Cover

Leseprobe

 

 

 

 

ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 53:

Die Zeit des Sammlers

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

Was bisher geschah... 

DIE ZEIT DES SAMMLERS 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 54: RAHEL 

Glossar 

 

Das Buch

Einst war er ein Mächtiger, ein König unter dunklen Fürsten, gleichermaßen geachtet wie gefürchtet.

Doch seine Zeit verging; er verlor seine Macht, seine Hoffnung, und schließlich sein Leben. Einsam und in absoluter Finsternis schloss er für immer die Augen...

Für immer?

Nein, denn das Schicksal hielt neuen Schrecken bereit: für ihn und für alle, denen er begegnen sollte. Man störte seinen ewigen Frieden und zerrte ihn ans Licht einer neuen Existenz, die er verachtete wie sich selbst. Eine neue Zeit sollte anbrechen: die Zeit des Sammlers!

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada. 

  Was bisher geschah...

 

 

 

Am 28. September 2000 erscheint ein mysteriöses Haus an der Paddington Street in Sydney. Der Polizeipathologe Darren Secada findet darin die Halbvampirin Lilith Eden und bringt sie in seine Wohnung, verfolgt von Seven van Kees, einer Reporterin. Diese wird Zeuge, wie zwei unheimliche Gestalten von Lilith zur Strecke gebracht werden. Es sind Vampire! Doch dies ist eigentlich unmöglich. Lilith weiß, dass Gott selbst die Alte Rasse vom Antlitz der Erde getilgt hat. Darren stellt fest, dass diese Wesen seit Jahren tot sind; sie verschwanden damals aus ihren Gräbern. Und nun setzt sich der aufgehaltene Verwesungsprozess fort.

Lilith bleibt keine Zeit, Atem zu holen. Sie entdeckt über dem Sydneyer Zoo einen magischen Wirbel, und als sie das Phänomen untersuchen will, wird sie von Chimären angegriffen. Zwar bleibt sie Sieger, doch wer die Untat begangen hat, ist ungewiss.

Für Seven van Kees ist das Leben mittlerweile zur Hölle geworden. Sie hat sich in einen Fremden verliebt – um, nachdem sie mit ihm geschlafen hat, festzustellen, dass er längst tot war und nun seinen zweiten, endgültigen Tod findet! Sie vertraut sich Secada an. Gleichzeitig merkt sie, wie sich etwas in ihr verändert. Und erfährt schließlich... dass sie schwanger ist!

Lilith lernt unterdessen den Mann kennen, der hinter der Gruppe steht, die für die Chimären verantwortlich zeichnet: der Multimillionär Max Beaderstedt. Er möchte Lilith für seine Ziele gewinnen. Als sie sich weigert, will er sie töten. Dies aber verhindert der Angriff eines Konkurrenten; bei dem Kampf kann Lilith entkommen. Was ist das Geheimnis um diesen Mann...?

Das erfährt vorerst nur der Leser: die Geschichte der »dritten Weissagung« nämlich, die eine Vampirin namens Irina 1978 aus dem Vatikan raubte. Es handelt sich um das unter Verschluss gehaltene dritte Geheimnis von Fatima, das für den Jahrtausendwechsel Schreckliches prophezeit. Die Erfüllung hängt von sieben Zeichen ab. Das erste war die Zerstörung Jerusalems, das Auftauchen der Chimären bereits das vierte. Irina dient der Weissagung, die sich in einem Pergament manifestiert hat und jeden übernimmt, der das Blatt berührt – so auch Max Beaderstedt.

Durch diese Übernahme verändert, ist Irina die Vernichtung ihrer Rasse entgangen. Als sie nun von einer weiteren überlebenden Vampirin erfährt, ist klar, dass sie ihrer habhaft werden muss. Sie scheint am Ziel, als Beaderstedt Lilith in seine Gewalt bringt und Irina informiert. Doch das nicht nur, um ihr einen Gefallen zu tun: Beaderstedt ist besessen vom Geist des Vampirs Ilja, der einst Irinas Sippenführer war und jetzt ihren Körper zu übernehmen trachtet. Dafür muss allerdings Beaderstedt sterben. Doch ungünstige Bedingungen verhindern, dass der Geist wie geplant in Irinas Körper wechseln kann, sondern sich einen anderen Wirt suchen muss. Das geschieht von Irina unbemerkt, während sie Lilith betäubt, Darren hypnotisiert und beide mit sich nimmt...

DIE ZEIT DES SAMMLERS

 

 

 

 

 

  Prolog 

  Jerusalem, nach der Schlacht

Kein noch so leises Geräusch drang vor zu dem Mädchen, das durch die entweihte Stadt irrte. Nicht nur der Wind schwieg, auch der Zeit selbst schien vor Grauen der Atem zu stocken.

Das Mädchen nahm jedes Detail der Gräuel in sich auf. Die Straßen und Häuser waren voll von den Opfern Armageddons. Niemand, nicht ein einziger Bewohner, hatte dem Schlachten entrinnen können. Auf Satans Geheiß war eine ganze Stadt von Werwölfen ermordet, war uralte Heiligkeit für immer ausradiert worden.

 

Vor einem toten Knaben, der seine Finger in die Hand der Mutter geflochten hatte, hielt das Mädchen kurz inne. Beinahe sah es aus, als müsste es überlegen, ob es etwas für den Knaben, der Ähnlichkeit mit seinem verlorenen Bruder hatte, tun könne – oder wolle.

Doch unvermittelt setzte es seinen Weg wieder fort.

Die toten Augen des Knaben folgten ihm noch eine Weile. Man hätte meinen können, erleichtert.

Die Gebäude wirkten fast unversehrt. Ein heimlicher und zugleich unheimlicher Krieg hatte sie entvölkert. Mächte, die jeder gekannt und gefürchtet, aber vielleicht nicht ernst genug genommen hatte, waren für den Untergang der Stadt verantwortlich.

Das Böse schlechthin...

Der Gedanke brachte die Augen des Mädchens zum Glitzern.

Wie viele Tage war es her, dass es selbst noch ein menschliches Geschöpf mit Sorgen und Nöten gewesen war? Ein Kind, vielleicht etwas reifer als die meisten seiner Altersgenossen, aber doch eben ein Kind. 

Nur noch die Hülle, die Rahels Geist beherbergte, erinnerte daran. Der Geist war im Zeitraffer gealtert; neue Horizonte hatten sich ihm erschlossen.

Rahel Chaim, flackerte es durch das Hirn des Mädchens. Auf diesen Namen war es einst getauft worden. Doch nun hatte es eine zweite, stärkere Taufe erfahren... 

Das Licht, das die Stadt erhellte, wirkte kalt und tot, als wäre der Himmel zu grauem Eis erstarrt, aus dem die Sonne wie das frostfahle Gesicht eines Erfrorenen hervorblinzelte.

Rahel hatte das Gefühl, dass auch die Luft, die sie atmete, verbraucht und verdorben war. Sie quälte sich durch ihre Lungen, und vielleicht hätte ein Mensch qualvoll daran ersticken müssen, weil nichts mehr darin enthalten war, was ein »normaler« Organismus hätte verwerten können.

Toter als Jerusalem konnte kein anderer Fleck auf der ganzen Erde sein!

Rahel schritt weiter durch die Stadt, die seltsam herausgelöst aus dem Strom der Zeit wirkte, auch jetzt noch, nachdem die bleierne Dunkelheit gewichen war.

Das Mädchen, das in seinem Elternhaus gestorben und wiederauferstanden war – vergiftet von purpurdurchstrahltem Blut, erweckt von ehrfurchtgebietender Magie –, wollte gerade über einen weiteren der Gemeuchelten auf dem Pflaster hinwegsteigen, als es innehielt.

Fasziniert starrte Rahel auf den von Klauen und Zähnen zerfleischten älteren Mann, der sich – bewegte?!

Maskenhafte Neugier schmiegte sich um Rahels Mund. Ihre Züge leuchteten gespenstisch, als sie ihren Irrtum erkannte: Nicht der Tote bewegte sich, etwas bewegte ihn. Etwas veränderte ihn! 

Staunend verfolgte Rahel, wie sich die Wunden des Verstümmelten im Zeitraffertempo schlossen. Sämtliche Verheerungen, die ein Werwolf ihm zugefügt hatte, schwanden spurlos, und fast gleichzeitig glaubte Rahel ein dunkles Rumoren aus dem Bauch der Erde wahrzunehmen. Ein Unheil verkündendes Grollen, fern zwar noch, aber unerbittlich anschwellend...

Sie löste ihren Blick von dem Leichnam, der nun eine klaffende Verletzung am Kopf zeigte, als hätte ihm jemand den Schädel mit einem Hammer eingeschlagen.

Diese Wunde blieb.

Rahel fühlte plötzlich, dass Eile geboten war. Die Zeitstarre, jener Panzer, in dem die Stadt gefangen gewesen war, begann zu bröckeln.

Etwas... geschah.

Denn überall, wohin der Blick des Mädchens auch irrte, veränderten sich jetzt die Opfer Armageddons!

Eine unsichtbare Hand schminkte die Verstümmelungen von den Leibern hinweg und – malte neue Wunden darauf. Wunden, die andere Ursachen hatten als toll- und blindwütige Mordlust.

Rahel begann zu ahnen, was hier passierte. Und wer dies vollbrachte. 

Eine Zeitlang taumelte sie, von einem jenseitigen Orkan geprügelt, durch die Schluchten der Stadt. Die Ausmaße ihrer soeben bewusst gewordenen Bestimmung versetzten das kindliche Herz in ihrer Brust in Aufruhr. Bis zu diesem Moment hätte sie es nicht für möglich gehalten, selbst ein Teil der Vorsehung, selbst ein Motor und Gestalter der Zukunft zu sein!

Verwirrt betrat sie das Haus, vor dessen Pforte der Wind sie getrieben hatte. Die Tür war aus den Angeln gerissen. Im Innern hatten Berserker gehaust.

Rahel ließen die Verwüstungen kalt. Achtlos stieg sie die Treppe hinauf ins Obergeschoß. Und noch höher bis auf den Speicher.

Ein Loch klaffte im Ziegeldach. Etwas hatte es durchschlagen. Kein Ding, sondern... Rahels suchender Blick fand den Verursacher des Schadens. Er lehnte zusammengesunken am Kniestock des Dachstuhls. Tot wie alle in Jerusalem.

Und doch anders tot.

Mit angezogenen Knien kauerte er da, die Hände nach außen gedreht und die Unterarme auf den Boden gestützt. Die Pulsadern des selbst im Tod noch charismatischen Mannes waren vom Handgelenk bis zu den Armbeugen aufgeschnitten. Um den Leichnam herum war auf dem gestampften Lehm der Schatten versickerten Blutes zu erkennen.

Blut, das auch noch zu riechen war.

Sein Aroma unterschied sich von dem, was überall sonst in der Stadt vergossen worden war. Denn es roch... schwarz. 

Und fremd.

Rahel ging auf den Toten zu. Sie kannte ihn aus dem Haus, in dem sie kelchgetauft worden war. Er hatte jenes Ungetüm bekämpft, von dem Rahel gezwungen worden war, aus dem magischen Kelch zu trinken! Das Ungetüm war in Begleitung einer Frau gewesen, die ihr Blut hergegeben hatte, um Rahel zu dem zu machen, was sie jetzt war. 

Eine Vampirin.

Ein Kind, dessen Gelenke und Knochen schmerzten, weil das Wachstum seinen Körper widernatürlich schnell verändern wollte. Um ihn dem bereits veränderten Geist anzupassen...

Rahel kannte nicht den Namen des Toten, neben dem sie sich schließlich auf die Knie niederließ. Und den sie berührte.

Er war kalt wie ein Fisch. Seine Augen waren geschlossen und vermittelten den Eindruck, als könnte keine Kraft der Welt sie je wieder öffnen. Die Nacht hatte sich im Körper des Toten eingenistet, ewige, endlose Nacht.

Nichts ist ewig, nichts ist endlos, korrigierte Rahel das eigene Gefühl beim Anblick des Mannes. 

Er war etwas Besonderes, und vielleicht wirkte die Magie, die an den übrigen Leichen Jerusalems Kosmetik betrieben hatte, aus diesem Grund nicht an ihm.

Seine Wunden blieben unangetastet. Als hätte ihn die Kraft, die sonst alles korrigierte, vergessen.

Vielleicht war es eine pervertierte Form von Mitleid, vielleicht aber auch nur die Ahnung seiner Nützlichkeit, die Rahel veranlasste, sich nach vorn zu beugen und das zu tun, was sie schon zweimal zuvor getan hatte. Bei Rebecca und Gershom Chaim, ihren ehemaligen Eltern.

Sie berührte die spröden Lippen des Toten mit ihrem sanften, weichen Mund. Und staunte abermals über die Macht ihrer Küsse. Die selbst Tote heilten.

Und so auch diesen...

 

 

Gegenwart, Australien

Die Ohnmacht wich.

Lilith hatte das Gefühl, sich aus den Tiefen eines finsteren Ozeans hinauf ans Licht kämpfen zu müssen, wo sie nach einer kleinen Ewigkeit endlich anlangte.

Sie schlug die Augen auf, völlig erschöpft. Übelkeit wehte wie ein warmer Pesthauch durch ihren Körper. Und für die erste Zeit übertünchte der Brechreiz selbst das begehrliche Rumoren in ihrem Magen.

Den unbändigen Durst. 

»Wo sind wir?«

Trübes Licht erhellte einen spartanisch ausgestatteten Raum. Lilith hatte auf dem nackten Fußboden gelegen. Ihr war kalt. Sie fröstelte, zitterte wie Espenlaub...

... und wartete darauf, dass der Mann, der neben ihr kniete, sie in seine Arme schloss, um ihr Wärme und Nähe zu vermitteln.

Sie wartete vergeblich.

»Darren, was ist? Wo sind wir? Immer noch auf der... Plattform im Meer?«

Darren Secada schüttelte den Kopf.

»Wo dann?«

»Irgendwo im Outback.«

Lilith versuchte sich aufzurichten und stützte sich auf die Ellbogen. Eine Weile drehte sich alles um sie herum. Doch ihr Kreislauf stabilisierte sich wieder.

Das Gift... Sie erinnerte sich an die feige Attacke der fremden Vampirin, die ihr einen vergifteten Dorn ins Fleisch getrieben und sie damit außer Gefecht gesetzt hatte. 

Für wie lange?

Verblüfft stellte Lilith fest, dass Bartstoppeln in Darrens Gesicht sprossen. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte, war er glattrasiert gewesen!

»Wie lange war ich bewusstlos?«

Darren hob hölzern den Arm, um auf seine Uhr zu befragen.

»Seit 48 Stunden«, sagte er schließlich.

»Zwei volle Tage...?« Lilith setzte sich vollends auf und ignorierte den pochenden Kopfschmerz, den die überhastete Bewegung auslöste. »Verdammt! Wo ist diese...?«

»Irina konnte nicht warten, bis du aufwacht«, sagte Darren. »Sie hat Dringendes zu erledigen, sagte sie.«

»Irina heißt die Dame also. Nun, was sie mit mir angestellt hat, weiß ich. Aber wie steht es mit dir?«

»Mit mir?«

»Du benimmst dich mehr als seltsam. Offenbar hat sie dich zur Brust genommen...«

Darren blinzelte irritiert. Er war sich des hypnotischen Banns, der auf ihm lag, nicht bewusst. Natürlich nicht.

»Verdammt!« Mit einem neuerlichen Kraftausdruck versuchte Lilith auf die Beine zu Kommen. Es gelang ihr, auch ohne Darrens Hilfe, der nicht auf den Gedanken kam, ihr die Hand zu reichen.

Lilith blickte sich um. Der Raum war fensterlos. Ein Deckenlicht verströmte kaum mehr Helligkeit als eine 25-Watt-Birne. Bis auf ein Metallregal, auf dem sich verschiedene Lebensmittel und Getränkedosen türmten, gab es keine Möbel. Die Temperatur mochte bei etwa fünfzehn Grad Celsius liegen. Erträglich, aber keinesfalls komfortabel.

Unwillkürlich blickte Lilith an sich herab und musterte das Textil, in das die Kreatur sich verwandelt hatte, mit der sie in Symbiose lebte: Das mimikryfähige, amorphe Geschöpf gefiel sich in der Form eines winzigen, tangaähnlichen Slips.

Noch ärgerlicher als zuvor versuchte Lilith, ihr Outfit zu korrigieren. Aber der Symbiont reagierte nicht im mindesten auf ihre telepathisch geäußerten Wünsche.

»Zur Hölle, was geht hier vor?!«

Mit vorsichtigen Schritten begab sie sich an dem Regal, in dem auch zwei, drei geöffnete Konserven standen, deren Inhalt verzehrt war, vorbei zur Tür. Sie besaß weder eine Klinke noch überhaupt einen sichtbaren Öffnungsmechanismus. Wahrscheinlich existierte der einzige Zugang zur Verriegelung auf der Außenseite.

In der Decke waren vereinzelt Lüftungsschlitze eingelassen, durch die fühlbar Frischluft eingeleitet wurde. Das monotone Summen einer Klimaanlage war für eine Weile das einzige Geräusch.

Lilith kehrte sie zu Darren zurück, der immer noch am Boden kniete.

»Steh auf!«

Er gehorchte.

Allmählich, wenn auch zögerlich, schwanden die Nachwehen der Betäubung. Lilith stemmte die Fäuste in die Hüften. Ihre Blöße lenkte sie nicht von den neuen Rätseln ab, die sich vor ihr auftürmten.

»Sie hat mit dir gesprochen?«

»Irina?« Darren nickte.

»Wir sind also seit zwei Tagen allein. Wenn sie dir schon nicht gesagt, wohin sie gegangen ist, weißt du vielleicht wenigstens, wann sie wiederkommen wollte?«

»Nein.«

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Adrian Doyle/Timothy Stahl/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Korrektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 23.08.2022
ISBN: 978-3-7554-1944-0

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