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Leseprobe

 

 

 

 

ROBERT QUINT

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 86:

DER GEHETZTE VON TERRA

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DER GEHETZTE VON TERRA von Robert Quint 

ERSTER TEIL 

ZWEITER TEIL 

DRITTER TEIL 

 

Das Buch

Den Himmel über dem Relax-Viertel von Perth beherrschte das Dröhnen von Gleitertriebwerken. 

Und von der Hochstraße her summten gepanzerte Schweber heran. 

Der Mann rannte. Sein Atem ging keuchend und Schweiß perlte über seine Stirn. Der Mann trug einen Spiegelanzug und das reflektierende Material zeigte in grotesken Verzerrungen tausend Abbilder der Wohntürme, die rechts und links emporschossen. 

Die Straße leerte sich. Sie bestand aus Feststoff. Flüssigkristallbänder gab es nur in der City oder in den Villen-Vierteln der Manags. Die Menschen strömten zurück in ihre Apartments. Furcht zeigte sich in allen Gesichtern... 

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.

  DER GEHETZTE VON TERRA

von Robert Quint

 

 

 

 

 

 

 

  ERSTER TEIL

 

 

…war zu diesem Zeitpunkt die kosmopolitische Lage noch längst nicht entspannt. Doch im Interesse des Reiches mussten die Probleme auf den Kolonien – Bund der Freien Welten, die geflohenen Manags konkurrierender Konzerne wie ASK und die verschwundene 4. und 5. Flotte der Grauen Garden – unberücksichtigt bleiben. Das Reich … Es existierte nicht mehr. Alles, wofür ich jahrelang gearbeitet hatte, war in Chaos und Anarchie versunken. Selbst auf der Erde, dem Zentralplaneten, regierte der Mob. Um Ruhe und Ordnung zu schaffen, mussten wir schnell, hart und effektiv zuschlagen. Die Erde sollte erneut Keimzelle eines Sternenreiches werden. Während die Clons und Kaiser-Garden die untergetauchten Kader der F.F.D.E. und der Arbiter-Gewerkschaften jagten und Chan de Nouille samt ihren Schatten von der Queen Lea gehetzt wurde, entstand in meinen Gedanken bereits das Zweite Reich der Menschheit, ein mächtiges, expandierendes Imperium, dessen Kaiserkraftschiffe immer weiter in die Tiefen der Galaxis vorstießen … 

MAX VON VALDEC, MEMOIREN 2496 – 2504, BERLIN/TERRA, Reg.-Nr. F-00345/44/5-289 Zentralarchiv Genf, Zugriff POL-FASCH Kode Priorität A 

 

*

 

Die Gejagten

 

Den Himmel über dem Relax-Viertel von Perth beherrschte das Dröhnen von Gleitertriebwerken.

Und von der Hochstraße her summten gepanzerte Schweber heran. 

Der Mann rannte. Sein Atem ging keuchend und Schweiß perlte über seine Stirn. Der Mann trug einen Spiegelanzug und das reflektierende Material zeigte in grotesken Verzerrungen tausend Abbilder der Wohntürme, die rechts und links emporschossen.

Die Straße leerte sich. Sie bestand aus Feststoff. Flüssigkristallbänder gab es nur in der City oder in den Villen-Vierteln der Manags. Die Menschen strömten zurück in ihre Apartments. Furcht zeigte sich in allen Gesichtern.

Jeder wusste, warum die Grauen Garden – nein, die Kaiser-Garden, verbesserte sich der Mann – das Perther Relax-Viertel umstellten. 

Der Mann stolperte und wäre fast gestürzt.

Ein Fluch löste sich von seinen Lippen.

Er sah sich um.

In der Ferne teilte sich die Kolonne der Schweber. Die muschelförmigen, gepanzerten Bodenfahrzeuge schwärmten aus. Hinter den transparenten Protopkuppeln waren grau uniformierte Gestalten zu erkennen.

Angst und Überraschung erfassten den Mann.

War die Kontrakonditionierung der alten Gardisten schon so weit fortgeschritten, dass Valdec eine ganze Legion allein in Perth einsetzen konnte?

Seit Tagen hüllt Schweigen die Lunaporter Basis ein, dachte der Mann. Selbst die Kommunikationsverbindungen zu den anderen Kontinenten sind blockiert.

Er lief weiter, hetzte über einen überdachten Weg und erreichte den Park, der sich im Zentrum der kreisförmig angelegten Wohnturmsiedlung ausbreitete.

Wo die halb verdorrte Rasenfläche endete und das kleine Wäldchen begann, hatten sich Graugardisten postiert. Ihre schweren Laserkarabiner blitzten im Sonnenlicht.

Der Mann wich hastig zurück und fluchte erneut.

Umstellt, durchfuhr es ihn. Alles umstellt. Hier kommt keiner mehr 'raus.

Kurz dachte er an die Zubringerbahnhöfe im untersten Kellergeschoss der Wohntürme. Mit einem der Minicabs konnte er in weniger als einer Minute die nächste MHD-Station erreichen.

Der Mann schüttelte den Kopf.

Zwecklos. Wahrscheinlich fing man jedes Minicab ab.

Langsamer nun wandte er sich nach links. Neben dem Eingang H des Wohnturms Perth 233-R hingen Wandzeitungen an der Protopfassade. Einige waren vergilbt und fleckig, andere frisch und neu.

AUFRUF ZUM ZIVILEN UNGEHORSAM flackerte eine der Fluoreszenzschriften vor den Augen des Mannes.

NIEDER MIT VALDEC! ES LEBE DIE F.F.D.E.! lautete eine andere.

Der Mann lächelte bitter und suchte in den Taschen seines Spiegeloveralls.

Parolen, dachte er. Unnütze Parolen. Valdec ist ins Sonnensystem zurückgekehrt und hat die Jagd auf seine Feinde eröffnet. Das, was das Zeitalter der Freiheit werden sollte, dauerte nicht einmal sechs Monate.

Der Mann legte drei computergerechte ID-Karten, einen kleinen Nadler und mehrere eierförmige Gegenstände auf den Boden.

Immer wieder sah er sich um. Nichts. Alles leer. Das Dröhnen der Triebwerke klang lauter. Aber das Vordach schützte ihn vor den Kameras an Bord der Gleiter.

Der Mann schob alles zu einem kleinen Häufchen zusammen, hantierte an einem der lackschwarzen Kunststoffeier und eilte davon.

Als er im Eingang H verschwand, schoss draußen eine grelle Stichflamme in die Höhe. Mit einem Zischen verschmorten die belastenden Indizien.

Der Mann atmete auf. Wenn alles gut ging, befand er sich jetzt in Sicherheit. Die in seiner Brusttasche verbliebene ID-Karte wies ihn als Relax Cos Andetti aus. Die Andetti-Identität besaß genug Datenbackground in den Computern der Konzilsverwaltung, um glaubhaft zu wirken. Und in keiner Datei der Sicherheitsorgane war Andetti bisher als F.F.D.E.-Sympathisant gespeichert.

Der Mann entspannte sich. Zielbewusst steuerte er auf das Bündel Liftröhren im Mittelpunkt des weitläufigen Foyers zu.

Bei jedem Schritt warf der Spiegeloverall Falten und reflektierte in schneller Folge die verschlungenen Mosaike, mit denen die Wände verziert waren.

Mit einemmal verharrte der Mann. Sein Gesicht wurde totenblass. Die Augen traten hervor. Er ächzte und presste beide Hände gegen die Stirn. Etwas schien sein Bewusstsein zusammenzupressen. Eine kalte, rohe Macht griff nach seinen Gedanken, seinen Erinnerungen. 

Der Mann empfand Schmerz und er schrie. Lange Zeit hallte der Schrei durch das Foyer.

Erst als er verstummte und zu einem Röcheln herabsank, drehte sich der Mann herum und wandte sich wieder in Richtung Portal.

Sein Antlitz war jetzt ausdruckslos. Seine Blicke wirkten stumpf. Wie die eines Schlafwandlers.

Hinter ihm öffneten sich einige der Liftröhren und spuckten Männer und Frauen hinaus in die Mosaikhalle. Der Mann in dem Spiegeloverall kümmerte sich nicht um sie. Er registrierte nicht einmal ihre Gegenwart.

Der Mann dachte: Schnell hinaus und dann nach links und dann warten und sprechen und demütig sein.

Wind pfiff ihm ins Gesicht, als er den Wohnturm verließ. Summend bog ein Schweber um die Biegung der Zufahrtsstraße. Weitere Schweber tauchten hinter dem Koloss des Wohnturms Perth 232-R auf.

Unbeeindruckt ging der Mann weiter.

Er wandte sich nach links und erreichte schließlich wieder den Park. Auf der Rasenfläche war ein Gleiter niedergegangen. Ein Diskus, so schwarz wie die Nacht selbst.

Die Bodenluke des Gleiters stand offen und grau uniformierte Gestalten schleppten transportable Terminals zu den Klapptischen, die man neben dem großen Diskus aufgestellt hatte.

Hinter den Tischen saßen Männer und Frauen. Alle waren sie grau gekleidet und auf ihren linken Brustseiten prangte ein fluoreszierendes K.

Der Mann in dem Spiegeloverall ignorierte das Treiben.

Andere Relax folgten ihm, so schweigsam und blicklos wie er.

Plötzlich tauchte hinter den Grauen eine Frau in einer klatschmohnroten Montur auf. Ihr Haar war lang und ebenfalls rot. Ihre Augen waren gelb.

Prüfend sah sie dem Mann in dem Spiegeloverall entgegen, der vor einem der Klapptische stehen blieb und ohne Reaktion die Musterung der kleinwüchsigen Queen hinter dem Terminal über sich ergehen ließ.

Die rothaarige Frau trat näher.

Sie hob einen Arm und deutete auf den Mann im Spiegeloverall.

»Er gehört zu den VIPs«, sagte die Frau mit den gelben Augen. Ihre Stimme klang dunkel. Keine menschliche Wärme trübte die Sachlichkeit ihres Tonfalls. Es schien, als hätte sie sich den nüchternen, logisch agierenden Grauen in ihrer Umgebung angepasst.

»Sie haben ihn unter PSI-Kontrolle, Osiris 84?«, fragte die kleinwüchsige Queen.

Das Gesicht der Gardistin war breit und grob geschnitten. Allein der zarte Schwung ihrer Lippen verlieh ihr ein wenig Weiblichkeit.

Osiris 84 lächelte. Es wirkte verächtlich.

»Die gesamte Relax-Siedlung«, formulierte sie spitz, »steht unter meiner PSI-Kontrolle. Zweifeln Sie daran, Queen Janitt?«

Die Graue blieb gelassen.

»Sprechen Sie«, forderte sie den Mann auf.

Der Mund des Mannes öffnete sich. Er begann zu reden, und er wusste nicht, warum er gleichzeitig in seinem Innern tiefe Verzweiflung empfand.

»Mein Name ist Zen Torstein«, sagte der Mann mechanisch. »Die ID-Karte in meiner Brusttasche ist gefälscht. Seit Mai 2500 bin ich Mitglied des Kommandos Brak Shakram. Ich habe mich am Krieg der Kasten beteiligt und bin Verbindungsmann der hiesigen KBS-Gruppe zum Gemeinsamen Rat der F.F.D.E. Meine Aufgabe war es, den Perther Widerstand zu organisieren und gefährdeten Kameraden Unterschlupf zu gewähren. Im Wohnturm Perth 233-R gehören folgende Personen zur F.F.D.E. oder ihren Sympathisanten: Homas Lessar, Verbindungsmann zu den lokalen Gewerkschaftsgruppen; Ena Stiil, verantwortlich für Logistik und …« 

»Stopp!«, unterbrach die Queen.

Torstein verstummte augenblicklich.

Die Queen starrte ihn durchdringend an. »Ist Ihnen etwas über den Verbleib von Manuel Lucci, Ignazius Tyll, Chan de Nouille oder Christin Dorf bekannt?«

Ein Zittern durchlief Torsteins Gestalt.

Osiris 84, die Supertreiberin, verstärkte ihren psionischen Druck. Ihre vollen Lippen waren zu der Andeutung eines Lächelns verzogen. Langeweile sprach aus ihren Blicken.

»Manuel Lucci«, sagte Torstein schleppend, »ist der Koordinator des Kommandos Brak Shakram.« Er schwitzte heftiger. »Lucci ist in Genf untergetaucht. Sein Ziel war Atlantica. Atlantica ist die geheime Basis der F.F.D.E.« 

»Mehr wissen Sie nicht?«, fragte die Queen Janitt.

»Manuel Lucci«, wiederholte Torstein mechanisch, »ist der Koordi…«

Die Queen winkte ab. »Genug.« Dann drehte sie den Kopf und sah hinauf zur Clon. »Gute Arbeit«, sagte sie nüchtern. »Wir werden die Informationen an die Einsatzleitung weitergeben.«

Osiris 84 warf einen Blick auf ihren Chronometer. »Ich habe die Relax mit einem hypnotischen Block versehen«, erklärte sie. »Die Wirkung wird ungefähr sechs Stunden anhalten. Genügt dies für Ihre Verhöre?«

Die Queen betrachtete die geduldig im Hintergrund wartenden Relax. Es mochten etwa dreißig bis vierzig Personen sein.

»Vermutlich«, murmelte sie. »Wenn nicht, machen wir in den Toten Räumen weiter.«

Zwei Gleiter setzten in einiger Entfernung auf der Rasenfläche zur Landung an. Wie Bänder aus Licht umspielten die Magnetringe die diskusförmigen Flugkörper.

Osiris 84 machte grußlos kehrt und näherte sich mit raschen Schritten einem silberfarbenen Projektil. Der Pilot des VIP-Gleiters schaltete die Maschinen ein.

Das Brummen wurde von den hohen Fassaden der Wohntürme zurückgeworfen. Es klang wie die Klagelaute eines verwundeten Riesen. »Und nun«, wandte sich die Queen Janitt an Torstein, »verraten Sie mir alles über den organisatorischen Aufbau des Kommandos Brak Shakram und Ihre Kontakte zur F.F.D.E.« 

 

*

 

Die Jäger

 

Die Queen Lea war groß und kräftig, ohne plump zu sein. Sie bewegte sich mit geschmeidiger Eleganz, mit lautlosen Katzenschritten, und ihre hellblauen Augen waren wachsam wie Kameraobjektive.

Lea trug das Haar kurz geschnitten, und die asketische Frisur unterstrich noch die harten Linien, die sich in ihr gebräuntes Gesicht gegraben hatten.

Die Queen war nicht hässlich, aber ihre Schönheit war die exotische Schönheit einer Viper. Ihre Zärtlichkeit die eines schmerzlosen Giftes und ihr Lächeln wie der nukleare Flammenblitz, der der heißen, giftigen Druckwelle der Atomexplosion vorauseilt.

Lea war eine Killer-Queen.

Ihre einzige Aufgabe war es, Graue zu töten.

Dafür war sie ausgebildet.

Töten ist sündig, töten macht mündig, tu's nicht, tu's nicht …

Der Mikrobencomputer in ihrem Kleinhirn plapperte seit mehreren Stunden in ihren Gedanken.

Lea kümmerte sich nicht darum. Die innere Stimme war ihr vertraut. Sie lenkte sie nicht ab.

Am Horizont schwebte die dunkle Riesenzigarre eines Containers nach unten, Stojska Interstellar entgegen.

Kaiser-Graue bewachten die Verladebunker und die computerisierten Verteilernetze entlang des Hafens.

Auch hier auf den Flüssigkristallstraßen von Kosmograd patrouillierten Kaiser-Graue in Vierer- oder Sechsergruppen.

Die wenigen Passanten senkten die Köpfe oder wichen ihnen aus, wenn sie ihnen begegneten.

Die Furcht breitete sich fast fühlbar über der großen Stadt aus.

Lea wechselte die Transportspur und wurde langsam zum Straßenrand getragen.

Gefahr ist da, sagte der Mikrobencomputer aufgeregt. Menschen mit Waffen, mechanisch und geistig. Frauen, die niemandem trauen. Zwei, noch frei. 

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Robert Quint/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Pixabay. DIE-TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Andrea Velten.
Korrektorat: Andrea Velten.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 05.12.2021
ISBN: 978-3-7554-0206-0

Alle Rechte vorbehalten

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