Cover

Leseprobe

 

 

 

 

ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 29:

Der Fluch des Blutes

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

Was bisher geschah... 

 

DER FLUCH DES BLUTES 

 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 20: PHANTOM DER TIEFE 

von ADRIAN DOYLE und TIMOTHY STAHL 

 

Glossar 

 

Das Buch

Landrus perfider Plan scheint aufzugehen – ein Plan, der aus seiner ärgsten Todfeindin eine Schwester und Verbündete macht! Ohne Erinnerung an ihre frühere Identität ist Lilith ihm vollständig ausgeliefert. Landru schafft sie zu einer Vampirsippe, die ihm treu ergeben ist. Dort soll Liliths Dasein einen neuen, bösen Sinn erhalten, soll sie entgegen ihrem wahren Wesen das Leben einer echten Vampirin führen: grausam, brutal und erbarmungslos.

Der Fluch des Blutes entfaltet seine unheilige Wirkung und erschafft eine Lilith Eden, wie es sie nie gegeben hat. Doch nicht alle Mitglieder ihren neuen »Familie« sind ihr wohlgesonnen...

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada.

  Was bisher geschah...

 

 

Als durch eine Seuche die meisten Vampire sterben und sich das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse verschiebt, wird Gabriel geboren, eine Inkarnation Satans. Seine Aufgabe: ein Tor zur Hölle zu öffnen, das von der Bruderschaft der Illuminati in einem Kloster bei Rom bewacht wird. Letztlich scheitert das Vorhaben, nicht zuletzt durch Lilith Eden, Tochter eines Menschen und einer Vampirin. Gemeinsam mit ihrem ärgsten Feind Landru wird sie durch das Tor in die Hölle gerissen – eine Dimension, die durch den Fall des Engels Luzifer entstand.

Bei der Flucht aus den Gefilden der Hölle werden ihre Persönlichkeiten gelöscht, während Salvat, Führer der Illuminati und in Wahrheit der Erzengel Michael, den Klosterberg sprengt und das Tor somit versiegelt. Lilith und Landru wissen nichts mehr über ihr früheres Leben; nicht einmal, dass sie Vampire sind!

Über Landrus Tarnidentität Hector Landers finden sie erste Spuren. Die seinen weisen nach Paris, die ihren nach Sydney. In Australien findet Lilith den Ort ihrer Geburt, wird aber von der dortigen Macht nicht mehr akzeptiert. Derweil kommt es in Paris zur Begegnung zwischen der Werwölfin Nona und Landru. Landru erkennt seine langjährige Geliebte nicht - ein mörderischer Kampf entbrennt, den Nona nur durch Flucht beenden kann.

Da sucht Gabriel Landru auf und bietet ihm einen Pakt an, den Landru nicht ablehnen kann. Der Knabe gibt ihm seine verlorenen Erinnerungen zurück. Daraufhin folgt Landru Nona und erfährt von ihr, dass sie im Dunklen Dom war, der Heimstatt der Hüter, wo einst die Dunkle Arche nach der Sintflut strandete. Aber der Dom ist zerstört! Landru muss in Erfahrung bringen, was dort geschah – schließlich war er selbst einer jener Hüter, die mit dem Lilienkelch das Geschlecht der Vampire über die ganze Erde verbreitet haben. Zuvor aber kümmert er sich um die immer noch identitätslose Lilith, denn mit ihr hat er besondere Pläne...

Derweil erwacht im Dunklen Dom der letzte der Kelchhüter – Anum, der damals auch der erste Hüter war. Zugleich taucht in Indien der Lilienkelch wieder auf, und in Nepal endet die dunkle Geschichtsschreibung der Blutbibel. Sie wurde überwacht von sieben Kindern, die damals in der Dunklen Arche mitreisten; nun kehren die Sieben zurück und geben Anum all ihre Kraft. Die Blutbibel selbst bleibt im Dom, als Anum aufbricht und den Lilienkelch an sich bringt – bereit, sein Amt als Hüter wieder aufzunehmen...

Landru offenbart Lilith in Sydney, dass sein Gedächtnis zurückgekehrt ist. Er gibt vor, sich auch an ihre Identität zu erinnern: Im Urwald Mittelamerikas gäbe es eine Stadt, in der ihre gemeinsamen Kinder auf sie warteten. Kinder, die Lilith geboren habe!

Die Stadt gibt es tatsächlich. Sie ist mit Kelchmagie von der Umwelt abgeschirmt. In ihr haben Maya überdauert, die heute noch leben wie ein halbes Jahrtausend zuvor. Die Vampire dort sind Landru treu ergeben und wissen, was von ihnen erwartet wird. Nona reiste voraus und weihte sie in Landrus Pläne ein. Bald nach der Ankunft soll Lilith - um ihre Zugehörigkeit zur »Familie« zu demonstrieren - ein Menschenopfer zelebrieren...

DER FLUCH DES BLUTES

 

 

 

 

Einer gewaltigen Nekropole gleich erhob sich die verborgene Maya-Stadt im nächtlichen Glanz der Sonne. Die Menschen, die ausgemergelt auf den Straßen, Feldern und Plätzen schufteten, schienen mehr tot als lebendig. Ihre bleichen Körper waren bemalt, als könnten die Farben das Leben ersetzen – oder es zumindest beschwören, wiederzukehren.

Was für ein Alptraum, dachte die Frau, die aus einem Fenster des Tyrannenpalastes blickte. Ihre Augen brannten, hatten sich immer noch nicht an die allgegenwärtige und beklemmende Düsternis gewöhnt. Ihr Blick glitt weiter zu dem Wall, hinter dem die Welt endete. Diese Welt...

Grund und Boden der alten Maya-Stadt, so hatte Landru es der Frau erklärt, waren in den Spätnachmittagsstunden des 3. September 1523 aus der bestehenden Wirklichkeit herausgeschnitten worden. Die jenseitige Kraft, die dies bewerkstelligt hatte, kerkerte die Menschen seitdem hier ein.

Als »Hermetische Stadt« hatte Landru die vom Lilienkelch erschaffene Sphäre bezeichnet – erschaffen als Antwort auf die unerlaubten Taufen, die der Kelchhüter mit Kindern der Maya durchgeführt hatte. Sie hatten sein Blut getrunken, um als Vampire vom Tode wiederaufzustehen – gegen den Willen jener Macht, der Landru verpflichtet war. Sie hatte ihn wissen lassen, dass dieser Kontinent noch nicht reif sei für die Regentschaft der Alten Rasse. Warum, wusste Landru bis heute nicht.

Der zu diesem Zeitpunkt bereits acht Jahrhunderte in seinem Amt weilende Kelchhüter war der sonderbaren Kultur der Indios erlegen und hatte deshalb der Versuchung letztlich nicht widerstehen können. Acht Kinder hatte er wider das Verbot einer Kelchtaufe unterzogen und damit die erste Sippe außerhalb der Alten Welt begründet. Der Lilienkelch hatte diese Eigenmächtigkeit in beispielloser Weise geahndet und eine Barriere um die Stadt gespannt, die weder sterbliche noch unsterbliche Maya zu überwinden vermochten...

»Ich konnte nicht eher kommen – verzeih.«

Obwohl die am Fenster stehende Frau zuvor keine Tür hatte schlagen hören, zuckte sie nicht einmal zusammen, als die sonore Stimme hinter ihr erklang. Langsam drehte sie sich dem Mann zu, für den sie jede erdenkliche Strapaze auf sich genommen hätte.

»Landru...«

Er lächelte.

Bei ihrem ersten Kennenlernen hatte er noch ein falsches Lächeln getragen – auf einer Maske aus magisch belebter Haut, die sich wie ein Egel um seine echten Züge geschmiegt hatte. Doch schon bald hatte sie hinter dieses Truggebilde schauen dürfen...

Wir haben einander nie gesucht, dachte Nona warm. So war es auch nicht Zufall, sondern Bestimmung, was uns damals in Rom zusammengeführt hat.1  

Der Leidenschaft, die zwischen der Werwölfin und dem Vampir entflammt war, hatte die seither verronnene Zeit nichts anhaben können. Vermutlich auch deshalb nicht, dachte Nona, weil wir nach längerem Zusammensein doch stets auch wieder getrennte Wege einschlugen. So wurden wir einander nie überdrüssig. Im Gegenteil... 

Es hielt sie nicht länger an ihrem Fensterplatz, von dem aus sie hinausgespäht hatte in die bedrückende Welt, die nur wenige Jahre vor ihrer ersten Begegnung mit Landru entstanden war, und fiel dem Mann, dem sie wertvolle Botendienste geleistet hatte, in die Arme. Er erwiderte Nonas Küsse, wie sie es gewohnt war – und brauchte: hart, fast gewalttätig selbst im Bezeugen innigster Zuneigung!

Als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten, war Nona wie benommen. Und fast willenlos.

»Nimm mich!« Sie bettelte fast um die Wonnen, die sie bislang nur in Landrus Armen erfahren hatte. Mochten andere Männer noch so phantasievoll, noch so bemüht gewesen sein – es war nie dasselbe gewesen.

Vielleicht hatte es damit zu tun, dass Landru sie einst entjungfert hatte. Hieß es nicht, Frauen würden ihren ersten Mann nie vergessen und jeden folgenden daran messen...?

Nona lachte kehlig. Auf Landru mochte dieser plötzliche Heiterkeitsausbruch unmotiviert wirken.

»Was hast du?«

»Sehnsucht.«

Seine Finger schoben sich von hinten wie Kämme in ihr kurzes, rotbraunes Haar und hielten ihren Kopf fest. »Dafür ist jetzt keine Zeit!«

Ihre nächsten Worte waren von fauchendem, heißem Atem umspült. »Nein...? Keine Zeit für Nähe? Beansprucht sie dich so sehr?«

»Du und ich«, erwiderte er, »wir werden noch genug Zeit füreinander haben – sobald ich sie soweit habe.«

Landru rückte keinen Zentimeter von ihr ab. Sein Blick schien sich in Nonas Augen brennen zu wollen, und in schon versöhnlicherem Ton fragte sie: »Wie weit willst du Lilith Eden denn haben? Ich habe dir schon in Paris gesagt, dass ich den Aufwand, den du mit ihr betreibst, nicht verstehe. Die Gelegenheit, sie zu töten, wird nie mehr günstiger sein als jetzt. Noch hat sie ihr Gedächtnis nicht wieder. Noch ist ihr Wissen um die eigene Stärke beschränkt, sodass es dir leichtfiele, sie –«

»Natürlich könnte ich sie vernichten, wie sie es eigentlich verdient hätte«, fiel er ihr ins Wort. »Das hätte ich schon in Sydney tun können.«

»Aber warum tust du es dann nicht? Nach allem, was sie dir und deinem Volk angetan hat... Du hast mir auch immer noch nicht gesagt, was dein Plan bezwecken soll! Wofür ist diese Farce gut? Warum ist es so wichtig, dass Lilith glaubt, mit dir zusammen Kinder gezeugt und geboren zu haben?«

Landrus Hände lösten sich von ihrem Kopf. »Darüber reden wir noch – später. Jetzt muss ich gehen. Ich wollte dir nur danken, dass du das Feld hier bereitet und den Vampiren meine Anweisungen überbracht hast.«

Nona schloss kurz die Augen und fragte sich, ob sie ihm sagen sollte, wie unwohl sie sich in dieser Stadt fühlte. Wie sehr ihr diese Sphäre seit dem Moment zu schaffen machte, da sie die magische Membran, die das Leben hier vom Leben draußen trennte, durchdrungen hatte.

Aber er schien in solcher Eile, dass sie darauf verzichtete und ihr Anliegen verschob.

»Wann sehen wir uns wieder?« wollte sie nur noch von ihm wissen.

»Sobald ich es einrichten kann«, versprach er. »Schon die nächsten Stunden werden mir genaueren Aufschluss geben, wie sehr sich Lilith inzwischen mit ihrer neuen Rolle identifiziert. Es wird gewissermaßen die Nagelprobe...«

»Was hast du vor?«

Der Ausdruck seines Gesichts wurde noch eine Spur abseitiger, als er antwortete: »Ich zwinge sie zu etwas, was die alte Lilith niemals getan hätte...«

 

 

Stunden später, auf dem heiligen Tempel

Lilith Eden fühlte sich gefangen und verdammt in einem. Gefangen in einem Alptraum –

– und verdammt zu einem Leben, das ihr zu führen widerstrebte!

Aber es gab nichts, was sie dagegen hätte tun können. Denn dieser Alptraum war ihr Leben!

Landru hatte sie nach Hause gebracht, heim in den Schoß ihrer Familie, und Liliths ursprüngliche Zweifel waren mittlerweile mehr und mehr der Überzeugung gewichen, dass ihr Gefährte die Wahrheit sprach: dass diese Stadt und das Land ringsum in der Tat ihrer beider Reich und dass die Herrscher darin ihrer beider Kinder waren.

Auch an der Tatsache, dass sie eine Vampirin war, zweifelte sie nicht mehr. Der Blutdurst und die Erkenntnis, dass schwarzes Blut in ihren Adern floss, waren ihr Beweis genug gewesen.

Dass sie aber von der gleichen Grausamkeit beseelt sein sollte wie Landru und ihre acht Kinder...?

Lilith sah sich außerstande, zu tun, was Landru von ihr verlangt hatte:

Schneide ihr das Herz aus der Brust...!

Seine Worte, tatsächlich längst verklungen, hallten Lilith noch immer im Ohr. Die gespannten Blicke all jener, die sich zu der barbarischen Opferzeremonie auf der Spitze der Tempelpyramide versammelt hatten, stachen kalten Klingen gleich auf ihrer Haut.

Widerstrebend sah Lilith zu dem Ritualdolch auf, den sie mit beiden Händen hoch über dem Kopf erhoben hielt, zu einem Stoß, den zu führen sie nicht imstande war. Aber fast schien es, als wolle die Waffe selbst ihr die Entscheidung abnehmen. Der schwere Dolch bebte in Liliths Griff wie von eigenem Leben erfüllt, die Klinge senkte sich langsam nieder, und schon zitterte die Spitze dicht über Liliths Augenhöhe, an einen erstarrten, lichtlosen Blitz erinnernd, der alle Anstrengungen unternahm, um aus seinem unsichtbaren Kerker auszubrechen –

– um endlich zu verrichten, weswegen er Lilith in die Hand gegeben worden war: Um das Herz aus der Brust jenes Mädchens herauszutrennen, das nackt vor Lilith auf dem Opferstein lag!

Die junge Indio-Frau selbst schien mit ihrem Schicksal nicht im Geringsten zu hadern. Ihre hübschen Züge zeigten keine Spur von Angst, allenfalls lag schon der Schatten des Todes darüber und malte sie grau, was jedoch eine Illusion sein mochte, denn inmitten der grellbunten Körperbemalung musste jeder natürliche Hautton verblassen und bleich aussehen.

Trotzdem kam es Lilith vor, als hätte das Mädchen sich dem Tod längst schon ergeben und sehne ihn nun herbei, ungeachtet der Schmerzen, die es bedeuten musste. Der Blick des Opfers hing in einer geradezu befremdlichen Weise an der Klinge des Dolches – als wäre es der Geliebte, der dem Mädchen neckisch noch den Kuss verweigerte.

»Warum zögerst du?« Landrus Stimme löste die fast schon schmerzhafte Verkrampfung, in die Lilith verfallen war. Keuchend entließ sie den angestauten Atem aus ihren Lungen.

»Tu's endlich«, forderte Landru. »Stoß zu!«

Lilith wollte es noch immer nicht, aber ihre Hände schienen ihr nicht länger zu gehorchen. Ihre Fäuste, die den Dolch umfassten, senkten sich tiefer, ruckartig –

– und kamen doch zwei Handbreiten über der Brust des Mädchens erneut zur Ruhe, bebend, als hätte Lilith die Klinge in unsichtbares Holz getrieben.

Fast meinte sie, etwas wie Enttäuschung im Gesicht des Mädchens zu sehen, und hastig wandte sie den Blick, weil diese Regung sie abstieß.

Die Spannung um Lilith her war beinahe zu spüren. Als erfülle sie die Luft knisternd mit Elektrizität. Die Gestalten in den aufwendig gearbeiteten Zeremoniengewändern standen starr, ihre Augen, unsichtbar hinter dämonischen Masken, fixierten Lilith.

Eine Anzahl weiterer Beobachter, nicht maskiert und in weniger edler Kleidung, standen

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Adrian Doyle/Timothy Stahl/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 26.07.2020
ISBN: 978-3-7487-5138-0

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