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Leseprobe

 

 

 

 

ROBERT QUINT

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 14:

Im Reich der Geflügelten

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

IM REICH DER GEFLÜGELTEN von Robert Quint 

 

Das Buch

Man schreibt das Jahr 2500 irdischer Zeitrechnung.

Nach der Flucht von ZOE mit dem Kaiserkraftschiff MIDAS werden Llewellyn 709 und seine Begleiter in den Leerraum ausserhalb der Galaxis verschlagen. Viele der an Bord befindlichen Treiber sind an den Nebenwirkungen der Kaiserkraft gestorben. Die Überlebenden entgehen mit knapper Not der Anziehung eines schwarzen Loches und stranden auf einem unbekannten Planeten, den sie HOBO nennen...

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books.

  IM REICH DER GEFLÜGELTEN von Robert Quint

 

 

 

Außerhalb der Milchstraße, Spätsommer 2500 – Terra-Normzeit:

 

Leises metallisches Klappern durchbrach die Stille.

Llewellyn 709 öffnete die Augen. Ich lebe! dachte er erstaunt. Bewegungslos blieb er liegen und genoss das einzigartige Gefühl wieder seine Glieder zu spüren, zu denken, zu sein.

Streiflichtartig und verzerrt durchzuckten Erinnerungen sein Bewusstsein. David terGorden, der sich brüsk abwandte und die Zentrale der Midas verließ... Der Laut, mit dem der Hebel einrastete und das Kaiserkraft-Triebwerk aktivierte... Und das Chaos, das Grauen, die Angst, als die Einflüsse des Weltraum II das Schiff zu zerreißen drohten.

Aber ich lebe, dachte der Riemenmann, und die Midas ist unzerstört.

Die stahlblaue Decke der Steuerzentrale wirkte aus dieser Perspektive seltsam weit entfernt. Trübes Licht drang aus den runden Scheiben der Notleuchten. An der Decke waren die breiten Fluoreszenzplatten erloschen. Die Dämmerung und die ungewohnte Stille lähmten die Tatkraft des Riemenmannes, aber vielleicht lag das auch an den Nachwirkungen des fehlgeschlagenen Raumsprungs.  

Er atmete tief durch, spannte seine Muskeln und dann richtete er sich mit einem Ruck auf. Er kam auf die Beine und stand schwankend da. Schweigend blickte er sich um.

Der Schock traf ihn fast wie ein körperlicher Schlag.

Noch verbarg das ungewisse Halbdunkel einen Großteil der Schäden, doch es war bereits eindeutig zu erkennen, dass die Midas nur noch ein Wrack sein konnte. Die übergeordneten Einflüsse, die während des Raumsprungs mit dem Kaiserkraft-Triebwerk wirksam geworden waren, hatten die Zentrale in ein Chaos verwandelt. Bildschirme waren zerborsten und glichen jetzt dunklen Mäulern mit Zahnreihen aus Glassplittern. Hier und da, vor allem über dem besonders gesicherten Steuerpult, befanden sich noch einige unzerstörte Monitore, aber sie waren trüb, lieferten keine Bilder, keine Daten, keine Informationen. Die zahllosen Sichtfenster der Instrumente, die Skalen und Lichtsignale auf den Computerwänden und Kontrollpulten waren erloschen. Feine Risse zeigten sich an der Decke, An einigen Stellen hatte sich der Kunststoffüberzug gelöst und hing in langen, dünnen Streifen nach unten – erstarrte Plastiktränen, grau wie die Dämmerung, die die Zentrale erfüllte.  

Der Riemenmann fluchte leise.

Was war geschehen? Was hatte sich hier abgespielt? Er versuchte, sich zu erinnern, aber da war nur die Schwärze der Bewusstlosigkeit, die ihn kurz nach dem Auftreten der ersten Phänomene aus dem Weltraum II übermannt hatte.

Scanner Cloud!

Llewellyn wirbelte herum. Wo war der Psyter? Wo waren Leande, Morgenstern, Angila, Altamont...? Das schreckliche Gefühl der Verlassenheit stieg in ihm auf, allein zu sein, allein an Bord eines Wracks, das irgendwo in der grenzenlosen Leere des Weltraums verschollen war. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Der Riemenmann verwünschte das fahle Licht, das die Konturen verzerrte und lange Schatten warf.  

Benommen schüttelte er den Kopf, wandte sich dem düsteren Block des Steuerpultes zu, vor dem sich der schwere Servosessel wie ein unförmiger Steinklotz abhob. Clouds Sessel... Aber nun schien er leer.  

Entschlossen bewegte sich der Riemenmann. Bei jedem Schritt knirschte Glas unter seinen Füßen. Flüchtig blickte er hinauf zur Decke, zu dem Quadrat der Fluoreszenzplatte, die von Dutzenden Sprüngen durchzogen war. Plötzlich stieß sein Fuß gegen ein Hindernis. Er blieb stehen, bückte sich und verengte die Augen, versuchte das Zwielicht zu durchdringen. Eine Frau! durchzuckte ihn die Erkenntnis. Leande? Nein, das Haar dieser Frau war hell, fast silbern, das Gesicht voller, und der Riemenmann konnte die Umrisse einer langen Narbe erkennen, die sich von der Stirn bis zur Wange zog. Er erinnerte sich an sie. Sie hieß Pija, eine Gefangene aus den Lunakerkern. Kurz tauchte ein Bild in ihm auf, wie sie einige Graue mit einem Laserbohrer davon abgehalten hatte, ihre Gefährten zu verfolgen.  

Die Frau war tot.

Kalt und hart wirkte ihre Haut, wie Glas, wie Kristall. Seltsam. Llewellyn sah auf sie hinab, auf die verkrümmte Gestalt, deren Silberhaar ihren Kopf wie eine spröde Wolke umrahmte.

Nirgends eine Wunde, nirgends ein Hinweis darauf, was sie getötet hatte.

Und Cloud... Vergeblich tastete Llewellyn mit seinen Psi-Sinnen nach den Gefährten.  

»Scanner!« keuchte der Riemenmann. »Scanner Cloud!« Sein Keuchen wurde zu einem Schrei, der gellend die Stille zerschnitt.

Ein Geräusch ließ ihn herumwirbeln.

Das schwere Schott der Steuerzentrale öffnete sich rumpelnd, langsam, ohne den üblichen Summton des kleinen Elektromotors, der normalerweise die Metallplatte zur Seite gleiten ließ.

Handbetrieb, dachte Llewellyn 709 automatisch. Die Energieversorgung ist gestört. Natürlich.  

Das Licht, das vom Gang hereinströmte, war fahl und unwirklich. Offensichtlich waren die Hauptgeneratoren beschädigt und nur noch das Notaggregat arbeitete. Oder lag es an den Umwandlern? Nüchtern gestand sich der Riemenmann ein, dass sie noch viel zu wenig über die Midas wussten. Zwar hatte der Psyter die Konstruktionspläne in seine Hände bringen können, aber trotzdem war ihnen das Schiff fremd, unterschied, sich in vielen Dingen von einem der gewohnten Treiberraumschiffe.  

Das Rumpeln und leise Quietschen der Handkurbel verstummte. Ein Spalt, breit genug, um einen normal gewachsenen Menschen durchzulassen, hatte sich zwischen Schott und Wand geöffnet.

Die Stille zerrte an Llewellyns Nerven, er wollte etwas sagen, wollte sich der Öffnung nähern, aber ein Impuls hielt ihn davon ab, zwang ihn, stehen zubleiben und zu schweigen. Sein Gaumen war trocken, seine Lippen rau und rissig. Er dachte an Pija und an das, was ihre Haut hart wie Glas gemacht hatte.

Dann erschien eine zarte, schmächtige Gestalt in dem schmalen Spalt.

Llewellyns Erleichterung machte sich in einem tiefen Seufzer Luft.

Leande!

Das Mädchen aus der untersten Etage der Mondkerker lebte noch.

Leande sah ihn an, ein weißes ovales Gesicht in der Dämmerung, mit Augen wie Kohle, deren Blick ihn gefangen nahm.

»Wir hielten dich für tot«, sagte Leande leise. Sie kam langsam näher, stand dann dicht vor ihm, zweieinhalb Köpfe kleiner als der hochgewachsene, massige Mann mit dem goldenen Riemengeflecht, das die tödliche Psi-Strahlung seines Körpers absorbierte. »Du lagst da wie die Gläsernen, still und steif und tot. Wegen der Riemen wagten wir nicht, dich zu untersuchen.«

»Die Gläsernen?« flüsterte Llewellyn. Ihm war mit einemmal kalt.

Leande sah zu ihm hinauf. »Einhundertdreiundvierzig Menschen. Sie sind wie Glas. Sie sind tot.«

Der Riemenmann schloss die Augen. Nein! dachte er. Es darf nicht wahr sein! Aber er wusste, dass das Zentristenmädchen nicht log, dass diese unvorstellbar große Zahl Menschen wirklich Opfer des Kaiserkraft-Triebwerkes geworden waren.  

Er räusperte sich, zwang sich, die Frage zu stellen. »Leande, was ist mit dem Psyter? Was ist mit Scanner Cloud?«

»Er lebt. Er ist unten im Schiffsbauch, bei den Maschinen. Er ist seit zwei Stunden wach. Wie die anderen.«

»Die anderen?« Llewellyns Herz klopfte hart und rasch. »Welche anderen? Wer hat noch überlebt? Wer hat noch überlebt, Leande?«

Das Zentristenmädchen nagte gedankenverloren an der Unterlippe, sah zur Seite, hinüber zu der starren, dunklen Gestalt am Boden, zu Pija.

»Es sind die Gedanken, die zu Glas geworden sind«, murmelte das magere Mädchen. »Ich denke mir, sie quollen aus den Augen, als die Welt zerbrach. Und als sie sich wieder zusammenfügte, konnten sie nicht rasch genug zurück. Sie erstarrten zu Glas.«

»Leande!« sagte der Riemenmann heftig. »Wer hat noch überlebt?«

»Sie sind unten im Bauch. Ich sammle die Gläsernen auf. Sie sind leicht. Man kann sie mit einer Hand hochheben. Schau!«

Unvermittelt eilte sie auf die leblose Gestalt zu, wich mit traumwandlerischer Sicherheit den Hindernissen aus, die auf dem Boden verstreut waren, und griff nach der Toten.

Llewellyn hielt den Atem an, als Leande die Gläserne scheinbar mühelos auf ihre Schulter lud und ihn forschend ansah.

»Ich denke mir«, erklärte das Zentristenmädchen mit ihrer hellen, ein wenig kindlichen Stimme, »ich denke mir, es sind Kokons. Die Schmetterlinge sind geschlüpft. Sie fliegen zwischen den Sternen von Weltraum II. Einhundertdreiundvierzig Schmetterlinge.«  

Dann wandte sie sich ab, schritt leichtfüßig auf das Schott zu und zwängte sich mit der Leiche durch die Öffnung. Eine Weile noch konnte der Riemenmann sie leise summen hören, aber dann erstarb auch dieser Laut und zurück blieb die Stille.

Llewellyn 709 fröstelte. Er fragte sich, was das für ein unsichtbares Band war, das zwischen Scanner Cloud und dem Zentristenmädchen bestand. Wer war sie gewesen, bevor das Seelentaucher-Sekret ihre Gedanken verwirrt und ihr Bewusstsein in eine fremde egozentrische Realität versetzt hatte? Und was ging in ihrem Kopf vor, jetzt, inmitten all dieses Grauens, in diesem fliegenden Stahlsarg?

Leande erschien dem Riemenmann fremd, so fremd, wie noch kein Mensch zuvor. Es waren nicht allein ihr seltsames Verhalten und ihre Worte, was ihn irritierte, es war ihre Stimme, der Klang ihrer Stimme.

Sie berührte etwas in ihm, etwas lang Vergessenes, Uraltes, das sich tief unten in der Finsternis seiner Archetypen regte.

Schließlich schüttelte er die Gedanken ab und machte sich daran, das Schott weit genug zu öffnen, dass auch er sich hindurchzwängen konnte.

Er musste herausfinden, wer außer Cloud und Leande die Katastrophe überlebt hatte.

 

*  

 

Der Morgen war hell und klar und kühl

Vom Himmel, zwischen den zerfaserten Wolkenfeldern hindurch, sickerte grünes, weiches Licht und legte sich wie eine Decke über die fruchtbare Ebene, die hinter dem Geflügelten Deschmarn-Drag lag. Fern am Horizont, dort, wo die letzten Schatten der Morgendämmerung allmählich verblassten, hoben sich dunkle Punkte gegen das Strohgelb der Steppe ab.

Finner!

Deschmarn-Drag bewegte leicht seine großen, dunklen Schwingen, stieg ein wenig höher, dem Licht entgegen, dem Grün des Himmels und dem Violett der Wolken, und versuchte die Zahl der Finner zu schätzen.

Der Ashra verzog das dunkle Gesicht mit der kleinen Nase zu einer Grimasse und stieß einen hohen, kurzen Pfiff aus.

Genug Finner, um den Schwarm bis zum nächsten Weltenstillstand zu ernähren. Genug, um den Horst zu polstern, die Schlupflöcher gegen die Nacht zu verhängen, neue Spieße für alle Jäger zu liefern. Und mehr noch: genug für alle Ashras am Fuß der Küstenberge, für alle Schwärme bis hinunter zum Schwarzfluss.

Deschmarn-Drag presste die langen, dünnen Arme an den Körper, so dass sich die dünne Haut der Schwingen raschelnd zusammenfaltete.

Pfeilschnell schoss er in die Tiefe.

Er öffnete den Mund, entblößte zwei Reihen spitzer Zähne und stieß wieder einen Pfiff aus, diesmal schriller, länger, melodischer.

Die Baumwipfel unter ihm waren eine dünne Linie aus Gelb und Orange, die Steppe und Berge voneinander trennte. Rasend schnell wurden sie größer, die wahren Ausmaße der Baumriesen wurden erkennbar. Jede Krone maß mehr als vierzig Meter im Durchmesser, und durch die hellen Farbtöne des Blattwerks schimmerten die Äste und Zweige wie die Gitter eines gewaltigen Gerüstes.

Deschmarn-Drag pfiff zum drittenmal.

Das Signal!

Leben kam in das Laubdach. Schwarze Gestalten lösten sich von ihren Verstecken – Blüten, so groß wie Sonnenschirme – und stiegen in den Himmel, ihrem geflügelten Bruder entgegen.

Acht, neun, zehn – ein Dutzend fledermausähnliche Gestalten glitten durch die Luft und gewannen mit jedem Flügelschlag weiter an Höhe. Deschmarn-Drag bremste seinen Sturz, faltete seine Schwingen wieder weit auf und schoss hinaus in die Ebene, die sich endlos erstreckte.

Lautlos folgten ihm die Jäger des Schwarms.

Sie wirkten wie Todesengel im Licht der grünen Sonne, die sich nun endgültig ihren Weg durch die Wolken gefressen hatte und die Welt mit ihren Strahlen überschüttete.

Deschmarn-Drag schoss durch die Luft. Er fühlte den Wind, der kühl an seinem Körper entlang strich, sich unter den leicht gewölbten Flügeln sammelte und ihn steigen ließ, immer höher, je näher sie der gewaltigen Tierherde kamen.

Alles geschah in völliger Stille.

Die Jäger wussten, was sie zu tun hatten. Jeder von ihnen kannte seine Aufgabe und jeder wusste, dass er sie erfüllen würde. Es gab keine Zweifel, keine Furcht, keine Eile. Es gab nur die Jagd, die so sein würde wie alle anderen in der Vergangenheit und Zukunft.

Deschmarn-Drag kreiste am Himmel. Der Ashra äugte hinunter auf die zahllosen Leiber, die langsam über die Ebene trotteten, weiter nach Süden, die Küstenberge entlang, über den Schwarzfluss und weiter bis zur Wassergrenze, wo sie am Weltenstillstand umkehren und den Weg zurück wandern würden.

So war es seit Äonen.

So würde es immer sein.

Ich bin der Jäger, dachte Deschmarn-Drag. Ich bin der Spieß der die Beute schlägt. Ich bin die Hand, die den Schwarm ernährt. Ich kreise unter der Sonne, und sie sieht zu.  

Mit einer eleganten Drehung warf er sich herum, lag auf den Winden und blickte der Sonne in ihr grünes Strahlengesicht.

»Ich bin Deschmarn-Drag!« rief er ihr zu. »Ich bin der Jäger der Oomp Ashra. Ich nehme, was mir zusteht, nicht mehr, nicht weniger. Aber niemals zuviel!«

Der Ashra wartete, atemlos treibend, auf ein Zeichen. Die rituellen Worte waren gesprochen, der Brauch erfüllt, der Segen herbeigerufen. Sie würden die schwächsten Tiere der riesigen Finner-Herde töten, die verletzten, jene am Ende der Herde, die sowieso bald ein Opfer der Steppenfalter werden würden.

Es war Gesetz. Es war notwendig.

Sie würden nehmen, was der Schwarm benötigte, um zu überleben, zu wachsen, zu gedeihen. Aber nicht mehr.

Wieder blickte Deschmarn-Drag hinunter auf die Finner, erleichtert, dass sich kein Omen gezeigt hatte, um ihnen die Jagd an diesem Platz zu verwehren.

Vorsichtig löste er die beiden Hornspieße von seinem Gürtel aus Finner-Haut, umklammerte sie fest mit seinen Händen, einen rechts, einen links, so dass seine Schwingen nun in Stacheln zu enden schienen.

Eine Böe erfasste ihn und warf ihn empor, sanft und weich. Er fing den Wind und nutzte ihn, weiter auf das Zentrum der Herde zu treiben.

Die Finner weideten arglos.

Hier und da stolzierten die Leittiere mit unruhig hin und her wackelndem Kopf umher, nach allen Seiten sichernd, dem in der Steppe drohte Gefahr. Dann und wann bohrten sich zwei kleine Augen in den Himmel, aber sie waren zu schwach, um die hoch oben kreisenden Punkte als Gefahr zu identifizieren.

Die Finner waren kräftige, safrangelbe Kreaturen mit langen, schnellen Vogelbeinen und beweglichen Krallenfüßen. Der eiförmige Rumpf, dessen ledrige Haut mit kurzen Federn bedeckt war verjüngte sich zu einem biegsamen Hals, auf dem der kleine, nur faustgroße Kopf mit dem kurzen, breiten Schnabelmaul saß.

Einen Menschen hätten sie an den Vogel Strauß erinnert, an eine wesentlich größere, massivere Version des Vogel Strauß. Aber auf dieser Welt gab es keine Menschen.

Und dann griff Deschmarn-Drag an.

Er war ein Geschoss aus leichter Haut und dünnen Röhrenknochen, das vom Himmel herabstürmte, die Hornspieße nach vorn gestreckt, die Augen starr auf die Beute gerichtet.

Noch immer stolzierten die Finner arglos über die Steppe, pickten mit abgehackt wirkenden Bewegungen nach den Gräsern und Beeren, die rasch im Schnabelmaul verschwanden und von fingerbreiten Hornleisten zerkaut wurden.

Keine Gefahr, signalisierten die Leittiere ihren Herden. Äst und sucht. Keine Gefahr!  

Zehn Sekunden vor dem Aufprall hatte Deschmarn-Drag sein Opfer gefunden.

Es war ein noch junger, nicht völlig ausgewachsener Finner, der am Rand eines schmalen Baches dahertrottete und ein wenig humpelte.

Der Ashra korrigierte seine Flugbahn, bis er genau auf den Finner zuraste.

In diesem Augenblick entdeckte ihn eines der Leittiere.

Ein heiseres Blöken gellte über die Steppe, wurde von anderen Finner aufgenommen, weitergegeben und über die ganze Herde verbreitet. Bewegung kam in die Tiere. Sie begannen zu traben, aus dem Trab wurde ein Galopp und von einer Sekunde zur anderen stürmten zahllose Finner davon. Es war eine gewaltige Masse safrangelber Leiber, die über die Steppe hetzte und alles zertrampelte, in ihrer panischen, kreatürlichen Flucht vor den Schatten vom Himmel.  

Deschmarn-Drag pfiff, und der Laut ließ den verletzten Finner zusammenzucken, ängstlich blöken und am Bach entlang humpeln, der Herde nach, aber er war zu langsam.

Der Ashra zielte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Robert Quint/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx. DIE TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Lektorat: Zasu Menil.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2018
ISBN: 978-3-7438-8097-9

Alle Rechte vorbehalten

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