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Leseprobe

 

 

 

ROLF KROHN

 

 

AUF DEN ANDEREN UFERN

DER NACHT

 

 

 

 

Phantastische Erzählungen

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Der Autor 

Das Buch 

 

In fremder Zeit... 

FLUCHT 

BEISTAND 

 

Auf fremder Welt... 

BIS ANS ENDE DER WELT – UND WEITER! 

MUTARAKOR 

 

In fremder Hand... 

DONNERSTEIN 

VICTORIA 

AUF DEM ANDEREN UFER DER NACHT 

 

Der Autor

Rolf Krohn, Jahrgang 1949.

 

Rolf Krohn ist ein deutscher Schriftsteller, der bevorzugt Science Fiction, Phantastik, Krimis, historische Literatur und Märchen verfasst. Seine Schwerpunkte im Bereich historischer Literatur liegen in den Themenkreisen Alter Orient, Römisches Reich, Mittelalter (hier insbesondere: das Königreich Andalusien) sowie in der Regionalgeschichte von Sachsen-Anhalt.

Nach einer Chemiearbeiterlehre mit Abitur begann Rolf Krohn 1969 ein Physikstudium an der Technischen Universität in Dresden. Im Jahr 1973 wurde Rolf Krohn aus politischen Gründen exmatrikuliert. Er arbeitete danach als Chemiearbeiter, später als Nachtwächter in Halle.

Seine schriftstellerische Tätigkeit begann 1975 mit der Veröffentlichung von Erzählungen und Romanen, u.a. mit der Erählung Das Mädchen von Ninive, die in der Anthologie Der Mann vom Anti erschien. Es folgte zahlreiche weitere Veröffentlichungen wie z.B. Das Grab der Legionen (1978), Das Labyrinth von Kalliste (1983), Begegnung im Nebel (1985), Hannibals Rache (1989), Schatten über der Saale (2000), Das dunkle Bild der Liebe (2005), Mord für die Macht (2007), Bunte Lichter (2013) und Sherlock Holmes und die Farben des Verbrechens (2016).

In den Jahren 1990 bis 1992 schloss Rolf Krohn sein Studium der Physik an der TU Dresden ab. Von 2003 bis 2004 arbeitete er als Stadtschreiber von Halle.

Rolf Krohn lebt und arbeitet in Halle/Saale.

  Das Buch

 

Nacht steht für das Unbekannte und darum auch Ängstigende.

Schon H. P. Lovecraft sagte: »Das älteste und stärkste Gefühl des Menschen ist die Furcht, und die älteste und stärkste Furcht ist die Furcht vor dem Unbekannten.« Wer sich dorthin wagt, braucht Mut. Wohin wird er gelangen? Welche Ufer begrenzen die Nacht?

Statt in vertrautem Land kann der Leser auf dem Boden einer anderen Zeit stehen - im Spanien der Maurenzeit beispielsweise -, eventuell auch jäh in einer völlig fremden Welt - nichts ist dort wie daheim, manches aber lebensgefährlich. Fände er sich immerhin noch auf Erden, so doch vielleicht in der Hand unbekannter Kräfte. Wirken diese zum Guten oder zum Bösen?

Sieben Erzählungen, sieben Wege durchs Unbekannte zum Ungewissen.

In fremder Zeit...

 

 

  FLUCHT

 

 

 

Hinterher vermochte niemand genau zu sagen, wie es eigentlich dazu gekommen war. Desto klarer sprachen die Tatsachen: Beide Aufseher lagen in ihrem Blut.

Entsetzt starrten die Sklaven - auch die, deren Hände die Hacken geführt hatten - erst die Toten und danach einander an. Was nun? Es gab keinen gewählten oder selbst ernannten Anführer, viel weniger existierte ein wohlerwogener Plan. Stattdessen hatte sich ein schrecklicher Abgrund geöffnet, denn ein jeder wusste, was geschehen musste, wenn die Sklavengruppe abends nicht im Gut eintraf: Dann bestieg die Leibwache des großmächtigen Herrn Ilani die Pferde. Eine halbe Stunde später wäre sie hier. Ein Blick auf die Erschlagenen genügte. Unterstützt von Bluthunden und geschult durch jahrelange Erfahrung... Wehe jedem Ergriffenen! Um minderer Dinge willen waren Sklaven gepfählt oder zerpeitscht worden.

Bark raufte sich das zweifingerbreit geschorene Haar. Freilich war es ein schlimmes Schicksal, Sklave zu sein; immerhin lebte man, war nicht wie die Vielen niedergemacht worden, als damals das assyrische Heer die Heimat überrannte. Und nun sollte alles vorbei sein - bloß weil sich Hitzköpfe gegen das Unvermeidliche empörten? Selbstverständlich hatte er nicht zugeschlagen. Doch schirmte ihn das? Der erzürnte Gebieter würde einfach alle schuldig nennen.

Mochten dann sämtliche Götter gnädig sein!

»Was jetzt?« Er wisperte. Schreien hätten sie können, doch die Angst starb langsamer als ihre Wächter. Was würde Herr Ilani tun? Was er bereits getan hatte, wusste jeder. »Die auf den Pfahl, jenen die Haut abziehen, die Übrigen unter die Knute!«

»Fliehen?« Jemand sagte es tastend und voller Zweifel. »Wohin? Assyriens Macht reicht vom Meer im Westen bis zum Meer im Osten. Weit kämen wir nicht.«

»Ich beuge mich dem Willen des Gebieters. Nicht meine Hand berührte seine Diener!«, sprach ein zweiter müde.

»Meine etwa?«

»Oder meine?«, brüllten andere.

Bark hörte das voller Unbehagen. Würden die beiden Perser nachher vortreten und reuig ihre Schuld gestehen? Wer mordete, der log auch. - Selbst wenn - nahmen sich die Söldner Muße, lange zu fragen? Wo die Dinge dermaßen klar lagen, musste ein Wunder geschehen, dass einer von ihnen am Leben blieb. Was galten dem gnädigen Herrn zwanzig Kriegsgefangene? Schwerlich mehr als ein Achselzucken.

»Feiglinge seid ihr, und Knechtsseelen!« Der eine Perser hob den Kopf. »Kommt mit mir! Wir überrumpeln das Gut und befreien die übrigen Sklaven. Waffen liegen dort. Zusammen sind wir stärker als zu zweit, jedenfalls stark genug, um uns gemeinsam heimzukämpfen.«

»Dich haben die Götter mit Wahnsinn geschlagen! Offene Rebellion gegen die Leibwache? Mann, das sind Krieger, das sind richtige assyrische Soldaten. Ihre Pfeile treffen immer und überallhin. Was die mit Schwert und Lanze ausrichten können! Wie Hasen würden sie uns abschießen.«

»Kämpfen? So etwas tue nur allein.«

Der Streit dauerte lange. Schließlich trennten sich die Sklaven. Fünf folgten den Persern, um das Unmögliche zu wagen. Die meisten setzten sich in den Schatten der Sträucher am Kanal und starrten der sinkenden Sonne nach. Sobald sie die Erde berührte, kamen die Reiter - und vielleicht ließen sie doch Gnade vor Recht walten?

Nur zwei wählten die Flucht. Bark kannte seinen Gefährten als zäh und bedachtsam, und er erinnerte sich jetzt des Namens: Sardur. So schnell die Beine sie trugen, rannten die beiden, um weit vom Ort der Tat zu sein, wenn die Hetzjagd begann.

Das Land war ihnen unbekannt. Sie wussten einzig, dass die Nordgrenze am nächsten lag. Mit den Bergen begann der Staat Nairi. Selbst Sklaven hatten gehört, wie feind er den Assyrerkönigen in Ninive war. Ob man Entsprungene deshalb schonte? Mochten sie auch Sklaven bleiben - schlimmer konnte es kaum werden, und an Auslieferung glaubten beide nicht.

»Nordwärts!«, lautete die Devise - und einen weiten Bogen um jede Ortschaft. Hoffentlich halfen ihnen andere Feldsklaven, sei es mit einem bisschen Brot.

 

***

 

Als die Sonnenstrahlen gänzlich verloschen, befanden sich Bark und Sardur in einem felsigen Tal. Die Berge von Nairi ragten schon nahe in den Himmel. Hingegen sah das Land dürr aus. Der nördlichste Bewässerungskanal lag weit hinter ihnen. Ob sie bald Quellen oder gar einen Bach fanden, war höchst fraglich, weil sie sich ja nicht auskannten. Obendrein siedelte man bestimmt an jeder Wasserstelle.

»Wir müssen ausruhen.«

Bark schwieg. Sein Gefährte hatte Recht. Ihre Kräfte gingen zur Neige. Kaum konnten sie einen Fuß vor den anderen setzen. - Immerhin mussten die Verfolger ebenso rasten. Nachts regierten die Dämonen, auch sah man die Spuren nicht.

Sardur hob die zernarbten Schultern und brummte. Er stammte aus Nairi, freilich aus einer entlegenen Provinz. Durch dies Land hatte man ihn als Sklaven nach Ninive getrieben. »Erst wenn die Felsen viel höher sind, sind wir in Sicherheit; übermorgen, denke ich. Hier ist bestimmt noch assyrisches Gebiet.«

»Ob sie uns kriegen?«

»Wenn Herrn Ilanis Leibwächter nicht gleich merken, dass wir einen Haken geschlagen haben, gewinnen wir genug Vorsprung. Ohne Hunde finden sie uns sowieso nicht. Höchstens dass wir einer Grenzstreife in die Arme laufen. Dann...«

Unnötig den Satz zu beenden. Bark kannte das Dann. Trotzdem mussten sie ruhen, um morgen einen desto weiteren Weg zurückzulegen. Das unwirtliche Land bot Verstecke, es mochte die Verfolger in die Irre führen. Vielleicht.

»Gehen wir bis zum Ausgang dieser Schlucht. Ich will wissen, wohin sie führt.«

Sardur nickte stumm. Sie rafften sich auf. Der niedrigstehende Mond und Strecken voll groben Gerölls behinderten die beiden. Später verengte sich die Talsenke und sperrte das Mondlicht schließlich aus.

»Ich kann nicht mehr.«

»Noch hinter die Biegung.«

Sie erreichten den Vorsprung und erstarrten. Nicht einmal fluchen oder schreien konnten die heiseren Kehlen, so sehr lähmte sie der Schreck.

Wie zum Hohn schien der Mond geradewegs auf das abrupte Ende der Schlucht. Vor ihnen lag ein wohl hundert Schritt im Geviert messender Kessel, dessen einziger Zugang das Tal war.

»Bei Assur, dem Herrn Assyriens!«

»All ihr Götter, wohin habt ihr uns geführt?«

Sardur erwies sich als der Nüchternere. Mit einem stummen Fluch zwang er die Bitternis nieder. »Es muss einen Weg bergauf geben, irgendwo. Morgen suchen wir.«

Bark wimmerte leise. Eine Falle! Kämen die Verfolger jetzt, hätten sie leichtes Spiel.

»Schluss! Wir schlafen!«

In einer Nische streckten sie die schmerzenden Glieder aus.

 

***

 

Ein merkwürdiger Laut ließ sie hochfahren. Keiner der beiden konnte ihn beschreiben, so laut und dennoch dermaßen kurz war er aufgeklungen.

Wie lange hatten sie geschlafen? Zehn Atemzüge lang? Oder dämmerte bald der Morgen? Der Mond war jedenfalls untergegangen, nur der Schimmer der Sterne bedeckte alles.

»Ein Stein hat sich gelöst«, murmelte Bark, um es selbst zu glauben.

‚Das wäre ein anderes Geräusch!‘

Beide dachten es, keiner sprach es aus.

Trotz des Argwohns wollten sie sich wieder hinlegen, da ließ ein jähes Licht sie herumfahren.

»Sieh doch! Um der Götter willen, was ist das?«

Am Knick der Schlucht leuchtete eine flimmernd hellgrüne Kugel. Sie schwebte wie ein Kugelblitz, war aber viel größer und erhellte steinwurfweit die Nacht.

Der schreckensstarre Sardur blieb seinem Gefährten die Antwort schuldig. Erst nach manchem Atemzug keuchte er: »Dämonen, Geister, womöglich Götter - fort!«

Bark drehte sich um. Hinter ihnen lag der Felsenkessel, aus dem kein Pfad führte. Außerdem vermochte er keinen klaren Gedanken zu fassen, wie viel weniger einen Entschluss.

»Was ist das?!«

Bark erhielt wieder keine Antwort. Entsetzt blickten beide das glimmende Etwas an.

Die Kugel schwebte mannshoch über der Erde, erbebte unversehens, streckte Spinnenbeine aus und stand fest auf dem Boden. Das Leuchten verlosch zu Phosphoreszenz.

Bark fürchtete sich zu bleiben; doch zehnmal ärger erschien ihm, sich zu regen, um in den Hintergrund des Kessels zu fliehen. Welchen Sinn hätte das auch! Etwas anderes begriff er desto genauer: Jetzt vergalten die Unnennbaren den Frevel. Nie hätte eine Hand gegen die gesetzmäßigen Gebieter erhoben werden dürfen. Und nicht genug, dass Sklaven gegen das Recht verstießen, nun versuchten sie gar der angemessenen Sühne zu entfliehen! Das schrie nach Strafe; und weil die Reiter der Leibwache nicht rasch kamen, schlugen Assyriens Götter eigenhändig zu.

Aus der Kugel schoss ein rötlicher Lichtstrahl. Anfangs pendelte er wie ein Strohhalm im Wind, dann hatte er den reglos gebeugten Bark erfasst. Einen Augenblick später stand Sardur im zinnoberfarbenen Schimmer eines zweiten Kegels.

»Kommt näher!«

Wie das? Jemand sprach sie an, und doch schwor jeder im Stillen, keine Stimme gehört zu haben. Urplötzlich war der Befehl in ihnen.

»Kommt!«

Einem Gott widersprechen? Undenkbar. Verängstigt taten sie ein paar Schritte, bis die Furcht eine neue Grenze setzte.

»Ich grüße euch.«

Wahrlich, niemand redete; trotzdem hörten beide die Worte! Ein Schauer durchflog sie. Welchen Dialekt benutzte der Gott eigentlich? Assyrisch? Persisch?

»Wer seid ihr?«

»Bark heiße ich...« »Und ich Sardur.«

»Wessen Vieh seid ihr?«

»Wir gehören dem edlen Herrn Ilani.« Vieh war das rechte Wort. Sardur hatte bereits vergessen, dass sie entflohen waren. Vorbei!

»So.« In der Antwort des Gottes schwebte Zweifel. »So.« Wie er das sagte... Wusste er etwa nichts vom Geschehenen? Konnte das sein?

Die Kugel klaffte wie eine riesige Knospe. Blütenblättern gleich bogen sich die Seitenteile nach außen. Vor den Flüchtlingen stand eine Gestalt... Ein Alptraum! Umsonst bargen sie sogleich die Augen in den Händen. Allzu tief hatte sich das Schreckensbild bereits in ihr Gedächtnis gegraben.

»Warum erzittert ihr vor meinem Anblick?«

Endlich begriff Bark. Der Gott redete gar nicht - seine Worte erschienen in ihnen wie mit feuriger Schrift geschrieben. Ein Übermächtiger befahl ihnen, so zu denken.

»Ist meine Gestalt euch unvertraut?«

Welche Frage! Konnte ein Unsterblicher derart aussehen? Groß zwar von Gestalt, aber geformt wie eine riesige Eidechse, nur dass die nicht auf den Hinterbeinen zu stehen vermochten. Ein gezackter Rückenkamm bis hoch auf den Hinterkopf, kleine Arme mit geschmeidigen Fingern und stampfende, stumpfkrallige Beine, dazu der dicke Stützschwanz... Unvertraut? Mit seltsamer Sicherheit wusste Bark, dass erst der Tod diese grässliche Vision aus seinen Träumen streichen würde.

»Habt ihr denn nie meinesgleichen gesehen?« Etwas wie Sorge färbte die stummen Worte. »Zu keiner Zeit?«

»Nein«, erwiderte Sardur mit brüchiger Stimme. »Großer Gott, dessen Name uns unbekannt ist, vergib zwei dummen Sklaven!«

»Das heißt, ich bin verloren!« So angstvoll klang der Ruf, dass die Flüchtlinge unsicher wurden. Wie denn - verloren? Ein höheres Wesen, ein Unsterblicher? Was meinte der Eidechsen-Gott?

»Ich hielt euch für halbintelligente Haustiere im Dienst eines meiner fernen Nachkommen. - Da ihr aber vor meiner Gestalt zurückschreckt, muss sich eine Katastrophe ereignet haben.«

»Wir verstehen dich nicht, Erhabener!«

»Gleicht mir nichts auf Erden?«

»Nein, das heißt...« Bark beendete den Satz nicht. Einen Gott mit den Sandechsen, den Waranen, zu vergleichen, das bedeutete, mit unfehlbarer Sicherheit seinen Zorn auf sich zu ziehen. Ihre Lage war bereits schlimm, weil die Verfolger bei Tagesanbruch aufsitzen und herreiten würden. Diesmal konnten sie nirgendwohin flüchten.

»Sprich doch!« Statt eines Befehls färbte ängstliches Drängen die lautlose Stimme.

»Verzeih uns gütig, großer Gott, aber... Es ist so unmöglich! Ich habe Angst, du könntest zürnen.«

»Befürchte nichts, rede!«

»Es gibt Sandechsen...« Zögernd und von Fragen angetrieben, schilderte Bark das bisschen, was er wusste.

»Das ist nicht wahr! Das darf einfach nicht wahr sein!«

Der stumme Schrei übermannte beide. Hatten sie etwas Kränkendes gesagt? Die Strafe würde rasch kommen. Mächtige zauderten selten damit. - Denn eine Klage... Es konnte nicht sein, dass ein Unsterblicher so trauerte.

»Alles ist aus. Verspielt. Tot und vergessen sind sie alle!«

Niemals würde Bark gefragt haben, wer sie waren. Doch da das rötliche Licht seine Miene erhellte, las der Gott wohl die unausgesprochene Frage vom Gesicht ab.

»Wollt ihr wissen, was geschah?«

Sie sagten weder ja noch nein. Zu beidem fehlte der Mut.

»Ich weiß nur den Anfang. Grässliches muss gefolgt sein.

Vor langer, langer Zeit lebten in diesem Landstrich die Meinen. Die, die so aussahen wie ich. Versteht ihr?«

Gegen ihre Überzeugung nickten beide. Sich auszumalen, dass Unsterbliche eine derartige Zerrgestalt besaßen, war unmöglich. Die abscheulichste aller schrecklichen Gottesbeleidigungen war das.

»Eine Gefahr bedrohte uns alle. Auf der Sonne spielten sich Prozesse ab, an denen wir zum großen Teil schuld waren...

Ach, ich merke, ihr begreift nicht. Einfacher also: Die Sonne trübte sich, sie strahlte matter als sonst.

Meine Brüder kämpften dagegen. Ich weiß keine Worte, um euch zu sagen, wie sie das taten. Doch je mehr sie taten, desto Schlimmeres geschah. Das Licht verfärbte sich, flackerte und drohte ganz zu verlöschen.

Wir fochten ums Leben. Ich aber war feige. Heute gebe ich das zu. Abwarten wollte ich und später - wenn alles vorbei war - weiterleben. Kampf sagte mir nicht zu.«

Bark spürte einen Stich. Was schmerzte ihn an dieser Feststellung? Da er keinen Ansatz fand, ergriff er das Motiv, das er verstand: Er fürchtete die Offenherzigkeit. Würde der Gott sie töten, damit niemand von dieser schwachen Stunde erfuhr?

»Ich legte mich in diesen Apparat da«- eine Pranke des Wesens deutete auf die aufgefaltete spinnenbeinige Kugel -»und schlief viele, viele Sommer lang. Bedeutend länger, als ein Baum lebt. Seit ich die Augen schloss, mögen Berge entstanden und versunken sein.

Ich meinte schlau zu sein, als ich den Sucher auf einen Mindestintellekt einstellte - ein Narr war ich. Ich verschlief den letzten Kampf der Meinen. Ihnen helfen musste ich! Doch das versteht ihr nicht. Ich hätte... Doch umsonst alles hätte und müsste!« 

»Herr, wir dienen dir. Was sollen wir tun?«

»Ihr meint es gut, aber wir sind einander fremd. Ich bin so viele Menschenleben älter, als diese Wüste Sandkörner kennt. Die Meinen sind vergangen und vergessen. Ich floh vor dem Tod, er hat mich eingeholt.«

Warum weinte der Gott? Wozu der lange Schlaf? Was war ein Sucher? Barks Gedanken drehten sich im Kreis, und immer wieder fanden sie die Formulierung: »Ich floh vor dem Tod...«

»Verspielt«, seufzte das Wesen.

»Kehre zurück zu den Deinen, großer Gott! Siehe, es ist eines Unsterblichen unwürdig zu weinen.«

»Hinab in die Vergangenheit führt kein Weg. - Du hast trotzdem recht, Bark. Für das Getane und Unterlassene muss man einstehen. Ich werde nicht weinen, sondern warten, bis ihr mich braucht.«

Damit konnte der Sklave wenig anfangen. Er schwieg.

»Wenn ich euch sehe und höre, wird das noch lange dauern, tausend oder zweitausend Jahre...

Bevor wir uns trennen - kann ich etwas für euch tun?«

Das Fabelwesen mit dem Echsenkörper wartete auf die Antwort, denn weder Bark noch Sardur wagten vom Geschehenen zu reden. Dabei drängte die Zeit. Als rötlichgrauer Streifen zeichnete der Tag die Berge im Osten nach. Bald kamen Ilanis Reiter, und alles war vorbei und die Mühsal umsonst.

»Wenn du uns retten könntest?«

»Retten?! Wovor?«

Abwechselnd erklärten sie, warum sie flohen, und versicherten mehrmals, dass ja nicht sie die Aufseher getötet hatten; für die Tat der Perser aber würde man auch sie richten.

»...nun versuchen wir die Grenze zu erreichen«, endete Bark. »Deine Hilfe kann uns vor dem Tod bewahren, gnädiger, gütiger Gott.«

»Ich bin kein Gott. - Lieber wäre mir, ihr hättet euch zur Wehr gesetzt. Jene anderen achte ich, auch wenn sie wohl umkommen werden. Doch wie sollt ihr das einsehen!

Euch helfen? Wie? Womit? Mein Gefährt vermag sich nur wenig zu bewegen... Etwas kann ich tun! Flieht weiter! Ich warte hier bis zum Mittag, und falls bis dahin Verfolger geritten kommen, verscheucht mein Anblick sie. Man wird euch für tot halten.«

Bark warf sich zu Boden und küsste die trockenen Steine.

»Eilt! Ich wünsche euch Erfolg. Doch bedenkt ein andermal, dass die Flucht allemal die zweitbeste Maßnahme ist, solange man sich irgendwie wehren kann. Auch ich hatte das vergessen.«

 

***

 

Die Blütenblätter schlossen sich um den Eidechsen-Gott. Zurück blieb nur eine eisenschimmernde Kugel auf Spinnenbeinen.

Rascher als sie wollten, erkletterten die Sklaven den Hang. Bei aller Dankbarkeit, wenigstens brauchten sie dem schrecklich aussehenden Gott nicht ins Gesicht zu sehen. Selbst eine reichliche Portion Essen hätte sie nicht gehalten.

»Was meinte er?«, fragte Bark. »Er achtet die Perser mehr? Es ist doch aussichtslos, gegen die Leibwachen zu kämpfen. Assyriens Soldaten sind die besten auf Erden. Immer wird Ninive die Welt regieren.«

Sardurs Gedanken waren auf demselben Weg anderswo angelangt. »Wir hätten zumindest Waffen für den Heimweg holen sollen. Uns Waffenlose kann jeder Strolch überwältigen.«

Bark schwieg. Was nützte die Einsicht jetzt? Es war zu spät, die getroffene Entscheidung umzustoßen.

Die Sonne stieg empor und höher. Bald würde sich zeigen, ob die Verfolger kamen. Oder andere. Oder sonst jemand.

Die zwei Flüchtlinge taumelten weiter, ihrem kaum ungewissen Schicksal entgegen; und sie wehrten sich gegen die Ahnung, den falschen Weg gewählt zu haben.

 

 

  BEISTAND

 

 

Im Namen des Allerbarmers! Preis Ihm, der nie stirbt!

Obwohl der Unwürdigsten einer, will ich mit Allahs Hilfe zu erzählen versuchen, was mir, Ismail ibn Taschfin aus Cordoba, widerfuhr, auf dass ihr, meine Söhne, meinen Letzten Willen nicht nur befolgt. sondern auch versteht. Denn: Nicht immer war ich der erfolgreiche Edelerzgräber. Ich habe nie davon gesprochen. Einmal aber muss jedes Schweigen gebrochen werden - heute.

 

 

Spanien

 

Damals führte ich für meinen Oheim Abu Jussuf eine Karawane ins spanische Hochland. Sie sollte den Ungläubigen bringen, was diesen abgeht: die Segnungen der Kultur. Handfeste Männer begleiteten uns, denn es ist ja allgemein bekannt, wie gern jene Verirrten rauben, wonach ihnen der Sinn steht.

An jenem Abend ging die Sonne in rotem Staubnebel unter. Ich fürchtete einen Wetterumschlag. Hier oben konnte bereits im Frühherbst Eiswind wehen.

»Was hältst du davon, Achmed?«

Der Anführer meines Geleits wiegte den Kopf. »Das Wetter... Es ist nicht so, dass ich kein Auge schließen mag. Grund zur Besorgnis besteht erst, wenn sich Wolken ballen.«

»Wecke mich trotzdem, sobald sich etwas am Himmel oder auf Erden verändert.«

Der lange Hauptmann verneigte sich. »Wie du befiehlst. Doch uns droht keine Gefahr.«

»Wenn man von den Kastiliern absieht«, versetzte ich.

»Auch Spaniens Pest muss irgendwo wohnen.«

»Jeder, wohin er passt. Ich möchte hier nicht begraben sein!«

Achmed strich den Bart. »Nicht einmal diese ungastlichen Gefilde werden sie behalten. Im Frühjahr wird die Hohe Exzellenz des Wesirs bestimmt wieder gegen sie ziehen und ihnen diese oder jene Burg wegnehmen.«

Ganz Andalusien kannte Abu Amir al-Mansurs verbissenen Eifer. Ich nickte lediglich.

»Es war schon zu Zeiten der Römer eine unbotmäßige Gegend.«

Nicht Achmed hatte das Wort ergriffen; unser Hauptmann zeigte allzu deutlich, dass er schon zu viel gesagt zu haben meinte. - Es war Musa al-Maghrabi. Ganz Spanien wollte er durchwandern; und meiner Karawane hatte er sich in Alicante angeschlossen, um als vorletzte Region das Hochland am Duero kennenzulernen. »Sie sahen die Unmöglichkeit ein, jene Leute zu unterwerfen. Wer dort nicht leben kann, geht bald wieder. Auch ihr. Oder möchtest du einen Hochlandwinter durchstehen?«

»Allah bewahre mich!«

»Nun also. Neue Gesetzlose werden einsickern und ein anderes, keinesfalls friedlicheres Kastilien schaffen.«

Das war nur zu wahr; aber vielleicht musste man aus dem Brunnen der Philosophie getrunken haben, um so zu denken. Wir hatten manche Stunde miteinander geplaudert; ich mochte diesen Mann und seine überzeugenden Erklärungen. »Allah gebe dir eine ruhige Nachtwache, Achmed! Und auch dir, Bruder aller Meilensteine.«

Der Hauptmann berührte mit den Fingern Stirn, Mund und Herz und begab sich zu den Seinen.

»Mag die Nacht dir leicht werden, Vater des Barts.« Musa schnürte ein Bündel auf und suchte einen windgeschützten Platz zwischen den Packen. Man merkte, er war all das gewohnt.

Einer Respektsperson wie mir gebührte ein freilich kleines Zelt. Weil es darin so stickig war, setzte ich mich nach dem Nachtgebet noch ins Freie und bewunderte - wie der neugierige Landwanderer gegen einen Sattel gelehnt - eine Zeit lang das Firmament.

Wie klar die Sterne strahlten, bedeutend heller als daheim! Wer hatte mir gesagt, hier oben sei man ihnen um ein gutes Stück näher? Bestimmt Musa al-Maghrabi. Solch eine treffende Formulierung passte zu ihm. In den drei Wochen der Reise war er mir lieb geworden. Schade, morgen würden wir uns trennen. Wir stiegen dann nordwärts ins Tal eines Ebrozuflusses hinab, er wandte sich gen Sonnenuntergang.

Ich hatte die Medrese besucht und dort neben der Arithmetik auch etwas Astronomie gelernt. Die meisten Sterne sind weiß, aber manche farbig. Eine Handvoll bewegt sich, wieder andere... Oh!

Ein feiner rötlicher Punkt glitt von Osten über das Firmament. Rasch ein Wunsch... Gute Heimkehr! 

Die Sternschnuppe verlosch nicht gleich, nur langsamer wurde sie. Ihr Licht schien sich dagegen zu verstärken, bis sie im Westen aus meinem Blickfeld verschwand.

Ein gutes Omen! Blieb noch, ins Zelt zu kriechen, mich in die Decke zu wickeln und einzuschlafen.

 

***

 

Eisenklirren und Schreie rissen mich aus dem Traum. Ich fuhr hoch. Wo? Was? Endlich begriff ich, nahm das Krummschwert aus meinem Gepäck und kroch ins Freie. Im matten Schein der Mondsichel und zweier müder Feuer kämpften unsere Krieger gegen eine Horde vermummter Kerle. Zwei Fremde hatten sich auf Achmed geworfen, zwischen den Zelten nahte ein dritter.

»Allah akbar!« Ich zückte die Klinge und stellte mich diesem in den Weg. Jetzt waren wir zwei gegen drei.

»Kastilier!«, brüllte der Hauptmann. »Die zweite Wache hat sie zu spät gemeldet.«

Achmed focht viel besser als ich. Sein Schwert blitzte wie ein Lichtstrahl, und immer wieder zwang er die beiden zurückzuspringen. Einer war bereits verletzt, ich gewahrte das aufgefetzte Gewand und dunkle Flecken darin. - Ich dagegen erwehrte mich mühsam des Dritten.

Offenbar wich ein Angreifer zu ungelenk aus; die Damaszenerklinge traf ihn, und schreiend fiel er vornüber. Der zweite kämpfte noch eine Weile, um jäh zu Boden zu sinken. Daraufhin ergriff mein Gegner die Flucht.

»Gelobt sei...«

»Gib acht, Herr!«, rief Achmed. Pfeile schwirrten heran und vorbei. Fast gleichzeitig näherten sich Schatten - weitere Feinde.

Er stieß mich hinter mein Zelt. »Erst mal... Aaah!«

Ich fuhr herum und sah ihn umsinken, einen Pfeil im Rücken. »Da ist kein Gott außer Allah...«, murmelte er noch, dann erschlaffte seine Hand in der meinen.

»Flieh mit mir!«, zischte es hinter mir. »Ihm kann niemand mehr helfen, aber vielleicht rette ich wenigstens dich und danke dir dadurch für die vielen Stunden Gespräch.«

»Wer?« Ich blickte mich um.

In den Schatten geduckt, schnürte al-Maghrabi seine Sachen zusammen. »Deine Karawane ist verloren. Lass fahren, was nicht zu halten ist, bewahre das Leben!« Er warf mir einen Packen zu und ergriff einige Decken. »Hinter mir her, und laufe, was du kannst!«

Musa musste sich längst umgesehen haben, denn ohne zu zaudern, eilte er auf einen Hügeleinschnitt zu. Die Nacht stand uns bei. Zwar hörten wir Bogensehnen hell singen, und einmal surrte es schrecklich nah, aber kein Geschoss traf.

Dem Tal folgte ein anderes, ein drittes, ein viertes.

Irgendwann konnte ich kein Bein mehr bewegen. »Warte, Musa!«, keuchte ich. Zugleich erlahmten die Kräfte vollends, ich taumelte nieder.

Nicht dass ich nichts von mir gewusst hätte - die Dunkelheit ringsum vertiefte sich nur, und alle Laute klangen unendlich fern und immer leiser.

Hatte ich wenige Atemzüge lang gelegen? Oder eine volle Stunde? Jedenfalls flößte Musa mir einen bitteren Extrakt ein, der wie Feuer in allen Adern brannte. Meine Lebensgeister regten sich wieder.

»Gepriesen sei der Eine! Wo sind wir?«

Der Reisende lachte gezwungen. »Im Kastilischen Hochland.«

»Sei doch ernst! Sind sie hinter uns her?«

»Im Moment nicht. Sie plündern. Tags sieht man auch die Spuren besser.« In der Ferne bellte ein Hund. »Hörst du? Damit finden sie uns leicht. - So glauben sie zumindest.«

»Ist es denn falsch? - Ach, ich weiß, du denkst so: Da sie die Beute haben, wozu uns verfolgen?«

»Das wäre falsch gedacht. Sie müssen. - Daheim redest du. Etwa nicht? Dem Vater des Geldbeutels hört man zu. Der Wesir erfährt vom Überfall. - Was dann geschieht, weiß der Graf Sancho oder Garcia oder Ordo, oder wie er sonst heißt, ganz genau.«

Seine Worte beruhigten mich durch ihre Logik, aber sie erschreckten mich ebenso durch die Drohung. »Du meinst, wir sollten ohne Pause weiter?«

Musa verkorkte die Glasflasche. »Je eher, desto besser. Wozu ein unnützes Wagnis? Kannst du wieder gehen?«

Mühsam richtete ich mich auf. »Wir laufen bestimmt im Kreis.«

»Wer die Sterne sieht, geht nie irre«, dozierte er. »Lass mich das tragen! Weit ist es nicht. Trotzdem gehst besser du voran. Ich passe mich deinem Tempo an.

Du kennst das Sternbild Adler? Gut. Lauf auf den Altair zu! Alles andere überlass mir. Ich kenne diese Gegend.«

Das klang seltsam wirr - doch zu schwach, um zu denken, ging ich einfach los. Wie denn! Floss faules Wasser statt Blut durch die Adern? Jeder Schritt schmerzte.

Unversehens wurde mir bewusst, wie sehr ein blasser roter Stern am Horizont gewachsen war. Ich blieb stehen.

»Musa! Da vorn brennt Feuer - bestimmt Kastilier.«

»Nein«, versetzte er trocken. »Das ist mein Ziel und fürs Erste auch deines.«

Ich tat noch hundert Schritte. Dann drang das Wort in mein Herz, und ich blieb stehen. »Was meinst du damit?«

»Du erfährst alles; aber mir ist lieber, das geschieht in der Talsenke dort drüben.«

Wir durchquerten ein kuppiges Gebiet voller Buschinseln und ausgespülter Rinnen. Es hieß behutsam gehen. Stolpern, ein Bein brechen? Ebenso gut könnte ich mir den Dolch in die Brust stoßen. - Eine Senke? In der Tat, das Terrain neigte sich nach links. Nach der Bodenwelle mochte so etwas kommen.

Ich ging wie im Traum. Eine Stunde lang hatte mich die Angst aufgemuntert, aber mittlerweile war ich wieder der an Maultier und Pferd gewöhnte Handelsmann. Stundenlang laufen? Nie hatte ich es getan.

Musa überholte mich. »Da links!«

Durchs Gebüsch? Da sich Musa auskannte... Moment mal! »Letztens sagtest du, du willst das Land erst kennenlernen.«

»Ich habe nicht die Wahrheit gesagt«, bekannte al-Maghrabi, ohne sich umzudrehen. »Gleich wirst du sehen, warum ich log. - Hier ist meine... Unterkunft.« Er drückte das Gestrüpp auseinander.

Die Senke maß reichlich hundertfünfzig Schritt. Darin stand ein seltsames Gebäude: ein halbes Ei. Wie ein astloser Baumstamm wies ein Balken senkrecht in den Himmel. Die granatrote Ampel daran hatte ich für den Stern gehalten.

»Jetzt bist du außer aller Gefahr. Hab keine Angst!«

Angst? Falsch. Ich dachte nichts, hörte ihn kaum, stand einfach da und starrte dies... Ei an. Eine Kuppel ohne Mauern darunter - kein Fiebertraum hatte mir so etwas Widersinniges beschert.

Musa dagegen schritt voran. Daraufhin erhellte sich ein Guckloch. Der Reisende blieb reglos stehen, als ihn das herausfallende Licht traf. Etwas später klappte ein Teil der Wand wie eine Zugbrücke nieder.

Er trat darauf, ging bis zur Tür. »Komm, Ismail! Wir reden besser drin weiter. Womöglich ist uns doch ein Kastilier nachgeschlichen. Kann sein, er zielt jetzt.«

Das riss mich aus der Starre. Jaulte da ein Hund? Raschelte hinter mir das Herbstgras? Allah! Keine Minute war zu verschwenden.

Ich sprang voran und ins seltsame Haus. Musa lächelte mich an und legte die Packen ab. Dann berührte er einen grünen Fleck an der Wand. Es summte, Eisen knirschte; langsam hob sich die Fallbrücke wieder, um bald ein Wandsegment wie andere zu sein.

»Allmächtiger!«, murmelte ich. »Was fur ein Bauwerk der Dschinns! Welcher Ifrit wohnt hier?«

»Hier wohnt niemand«, versetzte er. »Komm ein Stück weiter - so, hierher! Setz dich zu mir. Es ist nicht wie bei euch in Cordoba oder Valencia, aber all das ist ja auch für uns gemacht.«

Der Raum, in den er mich schob, war rund wie das oberste Gemach in einem Minarett und auch nicht sehr groß. Durch eine schwarze und lichterfunkelnde Decke wirkte er wie zum Himmel geöffnet, obwohl sich doch über uns die Ei-Kuppel wölbte. Zu alledem war es hell! Wieso? Ich sah weder Öllampen noch Kerzen. Von einer leuchtenden Linie in Sprunghöhe strömte Licht, als ob dahinter die Sonne von allen Seiten her zugleich strahlte. An den Wänden glomm es bunt, selbst an der Tür, die hinter mir zu glitt. In der Zimmermitte stand eine silberne Kugel, auf der ebenfalls Lichter glitzerten.

Im Kreis standen vier Stühle, wie die Franken sie benutzen. Ich berührte den nächsten: weiche Polster unter dem glatten Leder. Eine seltsame Methode, Maurenkissen und Stuhl zu verbinden! ‚Nachmachen und an die  Christen verkaufen!‘, durchfuhr es mich. Rasch rief ich mich zur Ordnung.

»Wer bist

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Rolf Krohn/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Zasu Menil.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 01.09.2018
ISBN: 978-3-7438-7969-0

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