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Leseprobe

 

 

 

 

JERRY POURNELLE

 

 

Flucht vom

Planet der Affen

 

 

 

Roman

 

Apex Science-Fiction-Klassiker, Band 30

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

FLUCHT VOM PLANET DER AFFEN 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 

19. 

20. 

21. 

22. 

Epilog 

 

Das Buch

Eine verschollene Raumkapsel der NASA kehrt überraschend zur Erde zurück. Doch die US-Astronauten, die mit ihr starteten, befinden sich nicht mehr an Bord des Flugkörpers: Angehörige einer anderen Spezies haben ihre Plätze eingenommen: Cornelius, dessen Gefährtin Zira und Dr. Milo.

Die drei sind kulturell und zivilisatorisch hochentwickelte Schimpansen – die Herren der Erde des 4. Jahrtausends. Um der atomaren Vernichtung zu entgehen, flüchteten sie ins 20. Jahrhundert. Sie ahnen nicht, welches Unheil sie auf der Welt erwartet, die noch von den Menschen beherrscht wird...

 

Flucht vom Planet der Affen ist die Roman-Adaption des gleichnamigen erfolgreichen Kinofilms aus dem Jahr 1971 – verfasst von Jerry Pournelle, einem vielfach preisgekrönten Science-Fiction-Autor, der besonders für seine gemeinsam mit Larry Niven entstandenen Werke (u.a. Der Splitter im Auge Gottes, 1974, und Luzifers Hammer, 1977) bekannt wurde.  

FLUCHT VOM PLANET DER AFFEN

 

 

 

 

 

  1.

 

 

 

Es war zwei Uhr nachmittags, und die Sonne strahlte aus einem wolkenlosen Himmel auf Omaha herab. Von Nordwesten her wehte ein leichter Wind, und die Temperatur lag bei fünfundzwanzig Grad. Ein Tag, wie man ihn am liebsten mit einem Essenkorb im Grünen verbrachte.

Raymond Hamilton, Generalmajor der US-Luftwaffe, wusste das, weil das Wetter über jedem Stützpunkt des Strategischen Bomberkommandos auf der Zustandstafel gegenüber seinem Schreibtisch dargestellt war. Ansonsten brauchte das Wetter in Nebraska ihn während der nächsten sechs Stunden nicht zu interessieren. Es würde dunkel sein, bevor er zu seiner Frau und den beiden Jungen in das rote Backsteinhaus heimkehrte, das noch vor der Jahrhundertwende für die Kavallerie erbaut worden war. Inzwischen wurde keine Kavallerie mehr benötigt, und aus dem alten Garnisonsfort war die Luftwaffenbasis Offutt des Strategischen Bomberkommandos geworden.

General Hamiltons Schreibtisch war drei Stockwerke unter der Erde. Er stand auf einem verglasten Balkon über der Befehlszentrale, und zwei Stockwerke tiefer, unmittelbar unter und vor Hamiltons Balkon, arbeitete das Nachrichtenpersonal der Luftwaffe, das mit sämtlichen Stützpunkten des Bomberkommandos in Verbindung stand und auf einen Befehl hin genug atomare Vernichtungskraft auf den Weg bringen konnte, um den halben Erdball zu verwüsten.

Unter den Telefonen auf Hamiltons Schreibtisch waren zwei in Farbe. Das goldfarbene Telefon war Endpunkt der Direktleitung zum Präsidenten. Daneben stand das rote Telefon, das den Atomschlag auslösen konnte.

Um zwei Uhr nachmittags dachte Ray Hamilton nicht an das rote Telefon. Der Präsident hatte im Verlauf der letzten Jahre an mehreren Gipfelkonferenzen teilgenommen, und die politische Lage war allgemein ruhig. Obgleich Hamilton, wie alle Führungsoffiziere des Strategischen Bomberkommandos, fest daran glaubte, dass die Russen etwas planten und ständig beobachtet werden mussten, war er überzeugt, dass der Katastrophenfall nicht eintreten würde. Wenn das Bomberkommando wachsam blieb, mochte er nie eintreten. Hamilton lag bequem zurückgelehnt in seinem Armsessel und blätterte in einem Kriminalroman. Zu seinem Missvergnügen entdeckte er, dass er ihn schon gelesen hatte.

Er langweilte sich. Wenn er sich über etwas Sorgen machte, dann war es das Fahrrad seines älteren Sohnes. Es war ein Sportrad und das dritte dieser Art, das in weniger als zwei Jahren gestohlen worden war. Der Gedanke, dass das Bomberkommando ganz Nordamerika beschützen konnte, während die Militärpolizei des Stützpunkts nicht imstande zu sein schien, einen Fahrraddieb zu fangen, ärgerte ihn. Der Junge hatte drei Kilometer zur Schule und brauchte ein neues Rad, und ein neues Rad kostete Geld, das Ray Hamilton anderweitig verplant hatte.

Ein Telefon läutete. Ein schwarzes. Hamilton nahm den Hörer ab. »SAC, diensttuender Befehlshaber.«

»SAC, hier spricht Luftverteidigung. Wir haben einen ungemeldeten Wiedereintritt über dem Südpol. Wiederhole: unbekanntes Objekt auf Wiedereintrittskurs über dem Südpol. Wahrscheinliches Zielgebiet Umgebung von San Diego, Kalifornien. Geschätzte Zeit plus sechsundzwanzig Minuten.«

Hamilton beugte sich angespannt über den Schreibtisch. »Verstanden. Sind Sie sicher, dass es ein ungemeldetes Objekt ist?«

»Unbedingt. Es gibt weder eine Meldung noch eine vorberechnete Orbitalbahn. Startpunkt unbekannt. Es ist ein großer Körper, das Gewicht dürfte kaum unter zwanzig Tonnen liegen.«

»Mein Gott!« Hamilton blickte zu den riesigen Bildschirmen an der gegenüberliegenden Wand. Seine Leute hatten bereits eine Karte der westlichen Hemisphäre projiziert und die mutmaßliche Bahn des Eindringlings angegeben. Die gestrichelte rote Linie führte von der gegenwärtigen Position des unbekannten Körpers über Chile zu einem großen Kreis nördlich von San Diego hinauf. Hamilton hatte ein unangenehmes Gefühl im Magen. Die Russen besaßen 100-Megaton- nen-Bomben, und ein Flugkörper dieser Größe konnte eine tragen. Dieses Ding würde den größten Teil von Südkalifornien in Asche verwandeln, auch Oceanside, wo der Präsident sich gegenwärtig aufhielt.

Plötzlich war er ganz ruhig. Seine Stimme verriet keine Gemütsbewegung, als er ins schwarze Telefon sprach. »Luftabwehr, hier spricht Hamilton, SAC. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Ende.« Er legte den Hörer auf und zögerte eine Sekunde. Dann hob er den roten von der Gabel.

Eine Sirene heulte durch das unterirdische Labyrinth. Rote Lampen blinkten. Hamiltons Kehle war trocken, und seine Stimme klang heiser, als er sagte: »An alle Einheiten. Hier spricht Befehlshaber SAC. Achtung, Notalarm. Dies ist keine Übung. Bereitschaftsstufe gelb. Alle Einheiten, Bereitschaftsstufe gelb. Luftwaffenstützpunkt March, Start frei für alle Maschinen. Ich wiederhole, Luftwaffenstützpunkt March, Start frei für alle Maschinen. Alle anderen Stützpunkte erwarten weitere Befehle. Ende.« Er nickte, und die diensthabenden Offiziere in der Nachrichtenzentrale unter ihm fütterten Kodiermaschinen und Fernschreiber mit den schriftlichen Bestätigungen der Durchsage.

Überall im Land löste der Alarm hektische Aktivität aus. Piloten sprangen aus ihren Kojen in den Bereitschaftsräumen und rannten hinaus zu ihren Maschinen. Innerhalb von Minuten liefen die Triebwerke der B-52-Bomber an, und ihre Piloten gingen die Checkliste durch, während sie auf die Befehle warteten, die sie auf Nordkurs bringen würden. Jede Maschine hatte Karten und Navigationsmaterial für ein halbes Dutzend Ziele in allen Weltgegenden an Bord. Welches von ihnen sie angreifen sollten, würden sie erst nach dem Start erfahren.

In vierzig unterirdischen Anlagen überall in den nördlichen Vereinigten Staaten, nahmen Luftwaffenoffiziere Schlüssel von ihren Hälsen und steckten sie in graue Konsolen. Vorläufig drehten sie die Schlüssel nicht herum. Über ihnen schlossen Soldaten meterdicke Stahltüren; die Kommandanten der verbunkerten Abschussrampen waren mit ihren Raketen eingeschlossen und würden es bleiben, bis der Alarm vorüber wäre. Die Mehrfachsprengköpfe wurden automatisch scharf gemacht, die Trägerraketen überprüft. Elektromotoren summten, Computerprogramme erhielten letzte Ergänzungen.

Ein Geschwader von B 52-Bombern rollte mit ohrenbetäubendem Gebrüll über die Startbahn des Luftwaffenstützpunkts March bei Riverside, Kalifornien, hob schwerfällig ab und stieg mit Donnergrollen und grauschwarzen Rauchfahnen zum Himmel. Die letzte Maschine hob weniger als fünfzehn Minuten nach dem Alarmbefehl ab. Jedes der Ungeheuer trug vier Zwanzig-Megatonnen-Bomben im Bauch und zwei weitere unter den Tragflächen. Als die Maschinen Höhe gewannen, begannen sie dünne Kondensstreifen zurückzulassen, die wie ein Pfeilbündel nordwärts flogen, ihrem Treffpunkt mit den Auftankflugzeugen entgegen. Navigatoren gaben den Piloten Kurszahlen durch, während sie über ihren Karten saßen. Auf jeder Karte war eine dicke schwarze Linie zu sehen. Wenn das Geschwader diese Linie erreichte, würde es umkehren - es sei denn, sie erhielten den Funkbefehl des Präsidenten, ihre Angriffsziele anzufliegen. Die Besatzungen waren schweigsam und angespannt. Jeder wusste, dass er im Ernstfall wahrscheinlich nicht von dieser Mission zurückkehren würde, und alle hofften oder beteten, dass es nicht zum Schlimmsten kommen würde.

 

Währenddessen hatte General Hamilton sich wieder des schwarzen Telefons bemächtigt. »Luftabwehr, sind weitere Flugkörper geortet worden?«

»Nein, SAC. Es handelt sich um einen einzelnen Flugkörper in einer ballistischen Wiedereintrittsbahn mit automatischer Abfolge. Nicht unter Handsteuerung, soweit wir ausmachen können. Ziemlich groß für eine Bombe. Außerdem zu offen. Ich halte das Objekt für einen experimentellen Raumflugkörper.«

»Ich auch«, sagte Hamilton, aber er wartete noch. Er könnte den Präsidenten verständigen, doch wozu? Wenn das eine Riesenbombe war, eingestellt, um in optimaler Höhe über Südkalifornien zu detonieren, würde sie den Präsidenten, den Luftwaffenstützpunkt March, San Diego mit den Marineanlagen, Miramar, Long Beach und Los Angeles mitnehmen. Es gäbe keine Möglichkeit, den Präsidenten rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

Wahrscheinlich aber steckte kein feindlicher Angriff hinter diesem Phänomen. Das Ding war zu groß und kam zu offen daher. Bald würde er das Geschwader zurückrufen und den Alarm absagen können. Das Ganze wäre dann nicht mehr als eine weitere Übung, wie sie jede Woche stattfand.

»Sehr gut«, sagte Hamilton. »Halten Sie mich weiter auf dem laufenden. Sind schon Abfangmaschinen gestartet?«

»Jawohl, Sir.«

»Schalten Sie mich in ihren Funkverkehr ein.«

»Wird gemacht, Sir.«

Es gab eine Menge Störungsgeräusche und wiederholtes Quietschen, dann konnte Hamilton den Piloten eines der Abfangjägers hören, die über dem wahrscheinlichen Landegebiet des fremden Flugkörpers flogen. Ein Blick auf die Projektionswand zeigte ihm, dass das Bombengeschwader vom Stützpunkt March gestartet und aus dem Gefahrenbereich war. Auf den anderen Luftwaffenstützpunkten warteten die einsatzbereiten Verbände noch immer auf weitere Befehle.

Hamilton wartete auch. In wenigen Minuten würde er mehr wissen.

»Zentrale, hier Kettenführer drei. Ich kann den Flugkörper sehen«, kam die Stimme des Jägerpiloten über die Leitung.

»Verstanden, Kettenführer drei. Wie sieht er aus?«

»Flugkörper ist eine Raumkapsel mit NASA-Kennzeichnung. Die Kapsel kommt mit Mach zwo-sechs herunter, rasch verlangsamend. Scheint korrekt die Wasserung im Zielgebiet vorzubereiten.«

»Kettenführer, wiederholen Sie Kennzeichnung des Flugkörpers.«

»Das Objekt scheint einer unserer Raumgleiter zu sein. Ich kann die NASA-Kennzeichen deutlich ausmachen. Es scheint unter Kontrolle zu sein.«

»Kettenführer, folgen Sie diesem Raumgleiter bis zur Wasserung und kreisen Sie an Ort und Stelle, um dem Bergungskommando der Marine Orientierungshilfe zu geben. Miramar, hier spricht Luftabwehr Süd. Wir haben eine außerplanmäßige Wasserung eines NASA- Raumgleiters in Ihrem Verteidigungsbereich. Können Sie rasch ein Bergungskommando hinausschicken?«

»Hier spricht Miramar. Habe verstanden. Hubschrauber-Bergungsmannschaft wird in fünf Minuten unterwegs sein. Wir werden die Flotte verständigen, dass sie sofort ein Bergungsschiff auslaufen lässt.«

»SAC, hier spricht Luftabwehr. Haben Sie alles verstanden?«

»Danke, alles verstanden«, sagte Hamilton. Er schüttelte den Kopf, dann wandte er sich der Beobachtung der Projektionswand zu. Der die Annäherung des Flugkörpers simulierende Zeitmesser langte bei Null an. Der Raumgleiter war unten. Aus dem Telefonlautsprecher drang blechern das aufgeregte Geschnatter des Kettenführers. Der Raumgleiter war einwandfrei gewassert und schwamm. Hamilton wartete eine weitere Minute ab, dann griff er zum roten Telefon.

Wieder heulten die Sirenen los. »An alle Einheiten, hier spricht Befehlshaber SAC. Alarmzustand beendet. Ich wiederhole, Alarmzustand beendet. Wiederaufnahme des normalen Dienstbetriebs. Geschwader March kehrt zum Stützpunkt zurück. Ende.« Er legte den roten Hörer auf und holte tief Atem.

Ein nicht angemeldeter Raumgleiter, der vom Wiedereintritt über dem Südpol zur Wasserung vor San Diego wie ein Bolide durch die obere Lufthülle gerast war. Ohne Funkkontakt, ohne alles. Dafür würde jemandem bei der NASA das Fell über die Ohren gezogen werden. Hamilton hoffte dabei zu sein. Am liebsten würde er das mit dem Fellabziehen selbst machen. Der Zwischenfall hatte ihm Angst gemacht, das konnte er nun, da alles vorbei war, ruhig zugeben.

 

 

 

 

  2.

 

 

Das goldene Telefon summte, und der Präsident zögerte einen Moment, ehe er abnahm. Es gab mehrere von diesen goldenen Telefonen im ganzen Land, und nicht alle bedeuteten Krieg und Untergang, aber ihn durchfuhr es jedes Mal eiskalt, wenn das Ding Signal gab. Das Telefon summte wieder und wieder, und er nahm ab.

»Ja.«

»Mr. Präsident, hier spricht General Brody.« Der Präsident nickte erleichtert. Brody war der Stabschef des Weißen Hauses. Er würde nicht mit einer Kriegsnachricht anrufen. »Sir, wir haben ein kleines Problem ganz in Ihrer Nähe. Einer der bemannten Raumgleiter der NASA ist über den Südpol hereingekommen und vor der südkalifornischen Küste niedergegangen. Da nicht sofort geklärt werden konnte, um was es sich handelte, wurde das Strategische Bomberkommando alarmiert.«

»Dauert der Alarmzustand an?«, fragte er schnell.

»Nein, Sir, nach Identifizierung des Raumgleiters wurde der Alarm abgesagt.«

»Gut. Ein NASA-Raumgleiter - ich kann mich nicht erinnern, dass wir in letzter Zeit irgendwelche bemannten Raumfahrzeuge in den Weltraum gebracht hätten, General.«

»Ich auch nicht, Mr. Präsident. Die NASA weiß auch von nichts. Aber jedenfalls ist einer da oben - das heißt, jetzt ist er unten. Wie dem auch sei, die Hubschrauberbesatzungen der Marine glauben, es könne einer der Gleiter sein, die vor einem Jahr verlorengingen. Colonel Taylors, zum Beispiel.«

»Wie?« Der Präsident zupfte sich mit Daumen und Zeigefinger an der Unterlippe. »Wie groß ist die Chance, dass es wirklich einer von unseren Gleitern ist? Mit lebendiger Besatzung?«

»Die Chance ist gleich Null, Sir. Der Gleiter kam mit dem automatischen Landeprogramm herunter, aber kurz vor der Wasserung scheint jemand die Handsteuerung betätigt zu haben. Colonel Taylor wird weit über einem Jahr vermisst. Das Schiff hatte nicht genug Vorräte an Bord, um die Mannschaft so lange Zeit am Leben zu erhalten. Nein, Sir, es können nicht unsere Leute sein, die da zurückgekommen sind.«

»Verstehe.« Der Präsident zog wieder an der Unterlippe. »Haben Sie schon an die Möglichkeit gedacht, General, dass die Russen einen unserer vermissten Raumgleiter geborgen und mit eigenen Kosmonauten bemannt haben könnten? Könnten Russen an Bord dieses Gleiters sein?«

Die Leitung summte, während General Brody einer Hintergrundstimme lauschte, die der Präsident nicht deutlich hören konnte. Dann kam der Stabschef zurück. »Sir, diese Möglichkeit besteht zweifellos, aber es gibt keine Gewissheit, wer an Bord des Gleiters ist. Die Marine wird das Ding in den nächsten Minuten an Deck ihres Bergungsschiffes hieven. Haben Sie besondere Anweisungen zu geben?«

»Ja. Wenn etwas Lebendiges an Bord ist, soll man es in den Vereinigten Staaten willkommen heißen. Oder auf der Erde, wenn es - ah, die Möglichkeit ist ja nicht völlig auszuschließen, oder? Dass es kleine grüne Männer sind, meine ich. Admiral Jardin soll nach seinem eigenen vernünftigen Urteil verfahren, General. Unterdessen verständigen Sie die NASA-Wissenschaftler, dass sie den Gleiter auf das Genaueste untersuchen. Über die Ergebnisse möchte ich unterrichtet werden. Und noch etwas, General: ich will, dass diese Operation absoluter Geheimhaltung unterliegt.«

»Jawohl, Sir.«

»Sie haben mich verstanden, nicht wahr? Das ist nicht für die Medien bestimmt.«

»Jawohl, Sir.« General Brody legte auf und fluchte. Er konnte es dem Präsidenten nicht verdenken. Während seiner Amtszeit hatte es eine Menge Lecks gegeben, durch die der Presse Indiskretionen zugeflossen waren. Der Sarkasmus war wahrscheinlich verdient.

Brody nahm einen anderen Telefonhörer ab und wählte; dann, während am anderen Ende das Klingelzeichen ertönte, brüllte er: »Sergeant, wo bleibt die Übertragung vom Rettungsmanöver?«

»Sofort, General.« Drei uniformierte Männer rollten einen Farbfernseher in General Brodys Büro. Sie fummelten mit Anschlüssen und Einstellknöpfen herum, und ein Bild entstand. Die Kamera blickte von oben auf das Deck des Bergungsschiffs hinab. Brody sah Wellen gegen die Bordwand schwappen - die See war ruhig.

Ein Kran hob den Raumgleiter aus dem Wasser und an Bord. Die NASA-Kennzeichnung auf den Seiten, die vertikalen und horizontalen Stabilisierungsflossen, die gähnenden Auslassöffnungen der Hauptraketen am plumpen Heck - alles war unverkennbar. Ein hässliches Ding, dachte Brody. Piloten hatten ihm erzählt, dass von Gleiten keine Rede sein könne; der Gleiter habe die gleichen Flugeigenschaften wie ein Stein. Trotzdem waren sie alle bereit, damit zu fliegen. Durch die Streichungen im Budget des Raumfahrtprogramms standen für jede Mission fünf oder mehr Astronauten bereit.

Mit einem dumpfen Schlag setzte der Gleiter auf das Deck auf. Seeleute drängten näher. Brodys Telefon läutete, und er meldete sich, ohne seine Aufmerksamkeit vom Bildschirm abzuwenden.

»Admiral Jardin, Sir«, sagte die Stimme am Telefon.

»Stellen Sie ihn durch«, sagte Brody. Er beobachtete den Raumgleiter auf dem Deck des Bergungsschiffs. Anscheinend getraute sich keiner, das Ding zu öffnen. Zwei weißgekleidete Marineärzte standen vor der Luke, schauten sie an und warteten. Einige Schritte weiter stand Admiral Jardin mit dem Hörer eines Telefons, das von einer Ordonnanz gehalten wurde. Brody sagte: »Ich habe einen Fernsehmonitor, Admiral, und kann Sie jetzt sehen. Wollen Sie das Ding auf machen? Der Präsident sagt, Sie sollten nach Ihrem eigenen Urteil verfahren, aber halten Sie die Reporter fern.«

»Wir machen uns wegen der Quarantäne Gedanken, General«, sagte Admiral Jardin. »Eine Gefahr besteht von beiden Seiten. Das eine ist natürlich, was wir uns von denen da drinnen holen können, aber wenn sie lange Zeit im Raum verbracht haben, sind sie eine sterile Umgebung gewohnt. Was könnten sie sich von uns holen? Hoppla!«

»Wie bitte?«

»Entschuldigen Sie, General. Die Entscheidung liegt nicht mehr bei uns. Wer immer in dem Ding ist, er öffnet die Luke. Können Sie es sehen?«

»Ja.«

Der schwere äußere Lukendeckel öffnete sich sehr langsam. Brody starrte wie gebannt auf den Bildschirm, als der Lukendeckel plötzlich zurückschwang. Eine Leiter wurde herangerollt, und drei Gestalten kletterten heraus. Ein bisschen unbeholfen, dachte Brody. Aber warum nicht? Sie hatten lange Zeit im Zustand der Schwerelosigkeit verbracht. Die Frage war nur, wie hatten sie überleben können? Konnten das Colonel Taylor und seine Leute sein?

Die Astronauten trugen Druckanzüge, Helme mit eingefärbten Sichtscheiben und magnetisierte Überschuhe. In ihren Anzügen muss ihnen wie in einer Sauna zumute sein, dachte Brody. Ein Mann, der ohne zusätzliche Luftkühlung in einem Druckanzug steckte, konnte binnen kurzer Zeit genug Eigenwärme erzeugen, um sich selbst zu Tode zu kochen, weil der Anzug jede Wärmeabstrahlung verhinderte.

Einer der Marineärzte trat vor und zeigte auf die Helme. Die Astronauten nickten und hoben die Hände zu den Schließen, begannen die Sichtscheiben zu öffnen.

»Willkommen an Bord, meine Herren«, sagte Admiral Jardin.

Die Helmvisiere klappten aufwärts. Die Fernsehkamera ging nahe heran, und Brody konnte deutlich die Gesichter in den Helmen sehen. Auch sein Sergeant spähte gespannt in die Bildröhre. Er sah die Astronauten und fing auf einmal an zu lachen. »Affen!«, brüllte er. »Heiliger Strohsack, General, sie haben drei Affen in Raumanzügen gefangen!«

»Admiral«, sagte Brody ins Telefon. Seine Stimme hatte den Klang völliger Verblüffung. »Admiral...«

»Ja, General. Sie sehen es, nicht wahr? Und ich sehe es auch. Keine Frage, unsere Astronauten sind Schimpansen. Ungewöhnlich groß und irgendwie anders als die im Zoo, aber nichtsdestoweniger Schimpansen.«

»Und wo zum Teufel kommen sie her?«, fragte Brody. »Ich werde sie einfach fragen. Soll ich?«

»Admiral, ich muss dem Präsidenten Meldung machen. Ich habe keinen Bedarf für Ihre Scherze.«

»Entschuldigen Sie, General. Nun, haben Sie einen Vorschlag? Diese Entwicklung ist einigermaßen überraschend. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«

»Ich auch nicht. Nun, der Präsident will, dass das Innere des Gleiters gründlich untersucht wird. Unverzüglich. Unterdessen würde ich die - ah, die Passagiere an irgendeinen sicheren Ort bringen. An einen Ort, wo man mit ihnen umzugehen versteht. Haben Sie dort in der Gegend irgendwelche Institute, die mit Menschenaffen arbeiten? Eine Universität, vielleicht?«

»Ja, aber dort wären sie nicht sicher untergebracht, und mit der Geheimhaltung wäre es auch nicht weit her.« Admiral Jardin überlegte eine Weile. »Ich habe einen Freund in der Zooverwaltung von Los Angeles. Ich nehme an, wir könnten sie dort unterbringen, ohne dass jemand davon erfährt. Dennoch sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir diese Geschichte nicht lange werden geheim halten können, General. Die gesamte Schiffsbesatzung weiß Bescheid, und...«

»Ja, ich weiß. Aber der Präsident behält sich die Entscheidung darüber vor, wann er die Neuigkeit bekanntgibt, und wem. Verstehen Sie? Also gut, bringen Sie sie in den Zoo. Das scheint ein geeigneter Ort für Schimpansen zu sein. Besorgen Sie jemand, der sie untersuchen kann. Jemand, der was davon versteht und auf Geheimhaltung verpflichtet werden kann.«

»Die einfachen Sachen sparen Sie für die Marine auf, wie?«, sagte Jardin verdrießlich.

Brody machte am Telefon ein Gesicht. »Sie glauben, Sie hätten Schwierigkeiten, Admiral? Seien Sie froh, dass Sie nicht in meiner Haut stecken; ich muss dem Präsidenten Meldung machen.«

 

 

 

 

  3.

 

 

Admiral George Jardin war nicht glücklich. Das Schlimmste an der ganzen Geschichte war, dass man ihm dieses Ei ins Nest gelegt hatte. Dabei hatten seine Marineeinheiten ihre Sache großartig gemacht. Innerhalb weniger Minuten nach der Meldung, dass ein unangemeldetes Raumfahrzeug vor der Küste niedergehen würde, hatte er eine Kette Marineabfangjäger über dem mutmaßlichen Landegebiet in der Luft gehabt, und außerdem waren zwei Rettungshubschrauber und ein Bergungsschiff zum Schauplatz des Geschehens unterwegs gewesen. Die Hubschraubermannschaften hatten aufblasbare Schwimmkörper am Raumgleiter befestigt, um ihn aufrecht und über Wasser zu halten. Das Bergungsschiff war längsseits gekommen und hatte das Raumfahrzeug an Bord gehievt. Alles war wie am Schnürchen gelaufen, als ob die Wasserung seit Wochen geplant gewesen wäre, und er hätte auf das reibungslos gelungene Manöver stolz sein können - hätte sich nicht herausgestellt, dass die Astronauten Affen waren. Ihn schauderte. Wie waren sie in das Raumschiff gekommen? Er wandte sich zu seinem Adjutanten. »Wo haben wir sie jetzt?«, fragte er.

»In der Offiziersmesse, Sir«, sagte Korvettenkapitän Hartley. »Wir hatten sie im Bordlazarett, aber dort gibt es zu viele Dinge, die sie in die Finger kriegen könnten.«

»Ich möchte wetten, dass die Schiffsoffiziere beglückt darüber sind, Affen in ihrer Messe zu haben. Hat jemand Einwendungen gemacht?«

»Nein, Sir.« Wie könnte jemand Einwendungen machen? fragte sich Hartley. Bei der Marine wurde nie jemand gefragt, ob ihm etwas gefiel oder nicht; von oben kamen Befehle, und das war das.

»Haben Sie mit dem Zoo Verbindung bekommen?«

»Jawohl, Sir«, sagte Hartley. »Die Leute sind bereit. Alle Sicherheitsvorkehrungen sind getroffen. Die Affen können in die Krankenstation. Dort haben sie zurzeit einen verletzten Fuchs, einen Hirsch mit Lungenentzündung und einen depressiven Gorilla, der seinen Partner verloren hat. Die Affen werden für das Publikum unsichtbar in Quarantäne sein, und es stehen alle Einrichtungen für veterinärmedizinische und tierpsychologische Untersuchungen zur Verfügung.«

»Klingt gut.« Jardin ging um den Kartentisch und nahm den Telefonhörer. »Brücke? Richten Sie dem Skipper meine Grüße aus, und er soll bitte Kurs auf die Marinestation Long Beach nehmen.« Er wandte sich wieder seinem Adjutanten zu. »Haben Sie schon die Experten gefunden?«

»Sir, an der Universität von Santa Monica arbeiten ein paar Tierpsychologen, deren Forschungsprojekte von der Armee finanziert werden. Ich habe veranlasst, dass sie verpflichtet werden und morgen früh mit den Affen anfangen.«

»Gut«, sagte Jardin. »Hat jemand daran gedacht, diese Affen zu füttern? Der Koch müsste ein paar Steaks auftreiben können - die Frage ist nur, roh oder gebraten?«

»Sir, soviel ich weiß, sind Schimpansen überwiegend Vegetarier.«

»Ach so. Nun, wir können sie nicht verhungern lassen.«

»Natürlich nicht, Sir. Ich habe mir vom Koch einen Beutel voll Orangen geben lassen. Die wollte ich den Affen bringen, sobald wir hier fertig wären.«

Der Admiral lachte. »Sie denken aber auch an alles, Hartley.« Gemeinsam gingen sie durch das Schiff und erreichten über zwei Niedergänge die Offiziersmesse. Ein Wachtposten stand vor der Tür.

»Sind die Affen allein da drinnen, Korporal?«, fragte Admiral Jardin.

»Nein, Sir, zu Befehl. Der Schiffsarzt ist bei ihnen, Sir. Aber...«

»Was aber, Korporal?«

Der Mann errötete verlegen. »Sie sollten sich diese Affen selbst ansehen, Sir. Sie sind nicht normal, Sir. Nicht wie die Affen im Zoo, Sir.«

Dr. Gordon Ashmead, der Schiffsarzt, stand in einer Ecke der Offiziersmesse und starrte wortlos die Schimpansen an. Die drei Affen saßen an einem Tisch. Auf dem Boden neben ihnen stand ein großer Koffer, und dahinter lagen drei Druckanzüge ausgebreitet. Als der Admiral eintrat, standen zwei der Schimpansen auf, als ob ihnen die militärischen Bräuche bei der Marine bekannt wären. Der dritte Schimpanse war gerade im Begriff, eine Art Bademantel zu schließen.

»Entschuldigen Sie«, sagte Admiral Jardin. »Ich wollte nicht - lieber Himmel, was rede ich da?« Er blickte von den Affen zu Ashmead. »Ah, gut dass Sie da sind, Korvettenkapitän«, sagte er. »Ich sehe, Sie haben ihnen schon die Anzüge ausgezogen.«

»Nein, Sir. Das haben sie selbst getan.«

»Was?« Jardin runzelte die Brauen. Es war nicht so einfach, aus einem Druckanzug zu steigen. Sie hatten Dutzende von Schnallen und Spangen, die geöffnet werden mussten. »Ohne Hilfe?«

»Sie halfen einander, Sir.«

»Und nun spielen sie Anziehen«, sagte Jardins Adjutant.

»Spielen, zum Teufel«, erwiderte der Admiral. »Sie ziehen sich an. Doktor, wo haben die Affen diese Kleider her?«

»Sie haben sie mitgebracht, Sir. In diesem Koffer.«

»Augenblick!« protestierte Jardin. »Sie wollen mir also erzählen, dass die drei Affen aus der Raumkapsel diesen Koffer hierhergebracht, ihre Druckanzüge ausgezogen und passende Kleider aus dem Koffer

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Jerry Pournelle/Apex-Verlag. Published by arrangement with 20th Century Fox/Universal-Award-House.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Zasu Menil.
Übersetzung: Walter Brumm und Christian Dörge (OT: Escape From The Planet Of The Apes).
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 07.09.2018
ISBN: 978-3-7438-8018-4

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