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Leseprobe

 

 

 

 

HARDLEY HOWARD

 

 

September im Regen

 

Roman

 

 

 

 

APEX CRIME CHEFAUSWAHL, BAND 5

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

SEPTEMBER IM REGEN 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

Zwanzigstes Kapitel 

Einundzwanzigstes Kapitel 

Zweiundzwanzigstes Kapitel 

Dreiundzwanzigstes Kapitel 

Vierundzwanzigstes Kapitel 

Fünfundzwanzigstes Kapitel 

Sechsundzwanzigstes Kapitel 

 

 

Das Buch

Die junge Dame im schwarzen Samtkleid war ziemlich betrunken. Und sie sah aus, als sei das nicht ihr einziges Problem: ein weiteres stellte vermutlich ihr Begleiter dar. Er ohrfeigte das Mädchen auf offener Straße, und in dem New Yorker Privatdetektiv Glenn Bowman erwachten die Kavaliersinstinkte...

 

Der Roman September im Regen des britischen Schriftstellers Hartley Howard (eigentlich Leopold Horace Ognall - * 20. Juni 1908 in Montreal, Québec; † Großbritannien) erschien erstmals im Jahr 1956; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte im Jahr 1973.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME CHEFAUSWAHL.

  SEPTEMBER IM REGEN

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Sie hatte dunkles Haar, war elegant gekleidet und sah adrett aus. Ihre Figur wölbte sich an den richtigen Stellen nach außen und innen. Auffallend an ihr waren vor allem ihre großen, sinnlichen Augen, der ebenso vielversprechende Mund und das tief ausgeschnittene Abendkleid aus schwarzem Samt, das die bleiche, cremefarbene Haut noch in ihrer Wirkung verstärkte. Das Kleid sah sehr kostspielig aus. Und ihre Ohrgehänge nicht minder. Ganz zu schweigen von dem schweren, goldenen Armband, das sie am linken Handgelenk trug. Weitere Juwelen konnte ich nicht erkennen - vor allem keine Ringe. Danach schaue ich meistens gleich zu Anfang, bevor ich mich mit attraktiven Damen befasse.

Und attraktiv war sie ohne jeden Zweifel. Nicht zu jung, nicht zu alt. Ich schätzte sie auf siebenundzwanzig. Ein nettes Alter. Da weiß man als Frau bereits alle Antworten auf Fragen, die gar nicht erst gestellt zu werden brauchen.

Ich komme viel in der Gegend herum und kann eine Klassefrau sehr wohl vom Durchschnitt unterscheiden. Und ich kenne Betrunkene. Um es kurz zu machen: Diese Klassefrau sah ziemlich angestochen aus.

Der Kerl, der hinter ihr aus der Tür von Morrys Bar trat, hatte offensichtlich einige Mühe, sie in die Limousine zu zerren, die vor der Bar geparkt war, ein paar Meter jenseits des Lichtkreises, der vom hellerleuchteten Eingang auf die Straße fiel. Nicht, dass sie sich dagegen wehrte; ihr Widerstand war eher akustisch als handgreiflich. Aber sie machte die Beine steif und hing an seinem Doppelnelson, als habe sie keine Knochen im Leib. Er musste anscheinend versuchen, sie in Raten auf den Rücksitz zu verfrachten.

Während des ganzen Manövers beklagte sie sich lauthals: »’ch will noch nich’ nach Haus’... s-soll ich dir das noch s-sagen? Warum kümmerst du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten? Lass mich gefälligst in Frieden... Hau ab und lass mich allein... Das is’ alles... Lass mich, verdammt noch mal... Wer bist du überhaupt, dass du... Du hast kein Recht, mich einfach nach Hause zu schicken... Du hast überhaupt kein Recht...«

Der Mann war schlank, trug einen Gabardine-Regenmantel und dazu einen Strohhut und schwarze, blankpolierte Schuhe.

Von seinem Gesicht konnte ich leider nicht viel erkennen. Und was er ihr antwortete, ging im allgemeinen Straßengeräusch unter. Vielleicht sagte er auch gar nichts. Möglicherweise brauchte er seine ganze Luft bei der anstrengenden Tätigkeit, sie im Fond des Wagens zu verstauen.

Dann war anscheinend der Punkt erreicht, wo seine Geduld mit ihr zu Ende war. Ich sah, wie er sie an der Schulter packte und so heftig schüttelte, dass ich schon fürchtete, ihr Kopf würde vom Rumpf brechen. Sie ließ die Stola fallen, die sie über dem Arm getragen hatte, stolperte und wäre selbst beinahe auf das Pflaster gestürzt. Als er sie wieder hochriss, stieß sie einen spitzen Schrei aus und ging wie eine Katze mit den Fingernägeln auf ihn los.

Ich nehme an, er konnte nicht rechtzeitig genug den Kopf zurückziehen, und ihre Krallen machten Bekanntschaft mit seiner Visage, denn ich hörte, wie er ihr ein gemeines Schimpfwort zurief - ein Wort, das man nicht einmal dann einer Dame gegenüber verwenden sollte, wenn diese Dame mehr getrunken hat, als es Damen von Rechts wegen zusteht. Und gleich darauf machte er sich frei und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht.

Ich weiß nicht, ob es wirklich so wehgetan hat, wie es sich ah- hörte, aber das war mir egal. Ich kann nun mal keine Männer ausstehen, die mit Frauen in solcher Weise umgehen. Und ich fand, es war allmählich Zeit zum Eingreifen.

Außer mir schien keiner an den Ereignissen interessiert zu sein. Der Gehsteig vor Morrys Bar war menschenleer; die Drehtür hatte sich nicht bewegt, seit sie die beiden herausgewirbelt hatte. Und die nächsten dreißig Sekunden hatten wir drei die New Yorker Sommernacht für uns, in kompletter Luxusausgabe samt einer Handvoll Sterne und den entfernten, bunten Lichtern der Neonreklame von Times Square.

Er hörte mich anscheinend nicht kommen, denn er fuhr regelrecht zusammen, als ich ihm auf die Schulter tippte. Im Streulicht, das aus Morrys Tür fiel, sah sein Gesicht ganz weiß und erschreckt aus. Nachdem er rasch und heftig eingeatmet hatte, sagte er: »Was zum Teufel wollen Sie von mir?«

»Ich will nichts weiter, als dass Sie mir einen Augenblick lang Ihr Interesse schenken, Bruderherz. Und ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass Sie die hiesigen Bräuche verletzt haben, weil Sie anscheinend hier in der Gegend fremd sind.«

»Was für Bräuche, verdammt noch mal?« Er war ein Bursche mit einem verschlossenen Gesicht, einer dünnen, farblosen Linie anstelle eines Mundes und ruhigen, schwarzen Augen, die mir so kalt vorkamen, als hätte er sie soeben aus dem Tiefkühlfach geholt. Quer über sein Gesicht verlief eine blasse Narbe; sie begann an seinem rechten Ohrläppchen und endete erst unten am Kinn. Auch ohne dieses Accessoire sah er schon unsympathisch genug aus. Dennoch: es hatte eine enorme Wirkung.

Ich sagte: »Zwischen dieser und der Vierzehnten Straße ist es verboten, abends nach elf mit einer Dame ins Handgemenge zu kommen. Sie verstehen, die Nachbarn...«

Danach passierten einige Dinge in sehr schneller Reihenfolge. Die meisten davon passierten mir, um es deutlich zu sagen.

Erstens ließ der Kerl von seiner Freundin ab, indem er sie ziemlich heftig in Richtung auf die geöffnete Tür seines Wagens schmiss. Zweitens holte er seine Linke aus dem Sack und schmetterte sie mir unter das Kinn. Und drittens fuhr seine Rechte in die Tasche des-Regenmantels und kam mit einem metallisch glänzenden Gegenstand wieder zum Vorschein, der alle möglichen Rückschlüsse offenließ. Ich muss gestehen, keinen davon fand ich sonderlich erfreulich.

Seiner Aktion wäre vermutlich ein voller Erfolg beschieden gewesen, wenn wir nicht so dicht voreinander gestanden hätten. Und wenn er nicht einige Zeit damit vertan hätte, das Schießeisen am Lauf zu packen, damit er es mir mit Schwung auf den Schädel schmettern konnte.

Doch während er noch ausholte, klärte sich der Nebel vor meinen Augen, und ich trat noch ein wenig näher. Die Hand mit dem Schießeisen sauste dementsprechend über-meine Schulter hinweg. Dabei blieb es unvermeidlich, dass der Narbengesichtige mir seine ungeschützte Leibesmitte entgegenreckte. Ich hatte ebenfalls ausgeholt und traf ihn in den Bauch, dass ich schon fast glaubte, ich hätte ihm den zweiten Mantelknopf in den Blinddarm gehämmert.

Sein Mund öffnete sich weit, als wolle er augenblicklich erbrechen, und seine Augen verdrehten sich, so dass man das Weiße sehen konnte. Während er wie ein Taschenmesser zusammenklappte, kam sein Kinn sehr schön in Reichweite meiner rechten Faust und machte auch gleich darauf Bekanntschaft mit ihr. Jetzt sank ihm der Kopf in den Nacken, seine Arme öffneten sich weit, und er kippte in grotesker Bewegung nach hinten, stand noch einen Augenblick lang auf den Absätzen. Die gemeinen Gesichtszüge verwandelten sich in einen Ausdruck reiner Stupidität.

Und die Lady im schwarzen Samtkleid tat nichts, was ihm aus dieser Situation geholfen hätte. Im Gegenteil: Sie prallte von der Wagentür zurück, während er auf sie zu taumelte, und der Stoß, als die beiden aufeinandertrafen, brachte ihn endgültig aus dem Gleichgewicht. Er neigte sich zur Seite und ging in die Knie.

Sonst wäre nicht mehr viel zu sagen gewesen, wenn man einmal davon absah, dass ich mich täuschte, wenn ich annahm, wir wären zu dritt. Ich hatte nämlich den Burschen hinter dem Steuer des Wagens völlig übersehen.

Ich konnte ihn noch nicht einmal genauer erkennen, als er sich jetzt zu uns gesellte. Alles, was ich von ihm zu sehen bekam, war ein schemenhaftes Gesicht über einem hochgestellten Jackettkragen, beleuchtet vom schwachen Standlicht des Wagens. Und eine Gestalt, die um die Motorhaube herum auf mich zukam. Erst später wurde mir klar, dass er die ganze Zeit über hinterm Lenkrad der Limousine gesessen und dem unerwarteten Missgeschick seines Kumpels zugesehen haben musste.

Ohne den weiblichen Teil der kleinen Gruppe hätte es für mich vermutlich kein Danach mehr gegeben. Die Lady schrie jedoch zum Glück laut auf, und ich duckte mich und warf mich zur Seite. Daher kam es, dass der Totschläger aus Hartgummi, der dazu bestimmt war, meinen Schädel zu spalten, mich nur rechts vom Ohr streifte und dann mit voller Wucht auf mein Schlüsselbein prallte.

Nicht, dass ich diesen Schlag als ausgesprochenen Liebesbeweis empfunden hätte. Die roten Schmerzwellen, die er mir durch das Gehirn jagte, fühlten sich etwa so an, als versuche man mein edles Haupt mit einem weißglühenden Eispickel zu bearbeiten. Und meinem Schlüsselbein tat der Schlag auch nicht gerade wohl. Bei dieser Gelegenheit fiel nebenbei bemerkt mein rechter Arm bis auf weiteres aus.

Jetzt hatte ich den Eindruck, die Ursache des ganzen Unheils wollte beweisen, dass ihr umfangreicher Brustkasten nicht nur Attrappe war. Sie stieß nämlich noch einen zweiten Schrei aus. Was heißt Schrei: Sie brüllte aus voller Kehle. Ich fragte mich, wo sie so viel Luft hernahm. Und der Bursche mit dem Totschläger schien seinen Sinn sehr schnell geändert zu haben. Trotz meines erheblichen Ohrensausens hörte ich ihn laut rufen: »Los, mach, dass wir weiterkommen, Harry. Hier ist jetzt gleich die Hölle los.«

Ich muss ganz schön benommen gewesen sein, denn ich versuchte nicht einmal, etwas dagegen zu unternehmen, als mein Freund mit der Narbe auf die Beifahrertür zu kroch, einstieg und die Tür zuknallte. Für seinen Fahrer mit dem Totschläger war ich ohnehin nicht schnell genug. Jedenfalls, als ich allmählich meine sieben Sinne wieder zusammensuchte, stellte ich mit Erleichterung fest, dass der Gehsteig in Wirklichkeit gar nicht auf und ab schwankte, während der Motor des Wagens bereits aufheulte.

Die Reifen quietschten auf dem trockenen Asphalt, und die Limousine schoss hinaus auf die Fahrbahn. Einen Augenblick lang umgab mich das Heulen des Motors von allen Seiten, aber dann entfernten sich die roten Schlusslichter und zogen das Geräusch mit sich. Gleich darauf funkelten sie nur noch wie Stecknadelköpfe durch die Nacht. An der nächsten Straßenkreuzung sah ich die Bremslichter aufleuchten, dann quietschte noch einmal der Gummi auf dem Asphalt, und der Wagen nahm die Kurve mit hoher Geschwindigkeit. Danach war nur noch das gleichmäßige Summen vieler Motoren mit einiger Entfernung zu hören.

Ich fühlte mich eiskalt, wohler und erbittert zugleich. Und außerdem hatte ich den Eindruck, der Inhalt meines Schädels musste irgendwo ausgetreten sein und flattere mir jetzt um die Ohren. Daneben deutete ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend an, dass es übertrieben war, wenn ich mir sagte, ich fühle mich wohler.

Das Licht, das vom Eingang der Bar auf die Straße fiel, kam mir auf einmal viel dunkler vor. Ich fragte mich schon, ob der Schlag mit dem Gummiknüppel mein Sehvermögen gestört hatte, oder ob es nur eine einfache Ohnmacht war. Über dem verrückten Brummen in meinen Ohren vernahm ich Stimmen. Und dann griff jemand nach mir: Jemand mit weichen Händen, der weniger nach Parfüm als nach Whisky roch.

Dann vereinigten sich alle kleinen, unwichtigen Stimmen zu einer einzigen, bedeutsameren, und aus den weichen Händen wurde ein harter Griff, mit dem ein anderer Jemand meinen Arm packte. Die Stimme sagte: »Ich frage Sie jetzt zum letzten Mal: Was soll das bedeuten?«

Aus weiter Ferne starrte ich ihn an. Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich meine Gedanken wieder einigermaßen in Ordnung brachte. Und jedes Mal, wenn ich drausgekommen war, musste ich

von vorne anfangen. Aber ich versuchte es immer wieder. Erst bei meinem vierten oder fünften Versuch wurde mir klar, dass ich noch kein Wort herausgebracht hatte. Und der Polizeibeamte sagte immer wieder: »Soll ich Sie etwa mitnehmen? Vielleicht kommen Sie in unserer Ausnüchterungszelle wieder zu sich... Was hat er Ihnen getan, dass Sie so laut schreien mussten, Madam?« Der Druck seiner Finger schmerzte nur wenig, weil mein Arm sich wie abgestorben anfühlte.

Sie antwortete mit rauer, schwankender Stimme: »Die Sache ist für mich erledigt. Es war offenbar ein Missverständnis. Ich - es tut mir leid. Ich hätte nicht so laut schreien sollen.«

Der Polizeibeamte erwiderte: »Nach den Fingerabdrücken auf Ihrem Gesicht würde ich sagen, ein folgenschweres Missverständnis. Warum hat er Sie geschlagen?«

»Sie täuschen sich. Kein Mensch hat mich geschlagen. Er hat lediglich ein Glas zu viel erwischt. Wenn Sie mir ein Taxi besorgen könnten...« Jetzt klang ihre Stimme bei weitem nicht so betrunken, wie ich das zuvor angenommen hatte. Genau gesagt, sie klang überhaupt nicht betrunken.

Der Polizeibeamte sagte: »Na schön, Sie müssen es schließlich selbst am besten wissen.« Er ließ meinen Arm los, beugte sich vor und steckte mir seine Nase ins Gesicht. »Und Sie führen sich jetzt anständig auf, Freundchen, sonst bekommen Sie einen Freifahrtschein von uns. Haben Sie mich kapiert?«

Meine Augen konnten jetzt allmählich wieder die Umgebung klar überblicken. Ich sah eine kleine Gruppe von Menschen unter dem Eingang zu Morrys Bar. Ein Mann, zwei Frauen und jemand in einer weißen Kellnerjacke - vermutlich Morry persönlich.

Die vormals betrunkene Schönheit stand dicht neben mir und schaute mich interessiert an. Ihr schöner, roter Mund sagte zwar kein Wort, aber dafür sprachen ihre Augen eine umso deutlichere Sprache. Sie roch zwar noch ein wenig nach Whisky, aber sonst wirkte sie so nüchtern, als habe sie noch nie im Leben einen Schluck Alkohol getrunken. Und es kam mir so vor, als flehe sie mich an, ich solle um Himmels willen nicht meine große Klappe aufmachen.

Ich schaute zu ihr hoch und erklärte mit Mühe: »Schauen Sie... Sie haben das alles vermutlich völlig falsch verstanden. Ich wollte ja nur...«

Enttäuschung trat in ihren Blick, und zugleich begann sie zu frösteln. Sie bückte sich und hob ihre Stola auf. Während sie sich das Ding um die Schultern drapierte, trat sie einen Schritt zurück. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass sie an ihrem Gürtel eine weiße Abendtasche trug. Und dieses nette kleine Täschchen war an einer Stelle ungewöhnlich ausgebeult. Wenn ich an den Inhalt dachte, sträubten sich mir die Haare im Nacken.

Der Polizeibeamte sagte: »Na schön. Ich habe das also völlig falsch verstanden. Sie wollten - was?«

Ich setzte meinen Denkapparat wieder in Tätigkeit, dachte an zwei Männer in einer grauen Limousine, an den Drink, den ich in Morrys Bar zu mir nehmen wollte, und an David Fenwick. Vor allem an ihn. Ich war überrascht, dass ich nicht früher schon an ihn gedacht hatte.

Nun lächelte die Schöne im schwarzen Samtkleid, und ich kam zu einem raschen Entschluss. Ihr Lächeln war höchst sympathisch. Die schönen weißen Zähne und die Fältchen in ihren Augenwinkeln sagten mir, dass sie die Situation zu genießen begann. Und als ich meine Antwort noch ein wenig hinauszögerte, fragte sie mich mit weicher Stimme: »Wollen Sie jetzt nicht nach Hause gehen?«

Der Polizeibeamte betrachtete uns mit höchster Skepsis. Er schaute erst mich an, dann meine Schöne, zuletzt wieder mich. Ich konnte beinahe hören, wie in seinem Gehirn die Relais klickten. Nachdem sie eingerastet waren, erklärte er: »Sollte ich Sie noch einmal hier in der Gegend treffen, dann sehen Sie zu, dass Sie sich anständig betragen. Wenn die junge Dame hier nicht so großzügig wäre, müsste ich Sie nämlich vor den Schnellrichter bringen.«

Die leere Drohung schien seine amtliche Würde ausreichend zu bestätigen. Ein Bulle ist und bleibt eben -ein Bulle. Und nachdem er auf diese Weise seinen Rückzug vorbereitet hatte, entschied er sich dazu, ihn auch anzutreten. Es sah so aus, als sei der Prolog zu einer sehr sonderbaren Affäre dem Ende nahe.

Die Drehtür von Morrys Bar geriet wieder in Bewegung. Sie verschluckte Zaungäste, einen nach dem anderen, und drehte sich noch eine Weile, als sei ihr Appetit noch nicht gestillt.

Mein Kopf tat teuflisch weh, die Muskeln meines rechten Arms wollten noch immer nicht so recht parieren, und auf meinem rechten Backenknochen hatte sich eine mächtige Beule gebildet. Ich wollte irgendwo hingehen, meine Beine hochlegen und allein sein - allein mit einem großen, kühlen Whisky-Soda. Ich fand, das war nicht zu viel verlangt.

Aber vorläufig sollte es mir nicht gegönnt sein. Der Polizeibeamte hatte seinen Schlagstock weggepackt und kramte jetzt in seiner Uniformtasche nach einem Notizblock und einem Kugelschreiber. Als er beides zutage gefördert hatte, sagte er: »Bevor Sie beide hier verschwinden, möchte ich mir Ihre Namen und die Adresse notieren. Die brauche ich für meinen Bericht.«

Mit schnippischem Ton sagte meine Schöne: »Sie meinen wohl die Adressen - nicht wahr?« Dann schenkte sie mir einen eisgekühlten Blick, den ich weiß Gott nicht verdient hatte.

»Das ist mir egal, Lady«, erwiderte der Polizeibeamte. »Sagen Sie mir, wie Sie heißen und wo Sie wohnen, dann können Sie gehen und tun oder lassen, was Sie wollen. Vorausgesetzt, Sie und Ihr Freund schlagen sich weitere Raufereien in der Öffentlichkeit aus dem Kopf. Wenn nicht, bin ich gezwungen, Sie beide festzunehmen.«

Sie nestelte an ihrer Abendtasche herum und zeigte wieder die makellose Zahnreihe unter der geschminkten Oberlippe, während sie durch mich hindurchschaute, als sei ich gar nicht vorhanden. Dann sagte sie sehr leise: »Mein Name ist Elaine Livingstone, und ich wohne im Drummond Building an der Zehnten Avenue - Nummer siebenhundertsiebenundachtzig. Meine Telefonnummer ist...«

»Besten Dank, die finde ich schon selbst, wenn ich sie tatsächlich brauchen sollte.« Er schrieb sehr langsam und bedächtig, als hacke er die Buchstaben mit dem Stemmeisen in einen Holzblock ein, und ich sah, wie sich beim Schreiben seine Lippen bewegten.

Zuletzt sagte er: »Und Ihr Name, Freundchen?«

Ich wusste nicht, ob sie ihm ihren richtigen Namen und ihre richtige Adresse gegeben hatte. Beides konnte ebenso gut falsch wie echt sein. Er hätte sie vielleicht nach ihrem Ausweis fragen sollen, aber das hatte er dummerweise unterlassen. Andererseits konnte ich darauf schließen, dass er auch mich nicht danach fragen würde.

Und vielleicht war es nur Einbildung, aber ich hatte das Gefühl, meine Schöne im Abendkleid wusste entweder schon, wer ich war, oder sie hätte es liebend gern gewusst. Im einen Fall konnte ich nichts machen. Im anderen dagegen sparte ich mir vermutlich eine Menge Scherereien, wenn ich mir nicht in die Karten schauen ließ. Also sagte ich: »Cliff Wylie, zurzeit wohnhaft in der sechsundneunzigsten Straße, Nummer eins-sechs-acht-zwei. Sie können sich bei General Motors in Detroit nach mir erkundigen. Ich bin auf Geschäftsreise hier - und weil ich mich mit Miss Livingstone treffen wollte.«

Er schrieb die Adresse und den Namen eifrig und geduldig in sein Notizbuch. Schließlich schaute er das Geschriebene noch einmal mit Befriedigung an und richtete dann seine Augen auf mich. »Was ist das für eine Adresse in der Sechsundneunzigsten Straße?«

»Eine kleine Privatpension«, erklärte ich ihm. »Ich steige immer dort ab, wenn ich in New York bin. Die Leute kennen mich dort seit Jahren, und wenn Sie wollen...«

»Ich wollte nur Ihren Namen und Ihre Adresse«, fuhr er mir über den Mund. »Ihre Lebensgeschichte interessiert mich nicht.« Er ließ ein Gummiband um das Notizbuch schnappen und stopfte dann die Schreibutensilien in die Brusttasche seiner Uniform. Dann setzte er mit imponierend rauer Stimme hinzu: »Ansonsten empfehle ich Ihnen, nicht mehr so viel zu trinken, und... Ach ja, sagten Sie nicht, dass Sie nach Hause gehen wollten?«

Elaine erwiderte, ganz Demut und Bescheidenheit: »Vielen Dank, Wachtmeister. Er ist schon dabei.« Sie hakte mich unter und zerrte mich in die entgegengesetzte Richtung fort. Als wir ein paar Schritte gegangen waren, drehte sie sich noch einmal um und schenkte dem Polizeibeamten ein strahlendes Lächeln. »Sie waren sehr zuvorkommend. Nochmals vielen Dank.«

Er stotterte, von so viel Höflichkeit ganz eingeschüchtert: »Gute Nacht, Madam.« Ich fühlte seinen Blick in meinem Nacken, bis wir die nächste Straßenecke erreicht hatten, und fragte mich, ob er jemals die seltsame Situation ganz würde begreifen können, in der eine nach Whisky riechende junge Dame völlig nüchtern und ein nüchterner Mann völlig betrunken wirkte - aber das war schließlich sein Problem.

Als wir um die Ecke gebogen waren, schlug ich vor: »Sie rufen jetzt besser ein Taxi. Bis zur Zehnten Avenue machen meine Beine bestimmt nicht mit. Und ich finde, Sie sind mir einen Drink und ein vertrauliches Gespräch schuldig, nicht wahr?«

Sie blieb untergehakt und marschierte munter weiter, während sie sich meinen Vorschlag durch den Kopf gehen ließ. Dann verlangsamte sie ihre Schritte, blieb stehen und schaute mich überrascht von der Seite an. Ihre Zähne blitzten wieder, und das Lächeln schien sie sich von Dracula persönlich geborgt zu haben, als sie sagte: »Wie kommen Sie auf die verrückte Idee, ich könnte Sie in meine Wohnung mitnehmen?«

»Muss ich Ihnen das wirklich sagen?«

Wir standen dicht nebeneinander zwischen den Lichtkreisen zweier Straßenlampen.

Nach ein paar Sekunden erklärte sie mit leiser, wohlmodulierter Stimme: »Wissen Sie, ich bin Ihnen dankbar für Ihre Hilfe, aber so dankbar bin ich nun auch wieder nicht.« Und zugleich nestelte sie am Verschluss ihres Abendtäschchens herum.

»Wenn Sie glauben, was ich glaube, dass Sie glauben«, entgegnete ich, »dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie eine schmutzige Phantasie haben, meine Liebe. Ich will nichts weiter als einen Drink und ein paar Erklärungen von Ihnen.«

»Erklärungen? Worüber?«

»Über einen Kerl namens Harry, und wie er dazu kam, so roh mit Ihnen umzuspringen.«

»Würden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sagte, ich habe ihn noch nie zuvor gesehen?«

»Nein. Aber Sie können es ja mal versuchen.«

Es war eine warme, ruhige Nacht nach einem heißen Tag, aber sie kuschelte sich in ihre Stola, als spüre sie von irgendwo einen kalten Zug an ihren Schultern. Und sie lächelte nicht mehr. Offensichtlich war sie zu sehr damit beschäftigt, sich eine Geschichte auszudenken, die ein Verehrer meines Kalibers ohne große Umstände schlucken würde. Und nachdem sie alle Möglichkeiten bedacht hatte, sagte sie ganz einfach: »Aber es ist die Wahrheit.«

»Sonst ist Ihnen nichts eingefallen?«, fragte ich. »Sie haben so lange nachgedacht, dass ich mit einer besseren Ausrede gerechnet hatte.«

»Warum? Was für ein Recht haben Sie eigentlich, etwas anderes zu erwarten?«

»Das Recht des Siegers, Madam. Habe ich etwa nicht die bedrängte Unschuld aus ihrer misslichen Lage erlöst? Die bösen Angreifer in die Flucht geschlagen? Und Sie wie ein echter Gentleman vor allen peinlichen Fragen der Polizei bewahrt?«

»Ich wüsste nicht, was mir der Polizist für peinliche Fragen hätte stellen können.«

»Warum haben Sie dann Harry und seinen reizenden Kumpel aus Ihrer Geschichte so sorgfältig ausgespart?«

»Weil ich es vermeiden wollte, dass mein Name in den Zeitungen erscheint. Auf diese Art von Berühmtheit kann ich nämlich gut und gerne verzichten.«

»Und ich kann ebenso gut auf die Liebesbeweise Ihrer Freunde mit Totschlägern und anderen Kampfinstrumenten verzichten, das können Sie mir glauben. Was wäre wohl mit Ihnen geschehen, wenn ich nicht eingegriffen hätte, als man Sie in den Wagen schubsen wollte?«

Sie zuckte mit den Schultern. Dann erklärte sie in gleichgültigem Ton: »Ich kann schon auf mich selbst aufpassen, keine Sorge. Damit will ich nicht sagen, dass ich Ihnen nicht für Ihre Hilfe dankbar bin.«

»Sehen Sie, da wären wir wieder beim Thema«, meinte ich. Mir war inzwischen wieder einmal David Fenwick eingefallen. Das wäre ein Fall für ihn gewesen. Er hätte Mittel und Wege gefunden, wie man einer Dame ihr süßes Geheimnis entreißen konnte, ohne dass es gleich in der ganzen Stadt bekannt wurde. »Dankbarkeit ist etwas sehr Schönes«, fügte ich hinzu, »aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Also geben Sie es auf, mir reizende Worte um die Ohren zu säuseln, Schwester. Entweder Sie erklären mir jetzt, in was für nette Spielchen ich da eingegriffen habe, oder...«

»Oder was?«, fragte sie.

Ihre Hände fummelten nicht mehr an der Abendtasche herum. Eine von ihnen war verschwunden. Ich wusste sofort, wohin. Und ich wusste auch, was sie mir gegen den Magen drückte. Jetzt hatte sich meine Schönheit auch wieder das Dracula-Lächeln ausgeborgt.

Wir blickten einander eine Weile ernsthaft in die Augen. Irgendwo in der Nähe schlug eine Uhr die halbe Stunde. Ich sagte: »Ich glaube nicht, dass Sie das fertigbringen.«

»Da täuschen Sie sich aber gewaltig.« Die Sterne in ihren Augen hatten sich in Eiskristalle verwandelt.

»Ich an Ihrer Stelle hätte Angst vor dem Geräusch. Und durch nichts kommt ein Mädchen schneller in die Zeitung, als wenn es einen Mann niederschießt.«

»So laut knallt es auch wieder nicht. Also noch einmal: Was werden Sie tun, wenn ich es Ihnen nicht erkläre?«

»Sie machen mir vielleicht Spaß.« Ich wollte vermeiden, dass sie meine Angst spürte. Es reichte, wenn einer von uns beiden wusste, wie es damit stand. »Ich habe es mir überlegt: Ich bin nicht mehr daran interessiert.«

»Was Sie nicht sagen!« Sie puffte mich mit dem Lauf ihrer Waffe in die Rippen und schüttelte sich das lange Haar in den Nacken. »Aber jetzt ist meine Neugier allmählich erwacht.« Das Schießeisen an meinen Bauchmuskeln fühlte sich sehr heiß an. »Wer sind Sie eigentlich?«

»Haben Sie nicht gehört, wie ich mich dem Polizeibeamten vorgestellt habe?«

»Klar. Deshalb frage ich ja. Also...«

»Okay. Mein Name ist Cliff Wylie, und ich wohne...«

»Nicht mehr sehr lange, wenn Sie so weitermachen.« Ihre Lippen waren eigentlich viel zu weich für so harte Worte. Aber ihr Ton und der Blick ihrer Augen passten zu der Waffe in ihrer Hand. »Legen Sie doch mal eine andere Platte auf«, ermunterte sie mich. »Ich hoffe, die gefällt mir besser - hoffe es Ihretwegen.«

Ich setzte an, um zu sagen: »Machen Sie sich bloß keine Sorgen um mein Wohlbefinden... « Aber in diesem Augenblick gaben meine Knie nach, und ich sank nach unten, als seien meine Knochen weich wie Kaugummi.

Sie stieß einen leisen, überraschten Schrei aus und schaute mich besorgt an. Für Bruchteile von Sekunden war sie nicht mehr die unerbittliche Revolverheldin von eben. Nein, sie sah einfach nicht aus wie eine Frau, die einen ihr bis dato unbekannten Mann auf der Straße niederknallt, nur weil er ihr seinen richtigen Namen verschweigt. Aber in meinem Beruf lernt man es, mit den verrücktesten Möglichkeiten zu rechnen, wenn man seine Karriere nicht vorzeitig beenden will. Und das erste, was man dabei lernt, ist die Tatsache, dass bei weiblichen Gegnern völlig andere Regeln und Gesetze gelten.

Also setzte ich meine Laiendarstellung fort und tat so, als breche ich auf dem Gehsteig zusammen. Sie wusste nicht, ob sie ihr Täschchen fest in der Hand behalten oder loslassen sollte, versuchte mich festzuhalten und zurückzutreten, und das brachte sie nun doch nicht fertig. Jedenfalls nicht zu gleicher Zeit.

Während sie noch unschlüssig war, wie sie sich als Dame zu verhalten hatte, schlug ich ihr mit der Handkante auf die zarten Finger, in denen sie ihr kleines Pistölchen hielt, umschlang ihre Taille mit beiden Armen und drückte sie fest genug an mich, dass sie das Täschchen zuletzt auch fallen ließ, fühlte wie es zu Boden fiel - genau gesagt, auf meine Füße. Ich fühlte auch, wie sie plötzlich schwer zu atmen begann und Angst bekam. Das einzige, was ich nicht fühlte, war Mitleid über ihre aussichtslose Situation.

»Wollen Sie immer noch so weitermachen?«, fragte ich jetzt.

Sie schien sich zu ergeben. Was sie dabei dachte, war nicht zu erkennen. Sie stand nur ruhig da, schnappte nach Luft und biss sich auf die Unterlippe, weil ihr das Handgelenk von meinem Schlag vermutlich ein bisschen wehtat.

Aber sie sagte kein Wort. Als ich sie losließ, stand sie noch immer wie erstarrt da. Erst allmählich begann sie sich zu lockern und massierte sich den Knöchel der rechten Hand. Inzwischen schien sie sich zum passiven Widerstand zu entschließen.

Die Pistole war ein deutsches Fabrikat. Ich steckte sie in meine Hosentasche. Dann hob ich auch die Tasche auf, ließ den Verschluss zuschnappen und reichte sie ihr. Zuletzt erklärte ich kalt: »Ich habe mich anders entschieden. Den Drink werden wir nicht in Ihrer Wohnung nehmen, sondern in Morrys Bar. Danach können wir immer noch zu Ihnen fahren. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«

Sie sagte leise: »Bitte, wie Sie wollen.« Auf ihren Wangen zeigten sich plötzlich hohle Stellen, die mir bis dahin noch gar nicht aufgefallen waren.

»Brav, brav«, lobte ich sie. Dann hakte ich mich bei ihr ein. Mit langsamen Schritten gingen wir zurück zu der Stelle, wo wir uns vor einer knappen halben Stunde kennengelernt hatten.

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Morry war ein fetter Mensch, der an einer Überproduktion seiner Schweißdrüsen, chronischem Asthma und an galoppierender Geldgier litt. Er war höchstens einsachtundfünfzig groß, dafür aber mindestens ebenso breit. Immer wenn ihn etwas aufregte, schlossen sich seine Atmungswege und er musste zum Inhalator greifen. Und was ihn am meisten aufregte, war der Anblick von Banknoten, das Klingeln von Münzen oder auch nur der Gedanke an Geld. Eine keuchende, nach Luft schnappende Registrierkasse.

Als Elaine dicht hinter mir die Bar betrat, lehnte er seine zwei Zentner zehn gegen die Bartheke. Sein großflächiges, schläfriges Gesicht glitzerte von kleinen Schweißtröpfchen, die Kahlstelle an seinem Schädel war garniert mit strohfarbenen, verschwitzten Löckchen, und seine stumpfen Augen blickten auf nichts Besonderes, nahmen jedoch alles wahr.

Das Geschäft war ruhig, und Morry zeigte dementsprechend eine gelangweilte Miene. Neben ihm stand ein Colonel in Uniform mit silbergrauem Haar, der Haut eines Collegeknaben und zwei Reihen Ordensbändern über der Brust, und eine honigblonde Frau, die ununterbrochen mit ihren aufgeklebten Wimpern klimperte. Am entgegengesetzten Ende der Bartheke saßen drei gewöhnlich aussehende Typen auf den chromblitzenden Hockern. Und dazwischen tummelte sich eine gemischte Auswahl von Vertretern beiderlei Geschlechts.

Morry hielt viel von gedämpfter Beleuchtung, und dementsprechend lag auch seine Goldgrube im Halbdunkel. Das passte vorzüglich zu seinen Gästen.

Wir ließen uns auf zwei Hockern an der Bar nieder. Morry teilte sein fettes Lächeln genau zwischen uns beiden auf. Dann sagte er: »Wir haben uns ja lange nicht gesehen.« Das sagte er genaugenommen zu mir, wenn er damit auch Elaine meinte. Als er sie mit seinen Augen aus- und wieder angekleidet hatte, fügte er hinzu: »Ich finde, Sie beide haben einen Drink auf Rechnung des Hauses verdient. Was darf ich Ihnen servieren?«

Elaine erklärte sofort: »Für mich bitte nur Tomatensaft.« Sie hatte die Massage ihres Handgelenks beendet, sah aber noch immer recht blass aus, das gute Kind.

Ich bestellte einen Bourbon, und Morry schnippte mit den Fingern, ohne den Blick von uns zu wenden. »Tich! Sie

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Leopold Horace Ognall/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Korrektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Übersetzung: Friedrich A. Hofschuster und Christian Dörge (OT: The Bowman Touch).
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 02.04.2022
ISBN: 978-3-7554-1060-7

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