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Leseprobe

 

 

 

 

EVA CHRISTOFF

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 29:

Invasion der toten Seelen

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

INVASION DER TOTEN SEELEN von Eva Christoff 

 

Das Buch

Man schreibt das Jahr 2500 irdischer Zeitrechnung.

Die Banshees bedrohen Rorqual...

Die CYGNI wird beim Durchqueren des Tors zu Rorqual von zwei Schiffen der Grauen verfolgt, die allerdings am natürlichen Schutzfeld Rorquals zerschellen. Das entstehende Energieinferno beschädigt die CYGNI und macht zudem viele Banshees auf Rorqual aufmerksam. In zwei Gleitern fliegt die Besatzung der CYGNI Rorqual an. David terGorden und Llewellyn 709 haben den Eindruck, einen fremden Planeten unter sich zu haben und werden sich bewusst, wie unerforscht diese Welt noch immer ist. Doch auch da, wo Pitcairn sein sollte, sieht die Welt anders aus. Erst beim zweiten Anflug ist die Vision vorbei...

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.

  INVASION DER TOTEN SEELEN von Eva Christoff

 

 

 

 

   Bericht David terGorden

 

Mit Rorqual als sicherer Basis gelang es uns innerhalb weniger Monate, aus den fast besiegten Terranauten eine schlagkräftige Widerstandsgruppe gegen das Konzil aufzubauen. Mit den neu eroberten Raumschiffen flogen wir siebzehn Gefängniswelten an und befreiten 450 Treiber, deren PSI-Kräfte noch nicht zerstört worden waren. Bald sprachen sich unsere Rettungsaktionen herum, so dass auch viele auf der Flucht befindliche Kameraden zu uns stießen. Im Herbst 2501 lebten bereits 720 Treiber auf Pitcairn. Eine euphorische Stimmung breitete sich unter den Geretteten aus. Viele drängten darauf, mit ihren PSI-Kräften einen Feldzug gegen das Konzil zu führen, der die Macht Valdecs hinwegfegen würde. Doch die gute Stimmung täuschte über unsere tatsächliche Schwäche hinweg.

Noch immer wussten wir viel zu wenig über die Lage im Sternenreich. Wir besaßen keinen Kontakt zu den vielen Unabhängigkeitsbewegungen auf den Kolonialwelten und waren von den Siedlern weitgehend isoliert. Unsere Treiber hatten in der Regel nicht gelernt, mit ihren PSI-Kräften außerhalb einer Loge umzugehen, so dass für einen PSI-Kampf nur die wenigsten geeignet waren. Unser Vorrang an getrockneten Misteln ging langsam, aber sicher zu Ende. Und auch die Grauen Garden schliefen nicht.

Bei unseren ersten Befreiungsaktionen wie auf Veldvald hatte der Überraschungseffekt uns geholfen. Aber bald stationierten die Garden über allen Gefängniswelten Wachschiffe. Nur die Unruhen auf den Kolonialwelten und der Mangel an Kaiserkraftschiffen verhinderten vorübergehend einen größeren Flotteneinsatz gegen uns.

Ich selbst machte mir auch aus anderen Gründen Sorgen. Wir wussten über Rorqual noch immer viel zu wenig. Zunächst hatten uns die Mittel zu einer gründlichen Erkundung des seltsamen Planeten gefehlt, später hatten wir keine Zeit, weil wir uns um den Aufbau unserer Basis und die Versorgung der befreiten Treiber kümmern mussten. Die auf Rorqual wirksame PSI-Blockade machte vielen der neu zu uns Gekommenen mehr zu schaffen, als sie zugeben wollten. Es gab viele Fälle von schweren psychischen Störungen. Außerdem erlaubte die PSI-Blockade uns nicht, die neuen Terranauten im PSI-Bereich zu schulen.

Trotzdem setzten wir die Suche nach überlebenden Treibern fort. Im Oktober 2501 brach die Cygni unter meiner Führung zu einer Expedition nach Taurus 17 im Balesta-System auf …

 

Aus DIE TERGORDEN-CHRONIK

 

*

 

Zuerst war es nur ein dunkler Schatten vor der riesigen Scheibe der einsamen Sonne, der sich langsam verdichtete und Gestalt annahm, bis die Cygni wie ein blitzender bizarrer Fisch im Universum stand.

In der Zentralkuppel erwachten die Männer und Frauen, die es sich innerhalb des Computerringes so bequem wie

möglich gemacht hatten, aus der Ruhe, die während des Fluges durch den anderen Weltraum geherrscht hatte und drängten sich um Llewellyn 709, der seinen Platz an der vorderen Computerbank nicht verlassen hatte. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er auf den linken Sichtschirm, der alles erfasste, was sich in Gefechtsnähe der Cygni befand.

»He, wir haben es wirklich geschafft!«, sagte einer der vor drei Tagen vom Strafplaneten Taurus 17 geretteten Treiber, die dem Riemenmann über die Schulter blickten. »Es ist nichts zu sehen! Wir haben die Garden abgehängt.«

Llewellyn schüttelte den Kopf. »Wofür hältst du die Grauen eigentlich?« fragte er bissig. »Für kleine Kinder, die sich im dunklen Wald verirren? Da sind sie schon. Sie haben sich nur ein wenig verspätet.«

Der Treiber, der eben noch so optimistisch gewesen war, biss sich auf die Lippen, als auf dem grünen Schirm die trichterförmigen Umrisse von zwei Kaiserkraft-Kampfschiffen der Grauen Garden auftauchten.

»Hab’ ich’s nicht gleich gesagt?«, meinte ein junges Mädchen mit hüftlangen blonden Haaren, das ebenfalls zu den Geretteten gehörte. »Es ist doch alles sinnlos. Den Grauen kann man nicht entkommen. Wir waren schön dumm, auf euer Gerede Von Sicherheit hereinzufallen.«

Llewellyn drehte sich um, als die Liftplatte, die von der kleinen, nachträglich installierten Treiberkuppel in den Computerring herunterführte, mit leisem Knirschen einrastete. David terGorden kam eilig auf ihn zu, gefolgt von den sieben Treibern, mit denen gemeinsam er die Cygni durch Weltraum II gesteuert hatte.

»Wie sieht es aus?«, fragte er. Sein Gesicht verriet Anspannung und Erschöpfung. Die vielen Augen, die sich ihm zuwandten, schien er gar nicht zu bemerken.

»Wie zu erwarten«, antwortete Llewellyn. »Sie sind uns gefolgt.«

David warf einen Blick auf den Schirm und wandte sich dann den Treibern zu,

die schweigend abwarteten, was er zu sagen hatte. Es waren zum großen Teil fremde Gesichter, noch nicht operierte Treiber, die die Cygni während ihres Fluges auf Gefängniswelten aufgelesen hatte, aber auch normale Menschen, die sich zu der Besatzung gesellt hatten, weil sie auf irgendeine Weise die unliebsame Aufmerksamkeit der Grauen Garden auf sich gelenkt hatten, und die jetzt langsam aus der Weltraum-II-Narkose erwachten. Obwohl die Lüftungsanlagen auf vollen Touren liefen, war die Luft stickig. Es roch nach zu vielen Menschen und mühsam unterdrückter Angst.

»Wer von euch kennt sich mit Waffenbedienungsanlagen aus?«, fragte David.

Zwei, drei Hände hoben sich.

»Gut. Dann fahrt ihr drei in den Waffentrakt hinunter und macht die Anlagen feuerbereit«, ordnete er an. Warum, fragte er sich zum wiederholten Mal, gab es keinen anderen Weg nach Rorqual? Aber jeder Versuch, den Planeten im direkten Flug durch Weltraum II zu erreichen, wie es die Tasca nach der Flucht von Zoe gemacht hatte, schlug bisher fehl. Offensichtlich hatten sie Rorqual damals nur wegen der Kaiserkraft-Katastrophe direkt anfliegen können. Er konnte nur warten. »Wir anderen müssen Geduld haben. Es ist zurzeit nicht möglich, nach Rorqual zu fliegen. Wir müssen warten, bis der Weg frei ist.«

»Geduld! Warten!«, rief ein Treiber, an dessen Gesicht David sich flüchtig erinnerte. Er hieß Hamson oder so ähnlich. »Wir haben eine Menge Geduld gehabt. Jetzt wollen wir Ruhe und Frieden -genau das, was ihr uns versprochen habt. Aber was bietet ihr uns? Eine planetenlose Sonne und zwei Kampfschiffe, die nur darauf warten, uns in Fetzen zu schießen! Ach ja! Und diesen märchenhaften Planeten Rorqual, der irgendwo in W II herumschwebt. Und nun stellt sich heraus, dass wir nicht dorthin können oder dass es gar keinen Weg dorthin gibt. Wahrscheinlich habt ihr selbst nur davon geträumt! Ihr habt uns in eine ganz verdammte Situation hineinmanövriert – jetzt bringt uns auch wieder heraus! Ihr habt Pflichten uns gegenüber. Schließlich habt ihr uns mitgenommen.«

»Wenn ich euch so ansehe, frage ich mich, ob das eine gute Idee war«, kam Altamont O’Hales Stimme aus dem Hintergrund, gefolgt von einem leisen Schrei, als Angila Fraim ihm kräftig auf den Fuß trat.

»Rorqual ist kein Märchen«, sagte David in die Unruhe hinein, die den Worten des Mannes gefolgt war. »Wir müssen nur den richtigen Zeitpunkt abwarten. Diese Sonne hat ein Gegenstück in W II und um diese Parallelsonne kreist Rorqual. Beide Sonnen werden auf einer komplizierten Bahn von einem Schwarzen Loch umkreist, das bei einer bestimmten Konstellation ein Tor in den anderen Raum öffnet, durch das wir nach Rorqual fliegen können. Wir können das Tor über die Misteln, fühlen, sobald es entsteht.«

»Und wann ist es so weit?«, schrie eine überkippende Stimme. Ein junger rotblonder Mann drängte sich nach vorne.

»Das kann man nicht vorausberechnen«, sagte David. »Ich habe doch eben schon gesagt, dass wir warten müssen, bis …«

»Warten?«, unterbrach ihn der junge Treiber wütend. »Und die zwei grauen Kampfschiffe? Wir sind doch hier die reinste Zielscheibe! Was meinst du, wie viel Zeit die uns zum Warten lassen!«

»Sie werden nicht feuern!«, mischte Llewellyn sich ein.

»So? Und warum nicht?«

»Weil sie neugierig sind. Sie möchten wissen, was wir hier wollen. Da sie keine Ahnung von der Existenz Rorquals haben, sehen sie hier nur eine Sonne ohne einen Planeten, auf dem wir landen könnten. Also werden sie uns beobachten, um zu sehen, was geschieht.«

»Und wie lange wird die Neugier anhalten?«

»Das werden wir dann schon merken!«, meldete O’Hale sich grinsend.

Er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, als die Alarmsirenen aufheulten und über der linken Computerreihe die roten Warnquadrate aufblitzten. Gleich darauf fiel die Beleuchtung aus und das Schwerkraftfeld löste sich auf.

Schmerzensschreie und panische Hilferufe gellten durch die Dunkelheit, als die Besatzung der Cygni in einem wilden Chaos durch die Luft wirbelte. Das Schiff bebte unter immer neuen Treffern, und jeder Ruck schleuderte die Treiber gegen die Wände und das Dach der Zentralkuppel.

David prallte gegen einen Schatten und hielt sich daran fest.

»Ach, du bist es, Llewellyn«, keuchte er. »Sieht so aus, als hättest du dich ausnahmsweise mal geirrt!«

 

*

 

»Ich kann nicht verstehen, was die wollen!«, sagte Grith Shath gereizt. Er hatte ein rotes Gesicht, keinen Hals, aber enorm breite Schultern und hegte ein krankhaftes Misstrauen gegen alles und jeden. »Die haben einen Trick vor, oder ich will nicht mehr Shath heißen, aber wir werden ihnen schon die Suppe versalzen!« Er beugte sich über die interne Sprechanlage. »He, Waffentrakt!«, brüllte er. »Habe ich nicht gesagt, ihr sollt sie in zwei Hälften zerlegen? Seid ihr blind da unten?«

Er unterbrach die Verbindung, als das Gesicht Queen Rolandes auf dem ovalen Kontaktschirm auftauchte. Sie befehligte die Ford, die zusammen mit der Spencer unter dem Kommando Grith Shaths im Taurus-System die Verfolgung der Cygni aufgenommen hatte. Shath war Hauptmann der Garden und verdankte sein Kommando nur dem bei der gespannten Lage im Sternenreich immer größer werdenden Personalmangel der Garden.

»Sofort Feuer einstellen!«, befahl die kalte Stimme der Queen. »Auf der Stelle! Ich kann mich nicht erinnern, dir den Befehl zum Angriff gegeben zu haben!«

Shath stierte verblüfft in das ausdruckslose, hagere Gesicht Rolandes, der er seit über fünf Jahren direkt unterstellt war.

»Aber ich dachte …«, protestierte er.

»Ich denke hier!« unterbrach ihn die Queen scharf. »Feuer einstellen!«

Die Schultern des Grauen sanken herab. »Feuer einstellen«, sagte er in das Sprechgitter. »Neue Befehle abwarten.«

Queen Rolande lächelte, als er sich wieder dem Kontaktschirm zuwandte. Shath kannte dieses Lächeln nur zu gut.

»Es wäre richtiger, das Schiff zu zerstören«, sagte er trotzdem. »Ich kenne diese Treiber. Immer, wenn man glaubt, sie zu haben, fällt ihnen noch ein Trick ein. Dass sie ausgerechnet hier aus Weltraum II aufgetaucht sind, hat einen Grund!«

»Eben! Und genau diesen Grund möchte ich herausfinden. Außerdem befindet sich laut Meldung von Taurus 17 David terGorden mit seinen engsten Vertrauten an Bord. Ich bin der Meinung, dass es vorteilhafter ist, sie Valdec lebendig zu übergeben.«

»Ihm wird es genauso recht sein, wenn er weiß, dass sie tot sind«, sagte Shath. »Gut – nehmen wir sie eben gefangen. Ich werde also die Ringos der Spencer bemannen lassen. Die Cygni wird sich nicht zur Wehr setzen, weil sie befürchten muss, von der Ford zerstört zu werden.«

»Noch nicht!« Rolandes Stimme wurde so kalt wie die Eisberge Grönlands. »Ich bestimme, wann was unternommen wird. Wir haben den Treibern bewiesen, dass sie uns nicht abschütteln können. Wenn wir sie lange genug in ihrem halbzerstörten Schiff warten lassen, werden sie gerne bereit sein, sich zu ergeben, sobald wir Funkkontakt mit ihnen aufnehmen. Es ist das Vernünftigste, was sie tun können.«

Shath unterbrach den Kontakt. »Treiber und vernünftig – das ist ja wohl das Neueste!«, murmelte er und wandte sich den Sichtschirmen zu. Von einem auf den anderen Augenblick wurde sein rotes Gesicht kreidebleich. Er sprang auf.

»Ich hab’s doch gewusst! Ich hab’s gewusst!«, schrie er. »Geschütze frei! Feuert! Triebwerke an! Startet die Kaiser-Triebwerke. Bereit zum Übergang in W II! Ford! Ford sofort melden!«

Vor seinen Augen zerfloss die Sonne zu doppelter Größe, während ein schwarzer Schatten sich von unten vor die strahlende Scheibe schob. Die Cygni war nichts

weiter als ein funkelnder Strich vor der gleißenden Helle.

In den Antriebskammern der beiden grauen Kampfschiffe brachte der Conputer die Kaiserkraft-Triebwerke auf höchste Leistung.

Die Sonne hatte ihre größte Ausdehnung erreicht und begann zu schrumpfen. Je mehr sie an Größe verlor, desto dunkler wurde sie, bis der schwarze Schatten sie ganz verdeckte.

Ein unwiderstehlicher Sog wirbelte die beiden Kaiserkraft-Schiffe auf den Schlund eines gewaltigen Gravitations-Strudels zu, der plötzlich aus dem Nichts entstanden war. Die Schiffe der Garden verbreiterten mit ihrem Kaiserkraft-Schwellenfeld den Riss im Dimensionsgefüge noch. Sie sprengten den Raum für Sekundenbruchteile förmlich auf. Dann kollidierten die Schiffe mit dem äonenalten Schutzfeld um Rorqual und wurden in ihre Atome zerlegt.

Einige Sekunden vergingen. Danach hing die planetenlose Sonne wieder im All, als sei nie etwas gewesen.

 

*

 

Sie befanden sich in einem durchsichtigen Ball, der in rasender Schnelle einen Abhang hinunterrollte. Heulend und brüllend flog draußen das Universum vorbei, zu wirbelnden, funkelnden Fetzen zerrissen. Zuckende Blitze hüllten die Kugel ein, gewaltige Schläge prasselten auf die dünne Schale, und alles drehte, drehte, drehte sich, bis nichts mehr übrig blieb außer Schwindel und Angst und Dunkelheit.

Für Sekunden zeigte sich ein Bild, eine Vision. Der Planet Rorqual war von einer rötlich schimmernden Energieblase umgeben. Die Cygni glitt unbehelligt durch die Blase, aber hinter ihr zerschellten zwei schwarze Schatten an dem roten Feld. Sie vergingen in einem furchtbaren Energieinferno, das wie eine Fackel durch Weltraum II loderte. Und diese Fackel zog seltsame Wesenheiten an, wie das Licht die Motten. Von allen Seiten rasten sie auf Rorqual zu, vereinigten sich zu einem Strom, wurden zu sich ständig verändernden grinsenden Fratzen voller Wut und Lebensgier -Banshees!

Das Ende kam ohne Übergang. David fand sich in der Treiberkuppel der Cygni wieder und bemerkte, dass er sich krampfhaft an der Kante des runden Tisches festhielt. Er blinzelte die Schweißtropfen weg, die in seine Augen liefen, und schüttelte den Kopf, um das Kreischen in seinen Ohren loszuwerden, bis er endlich merkte, dass es Zandra van Heissig war, die auf ihrem Sitz zusammengesunken war und schrie.

Serge Suvez sprang auf und schlug ihr links und rechts mit dem Handrücken ins Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen und blutunterlaufen. »Willst du wohl aufhören?«, brüllte er. »Hör auf, oder ich drehe dir den Hals um! Aufhören!«

Llewellyn 709 packte ihn an beiden Schultern und riss ihn von der Treiberin weg. Suvez fiel gegen die Wand der Kuppel und blieb liegen.

Niemand stand auf, um ihm zu helfen. O’Hale und  Sirdina Giccomo hatten beide den Kopf auf die Arme gelegt und rührten sich nicht. Sie blickten erst auf, als David sie anstieß. Alle beide sahen doppelt so alt aus, wie sie eigentlich waren.

»Leben wir noch?«, fragte  Sirdina. Zandra hatte endlich aufgehört zu schreien.

»Hoffentlich ist unten alles in Ordnung«, knurrte David. »So schlimm wie diesmal ist der Übergang noch nie gewesen.«

Llewellyn brachte Zandra zu der Liftplatte, und O’Hale zerrte Suvez hinter sich her. Der Treiber kam nur langsam zu sich, und als die Liftplatte im Computerring einrastete, wankte er zu einem der Sitze und ließ sich darauffallen. David blickte sich um. In dem trüben Licht der Notbeleuchtung war nicht viel zu erkennen, aber es reichte, um ihm klarzumachen, dass der alptraumhafte Übergang nach W II nicht ohne Folgen geblieben war.

Der Raum war ein einziges Chaos.

Leblose Körper lagen auf dem Boden, schreiende Treiber liefen blindlings im Kreis herum, und andere hockten teilnahmslos an den Computerkonsolen und starrten vor sich hin.

Angila Fraim winkte und kam auf David zu. »Es hat Tote gegeben«, sagte sie matt. »Drei Männer und eine Frau, alle vier keine Treiber, sind in .diesem Wahnsinn umgekommen. Ich bin froh, dass es nicht mehr sind. Kannst du mir sagen, warum es diesmal so schlimm war?«

»Die Kaiser-Schiffe sind weg«, rief Llewellyn dazwischen, der die Schirme kontrolliert hatte. »Keine Spur mehr von ihnen. Ob sich das Loch geschlossen hat, bevor sie durch waren?«

David zuckte die Schultern. »Könnte sein«, meinte er. »Ich glaube aber, dass sie nicht mehr existieren. Was uns eben passiert ist – das könnten sie ausgelöst haben. Mit voller Kraft arbeitende Kaiserkraft-Triebwerke direkt nach Weltraum II versetzt! Es muss die Schiffe in Stücke gerissen haben. Deshalb muss der Übergang diesmal auch für uns so schrecklich gewesen sein.«

»Glück gehabt!«, sagte Angila Fraim und fasste den Riemenmann am Arm, als wolle sie sich vergewissern, dass er noch da war.

Ein erstaunter Ausruf brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Hamson stand vor den Schirmen und schüttelte den Kopf.

»Es ist doch kein Märchen!«, sagte er. »Da ist Rorqual!«

 

*

 

»Wir sind im Orbit«, erklärte Llewellyn, »aber nach den Berechnungen befinden wir uns auf der Pitcairn gegenüberliegenden Seite Rorquals. Wir haben nur zwei Gleiter, und die Cygni ist beim Übergang beschädigt worden. Unter uns liegt eine Inselgruppe. Mit den Gleitern werden wir Proviant und sonstige Ausrüstungsgegenstände auf eine der Inseln bringen, und alle die, die in den zwei Gleitern keinen Platz finden, müssen dort wohl oder übel so lange warten, bis wir sie holen kommen.«

»Und wer entscheidet, wer hier bleibt und wer mitfliegt?«, fragte Hamson angriffslustig.

David warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Das könnt ihr unter euch auslosen. Llewellyn und ich steuern die Cygni Alpha, O’Hale und Suvez übernehmen Cygni Beta. In jedem Gleiter ist für weitere zehn Menschen Platz. Noch etwas: Rorqual ist eine seltsame Welt. Unsere PSI-Kräfte sind dort blockiert. Es geht uns also wie stummen Treibern. Außerdem reagiert der Planet auf jede versuchte Psi-Aktivität mit Naturkatastrophen. Haltet euch also zurück, blockt euch ab, und unterlasst jede PSI-Spielerei!«

Nach ungefähr zwei Stunden starteten die Gleiter von der Insel und flogen über ein gewaltiges Meer aus rötlichem Gas in Richtung Pitcairn.

 

*

 

David überprüfte die Kursprogrammierung und schaltete den Autopiloten ein. Einige Augenblicke lang beobachtete er die Systeme, bis er sicher war, dass sie korrekt arbeiteten, dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und musterte seine Umgebung.

Die Gleiter waren erst später an Bord genommen worden, da man die Ringos der Cygni bei der Kaperung verloren hatte. Sie verfügten über Halbkugeln aus Transparentprotop, die nach allen Seiten ungehinderte Sicht boten. Die Steueranlage war ein schmales rechteckiges Pult, der Handsteuerungsblock war in die Konsole eingelassen und musste im Bedarfsfall hochgeschwungen werden. Komplizierte Manöver konnte man mit den Gleitern nicht durchführen, denn es waren Luxusfahrzeuge eines Manags, die man bei einer der letzten Aktionen gestohlen hatte.

David schwang den Sitz herum und warf einen Blick in den bequem ausgestatteten Passagierteil. Angila

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Eva Christoff/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx. DIE TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Zasu Menil.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 23.05.2019
ISBN: 978-3-7487-0554-3

Alle Rechte vorbehalten

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