MICHAEL ROBERTS
DIE TERRANAUTEN, Band 34:
Der Renegat
Science-Fiction-Roman
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
DER RENEGAT von Michael Roberts
1.
2.
3.
Das Buch
Man schreibt das Jahr 2500 irdischer Zeitrechnung.
Für Aqua, das auf Importe angewiesen ist, bringt die Unabhängigkeit vom Konzil mehrere Probleme nach sich. Ginger, der zweite losgelöste besiedelte Planet, ist mehr als 3.000 Lichtjahre entfernt. Es bleibt keine andere Möglichkeit, als sich mit anderen Planeten in Verbindung zu setzen.
Auf Tamerlan beobachtet der General-Manag des Consolidated-Tontor-Konzerns (Con-Ton) Edison Tontor einen Versuch des von ihm bei der Entwicklung unterstützten Gravitrons: Ein Gerät, das Materie verdichten kann - eine ultimative Waffe!
DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag.
Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.
DER RENEGAT von Michael Roberts
1.
Der blonde, junge Mann verabschiedete sich lächelnd von den drei grünhäutigen Humanoiden mit den meterbreiten gefiederten Schwingen und den Krallenhänden. Die drei breiteten ihre Flügel aus und stürzten sich von den Zinnen des hohen, viereckigen Turms, der am Rand eines ausgedehnten, festungsähnlichen Gebäudekomplexes stand. Zwei, drei schnelle Flügelschläge, und die »Grünen Flieger«, wie die Menschen diese Wesen nannten, glitten elegant auf das rötlich schimmernde Meer am Horizont zu. Der Mann winkte ihnen nach, bis sie nur noch kleine Flecken am violetten Morgenhimmel von Rorqual waren.
Schließlich wandte David terGorden sich seinem Begleiter zu und legte ihm aufmunternd den Arm um die Schulter: »Ich glaube, wir haben in den Malaiara gute und verlässliche Freunde gefunden. Was bedrückt dich, Asen-Ger?«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des weißhaarigen Logenmeisters, der in der letzten Zeit deutlich gealtert war. Tiefe Runzeln und Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben. »Die Grünen sind meine geringste Sorge, David«, versicherte Asen-Ger. »Du hast übrigens ein ganz außergewöhnliches Geschick im Umgang mit Fremdrassen entwickelt. Wenn dein geplantes Forschungsprogramm ›Rorqual‹ zustande kommt, und nichts spricht dagegen, dann dürfte es das erste von Menschen und Aliens gemeinsam betreute Projekt in der Geschichte der Menschheit sein.«
Der Erbe der Macht nickte, und seine hellen Augen funkelten entschlossen. »Wir brauchten noch wesentlich mehr solcher Projekte. Aber du hast Recht. Es fällt mir leicht, mich in – das Denken fremder Wesen einzufühlen. Schließlich bin ich ja selbst nur ein halber Mensch.«
Asen-Ger wirbelte erschrocken herum und starrte dem Freund ins Gesicht. »Du bist ein Mensch, David! Daran ändert auch deine Herkunft nichts!«
»Was ich wirklich bin, weiß allein Yggdrasil. Sie wird es uns eines Tages offenbaren. Aber für den Augenblick haben wir wichtigere Probleme. Wir sehen uns nachher bei der Lagebesprechung.« David lief zur Treppe, die in den Turm hinunterführte, und war Sekunden später durch die Luke verschwunden.
Der weißhaarige Logenmeister, der zu den Gründern und ältesten Führern der Terranauten gehörte, sah ihm stirnrunzelnd nach. Seit dem Kampf gegen die Banshees hatte David sich verändert. Asen-Ger wusste, dass David während des parapsychischen Chaos, das die Invasion der Banshees in der Burg der Grünen Flieger angerichtet hatte, von der Seele seines alten Lehrers Merlin III übernommen worden war. Durch Merlins Erinnerungen hatte David die Zeit vor seiner Geburt durchlebt, hatte erfahren, wie seine Mutter Myriam sich mit dem Urbaum Yggdrasil verband, um das Rätsel dieser ältesten irdischen Pflanze zu lösen. David hatte nur mit Asen-Ger und Llewellyn 709, dem Riemenmann, darüber gesprochen, was er bei diesem Blick in die Vergangenheit erfahren hatte.
Schon beim Zusammentreffen mit dem Außerirdischen Cantos hatten sich Davids Veränderungen deutlich gezeigt. Er war genauso entschlossen wie früher, aber dazu kamen jetzt eine Selbstsicherheit und innere Ruhe, die ihm zuvor gefehlt hatten. David wirkte wie ein Mensch, der nach vielen Widerständen endlich zu sich selbst gefunden hatte und akzeptierte, was er war. Doch was war er wirklich?
Asen-Ger schüttelte den Gedanken unwillig ab. Die Zeit von Davids Geburt war eine böse Zeit gewesen, voller Verrat, Niedertracht und Mord. Vielleicht wollte er sich selbst deshalb nur so ungern daran erinnern, weil er selbst bei den damaligen Ereignissen beteiligt gewesen war. Auch wenn David nun über sich selber besser Bescheid zu wissen schien, hatte er viele Fragen von seinem Ausflug in die Vergangenheit mitgebracht. Was war aus Mar-Estos, dem Geliebten seiner Mutter, geworden? Gab es eine Verbindung zwischen Mar-Estos und Llewellyn 709? Der Riemenmann konnte dazu nur feststellen, dass er keinen Mar-Estos kannte, solange er sich zurückerinnern konnte. Aber Llewellyns Erinnerung reichte nur bis zu dem Experiment zurück, das ihn zum Riemenmann gemacht hatte. Offenkundiger war da schon die Verbindung zwischen dem verräterischen Treiber Jonsson und jenem Astos, dessen Leiche David auf dem Planeten Argus entdeckt hatte, eine Leiche, aus der ein Yggdrasil-Ableger wuchs, der leider in die Hände der Grauen Garden fiel. Jonsson war von Merlin III einst zum Samenträger Yggdrasils ausersehen worden und hatte seinen Namen später in Astos geändert, vermutete man. Aber Scanner Cloud, der als Einziger Astos lebend gekannt hatte, wollte diese Vermutung weder bestätigen noch dementieren.
Fragen über Fragen!
Doch die Gegenwart war wichtiger als die Rätsel der Vergangenheit, dachte Asen-Ger grimmig, während er sich auf den Weg in den scherzhaft »Rittersaal« genannten Konferenzraum machte – zur täglichen Lagebesprechung. Es galt, die auf Rorqual herrschenden psionischen Phänomene zu erforschen. Ein aus Menschen und Malaiara bestehendes Team, dessen Zustandekommen David gerade mit den Grünen ausgehandelt hatte, sollte diese Aufgabe übernehmen.
Im Rittersaal drängten sich bereits über hundert Treiber, als Asen-Ger eintrat. An den Lagebesprechungen konnte jeder der über sechshundert auf Rorqual anwesenden Treiber teilnehmen. Natürlich machten nicht alle auf einmal von diesem Recht Gebrauch. Man wechselte sich ab.
Die eigentliche Lagebesprechung fand auf einem Podium in der Mitte des Raumes statt. Dort diskutierten zehn bis fünfzehn Treiber die anstehenden Probleme, während die anderen Anwesenden ihnen aufmerksam zuhörten. Auf dem Podium saß der »Rat«. Er bestand aus von ihren Kameraden gewählten Treibern oder wegen ihrer Qualifikationen und Erfahrungen ständig dazugehörenden Terranauten wie David terGorden und Asen-Ger.
Das ganze Verfahren dieser Lagebesprechungen war äußerst zeitraubend und schwerfällig. Es funktionierte überhaupt nur, weil alle Treiber aus ihrer Logenarbeit an gegenseitige Rücksichtnahme und kooperatives Handeln gewohnt waren. Doch besonders David legte größten Wert auf diese Konferenzen. Er wollte mit ihnen alle Treiber zu einer echten Gemeinschaft zusammenschweißen und ihnen immer wieder klarmachen, dass sie ein gemeinsames Ziel hatten – den Kampf gegen Valdec und das Konzil.
Viele der von den Strafplaneten befreiten und nach Rorqual gebrachten Treiber waren ja keine Terranauten, sondern mussten für die Ziele der Rebellenbewegung erst noch gewonnen werden.
Nachdem Asen-Ger auf einem der roh gezimmerten Stühle des Podiums Platz genommen hatte, eröffnete David die Sitzung mit einem kurzen Bericht über seine Konferenz mit den »Grünen Fliegern«. Er verkündete, dass die Grünen zur Zusammenarbeit bei der Erforschung des rorqualschen Psi-Feldes bereit waren.
Dieses Feld wurde immer mehr zu einem ernsthaften Problem. Es blockierte jede Psi-Aktivität und rief darüber hinaus psychische, ja, sogar physikalische Veränderungen hervor. Nach einem längeren Aufenthalt konnten sich die meisten Treiber jedoch an dieses Feld in gewissem Umfang anpassen und erhielten einen Teil ihrer Psi-Kräfte zurück. Nur deshalb war der Erfolg im Kampf gegen die Banshees möglich gewesen. Das Feld verhinderte jedoch jede Fortbildung von Treibern. Es machte jedes Psi-Training unmöglich. Aber genau das war notwendig, um aus harmlosen Treibern Kämpfer gegen das Konzil zu machen.
Dazu kam ein anderes eigenartiges Phänomen. Rorqual schien sich auf unerklärliche Weise auf die auf ihm gestrandeten Fremdwesen anzupassen. Der Planet schien sich sozusagen nach ihren Wünschen zu formen, so lautete jedenfalls die Theorie, die von einigen Treibern unter der Führung von Zandra van Heissig und Scanner Cloud ausgearbeitet worden war. Eine Theorie, die der Exoterrestrier Cantos bestätigte, als er den Terranauten mitteilte, nach seinen Instrumenten bestände Rorqual aus keiner in Weltraum I, dem normalen Raum, vorkommenden Materie. Außerdem behauptete Cantos, Rorquals Psi-Feld müsse künstlichen Ursprungs sein. Für die am Projekt ›Rorqual‹ Beteiligten gab es also genug zu tun.
Entsprechend lange dauerte auch die Vorbereitungsdiskussion. Gegen Mittag hatte man dann endlich die Teammitglieder zusammen und vertagte sich auf den nächsten Tag. Asen-Ger verließ gemeinsam mit David den Saal.
»Ich habe Angst, dass wir hier langsam an unserem eigenen Gerede ersticken«, knurrte David leise.
»Aber du hast diese Besprechungen doch immer befürwortet«, wandte Asen-Ger überrascht ein.
»Sie sind notwendig, damit unsere neuen Kameraden begreifen, warum wir hier sind und was wir wollen.«
»Was stört dich dann?«
Der Erbe der Macht schwieg und meinte schließlich zögernd: »Es ist die ganze Atmosphäre hier. Rorqual ist eine Idylle, hinter der etwas Böses lauert. Wir vergessen zu oft, dass wir hier mitten in Weltraum II stecken.«
Asen-Ger zuckte die Achseln. »Dafür haben wir ja heute unser Forschungsteam zusammengestellt.«
»Ich meine nicht nur die Gefahren, die uns von Rorqual selbst drohen. Wir sind hier von den Ereignissen draußen im Sternenreich abgeschnitten und fühlen uns zu sicher, weil Valdec uns nicht erreichen kann. Aber gleichzeitig werden wir immer vorsichtiger, verlieren allen Kampfmut, bis wir uns eines Tages aus unserem idyllischen Mauseloch nicht mehr heraustrauen. Und draußen werden wir langsam, aber sicher zur lebenden Legende. Du weißt ja, was man sich schon auf den Kolonien für Wunderdinge erzählt ...«
»Das kann uns doch nur recht sein«, warf Asen-Ger ein.
»Warte ab, bis die Grauen Garden mit dieser Legende aufgeräumt haben. Ein paar Strafexpeditionen, und es herrscht wieder Friedhofsruhe. Und unser guter Ruf ist dann auch zum Teufel. Wir können uns nicht ewig auf den Lorbeeren von Ginger ausruhen. Ich habe Llewellyn deshalb beim Abflug gebeten, sich um Kontakt zu Rebellen unter den Kolonisten zu kümmern. Wir brauchen eine Basis auf einer Randwelt.«
»Die Tasca mit Llewellyn ist schon seit einer Woche überfällig.«
»Das heißt zwar nicht viel. Der Riemenmann hält seinen Zeitplan nie ein. Aber die Tasca kann natürlich den Garden in die Hände gefallen sein. Und dann schnappen sie die Cygni, und dann das nächste Schiff, und irgendwann sitzen wir für immer auf dem schönen Rorqual fest. Ich will hier weg, Asen-Ger. Ich habe hier noch etwas Wichtiges zu erledigen, das mit Yggdrasils Samen zusammenhängt, aber dann will ich wieder Sterne am Himmel sehen.«
»Das mit der Tasca, die Grauen könnten sie haben, das ist doch nicht dein Ernst?«
»Natürlich nicht. Schließlich sind der Riemenmann und Mandorla an Bord. Und die beiden sind ein mörderisches Team ...«
*
Eine Bombe von ungeheurer Sprengkraft schien in Llewellyns Kopf zu explodieren. Er spürte einen stechenden Schmerz, der sich mit mörderischer Intensität in jeder einzelnen Zelle seines Gehirns manifestierte. Gleichzeitig erschien vor seinem geistigen Auge eine Lichterscheinung, die greller war als der nukleare Glutofen einer Sonne. Die Lichterscheinung war nicht formlos, ließ vielmehr die verschwommenen Konturen monströser Ungeheuer erkennen. Riesige Tatzen, Klauen und Tentakel griffen nach Llewellyn, versuchten, ihn in ihren Bann zu ziehen, ihn zu erdrosseln.
So schnell, wie sich das Unheimliche in das Bewusstsein des Riemenmanns gedrängt hatte, so schnell verflüchtigte es sich auch wieder. Der stechende Schmerz endete abrupt, und die Ungeheuer verschwanden spurlos im Nichts. Es war, als sei Llewellyn aus einem furchtbaren Alptraum erwacht.
Aber Llewellyn wusste recht gut, dass es kein Albtraum gewesen war. Er brauchte nur in die Gesichter der anderen Treiber am Tisch zu blicken, um zu erkennen, dass sie von ähnlichen Phänomenen geplagt worden waren. Vermutlich hatte es jeder Psi-Begabte auf Aqua gespürt. Und Llewellyn musste auch nicht lange nach der Ursache des psionischen Schocks suchen, denn es gab keinen Zweifel, was die furchtbare Vision verursacht hatte.
Kaiserkraft!
Das Trichterschiff der Grauen Garden war, Millionen Kilometer von Aqua entfernt, nach Weltraum II transistiert. Restenergie aus dem jenseitigen Kontinuum war in das Normaluniversum gesickert und hatte die von den Treibern wahrgenommenen Phänomene hervorgerufen. Wieder einmal war klar zutage getreten, welche verderblichen und verhängnisvollen Folgen der neue interstellare Raumschiffantrieb des Kaiser-Konzerns nach sich zog.
Die anderen Teilnehmer der Konferenzrunde hatten das unwillkürliche Zusammenzucken der Treiber und des Logenmeisters Valentin Claudius natürlich bemerkt. Mit kurzen Worten klärte Llewellyn die Männer über den Grund auf.
Mandorla, die ehemalige Queen der Grauen Garden, die jetzt auf Seiten der Terranauten stand, presste die Lippen aufeinander. Ihr schönes Gesicht, das stets kühl wie Eis wirkte, wurde dadurch noch unnahbarer.
»Wir hätten dem Gouverneur und Queen Leah Halef nicht gestatten sollen, Aqua zu verlassen«, erklärte sie ruhig.
Argan Pronk, der vierschrötige Bürgermeister der Stadt Miramar, der den Anstoß zum letzten Endes erfolgreichen Aufstand gegen die Konzilsgewalt gegeben hatte, sah die Queen forschend an.
»Was hätten wir denn Ihrer Ansicht nach tun sollen?«, wollte er wissen.
»Liquidieren!«, erwiderte Mandorla, ohne dass sich ein Muskel in ihrem Gesicht regte. »Damit wäre vorerst verhindert worden, dass Lordoberst Max von Valdec Kenntnis von den Geschehnissen auf Aqua bekommt. So jedoch … Sie werden sich nicht lange Ihrer Position als neuer und frei gewählter Gouverneur dieser Welt erfreuen können. Ich bin überzeugt davon, dass das Konzil die Unabhängigkeitserklärung Aquas als ungeheuerliche Herausforderung betrachten wird. Knallharte Gegenmaßnahmen dürften nicht lange auf sich warten lassen.«
»Ich sehe die Dinge nicht so pessimistisch«, entgegnete Argan Pronk. »Aqua ist ein unbedeutender Kolonialplanet am äußersten Rand des von Menschen besiedelten Raumsektors. Bis auf ein beliebtes Rauschmittel, einen entbehrlichen Luxusartikel also, hat unsere Welt nichts zu bieten, was den Aufwand einer Strafexpedition lohnen würde.«
»Es geht um das Prinzip, Pronk! Wenn das Konzil den Abfall einer Welt duldet, wird damit ein Präzedenzfall geschaffen. Andere Kolonialplaneten könnten dem Beispiel Aquas folgen. Das irdische Sternenreich wäre in seinen Grundfesten erschüttert. Und deshalb wird Max von Valdec zurückschlagen – früher oder später! Wenn wir der Queen jedoch keinen freien Abzug gewährt hätten …«
Llewellyn machte eine abwehrende Handbewegung. »Es ist müßig, darüber zu diskutieren, Mandorla. Die Rebellenbewegung und auch wir Terranauten hatten dem gestürzten Gouverneur und der Kommandeuse der Grauen Garden auf Aqua freien Abzug zugesichert. Es wäre ein nicht zu vertretender Wortbruch gewesen, wenn wir uns nicht daran gehalten hätten.«
Dazu zuckte die ehemalige Graue nur die Achseln. Sie war anderer Ansicht und machte keinen Hehl daraus. Keiner ihrer neuen Bundesgenossen konnte es ihr verübeln. Sie war durch die harte Schulung der Garden gegangen und mit einer alle Emotionen und Gefühle abtötenden Konditionierung versehen worden. Deshalb dachte sie ausschließlich in rationalen Bahnen und betrachtete alle Überlegungen und Beweggründe, die Logik und nüchternem Zweckdenken zuwiderliefen, mit augenfälliger Verachtung. Sie hatte dafür nur eins übrig: eben ein Schulterzucken.
»Im Prinzip aber muss ich Ihnen Recht geben, Mandorla«, ergriff Llewellyn wieder das Wort. »Auf Dauer wird das Konzil die Unabhängigkeit Aquas bestimmt nicht hinnehmen. Ich rechne allerdings fest mit einer gewissen Galgenfrist. Der gegenwärtige Mangel an Kriegs- und Versorgungsschiffen dürfte es dem Konzil nicht erlauben, jetzt schon Gegenmaßnahmen zu ergreifen.«
»Ganz meiner Meinung«, stimmte ihm Thal Hemleb, der neue Finanzmeister Aquas, zu. »Wenn es nicht zu diesen Versorgungslücken gekommen wäre, hätten die aquanischen Städte vermutlich niemals gegen die Zentralregierung und das Konzil rebelliert.«
»Bedauern Sie es bereits?«, warf Mandorla ein.
Energisch schüttelte der kleine Mann mit dem schütteren Haar den Kopf. »Gewiss nicht«, erwiderte, er bestimmt. »Aber Aquas Unabhängigkeit bringt natürlich große Probleme mit sich. Ich bezweifle, dass eine Wasserwelt wie unser Planet auf sich allein gestellt längerfristig weiterexistieren kann. Jedenfalls unter Umständen, die das Leben lebenswert erscheinen lassen. Wir sind auf Importe angewiesen. Rohstoffe, Industriegüter, Maschinen …« Thal Hemleb verzog das Gesicht und stöhnte. »Die Liste der Dinge, die wir benötigen, ist verdammt lang!«
»Ja«, nickte Llewellyn, »Sie brauchen Hilfe von außen. Und da Sie auf die Erde nicht zählen können …«
»Wir können auch nicht auf die Hilfe anderer Welten zählen«, warf der Bürgermeister der Stadt Hometown ein. »Sämtliche Kolonialplaneten werden vom Konzil beherrscht!«
»Nicht alle«, erwiderte der Riemenmann. »Da ist zum Beispiel Ginger!«
»Soweit ich informiert bin, liegt Ginger rund dreitausend Lichtjahre von Aqua entfernt. Ein wahrhaft idealer Handelspartner für uns, finden Sie nicht?«
»Da muss ich Ihnen Recht geben«, räumte Llewellyn ein. »Aber es gibt einige Welten, die nur wenige Lichtjahre von Ihrem System entfernt sind.«
Der Hometowner rümpfte
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Michael Roberts/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Pixabay/Apex-Graphixx. DIE TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2019
ISBN: 978-3-7487-1106-3
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