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Leseprobe

 

 

 

 

EVA CHRISTOFF

 

 

DIE TERRANAUTEN, Band 3:

Das Kaiser-Komplott

 

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DAS KAISER-KOMPLOTT von Eva Christoff 

 

Das TERRANAUTEN-Glossar 

 

Das Buch

Man schreibt das Jahr 2499 irdischer Zeitrechnung.

Max von Valdec, Vorsitzender des Konzils und mächtigster Konkurrent der terGordens, will das Mistel-Monopol brechen. Sein Ziel ist eine Raumfahrt, die nicht mehr von den Treibern abhängig ist. Für die Verwirklichung seiner Pläne braucht er David terGorden, den jungen Erben des Mistel-Konzerns.

David vagabundiert seit Jahren als Treiber durch die Tiefen der Galaxis. Jetzt muss sich der Konzernerbe entscheiden. Stellt er sich auf die Seite der Herren Terras, oder läuft er zu den Rebellen unter den Treibern über und wird zum TERRANAUTEN?

 

DIE TERRANAUTEN – konzipiert von Thomas R. P. Mielke und Rolf W. Liersch und verfasst von einem Team aus Spitzen-Autoren – erschien in den Jahren von 1979 bis 81 mit 99 Heften und von 1981 bis 87 mit 18 Taschenbüchern im Bastei Verlag. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht die legendäre Science-Fiction-Serie erstmals und exklusiv als E-Books. 

  DAS KAISER-KOMPLOTT von Eva Christoff

 

 

 

  Eigentlich war an dem Raum nichts Bedrohliches. Er war sehr groß, sehr weiß und sehr leer. Leer bis auf Kevin Sheebaugh. Man hatte seinen geschockten Körper einfach gegen die Wand gelehnt. Der junge Mitarbeiter des Biotroniks-Konzerns war vom Kopf bis zu den Zehenspitzen steif wie ein Brett, kaum dass er die Augen bewegen konnte, aber in seinem Hirn brodelte die Angst.  

Die weißen, glatten Wände starrten ihn feindselig an. In zwei Einbauschränken glitzerten irgendwelche Geräte, deren Bedeutung ihm unbekannt war, aber eine Ahnung sagte ihm, dass sie keinen angenehmen Zwecken dienten.

Kevin schloss die Augen. Die Angst erschöpfte ihn. Schritte näherten sich. Gedämpft klangen Stimmen zu ihm herein. Über den bewegungsunfähigen Körper des jungen Mannes floss der Schweiß.

Die Schritte entfernten sich diesmal nicht, sondern verstummten. Die Türflügel glitten beiseite.

»Stellt den Sessel dorthin!«, sagte eine Stimme, die sehr viel Ähnlichkeit mit dem Raum hatte. Sie war ebenso ausdruckslos und doch bedrohlich.  

Sheebaugh zwang sich, die Augen zu öffnen. Es war besser zu sehen, was auf ihn zukam. Zwei Graue stellten sich mit entsicherten Paraschockern neben ihn, zwei andere flankierten einen großen, hageren Mann, der sich in einen schwarzen Weichprotopsessel niederließ, ein fünfter postierte sich vor der Tür. An dem Geräteschrank, der sich in Sheebaughs Blickfeld befand, hantierte eine schmächtige Gestalt in einem weißen, einteiligen Anzug, offenbar ein Wissenschaftler oder Arzt.

»Ich muss an Eure Großmut appellieren«, sagte der Mann in dem Sessel verbindlich. »Sicher werdet Ihr aufgebracht sein über die Art und Weise, in der wir uns Eurer bemächtigten, aber ich versichere Euch, es war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Arbiter Perko wird Euch jetzt ein Gegenmittel injizieren, das Euch die Bewegungsfähigkeit wiedergibt. Ich bin sicher, Ihr werdet Euch nicht zu irgendwelchen unsinnigen Handlungen hinreißen lassen.«  

Der Mann lächelte bei seinen Worten, aber seine Augen blieben so kalt wie die Eispanzer auf Grönlands Bergen. Kevin schauderte und bemerkte gar nicht, dass der Weißgekleidete sich an ihm zu schaffen machte und hastig wieder zurücktrat.

Erst ein schmerzhaftes Kribbeln in seinen Beinen machte ihn darauf aufmerksam, dass er sich tatsächlich wieder rühren konnte. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor, und sofort richteten sich die Paraschocker der Grauen auf ihn. Er lächelte gequält.

»Ich bin gerne bereit, Eure seltsamen Methoden zu vergessen, wenn ich jetzt vielleicht erfahren dürfte, was das alles zu bedeuten hat.«

Sein Gegenüber nickte.

»Mein Name ist von Valdec«, sagte er höflich. »Ich denke, Ihr werdet von mir gehört haben.«

Wieder dieses kalte Lächeln.

»Als Vorsitzender des Konzils der Konzerne lege ich Wert darauf zu erfahren, welche Ergebnisse im Bereich der Mistelforschung erzielt worden sind. Ihr werdet mir das sagen können.«

Kevin Sheebaughs Magen wurde zu einem stählernen Ball. Mit trockener Zunge leckte er sich über die Lippen.

»Auf dem Großen Fest...«, begann er vorsichtig.  

Max von Valdec, der General-Manag des Kaiser-Konzerns, richtete sich aus seiner bequemen Haltung auf. Schmale, langfingrige Hände lagen weich auf den Sessellehnen.

»Junger Freund«, sagte er leise und gedehnt. »Ich möchte vermeiden, dass Missverständnisse aufkommen, die unangenehme Folgen haben könnten... Für Euch. Perko!«  

Das letzte Wort war ein scharfer, peitschender Knall. Sheebaugh zuckte gegen die Wand zurück, duckte sich unter einem Arm hinweg, der von irgendwoher auf ihn zugeschossen kam, und sprang gegen die Beine des Grauen, der vor der Tür stand.

Der junge Wissenschaftler hatte absolut nichts missverstanden. Diesen Raum würde er auf keinen Fall unbeschadet verlassen. Auch nicht, wenn er Valdecs ›freundlicher Bitte‹ nachkam.  

In seiner ohnmächtigen Verzweiflung schleuderte Kevin den Grauen beiseite wie eine Puppe und stürzte sich auf die Tür. Mit der geballten Faust hämmerte er auf die Öffnungstaste an der Seitenleiste. Nichts rührte sich. Schluchzend krallte er die Fingerspitzen in den schmalen Spalt zwischen Wand und Tür und zerrte mit aller Gewalt.

Hinter sich hörte er das leise Lachen Valdecs, und dann traf ihn ein harter Schlag gegen den Nacken, der seinen Kopf nach vorne schleuderte.

Sheebaugh verlor nicht völlig das Bewusstsein. Er merkte, dass die Grauen ihn an den Armen packten und in die Höhe zerrten. Sie schleiften ihn gleichmütig zu einer Liege, die der Weißgekleidete – Perko – aus der Wand geklappt hatte. Der Kopf des jungen Wissenschaftlers baumelte haltlos zwischen seinen Schultern. Um nichts in der Welt hätte er ihn heben können, denn vor seinen Augen rotierte ein feuriger Wirbel aus Schmerz und Übelkeit.

Er schrie auf, als die Grauen ihn auf die Liege stießen und seine Arme und Beine mit breiten Riemen fesselten. Perkos Gesicht beugte sich über ihn, eine spitznasige Drohung, mit wässrig-blauen, grausamen Augen.  

»Nehmen wir Grad IV?«, fragte er erwartungsvoll, ohne den Blick von Kevin Sheebaugh zu wenden.  

Kevin würgte an dem Blut, das aus seiner zerschlagenen Nase in seinen Hals lief. Seine Augen saugten sich an der weißen Decke fest, während er den schlurfenden Schritten Perkos lauschte, der jetzt zum Schrank ging, um seine Gerätschaften zu holen.

»Grad IV«, sagte die Stimme Max von Valdecs. »Aber zu Anfang nur eine Kostprobe. Unser Gut ist ein fähiger Wissenschaftler, eigentlich viel zu schade für Biotroniks, und ich möchte eigentlich im Guten mit ihm zurechtkommen.«  

Kevin konnte den Sprecher nicht sehen, aber er war sicher, dass der Kaiser-Manag wieder auf seine unnachahmliche Art lächelte. Neben der Liege, in Höhe seines Kopfes, stand ein Grauer. An seiner Hüfte hing ein Klein-Blaster, eine Standardwaffe der Grauen Garden für den Nahkampf.

Probeweise bewegte Sheebaugh sein Handgelenk unter der Fesselung, aber der Riemen war so straff angezogen, dass ihm kein Spielraum blieb. Er zuckte zusammen, als Perkos Gesicht wieder auftauchte, eingerahmt von einem blitzenden, halbkreisförmigen Metallrohr mit kugeligen Verdickungen an beiden Enden. Seine Hände, die das Gerät hielten, waren schlaff, blaugeädert und zitterten vor Erregung.

In panischer Angst warf Kevin den Kopf zur Seite, doch es gab kein Entkommen. Das glitzernde Ding folgte ihm und klammerte sich unerbittlich in seinen Ohren fest.

Augenblicklich verstummte jedes Geräusch. Er konnte nicht einmal seinen eigenen hastigen Atem hören, nur sein furchtsamer, stolpernder Herzschlag pochte in der Stille. Mit weit aufgerissenen Augen wartete Kevin auf das Schreckliche, was jetzt kommen musste.

Es begann mit einem leisen, kaum vernehmbaren Summen, das von überall herkommen konnte, nicht unbedingt aus dem Gerät. Er lauschte mit angehaltenem Atem. Hatte von Valdec nur gedroht, um ihn gefügig zu machen?

Das Geräusch wurde nicht lauter, aber es wandelte sich von einem Summen zu einem bohrenden Sirren, das ständig intensiver wurde. Schon verteilte es sich in seinem Kopf, sammelte sich hinter der Stirn und drückte gegen die Augen, bis er das Gefühl hatte, sie müssten zerplatzen.

Mühsam rang er nach Atem. Seine Schädelknochen, seine Trommelfelle vibrierten qualvoll unter dem schwingenden Sirren, das sich ausdehnte und ausdehnte und ausdehnte... Er war nicht mehr Kevin Sheebaugh. Er hatte auch keinen Körper mehr, keine Gliedmaßen. Er war nur noch ein Kopf, der sich zu ungeheurer Größe aufblähte, bis er zersprang. Über seine entsetzten Augen breitete sich ein roter Schleier, und sein Mund füllte sich mit einem schwammigen Klumpen, bis er nicht mehr atmen konnte.  

Kein Geräusch mehr.

»Das war die Kostprobe«, sagte eine Stimme, die unendlich weit weg war.

Kevin Sheebaugh verlor die Besinnung.

Das Erwachen war übergangslos und schmerzhaft. Das grelle Licht stach in seine gepeinigten Augen, und sein Kopf schmerzte noch immer. Man hatte ihn in einen bequemen Sessel gesetzt, und auf einem Tisch vor ihm stand ein großes Glas mit einer klaren Flüssigkeit.

»Trinkt!«, sagte Valdec freundlich, der ihm gegenübersaß. »Es wird Euch gut tun.«  

Sheebaugh ballte die Fäuste. Valdec nahm es belustigt zur Kenntnis.

»Was ist nun mit den Ergebnissen der Mistelforschung?«, fragte er glatt.  

»Damit werdet Ihr nicht durchkommen!« presste Kevin zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Das Mädchen, aus dessen Wohnung Eure Grauen mich geholt haben, wird nach mir suchen lassen. Es wird...«  

Der Kaiser-Manag winkte gleichmütig ab.

»Junger Freund«, sagte er, »was glaubt Ihr denn, auf wessen Veranlassung hin Melda Euch überredet hat, sie in Frankfurt zu besuchen? Melda gehört zum Kaiser-Konzern. Wir haben sie auf Euch angesetzt, um Euch aus Grönland herauszulocken. Also macht Euch keine Hoffnungen. Euch bleibt nur die Wahl zwischen einer Zusammenarbeit mit mir, die ich mit einem interessanten Posten in meiner Forschungsabteilung honorieren werde, oder den unerquicklichen Methoden von Arbiter Perko.«

Kevin senkte den Kopf. Melda arbeitete für Valdec. Und er hatte dieses Mädchen geliebt.

Sein Blick glitt wieder zu dem Blaster an der Hüfte eines Grauen, der schräg neben Valdecs Sessel stand. Er verfügte über ein geringes Potential an Psi-Kräften, das hatte sich bei den Tests, denen die Biotroniks-Wissenschaftler sich unterziehen mussten, herausgestellt. Befreundete Treiber aus Growans Umgebung hatten ihm geholfen, sie weiterzuentwickeln. Ob ihm das jetzt etwas nützen konnte?

»Als Konzil-Vorsitzender muss ich vorausplanen können, und dazu muss ich informiert sein. Growan terGorden verweigert mir jede Information. Ihr begeht aber keinen Verrat an ihm, wenn Ihr mir sagt, warum die Misteln auf die Psi-Kräfte der Treiber ansprechen; welche Form der Energie die Misteln dazu befähigt, mit Hilfe der Psi-Kraft Raumschiffe durch Weltraum II zu navigieren; ob die Misteln auch ohne Treiber...«  

Sheebaugh hörte nicht hin. Sheebaugh hatte geträumt, als Treiber zu den Sternen zu reisen. Dieser Traum war jetzt vorbei, das wusste er. Unter gesenkten Augenlidern konzentrierte er alle Gedanken auf den Grauen, der unbeweglich neben dem Sessel stand. Unendlich langsam und vorsichtig tastete er sich in das Gehirn des Mannes, während er mechanisch zu Valdecs Redestrom nickte, der an seinen Ohren vorüber glitt.

»...welcher Zusammenhang zwischen der Kraft der Misteln und Yggdrasil besteht; ob man die Misteln auch auf anderen Planeten züchten kann; ob Biotroniks eine Möglichkeit gefunden hat, die Energie der Misteln künstlich herzustellen; ob...«  

Undeutlich nahm Sheebaugh wahr, dass Valdecs Stimme schwieg. Der Graue bewegte sich unruhig. Seine Finger nestelten an dem runden Kolben des Blasters.

»Darüber kann ich nichts sagen«, murmelte Kevin zerstreut. »Es haben keine Forschungen stattgefunden. Folglich gibt es auch keine neuen Erkenntnisse über die Wirkungsweise der Misteln.«

Valdec beugte sich vor. Die Maske hochmütiger Gelassenheit war von seinem Gesicht gefallen. Unverhüllter Zorn glühte in seinen Augen.

»Ist das die Wahrheit?«, fragte er zischend.  

Kevin nickte. Biotroniks war ihm gleichgültig. Es ging um Melda. Und um diesen so überlegenen und zynischen Manag, der Menschen und Gefühle zu Zahlen in seiner Geschäftsbilanz herabwürdigte. Der Graue hatte den Blaster aus dem Futteral gezogen. Sein unbeteiligtes Gesicht verriet, dass er sich gar nicht bewusst war, etwas zu tun. Wenn Valdec jetzt den Kopf wandte... 

»Perko kann Trommelfelle zerreißen und aus einem lebenden Gehirn das Blut herauspressen. Sagt mir die Wahrheit, oder Ihr werdet wünschen, nie geboren worden zu sein!«

»Es ist die volle Wahrheit!«, sagte Kevin. »Nach wie vor ist völlig unbekannt, wie und warum die Misteln auf die Psi-Energie der Treiber reagieren und weshalb sie einen Weg durch das zweite Universum finden, in dem es absolut nichts gibt, an dem man sich orientieren könnte.«  

Sheebaughs Stimme wurde lauter und eifriger. Er musste Valdecs Aufmerksamkeit fesseln. Der Graue hob den Arm. Kevin spürte, dass er mit seinen Gedanken auf eine Sperre stieß. Sein Gehirn war so ausgelaugt. Jeder Gedanke schmerzte ihn, und die Anstrengung der Willensbeeinflussung trieb ihn an die Grenze der Bewusstlosigkeit. Hastig nahm er einen tiefen Schluck aus dem Glas, das vor ihm stand. Wäre der Graue nicht so ahnungslos, hätte sein Vorhaben nicht die geringste Aussicht auf Erfolg. Aber er war ahnungslos, und da war Melda. Und Perko wartete. Kevin nahm all seine Kraft zusammen.

Der Graue machte eine halbe Drehung. Er wandte Valdec jetzt das Gesicht zu. Und der Blaster zeigte genau auf Valdecs Kopf. Doch er aktivierte die Waffe nicht. Kevin presste die Zähne zusammen, bis seine Kiefer schmerzten, und ballte die Fäuste.

»Es könnte natürlich sein, dass terGorden den Befehl missachtet hat. Zur Sicherheit wird Perko...«  

Die arrogante Stimme des Manags und der Name Perko genügten, um den verzweifelten Hass in Kevin Sheebaugh explodieren zu lassen. Ein wilder, gnadenloser Befehl hämmerte in das Gehirn des Grauen. Brüllend gellte ein Warnschrei durch den Raum, und von Valdec warf sich vornüber aus dem Sessel. Die grollende Detonation des Blasters ließ den Raum erbeben, und eine Wand barst krachend auseinander.

Der Graue stand völlig verwirrt und machte keine Bewegung, als seine vier Kameraden sich auf ihn stürzten.

Valdec sprang auf die Füße. Sein rascher Blick huschte von Sheebaugh, der vornüber gebeugt dastand, Irrsinn in den Augen, zu dem Grauen, der in völligem Nichtbegreifen den Kopf schüttelte.

»Liquidieren!«, befahl der Kaiser-Manag kalt.  

Sheebaugh fuhr herum. Ein langes, dünnes Rohr deutete auf ihn, die Mündung leuchtete grün. Grün für Tod.

Max von Valdec starrte auf die verkrümmte Leiche des jungen Wissenschaftlers hinab.

»Sammelt terGorden Psi-Begabungen um sich?«, fragte er laut. »Es wird Zeit, ihn unschädlich zu machen.«  

 

*

 

Das Treiberschiff war vor einer Stunde in den Parkorbit um die Erde eingeschwenkt. Zwei Ringos hatten sich an den Ladeluken festgesaugt, und vier weitere warteten darauf, ihren Platz einzunehmen. Das Schiff und die Gleiter trugen alle das rote Symbol ihres Besitzers Norwy van Dyne, Kaste Servis.

Van Dyne war soeben von der Kolonialwelt Syrta zurückgekehrt, wohin ihn die Bitte seines Freundes Growan terGorden geführt hatte.

Norwy van Dyne ging neben dem Fließband her, das die Waren aus den verschiedenen Lagerräumen des Schiffes zu den Ausgabeluken brachte, und winkte David terGorden, der neben dem Hub-Lifter wartete, entschuldigend zu.

»Leider ging es nicht schneller«, erklärte er, als er bei ihm angekommen war. »In den Warenlisten war etwas durcheinander gekommen. Ich habe Henslow die Leitung übergeben, um endlich wegzukommen.«

Sie traten in die Liftkabine, die sie zu den Zubringerbooten brachte. Der Servis musterte seinen jungen Begleiter verstohlen. David, terGorden war fast zwei Meter groß und wirkte trotz seiner 90 Kilo eher schlank. Sein ebenmäßiges Gesicht mit den hochgeschwungenen Brauen über blauen Augen zeigte im Moment einen leicht verunsicherten Ausdruck, der in krassem Gegensatz zu seinem sonstigen selbstsicheren Auftreten stand.

»Und was ist das für ein Gefühl, wenn man nach zehn Jahren wieder nach Hause kommt?«, fragte van Dyne, nur um etwas zu sagen.  

David warf ihm einen raschen, missmutigen Blick zu.

»Auf dem ödesten Asteroiden der Galaxis würde ich mich wohler fühlen als auf Terra!«, antwortete er schroff. »Als ich vor zehn Jahren geflohen bin, habe ich mir geschworen, so lange Treiber zu bleiben, bis ich einen Planeten finde, auf dem man nie den Namen von Terra gehört hat.«  

Der Lift hielt, und van Dyne ließ David den Vortritt. Hinter ihm ging er auf den Ringo zu, dessen Pilot sie bereits erwartete.

»Ich verstehe Eure Erregung nicht«, bekannte er offen. »Warum verabscheut Ihr Terra so?«

»Warum reden Sie mich plötzlich mit Ihr an?«  

»Wir sind bald auf Terra. Die Sitten der Erde.«

David schnallte sich in seinem Sitz fest. Ohne merkbare Erschütterung hob der Ringo sich vom Boden der Schleuse und schwebte in das Weltall hinaus. Durch das Seitenfenster, das den ganzen vorderen Teil des Ringos einnahm, sah man eine Hälfte des grünblauen Planeten Terra, der wie ein farbiger Diamant in der Dunkelheit schwebte.

»Ich verabscheue nicht Terra«, stellte David richtig, »sondern die Zustände, die dort herrschen. Diese hirnlose Einstufung der Menschen in Kastensysteme, durch die ihnen jede freie Entscheidung über ihren Lebensstil genommen wird. Diese zehnjährige stumpfsinnige Ausbildungszeit, bis man mit 30 Jahren endlich die vollen Menschenrechte erhält. Den Menschen ist doch jeder eigene Wille ausgetrieben worden. Eine winzige Gruppe ›Auserwählter‹ vereinigt alle Macht und alles Geld in ihren Händen, die übrige Bevölkerung ist doch mehr oder weniger nur Handlanger. Und Terra schafft es mit diesem System, Hunderte von Kolonialwelten im Griff zu halten. Nur wer jeden Funken Individualität aufgibt, kann unter solchen Umständen leben.«  

Der Servis spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Mit Mühe verschluckte er eine passende Antwort auf diese Beleidigung.

David terGorden bemerkte nicht, wie sehr er den Servis getroffen hatte. Mürrisch

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Eva Christoff/Apex-Verlag. Published by arrangement with Thomas R. P. Mielke and Rolf W. Liersch.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx. DIE TERRANAUTEN-Logo by Arndt Drechsler.
Lektorat: Zasu Menil.
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 10.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6482-5

Alle Rechte vorbehalten

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