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Leseprobe

 

 

 

 

ERNO FISCHER

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 23:

Die Ausgestoßenen von Terra

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE AUSGESTOSSENEN VON TERRA von Erno Fischer 

 

Das Buch

Man schreibt das Jahr 2500 irdischer Zeitrechnung.

Die Noman gegen Lordoberst Valdec...

Summacum Mühlherr hat sich, nachdem die Kaste der Summacums im Zuge der Zoe-Katastrophe abgeschafft wurde, mit den Nomans verbunden.

Brak Shakrams Funkspruch hat sie aufgerüttelt - auch wenn der Nomanführer seinen Widerstand mit dem Leben bezahlen musste, wollen sie es ihm gleichtun: Sie beabsichtigen, den kaisereigenen Sender zu übernehmen und damit den Startschuss für einen planetenweiten Aufstand zu geben. Unterstützt werden sie dabei von Treibern mehrerer Logen...

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.

  DIE AUSGESTOSSENEN VON TERRA von Erno Fischer

 

 

 

 

Revolution ist nicht das Ende von Unterdrückung, sondern macht nur ihre Grenzen deutlich! (Summacum Cader im Jahr der Philosophie 2224) 

 

Die Kälte seines Gemüts war nicht vollkommen. Das spürte der Gardist deutlich, als der Schauer von Angst über seinen Rücken rieselte. Abrupt blieb er stehen. Seine Augen suchten. Wind wisperte in den Ruinen von Alt-Berlin. Oder war da noch mehr als nur der Wind? Waren da nicht schleichende Schatten, bedrohlich nahe?

Der Gardist kauerte sich nieder und beobachtete. Bei dem operativen Eingriff, der ihn zu einem Angehörigen der Grauen Garden machte, hatte man seinen intellektuellen Widerstand gelähmt, seine Gefühle ausgeschaltet – aber nicht sämtliche! Die Instinkte waren wach, denn als Kämpfer war er darauf angewiesen. Er witterte die Gefahr, und sie erzeugte diese Angst.

Der Adrenalinspiegel in seinem Blut kletterte auf phantastische Werte. Der Graue war längst zu einer Kampfmaschine geworden, die jeden Gegner vernichtete – gnadenlos. Graue kannten für ihr Handeln zwei Hauptmotive: Ausführung von Befehlen und Abwehr von Bedrohungen, die sie selbst betrafen!

Und dann kamen die Gegner von allen Seiten: Hunderte! Krieger, bis an die Zähne bewaffnet, in altertümliche Lederrüstungen gekleidet. Dazwischen Fabelwesen. Eines glich einem miniaturisierten Drachen. Er riss sein Maul auf, spie einen meterlangen Flammenstrahl.

Der Graue war keinen Augenblick lang irritiert. Die Gefahr gegen sein Leben wurde konkret. Jetzt hatte er den Gegner vor sich, den es zu bekämpfen galt.

Seine Waffe spie Tod und Verderben. Er hielt mitten in die Reihen der Angreifer hinein, und seine Waffe war auf höchste Leistung gestellt.

Die Wirkung war niederschmetternd – nicht für die Gegner, sondern für den Gardisten: Die vernichtende Energie fuhr einfach durch die Angreifer hindurch!

Sie selbst setzten ihre Waffen nicht ein. Sie rückten nur immer näher. Wortlos schritten die Krieger heran, mit beiden Händen Schwerter, Dolche und anderes Gerät haltend, deren Zweck nichts Gutes verhieß. Die Fabelwesen knurrten drohend. Der Drache spie Feuer, das über den Grauen hinwegzischte.

Noch fünf Schritte waren sie entfernt. Der Graue versuchte es ein zweites Mal.

Mit dem gleichen Erfolg! Seine Waffe bot ihm keinen Schutz.

Aus der Hocke heraus schnellte er sich nach vorn. Drei Krieger versperrten ihm den Weg. Im Sprung zog der Gardist sein eigenes Kurzschwert und aktivierte die Vibro-Klinge. Die Strahlwaffe steckte längst wieder im Halfter. Das Schwert wirbelte. Einer der Krieger blockte den Schlag ab. Doch der Gardist war stärker, durchbrach die Deckung. Die messerscharfe Klinge traf ins Ziel.

Der Krieger lachte nur. Er zeigte keinerlei Verletzung.

Der Gardist brüllte auf. Von den drei Feinden wurde er zurückgeschleudert. Er landete am Boden, federte wieder empor.

Es gab nicht nur keine wirksame Gegenwehr, sondern auch kein Entrinnen!

Der Gardist war verloren. Und sie wollten ihn nicht töten, sondern wollten ihn lebend, sonst hätten sie seinem Leben längst ein Ende bereitet.

Die Konditionierung des Grauen wurde wirksam. Sein Schwert hatte er verloren. Deshalb zog er blitzschnell seine Strahlwaffe.

Um sie gegen sich selbst zu richten! Er drückte ab.

Auch diesmal geschah nichts in seinem Sinne. Die Waffe funktionierte nicht.

Trotzdem sah der Gardist einen gleißenden Strahl, der sonnenhell aus der Abstrahlöffnung hervortrat und lichtschnell auf seinen Kopf zuraste, um alles auszulöschen – sein Leben, seine Gedanken. Er brach zusammen …

 

*

 

»Unfassbar!«, murmelte der Mann. Er war in ein grobes, anscheinend selbst geschneidertes Gewand gekleidet. Kopfschüttelnd sah er auf den zusammengebrochenen Gardisten hinab.

»Wie habt ihr das gemacht?« Sein Blick wanderte zu dem groß gewachsenen, hageren Mann an seiner Seite. Das war Summacum Mühlherr. In seinen Augen flackerte ein undefinierbares Feuer.

»Du hast es gesehen, Nobody!« Der Noman fuhr sich mit den Fingern durch sein verfilztes Haar. Nobody, so nannte er sich. Seinen wahren Namen wusste niemand. Nobody, so nannten sieh auch viele andere Nomans auf der ganzen Welt. Denn sie waren Ausgestoßene, Vogelfreie. Sie hatten ihre Existenzberechtigung verloren und hausten in einsamen Gegenden und in den verfallenen Ruinenstädten, in denen vor dem Exodus zu den Sternen Millionen Menschen gelebt hatten. 

»Nichts habe ich gesehen!« Nobody machte auf dem Absatz kehrt. Aus dem halbverfallenen Haus trat eine Siebenergruppe.

»Verdammte Treiber! Jetzt weiß ich, warum ich euch ein Leben lang aus dem Weg ging.«

Summacum Mühlherr lachte humorlos.

»Die Zeiten haben sich geändert. Nicht nur die Nomans wurden zu Verfolgten und zu Randerscheinungen der Gesellschaft, sondern auch Treiber und Summacums. Das schweißt uns zusammen, nicht wahr? Wir müssen kämpfen, wollen wir überleben. Gemeinsam erst sind wir stark genug. Einer braucht den anderen.«

»Ihm habt ihr zu verdanken, dass wir euch aufgenommen haben!« Nobody zeigte auf einen anderen Noman. Lange, ungepflegte Haare und ein verfilzter Bart verbargen den Großteil seines Gesichtes. Die Augen waren klein und lagen tief in den Höhlen. Er schien alt zu sein. Dort, wo die zerlumpte Kleidung seine Haut freigab, wirkte sie faltig, runzlig. Aber seine Bewegungen verrieten Kraft und Energie. Jetzt lachte auch er. »Ihr müsst ihn entschuldigen, Summacum, aber er ist und bleibt ein bornierter Affe. Was er nicht begreifen kann, bekämpft er. Da kann man mit Engelszungen reden. Ich kenne die Treiber besser. Hier in den Ruinen traf ich mit dem berühmten Riemenmann zusammen. Er befand sich mit seinen Begleitern auf der Flucht. Ich half ihnen. Es hat sich gelohnt. Denn schon damals war mir klar, dass wir zusammenhalten und die alten Vorurteile vergessen müssen.«

»Ich frage mich, warum dir für deine Schandreden noch niemand über den

Schädel geschlagen hat, Hanstein!«, knurrte Nobody.

»Weil ich nicht zu deinen Leuten gehöre, Nobody! Ich bin ein Einzelgänger, eine Kellerassel, die sich verkriecht, wenn es gefährlich wird. Dies hier ist eine Ausnahme. Ich kroch aus den Kellern hervor, weil uns eine große Stunde bevorsteht.«

Nobodys Blick heftete sich wieder auf den Summacum und Logenmeister.

»Also Aufstand der Nomans?«

Mühlherr nickte ihm zu. »Du hast damals ja auch Shakrams Visio-Ansprache gehört!«

»Von offenem Widerstand war nicht die Rede!« widersprach ihm Nobody. »Brak Shakram brach aus der Gefangenschaft aus, um uns aufzuklären. Wir wissen durch ihn, dass die Bedrohung des Sonnensystems durch den Meteor Oxyd kein Akt von Außerirdischen war. Die unseligen Experimente mit Kaiserkraft haben uns das beschert. Ganz im Gegenteil: Cantos, der Außerirdische, den man verantwortlich machte, hat die Menschheit vor dem Untergang gerettet! Obwohl Max von Valdec, der Vorsitzende des Konzils der Konzerne, dies als eigenen Erfolg verbucht.«

»Und jetzt ist Brak Shakram tot! Er hat seine Rede mit dem Leben bezahlt!«, erinnerte ihn Summacum Mühlherr. »Die Zeit ist günstig. Hier befinden sich genügend ausgebildete Treiber, um mehrere Logen zu bilden. Logenmeister sind ebenfalls da. Wir eröffnen den Kampf und greifen den kaisereigenen Sender an. Wahrscheinlich beabsichtigte das auch Brak Shakram vor seinem Tod. Wir werden es schaffen. Von hier aus werden wir die ganze Welt aufklären. Es wird der Auftakt zum Aufstand werden. Max von Valdec wird nichts gegen uns unternehmen können, denn er befindet sich auf einer Strafexpedition gegen die revoltierenden Kolonien – mitsamt den meisten Reserven der Grauen Garden.«

Summacum Mühlherr schöpfte Atem. Wie oft hatte er diese Argumente dem Nomanführer vorgebetet? Nobody hatte nicht nur Angst vor den Treiberkräften, sondern auch vor der Bewährungsprobe. Gegenüber seinen Leuten galt er als unbesiegbarer Führer. Aber schließlich hatte er sich noch nicht an den Grauen Garden versucht. 

Dennoch brach der Widerstand, den Nobody zur Schau trug. Im Grunde genommen hatte er sich längst entschieden. Seine vorgebrachten Bedenken dienten nur dazu, letzte Zweifel auszuräumen.

Er deutete auf den bewusstlosen Grauen. »Aufgepasst, er kommt zu sich!«

Noch einmal rief er sich ins Gedächtnis zurück, was er von dem gespenstischen Kampf mitbekommen hatte. Der Graue war seit drei Stunden ihr Gefangener. Er gehörte zu einer Routinepatrouille. Die Treiber hatten zu siebt eine Loge unter Führung von Logenmeister Mühlherr gebildet. Mit ihrer geistigen Kraft hatten sie den Grauen zur Landung gezwungen.

Auftakt zu der Demonstration, die zeigen sollte, zu was sie noch fähig waren. Sie hatten die Erinnerung des Grauen gelöscht und ihn laufen lassen. Dann hatten sie ihm Trugbilder vorgegaukelt, denen er letztlich zum Opfer fiel. Hätten sie ihm nicht vorher die Ladeeinheit aus dem Strahler genommen, wäre er jetzt nicht mehr am Leben.

Die sieben Treiber kümmerten sich um den Grauen. Sie umringten ihn, während sich Nobody zurückzog.

Hanstein trat an seine Seite. Der Alte kratzte sich Ungeniert. In den Jahren der Einsamkeit in den Ruinen hatte er sich kultivierte Umgangsformen längst abgewöhnt.

»Endlich!«, knurrte er. »Unser Piratensender ist bereit. Wir können den Nomans in aller Welt das verabredete Zeichen geben.«

»Du hast hinter meinem Rücken schon alles veranlasst?«, fauchte Nobody.

Hanstein blieb ernst.

»Nicht hinter deinem Rücken, Nobody!«, berichtigte er. »Ich habe nur rechtzeitig deinem Wunsche entsprochen. Glaube nie, dass ich dir jemals den Rang streitig machen werde. Betrachte mich

als deinen Freund und nicht als Konkurrenten.«

»Wir sind doch alle Freunde – selbst die Treiber und Summacums, die sich bei uns verkriechen.« Diese Worte aus dem Munde von Nobody klangen zu ironisch, als dass man sie hätte ernst nehmen können.

Brüsk wandte er sich ab und verschwand im Geheimeingang. Der Sender lag unterirdisch. Nach dem Aufruf von Shakram hatten sie von hier aus Verbindung mit dem Jupitermond IO aufgenommen. Denn Summacum Mühlherr und seine Loge waren Terranauten! Und auf IO befand sich eine Geheimstation dieser Organisation!

Sie hatten erfahren, dass Cantos, der Außerirdische, auf IO geflohen war, um die Menschheit zu retten – nicht, um die Menschheit weiter in den Abgrund zu stürzen, wie die Terranauten auf IO fälschlich glaubten.

Brak Shakram hatte ihnen allen die Augen geöffnet.

Cantos kehrte nach IO zurück und floh mit den Terranauten ins All, ehe die Geheimstation von den Grauen Garden aufgebracht wurde.

Kein Mensch wusste, wo sich Cantos zurzeit aufhielt. Man vermutete, dass er nach David terGorden, dem Erben der Macht, und den anderen Führern der Terranauten suchte.

Denn die Terranauten waren die erklärten Feinde des mächtigen Konzils, das über das terranische Sternenreich herrschte. Ein Terrorregime.

Nobody dachte daran, als er die Stufen hinabstieg, die nur vom Schein seiner Taschenlampe beleuchtet wurden.

Ich habe damals schon etwas für diese Terranauten getan, denn sie haben Recht: Wir sitzen alle im gleichen Boot. Warum sollte ich jetzt Zurückhaltung üben?

Er wusste es selbst nicht, aber schon wieder kamen ihm diese Bedenken. Er hatte das Gefühl, als wäre der Aufstand schon« von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dabei hatte er noch gar nicht begonnen, und die Zeichen standen sehr günstig.

Nobody erreichte die Zentrale. Alles war bereit. Er würde das verabredete Zeichen senden. Es gab noch mehr solche Zentralen, über die ganze Erde verbreitet. Zumeist befanden sie sich in der Nähe von offiziellen Sendern, denn deren Restenergie erschwerte erheblich die Ortung eines Piratensenders.

»Nomans, ihr seid mächtiger, als die Welt es ahnt«, murmelte Nobody vor sich hin. »Sogar eigene Sender besitzt ihr. Seit Jahrhunderten hat das Konzil euch vergessen. Aber ihr habt im Verborgenen eine schlafende Macht aufgebaut. Und jetzt werden wir sie wecken!« Er drückte auf den Rufknopf.

Damit lief die verabredete Phase eins an. Ein Unternehmen, auf das die Nomans und die mit ihnen zusammenarbeitenden Treiber sich in den sechs Monaten seit der Oxyd-Katastrophe gründlich vorbereitet hatten.

 

*

 

»Tötet mich!«, forderte der Graue ruhig.

Langsam erhob er sich vom Boden. Er nahm eine kampfbereite Haltung ein.

Mühlherr beobachtete ihn. Seine Treiber waren auf der Hut. Sobald der Gardist gefährlich werden sollte, würden sie ihre Kräfte einsetzen.

»Wir sind keine Mörder!«, erklärte der Summacum.

»Was habt ihr sonst vor mit mir? Was sollte dieses Schauspiel mit den Angreifern? Die habt ihr mir ja wohl mit euren PSI-Kräften vorgegaukelt.«

»Eine Demonstration unserer Möglichkeiten – in der du zwar eine Hauptrolle spieltest, die aber nicht für dich bestimmt war.«

»Was habt ihr mit mir vor?«, beharrte der Gardist.

»Du bist unser Gefangener. Falls du nicht vernünftig bist, wirst du es bereuen, doch du wirst nicht sterben.« 

Der Gardist lachte heiser. »Ihr verdammten Narren. Ich werde Augen und Ohren offen halten und eine Menge erfahren. Und dann wird sich eine günstige Gelegenheit ergeben. Ich werde fliehen und alles verraten.«

»Mir ist schon klar, dass du keiner von uns wirst«, sagte Mühlherr trocken, »aber jetzt ist Schluss mit dem Geschwätz. Bringt ihn in sein Gefängnis!«

Vier Nomans übernahmen das. Sie hatten moderne Lähmstrahler, mit denen sie den Gefangenen in Schach hielten. Summacum Mühlherr fragte sich, wo sie diese Waffen erbeutet hatten. Er würde es wohl nie erfahren. Das Misstrauen der Nomans, das nicht ganz auszuräumen war, ärgerte ihn maßlos. Aber er konnte nichts dagegen tun.

Mühlherr winkte seinen Treibern zu. Sie entspannten sich, schauten dem Grauen nach, der in das halbverfallene Haus geführt wurde. Es wäre besser gewesen, den Mann zu töten, aber hätten sie sich dann nicht auf die gleiche Stufe wie Valdec gestellt?

Der Summacum atmete tief durch und verdrängte die Gedanken daran. Probleme der Nomans, nicht seine Probleme. In erster Linie war es wichtig gewesen, einen Gleiter zu erbeuten. Die Gefangennahme eines Gardisten war dabei nur nebensächlich.

Hanstein zupfte an seinem verfilzten Bart herum, der irgendwie an eine alte, modrige Matratze erinnerte. In seinen Augen blitzte es.

»Nobody ist unterwegs. Wir sollten uns fertigmachen.«

Mühlherr lächelte. »Wir sind bereits fertig!«

Hansteins Blick irrte von einem zum anderen. Da erst bemerkte er, dass einer der Treiber von den anderen gestützt wurde. Das also war der Telepath.

»Aha, die anderen Logen sind zu Fuß unterwegs!«, kombinierte der alte Noman.

Der Telepath schlug die Augen auf und sagte: »Alles klar. Die Besatzung des Gleiters soll sich bereithalten für die zweite Phase. Die erste Phase soll ja immerhin bis zu zwei Stunden dauern!« 

 

*

 

Die erste Phase!, dachte Generalmanag Claasen von PRODUKT ENERGIE. Sein Visio war eingeschaltet. Er lauschte. 

Eine verzerrte Stimme, die das normale Programm überlagerte.

»Hier spricht die Stimme der Vernunft! Liebe Hörer, es ist das erste Mal, dass ihr mich hört. Viel zu lange habt ihr darauf warten müssen. Denn die Vernunft sitzt längst in den Kerkern von Luna oder wird in den Experimentierlabors von Kaiser verstümmelt. Lauscht meinen Worten, weil es eine absolute Notwendigkeit für euch ist, endlich Dinge zu erfahren, die man euch verständlicherweise verschweigt. Oder wusstet ihr, dass die Gefahr des entarteten Asteroiden Oxyd, der wie ein Flammenschwert durch das Sonnensystem raste, um alles zu vernichten, eine Folge von Experimenten mit Kaiserenergie war? Dass ausgerechnet Cantos – der Außerirdische vom fernen Planeten Genessos, dem man Vorbereitungen für eine Invasion in die Schuhe schob –, dass dieser Cantos unser aller Retter und Freund ist? Dass sich Valdec rechtzeitig in Sicherheit gebracht hat und erst zurückkehrte, als die Gefahr vorüber war? Denkt darüber nach, bis sich die Stimme der Vernunft wieder meldet! Und wundert euch auch darüber, dass ihr so wenig über die Kolonien hört! Was geht im Sternenreich vor? Warum wird die Versorgung der Erde immer schlechter? Bis zum nächsten Mal!«

Generalmanag Claasen schaltete nicht ab. Aber er lehnte sich zufrieden zurück.

Das Programm lief normal weiter, als wäre nichts geschehen. Claasen konnte sich vorstellen, wie man jetzt im Sender rotierte. Ja, rotieren, das war das richtige Wort. Der Sender würde sich in ein Tollhaus verwandeln.

Schade, dass ich das nicht sehen kann! dachte Generalmanag Claasen. Er lachte schallend. 

Und dann dachte er an den gescheiterten Pankaldi, den hingerichteten Generalmanag der Grüne-Hügel-Gesellschaft, die einen Großteil des Unterhaltungsprogramms bestritt. Diese Gesellschaft hatte ein Hauptmonopol bei den Visioprogrammen.

Anfangs beschränkten die Noman-Sender ihre Kampagne auf Texteinblendungen,. Schließlich musste ihre Phase eins erst einmal anlaufen. Bilder würden später kommen.

Claasen freute sich schon darauf. Doch zunächst wartete er auf die Rückkehr der »Stimme der Vernunft«. Man hörte sie auf der ganzen Welt.

»Die Revolution wirft ihre Schatten voraus!«, murmelte er vor sich hin. »Ich werde es besser haben als Pankaldi, denn ich werde die Kastanien nicht selber aus dem Feuer holen müssen, sondern die Nomans für mich kämpfen lassen!«

Zwar zeugten diese Worte nicht gerade von Charakter, aber Claasen wurde das keineswegs bewusst. Er war nicht umsonst Generalmanag eines Konzerns. Gefühle waren da weitgehend ausgeschaltet. Es sei denn, es ging um die Freude bei einem günstigen Geschäftsabschluss oder aber um die Vorfreude auf die Revolution, während man selbst im geschützten Bunker saß und darauf wartete, die reifen Früchte zu ernten.

 

*

 

Man konnte den Grauen Garden alles vorwerfen – nur keine Unfähigkeit. Kaum waren die ersten Worte von

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Erno Fischer/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx. DIE TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Peter Sladek.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 22.02.2019
ISBN: 978-3-7438-9737-3

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