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Leseprobe

 

 

 

 

ROBERT L. FISH

 

 

Schlock Homes & Dr. Watney -

Neues aus der Bagel Street

 

Erzählungen

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

SCHLOCK HOMES’ RÜCKKEHR 

DIE NEUE ZIGARETTENMARKE 

DAS FEHLENDE BUTTERBROTPAPIER 

DAS GEHEIMNISVOLLE VERSCHWINDEN VON WHISTLERS MUTTER 

MÖRDERISCHE HOT DOGS 

KEIN AMERIKANER NACH PARIS! 

Nachwort 

 

Das Buch

Kenner und Liebhaber von Detektiv-Geschichten sind jetzt vielleicht etwas verwirrt!

Das Titelbild zeigt doch...?

Die Namen klingen auch wie...?

Ganz recht: gemeint sind Sherlock Holmes und Dr. Watson.

Robert L. Fish hat sehr gekonnte Parodien geschrieben, also in komischer Nachahmung von Form und Sprache des berühmten Arthur Conan Doyle neue, spannende Fälle für seine Helden erfunden: Schlock Homes klärt auch die verzwicktesten Kriminalfälle durch genaueste Beobachtungen und Untersuchungen, aus denen er dann scharfsinnige Schlussfolgerungen zieht.

Eines darf ich verraten: Sollte der Leser zu ganz anderen Ergebnissen kommen, so hat er keineswegs unrecht!

 

Schlock Homes & Dr. Watney - Neues aus der Bagel Street, die köstliche Sherlock-Holmes-Parodie von Robert L. Fish (* 21. August 1912 in Cleveland, Ohio; † 23. Februar 1981 in Trumbull, Connecticut), erschien erstmals im Jahr 1974; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1981.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers.

  SCHLOCK HOMES’ RÜCKKEHR

 

 

In trübe Gedanken versunken stieg ich an jenem kühlen Septemberspätnachmittag ’62 die breiten Stufen der Treppe von St. Barts hinunter und lenkte meine Schritte in die Richtung der bescheidenen Wohnung, die ich – wie lange schien das her – mit meinem lieben Freunde Schlock Homes geteilt hatte. Es war ein unguter Tag, das Glück war nicht auf meiner Seite: Die von mir vorgenommene Herzoperation schien zunächst äußerst erfolgreich; dennoch war mir der Patient aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen gestorben. Und schlimmer noch: die hübsche junge Krankenschwester, die ich bat, mir am Nachmittag bei einem Trankopfer zu helfen, meinen Kummer zu vergessen, hatte mich brüsk abgewiesen.

Meine Stimmung war somit alles andere als rosig, während ich mir, langsam durch die Straßen gehend, noch einmal die letzten Minuten mit Homes ins Gedächtnis rief – deutlich entstand der Kampf auf den Felsenklippen vor meinem inneren Auge: Professor Marty mit blinkendem Schwert, mein armer Freund nur mit einem Geigenbogen bewaffnet, und in der Tiefe die scharf zackigen Felsen, die sich drohend aus der schäumenden Brandung hervorreckten. Und dann, nachdem der Professor das Gleichgewicht verloren hatte und über die Kante getaumelt war, jener fürchterliche Moment, als Homes sich anschickte, den völlig ruinierten Bogen in die Wellen zu schleudern und dabei selbst in den Tod stürzte!

Schlock Homes war nicht mehr!

Auch nach so vielen Wochen schien es mir noch immer unfasslich. Mit einem tiefen Seufzer, der dem Gedenken an meinen Freund ebenso galt wie dem an die hübsche Krankenschwester, bog ich schließlich in die Bagel Street ein und stieg, bei Nr. 221 B angelangt, schwerfällig und müde die dunklen Stiegen zu unseren Räumen hinauf. Drinnen machte sich die hereinbrechende Dämmerung bereits stark bemerkbar. Es war gerade noch hell genug, dass ich, ohne die Lampe anzuzünden, zum Bücherregal treten und ihm mein Notizbuch entnehmen konnte. Gerade war ich dabei, die Seite mit dem Namen der jungen Krankenschwester herauszureißen und die Fetzen auf dem Boden zu verstreuen, als ein plötzliches Geräusch mich innehalten ließ. Wäre mir nicht Mr. Essex’s intensive Abneigung gegen alles Katzenähnliche bekannt gewesen, hätte ich geschworen, eine Katze miauen zu hören.

Mich umwendend, versuchte ich mit den Augen das Dunkel im rückwärtigen Teil des Zimmers zu durchdringen und sah zu meinem äußersten Befremden eine hagere Gestalt, bequem am Boden sitzend, den Bogen über die Saiten einer Violine führen und dadurch, selbst für mein ungeübtes Ohr, eine brauchbare Wiedergabe von Zetzenbulls Sioux Suite erzielen. Der Schock war so groß, dass mir, wie ich zugeben muss, der Mund offenblieb.

»Homes!«, schrie ich, wobei mir schwach in den Knien wurde.

»Watney«, erwiderte mein Freund mit einem kleinen, trockenen Lachen, »mach den Mund zu.« Er legte das Instrument beiseite und stellte sich langsam auf die Füße. »Und außerdem verunreinigst du den Fußboden!«

»Homes!«, konnte ich nur wiederholen und ihn aus schreckensweiten Augen ansehen. »Du lebst! Wie ist das möglich?«

Nachdenklich sah er mich an. »Als ich so unvorsichtig war, über jene Brüstung in Monaco zu stürzen«, entgegnete er nach kurzer Pause, »hatte ich das Glück, eine Stelle zu treffen, an der gerade Fischer ihre Netze straff ausspannten, um sie danach besser zum Trocknen aufhängen zu können. Als ich eintraf, hatte Professor Marty sich bereits aus den Garnen befreit und rannte, was er konnte, den Strand hinunter. Ich brauch wohl nicht extra zu betonen, dass das nochmalige Verwirren der Netze nicht eben dazu angetan war, den Ärger der Fischer zu besänftigen. Als es mir endlich gelungen war, die Gemüter der braven Leute zu beruhigen und wieder zur Straße hinaufzuklettern, warst du bereits verschwunden. Beim Eintreffen im Hotel stellte ich fest, dass du alle meine Habseligkeiten an dich genommen hattest, wodurch ich dazu verurteilt war, in Europa zu verbleiben, ein Tatbestand, der mir allerdings nicht unsympathisch war.«

»Und was hat dich zurückgeführt, lieber Homes?«, fragte ich neugierig.

Der große Detektiv lächelte. »Und was veranlasst dich mit übertriebener Hast Seiten aus deinem Marokkoleder-Büchlein zu entfernen, wenn wir schon nach Motiven forschen? Du kommst herein, gehst direkt an den Bücherschrank, entnimmst ihm das Notizbuch und beginnst heftig die Seiten herauszureißen. Der einzig mögliche Schluss, den solches Handeln zulässt, ist, dass du den Einband dringend benötigst. Zieht man dazu noch die Jahreszeit in Betracht, kann man nur folgern, dass du zur Jagd gehen willst und zu diesem Zwecke neue Schonflecken für die Ellenbogen deiner Jägerjoppe benötigst.«

»Homes! Immer noch der Alte!« Ich betrachtete ihn aufmerksam. »Was aber führt dich zurück nach London? Wirst du bleiben?«

Mein Freund trat auf mich zu, wobei er die Lampe emporhielt, deren Schein sein geliebtes und vertrautes Profil scharf hervortreten ließ.

»Nun, was das anbelangt, Watney«, entgegnete er leichthin, »so bleibt dies der Zeit überlassen. Im Augenblick ist es der Ruf eines alten Freundes, der meine Rückkehr erforderlich machte und mich jetzt herführt.«

»Homes!«, rief ich, von Gefühl überwältigt.

»Lord Epsom«, fuhr er, meinen Ausruf unbeachtet lassend, fort, »sicher erinnerst du dich an ihn?«

»Natürlich.« Lord Epsom war ein alter Bekannter, dessen Exzentrik darin bestand, sich alle Nachbarn mindestens drei Meilen vom Halse zu halten, was in der näheren Umgebung als die Epsom-Meile eine gewisse Bekanntheit erlangte. »Was fehlt seiner Lordschaft?«

Homes lächelte gemessen.

»Später«, sagte er nur. Seine scharfen Augen blickten mich forschend an. »Du scheinst etwas mitgenommen, mein lieber Watney. Solltest du über genügend Zeit verfügen, mir in diesem Fall zu assistieren, so wäre mir das sehr willkommen. Die klare Luft der Highlands dürfte überdies der richtige Ausgleich für etwa entgangene Jagdbeute sein.«

»Nur zu gern begleite ich dich, Homes!«, rief ich. »Gut. Dann schlage ich vor, dass du sogleich packst. Auf dein Einverständnis zählend habe ich bereits Plätze im Glasgow Express reservieren lassen, Abfahrt in Euston in weniger als einer Stunde.«

Ich begab mich in mein Schlafzimmer und begann hastig, Kleidungsstücke in meine alte Reisetasche zu werfen – die junge Krankenschwester war schon völlig vergessen. Homes’ Wiederkehr und seine Bitte, ihn auf einer Mission zu begleiten, wirkten elektrisierend auf mich. Schon bald gesellte ich mich wieder zu ihm im Salon, und gemeinsam gingen wir auf die Straße hinunter, um eine Droschke zum Bahnhof zu nehmen.

Wir trafen dort zeitig ein, und als wir es uns im Abteil bequem gemacht hatten, zündete Homes eine Bulgaria an, lehnte sich im Sitz zurück und schnippte die Asche auf den Boden. Ich lächelte angesichts der wohlvertrauten Gebärde. »Ganz wie in alten Zeiten, Homes«, seufzte ich zufrieden. »Es ist lange her, dass uns ein Fall über die Grenze hinauf nach Schottland geführt hat.«

»In der Tat«, räumte er ein. »Beim letzten Mal hatten wir das Glück, einen Krieg zwischen mehreren bedeutenden schottischen Clans zu verhindern, als deren Temperament mit ihnen durchzugehen drohte.«

Ich nickte, da ich mich gut an den Fall erinnerte. In meinen Notizen wartet dieser Fall, den ich Das Abenteuer des dampfenden Teekessels nenne, auf die Veröffentlichung. Ich nickte zustimmend. »Ich erinnere mich sehr wohl, Homes«, sagte ich, und indem ich mich zu ihm vorbeugte: »Doch genug, lass uns jetzt nicht mehr davon sprechen. Wenn es dir recht ist, lieber Homes, weihe mich in Lord Epsoms Probleme ein.«

Ein Schatten verdunkelte für einen Augenblick das Gesicht meines Freundes. Er drückte seine Zigarette auf dem Rand des Wagenfensters aus und wandte sich mir dann ernst zu.

»Die Sache ist folgende, Watney. Wie du weißt, ist Lord Epsom Eigentümer einer preisgekrönten Sau, in Fachkreisen unter dem Namen Duchess of Bloatings bekannt und Gewinnerin zahlloser Medaillen und Auszeichnungen. Nun, um es kurz zu machen, die Duchess of Bloatings ist verschwunden. Sofort nach Gewahrwerden des Verlustes ließ Lord Epsom eine große Suche anberaumen. Es gelang ihm sogar, dafür eine wandernde Zigeunergruppe in seine Dienste zu nehmen, der er gestattet hatte, auf seinem Herrensitz ihr Lager aufzuschlagen, da die Duchess of Bloatings eine besondere Vorliebe für die Abfälle dieses Zigeunerlagers an den Tag gelegt hatte.

Doch selbst das war vergebens. Als bis zum gestrigen Abend noch immer keine Spur gefunden war, benachrichtigte er die Bezirkspolizei, die sich ihrerseits sofort mit Scotland Yard in Verbindung setzte. Der Yard wiederum beauftragte die Sûreté générale, der es gelang, mich ausfindig zu machen. Unsere Reise nach Norden dient dem Wiederauffinden der vermissten Sau.«

Ich nickte voller Mitgefühl. »Homes, hast du schon eine Theorie?«

»Nein«, erklärte er ernst. »Bis wir am Ort des Geschehens eintreffen, ist, fürchte ich, wenig zu tun. Ich schlage vor zu speisen und alsdann den Schlafwagenschaffner die Betten herrichten zu lassen. Meine Reise vom Kontinent hierher war recht ermüdend, und wir brauchen morgen einen klaren Kopf.«

 

Am folgenden Morgen mieteten wir am Bahnhof eine offene Kutsche und fuhren durch den strahlenden schottischen Sonnenschein hinaus nach Bloatings, dem Wohnsitz Lord Epsoms und – bis vor kurzem auch dem der preisgekrönten Sau. Wir fanden seine Lordschaft mit einem Golfschläger im Garten hantierend, wobei es sich um ein älteres Modell mit Holzschaft handelte, wie es südlich der Grenze längst nicht mehr gebräuchlich ist. Als er uns kommen sah, ließ er den Schläger fallen, ging uns entgegen, während er uns fragend durch seine dicken Brillengläser ansah.

»Homes!«, rief er, ihn erkennend. »Sie sind gekommen!«, und dann, nach kurzer Pause: »Aber warum?«

»Die Duchess of Bloatings«, erwiderte Homes ungerührt.

»Ein schönes Tier«, bemerkte seine Lordschaft, wozu er bekräftigend mit dem Kopf nickte. Dann aber nahm sein Gesicht einen Ausdruck der Trauer an, und er fügte hinzu: »Aber sie ist verschwunden.«

»Ich weiß«, sagte Homes freundlich, »Sie beauftragten mich mit der Nachforschung.«

»Ach ja? Ganz recht, das tat ich, oder nicht? Lassen Sie uns ins Arbeitszimmer gehen, wo ich Ihnen die Einzelheiten dieser Entführung berichten werde.« Er zögerte unschlüssig. »Aber wo ist das Arbeitszimmer?«

Homes wusste, wie immer, Antwort, und wenige Augenblicke später saßen wir einander in der Bibliothek gegenüber, und man reichte uns Kaffee.

»Und nun, Epsom«, sagte Homes ruhig, indem er die Tasse abstellte, »die Einzelheiten bitte.«

»Selbstverständlich«, beeilte sich seine Lordschaft, liebenswürdig lächelnd, »die Einzelheiten wovon, bitte?«

»Vom Verschwinden Ihrer Sau«, erinnerte Homes.

»Ach ja, richtig. Vorgestern scheint sie noch dagewesen zu sein, oder war es Vor-vorgestern oder noch ein Tag davor? Jerkins, ihr Pfleger, wollte sie füttern, und sie war fort. Höchst außergewöhnlich, versichere ich Ihnen. Die Duchess kam zwar öfters zu Ausstellungen und auch zu Messen zu spät, aber nie zu den Mahlzeiten. Jerkins hat gesucht, konnte sie jedoch nicht finden. Schließlich wandte er sich hilfesuchend an mich, aber, um ehrlich zu sein, ich bin sehr kurzsichtig. In der Tat«, schloss seine Lordschaft betrübt, »gelang es mir auch nicht, sie zu finden.«

Homes nickte gedankenverloren. »Besteht die leiseste Möglichkeit, dass sie schlichtweg entlaufen ist?«

»Die Duchess? Nie und nimmer.« Seine Lordschaft schüttelte energisch den Kopf. »Sie wog über drei Zentner, im Allgemeinen fiel es ihr schon schwer, sich überhaupt auf den Füßen zu halten, geschweige denn, zu laufen.«

»Ich verstehe. Sagen Sie, ist Ihnen am fraglichen Abend irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Vielleicht ein ungewöhnliches Geräusch, das uns Anhaltspunkte liefern könnte?«

Lord Epsom dachte einige Augenblicke tief nach.

»Ungewöhnlich wäre möglicherweise zu viel gesagt, zumal es sich täglich zutrug. Ich erinnere mich jedoch, die Kinder der Köchin singen gehört zu haben. Irgend so einen Kinderreim; ich hatte richtig Mühe Jerkins zu verstehen, weil die kleinen Bälger solchen Lärm machten.«

Ein Funke glomm in den Augen meines Freundes.

»Ein Kinderreim, sagen Sie«, fragte er sanft, »sehr interessant! Kindermund... Sie wissen ja, Lord Epsom... können Sie sich möglicherweise erinnern, welchen Reim sie sangen?«

Lord Epsom runzelte die Stirn. »Warten Sie...« Plötzlich leuchteten seine Augen auf. »Bei Gott, Homes, Sie sind erstaunlich! Jetzt erinnere ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Robert L. Fish/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx/123rf.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx/123rf.
Lektorat: Mina Dörge.
Korrektorat: Mina Dörge.
Übersetzung: Renate Reimann (OT: The Memoirs Of Schlock Homes).
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 05.09.2022
ISBN: 978-3-7554-2018-7

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