DU SIEHST WAS MIT DIR PASSIERT, SO STARK WIE DU GLAUBST ZU SEIN, BIST DU NICHT! Tu uns beiden einen Gefallen...bitte...gieb uns eine Auszeit...wir sind es Leid, murmelte sie zuletzt.
Mittlerweile stand ich tropfnass in meinem Zimmer und war zutiefst geschockt von dieser Erkenntnis.
Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Die Lehrer an der Universität konnte ich dazu überreden, mir einen Crash-Kurs zu geben in meinen Hauptfächern und beendete so mein Studium. Es musste viel gebüffelt werden, aber ich schaffte es gerade noch in einem Monat, bei der Abschlussprüfung auf eine schwache zwei zu kommen. Zwischendrin erledigte ich die Papiere für den Umzug, das Haus, das Flugticket und so weiter... so viele Papiere... so viele... .
Am 18.04, waren es schon sieben Monate nach dem Tod meiner Eltern und an diesem Tag stellte ich fest, dass ich ein geistiges Wrack war. Ich driftete mit meinen Gedanken immer wieder ab, an einen Ort, an dem selbst diese verloren gingen.
Menschen ließ ich emotional nicht an mich heran, ich nahm sie
nicht einmal richtig war. Ich war zu dieser Zeit, wie im Rausch.
Ich war unvollständig. Keine Freunde, keine Familie, auch keine Verwandte. Meine Halluzinationen waren alles, was ich hatte. Irgendwie traurig.
Anfang Mai, stand ich mit meinem Reisekoffer vor unserem ausgeräumten Haus. Die Möbelpacker hatten alles rausgeschafft, transportierten es ins Frachtflugzeug und waren damit auf dem Weg zur Insel.
Aber ich stand noch hier. Vor dem Haus in dem ich geboren wurde. Mum wollte damals nicht, dass ich im Krankenhaus zur Welt kam, sondern zu Hause. Sie meinte, das sei schöner.
Es regnete und ich war klitschnass.
Ich werde dieses Haus nie wieder sehen.
Dieses Kapitel in meinem Leben ist nun abgeschlossen. Ich hob mein Gesicht dem schwarzen Himmel entgegen.
Es ist gut, dass es regnet.
An solchen Tagen, kann man weinende Menschen von anderen meistens nicht unterscheiden.
Ich kehrte dem alten Haus meinen Rücken zu und stieg ins wartende Taxi ein.
Der Fahrer schien sich nicht aufzuregen, obwohl ich seinen ganzen Sitz volltriefte. Der Regen prasselte gegen die Scheibe. Ich sah den Tropfen nach, wie sie das Fenster herunterrollten, fast hypnotisch. Es war wirklich beruhigend und ich schlief nach einiger Zeit ein.
Ich träumte.
Es war ein wirklich seltsamer Traum. Ich stand in meinen nassen Klamotten, in einem blau-grünem Raum ohne Boden. Die Farben flimmerten und schossen von oben, nach unten wie Sternschnuppen. Als würden sie tanzen. Vielleicht kann man es am besten mit einem Polarlicht vergleichen.
Bis ich bemerkte, dass in der Richtung, in die ich schaute, ein Umriss eines Menschen war. Ein Stück größer als ich. Breiter und kräftiger. Ein Mann? Bevor ich einen Schritt setzten konnte, sah ich zu Boden, aber es gab ja keinen.
Nur die unendliche Tiefe.
Ich schaute wieder auf und sah, dass die Person noch dort stand. Wartete sie auf mich? Ich legete meinen Kopf schief. Der Mann verlagerte sein Gewicht aufs andere Bein und legte seinen Kopf ebenfalls schief. Mein Herz raste.
Nach ein paar Schritten war ich bei dem Schatten. Ich hob langsam die Hand und da griff der Schatten durch die Wand. In dem Moment, in dem seine Hand durch sie ging, wurde aus dem Umriss einer Hand, eine Echte. Ich sah sie an, sie war direkt neben meinem Gesicht, einige Centimeter entfernt. Groß, rau und sehnig. Eine intensive Wärme ging von ihr aus, nach der ich mich sehnte, aber sie wollte mich nicht berühren. Blieb auf Abstand. Meine war nun ebenfalls auf der anderen Seite. Doch ich hielt mich nicht zurück, ich drang weiter vor und berührte für den Bruchteil einer Sekunde seine Brust. Er schrak zurück und zog seine Hand ein, aber ich war schneller und hielt sie fest, was wohl das Letzte war, das er erwartet hatte. Es war zu spät. Ich wurde durch die Wand gezogen und sah in weit aufgerissene grüne Augen.
Es war nur ein kurzer Augenblick, der mir den Atem raubte und der Traum endete.
Ich wachte etwas benommen auf, drehte meinen Kopf nach links, nur um zu sehen, dass mich der Fahrer mit großen Augen ansah.
Ein alter Mann, vielleicht Anfang sechzig, mit vielen Falten und wachen grauen Augen.
Habe wohl wieder im Schlaf geredet. Ich stützte meinen Kopf ab und fühlte meine immernoch nassen Haare. Wir standen im Stau und er sah mich immernoch verwundert an.
"Tut mir Leid, wegen ihrem Sitz.", sagte ich bestimmt und
deutete auf das triefende Polster. Glücklicherweise, war dieser
Mann intelligent genug, mir den Rest vom Gesicht abzulesen.
"Machen Sie sich keine Umstände... .", sagte er höflich und konzentrierte sich wieder auf die Straße.
Ich seufzte und rieb mir die Stirn. Beinahe hätte ich doch tatsächlich diese grünen Augen vergessen. Beinahe ein zweites Mal.
Warum war ich mir so sicher, sie schon einmal gesehen zu haben? Ich murmelte irgendetwas unverständliches vor mich hin, als der Fahrer meinte, wir wären angekommen.
Die Fahrt insgesamt dauerte drei Stunden, zum Frankfurter Flughafen und da ich die meiste Zeit über geschalfen habe, sind sie für mich wie im Flug vergangen.
Ich trat hinaus und atmete die frische Luft ein, bedankte mich beim Taxifahrer und bezahlte.
Ohne irgendwelche Komplikationen saß ich nach einer Stunde Wartezeit, endlich im Flugzeug.
Ich hätte auch ein Schiff zur Insel nehmen können, aber mit meinen Halluzinationen kann ich mir das nicht erlauben.
Ich kann mich ja schlecht, tagelang in der Kajüte einsperren, das würde es noch schlimmer machen.
Das Flugzeug hob ab. Ich saß im hinteren Teil am Fenster und steckte mir dir Kopfhörer in die Ohren. Neben mir saß anscheinend niemand, was ich ganz gut fand.
Die Maschine brach durch die Wolken und gab den Anblick eines atemberaubenden Sonnenuntergangs frei. Meine Augen weiteten sich. Ich hatte noch nie einen Echten gesehen, nur von Bildern. Schnell packte ich meine Kamera aus, aus meinem Rucksack und schoss eines.
Das wird später gutes Material sein für ein Portrait, freute ich mich schon.
Ich lehnte mich zurück in meinen Sitz und genoss noch eine Weile die Aussicht, bis ich, ohne zu bemerken, einschlief.
Es war eine traumlose Nacht, was ich überraschend
enttäuschend fand.
Irgendwann merkte ich, dass ich etwas umarmte. Etwas weiches und warmes. Mein Kopf lehnte ebenfalls an etwas. Ich blinzelte und stellte fest, dass es eine junge Frau war an die ich mich drückte, vielleicht etwas älter als ich mit kurzen, braunen Haaren und goldenen Augen. Sie lächelte mich an und ich wurde rot. Anscheinend, war der Platz neben mir doch reserviert gewesen. Sie muss wohl bei einem der Zwischenstopps des Flugzeuges, eingestiegen sein.
Ich wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzten, als sie mich mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte.
"Ist schon okay. Du brauchst dich nicht zu schähmen. Im Gegenzug, darf ICH dich dann als Kissen missbrauchen." Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln und ich nickte einfach nur, immer noch sprachlos.
Warum lerne ich eigentlich immer so seltsame Menschen kennen?, wunderte ich mich und stellte fest, dass es immer noch Nacht war.
"Sehr gesprächig scheinst du aber nicht zu sein.", stellte sie amüsiert fest und stellte sich vor, "Mein Name ist Karen Wandke."
Ich lehnte mich in meinen Sitz zurück und sagte kurz angebunden "Melina."
"Ein sehr schöner Name.", meinte sie. Sie fasste sich ans Kinn und ihre Augen fingen an zu funkeln.
"Weiß du, was dieser Name bedeutet?", fragte sie etwas aufgeregt. Natürlich wusste ich das, aber jeder Idiot konnte ihr ansehen, dass sie es liebend gerne selbst erzählen würde, also schüttelte ich den Kopf.
"Er kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet, entweder die Honigsüße, Tapfere oder die Dunkle. In anderen Sprachen
auch die Schöne oder Tänzerin.", ihre Stimme steigerte sich
immer weiter hinein, bis sie dann aus der puste war und nach Luft schnappen musste.
"Und was passt von all dem am besten zu mir?", fragte ich sie ruhig aber ehrlich interessiert.
Als sie sich wieder im Griff hatte, runzelte sie die Stirn und musterte mich.
Sie sah mir in die Augen und kam mir so nahe, dass sie nur noch einige Centimeter von mir entfernt war.
In ihren goldenen Augen sah ich tausende tanzende Sterne.
Nach einiger Zeit, ließ sie sich in ihren Sitz zurückfallen und platzte mit:"Ich habe keine Ahnung.", heraus.
Ich lehnte mich weiter in meinen zurück, sodass mein Gesicht im Halbschatten lag und meine Augen einen leeren Ausdruck bekamen. Sie mussten jetzt wie schwarze Löcher wirken. Karens Blick folgte mir und man konnte sehen wie ihr ein Schauer über den Rücken lief.
"Ich schlaf jetzt... ", sagte sie nun verhalten, kuschelte sich in ihre Decke, die sie unterm Sitz hervor nahm und wendete ihren Kopf von mir weg. Ihr "Kissen" scheint ihr, dann wohl doch etwas zu unbequem zu sein.
"Gute Nacht, Karen.", wünschte ich ihr und setzte wieder meine Kopfhörer auf.
Auf dem Display meines Mp3s stand: Artist: Unknown und eine männliche Stimme begann zu singen:
I look at you with my dark, dark eyes
you' re looking back, back to the fireflies
they are whirring around my soul
I know they can't reach the hole
the hole in my heart
there' s no more reason to begin a start
wait till I get my hands on you
till I' m on the edge of my soul
till I cased you in, in a jar
so that you can find the mar
although you shine so bright
you're wrong if you thought you're right
you lose yourself in the endless dark
I hoped you're the only one, my only spark
feel how you're dying in my inner
there's no return to get a sinner
wait till I get my hands on you
till I' m on the edge of my soul
till I cased you in, in a jar
so that you can find the mar
you look into dark, dark eyes
searching for the lost fireflies
they died out in my soul
thought they could fill the hole
the hole in my heart
but there' s no more reason to begin a start
wait till I get my hands on you
till I' m on the edge of my soul
till I cased you in, in a jar
so that you can find the mar
wait till I get my hands on you
but you get away
I see, I've forever lost my soul
and asking why
nothin' can reach this hole in my heart
can't feel his lonely blow
it takes me apart
wait till I get my hands on you
till I' m on the edge of my soul
till I cased you in, in a jar
so that you can find the mar
till you feel the hole
till it eats away your soul
Nach 17 Stunden Flug, kamen wir auf der Insel Patamon an.
Sie war ebenso idyllisch wie meine Kleine. Die Luft war etwas feucht und angenehm süßlich und am Himmel war kein einziges Wölkchen zu sehen. Die Umgebung war von Palmen, Büschen und exotischen, farbenfrohen Gewächsen übersehen.
Karen war schon vor mir ausgestiegen und war jetzt auch irgendwo auf dieser Insel.
Ich hatte ein warmes Gefühl im Bauch und fühlte mich entspannt. Meine Haare leuchteten golden im Sonnenlicht und streichelten um mein Gesicht. Ein Lächeln verirrte sich auf ihm und blieb da, genoss die strahlende Sonne, während sich meine Beine in Richtung des Flughafenausgangs begaben mit einem Trolli an der linken Hand. Naja, es war eigentlich kein richtiger Flughafenausgang, eher ein riesiger Holztorbogen mit der Aufschrift: Mani vastete yo. Bevor sich meine Strin runzeln konnte, las ich unten drunter: Glück auf deinem Weg. Dem Himmel sei Dank, dass es hier Deutsche gibt, dachte ich erleichtert. Nicht, dass ich mir das nicht in die Richtung hätte denken können, aber nur für alle Fälle.
Gegenüber des Torbogens stand ein kleiner Tourbus. Ein wirklich kleiner Tourbus. Da passten vielleicht fünf Menschen rein. Am Lenker saß ein Mann, mitte Zwanzig, dem Aussehen nach, mit einem Drei-Tage-Bart und rauchte eine Zigarette. Er trug einen Strohhut mit einer schwarzen Sonnenbrille und ein dunkelblaues Hawaiihemd. Unter seinem Hut traten wilde schwarze Haare hervor, die sich im Nacken kräuselten. Ich ging auf ihn zu und als er mich bemerkte, stieg er aus und hielt mir seine Hand hin. Er grinste mich schief an und fragte:
"Sind Sie Miss Orenda?"
"Ja und Sie müssten dann Herr Lemmes sein.", sagte ich.
"Nennen Sie mich Fabian oder Fabi, so nennen mich meine Freunde.", meinte er und lächelte.
Ich sah ihn an.
"Also, Herr Lemmes, Sie wissen wo Sie mich hinbringen müssen.", überging ich seine Forderung und begab mich in Richtung Bus. Als ich merkte, dass er nicht nachkam, drehte ich mich um. Lemmes stand da, schob seine untere Lippe hervor und schmollte mich unverholen an. Ich wiederhole mich, ein Erwachsener Mann. Ich schaute kurz zur Seite, sah ihn wieder an und rief dann geschlagen:
"Jetzt beweg dich schon Fabi, ich hab nich' den ganzen Tag Zeit."
Ich drehte mich um, doch Fabi überholte mich, indem er im Hoppsalauf sprang und mir am Ziel die Beifahrertür aufhielt.
Er verbeugte sich, zwinkerte und fragte erfreut: "Mylady?"
Die sogenannte Mylady verdrehte die Augen und stieg ein.
Es war stickig im Bus. Das offene Fenster half nicht und die Klimaanlage erst recht nicht. Das Radio zeigte 12:55 Uhr an. Am Rückspiegel hingen kleine getrocknete Blumen, die hin und her baumelten.
Fabian fuhr einen schmalen Pfad entlang, einen Hügel hoch. Als es wieder runter ging, fragte er mich: "Was sucht denn, eine so wunderschöne junge Frau hier, abseits der Zivilisation?"
Ich betrachtete ihn von der Seite. Er stütze seinen Kopf an seiner Hand, am offenen Fenster ab und lächelte. Ich wünschte, ich könnte es ihm vom Gesicht wischen.
Mein Blick wanderte wieder aus dem Fenster und betrachtete die grüne Waldwand, die vorbeischoss.
"Ich suche nichts, ich möchte lieber gefunden werden.", kam es aus meinem Mund.
Nach kurzem Nachdenken meinte er irritiert:"Aber warum dann auf einer Insel, mitten im Pazifik? Da ist die Wahrscheinlichkeit doch viel kleiner, von jemandem gefunden zu werden."
"Wahrscheinlichkeitsrechnung war noch nie meine Stärke.", meinte ich.
"Was ist denn dann mit ihrer Familie?", fragte er.
"Was geht sie das eigentlich an?", fuhr ich ihn an.
"Ich bitte um Verzeihung Mylady, ich vergaß, dass ihr vom Festlande alle so verschlossen seid. Habet doch Gnade.", schmunzelte er. Ich sah ihn mit großen Augen an. Wann bin ich eigentlich so giftig geworden? So bin ich doch normalerweise gar nicht.
"Tut mir leid.", sagte ich kleinlaut.
"Ich habe keine Familie. Meine Eltern starben vor etwas mehr als einem halben Jahr und die ersten drei Monate verbrachte ich als Schiffbrüchige auf einer kleinen, einsamen Insel.", redete ich weiter mit monotoner Stimme.
Er lachte laut. Er lachte...
Mein Hirn setzte aus. Seine Reaktion überforderte mich.
Als er sich beruhigt hatte und mir schon zweiunddreißig Arten ausgedacht hatte, wie ich ihn umlege oder daran dachte aus dem fahrenden Auto zu springen , klärte er mich auf:
"Entschuldige..., wenn ich nervös werde, fang ich immer an zu lachen." Seine Miene verhärtete sich und sein Mund bildete nun eine stramme Linie. Ich nickte nur, immer noch leicht verdattert mit weiten Augen, aber ohne den Drang ihn in Stücke zu reißen. Fabi kratzte sich am Hinterkopf und lachte. Diesmal nervös.
"Jetzt denkst du bestimmt, dass ich ein ziemlich verkorkster Typ bin." Er grinste mich schief an, was eher einer Grimasse ähnelte.
"Vetrau mir. Du willst nicht wissen, was ich in den letzten zehn Sekunden gedacht habe.", meinte ich und er nickte einfach.
Nach einer viertel Stunde meinte Fabian, wir seien angekommen.
Wir hielten vor einem großen, schwarzgestrichenem, alten Haus an. Ich stieg aus. Es stand auf einem Hügel, über den man die halbe Insel überblicken konnte. Eine atemberaubende Aussicht. Kisten standen vor meinem neuen Heim, das an den Seiten von Palmen umgeben war. Das wird ein haufen Arbeit sein, die vollbepackten Kisten reinzubringen. Ich fühlte jetzt schon den Muskelkater. Ich drehte mich zu Fabian um. Er lehnte etwas betreten an seinem Auto an, die Hände in den Hosentaschen seiner Khaki Shorts.
"Danke, für die Fahrt... Fabi.", sagte ich, "Wie viel willst du?"
Er runzelte die Stirn.
"Was meinst du?", fragte er irritiert. Ich seufzte.
"Wie viel willst du für die Fahrt? Ich muss doch bezahlen.", klärte ich ihn auf. Sein Gesicht sah immer ratloser aus. Ich fasste es nicht! Was war daran so schwer zu verstehen? Er nahm seine Sonnenbrille ab und gab hellbraune Augen, voller Ernst zum Vorschein. Wenn man ihn genauer betrachtete, war er doch schon sehr attraktiv, fiel mir auf. Aber eine seltsame Enttäuschung breitete sich in mir aus.
"Miss Orenda, Sie müssen mich nicht dafür bezahlen. Ich tue das gerne. Ich fahr sehr gerne Touristen hier herum, auch freiwillig. Das ist eigentlich nicht mein Beruf, meistens tue ich es aus Langeweile oder wenn ich zu viel Zeit habe. Also machen Sie sich keinen Kopf drum."
"Na schön", fasste ich mich kurz.
Nachdem er wieder eingestiegen war, in seinen Mini-Tourbus und ich mich mit meinem Trolli in Richtung Haus trollte, rief Fabian noch einmal nach mir.
"Miss Orenda, kann ich Sie Melina rufen?", fragte er mit einem hoffnungsvollen Unterton.
Ich pulverisierte seine Hoffnung in Lichtgeschwindigkeit, indem ich über die Schulter hinweg "Nein.", zurückrief.
Da wollte er doch tatsächlich mit seiner Schmoll-Nummer kontern, doch bevor diese seine Wirkung zeigen konnte, drehte ich mich um und ging im Laufschritt auf das Haus zu.
Ohne das Innenleben zu beachten, lief ich ins nächste Zimmer um nach Draußen zu sehen. Fabi war immer noch da. Sein Kopf auf dem Lenkrad. Er hob sich in regelmäßigen Abständen, nur um wieder draufzuknallen.
Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Wenn die Leute im Dorf auch so drauf sind, wird das ein interessanter Aufenthalt hier.
Als nächstes widmete ich meine Aufmerksamkeit dem Innenleben meines Zuhaues zu. Es war von innen überraschend modern eingerichtet, hell und freundlich. Davon abgesehen, dass das Haus in Westernstyle gebaut war, war es drinnen eher wie ein Sommerhotel eingerichtet, wie man es vielleicht auf Hawaii vergleichen könnte. Im Wohnzimmer war tatsächlich eine Hängematte im Stil von einem Fischernetzt aufgehängt. Die Möbel waren in allen möglichen Farben vorhanden, in türkis, orange bis hin zu violett. Die Küche war schon komplett eingerichtet, ich brauchte nur meine Habseligkeiten im Haus zu verteilen und das wars dann auch schon.
Dann werd ich die Kisten vorm Haus, wohl oder übel in den Keller stellen müssen oder verkaufe sie irgendwann später.
Das Westernhaus war ein echtes Schnäppchen, was mich überraschte, aber man schaut einem geschenkten Gaul nicht ins Maul.
Mit dem Geld, das ich mir erspart hatte, als ich nebenher der Uni gearbeitet habe und dem Erbe meiner Eltern, brauche ich mir ein paar Jahre keine Sorgen zu machen.
Dennoch werde ich mir eine Arbeit auf der Insel suchen. Mit möglichst wenig Kontakt zu den Menschen für den Anfang.
Aber zu aller erst, haue ich mich aufs Ohr für ein paar Stunden, dachte ich und gähnte ausgiebig.
Ich ging in den zweiten Stock und betrat mein neues Zimmer.
Es war mit einem dunkelgrünen Himmelbett ausgestattet, dass in der Mitte an der linken Wand stand und fühlte mich auf einmal beobachtet. Ein Schauer lief über meinen ganzen Körper. Wie eine Welle von den Zehen, bis zu meinen Haarspitzen. War das normalerweise nicht andersherum?
Ich umarmte mich und trat ans Fenster. Ein paar Dutzend Meter weiter begann der Dschungel. Ich betrachtete ihn genau, konnte aber nichts ausmachen. Paranoia? Da fällt mir ein, wann hatte ich meine letzte Halluzination eigentlich? Ich betrachtete noch etwas geistesverloren den Dschungel und begab mich dann ins Bett, meine grüne Hölle, und döste ein.
Als ich wieder aufwachte und aufs Handy sah, war es kurz vor 15:00 Uhr. Gerademal drei Stunden geschlafen... .
Meine Klamotten waren durchgeschwitzt und klebten an meinem Körper, daher beschloss ich duschen zu gehen. Es war belebend unter dem Wasserstrahl zu stehen, der mir meinen angespannten Rücken massierte. Da viel mir die Stimme von vor der Abreise ein.
-Hat da wer nach mir gerufen?, säuselte sie plötzlich amüsiert.
Bist du jetzt zufrieden?, murrte ich, überrascht, dass sie sich wieder meldete.
-Ja, das sind wir, redete sie leise weiter.
Ich runzelte sie Stirn.
Wer ist wir? Du sprichst immer im Plural.
-Na du und ich, oder siehst du hier noch jemanden?, neckte sie mich. Ihre Stimme war nur noch ein Murmeln.
Ich wusste, dass die nächste Frage ünnotig sein würde, führte dieses fragwürdige Selbstgespräch trotzdem weiter.
Weißt du, wo meine Halluzinationen hin sind? In letztet Zeit sind sie irgendwie nicht vorgekommen, nicht, dass sie mir fehlen würden , fragte ich zögerlich.
-...
Hallo??, meine Stimme fing an etwas zu zittern.
-Die brauchst du doch nicht mehr..., ihre Stimme wurde immer leiser, bis sie endgültig verstummte. Ich hörte nichts weiter von ihr.
Was meinte sie damit? Doch nicht etwa, dass ich sie absichtlich bekam?, bemerkte ich spöttisch. Egal. Ich sollte einfach glücklich sein, dass ich sie los bin.
Nach der aufschlussreichen Dusche, zog ich mir Hotpants und ein weißes Top an, aß eine Mango, die ich im Kühlschrank fand und nahm mein, aus der Heimat importiertes Fahrrad aus der Garage, neben dem Haus heraus. Meinen Rucksack auf dem Rücken, begab ich mich hinunter ins Dorf. Die Fahrt dauerte knapp drei Minuten. Den Berg darf ich dann wieder hinaufstrampeln, musste ich schon allein bei dem Gedanken daran, ermüdent feststellen.
Das Dorf begrüßte mich mit dem Torbogen, auf dem das Gleiche stand, wie auf dem am "Flughafen": Mani vastete yo.
Ich hätte Fabian fragen müssen, welche Sprachen hier noch gesprochen werden.
Die Häuser waren schlicht, aber bunt gestaltet. Die Straßen waren nicht sehr belebt, was mir nur recht kam, denn allein schon die paar Leute die hier durch die Gegend wuselten beäugten mich seltsam. Viele Touristen haben die hier wahrscheinlich doch nicht. Da ich mich hier ja überhaupt nicht auskannte, musste ich einen Einwohner fragen, also ging ich auf den nächsten zu, der mir halbwegs deutsch vorkam.
"Ehm... entschuldigen Sie?", setzte ich an, doch der Mann starrte mich nur an, als wäre ich Buddha.
Ich fragte zögernd weiter:" Sprechen Sie deutsch?"
Der Mann blinzelte ein paar Mal und antwortete etwas benommen: "Ja ja, ... ich spreche deutsch ... ."
Erleichtert fuhr ich fort:" Könnten Sie mir sagen, wo ich den nächsten Supermarkt finde?"
"Äh, ja. Gehen Sie drei Häuser weiter und biegen Sie dann links ab.", erklärte er mir.
"Vielen Dank.", sagte ich und lächelte ihn an, als ich mich wieder auf mein Fahrrad setzte und davon fuhr.
Meine offenen Haare wehten im Wind und gaben meinen Rücken frei, der von dem Mann durchlöchert wurde.
Am Markt angekommen, stellte ich mein Rad ab und ging ins Geschäft.
Dem Himmel sei Dank, dass es eine Klimanlage besaß.
Beim reingehen, schnappte ich mir einen Korb und durchstreifte die Regale.
Überrschenderweise, gab es hier wirklich fast alles. Sogar meinen geliebten Waldmeisterpudding. Aber nein,... das nächste Mal, dachte ich schon sehnsüchtig.
Käse, Brötchen, allerlei Gemüse, Eis, Eis, Eis... und noch mehr Eis. Das müsste für die nächsten paar Tage reichen. Mein Kühlschrank ist ja nicht komplett leer.
Woooow..., die haben hier sogar eine Musikabteilung!, worauf ich mich sogleich stürtzte.
Hmmmm..., dachte ich und griff mir ein Album von meiner alten Lieblingsband A-HA heraus und schwellgte etwas in Erinnerungen an meine Eltern, wie wir Karaoketage machten und endlos Titel von A-HA gesungen haben. Meine Beine trugen mich in Richtung Kasse, was ich kaum wahrnahm und lief - natürlich - gegen einen hochgewachsenen, jungen Mann in schwarzen Shorts, einem bordauxfarbenem Hemd und einem schwarzen Cappy mit einer dunklen Sonnenbrille drauf.
Wieder bei Sinnen und voller Scham, entschuldigte ich mich bei ihm.
"Oh, sorry, ich hab' nicht aufgepasst.", stotterte ich.
Er drehte sich um.
Ein Fehler.
Grüne Augen.
Es war ein riesen Fehler, den er beging.
Man sagt doch, dass man wie vom Blitz getroffen sei, wenn man sich auf den ersten Blick veliebt.
Das traf vielleicht auf andere zu, aber nicht auf mich.
In meinem Körper breitete sich eine überschwemmende Ruhe aus. Sie legte mein ganzes System lahm. Alles um mich wurde von einer Schwärze umhhüllt, die von milliarden Lichtern gesprenkelt wurde, aber nicht hell genug leuchten konnten. Sie waren nicht hell genug, um dem Licht seiner Augen auch nur Konkurenz zu bieten.
Mein Herz schmolz nicht einfach so, es war ein Brunnen, aus dem nur noch mehr heraufquoll. Ich hätte nichts dagegen auf diese Art und Weise zu ertrinken. Dieses Mal nicht. Es war eine seltsame Erfahrung.
Seine Haut war leicht gebräunt. Sein Gesicht kantig, aber besaß doch etwas kindliches. Seine Lippen waren etwas zwischen schmal und voll, aber sinnlich und streng zu selben Zeit. Seine Nase bog sich leicht nach innen. Hohe Wangenknochen mit leichten Grübchen. Seine Ohren waren mit leicht gelocktem, schwarzem Haar bedeckt. Von ihnen ging ein salziger Duft aus, begleitet von etwas süßem. Das alles analysierte ich in einer Sekunde, aber da war noch etwas.
Seine Augen. Groß und grün. Grün und tief.
Tief und traurig.
Ich sah ihn immer noch an.
Er selbst, sah aus, als stünde Buddah persönlich vor ihm. Schon wieder. Meine Augenbrauen hoben sich in Erwartung, bis sie sich abwärts bewegten zu einem Stirnrunzeln.
"Kennen wir uns nicht von irgendwoher?", fragte ich.
Sein Mund ging auf und zu, als würde er nach Luft schnappen wollen. Doch plötzlich drehte er sich um, bezahlte im windeseile und ging stocksteif aus dem Geschäft. Selbst der Kassierer sah ihm überrascht nach, dann sah er zu mir.
"Huuuiiii, dass der mal sprachlos wird. Respekt, Kleines!", meinte er.
"Was stimmt eigentlich nicht mit euch? Ihr Leute von der Insel seid echt seltsam.", platzte es aus mir heraus.
Der Kassierer sah mich an mit einer hochgezogenen Augenbraue.
"In anbetracht dieser Situation, frage ich mich wer hier seltsamer ist.", sagte er plötzlich sachlich.
"Was meinen Sie damit?"
"Du bist neu hier, nicht wahr? Hab dich noch nie hier gesehen."
"Bin heute hergezogen.", sagte ich kurz angebunden.
Er fragte nicht weiter, wofür ich ihm auch dankbar war. Ich packte die Einkäufe in meinen Rucksack, verabschiedete mich und ging Richtung Ausgang. Die schwüle Luft klatschte mir unerwartet ins Gesicht und nahm mir fast den Atem. Beim fahren war es dann schon etwas angenehmer.
Und wieder spührte ich, wie mein Rücken durchbohrt wurde.
Ich brauchte mich nicht um zu drehen. Das war nicht von nöten, denn es war zu offensichtlich.
Ich dachte das zwar, drehte mich aber trotzdem um.
Die Augen des Unbekannten glühten und ich wollte in ihnen verbrennen.
Deine wunderschönen grünen Augen, sie funkelten mich an!
Dieses leuchtende Grün zog mich sofort in deinen Bann!
Ich kann es kaum glauben,
willst du mir den Verstand rauben?
Ich blicke in deine grünen Augen hinein
und spüre nur warmen Sonnenschein
der sich in mein sehnendes Herz ergießt
und nun in meine gefrorenen Adern fließt!
( Autor unbekannt )
Texte: Diana Smyrnova
Bildmaterialien: Bearbeitet von Diana Smyrnova
Tag der Veröffentlichung: 12.07.2015
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