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Leseprobe

 

 

 

 

 

STEFAN FRANCK

 

ANK

 

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

ANK 

 

Martin erzählt 

II 

III 

IV 

 

Jenny erzählt 

II 

III 

IV 

 

Elisabeth erzählt 

II 

III 

IV 

 

Jules erzählt 

II 

III 

IV  

 

Shouan erzählt 

 

Das Buch

 

»Das Comm des Toten klingelte bereits zum dritten Mal, aber ich ignorierte es. Antworten konnte ich sowieso nicht, und was sich online zeigte, machte mir Angst. Es gab schon ein gutes Dutzend Posts zu dem Selbstmord. Zahlreiche Beobachter hatten den Sturz gesehen, es gab sogar Fotos und LiveCaps online. Das war für sich genommen normal, aber dass sich in kürzester Zeit Verschwörungstheorien etablierten, ließ mir heiß und kalt werden. War der Mann freiwillig aus einem guten Dutzend Metern Höhe auf den Asphaltweg gesprungen? Gleich zwei Posts wollten einen schwarzen Wagen – der eine sprach von einem Mercedes – gesehen haben, der davongerast sei. Ein Bild zeigte angeblich den Mann, wie er gerade am Geländer der Brücke stand, und neben ihm sollten einige helle aber verwischte Flecken eine weitere Person darstellen. Ein hünenhafter Typ in weißem Anzug, habe ihn klar gesehen. Auf dem Bild ist er nur verwaschen zu erkennen, aber er war da, ich schwöre es! 

Dass es so schnell zu diesem Gerede kam, verunsicherte mich, aber selbst das konnte ich mir noch erklären. Ein großer Haufen Menschen, der sich ohne viel Ahnung austauscht, neigt zu Übertreibungen. Klassische Gerüchtebildung im Zeitraffer der Netze. Aber wie passte das zu dem vernünftig wirkenden Entry, der behauptete, die Leiche sei verschwunden? Hatte ich nicht selbst das Gezeter der Polizisten gehört? Warum hatten die Sanitäter die Leiche so eilig eingepackt, ohne sich um die umstehenden Leute zu kümmern?«

 

Der deutsche Schriftsteller Stefan Franck legt mit dem Roman Ank ein erstaunliches Debüt-Werk vor – einen ebenso unheimlichen wie verstörenden, aus verschiedenen Perspektiven erzählten Thriller, ganz und gar auf der Höhe der Zeit, spannend und mitreißend erzählt. Ank ist ein geradezu klassischer Pageturner!

Der Autor

Stefan Franck, Jahrgang 1976.

 

Stefan Franck lebt mit Frau und Kind im vergleichsweise ungruseligen München und besitzt noch heute ein Heft mit Märchen, die er in der zweiten Klasse verfasste – inklusive der rot angestrichenen Rechtschreibfehler, da der Deutschlehrer nicht verstanden hatte, dass er ihm seine Geschichten nur hatte zeigen, diese aber nicht hatte korrigiert haben wollen.

In der Folge wurden die Texte des hauptberuflich als Principal Solution Architect bei einer IT-Firma arbeitenden Autors zunehmend düsterer.

Seine Kurzgeschichte Der schwarz gekleidete Mann, in der eine Besessenheit zu Wahnsinn und Mord führt, erschien im Mephisto-Magazin. In seiner Kurzgeschichte Hunger!, die in der Cthulhu Libria Neo erschien, gelangt ein Schrecken aus der Südsee in den Fernseher einer betagten Frau.

Als Autor trug er zu zahlreichen Publikationen des Horror-Rollenspiels Cthulhu bei, unter anderem dem Arcana Cthulhiana, Dementophobia und Düstere Orte; sein Szenario Der Blutsauger von Schwarzbrunn erschien sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Inzwischen ist er auch als Redakteur für das System tätig: Der erste von ihm betreute Band erschien unter dem Titel Mystiker und Magier.

 

Der Apex-Verlag veröffentlicht Stefan Francks Debüt-Roman Ank.

ANK

 

  

 

 

  Martin erzählt

 

I

 

Als heute der erste Tag auf der Suche nach neuen Herausforderungen begann, hatte ich nicht damit gerechnet, noch vor dem Mittagessen neben einer Leiche zu stehen. Ich hatte schon beim Aufstehen ein seltsames Gefühl gehabt. Natürlich war ich trotz ausgeschaltetem Wecker früh wach geworden, zur üblichen Zeit eben. Aber ich musste nicht aus dem Bett, sondern drehte mich noch einmal genüsslich um. Durch das gekippte Fenster strömte eisige Morgenluft herein, die auf meinen Wangen herrlich mit der Wärme der Füße kontrastierte. Ich sog die erfrischende Kälte tief ein, sie roch etwas nach Feuchte, es war wohl – dem anfangenden Winter angemessen – neblig.

Ohne noch einmal einzuschlafen blieb ich eine halbe Stunde liegen, knuffte mein Kopfkissen zu größter Bequemlichkeit und freute mich, nichts tun zu müssen. Nun gut, das stimmte leider nicht ganz. Bei meiner letzten Stelle hatte man mir vor vier Wochen verkündet, dass ich heute nicht mehr antreten müsse. Wenig Zeit, um einen neuen Job zu finden. Die Situation wurde sogar noch schlimmer, da man mir meinen Resturlaub gestrichen und die Arbeitslast zwecks Übergabe kurzfristig verdoppelt hatte. Ich hatte bisher nichts anleiern können, hatte gar nicht die Zeit dazu gehabt. Immerhin mir noch zwei Wochen Gehalt zusätzlich ausgezahlt. Die Überstunden... nun ja, vergessen wir die Überstunden.

Eigentlich hätte ich also sehr beschäftigt sein müssen: CV aktualisieren, Firmen identifizieren, Beziehungen reaktivieren, Profile professionalisieren, Ausschreibungen inspizieren, Bots konfigurieren... Es ist nicht leicht, eine Stelle zu finden, geschweige denn eine gute, und mit jedem Tag als Arbeitsloser werden die Blicke der Personaler herablassender. »Herr Mehler, was bedeutet denn diese Lücke in Ihrem Lebenslauf?« Ich konnte mir die graumelierten Herren mit über dem Schmerbauch spannenden Hemden bildlich vorstellen. Wie sie mir über den Rand ihrer Lesebrillen hinweg ihre Verachtung kundtun würden: »Sie scheinen nicht gerade fokussiert und zielstrebig zu sein?« Ich müsste schon längst auf der Suche sein und hatte keineswegs nichts zu tun. Aber es war der erste Tag und das Bett warm und die Luft frisch... 

In meiner Küche war der Kaffee schon kalt geworden, ich musste ihn wegkippen. Toast und Frühstücksei aß ich noch, obwohl sie ebenfalls pünktlich zur üblichen Zeit fertig geworden waren. Das Ei war ok, aber trockener, kalter Toast wird auch nicht besser, wenn man eine doppelte Portion Honig darauf streicht. Ich musste definitiv den Timer für das Frühstück auf etwas später stellen, das verdarb mir den Genuss des Ausschlafens gründlich.

Während ich den Toast halb und das Ei ganz aufaß, beruhigte ich mein Gewissen, indem ich durch die Jobbörsen flippte. Es sah ungefähr so finster aus, wie ich erwartet hatte. Heutzutage bekam man eine Stelle nicht auf offiziellem Weg, dafür brauchte man Beziehungen. Die Reaktivierung meines persönlichen Netzwerkes rutschte in der Prioritätenliste drastisch nach oben. Ich schüttelte unwillig den Kopf. Meine Güte, sechs Jahre in einem großen Konzern, und ich hatte mir schon Ausdrücke angewöhnt, für die ich mich früher auf jeder Party hätte stehen lassen. Reaktivierung meines Netzwerks. War ich schon so weit gekommen, dass ich nicht mehr »meine Freunde anrufen« sagen konnte?

Ich warf den Reader auf den Küchentisch und bereute nicht zum ersten Mal, mich für das schmale Modell von Ikea entschieden zu haben. Der Reader knallte gegen mein Comm, das dem Impulserhaltungsgesetz folgend wie eine Rakete über die Kante hinausschoss. Ich konnte bei dessen Aufprall auf dem Fliesenboden nur noch schmerzerfüllt das Gesicht verziehen.

Seufzend hob ich es vom Boden auf. Das Display hatte keinen Sprung, war aber nachtschwarz. »Hinüber«, dachte ich, »war ja nur einen Monat alt« – als es plötzlich wieder aufleuchtete. Sturzsicherungsstandby blinkte kurz auf, ich wischte mit dem Zeigefinger über den Text und das Comm antwortete sofort. Ich zog die Augenbrauen hoch und wendete den Minicomputer auf der Suche nach offensichtlichen Schäden dreimal in meiner Hand. Alles, was ich finden konnte, war ein kleiner Kratzer auf der Seite. Ich liebe technische Gimmicks, und natürlich konnte ich nicht anders, ich musste das Comm gleich noch mal in die Luft werfen. Der kleine Schirm wurde auf halbem Weg dunkel und ich meinte ein leises Klacken zu hören. Vielleicht irgendein mechanischer Schutz, der aktiviert wurde? Ich wollte diese segensreiche Funktion nicht überstrapazieren und fing das Comm wieder auf und legte es zur eigenen Sicherheit in die Schublade.

Ich war schon kurz davor, nach Details zu dieser Funktion zu suchen, sinnloses Wissen anzuhäufen, widmete mich aber doch wieder den Stellenanzeigen. 80% Reisetätigkeit europaweit hier, dort Schichtdienst, Cold-Calling, ich versuchte die Filter etwas schärfer zu stellen, indem ich einmal mein Minimalgehalt hinzufügte. Es blieb nicht viel übrig, und der größte Teil davon auch noch in der Pharmabranche, in der ich keinerlei Erfahrungen hatte. Vielleicht sollte ich mich doch selbstständig machen, als Consultant oder so. Andererseits bedeutete das garantiert Reisetätigkeit, Nachtschichten und Cold-Calling.

Ich ließ den Blick aus dem Fenster schweifen, der Nebel hing noch immer zwischen den Häusern, sodass Wände und Baumkronen in einer grauen Schicht verschwanden. Die Scheibe selbst war an den Rändern beschlagen und zog eine Vignette aus Unschärfe um meinen ganzen Ausblick: Das himmelblau gestrichene Nachbarhaus, in dem sich weiß umrahmte Fensteröffnungen dunkel abhoben. Auf der Fensterbank diagonal gegenüber hingen die Decken zum Lüften, es war das einzige Zeichen von Leben.

Ich schloss meine Augen und atmete tief ein und aus. In mir war eine große Leere und ich spürte einen seltsamen Weltschmerz, der mir nicht bekannt, aber doch merkwürdig vertraut war. Mir schien es, als ob ich nur ein irrelevantes Staubkorn im gigantischen Kosmos wäre. Die Arbeit hatte mich vollständig eingenommen – und jetzt war sie mit einem Schlag weg. Ich war frei, sollte mich freuen und die Zeit genießen, bis die alte Tretmühle wieder anfing, sich zu drehen. Aber ich konnte mich nicht entspannen, einerseits lastete die Angst vor der Zukunft auf mir, aber noch mehr zerrte diese Unruhe in mir, als ob das Universum selbst mir zuschrie: »Martin, sitz nicht untätig herum!«

Ohne weiter nachzudenken sprang ich ungeduscht in meine Klamotten, zog Jacke und Schuhe an und nach einem Blick auf meine verstrubbelten Haare im Garderobenspiegel auch eine Wollmütze. Darunter franzten einzelne, braune Haarsträhnen heraus, ein Stück zu lang. Die sonst gepflegten Koteletten ragten leicht gekräuselt aus den unrasierten, stacheligen Wangen.

Die Frauen standen auf meinen Stil, halb an der Grenze zum Rebellen, aber immer noch akzeptabel genug, dass man mich auch zu einem Firmenessen mitnehmen konnte. Dazu die rehbraunen Augen, die mir schon immer die Herzen eröffnet hatten. Ich musste mich anlächeln – halb aus Anerkennung, halb aus Spott über die eigene Selbstverliebtheit. Immerhin hatte mich dieser kurze Augenblick aufgeheitert und ich sprach dem Garderobenspiegel mit einer angedeuteten Verbeugung meine Kudos aus, bevor ich durch die Tür hinaus war, die Treppen hinabratterte und mich in die Kälte des Morgens stürzte.

In der Schublade hatte ich das Comm liegen gelassen. Kein Mensch geht heute ohne raus, aber ich hatte es vergessen. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem ich plötzlich neben einer Leiche stehen sollte.

Es war frisch, aber meine Wollmütze dennoch übertrieben, trotz der Jahreszeit war das Klima noch erträglich, dem Treibhauseffekt sei Dank. Gemütlich schlenderte ich zwischen den Wohnsilos hindurch. Es dauerte nicht lange und ich hatte die Rheinpromenade erreicht. Am Wochenende herrschte hier immer großer Trubel – unzählige Jogger, Walker, Dragger, Radfahrer und Skater zogen hier aneinander vorbei, dazwischen die Hunde, die Gassi geführt wurden. Auch heute spazierten einige Leute am Ufer entlang, aber es war deutlich weniger los. Als ich gerade auf die Promenade einbog, lief mir eine Joggerin entgegen, eine Asiatin in hautengem Sportanzug. Ihre schwarzen Haare hielt sie mit einem Stirnband zurück, sie lächelte mir kurz reflexartig zu – wahrscheinlich war das bei ihr genetisch bedingt – und schon zog sie mit stetigem Taps – Taps – Taps weiter, weiße Rauchwölkchen in die Luft stoßend.

Niemand folgte ihr, der nächste Mensch war ein alter Mann, der sicher einen halben Kilometer weiter seinem Yorkshire Terrier beim Vögel jagen zusah. Der Greis stand gebückt auf seinen Gehstock gestützt, als ob er sich verbeugen würde. Den Kopf hielt er indes gerade, während sein Hund laut bellend über das taufeuchte Gras tollte.

Ich ging langsam weiter am Rhein entlang und genoss den Blick. Der morgendliche Weltschmerz hatte mich hier schnell verlassen, fasziniert beobachtete ich die grauen Schwaden, die über dem Fluss langsam aufstiegen. Ich grüßte im Vorbeigehen den alten Mann, der bei seiner kurz angebundenen und leicht irritierten Erwiderung seltsame kauende Bewegungen mit seinem Mund machte. Begleitet vom Gebell seines Hundes schritt ich langsam weiter durch die St. Johanns Anlage, vor mir sah ich schon den Betonbogen der Johanniterbrücke den Rhein überspannen. Die Autos rauschten darüber, ihr Dröhnen klang wie Meeresbrandung.

Ich setzte mir ein Ziel: Noch bis zur Brücke, dann quer durch den Park zurück nach Hause. Ein paar Kinder kamen mir klingelnd und lachend auf ihren Rädern entgegen, die meisten mit integrierten, leise summenden Minimotoren. »Wir werden immer fauler«, dachte ich nur kurz und sah den neonfarbenen Helmen dabei zu, wie sie hinter einem Busch verschwanden.

Im gleichen Augenblick erscholl der Schrei.

Er war panisch, überrascht, verzweifelt und kläglich.

Schockiert drehte ich mich um, ich sah den Mann gerade noch aufschlagen. Nichts kann diesen Anblick beschreiben. Rudernde Arme, strampelnde Beine, dann Stille. Ich meinte, ein Geräusch zu hören, wie von einem Käfer, den man zertritt – ein leichtes Knacken, aber auf eine matschige Art. Das war aus dieser Entfernung aber unmöglich.

Ich rannte los, mein Kopf völlig eingenommen von einem »Oh Gott! Oh Gott! Oh... Gottogottogottogott!«, das in einer Endlosschleife durch meine Gehirnwindungen rotierte. Ich stürzte schier neben ihm zu Boden, drehte ihn auf den Rücken. Schon dabei bemerkte ich, dass hier nichts mehr zu retten war. Sein Körper drehte sich an Stellen, an denen sich kein Körper bewegen sollte. Der Brustkorb hatte sich wie eine tiefrote Blüte geöffnet, zersplitterte Rippen hatten sich ihren Weg durch die Haut gebahnt und Blut und weiches Gewebe brach durch die Öffnung, war gallertartig aus dem aufgeplatzten Leib gespritzt. Meine Hände waren rot geworden und ich bemerkte irritiert, dass ich selbst am Schreien war.

Hilfe! Ich brauchte Hilfe! Warum war hier niemand? Meine Hand glitt zu meiner Jackentasche, auf der Suche nach meinem Comm, stieß ins Leere, immer noch schrie ich, sie kehrte zurück, glitt plan- und ziellos über den zerschmetterten Mann, dort etwas Hartes: Sein Comm, das Gehäuse war eingedellt, ich berührte den Bildschirm, er leuchtete auf. »Sturzsicherungsstandby« grinste mich höhnisch an, zwei weiße Linien zogen sich quer über die sonst einwandfrei dargestellte Schrift.

Ich wischte sie weg. »Fingerabdruck nicht erkannt. Bitte versuchen Sie es erneut« leuchtete sachlich auf. Ich wischte verzweifelt nochmals über den Touchscreen, die Meldung blinkte kurz auf, blieb aber unerbittlich. Das durfte doch nicht wahr sein, ich musste doch Hilfe rufen – aber nein, dort unten eine kleine Kachel: »Notruf«. Ein kurzes Antippen und schon baute sich die Verbindung auf.

»Leitstelle Basel Mitte, Schneider am Apparat. Wie können wir Ihnen helfen, Herr Näf?«

»Hier, hier ist ein Mann von der Brücke gefallen, tot, er ist tot, er ist von der Brücke gefallen, er, um Gottes Willen, er ist...«

»Bleiben Sie ruhig, Herr Näf. Ein Wagen ist auf dem Weg zu Ihnen. Beschreiben Sie mir bitte, was genau geschehen ist.«

»Ich – ich weiß es nicht. Er ist von der Johanniterbrücke gefallen oder gesprungen oder – er ist tot!«

»Gibt es noch weitere Verletzte, Herr Näf?«

»Nein, wie denn auch? Er muss gesprungen sein.« Eine plötzliche Kälte ergriff mein Herz. Natürlich hatte ich schon oft von Selbstmorden gehört und gelesen. Aber ich hatte mir nie vorstellen können, dass jemand wirklich so verzweifelt ist und das wertvollste in seinem Leben wegwirft – nämlich eben dieses Leben selbst. Ich konnte es nicht begreifen.

»Gut, Herr Näf, wir werden...« Ich hörte seine Stimme verschwinden, als meine Hand von ihrem eigenen Gewicht gezogen zu Boden sank. Mit leerem Blick sah ich über den Rhein hinaus, sah die Promenade auf der anderen Seite, sah eine Gruppe von Leuten zu mir herüber deuten, wie durch Watte hörte ich eine Sirene näherkommen, ich wandte mich um, vergrub meine Hände in den Taschen und starrte auf das zerschmetterte Gesicht, dessen Züge noch halbwegs erkennbar waren, jemand packte mich an der Schulter, träge folgte ich dem Zug und wandte mich um: Die joggende Asiatin stand neben mir, hatte ihre Runde um den Rhein zum falschen Zeitpunkt beendet. Ihre Augen waren geweitet, sie krallte sich in meine Schulter, immer noch außer Atem, ihr Brustkorb hob und senkte sich stoßweise, ihrem aufgerissenen Mund entflohen winzige Rauchwölkchen. Die Lippen zitterten, formten unhörbare Worte. So wie sie sich an mir festhielt, klammerte ich mich an sie, eng umschlungen standen wir, gemeinsam gefangen in stammelnder Wortlosigkeit.

Immer mehr Menschen versammelten sich um uns, ein älterer Herr tat das einzig Vernünftige: Er zog seine Jacke aus und legte sie dem Zerschmetterten über das Gesicht.

Der Rettungswagen traf mit lauter Sirene oben auf der Straße ein, die Sanitäter kamen ungerührt. Sie schoben die Leute beiseite, kontrollierten nur kurz und ohne irgendwelche Zweifel am Ergebnis den Puls. Dem protestierenden alten Herrn gaben sie ohne großen Kommentar oder Dank seine blutverschmierte Jacke zurück, dann luden sie die Leiche auf die Alubahre, schoben sie unbedeckt hinauf zur Straße und in ihren Wagen. Erst dort breiteten sie ein Laken über den Toten.

Ohne Sirene oder Blaulicht rollte der Wagen davon, es bestand kein Grund mehr zur Eile. Einige der Leute unterhielten sich noch, theoretisierten, ahnten, wussten, und das einzige, was aus ihrem vielfältigen Gemurmel herausstach, war ein wiederkehrendes »schlimm, schlimm«. Mir aber fehlten die Worte, und wenn ich mich nicht immer noch an der Asiatin festgehalten hätte, wäre ich zu Boden gestürzt. Wir beide standen noch immer so, als oben an der Promenade ein Polizeiwagen hielt. Reflexartig setzten wir uns gleichzeitig in Bewegung – es wäre eigentlich unsere Pflicht gewesen, den Beamten zu erzählen, was wir gesehen hatten. Aber allein der Gedanke, meine Beobachtungen protokollieren zu müssen, ließ Übelkeit in mir aufsteigen. Noch bevor die Beamten uns sehen konnten, waren wir um eine Biegung und hörten hinter uns überraschte und zornige Rufe: »Wie mitgenommen? Die können die Leiche doch nicht einpacken, bevor wir hier sind? Das geht doch nicht?«

Der Atem der Asiatin hatte sich inzwischen beruhigt und sie hatte mich so plötzlich losgelassen, wie sie mich gepackt hatte. Aber sie ging weiter neben mir her, keiner sah den anderen an, die Augen auf den Rhein und die langsam dahinfahrenden Frachtschiffe gerichtet. Unsere Beine bewegten sich automatisch, ferngesteuert, und wir fanden den gleichen Takt.

Ich war es, der sie schließlich in ein Café einlud, dessen Terrasse sich zum Fluss hin öffnete. Wir entflohen diesem Ausblick und setzten uns ins warme Innere. Eine ältere Dame brachte uns die Frühstückskarten. Meine Begleiterin hatte immer noch nichts gesagt und auch ich hatte abgesehen von dem Angebot geschwiegen. Still lasen wir die Karten, ich bestellte ein großes Käsefrühstück und einen doppelten Latte, sie entschied sich für ein Fitnessfrühstück mit grünem Tee.

Ich hatte eigentlich keinen Hunger, aber gleichzeitig war ich erfüllt von verzehrender Gier nach Nahrung, nach Flüssigkeit, nach Luft, nach Leben. Dem Mädchen schien es ähnlich zu gehen. Wir sahen uns zum ersten Mal wirklich an, während wir warteten. Ihre Augen schillerten in dem schmalen, fast schon dreieckigen Gesicht, ihre dünnen Lippen zitterten. Mit einer fahrigen Bewegung zog sie sich das Stirnband vom Kopf, die schulterlangen Haare fielen strähnig und verklebt vom Schweiß nach vorne, kitzelten an ihrem spitzen Kinn, sie blies sie unwillig beiseite.

»So, hier haben wir es. Einmal das große Käse, bitteschön, und hier das Fitness. Wenn Sie noch etwas wollen, sagen Sie Bescheid, ja?«

Vor uns dampften die Tassen, der Geruch von Käse, Kaffee und Tee ließ meinen Magen rumoren.

»Ich bin Jenny Zhang«, sagte sie schließlich.

Überrascht blickte ich auf, wir hatten uns tatsächlich noch nicht einmal vorgestellt.

»Martin«, antwortete ich und setzte nach kurzem Zögern »Martin Mehler« hinzu.

»Schon seltsam, wenn ein Mensch stirbt.« Ich war nicht sicher, ob sie mit mir oder mit sich redete, aber ich nickte bestätigend.

Unschlüssig rührte sie in ihrem Müsli herum, während ich mein Latte-Glas langsam im Kreis drehte.

»Vielleicht war er todkrank und wollte das Leiden abkürzen«, suchte ich nach Erklärungen. »Oder er hatte Stress mit seiner Freundin. Nein, deswegen bringt man sich nicht um. Vielleicht hatte er Schulden? Heutzutage hat doch jeder Geldprobleme, das kann schon zu viel werden. Vielleicht hat er seinen Job verloren.«

Ich erstarrte mitten im Satz, aber sie bemerkte es nicht, zuckte nur mit den Schultern: »Möglich.«

Schweigsam stocherte jeder von uns in seinem Frühstücken herum, die Gier danach war mit dem Geruch davon verklungen. Die Bedienung kam besorgt herbei und fragte, ob alles in Ordnung sei. Wir versicherten ihr, dass alles bestens schmecke, und wie zur Bestätigung begannen wir zu essen. Sie sah uns kurz zweifelnd an, ging dann aber wieder. Kaum hatten wir angefangen, kehrte das Bedürfnis, sich zu füllen zurück, und wir konnten nicht mehr aufhören. Wieder fanden wir einen Gleichtakt, in dem wir Brot und Müsli zum Mund führten.

Jenny lief ein Tropfen Milch aus dem Mundwinkel und sie wischte ihn unbewusst mit dem Handrücken ab.

»Was machst du?«, wollte ich wissen, auf der Suche nach Normalität.

»Ich studiere IT-Sicherheit, 6. Semester.« Bei diesen Worten streckte sie das Kinn kämpferisch vor, wahrscheinlich war sie dumme Kommentare ob dieser Männerdomäne gewohnt. Ich hatte keine Probleme damit, dafür hatte ich zu viele dumme Männer und kluge Frauen erlebt.

»Macht’s Spaß?«, fragte ich sie und hoffte, dass meine Stimme so ruhig und unironisch klang wie ich wollte.

Anscheinend war dem so, denn ihr Gesicht entspannte sich und sie nickte. »Sehr. Und was machst du?«

»Prozessanalyst.«

»Aha?«

»Im Prinzip schaue ich den Leuten auf die Finger. Ich analysiere, wie sie arbeiten. Dann versuche ich, das zu verbessern, die Effizienz zu steigern. Damit sie mehr leisten können.« Ich hatte mich schon in Schwung geredet, war in den Geschäftsmodus gewechselt. Aber schlagartig wurde ich mir meiner Position bewusst. »Ich war Prozessanalyst. Man hat mich gefeuert.«

»Wieso? Hast du die Effizienz nicht genug gesteigert?« Ich meinte in ihrer Stimme einen Hauch von Mitgefühl zu hören.

»Doch.« Ich schüttelte unwillig meinen Kopf, als mir zum ersten Mal seit der Kündigung einige Dinge klar wurden. Sie hatten mir schließlich keine Zeit gegeben, darüber nachzudenken. »Doch, ich habe die Effizienz gut gesteigert. Zu gut.«

Sie zog die linke Augenbraue hoch, ihre Mandelaugen glitzerten aufmerksam.

»Ich habe auch einen Vorschlag gemacht, wie man die Effizienz der Prozessanalyse verbessern kann. Eine neue Schematisierung der Prozesse. Eine Einteilung, sozusagen, und dadurch konnten wir deutlich schneller die Schwachpunkte identifizieren. Unsere eigene Effizienz ist gestiegen, wir haben mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen können.« Ich machte eine dramatische Pause. »Aber es gibt nicht mehr Arbeit. Folglich braucht man weniger Leute. Scheiße, ich habe meinen eigenen Platz wegrationalisiert.«

Sie sah mich erst völlig ausdruckslos an, dann lachte sie plötzlich fast hysterisch auf, ihr fiel sogar der Löffel aus der Hand und klirrte auf den Teller – nur knapp an der halb vollen Müslischüssel vorbei. Sie beruhigte sich schnell wieder und schüttelte den Kopf, als sie sich die Tränen aus den Augen wischte.

»Das ist grandios. Rationalisiert sich selbst weg.« Sie kicherte noch einmal kurz unterdrückt. Dann hielt sie plötzlich inne. »Moment!«, sagte sie scharf, »das ist unlogisch. Wieso sollten sie dich feuern? Und nicht einen anderen, der nicht so gut arbeitet?«

Ich schwieg kurz. »Ich hatte die falschen Prioritäten. Zu viel gearbeitet und nicht genug dem Chef in den Allerwertesten gekrochen.«

»Oh.«

Wir sahen uns in die Augen und lächelten beide gleichzeitig. Ich fragte mich schon, ob wir gerade anfingen, miteinander zu flirten. War das pervers, sich über einer Leiche kennenzulernen und sich praktisch sofort danach gegenseitig abzuchecken? Oder war es ganz natürlich, wollten wir uns beweisen, dass wir selbst noch am Leben waren? Noch bevor ich mich entscheiden konnte, zuckte sie zusammen.

»Mist, meine Vorlesung! Ich muss noch duschen, ich muss los!«

Sie war schon aufgestanden, ich sprang ebenfalls auf. »Sollen wir Adressen tauschen?«, fragte ich. Erklärend setzte ich dann hinzu: »Nur falls es noch Fragen zu dem Toten gibt, meine ich.«

Sie zögerte kurz, dann zuckte sie mit den Schultern. »Ok.« Sie zog ihr Comm aus der Tasche und ich meines – ich starrte auf ein zerbrochenes Gehäuse. Das war nicht mein Comm, ich hatte in meiner Verwirrung das des Toten eingesteckt!

»Wow, das hat ziemlich gelitten«, meinte sie trocken.

Ich zögerte kurz, sollte ich mein Missgeschick zugeben? Besser nicht. »Ja, dummer Unfall. Seitdem spinnt es auch regelmäßig.« Ich tat so, als würde ich durch die Menus rauschen, obwohl ich nur die immergleiche Fehlermeldung sah: »Fingerabdruck nicht erkannt. Bitte versuchen Sie es erneut.«

Ich steckte es scheinbar frustriert zurück in meine Tasche. »Will nicht.« Sie hatte ihres schon bereit zum Austausch der Daten, zuckte kurz die Schultern. Sie sah mich kurz an, kaute einen Augenblick auf ihrer Unterlippe. Die Entscheidung fiel zu meinen Gunsten aus, und sie zog einen kleinen Zettel aus der Hülle ihres Comms, den sie mir zuschob.

Wenig später ging ich alleine nach Hause. In der rechten Tasche hatte ich das angeschlagene Comm des Toten, in der linken eine Karte mit ID-Code, den ich einscannen konnte und Jenny so als Kontakt importierte. Erstaunlich, wie viel man erlebt, wenn man nicht arbeiten muss. Und es war noch nicht einmal Mittag.

 

II

 

Das Comm des Toten klingelte bereits zum dritten Mal, aber ich ignorierte es. Antworten konnte ich sowieso nicht, und was sich online zeigte, machte mir Angst. Es gab schon ein gutes Dutzend Posts zu dem Selbstmord. Zahlreiche Beobachter hatten den Sturz gesehen, es gab sogar Fotos und LiveCaps online. Das war für sich genommen normal, aber dass sich in kürzester Zeit Verschwörungstheorien etablierten, ließ mir heiß und kalt werden. War der Mann freiwillig aus einem guten Dutzend Metern Höhe auf den Asphaltweg gesprungen? Gleich zwei Posts wollten einen schwarzen Wagen – der eine sprach von einem Mercedes – gesehen haben, der davongerast sei. Ein Bild zeigte angeblich den Mann, wie er gerade am Geländer der Brücke stand, und neben ihm sollten einige helle aber verwischte Flecken eine weitere Person darstellen. »Ein hünenhafter Typ in weißem Anzug, habe ihn klar gesehen. Auf dem Bild ist er nur verwaschen zu erkennen, aber er war da, ich schwöre es!«

Dass es so schnell zu diesem Gerede kam, verunsicherte mich, aber selbst das konnte ich mir noch erklären. Ein großer Haufen Menschen, der sich ohne viel Ahnung austauscht, neigt zu Übertreibungen. Klassische Gerüchtebildung im Zeitraffer der Netze. Aber wie passte das zu dem vernünftig wirkenden Entry, der behauptete, die Leiche sei verschwunden? Hatte ich nicht selbst das Gezeter der Polizisten gehört? Warum hatten die Sanitäter die Leiche so eilig eingepackt, ohne sich um die umstehenden Leute zu kümmern?

Mein Kopf schwirrte. Ob das die Spätfolgen des morgendlichen Schocks oder die Angst vor dem einen Wort war, das ich nicht auszusprechen wagte, ich wusste es nicht. Wieder klingelte das Comm, jetzt schon zum vierten Mal. Ich sah nur kurz von meiner Recherche auf: Der Tote schien ein begehrter Mann zu sein.  Ohne den korrekten Fingerabdruck konnte ich nicht abnehmen, den Anrufern weder sagen, wer ich war noch was mit ihm geschehen war.

Ich ging in meiner Wohnung auf und ab wie ein gefangenes Tier. Wenn ich wirklich Zeuge eines Mordes geworden war, was konnte ich jetzt tun? Zur Polizei gehen war natürlich mein erster Gedanke, aber den Weg hatte ich mir doch selbst verbockt. Nicht nur war ich vom Unfallort abgehauen, ich hatte auch noch das Comm des Opfers eingesteckt. Die würden mir garantiert nichts glauben, und ich hatte weder Zeit noch Lust auf Diskussionen oder gar Verhöre. Würden sie mich sogar in Untersuchungshaft stecken?

Ich flüchtete vor meinen Gedanken unter die Dusche. Auch nach meiner Rückkehr hatte ich noch nicht die Zeit gehabt, mich zu waschen, und inzwischen fühlte ich mich schmierig und verklebt. Das heiße Wasser im Nacken und auf meinem Rückten tat gut und ich genoss es so lange, bis meine Haut schrumpelig wurde. Ich war erschlagen, nur mit Mühe rubbelte ich mich ab und kämmte meine Haare notdürftig, bevor ich mich auf mein Sofa fallen ließ.

Einige Zeit lag ich still und machte gar nichts. Ein komisches Gefühl, nach sechs Jahren im Dauerstress. Was hatte ich in dieser Zeit überhaupt gemacht? Gearbeitet natürlich und die meisten Abende dann nur das Comm an den Projektor angeschlossen und mich mit langweiligen Videos, unnötigen Chats, sinnlosen Streitereien mit unbelehrbaren Forenusern und ähnlichen Zeitverschwendungen zugedröhnt.

Die Arbeit hatte mich ausgesogen und für mehr war keine Kraft geblieben. Ab und an hatte ich noch ein Bier mit Kollegen getrunken, aber das war eher die Ausnahme. Um mich von diesen düsteren Gedanken abzulenken, widmete ich mich wieder den Ereignissen des Vormittags. Viel getan hatte sich in den Netzen nicht. Es gab einige Reposts, aber das war auch alles. Ich zögerte; die Johanniterbrücke war groß genug, um überwacht zu sein. Wenn man an die Daten herankäme!

Ich schaute nach, ob mein Schulfreund Jérôme online war – er war eigentlich immer online und auch heute enttäuschte er mich nicht. Jérôme war Polizist, Abteilung Internetkriminalität, ließ sich also für das Surfen bezahlen. Ich übertreibe etwas, er war ziemlich gut und hatte sogar bei der großen Wiedehopf-Aktion mitgemacht. Seiner eigenen Aussage nach hatte er eine ganze Subsektion der Bande enttarnt, diejenigen, die die Identitäten für die Überweisungen gestohlen hatten.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie er mir breit grinsend von seinem Erfolg erzählte: »Weißt du, Martin, die ganzen Kollegen konzentrieren sich auf die Technik. Die analysieren Protokolle, Netzwerkverkehr, verfolgen IP-Adressen und Endgeräte – das ist alles schön und recht. Aber weißt du, was man nicht vergessen darf? Mit den Leuten zu reden. Wenn man nur genug Beziehungen hat, dann findet man schon jemanden, der was gehört hat, und so geht’s weiter, bis man schließlich direkt mit den Typen spricht. Das ist der wahre Trick: Die Menschen sind viel dümmer als ihre Technik. Du musst auf die Menschen achten.«

Ich pingte Jérôme an, und nach einem kurzen Hin- und Hergealbere fragte ich ihn, ob er vielleicht an die Daten von der Verkehrsüberwachung in Basel rankäme.

Syracuse > Basel? Ich bin in Marseille!

Martinator > Na, ich dachte nur

Syracuse > Oh Mann. Wichtig?

Martinator > nope

Martinator > Das heißt... 

Syracuse > wichtig

Martinator > Nur so ein Gefühl

Syracuse > *sigh*

Syracuse > wart mal, ich kenn da jemand

Syracuse > was willste genau?

Martinator > Daten von der Verkehrsüberwachung

Martinator > Johanniterbrücke, Westufer

Syracuse > Basel?

Martinator > jupp

Martinator > etwa 8:30

Syracuse > ok

Syracuse > 15 mins

Ich öffnete wieder die Feeds, machte mir nebenher noch einen Kaffee um mein träges Hirn auf Touren zu bringen. Aber das Koffein wollte heute nicht wirken. Gelangweilt klickte ich mich durch meine üblichen Seiten. Die Daily Cartoons waren ok, aber in den Netzen hatte sich nicht viel getan. Als ich sie durch hatte, fing ich wieder von vorne an und jetzt gab es überhaupt keine Änderungen. Das Pingen des Chats rettete mich vor einer dritten Runde.

Syracuse > eh

Martinator > jupp?

Syracuse > weg

Martinator > wie weg?

Syracuse > weg weg

Syracuse > nichts da

Martinator > wtf?

Syracuse > *shrug*

Syracuse > Klingt nicht gut

Syracuse > die Anlage lief, aber die Daten sind weg

Syracuse > letzte Aufnahme 8:13, nächste 9:14

Martinator > ok?

Syracuse > die wurden gelöscht

Syracuse > bewusst

Martinator > gibt’s nicht

Syracuse > *shrug*

Syracuse > lass die Finger davon

Martinator > jupp

Syracuse > ernsthaft. Pass auf dich auf!

Martinator > danke

Syracuse > np

Syracuse > cu

Martinator > bye

 

Wie fest ich meine Zähne aufeinander presste, merkte ich erst, als meine Kiefer schmerzten. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand mit einem Pfosten mitten ins Gesicht geschlagen. Es gab nur einen Grund, warum die Daten gelöscht worden waren: Es war tatsächlich ein Mord gewesen und irgendjemand vertuschte da was. Jemand, der in die eidgenössische Zentrale für Verkehrsüberwachung eindringen konnte. Das war doch unmöglich? Ich musste auf jeden Fall das Comm des Typen loswerden, damit wollte ich jetzt nicht mehr erwischt werden. Sollte ich doch zur Polizei? Ich traute denen nicht, seit ich in meiner Studentenzeit mehrmals eingekesselt worden war. Von daher war ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Stefan Franck/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Eric Hantsch/Zasu Menil.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 26.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6678-2

Alle Rechte vorbehalten

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