THE GORDONS
FBI-Aktion
Schwarzer Kater
Roman
Apex Crime, Band 147
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
FBI-AKTION SCHWARZER KATER
ERSTER TEIL
ZWEITER TEIL
DRITTER TEIL
Das Buch
D. C. Randall wurde entführt. Und das versetzt nicht nur seine Familie, sondern auch das FBI in große Aufregung. Denn die Randalls sehen sich einem skrupellosen und raffinierten Verbrecher hilflos ausgeliefert...
The Gordons ist das Pseudonym eines Autorenduos, bestehend aus Gordon Gordon (* 2. März 1906 in Anderson, Indiana; † 14. März 2002) und Mildred Gordon (* 24. Juni 1912 in Kansas; † 3. Februar 1979 in Tucson, Arizona). Von ihrem Werk ist vor allem die Trilogie um Kater D.C. hervorzuheben: Diese Romane wurden vom Publikum wie auch von der offiziellen Kritik hoch geschätzt und später auch kongenial verfilmt.
Der Roman FBI-Aktion Schwarzer Kater (der dritte und abschließende Band der Serie Kater D. C.) erschien erstmals im Jahr 1974; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1977.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
FBI-AKTION SCHWARZER KATER
ERSTER TEIL
Erstes Kapitel
Patti Randall, vierundzwanzig Jahre alt, fünfzig Kilo leicht, stieg aus ihrem betagten Auto, holte vom Rücksitz eine große Tüte mit Einkäufen und drückte dann mit der Hüfte die Türe zu. Plötzlich hörte sie hinter sich ein wütendes Schimpfen und fuhr herum. Eine Sekunde lang stand sie wie vom Donner gerührt.
Greg Balter, mit einer Art Flammenwerfer bewaffnet, jagte Damn Cat Randall über die Straße. Er brüllte, Autobremsen quietschten, jemand hupte ohrenbetäubend.
Als D.C. an ihr vorbeischoss, trat sie Greg in den Weg und wäre beinahe von ihm überrannt worden. Er schäumte vor Wut.
»Greg Baker!«, schrie sie.
Sie stand ihm Auge in Auge gegenüber. Er wohnte auf der anderen Straßenseite, war Rechtsanwalt und ein Jahr älter als sie. Wiederholt hatte er gedroht, D.C. zentimeterweise den Schwanz abzuschneiden. Er sah gut aus, war amüsant und ein guter Unterhalter und fuhr einen weißen Sportwagen, um den allein es sich schon gelohnt hätte, ihn an die Angel zu bekommen. Doch wenn es um D.C. ging, kam seine gewalttätige Ader zum Vorschein. Er hatte kein Verständnis dafür, dass der Kater in seinem Petunienbeet scharrte, ihm, wenn er vom Fischen kam, den Fang stahl, sobald er ihn länger als zwei Sekunden aus den Augen ließ, und seinen betagten Dackel Blitzy ärgerte. Patti war einmal eine Zeitlang mit ihm ausgegangen, jetzt aber war ihr schon sein Anblick verhasst.
Er wedelte mit einem Azetylenbrenner.
»Du irrst dich«, rief er. »Ich war gerade dabei, das Bermudagras abzubrennen. Das frisst meinen ganzen Rasen auf. Ich habe versucht, es herauszuziehen, ich habe ein Unkrautvernichtungsmittel darüber geschüttet, aber nichts hat geholfen und...«
»Ich hab’ dich genau gesehen«, unterbrach sie ihn. »Du wolltest ihn mit diesem Flammenwerfer in Brand stecken. Wenn ich nicht gekommen wäre, dann hättest du – hättest du...«
»Nein, nein, du täuschst dich. Ich war gerade dabei, das Unkraut abzusengen, als er...«
»Als er was?«
»Er hat widerrechtlich mein Grundstück betreten. Es war ein klarer Fall, ganz eindeutig.«
»Und dafür wolltest du ihn in Brand stecken?«
»Nein, nein. Er hockte oben auf dem Baum und starrte durch das Fenster zu Blitzy rein und reizte ihn bis aufs Blut – und du weißt doch, dass Blitzy herzkrank ist und Zucker hat. Er hätte ja einen Herzinfarkt kriegen können.«
»Ich werde mit D.C. reden, Mr. Baker. Ich werde ihm sagen, wie ungehalten Sie werden, wenn er durch das Fenster Ihren Hund ansieht.«
»Aber, Patti, sei doch nicht so empfindlich. Nur wegen dieses alten, mottenzerfressenen Katers! Ich komme mit allen Nachbarn gut aus, und ich möchte auch mit dir gut auskommen. Die Kinder haben mich alle gern, auch Inky und Mike...«
»Die sind noch zu jung, um sich ein Urteil zu bilden.«
Er zwang sich zu einem Lächeln und einer normalen Tonlage. Endlich fiel es ihm auch ein, den Brenner auszuschalten.
»Ich wollte schon längst mal rüberkommen und – naja, wir könnten doch die alten Zwistigkeiten begraben und einmal wieder zusammen zum Tanzen oder zum Bowling gehen.«
»Mit einem Flammenwerfer?«
Sie hob D.C. hoch, setzte ihn auf ihre Schulter und ging hocherhobenen Hauptes davon.
»Abschlachten sollte man das Vieh«, brüllte Greg ihr nach.
Wie jähzornig dieser Mensch war! Konnte er da wirklich ein so guter Anwalt sein, wie es allgemein hieß? Gewiss, die Kinder mochten ihn, auch Ingrid und Mike, diese Verräter. Aber das kam nur daher, dass er ihnen dauernd etwas schenkte. Er kaufte sich ihre Gunst. Wahrscheinlich kaufte er auch die Geschworenen. Ein grässlicher Mensch.
D.C. stimmte ihr zu. Er sprach selten, aber jetzt redete er wie ein Buch. Er hatte Grauenvolles erlebt und wollte ihr alles ganz genau berichten. Ihre Teilnahme tat ihm gut. Es ging doch nichts darüber, nach einem Tag im Asphaltdschungel nach Hause zu kommen und sich von seinen Menschen verhätscheln und verwöhnen zu lassen. Und was diesen Schuft von gegenüber anging, na warte...
Zweites Kapitel
Selbst in pechschwarzer Finsternis konnte die siebzehnjährige Ingrid Randall die Anwesenheit von Menschen spüren, auch wenn diese sich noch so sehr bemühten, unbemerkt zu bleiben. Sie konnte sie denken hören. Patti behauptete, das sei absurd, und Mike, vier Jahre jünger als Ingrid, erklärte, das sei ein eindeutiger Beweis dafür, dass sie ins Irrenhaus gehöre. Es war aber eine Tatsache. Denken konnte man hören, allerdings nur jenes Denken, das aus Furcht geboren wird, nicht das ruhige, normale Denken. Doch wenn ein Mensch Angst hatte, dann gingen von seinem Denken Wellen aus, die von anderen aufgefangen werden konnten.
In Phasen erwachte Ingrid langsam aus tiefem Schlaf. Ihr Gehirn benahm sich wie ein außer Rand und Band geratener Computer, befahl ihr zu erwachen, nur um gleich darauf wieder Order zum Einschlafen zu geben, rüttelte sie aus ihrer Schlaftrunkenheit, warnte sie, dass etwas nicht in Ordnung sei und lähmte sie dann mit Benommenheit.
Sie richtete sich auf, stützte sich auf die Ellbogen und blickte zum offenen Fenster hinaus, dessen Vorhänge im kühlen Oktoberwind leise flatterten. Immer, wenn sie abends das Licht ausgeschaltet hatte, zog sie die Vorhänge auf. Sie liebte es, in einem sonnendurchfluteten Zimmer zu erwachen. Das Licht des Vollmonds erleuchtete den Garten, der noch genauso war, wie ihre Mutter ihn ein oder zwei Jahre vor ihrem Tod angelegt hatte. Auf der einen Seite standen die Gartenmöbel, auf der anderen waren die Blumenbeete. Die einzige Veränderung bildete Mikes Wurmbeet, das er angelegt hatte, als sie die Iriszwiebeln herausgezogen hatten. Mike züchtete Würmer, die er an Angler verkaufte. Er machte immer irgendwelche Geschäfte.
Obwohl sie kaum richtig wach war, merkte sie, dass D.C. nicht am Fußende ihres Bettes lag. Der Bursche schlägt mal wieder tüchtig über die Stränge, dachte sie. Im Allgemeinen war er in den Wintermonaten spätestens um neun zu Hause. Aber im Sommer streifte er bis Tagesanbruch durch die Gegend, rollte sich dann im Waschbecken im Bad zusammen und nötigte so sämtliche Familienmitglieder, sich in der Küche zu waschen, was zur Folge hatte, dass man im Salat Zahnpasta entdecken konnte oder auf den Cornflakes Seifenblasen.
Ingrid überlegte, ob Patti wohl schon zu Hause war. Sie war am Abend zu einer Party eingeladen gewesen, die ihre Freundinnen gegeben hatten, um ihr die ersten Hochzeitsgeschenke zu überreichen. In drei Wochen wollte Patti den FBI-Agenten Zeke Kelso heiraten, und Ingrid war außer sich vor Wonne. Er war der ältere Bruder, den sie sich immer gewünscht hatte. Er führte ernsthafte Unterhaltungen mit ihr, und er hörte ihr sogar zu, wenn sie etwas sagte. Mit ihm konnte man über den Sinn des Lebens diskutieren. »Ich müsste eigentlich schrecklich eifersüchtig sein«, hatte Patti gesagt. »Ich glaube, der Bursche ist in dich verliebt.«
Das hatte sie auf ganz neue Gedanken gebracht. Wenn sie statt der Rolle der kleinen Schwester die der femme fatale gespielt hätte, dann hätte sie ihn vielleicht für sich erobern können. So etwas würde sie Patti allerdings niemals antun. Außerdem musste sie mit Bedauern zugeben, dass Zeke viel zu alt für sie war – er war achtundzwanzig. Und mit Patti konnte sie sowieso nie in Konkurrenz treten, sie war einfach phantastisch. Anders konnte man sie nicht beschreiben. Sie war schlank und zierlich, mit einer Figur, die genau an den richtigen Stellen entschieden weiblich war, ansprechend, aber nicht aufreizend. Eine ruhige Sicherheit ging von ihr aus, sie war intelligent und hatte für alles Verständnis. Ingrid konnte mit all ihren Problemen zu ihr kommen, und Patti hatte immer Zeit für sie.
Ingrid wollte gerade wieder unter die Decke schlüpfen, als sie das Denken hörte. Sehr klar. Nicht die Worte, aber das schwache Geräusch eines arbeitenden Denkapparats. Später gestand sie ein, dass es auch das Geräusch eines schnaufenden Atems gewesen sein konnte.
Sie lauschte wieder und hörte nichts. Es war Einbildung gewesen. Du bist siebzehn, schalt sie sich, und du weißt genau, dass es keinen Wolfsmenschen gibt, der dich holen will. Vor Jahren, als sie noch ein Kind gewesen war, war sie häufig nachts aufgewacht und hatte sich mit angehaltenem Atem unter der Decke versteckt, aus Angst, im nächsten Moment die behaarten Hände des Wolfsmenschen auf ihrem Gesicht zu spüren.
Sie wünschte, D.C. käme nach Hause. Wenn das Fenster offenstand, kam er gewöhnlich auf diesem Weg ins Haus. War es geschlossen, so benutzte er seinen Privateingang. Als er noch nicht ausgewachsen gewesen war, hatte ihr Vater in den unteren Teil der Tür auf der hinteren Veranda eine kleine Schwingtür eingebaut. Damals ahnte keiner, dass der junge Kater sich zu einem stattlichen Zwanzigpfünder entwickeln würde. Jetzt diente die Öffnung als Kalorienzähler für D.C. Klapperte die Tür, wenn er sich hindurchzwängte, so hieß das, dass er Übergewicht hatte, und er wurde auf Diät gesetzt.
Sie versuchte wieder einzuschlafen, doch ihr Geist wehrte sich dagegen. Ihre Gedanken jagten sich in wildem Durcheinander und wanderten schließlich zu ihrem Vater, der zurzeit in Wyoming auf Antilopenjagd war. Er hatte in letzter Zeit häufig an Erschöpfungszuständen gelitten und brauchte dringend Erholung. Er hatte D.C. dafür verantwortlich gemacht. »Diese Katze«, sagte er. »Dieses Vieh kostet mich noch die letzten Nerven.«
Mitten hinein in die Gedanken an ihren Vater hörte sie wieder das Denken. Es war ganz deutlich auszumachen, und nachdem sie eine Weile gelauscht hatte, konnte sie feststellen, woher es kam. Von draußen vor dem Fenster.
Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie aus dem Bett glitt. Geräuschlos schlich sie zum Fenster, mied die Diele, die knarrte, und machte einen Bogen um ihre Schuhe, die sie vor dem Zu-Bett-Gehen mitten im Zimmer liegengelassen hatte. Dann knackte der Heizkörper, und sie erstarrte. Er knackte noch einmal und noch einmal. Dann war es wieder still. Sie holte tief Luft und setzte sich vorsichtig wieder in Bewegung.
Einen knappen halben Meter vorm Fenster blieb sie stehen, um zu überlegen, was sie weiter tun sollte. Und da sah sie den Mann. Er stand regungslos wie ein Zaunpfahl, keine anderthalb Meter von ihr entfernt. Auf der einen Seite verschmolz seine Gestalt mit dem dunklen Gebüsch, auf der anderen hob sie sich im Profil, von einem Mondstrahl beleuchtet, aus der Finsternis. Sie war sich nicht sicher, es war zu dunkel, aber etwas an seiner Haltung verriet ihr, dass sein Blick in eine andere Richtung ging. Er war nicht groß, auch nicht klein. Seine Gesichtszüge konnte sie nicht erkennen, nicht einmal sein Alter schätzen.
Am liebsten hätte sie geschrien. Alles in ihrem Inneren drängte sie, um Hilfe zu rufen, doch selbst als ihre Phantasie ihn ihr mit einem Wolfsgesicht und behaarten Händen vorgaukelte, stand sie weiter wie gelähmt.
Dann hörte sie ein lautes Knallen und Krachen, das ihr in diesem Moment atemloser Spannung so ohrenbetäubend erschien wie eine Explosion. Das ganze Haus schien zu beben. In wilder Jagd, als spürte er schon den heißen Atem des Wolfsmenschen in seinem Nacken, schoss D.C. auf seinen Privateingang zu und drohte in seiner Hast, sich durch die Öffnung zu zwängen, die Tür aus den Angeln zu reißen.
Das war zu viel. Sie begann zu schreien.
Drittes Kapitel
Patti legte den knusprigen Schinkenspeck auf eine vorgewärmte Platte und schlug die Eier in die Pfanne. Sie hörte das vertraute Zischen, genauso wie an jedem Tag. Ein Ei glitt ihr aus der Hand und zersprang auf dem frisch geputzten Boden. Sie schimpfte leise vor sich hin. Sie besaß sonst eine ausgezeichnete Körperbeherrschung, und ihre fahrigen Bewegungen an diesem Morgen brachten sie aus der Fassung.
Kurz nach drei war die Polizei gekommen. Die beiden jungen Beamten waren höflich gewesen, aber nicht sonderlich gründlich. Sie hatten mit ihren Taschenlampen ins Gebüsch geleuchtet, hatten einen Blick in die Garage geworfen, die vollgepackt war mit Wertgegenständen, die seit zehn Jahren keiner mehr angesehen hatte, und hatten schließlich auch noch in den Wagen geblickt, der Tag und Nacht in der Einfahrt stand. Ehe sie gegangen waren, hatten sie versprochen, dass sie sich in der nächsten Umgebung umsehen würden und dass ein Streifenwagen die Straße überwachen würde.
Der ältere Beamte nahm Patti zur Seite.
»Öffnen Sie heute Abend keinem Menschen die Tür. Keinem. Dieser Kerl kann auch jemand sein, den Sie kennen – ein Freund. Wir müssen davon ausgehen, dass es sich entweder um einen Einbrecher, einen Spinner, einen Triebverbrecher oder sonst einen Irren handelt. Wir haben erst neulich hier in der Nähe eine Vergewaltigung gehabt.«
Als sie weg waren, berichtete Patti Ingrid von dem Gespräch und fügte hinzu: »Ich hätte es dir nicht erzählt, aber wir müssen beide vorsichtig sein.«
Ingrid sollte bis zur Rückkehr ihres Vaters bei Patti im Zimmer schlafen. Nach einigem Überlegen beschlossen sie, ihn nicht zu behelligen. Er hatte seit Jahren keinen Urlaub mehr gehabt.
Mike hatte während all dieses Kommens und Gehens den Schlaf des Gerechten geschlafen. D.C. hatte sich zu ihm gesellt und schlief ebenfalls wie ein Murmeltier.
Einige Minuten nachdem die Beamten abgefahren waren, watschelte Mrs. Macdougall eilig herbei, die im Haus nebenan wohnte. Sie hatte keine Figur, keinen Anfang und kein Ende, doch was ihr an äußerer Form fehlte, ersetzte sie durch ihren glühenden Eifer, sämtliche nachbarlichen Sünden, Übertretungen, Fehler, Streitigkeiten, Liebesgeschichten, Schwangerschaften, Beförderungen und Entlassungen und was sonst noch zum Wesentlichen der menschlichen Existenz gehört in Erfahrung zu bringen. Nichts konnte geschehen – sei es bei Tag oder bei Nacht –, ohne dass ihre flinken, kleinen Vogelaugen, zu Zeiten von einem Feldstecher unterstützt, es sahen. Nur ihr Ehemann Wilbur war für sie ein Handikap. Er hatte ihr einmal erklärt, sie sei ein neugieriges, wichtigtuerisches, altes Klatschmaul, das eines schönen Tages mit einer Ladung Schrot im Allerwertesten im Krankenhaus landen würdet. Danach hatte er sein Hörgerät abgestellt.
»Wie schrecklich, wie schrecklich«, rief sie aus, als sie gehört hatte, was geschehen war. »Ich hatte einmal eine Cousine – das heißt, eine richtige Cousine war sie eigentlich gar nicht, denn sie war ja die Cousine meines Vetters Randolph – nun ja, und als sie eines Nachts arglos in ihrem Bett lag, stieg ein Mann durch das offene Fenster und erwürgte sie. Er hinterließ nicht die geringsten Spuren. Die Leute sagten, er müsste Klavierspieler gewesen sein. Diese kräftigen Finger. Haben Sie eine Waffe, um sich notfalls verteidigen zu können?«
Patti schüttelte den Kopf. Mrs. Macdougall zog eine Achtunddreißiger unter den Falten ihres Morgenrocks hervor.
»Die habe ich immer unter dem Kopfkissen. Nehmen Sie sie, ich hab’ noch eine andere.«
»Ich weiß nicht«, meinte Patti. »Wir haben noch nie geschossen.«
»Ist doch ganz gleich, ob Sie ihn treffen oder nicht. Hauptsache, er kriegt Angst. Ich hab’ Wilbur mal erwischt, als er nachts durchs Küchenfenster einstieg. Er hatte seinen Schlüssel vergessen. Um gute vierzig Zentimeter hab’ ich ihn verfehlt. Am nächsten Tag musste ich ihn zum Arzt fahren – er konnte gar nicht aufhören zu zittern.«
Mike, der einmal bei den Macdougalls Fenster geputzt hatte, berichtete, das Haus sei das reinste Waffenarsenal. Überall seien Schusswaffen versteckt, kleine Handfeuerwaffen in Blumentöpfen, eine Schrotflinte in einem alten Schirmständer und eine 38er hinter einem Gummibaum. Mrs. Macdougall war nicht bereit, sich ohne erbitterten Widerstand zu ergeben.
Patti ließ zwei Scheiben Brot in den Toaster fallen. Sie konnte kaum die Augen offenhalten. Weder sie noch Ingrid hatten geschlafen. Sie musste fürchterlich aussehen. Eine kalte Dusche, Eiswürfel auf die Augenlider, danach ein sorgfältiges Make-up, das würde schon wirken. Und vielleicht noch ein Dauerlauf um den Block, ehe sie sich in Beverly Hills im Exclusive Shop meldete, wo sie als Verkäuferin und Hausmannequin tätig war.
Aus dem Garten kamen gedämpft die Stimmen von Mike, Ingrid und Zeke. Sie hatte Zeke erst eine Stunde vorher angerufen. Er brauchte seinen Schlaf. In den letzten Wochen hatte er zwölf und vierzehn Stunden pro Tag an einem Fall von Erpressung gearbeitet. Er war sofort hergekommen und führte jetzt eine Tatortinspektion, wie er es nannte, durch.
Sie beeilte sich. Nach nichts sehnte sie sich mehr, als dort draußen bei ihm sein zu können. Die Momente ihres Zusammenseins waren immer so flüchtig.
Kaum hatte sie den elektrischen Büchsenöffner eingeschaltet, da flitzte ein langgestrecktes, schwarzes Etwas durch die Küche, kam vor ihren Füßen zum Stillstand und richtete sich aufmerksamkeitsheischend auf. Das Surren des Büchsenöffners würde diesen Kater selbst noch aus seinem Grab hervorlocken.
»Nein, das ist nicht für dich«, sagte sie zu ihm und schenkte den Orangensaft ein.
Er sprang auf einen Hocker und schwang sich von dort aus auf den Kühlschrank. Von diesem hochgelegenen Punkt aus konnte er sich vergewissern, dass ihm nichts entging, was gut und essbar war. Das meiste von dem, was die Menschen verzehrten, war für eine Katze nicht genießbar, auch wenn er sich zum Frühstück im Allgemeinen gnädig dazu herabließ, aus reiner Nettigkeit ein oder zwei Bissen Schinkenspeck anzunehmen. Nichts von dem jedoch, was die Menschen aßen, war mit einem saftigen Eidechsenschwanz zu vergleichen.
Mike stürmte herein und knallte die Tür hinter sich zu.
»Der Kerl von heute Nacht ist in meinem Wurmbeet rumgetrampelt«, rief er aufgebracht.
Er war gekränkt, dass sie ihn nicht geweckt hatten. Er meinte, er hätte den Eindringling vielleicht noch vor dem Eintreffen der Polizei fassen können. Jetzt machte er sich daran, mit D.C. seine groben Morgenspiele zu treiben. Der Kater legte die Ohren an und umfasste die Faust des Jungen mit seinen Zähnen, doch er biss nicht zu. Mike schleuderte ihn gegen die Wand, und D.C. wäre beinahe vom Kühlschrank gerutscht. Er kam aber sogleich wieder zurück, um weiterzuspielen, zog aber die Krallen ein, als er Mikes’ Arm zu fassen bekam.
»Sei doch nicht so grob«, mahnte Patti.
»Wer ist grob? Höchstens du, alte Wildkatze, du.«
D.C. machte dieses wilde Spiel Spaß. Mike war der einzige, der mit ihm Ringkämpfe vollführte. Vor dem Tod seines Onkels Willie – Willie war eine große, orangefarbene Katze gewesen, sein Idol, da er ihn in seinen Jugendtagen vor allen möglichen Gefahren beschützt hatte – hatten die beiden jeden Morgen miteinander gekämpft. Manchmal war Onkel Willie allerdings wütend geworden und hatte ihm eine Backpfeife verpasst, die ihn durch die ganze Küche geschleudert hatte. D.C. hatte diese Backpfeife immer als Schlusspfiff hingenommen.
»Deine blöden Würmer«, sagte Ingrid voller Ekel. Sie begann, den Frühstückstisch zu decken. »Wer kauft denn die schon?«
»In Kanada sind sie das große Geschäft«, behauptete Mike. »Da gibt es die Würmer sogar in Automaten. Das werde ich hier auch einführen.«
»Lutscher und Regenwürmer! Pfui Teufel!« Sie wandte sich Patti zu. »In Mathe schreib’ ich bestimmt eine ganz miese Note. Ich weiß es. Ich bin so fertig. Zeke glaubt nicht, dass es ein Fenstergucker war.«
»Wenn dich einer nackt sehen würde«, meinte Mike, »würde er auf der Stelle tot umfallen. Ich habe schon viele Horrorfilme gesehen, aber...«
»Mike Randall!«, rief Patti streng.
»Okay, okay.« Er wusch sich die Hände und trocknete sie an einem Geschirrtuch ab. »Ich bin nur objektiv. Im Geschäftsleben muss man die Dinge so sehen, wie sie sind.«
»Das reicht, Mike. Setz dich hin.« Sie stellte eine Schüssel mit gehackten Nieren auf den Boden. »Na komm schon«, sagte sie zu D.C. »Es ist aus der Büchse. Oder möchtest du vielleicht das Etikett sehen?«
Er fraß nur Futter aus der Büchse, und da wieder nur eine ganz bestimmte Marke.
Patti leerte seine Wasserschale und füllte sie mit frischem Wasser. Ingrid meinte, das sei lächerlich. Er hatte seit Monaten nicht mehr aus der Schale getrunken. Er zog es vor, seine Zunge in Blumenvasen zu stecken oder in Putzeimer mit Seifenwasser oder in das Schwimmbecken zwei Häuser weiter.
»Ich hoffe, Papa vererbt ihm auch was«, bemerkte Ingrid.
»Ja, deinen Anteil«, meinte Mike.
»Ist doch wahr. Stell dir mal vor, uns allen passiert was. Wer kümmert sich dann um D.C.?«
»Ja, die Manson Bande vielleicht, wenn sie uns alle niedergemetzelt hat.«
»Ich würde lieber ihm was hinterlassen als einigen unserer lieben Verwandten. Zum Beispiel Onkel George, dem alten Griesgram. Ich meine, warum soll man jemandem was hinterlassen, nur weil er zufällig ein Verwandter ist? Dann schon lieber Leuten, die einen gern haben.«
»Frag mal, ob Zeke reinkommen will«, sagte Patti.
Mike brüllte zur Tür hinaus und berichtete dann, Zeke hätte bereits gefrühstückt. Er hätte wenigstens eine Tasse Kaffee mit uns trinken können, dachte Patti. Natürlich war D.C. daran schuld. Zeke war gegen Katzen allergisch. Die Allergie beruhte auf Gegenseitigkeit. D.C. war auch gegen ihn allergisch.
»Sag mal, bist du eigentlich sicher, dass der Mann nicht Greg war?«, fragte Patti Ingrid ganz unerwartet.
Mike stand auf. Er konnte noch schneller schlingen als D.C., der jetzt den Stuhl ihres Vaters in Beschlag genommen hatte und versuchsweise eine Pfote auf den Tisch legte, um den Hals nach dem Essen auszustrecken.
»Heute regnet’s noch«, meinte Mike.
»Pfoten vom Tisch«, sagte Patti zu D.C.
D.C. nahm die Pfote vom Tisch. Den Ton kannte er.
»Also, wenn Mrs. Macdougall zur Zeit der Pilgerväter gelebt hätte«, verkündete Mike, ohne dass einer auf ihn achtete, »dann hätte man sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Mensch, das hätte vielleicht gebrutzelt. Die ist schon komisch – sieht alles und weiß alles.«
»Patti!«, schrie Ingrid entrüstet.
»Wieso glaubst du, dass es heute noch regnet, Mike?«, fragte Patti.
»Patti!«, schrie Ingrid wieder. »Erst sagst du so was Gemeines und dann...«
»Hör mal, jetzt krieg nicht gleich Zustände. Ich wollte doch damit nicht sagen, dass Greg dich bespitzelt hat. Aber Mrs. Macdougall – weiß der Himmel, wann die Frau schläft – sagte, als sie vorgestern nachts aufstand, hätte sie einen Mann gesehen, der eine Katze gejagt hat. Sie war ganz sicher, dass es D.C. war. Deshalb dachte ich, dass Greg ihn vielleicht hier herübergescheucht hat und dann merkte, dass jemand zum Fenster herausschaute und sich im Gebüsch verstecken wollte, weil es ihm peinlich war.«
»Ach, Patti.« Ingrid ließ auf Greg nichts kommen. Er hatte einen Mandanten, dem ein Kino gehörte, und verschaffte ihr häufig Freikarten. Außerdem hatte er sie gleich am ersten Tag, nachdem sie ihren Führerschein gemacht hatte, seinen Sportwagen fahren lassen.
»Ich weiß, dass es heute noch regnet«, verkündete Mike. »Mrs. Macdougall stellt ihre Tonnen raus.«
Jeden Herbst stellte sie im ganzen Garten Tonnen auf, um den Winterregen aufzufangen. Sie wollte damit die Wasserrechnung drücken.
»Da hat jemand einen neuen Hund«, bemerkte Patti, während sie abdeckte. Es klang, als käme das Gebell aus dem Nebenzimmer.
»Er ist in der Garage«, sagte Ingrid boshaft.
»In der Garage?«
»Du kennst doch die alte Mrs. Beall an der Ecke«, erklärte Mike. »Es ist ihr Pudel. Sie lebt von der Wohlfahrt, und im Pudelsalon verlangen sie zwölf fünfzig für das Scheren. Ich hab’ ihr gesagt, ich mach’s für drei fünfzig. Heute früh hab’ ich den Hund geholt. Ich mach’ selbst einen Hundesalon auf.«
»Da brauchst du einen Gewerbeschein«, meinte Ingrid. »Sonst wirst du verhaftet.«
»Das wäre Klasse. Die Werbung kann ich gebrauchen. Stell dir mal vor, wie ich da ins Geschäft käme.«
Viertes Kapitel
Als Patti aus der schattigen Küche trat, stand sie einen Moment lang wie geblendet in der Sonne. Dann erspähte sie das Hinterteil von Zekes hochgewachsener, schlaksiger Gestalt. Er lag vor dem Gebüsch auf den Knien.
»Hallo«, sagte sie leise.
Er hob den Kopf. Er hatte gute blaue Augen und ein tief gebräuntes Gesicht, das vom Wind und Sand Nevadas, wo er aufgewachsen war, gegerbt war.
»Alle weg?«
Sie nickte und kauerte neben ihm nieder. Ihre Körper berührten einander, und eine Welle des Verlangens überspülte sie. Sie erwiderte seinen Kuss, bis ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten.
»Was suchst du da?«, fragte sie.
Er stand auf und trat zu einem schiefhängenden Holztor.
»Hat die Polizei das schon gesehen?« Die Klinke und das Vorhängeschloss waren weg. »Das hat der Kerl bestimmt mit Leichtigkeit abgerissen. Das Holz ist verfault. Ich dachte, er hätte es vielleicht irgendwo hier weggeworfen, und wir könnten Fingerabdrücke finden.«
Ihr Blick wanderte durch den Garten, sah die altvertraute Kulisse. Vor Jahren hatten sie hier Kricket gespielt. Sie konnte noch das Lachen ihrer Mutter hören, wenn es ihr gelungen war, die Kugel durch das, Tor zu schlagen. Am hinteren Ende stand allmählich zerfallend die Tischtennisplatte, an der ihre Mutter ihre Gegner oft mit scharfen Schmetterbällen zur Verzweiflung getrieben hatte.
Jetzt hatte sie jedoch Angst in diesem Garten. Vor wenigen Stunden erst war ein Mann zwischen diesen Blumen und Büschen herumgeschlichen, ein Mann, der ihnen Böses wollte.
»Ich habe Angst«, sagte sie.
Er nahm ihre Hand und hielt sie fest. Er lachte leise.
»Fürchte dich nie, das große FBI ist hier.« Er führte sie durch den Garten. »Wie war die Party?«, fragte er.
»Nett.«
»Hast du was Brauchbares kassiert? Oder nur einen Haufen Blumenvasen?«
»Also Eiskübel werden wir fürs nächste nicht mehr brauchen. Ich habe fünf Stück bekommen. Und einen Sektkühler, der so groß ist wie ein Schirmständer.«
In diesem Moment erzitterte die Hintertür, und D.C. zwängte sich durch seine Schwingtür. Er blickte weder rechts noch links, sondern marschierte zielstrebig zum Rosenbeet, wo er mit Energie zu scharren begann.
Brüllend stürzte sich Zeke auf ihn, doch D.C. ließ sich nicht erschüttern. Er hatte schon des Öfteren Zusammenstöße mit diesem Ungeheuer bestanden und niemals klein beigegeben.
»Er zerstört die Spuren«, sagte Zeke, sich in letzter Minute zurückhaltend. Gerade noch rechtzeitig war ihm eingefallen, dass er ja Patti heiraten wollte, die diesen kleinen Barbaren liebte. Wenn er es wagen sollte, ihm auch nur ein Härchen zu krümmen, konnte das ernste Konsequenzen haben. »Da ist ein Fußabdruck«, fügte er lahm hinzu.
D.C. fauchte mit wütender Verachtung.
»Ebenfalls, alter Junge«, brummte Zeke.
»Was hast du gesagt?«, erkundigte sich Patti argwöhnisch.
»Nichts, nichts. Ich habe ihn nur gebeten, freundlicherweise seinen Kadaver hinwegzuheben.«
»Ach, wenn ihr beide nur miteinander auskommen könntet!«
»Die meisten Männer haben Schwiegermütter. Ich habe einen Kater.«
»Zeke Kelso!«
Er nahm sie in die Arme, obwohl er ganz genau wusste, dass Mrs. Macdougall von ihrem Fenster im ersten Stock aus zusah.
»Ehrlich, ich habe ihn gern. Das weißt du doch.«
Sie blickte auf. »Du bist ein Lügner und Heuchler, Zeke Kelso.«
»Das weißt du nur vom Hörensagen. Vor Gericht nimmt dir das keiner ab.«
Er hatte sich bemüht, seine Vorurteile zu vergessen. Doch gegen seine Allergie gegen D.C. kam er nicht an. Ob er wollte oder nicht, er musste ständig niesen, wenn der Kater in der Nähe war. Und außerdem war er nun einmal ein Hundefreund, war es immer gewesen, seit in seiner Kindheit ein Collie sein bester Freund und Kumpel gewesen war.
Dabei hätte er, wie Patti wiederholt festgestellt hatte, D.C. eigentlich dankbar sein müssen. Wäre der Kater nicht gewesen, hätte er Patti nie kennengelernt. Angefangen hatte es damit, dass D.C. in eine fremde Wohnung gewandert war, um zu betteln. Am Abend war er mit einer Armbanduhr um den Hals heimgekehrt; sie war ihm von einer Bankkassiererin umgelegt worden, die von zwei Verbrechern als Geisel gefangen gehalten wurde. Der Fall war Zeke übertragen worden. Er sollte D.C. überwachen, weil man hoffte, der Kater würde das FBI zu der Wohnung führen. Das hatte er schließlich auch getan und hatte Ruhm und Ehre im Übermaß dafür geerntet. Presse und Fernsehen hatten ihn zum Nationalhelden hochgespielt. Walt Disney hatte sogar einen Film über ihn gedreht.
»In dem Blumenbeet vor Ingrids Fenster«, sagte er, sie immer noch in den Armen haltend, »sind vier gute Fußabdrücke. Und da drüben...« Er deutete zu einem Hibiskusbusch sechs Meter entfernt »scheint es einen Kampf gegeben zu haben. Da sind ein paar abgebrochene Äste und abgerupfte Blätter. Vielleicht ist er ausgerutscht und gestürzt. Und in Mikes Wurmbeet sind auch zwei Abdrücke. Ich möchte wissen, weshalb der Bursche hier so herumgewandert ist.«
»Sei doch mal ehrlich, Zeke. Es könnte ein Einbrecher gewesen sein, aber ich bezweifle es. Und ein Fenstergucker war es sicher auch nicht, denn wir lagen ja alle schon seit über zwei Stunden in den Betten. Was bleibt also?«
Er zog sie fester an sich.
»Ich habe Angst um Ingrid«, fuhr sie fort. »Sie nimmt die Geschichte nicht allzu ernst, weil sie keine Furcht kennt. In ihrem Alter ist alles ein Abenteuer.«
»Ich übernachte heute bei euch.«
»Aber Mrs. Macdougall...«, begann sie.
»Na und?«
Sie lachte. »Na und?«
Fünftes Kapitel
In dieser Nacht schlief Zeke bei den Randalls auf einer Liege neben der Garage. Mehrmals erwachte er mit steifem Hals und eingeschlafenen Beinen und blickte sich in dem von Mondlicht durchfluteten Garten um. Nichts rührte sich, kein Lüftchen regte sich.
D.C. machte es sich zwischen Patti und Ingrid bequem. Im Allgemeinen schlief er am Fußende des Bettes, doch jetzt spürte er, dass etwas nicht stimmte.
Kurz nach dem Frühstück fuhr Zeke ab, Patti begleitete ihn zu seinem Wagen.
»Bitte sei vorsichtig«, sagte er ruhig zu Patti. »Heute Nacht war zwar alles still, aber man kann nie wissen.«
Mike schoss auf seinem Fahrrad vorbei. »Lass dich nicht von den Kobolden erwischen«, rief er.
Es war Halloween, der einunddreißigste Oktober, der Tag für Maskenfeste und Gespensterrummel, der Tag, an dem die Kinder von Haus zu Haus gingen und Bonbons und Schokolade hamsterten.
»Du auch nicht«, rief Zeke zurück.
D.C. sprang auf die Kühlerhaube und spazierte in hochmütiger Haltung darauf herum. Es gab kaum etwas, was Menschen mehr erregte als eine Katze auf einem Auto. Patti schrie ihn an, und er sah mit Unschuldsmiene zu ihr hinüber. Es gab eine wichtige Regel, die er schon als milchbärtiges Kätzchen gelernt hatte. Niemals ein schuldbewusstes Gesicht machen. Sie klatschte in die Hände, ziemlich albern, fand er, und er spazierte langsam über die Kühlerhaube zur anderen Seite, spähte hinunter, ließ sich Zeit – um zu zeigen, dass er dies sowieso vorgehabt hatte – und sprang hinunter. Als er an Zeke vorüberkam, fauchte er und marschierte dann, mit sich und der Welt zufrieden, weiter.
»D.C.!«, tadelte Patti.
Er tat so, als hätte er nichts gehört. Zeke hatte schon seit einiger Zeit entdeckt, dass alle Katzen an einem höchst sonderbaren medizinischen Phänomen litten: an zeitweisem Ausfall des Gehörs. Das konnte von leichter Schwerhörigkeit, durch das Zucken eines Ohrs oder des Schwanzes gekennzeichnet, bis zur totalen Taubheit gehen, bei der überhaupt keine Reaktion mehr erfolgte.
Mrs. Macdougall tauchte auf. Trotz ihrer
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Gordon Gordon/Mildred Gordon/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Mina Dörge.
Übersetzung: Mechtild Sandberg (OT: Catnapped).
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 18.11.2020
ISBN: 978-3-7487-6491-5
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