Cover

Leseprobe

 

 

 

 

ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 47:

Die kalte Brut

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

Was bisher geschah... 

DIE KALTE BRUT 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 48: CHIMÄREN von ADRIAN DOYLE und TIMOTHY STAHL 

Glossar 

 

Das Buch

Lilith Eden ist erwacht, wo schon einmal alles begann: im Haus an der Paddington Street in Sydney. Doch vieles erscheint ihr seltsam falsch. Das Haus dürfte gar nicht mehr existieren – genauso wenig, wie Vampire auf Erden wandeln sollten. Was ist geschehen in den zwei Jahren, in denen sie geschlafen hat?

Verwirrt flieht sie aus dem Haus, nicht ahnend, dass sie das nackte Grauen darin zurücklässt. Tief unten, in den Katakomben, hat die Magie des Hauses Wesen geschaffen, die nun nach oben drängen. Einst waren sie Ratten. Nun sind sie eine tödliche Gefahr für alle, die es wagen, das Gebäude zu betreten...

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada. 

  Was bisher geschah...

 

 

 

 Vor nunmehr vier Jahren gingen in einem Haus an der Paddington Street in Sydney, Australien, mysteriöse Dinge vor. Damals wagte sich ein Parapsychologe, Brian Secada, hinein – und kehrte als alter Mann zurück, dessen Geist auf ewig zerstört war. Was niemand wusste: In diesem Haus hatte ein Kind zweier Welten, die Halbvampirin Lilith Eden, 98 Jahre lang geschlafen, um auf eine ganz besondere Aufgabe vorbereitet zu werden: Sie sollte die Ur-Lilith, Adams erste Frau im Garten Eden, die bei Gott in Ungnade gefallen war und deren Kinder die ersten Vampire wurden, mit dem Schöpfer versöhnen.

Doch Lilith war durch dramatische Umstände zwei Jahre zu früh erwacht und nicht gänzlich gereift. So dauerte es lange und barg viele Gefahren, die ihr gestellte Aufgabe zu erfüllen. Das Haus indes wurde von der Sydneyer Vampirsippe abgerissen. Die Magie der Ur-Lilith jedoch, die es beseelt hatte, bestand weiterhin.

 

Erst vier Jahre später erfährt Brian Secadas Sohn Darren, ein Polizei-Pathologe, vom Schicksal seines Vaters. Er will das Geheimnis des verschwundenen Hauses lüften, scheitert jedoch...

Inzwischen hat Lilith nicht nur die Versöhnung herbeigeführt, sondern auch den gerissenen Plan des gefallenen Engels Luzifer vereitelt, Gott selbst zu vernichten und die Herrschaft über die Schöpfung an sich zu reißen. Als Dank entlässt Gott die Halbvampirin in die Freiheit und legt sie die fehlenden Jahre zur Ruhe, während er alle Vampire von der Erde tilgt.

Nach Ablauf der zwei Jahre materialisiert sich das Haus an der Paddington Street wieder, um Lilith zu entlassen. Dies ist Darren Secadas Stunde! Wie einst sein Vater, dringt er in das Gebäude ein – und findet Lilith. Sie hypnotisiert ihn, damit er ihr hilft, unterzutauchen – denn natürlich hat das Phänomen schon Polizei und Presse angelockt.

Secada bringt sie in seine Wohnung, verfolgt von einem Polizisten und Seven van Kees, ihres Zeichens Reporterin beim Sydney Morning Herald. Sie wird Zeuge, wie zwei unheimliche Gestalten in die Wohnung eindringen, den Polizisten niederschlagen – und von der Frau aus dem Haus, die sich plötzlich in eine Fledermaus verwandelt, zur Strecke gebracht werden.

Es sind Vampire! Doch dies ist unmöglich – denn die Alte Rasse wurde doch vom Antlitz der Erde getilgt! Darren stellt als Pathologe fest, dass diese Wesen seit Jahren tot sind; sie verschwanden damals aus ihren Gräbern. Und nun zerfallen sie nicht zu Staub, sondern setzen den aufgehaltenen Verwesungsprozess fort.

Was ist geschehen in den zwei Jahren, die Lilith schlief? Sie steht vor einem Rätsel, das ihr größtes Abenteuer werden soll...

DIE KALTE BRUT

 

 

 

 

 

  Prolog

 

333, Paddington Street mochte lange Zeit zwar öder, leerer Boden gewesen sein – eines aber war er nicht: verlassen! Es gab Leben hier, verborgen in dunkler Tiefe. Dieses Leben hauste in einem Labyrinth aus schmalen Gängen und Stollen, aus engen Höhlen und Klüften. Seit Anbeginn waren sie hier daheim, so wie sie überall auf der Welt in ewiger Nacht lebten, weil die Finsternis Schutz bot vor ihrem ärgsten Feind: dem Menschen.

Doch 333, Paddington Street war anders als jeder andere Ort der Welt. Hier veränderte etwas jenen Funken, der animalisches Bewusstsein und Instinkt barg. Sein Licht gewann an Kraft. Und Macht...

 

Sydney, Australien

333, Paddington Street

»Die drei Stunden sind um.« Chief Inspector Chad Holloway sah von seiner Armbanduhr auf. »Immer noch Lust, den Teufel bei den Hörnern zu packen?« Der gewohnt bärbeißige Unterton war aus seiner Stimme gewichen. Sie klang nur noch belegt, und das nicht allein der Müdigkeit wegen, die ihm der nun schon Stunden dauernde Einsatz aufzwang.

Neech Rovens narbiges Gesicht verzog sich zu etwas, das er selbst für ein Grinsen halten mochte. Für Holloway allerdings war es eine Grimasse, angetan, sogar ihn schaudern zu lassen. Aber er beherrschte sich.

»Ja, Sir«, antwortete Roven, knapp wie immer.

Der Chefinspektor nickte. Das Unbehagen hing ihm wie eine Klette im Nacken. Sein Blick wanderte über das verwilderte Grundstück, so langsam, als müsse er unsichtbare Hürden nehmen, bis hin zu dessen Mitte – wo der Spuk seit exakt drei Stunden vorüber war...

... oder nur Ruhe vor dem großen Geistersturm herrschte?

Chad Holloway kniff die Augen zusammen, und tatsächlich sah er das Haus dadurch um eine Spur schärfer. Nicht das winzigste Detail entging seinem Blick. Und nichts rührte sich dort drüben, nichts bewegte sich – nichts verschwand.

Nichts mehr schien noch so wie vor drei Stunden.

Das Haus hatte sich stabilisiert. Scheinbar?

Kälte kroch Holloway unter den Trenchcoat und richtete ihm die Härchen auf den Armen und im Nacken auf. Er schüttelte sich, als könne er das unangenehme Gefühl dadurch loswerden.

Verdammt, er hasste seinen Job, und er hasste diesen Job! Obwohl das Haus an der Paddington Street jetzt so harmlos wirkte – immer noch unheimlich wie die allermeisten alten Häuser, sicher, aber letztlich auch genauso harmlos.

Gestern hatte es begonnen. Da war das Haus aufgetaucht, wie aus dem Nichts erschienen inmitten dieses unkrautüberwucherten Grundstücks mit der Nummer 333, das sich wie ein Schandfleck zwischen all den anderen sauberen und gepflegten Anwesen entlang der Straße ausnahm.

Aber das Haus war nicht geblieben, sondern immer wieder verblasst und verschwunden, wie das Bild eines Projektors mit Wackelkontakt.

Bis vor drei Stunden. Seither stand es da, unverändert, reglos...

Holloway erlaubte sich ein bitteres Grinsen. Er dachte über das verfluchte Haus, als handele es sich dabei um etwas Lebendes. Doch das Lächeln erstarb ihm auf den wulstigen Lippen, als er sich eingestehen musste, dass es ihm mit diesem absurden Gedanken durchaus ernst war.

In der Zwischenzeit hatte Chad Holloway Informationen über die Adresse 333, Paddington Street eingeholt und festgestellt, dass dieses unheimliche Haus bis vor einigen Jahren tatsächlich auf diesem Grundstück gestanden hatte, und das offenbar über hundert Jahre lang. Bis es von irgendeiner obskuren Baufirma, die sich nicht mehr ermitteln ließ, abgerissen worden war. Den Unterlagen zufolge hatte man versucht, hier ein Hochhaus zu errichten; eine Tatsache, die Holloway sich ebenfalls nicht erklären konnte, immerhin gab es an dieser Straße sonst nur Villen und schmucke Reihenhäuser. Wie also hatte man seitens der Stadtobrigkeit einen solchen Baustil genehmigen können? Aber man war ohnehin nicht über den Rohbau hinausgekommen, der – hier waren die Angaben unklar – wohl wieder abgerissen werden musste. Kein Wunder bei dem sumpfigen Boden, mit dem Holloway schon am frühen Abend unliebsame Bekanntschaft gemacht hatte.

Zumindest ein bisschen Aufschluss über Haus und Grundstück erhoffte sich Chad Holloway von dem Verhör, dem sich Darren Secada, dieser spinnerte Pathologe, würde unterziehen müssen. Der Chief hatte es bereits veranlasst und einen seiner Männer auf Secada angesetzt.

Der junge Kerl war gestern hier aufgetaucht, was Holloway nicht einmal sonderlich verwundert hatte, schließlich war Secadas Faible für 333, Paddington Street in Polizeikreisen ein offenes Geheimnis. Schon deshalb glaubte Holloway, dass der Bursche ein paar wissenswerte Einzelheiten ausspucken könnte.

Dazu kam aber noch, dass Darren Secada gestern in das Haus gegangen – und nicht allein von dort zurückgekehrt war! Er hatte eine bewusstlose junge Frau herausgetragen und angegeben, sie ins Krankenhaus zu bringen. Was er allerdings nicht getan hatte! Stattdessen hatte Secada die Frau, auf die Holloway nur einen flüchtigen Blick hatte werfen können, zu sich nach Hause verfrachtet, wie der Chief erfahren hatte.

Damit nicht genug, war es – vermutlich in diesem Zusammenhang – zu zwei Todesfällen in der Nähe von Secadas Wohnung gekommen.

Kurzum: Der Typ musste ganz einfach einiges zu erzählen haben, das für Holloway von allerhöchstem Interesse sein würde.

Bislang allerdings war Secada noch verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt, und mit ihm diese ominöse Fremde aus dem Haus...

Chief Inspector Holloway ließ den Blick schweifen. Auch um ihn herum hatte sich in den vergangenen Stunden nichts geändert: Nach wie vor hatten seine Leute alle Hände voll zu tun, um die Schaulustigen zumindest einigermaßen auf Distanz zu halten. Rundfunk- und TV-Teams allerdings hatten sich durch die Absperrungen gemogelt – wie Ratten, dachte Holloway angewidert – und waren praktisch nonstop auf Sendung. Obschon es seit drei Stunden nichts Neues zu vermelden gab.

Drei Stunden – diese Frist hatte Holloway in seiner Eigenschaft als Leiter dieses Großeinsatzes gesetzt. Wenn das Haus mindestens drei Stunden lang stabil blieb, so hatte er erklärt, dann würde er ein paar Männer hineinschicken.

Jetzt war die Zeit um, und Neech Roven brannte darauf, das Haus zu stürmen. Er hatte sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet, so wie er sich schon immer für jedes Himmelfahrtskommando freiwillig gemeldet hatte. Seine Narben kamen nicht von ungefähr, und nicht nur Holloway hegte den Verdacht, dass Roven diese Narben sammelte wie andere Leute Briefmarken oder Münzen. Sie schienen für ihn die Bedeutung morbider Trophäen zu haben.

Und obendrein gelang es Neech Roven immer, auch andere mit seinem bisweilen an Besessenheit oder Wahnsinn grenzenden Wagemut zu infizieren. Für jeden Job schaffte er es, andere Freiwillige um sich zu scharen – so auch hier und jetzt.

Chad Holloway zuckte die Schultern. Ihm sollte es recht sein; das enthob ihn der unangenehmen Pflicht, weitere Männer für den Einsatz zu bestimmen.

»Chief Inspector?«

Neech Rovens Stimme erreichte Holloway wie von weit her, und erst da registrierte er, dass er tief in Gedanken versunken und meilenweit weg gewesen war. Er schrak beinahe auf.

»Okay, Roven«, brummte er schließlich, »holen Sie Ihre Männer her.«

Neech Roven, hochgewachsen und sehnig, drehte sich kurz um und hob nur die Hand. Augenblicklich lösten sich fünf Männer aus der Menge von Polizeibeamten und traten zu ihm und Holloway. Ringsum wurden die Stimmen der Reporter lauter. Niemandem entging, dass sich eine Wendung in der Sache anbahnte.

Holloway bedeutete zwei Uniformierten, die Medienvertreter auf Abstand zu halten. Dann wandte er sich an Roven und die fünf weiteren Freiwilligen. Sie trugen schusssichere Westen und Helmfunkgeräte und waren mit Pumpguns bewaffnet. Zwei der Männer verdienten diese Bezeichnung kaum: Sie schienen gerade erst der Academy entsprungen und waren vermutlich noch feucht und grün hinter den Ohren. Jungs eben, die zu einem Kerl wie Neech Roven aufsahen, der Rambo-Filme und Realität gern verquickte, und die zur Polizei gegangen waren, weil sie an ganz ähnlichen Problemen litten.

Arme Irre, dachte Holloway bitter. Laut sagte er dann: »Also, Männer, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr geht in das Haus rein, durchsucht es und meldet über Funk alles, was ihr seht, und wenn es euch noch so unwichtig erscheint, klar? Ich will mit euren Augen sehen, und ich will verdammt gut und verdammt alles sehen und jeden verdammten Furz riechen, verstanden?«

Die Männer nickten knapp, zwei oder drei murmelten ein »Ja, Sir«.

»Roven, Sie haben das Kommando. Abmarsch – und viel Glück.«

Chad Holloway hatte das ungute Gefühl, dass die Männer genau das brauchen würden: viel Glück.

Noch unangenehmer aber war das Gefühl, das ihm suggerieren wollte, dass es nicht genug Glück gab; nicht in dieser Nacht, und nicht in diesem Haus...

 

 

Neech Roven dirigierte seine Männer auf das Haus zu, als hätten sich Terroristen darin verschanzt. Mit knappen Gesten und halblauten Befehlen wies er sie an, die karge Deckung, die das Gelände bot, auszunutzen und die dunklen Fenster des Hauses im Auge und Visier zu halten.

Entsprechend langsam erreichte der Trupp das Haus, das trotz der Scheinwerferbatterien, die es der Nacht entrissen, einem schwarzen Klotz gleich inmitten des Grundstücks lag, wie von titanischer Hand achtlos hingeworfen.

Ein paar breite Stufen führten zur Eingangstür hinauf. Links und rechts der Treppe hockten steinerne Fabelwesen, stummen Wächtern gleich. Rovens Waffenmündung pendelte zwischen den Statuen hin und her, als gehe er davon aus, dass die unheimlichen Kreaturen unversehens zum Leben erwachen könnten.

Zweien seiner Leute bedeutete er, ihm zur Tür hoch zu folgen. Sie postierten sich zu beiden Seiten des massiven Portals, während Neech Roven in der Mitte Aufstellung nahm. Die Entfernung zur Tür betrug eine Schrittlänge. Roven hob den rechten Fuß, stieß sich mit dem linken ab, rammte den Stiefel auf Schlosshöhe gegen das Holz – und fiel wie ein Stein zu Boden! Der harte Aufprall trieb ihm pfeifend die Luft aus den Lungen.

»Was ist los bei euch?« drang Chad Holloways knisternde Stimme aus Rovens Helmempfänger.

»Alles klar, keine Probleme«, gab Roven unleidig zurück. »Die Tür ist nur ein bisschen massiver, als ich es nach dieser verdammten Zaubershow vermutet hatte.«

»Vielleicht wohnt ja David Copperfield da drin«, gestattete sich einer der beiden anderen Männer zu bemerken.

»Yeah!« machte der zweite. »Und vielleicht überraschen wir ihn mit Claudia Schiffer in der Heia...!«

»Schnau-!«

Die letzte Silbe blieb Neech Roven im Halse stecken. Ein hohes, raues Kreischen unterbrach ihn, und eine Sekunde lang starrten sie alle stumm und starr auf die Tür –

– die so langsam aufschwang, als würde sie von einem unsichtbaren, altersschwachen Hausdiener geöffnet!

Dunkelheit lag jenseits der Schwelle, so dicht, als habe dort jemand eine Mauer aus Kohlen hochgezogen.

Roven schaltete seine Gürtelleuchte ein und wies die anderen an, es ihm nachzutun. Die Lichtkegel stanzten helle Löcher in die Finsternis hinter der Tür.

Auf Rovens Wink hin sammelten sich die Polizisten und betraten hinter ihm, die Waffen im Anschlag und nach allen Seiten sichernd, das Haus. Das Licht ihrer Lampen reichte aus, um sie erkennen zu lassen, dass sie sich in einer geräumigen Eingangshalle befanden.

Sie war leer, verlassen, und die Luft roch abgestanden. Jeder Stein schien sein eigenes Alter förmlich zu atmen, wenn es denn stimmte, dass dieses Haus tatsächlich vor über hundert Jahren gebaut worden war – und ganz unabhängig davon, wo es sich in den vergangenen Jahren auch befunden haben mochte...

Roven erstattete über Funk Meldung.

»Wir sehen uns weiter um«, schloss er, dann wies er seine Leute an, sich aufzuteilen und die von der Halle abgehenden Räume in Augenschein zu nehmen.

Doch keiner von ihnen fand etwas, das Hinweise auf frühere Bewohner des Hauses oder gar die Ursache für sein mysteriöses Erscheinen geliefert hätte. Die Zimmer standen samt und sonders leer, und es ließ sich nicht einmal erraten, wofür sie irgendwann einmal genutzt worden sein mochten.

Bemerkenswert war allenfalls die Tatsache, dass sich nicht einmal Staub fand. Es schien, als habe eine außerordentlich gründliche Entrümpelungsfirma fast im wörtlichen Sinne »klar Schiff« gemacht.

Im oberen Stockwerk bot sich der Einsatztruppe kein anderer Anblick. Die Zimmer waren etwas kleiner, aber ebenso leer wie im Erdgeschoß.

Zwei Eindrücke allerdings verdichteten sich in Neech Roven, aber sie schienen ihm so absurd, geradezu lächerlich, dass er sie nicht in seine Funkmeldungen einfließen ließ.

Zum einen kam es ihm vor, als wäre das Haus... seltsam unfertig. Als fehle es ihm an wirklicher Substanz;

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Adtian Doyle/Timothy Stahl/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Korrektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 05.12.2021
ISBN: 978-3-7554-0203-9

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /