JOHN SHIRLEY
Kinder der Hölle
Roman
Apex Horror, Band 32
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Der Autor
Anmerkung des Autors
Edward Lee: Vorwort zur Neuausgabe von Kinder der Hölle
Prolog: Carl Lanyard, 1955
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Carl Lanyard – 1981
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Epilog
Das Buch
Ein uralter, böser Kult, der tief unter New York City lauert, verwandelt U-Bahn-Stationen in blutige Altäre für rituelle Opferungen. Kreaturen aus Blut kriechen die Abflussrohre empor, ein unsichtbarer Höllenhund verschlingt menschliches Fleisch, verwahrloste, brutale Kinder durchstreifen die Straßen bei Nacht und machen aus Mord ein Grauen erregendes Spiel. Carl Lanyard – Schriftsteller und Okkult-Forscher – riskiert sein Leben, seine Liebe und seinen Verstand, indem er den Kampf gegen die unaussprechlichen Mächte der Dunkelheit aufnimmt...
Mit John Shirleys bahnbrechendem Horror-Thriller Kinder der Hölle - erstmals ungekürzt und ergänzt um ein Vorwort von Edward Lee sowie um farbige Illustrationen von Christian Dörge) – veröffentlicht der Apex-Verlag einen der ganz großen Klassiker der modernen Horror-Literatur.
Frühe Ausgaben von Kinder der Hölle / Cellars:
Der Autor
John Shirley, Jahrgang 1953.
John Shirley ist ein vielfach mit Literatur-Preisen ausgezeichneter US-amerikanischer Schriftsteller, Drehbuch-Autor und Musiker. Er gilt neben William Gibson als der stilprägendste Cyberpunk-Autor.
Erste Veröffentlichungen 1979 und 1980: Transmaniacon (Roman), Dracula In Love (Roman), City Come AWalkin' (dt. Stadt geht los, Roman) und Three-Ring Psychus (dt. Die Psi-Armee, Roman).
1982 folgt Cellars (dt. Kinder der Hölle, Roman), der zum wichtigsten modernen Horror-Roman der (19)80er/90er Jahre gezählt wird.
John Shirley war Lead-Sänger der 1978 gegründeten Punk-Band Sado-Nation sowie - in den (19)80er Jahren - der Post-Punk- und ProgRock-Bands Obsession und Panther Moderns.
Von 1985 bis 1990 Veröffentlichung der dystopischen Song Called Youth-Trilogie: Eclipse (dt. Eclipse, Roman), Eclipse Penumbra (dt. Eclipse Penumbra, Roman) und Eclipse Corona (dt. Eclipse Corona, Roman). 2012 erscheint die Trilogie als überarbeitetes und ergänztes Signature-Omnibus unter dem Titel A Song Called Youth.
Weitere bedeutende Romane/Werke: A Splendid Chaos (dt. Ein herrliches Chaos, 1988), Wetbones (1991),...And The Angel With Television Eyes (2001), Gurdjieff - An Introduction To His Life And Ideas (non-fiction, 2004), The Other End (2007), Everything Is Broken (2011), Black Glass (2012), Doyle After Death (2013), Wyatt In Wichita (2014).
John Shirley gilt überdies als Meister im Verfassen von Kurzgeschichten und Erzählungen und hat dementsprechend herausragende Text-Sammlungen veröffentlicht: Heatseeker (dt. Hitzefühler, 1989), New Noir (1993), The Exploded Heart (1996), Black Butterflies (1998), Really, Really, Really, Really Weird Stories (1999), Darkness Divided (2001), Living Shadows (2007) sowie In Extremis: THe Most Extreme Short Stories Of John Shirley (2011). Gemeinsam mit William Gibson verfaßte John Shirley die Kurzgeschichte The Belonging Kind (dt. Zubehör, 1981), welche Bestandteil von Gibsons Textsammlung Burning Chrome (dt. Cyberspace, 1986) ist.
Darüber hinaus schreibt John Shirley zahlreiche Film-Tie-Ins, u.a. Doom (2005), Constantine (2005), Batman: Dead White (2006), Resident Evil: Retribution (2012) und Grimm: The Icy Touch (dt. Grimm: Der eisige Hauch, 2013).
Im Jahr 2012 veröffentlicht Black October-Records John Shirleys musikalischen Back-Katalog: das Mini-Album Mountain Of Skullz und das Doppel-Album Broken Mirror Glass. 2015/16 veröffentlichte Black October-Records beide Tonträger zusätzlich in digitaler Form.
Der Apex-Verlag widmet John Shirley eine umfangreiche Werkausgabe.
John Shirley lebt und arbeitet in Vancouver, Washington/USA.
Anmerkung des Autors
Ich habe diese Ausgabe von Kinder der Hölle in der Art bearbeitet, wie ich es wohl getan haben würde, hätte ich sowohl die Perspektive als auch die Zeit dafür gehabt, als ich das Buch Anfang der 1980er Jahre schrieb. Das grós der Bearbeitungen besteht aus strategischen Kürzungen. Es fühlt sich für mich nun wie ein weitaus stärkeres Buch an.
Kinder der Hölle enthält unverändert einige wirklich großartige Szenen - ich bin stolz darauf, sie geschrieben zu haben, denn sie beschreiben New York City (insbesondere die Lower East Side) in einer Weise, wie ich die Stadt zu jener Zeit kannte. Ich lebte dort und habe darüber geschrieben. Dieser Roman handelt von der damals dort vorherrschenden Atmosphäre - eine Atmosphäre, die gerade jetzt dorthin zurückkehrt, machtvoller als jemals zuvor und die mehr und mehr die Vorstellung untermauert, alles sei erlaubt, wenn es nur zum Erfolg führt, wenn es dich reich, mächtig und berühmt macht. Damals befanden sich Teile von New York City in einem traurigen Zustand des Verfalls. Seither hat es Verbesserungen gegeben, meist jedoch aus Investitions-Gründen und zulasten der Unterkünfte für die Armen. Aber ich habe die Stadt so beschrieben, wie es meiner Sichtweise entspricht.
Ursprünglich enthielt der Roman einen Epilog, in welchem wir erfahren: Nicht alles ist so, wie es am Ende des letzten Kapitels den Anschein hatte. Letztlich überzeugten mich entweder mein Verleger oder meine düstere Stimmung davon, diese Szene zu streichen.
Ich habe mich entschlossen, diesen Epilog aus meiner Erinnerung zu rekonstruieren. Folglich enthält diese Ausgabe eine neue Textpassage – Text, der für dieses Buch unverzichtbar ist.
John Shirley,
April 2006
Edward Lee: Vorwort zur Neuausgabe von Kinder der Hölle
Wahre Geschichte, und ich hoffe, sie sorgt für ein paar Lacher.
Im Dezember 2004 wartete ich am Tampa International auf meinen Flug nach Maryland, wo ich meine Mutter über die Weihnachtstage besuchen wollte. Ich flog also nach Südwesten, doch es gab keine Platz-Reservierungen. Aber: Es gab Boarding-Kontingente, und ich wurde Gruppe A zugeteilt, der ersten. Problem: Steht man ganz vorn in solch einer Gruppe, so muss man sich in der Warteschlange optimal platzieren, bevor mit dem Einsteigen begonnen werden kann. Mit anderen Worten: Man kann nicht sitzen. Man muss stehen. Folglich stand ich in dieser Schlange und las wieder einmal John Shirleys Kinder der Hölle.
Ohne Zweifel ist dies für alle Zeit einer meiner liebsten Horror-Romane und darüber hinaus (meiner Meinung nach...) eines der wichtigsten Bücher seiner Art. Erstmals wurde der Roman im Jahr 1982 veröffentlicht und es brach sogleich die Begrenzungen dessen auf, was wir über das Horror-Genre zu wissen glaubten, bahnte sich seinen Weg in das Zartgefühl der Leserschaft hinein und zeigte jungen Schriftstellern - mich selbst eingeschlossen - einen neuen Weg auf, dem zu folgen lohnenswert erschien. Und ich las ihn aufs Neue am Flughafen, um meine Erinnerung für dieses Vorwort aufzufrischen, welches ich die große Ehre habe schreiben zu dürfen.
Wie auch immer, da stand ich nun, verstehen Sie? In meiner Boarding-Warteschlange, Kinder der Hölle lesend. Just in diesem Augenblick hatte ich das sprichwörtliche Gefühl... beobachtet zu werden. Mehrfach spähte ich über den Rand des Buches und bemerkte sogleich: Es war mehr als nur ein Gefühl. Mehrere Personen in der Reihe bedachten mich mit merkwürdigen Blicken: strenge Grimassen, Stirnrunzeln, Ausdrücke von Missbilligung und sogar von Abscheu. Ich sagte zu mir selbst: Es ist nur Einbildung, vergiss es! Dann stieg ich in den Flieger.
Jetzt saß ich auf meinem Platz, weiterhin lesend, gab keinen Laut von mir, belästigte niemanden. Ich las einfach nur ein Buch und beschäftigte mich mit meinem eigenen Kram.
Aber die Leute starrten mich noch immer an.
Irgendwer kam den Gang herunter und glotzte mich giftig an. Die Lady, die neben mir saß (und die aussah wie Mrs. Howell aus Gilligans Insel), schien sogar alarmiert zu sein. Dann huschte die Flugbegleiterin vorbei, um die Gepäckfächer zu schließen, und selbst sie runzelte die Stirn.
Hing mir etwa ein Popel aus der Nase? Bin ich irgendwie... merkwürdig? Sehe ich aus wie ein Arschloch? Warum starrt mich jeder in diesem gottverdammten Flieger an?
Schließlich kam’s mir in den Sinn... ich drehte mein Exemplar von Kinder der Hölle um, und da standen sie geschrieben, auf dem Buchrücken, in großen roten Blockbuchstaben, Buchstaben, größer als ich sie in meinem ganzen Leben auf einem Buch-Umschlag gesehen habe, diese Worte: FLEISCH FÜR SATAN!
Kein Wunder, dass mich jeder anstarrte als wäre ich der Würger von Boston. In jenen Tagen gab’s eine Menge airline paranoia, und es überrascht mich heute noch immer, dass man mich nicht aus dem Flugzeug geworfen oder mein Gepäck nach Kerzen für Schwarze Messen und nach Baby-Totenschädeln durchsucht hat. Ja, Sir, darum ging’s, alles klar. FLEISCH FÜR SATAN.
Was mich wiederum zu Kinder der Hölle führt.
Die Hauptfigur – der Schriftsteller Carl Lanyard – ist ziemlich untypisch; er ist sowohl wie geschaffen für diese Art von Buch als auch für den Exkurs, der den Leser erwartet. Heuristisch betrachtet lehnt er jegliche traditionellen Werte ab: Ehefrau, Kinder, upper-class-9-bis-5-Büro-Jobs, die allmorgendliche 4-Dollar-Starbucks-Tasse. Stattdessen hat ihn das Leben mit einem unsteten Neo-Existenzialismus geschlagen, egoistisch durch Einsicht, perspektivlos durch Versagen, und er sucht - angesichts seiner völligen Desillusionierung bezüglich dieser modernen Welt mit ihren kommerziellen, kapitalistischen und industriellen Konditionierungen - nach einem Weg zur Selbstverwirklichung. Lanyard ist ein guter Kerl, aber nicht notwendigerweise liebenswert. War Gregor Samsa in Kafkas Metamorphose liebenswert? Natürlich nicht. Doch während seiner ebenso symbolischen wie scheußlichen Transformation wird er von einer weitaus scheußlicheren Welt erleuchtet, sodass er letztlich eine erneuerte, funktionierende Moral aufzubauen vermag. Was Lanyard will, ist: genug Geld, um in einem Zimmer zu sitzen und um dort von früh bis spät schreiben zu können (hey, Augenblick mal – das klingt doch sehr nach mir!), denn indem er das tut würde er tatsächlich den Sinn seines Lebens umsetzen, als menschliches Wesen in einem sehr feindlichen, Sartre-artigen Universum; daraus ergeben sich meine existenzialistischen Anspielungen. Lanyard ist ein Roquentin unserer Tage. Er ist Candide, der nicht am Meer sondern in den Eingeweiden von New York City wiedergeboren wird, in Kanälen und Kloaken und Katakomben und in »endlosen Tunneln, die zu Kellern unter Kellern führen.«
Falls meine Analyse von Lanyard etwas trübsinnig wirkt – verstehen Sie mich nicht falsch. Dies ist lediglich meine vergnügliche Interpretation dieser Figur (denn ich liebe diese Figur!). Kinder der Hölle gibt nicht vor, ein literarisches Ereignis zu sein. Auch handelt es sich nicht um ein moralisches Theaterstück. Es ist kein unterschwelliges Essay über die Unmenschlichkeiten, zu denen der Mensch fähig ist. Und es ist keineswegs ein geheimnisvolles, vorwitziges Symbol für irgendwas. Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre! Ihr Kritiker da draußen wollt wissen, worum es in Kinder der Hölle wirklich geht? Ich werd’s euch sagen:
Es geht um Teufelsanbetung. Es geht darum, seine Seele für Macht und Profit zu verschachern. Es geht um Sex und Gewalt und Dämonen und Ausweidungen, darum, den Hierarchien der Hölle zu huldigen – und es geht um Hündchen, die bis zum Hals eingegraben werden!
Es geht um FLEISCH FÜR SATAN!
Aus folgendem Grund kaufte ich dieses Buch, damals, 1982: Klar gab’s haufenweise cooles Zeug dieses Genres, meist leichte Kost, aber dennoch gute Bücher. Wie auch immer, es gab indes nur wenige Bücher, die wirklich die Eier hatten, das Potenzial des Wortes, welches dem Genre seinen Namen hab (HORROR), zu nutzen, und noch weniger davon durchbrachen die Grenzen in Richtung Hardcore (ich... schweife ständig ab, nicht wahr?). Als ich Kinder der Hölle erstmals gesehen habe, hätte ich’s beinahe nicht in die Hand genommen. Das ursprüngliche Paperback-Cover war nicht wirklich aufregend; fast wäre ich daran vorbei gegangen, weil’s einfach wie eine dieser Tollwütiger-Hund-Romane aussah. Doch dann fiel mein Blick auf eine kleine Zeile unterhalb des Titels – folgendes stand dort zu lesen:
»Steig hinab in die Dunkelheit unter den Straßen der Stadt und stirb in der Hölle.«
Heilige Scheiße! Ist das eine Titel-Unterschrift oder was? (Hallmark sollte diese Zeile in einer Glückwunschkarte abdrucken!). Dann drehte ich das Buch um, und die folgenden drei magischen Worte stachen mir ins Auge: FLEISCH FÜR SATAN.
Nö, das war definitiv kein leichter Horror. Das war keine Sessel-Lektüre. Ab Seite zwölf ließ Kinder der Hölle die Puppen tanzen:
»...Ihr Rock war bis zur Taille hochgeschlagen. Ihre Brüste waren symmetrisch gevierteilt worden - wie Fruchtschnitzen für einen Obstsalat. Ihr Solarplexus war säuberlich geöffnet worden und ebenfalls gevierteilt, und Därme und andere Eingeweide waren freigelegt. Einige Organe - Lanyard war sich nicht sicher, welche - waren heraus genommen, verunstaltet und wieder eingefügt worden. Das Muster der neu zusammengesetzten Organe erinnerte Lanyard an ein chinesisches Schriftzeichen.«
Diese Szene war nur der erste Tropfen in einem sehr großen und ziemlichen wahnsinnigen Eimer voll Blut, den John Shirley über den Köpfen Tausender argloser Leser entleerte - damals, in der kitschigen Zeit von E.T., Mork vom Ork und Cabbage-Patch-Püppchen.
Welch ein wunderbarer Skandal! Welch eine köstliche Missachtung des feigen Mainstreams! Man bedenke: Im Jahr 1982 war’s nahezu unerhört, derart opulente und eindeutige Symbolik in einem Roman vorzufinden, der in Buchläden gleich neben John Saul und Sidney Sheldon stand. Kinder der Hölle war aufregend - nicht wegen der haarsträubenden Geschichte, sondern weil das Buch mir Hoffnung machte. Damals begann ich nämlich selbst als Schriftsteller zu arbeiten, und was ich auf mich zukommen sah war eine langweilige Zukunft, zumindest soweit es den Bereich Horror-Roman betraf - bis ich Kinder der Hölle las. Das Buch öffnete eine Tür für mich. Es zeigte mir, dass auch ich es wagen könnte.
Es hätte eine Menge weitaus markttauglichere Dinge gegeben, die sich John Shirley zu schreiben hätte aussuchen können, als Reagan erstmals ins Amt gewählt wurde. Doch er entschied sich für Kinder der Hölle. Er entschied sich für Hardcore.
Kinder der Hölle sollte sich als eine meiner ausgeprägtesten kreativen Inspirationen überhaupt erweisen. Es erscheint mir beinahe unwirklich, dass ich’s erstmals vor fast einem Vierteljahrhundert gelesen habe (verdammt nochmal, woher kommt bloß all das graue Haar??). Aber nach all dieser Zeit ist’s noch immer einer von sehr wenigen Horror-Romanen, derer ich mich stets entsinne. Weil’s der Vorläufer eines ziemlich großen Stücks vom Horror-Markt-Kuchen des Jahres 2006 ist. Manche Bücher sind zeitlos, immun dagegen, ihren ursprünglichen Glanz zu verlieren, und John Shirley ist mit seinem frühen Meisterwerk eben jenes Kunststück gelungen. Ich hoffe, diese Neuausgabe von Kinder der Hölle inspiriert eine neue Generation von Schriftstellern ebenso wie sie mich inspirierte – vor so langer Zeit.
Fazit: Einer der allerersten Hardcore-Horror-Romane ist auch nach zweieinhalb Jahrzehnten noch immer einer der besten.
Edward Lee –
St. Pete Beach, Florida
20. Januar 2005
Dieses Buch widme ich
Dale Van Wormer,
dem ich Horror-Storys erzählte, als wir Kids waren...
Prolog: Carl Lanyard, 1955
»Vielleicht ist er ein Zigeuner«, sagte der größere der beiden Jungs.
Beide Jungs waren blond und pickelig, und beide waren so alt wie Carl, zehn Jahre. Aber sie waren wesentlich größer als Carl. Er sah zu ihnen auf und hoffte, er würde nicht so trotzig wirken, dass sie seinen Blick als Herausforderung missverstanden.
Der kleinere Junge schnippte mit einem Finger unter Carls Nase. Carl glaubte, er würde geschlagen und zuckte blinzelnd zurück.
Die Jungs lachten. Sie kamen näher, beengten ihn.
Carl fürchtete sich, und zugleich dachte er: Es ist komisch, was man alles bemerkt, wenn man Angst hat. Er hatte sich auch bei dem Begräbnis seines Onkels gefürchtet. Sich gefürchtet, weil er noch nie eine Leiche gesehen hatte und weil er glaubte, dunkle Dinge zu sehen, die sich in der Luft über dem Sarg wanden, obwohl er wusste, dass dort nichts sein konnte. Sich gefürchtet - und doch hatte er bemerkt, dass einer von Mrs. Gilders Schneidezähnen gelber war als die anderen, und nach welchem Putzmittel die Kapelle roch, und dass Mr. Bruckner wiederholt an seiner eigenen Achselhöhle schnupperte, und dass Sandra Springsteen, obwohl es ein Begräbnis war, mit diesem Earl flirtete, dem der Fahrradladen gehörte, und dass Mr. Connely sich flüsternd mit Mrs. Connely stritt, die sich bemühte, ihn zum Schweigen zu bringen.
Jetzt, kurz nach Schulschluss vor dem Wochenende, als sich die beiden Jungen über ihn beugten und ihn zu Boden schlagen wollten, wurde Carl die Spätsommersonne bewusst, die seinen Nacken wärmte, und er nahm den starken Duft nach frisch gemähtem Gras wahr, der von dem Haus gegenüber der Schule herüberdrang, roch außerdem, dass jemand beim Mähen durch einen Haufen Hundescheiße gefahren war, denn der Geruch mischte sich mit dem des frisch geschnittenen Grases; er nahm wahr, dass ein Vogelschwarm in weiter Ferne in unregelmäßig gezackter Formation flog; er sah einen schwarzen Terrier, der einen der Schulbälle davontrug, dann und wann stehenblieb, den erschlafften Ball fallen ließ und darauf herum knabberte wie auf einem Knochen...
Ihm fiel auf, dass ihm, wenn er sich fürchtete, alle Einzelheiten auffielen, bis auf jene, die für den Schrecken verantwortlich waren.
»Ja, ein Zigeuner oder so was«, wiederholte der größere Junge, dessen Name Frank Bonham war, wie Carl plötzlich einfiel, und sein Freund hieß Manny Soundso. Manny zog an einer von Carls schwarzen Haarlocken; Carl riss seinen Kopf frei und versuchte zu lächeln. »Genau genommen«, sagte Carl impulsiv, »bin ich Engländer mit irischen Vorfahren. Meine dunkle Haut kommt von dem schwarzen, irischen Zweig meiner Familie. Seht ihr, die Überlebenden der Spanischen Armada wurden in Irland an Land gespült, und sie haben sich eingeheiratet und - au!«
Manny hatte Carl wieder am Haar gezogen; Franks blaue Augen waren glasig; er streckte die Hand aus und packte ein Büschel Haare auf der anderen Seite von Carls Kopf, zog fest daran, zweimal, und sagte mit der Betonung auf jedem Ruck: »Ich bin Engländer mit schwarzen, irischen Vorfahren!«
»Schwarz? Nigger drin. Das erklärt alles«, sagte Manny.
Sie standen am Rand des Schulgeländes und waren von den Fenstern des Schulhauses aus nicht zu sehen. Niemand sah, wie sich Carl los wand und weg rannte; niemand sah die beiden Jungen, die wie Fernseh-Cowboys, die die Herde zusammentrieben, hinter ihm her schossen und ihm ein Bein stellten, so dass er aufs Gesicht fiel. Sie ließen sich auf seinen Rücken fallen, stießen mit den Knien in seine Rippen und Nieren. Er schrie nur deshalb nicht, weil der Schmerz so stark und so stechend war, dass er vor Erstaunen wie gelähmt war. »Du hast vor Mr. Connelys Haus gestanden und...«
»Lass das, Frank«, fiel ihm der andere Junge ins Wort.
Carl schmeckte Schmutz, und in seinen Ohren dröhnte es. Er glaubte, unter dem Druck auf seinem Rücken in zwei Hälften zu zerbrechen. Frank schlug auf Carls Schädel ein; Carl stellte zu seinem Erstaunen fest, dass er sich Sorgen machte, sie könnten ihm auf einem Stein die Zähne einschlagen und er müsste mit Zahnlücken zur Schule kommen, und alle würden sagen...
Er dachte den Gedanken nicht zu Ende, weil Frank ihm ins Ohr schrie: »Merk dir, dass du nichts zu sehen hast, außer den Dreck unter deiner Nase, du Niggerzigeuner!« Carl spürte die Spucke des Jungen auf seiner Backe. »Du siehst nichts! Du hörst
nichts!«
»Hast du verstanden?« Manny drehte Carl die Arme auf dem Rücken um; Carl spürte, wie sich seine Handgelenke strafften, kurz vor dem Brechen. »Hast du verstanden?«, schrie Manny ihn an.
»Ja, ja, hab' ich«, stöhnte Carl.
Dann war das Gewicht von seinem Rücken verschwunden; der Lärm hatte aufgehört. Er lag allein auf dem Sportplatz. Er hörte das Tapsen ihrer Turnschuhe, als sie fortliefen.
Dann wurde ihm klar - »Du hast vor Mr. Connelys« -, dass Mr. Connely ihnen Geld gegeben hatte, damit sie ihn verprügelten. Also würde er niemandem mehr erzählen, dass er Mrs. Connelys Stimme gehört hatte. Mrs. Connely war tot. Mr. Connely sagte, sie sei von der Leiter gefallen. Ein Unfall. Carl hatte dem nicht widersprochen. Nicht Carl. Er hatte nur ein paar Leuten erzählt, was Mrs. Connely ihm erzählt hat te, als er an dem Haus vorbeigekommen war, in dem sie kurz darauf gestorben war.
Er würde es nicht mehr tun. Nichts mehr hören, nichts mehr sehen. Bis auf die Einzelheiten, die nichts schaden konnten. Bis auf den Dreck unter seiner Nase. Die Jungs machten sich seit zwei Jahren über ihn lustig. Der Schmerz in seinem Rücken sagte ihm: Schluss damit!
Von diesem Zeitpunkt an hörte er die Stimmen nicht mehr, sah nicht mehr die flinken Bewegungen in der Luft, jene Bewegungen, die er Zauberhände genannt hatte, dieses Flattern wie von flimmernden, körperlosen Händen. Keine Stimmen, keine Hände; nichts außer Schmutz. Und die Schulen und die Wege und die Bäume und die Häuser und die Menschen auf dem Schmutz.
1
Carl Lanyard – 1981
Mit leicht zitternden Fingern drückte Lanyard die Nummer in der Telefonzelle. Seine Nervosität kam teils daher, dass er Simon Maguss seinen Misserfolg melden musste. Teils war es auch die Nervosität, die ihn immer plagte, wenn er mit Simon Maguss sprach. Carl Lanyard hatte seinen Arbeitgeber nie gesehen. Sie hatten immer nur telefonisch oder brieflich in Verbindung gestanden - nach Lanyards Auffassung ein unnatürliches Geschäftsgebaren.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«
Lanyard nannte der Vermittlung seine Kreditkartennummer. Er warf einen Blick auf die Uhr - es war zehn Uhr morgens.
Als das Telefon am anderen Ende läutete, warf Lanyard einen Blick über die Schulter auf die Menschenströme, die sich durch den Kennedy International-Airport wälzten. Er runzelte die Stirn, weil er einen Moment lang glaubte, Madelaine Springer am Informationsschalter gesehen zu haben.
Lanyard hatte seine Brille nicht auf; er war sich nicht sicher.
Es war unwahrscheinlich, dass sie hier war. Ein solcher Zufall wäre beunruhigend. Vielleicht konnte er...
»Ja?«, ertönte Maguss' Stimme. Launisch, leicht quäkend, ungeduldig. »Wer ist da? Und warum rufen Sie mich um diese Zeit an?«
»Lanyard. Ich habe angerufen, um Ihnen zu sagen, dass ich zurück...«
»Wohin zurück?«
»Nach San Francisco. Zur Redaktion. Die nächste Ausgabe geht in den Satz. Ich muss noch eine Spalte schreiben, und ich glaube nicht, dass noch Hoffnung besteht, dass ich...«
»Ohne dieses Interview brauchen Sie nicht zurückzukommen, Lanyard.«
»Sie weigert sich, ein Interview zu geben.«
»Was? Sie ist das heißeste und vielversprechendste Medium an der Ostküste. Es ist in ihrem eigenen Interesse, sich interviewen zu lassen. Was hat sie...«
»Sie verstehen nicht, Mr. Maguss. Sie ist nicht daran interessiert, Geld aus ihrer Gabe herauszuschlagen. Sie hat wiederholt Geld zurückgewiesen, und seit einer Weile lehnt sie jegliche Publicity ab. Sie will auch keinen Tests aussetzen. Sie sagt, sie setzt ihre Gabe ein, wenn sie es für richtig hält. Wir haben uns sehr nett unterhalten. Über vieles. Sie lehnt Abtreibungen ab. Aber auf mediale Phänomene ist die Sprache nicht gekommen. Erst ist sie dem Thema ausgewichen, und dann hat sie sich glatt geweigert, darüber zu reden.«
»Das ist bestimmt nur einer ihrer Tricks. Sich scheu stellen, die Unnahbare spielen, Werbung für sich machen, indem man jede Publicity meidet. Also wirklich, Lanyard, bleiben Sie dran. Sie müssen hartnäckig sein.«
»Nein, tut mir leid, aber das geht nicht. Sie können mich feuern. Ich respektiere sie. Ich bin nicht sicher, ob sie medial begabt ist. Ich bin nicht mehr sicher, ob die Leute, über die wir seit zehn Jahren berichten, nicht durch die Bank Betrüger sind. Oder unter Selbsttäuschung leiden. Tut mir leid.«
Er sprach nicht gern mit dem alten Mann. Etwas in Maguss' Stimme ließ ihn an seine Kindheit denken. Wenn er mit dem Alten sprach, wenn auch nur am Telefon, glaubte er manchmal Dinge zu sehen, die sich in seinen Augenwinkeln wanden.
»Ich höre es aus Ihrer Stimme heraus, Lanyard.«
»Was?« Lanyard zuckte. »Was hören Sie?«
»Mit dieser Frau verbindet Sie eine Art Liebesbeziehung. Um es höflich auszudrücken.«
Lanyard war verärgert. Weil es der Wahrheit nahekam. Madelaine und Lanyard beim Abendessen - ihre Blicke hatten sich mehrfach gefunden. Madelaine und Lanyard im Taxi - ihre Knie hatten sich berührt und waren in dieser Stellung verharrt.
»Nein«, sagte er. »Sie täuschen sich restlos.«
»Wirklich?«
»Ich habe nicht die Absicht, diese Frau mit einem Interview zu belästigen. Feuern Sie mich doch.«
»Soll das eine Herausforderung sein?«, fragte Maguss kichernd. »Warten wir ab. Darüber unterhalten wir uns, sobald sie wieder hier sind. Versuchen Sie, den Artikel zu schreiben. Sehen Sie aus dem Fenster, bis Sie eine Vision haben. Suchen Sie Ihre Kindheit in den Wolken. Schließlich schreiben Sie für die Zeitschrift Visionen. Liefern Sie uns eine Vision. Spucken Sie was Schönes aus.« Wieder das krächzende Kichern.
Lanyard hatte etwas gegen Maguss' Humor. »Also gut. Auf Wiedersehen.« Lanyard hängte ein und drehte sich um.
Madelaine Springer lächelte ihn an.
»Wie... äh... wie haben Sie mich hier gefunden?«, fragte er nach einem Moment.
»Hoffen Sie auf eine Darbietung medialer Fähigkeiten?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin hier, weil ich Sie gesucht habe, und ich habe Sie an Ihrer grellrot karierten Krawatte erkannt.«
Lanyard biss sich auf die Lippen, um nicht zu lachen. Er hatte allen Grund, böse auf sie zu sein. »Sind Sie jetzt bereit, mir ein Interview zu geben?«
»Nein. Tut mir leid.« Sie zog seinen Blick auf ihre Augen. »Kein Interview.«
Aus unerklärlichen Gründen war er erleichtert.
»Wissen Sie was, Mr. Lanyard? Ich habe Ihre Zeitschrift heute gelesen, gerade vorhin. Zum ersten Mal. Sie hat mich nie interessiert. Ihr Artikel war grenzenlos skeptisch – beinahe unverschämt, was das Übernatürliche betrifft. Der Rest der Zeitschrift sprüht vor Enthusiasmus. Mir kam alles unecht vor.«
Er nickte versonnen. »Natürlich. Maguss mit seinen Sensationsberichten über Schwindler, Eventualitäten und Unwahrscheinlichkeiten! Für mich springt nur ein unbedeutendes Einkommen dabei heraus. Ich glaube, er druckt mein Zeug ab, damit der übrige Schund glaubwürdiger klingt. Wovon leben Sie? Ich habe Sie mehr als einmal...«
»Ich bin Tänzerin. Zumindest war ich das. Ich habe in einer zweitklassigen Produktion getanzt. Nero. Das war nicht schlecht, und jetzt beziehe ich Arbeitslosenunterstützung bis zum nächsten Engagement. Ich verdiene mein Geld nicht mit Hellsehen, Mr. Lanyard.«
»Ich glaube Ihnen. Sehen Sie - ich würde mich gern noch länger mit Ihnen unterhalten. Das ist mein Ernst. Ganz gleich, worüber. Aber mein Flug wird gleich aufgerufen...«
»Schreiben Sie, solange Sie Aufträge bekommen.« Sie legte zwei Fingerspitzen auf seine Wange, berührte sie kaum... der Pinselstrich eines Künstlers, der fürchtet, den Bildaufbau durch grobe Arbeit zu zerstören. Ein Ziehen in Lanyards Lenden zeigte ihm seine Erregung. Sie ließ ihre Hand sinken, und er drückte ihr die Hand, wobei er diese Berührung in die Länge zog.
Ihre Haut hatte einen schwarzen Schimmer, ihre Augenbrauen waren braunschwarz, die Wimpern dunkel. Die Augen wurden durch einen pfauenfederblauen Lidschatten betont. Ihre Nase war anmutig geschwungen und setzte sich in feinen Grübchen unter den Backenknochen fort. Ihre vollen, ausdrucksstarken Lippen waren dunkelrot geschminkt, die vollkommene exotische Ergänzung zu ihrem wild gelockten, schulterlangen, blauschwarzen Haar. Sie trug eine gut sitzende schwarze Hose, Pfennigabsätze, einen enganliegenden hellblauen Wollpullover und Skarabäus-Ohrringe aus Jade. Ihre Nägel waren kurz und sorgfältig mit dunkelrotem Nagellack angemalt.
Sie war Lanyards Typ.
Widerstrebend murmelte Lanyard: »Ciao.« Und wandte sich um zu Ausgang zwölf.
»United 256 nach Denver und San Francisco, Ausgang zwölf...«
» Lanyard?«
»Ja?« Er drehte sich eilig zu ihr um.
»Sie werden heute nicht nach San Francisco fliegen.«
Noch einmal die flüchtige, elektrizitätsgeladene Berührung an seiner Wange. Dann ging sie.
Er sah ihr nach.
Werd‘ endlich erwachsen, sagte er zu sich selbst.
Lanyard starrte den orangefarbenen Polyesterrücken eines Freizeitanzuges an - sah durch ihn hindurch. Er blickte auf, als er Hände auf seinen Oberarmen spürte. Von beiden Seiten. »Hm?«, sagte er, als sie ihn nach links aus der Warteschlange drängten.
Einer bückte sich, um seine Reisetasche aufzuheben. »Sie sind doch Lanyard?«, fragte einer der beiden Männer, die ihn flankierten. Die beiden wirkten ungepflegt, aber stärker als Lanyard. Sie bemühten sich, auf Vorübergehende freundlich zu wirken, während sie Lanyard mit dem bloßen Druck gegen seine Oberarme abführten.
»Klar ist das Lanyard«, sagte der andere Mann. »Ich hab' mir das Bild nochmal angesehen. Das ist einer von denen mit einem Loch im Kinn. Von denen laufen nicht viele rum.«
Lanyard fuhr zusammen. Das ist ein Grübchen, dachte er. Kein Loch. Laut sagte er: »Könnten Sie mir Ihr Vorgehen zufällig er klären?«
»Polizei«, sagte der Kleinere im dunklen Anzug.
»Lieutenant Gribner will Sie sprechen«, sagte der Große und holte mit der freien Hand ein Dienstabzeichen heraus.
»Eine Art Notmaßnahme. Kein Grund zur Panik.« Sein Tonfall drückte allerdings kein wirkliches Interesse an Lanyards Wohlbefinden aus.
»Was soll das heißen: Kein Grund zur Panik?«, fragte Lanyard und versuchte, sich gegen ihr Schubsen zur Wehr zu setzen. Sie zerrten ihn einfach vorwärts, und die Leute gafften. Es war peinlich. Lanyard ließ sich ergeben abführen.
Sie brachten ihn direkt zu einem Streifenwagen, der an einem Taxistand geparkt war. Lanyard setzte sich zwischen zwei Zivilpolizisten auf den Rücksitz.
»Hat einer von Ihnen jemals eine juristische Vorlesung gehört?«, fragte Lanyard; er bemühte sich, die Hysterie aus seiner Stimme fernzuhalten. »Denken Sie mal daran zurück. Erinnern Sie sich an etwas, das Verfassung heißt? Die Rechte des Verhafteten?«
Der größere Bulle lachte. »Sie sind nicht verhaftet. Sie sollen nur ein paar Fragen beantworten. Wie sollen wir Sie was fragen, wenn Sie im Flugzeug sitzen, Mann?« Der Bulle zwinkerte ihm wahrhaftig zu.
»Aber Sie können doch nicht einfach einen Mann...«
»Moment mal«, sagte der andere Bulle im Ton eines Komikers, der zu einem Witz ansetzt. »Sie sind in der gleichen Lage wie ein Mann auf der Titanic, der darauf beharrt, dass sie nicht untergehen kann, während er ertrinkt.«
Lanyard war der einzige im Wagen, der nicht darüber lachte. Geistesabwesend zog er die Brille aus seiner Manteltasche. Er setzte sie auf und sah aus dem Fenster. Sie fuhren durch Queens und an Unmengen von Graffiti vorbei. Lanyard glaubte manchmal, dass man die Zukunft einer Stadt aus ihrem Graffiti lesen konnte wie Wahrsagungen aus Kaffeesatz. Er sah hinaus in den nassen Oktobermorgen und versuchte, einen Slogan zu lesen, der mit schwarzer Sprühfarbe auf ein Haus geschrieben war. Dort schien zu stehen:
SIEH DEN UNTERGRUND
Dampf stieg aus Schächten auf, kam in Wolken aus Kanaldeckeln.
»Nicht schlecht«, murmelte der Fahrer und hupte, als ihm Taxis die Kreuzung versperrten.
»Schalt die Sirene ein«, sagte der rotgesichtige Mann.
Die Taxis machten dem Streifenwagen unwillig Platz, als die Sirene durchdringend los kreischte. In diesem Moment identifizierte sich Lanyard mit dem nervösen Kreischen; er fühlte eine Sirene in sich selbst aufheulen, und um sie zu übertönen, fragte er: »Worum geht es? Was will dieser Lieutenant von mir wissen? Was ist hier los?«
»Ich weiß nur, dass es um einen Mord geht. Und wir sollen Sie zur U-Bahn-Station bringen. Lower East Side. Die Haltestelle Bleeker Street von der Linie Lexington Avenue. Ich weiß nicht, was los ist.«
»U-Bahn-Station? Sie meinen Polizeirevier?«
»Nein, ich meine kein Polizeirevier.« Der rotgesichtige Bulle war gereizt. »Habe ich Polizeirevier gesagt? Ich habe U-Bahn-Station gesagt. Auf dem Weg sind wir benachrichtigt worden. Im letzten Moment hieß es, wir sollen Sie zur U-Bahn bringen, nicht zur Polizei. Die Polizei erwartet Sie in der Untergrund-Station.«
»Um Himmels willen! Wie lange brauchen wir bis dahin? Ich muss ein Flugzeug erwischen. Wie weit ist es von hier aus?«
»Auf der anderen Flussseite. Wohl von außerhalb, was?«
»Was?«, sagte der Bulle mit den müden Augen. »Hast du nicht gleich bemerkt, dass der nicht von hier ist? Ist doch klar, Mann. Auf den ersten Blick. Stellt seine Tasche auf den Boden. Kümmert sich nicht drum. Zum Teufel, wenn wir nicht gewesen wären, hätte er sie als gestohlen melden müssen!«
Lanyard ärgerte sich darüber, dass man über ihn sprach, als sei er nicht in Hörweite.
Sie fuhren durch Überführungen und durch Tunnels und kamen an einem puertoricanischen Hot-Dog-Pizza-Barbecue-Café vorbei, auf dessen beweglichem Neonschild ein Mann mit einem Messer ein Schwein jagte. Der Arm des Neonmannes hob das Messer und stach zu, hob es und stach zu...
Sie hielten gegenüber von einem blauen Metallgitter an, das die Treppen zur U-Bahn-Station umgab. Treppen, die nach unten führten. Er fürchtete sich zum ersten Mal. Er wollte nicht nach unten gehen.
»Lanyard?«
»Ja?«
»Sie fliegen heute nicht nach San Francisco.«
Okay, dachte Lanyard, sie hatte also Recht behalten. Aber ehe du an Spuk glaubst, solltest du dich fragen, warum sie Recht hatte. Nicht unbedingt aufgrund medialer Fähigkeiten. Vielleicht hatte sie Insider-Informationen. Sie könnte jemanden von der Polizei kennen. Das konnte ihre geschickte, unaufrichtige Art sein, ihn beeindrucken zu wollen. Maguss – könnte richtig liegen.
Doch Lanyard wollte nicht daran glauben.
Die Zivilpolizisten drängten Lanyard die Treppe hinunter. Sie führten ihn durch Dunkelheit und in das graue Licht eines Bahnsteigs. Überall waren Graffiti. Im Halbdunkel fragte sich Lanyard einen Moment lang, ob diese Männer wirklich Bullen waren. Vielleicht brachten sie ihn hierher, um ihn zu töten. Vielleicht.
Ein Aufblitzen von Kunstlicht erschreckte ihn. Es kam von den Blitzlichtern der Polizeifotografen am anderen Ende des Bahnsteigs.
An einer Seite hingen zwei Warenautomaten, die beide aufgebrochen und ausgeräumt worden waren. Ein Gang war abgeriegelt mit einem Schild, auf dem geschrieben stand: DER ZUGANG ZUM BAHNSTEIG NACH UPTOWN IST ZWISCHEN 19 UHR UND 6 UHR GESCHLOSSEN! Die Toiletten waren ebenfalls abgeriegelt. Unter der Decke waren die Wände von Sprüngen durchzogen. Wasser tropfte auf die alten Schienen. In den üblichen muffigen Waschraumgeruch von U-Bahn-Stationen mischte sich der Geruch von etwas anderem. Erst, als sie sich der kleinen Menschenmenge am anderen Ende des Bahnsteigs näherten, erkannte Lanyard den Geruch. »Blut«, murmelte er.
Und außerdem roch man frische Sprühfarbe.
Die Männer am Ende des Bahnsteigs machten Lanyard und den beiden Bullen Platz. Lanyard merkte, dass er gar nicht sehen wollte, was dieser Kreis umschloss. Er ertappte sich dabei, dass er zur Ablenkung die Graffiti las. Größtenteils waren es Namen. Kinder, nahm er an, die versuchten, in der Wirklichkeit Spuren zu hinterlassen und die Bedeutungslosigkeit zu überwinden, die die Menschenmassen von New York mit sich brachten.
»Sie sind Lanyard?«
Lanyard konnte nicht mehr wegschauen. Er nickte, und sein Blick fiel auf die Leiche auf dem Zementfußboden. Es war viel schlimmer, als er erwartet hatte. Er wäre am liebsten vor dem Anblick davongelaufen. Das Dröhnen der Angst und des Abscheus in seinem Innern drang explosionsartig nach außen und ließ die Luft in einem Maß erbeben, dass Lanyard sich wunderte, warum die anderen sich nicht die Ohren zu hielten. Dann merkte er, dass nicht sein eigenes Entsetzen sich nach außen fortgepflanzt hatte (eine Moment lang hatte er sich gefragt, ob nicht irgendwo eine Ölraffinerie in die Luft flog - das Geräusch war so laut, dass es die Wände zittern ließ). Es war eine U-Bahn, die unter unglaublichem Dröhnen, das die anderen nicht zur Kenntnis nahmen, durch den Schacht gefahren kam. Lanyard war unerfahren mit U-Bahnen. Er hatte ihnen immer misstraut.
Was er gesehen hatte, war eine junge Frau, die mit abgespreizten Gliedmaßen auf dem Rücken lag. Ihre Bluse befand sich gemeinsam mit blutiger, zerrissener weißer Unterwäsche an ihren Knöcheln. Ihr Rock war bis zur Taille hochgeschlagen. Ihre Brüste waren symmetrisch gevierteilt worden - wie Fruchtschnitzen für einen Obstsalat. Ihr Solarplexus war säuberlich geöffnet worden und ebenfalls gevierteilt, und Därme und andere Eingeweide waren freigelegt. Einige Organe - Lanyard war sich nicht sicher, welche - waren heraus genommen, verunstaltet und wieder eingefügt worden. Das Muster der neu zusammengesetzten Organe erinnerte Lanyard an ein chinesisches Schriftzeichen.
Ihr Brustbein war aufgebrochen worden; ihr Herz lag braun verkrustet und kaum noch kenntlich unter ihrer rechten Wange, fast auf Höhe des Kinns. Ihr Kopf war nach rechts gebogen.
Eine bewusste Anordnung, dachte Lanyard.
Ein Kreuz in einem Kreis war in die Haut ihrer Stirn geschnitten worden. Ihre Augen waren mit roten Wachstropfen geschlossen worden. Dafür war Lanyard dankbar - dankbar, dass ihre Augen geschlossen waren.
Die Kerzen standen noch da, eine an jeder Ecke des Pentagramms, das - seiner Vermutung nach erst kürzlich - mit Sprühfarbe auf den Beton um sie herum gemalt worden war, von einem magischen Kreis umgeben. Das Pentagramm war rot, der Kreis schwarz. Zwischen den fünf Spitzen des Sterns waren recht unbeholfene Zeichen mit einem Filzstift angebracht worden. Mit einem dicken, blauschwarzen Filzstift. Aramäische, griechische, hebräische, altpersische Zeichen - eine seltsame Mischung.
Eine der roten Kerzen brannte noch. Sie flackerte hämisch im Sog der U-Bahn - der Zug fuhr weiter. Gesichter blitzten auf und musterten die Szene mit Interesse.
Das Mädchen hatte Blut im Mund. Ihre Hände waren geöffnet, schlaff. In einer Hand hatte sie einen Zettel, auf dem etwas stand, das Lanyard nicht entziffern konnte.
Er fühlte sich betäubt. Er war jenseits von Schreien und Würgen. Mein Gott, dachte er, ich hoffe, sie war eine Mörderin. Ich hoffe, dass sie es auf irgendeine Weise verdient hat. Ich hoffe, sie war eine Kindermörderin. Ich hoffe, sie hat es sich selbst zuzuschreiben.
Aber eigentümlicher Weise wusste er, dass es nicht so war.
Ein kleiner Mann mit zwei unterschiedlichen Socken fiel ihm auf. Der kleine Mann
stellte ihm eine Frage. Er stellte sie immer wieder.
»Was?«, fragte Lanyard. »Was haben Sie gesagt?« Der nächste Zug lief ein. Der kleine Mann deutete mit einer Hand auf die Leiche und hielt ihm mit der anderen ein Dienstabzeichen hin. Er war Lieutenant.
»Das!« Er meinte die Leiche. »Das!«, wiederholte er und zog die Schultern in einer Geste hoch, die zu besagen schien: Versteht der Kerl kein Englisch, oder was ist los? Er wies noch einmal auf den Leichnam. »Was wissen Sie darüber?«
2
Alle sahen Lanyard erwartungsvoll an. Der Zug hielt an; einen Moment lang war es vergleichsweise ruhig. Dann bemerkte Lanyard das Aufheulen einer Sirene, das Dröhnen von Wagen, die monotonen Wassertropfen, die durch die Decke auf den Bahnsteig rieselten.
Der Fahrer der U-Bahn sagte etwas Unverständliches in sein Mikrofon; ein chassidischer Jude mit schwarzem Hut eilte die Treppe hinunter und gerade noch rechtzeitig durch das Drehkreuz, um die Türen des Zuges mit seinem Körper zu blockieren. »DIE TÜREN BITTE FREIMACHEN!« Der chassidische Jude hielt seinen Bart fest und quetschte sich durch die Tür. Der Zug fuhr ab und der Bahnsteig hallte von seinen Fahrgeräuschen wider.
Der Chassidim hatte die Bullen nicht bemerkt, die um die Frauenleiche herumstanden.
Lanyard wandte sich an Gribner. »Sie beschuldigen mich...?« Er zeigte auf die Frauenleiche. Er sah mit einem gewaltigen Missverständnis konfrontiert; jemand, auf den seine Beschreibung passte, man hatte ihn vom Bahnsteig laufen sehen, ein Messer in der Hand - eine tragische Ähnlichkeit, die Lanyard in die Gaskammer bringen konnte. Verzweifelt murmelte er vor sich hin: »Aber ich war doch gar nicht in der Nähe...«
Er war erleichtert, aber nicht weniger benommen, als Gribner sagte: »Nein, nein... was? Sie? Nein. Wir... als wir gesehen haben, dass es dasselbe Schema wie bei dem letzten Mord war, die U-Bahn-Station, die Symbole auf dem Fußboden, die identischen Schnitte, dachten wir, dass wir es mit einem Teufelsanbeter der alten Schule zu tun haben, und Sie schienen genau der richtige Mann zu sein, der uns beraten kann. Wir wollten Sie nicht kränken. Wir brauchen Rat, Auskünfte über die Denkweise dieser Leute, über die Natur des Symbolcharakters in diesem Kreis, um den Mörder aufspüren zu können. Ich bin Cyril Gribner. Ich leite die Untersuchung. Tut mir leid, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe.« Er lachte leise. Es klang traurig. Sein Lachen klang immer traurig.
»Ich finde das nicht komisch«, sagte Lanyard.
»Jedenfalls glaube ich, dass sie heute Morgen umgebracht worden ist, zwischen vier und fünf. Spätestens um halb sechs. Sie ist aber erst vor einer guten Stunde gefunden worden, weil die Haltestelle gesperrt war - normalerweise ist sie die ganze Nacht über offen, aber der Fahrscheinverkäufer musste um drei gehen, weil seine Frau überfallen worden ist. Sie lag im Bellevue, in der Intensivstation. Auf die Schnelle war kein Ersatzmann zu finden, und deshalb ist die Haltestelle bis halb zehn geschlossen geblieben. Als sie wieder geöffnet wurde, war das Gitter aufgebrochen - wir glauben, dass der Mörder das Mädchen auf der Straße betäubt, sie hierher gezerrt, das Tor aufgebrochen und sie auf den Bahnsteig gelegt hat...«
»Können Sie sie nicht um Gottes willen endlich zudecken?« Lanyards Blicke wanderten immer wieder zu der Leiche.
»Ich werde mich darum kümmern.« Gribner wandte sich. an einen Mann in Zivilkleidung, der nickte und die Leiche mit einem Tuch zudeckte. »Die Aufnahmen sind gemacht. Also: Wie lautet Ihre Theorie über...«
Lanyard platzte zornig heraus: »Wie kommen Sie dazu, mich ohne jede Erklärung hierher zu schleifen, während mein Flug gerade aufgerufen wird? Es gibt jede Menge Leute, von denen Sie die gleichen Auskünfte einholen können. Der Kurator des Museums für Naturgeschichte oder...«
»Sicher haben Sie Recht, aber meine Frau liest Ihre Zeitschrift; sie lässt sie herumliegen, und manchmal lese ich sie auch. Ich dachte an die Zeitschrift, und ich wusste, dass Sie in New York sind, weil ich Sie in dieser Talkshow gesehen habe. Ich wusste nicht, wo Sie sind, und deshalb habe ich die Redaktion in San Francisco angerufen und bin zu Mr. Maguss durchgestellt worden. Er hat gesagt, er habe gerade mit Ihnen gesprochen und Sie seien genau der richtige Mann. Er hat gesagt, ich solle Sie vor Ihrem Abflug abfangen. Sie seien am Flughafen und wollten gerade nach San Francisco fliegen. Wir haben über Funk zwei Streifenpolizisten am Flughafen informiert. Fast hätten sie Sie verpasst. Ich habe nur Ihr Bild über Telekopierer durchgegeben und vergessen zu erwähnen, worum es geht. Wahrscheinlich dachten die Männer, Sie würden gesucht... ich...«
»Sehen Sie, es gibt andere Leute, die Ihnen helfen können, bessere Leute. Die Art meiner Behandlung gefällt mir nicht. Wenn Sie nichts dagegen haben, mache ich mich jetzt wieder auf den Weg zum Flughafen.«
»Eigentlich hatte ich gehofft, Sie würden hierbleiben und uns helfen. Das ist bereits der zweite Mord dieser Art. Ich habe Grund zu der Annahme dass wir es mit einer Epidemie von...«
»Ich sagte Ihnen bereits, dass ich ungeeignet bin.« Lanyard war wütend über die Art seiner Behandlung, aber in erster Linie wollte er fort von dem, was unter der Decke lag. Seine Hauptangst war, so etwas nochmals ansehen zu müssen.
Er drehte sich um und lief die Treppe zur Straße fast hinauf. Er blieb auf dem Bürgersteig stehen, lehnte sich an einen Briefkasten und schnaufte. Dort, wo keine Aufkleber und keine Sprühfarbe ihn bedeckten, war der Briefkaste blau. Lanyard griff nach der Ecke eines Plakates und riss es vom Briefkasten. Im Moment fühlte er sich zu nichts anderem fähig. Ruf ein Taxi, sagte er zu sich selbst. Aber erst musste er seinem Zorn Luft machen. Er ging zu einer Telefonzelle und wählte Maguss' Nummer. Das Telefon war kaputt. Auf der Suche nach einer anderen Telefonzelle stieg er über einen alten Mann, der dasselbe schmutzige Grau hatte wie der Bürgersteig. Er ist eins mit dem Bürgersteig geworden, dachte Lanyard.
Er fand eine funktionierende Telefonzelle, wählte und gab der Vermittlung die Nummer seiner Kreditkarte durch.
»Ja?« Die Stimme war noch höher vor Ungeduld als beim letzten Anruf.
»Maguss? Die Polizei hat mich also auf Ihre Empfehlung hin vom Flughafen entführt und mich mit einer zerfledderten Leiche auf einem Bahnsteig aufgehalten?«
Maguss lachte. »Sie müssen Lanyard sein. Ich dachte nur, Sie hätten vielleicht Lust, bei der Aufklärung des Verbrechens mitzuhelfen, wie jeder anständige Bürger es tun würde, und außerdem könnte für Sie ein Artikel dabei herausspringen.«
»Ich kündige. Mir reicht's!«
»Schön. Dann arbeiten Sie eben nicht mehr für die Zeitschrift. Dann arbeiten Sie für mich privat an dieser letzten Ermittlung. Ich zahle Ihnen zehntausend Dollar, die Hälfte jetzt, die andere Hälfte nach...«
»Nein!«
»Fünfundzwanzigtausend.«
»Nein.«
»Fünfzig.«
»Ich lasse mich nicht einfach abführen, bloß weil...«
»Einhundertfünfzig.«
Lanyard zögerte. »Sie bieten mir einhundertfünfzigtausend Dollar an?«
»Ja. Fünfzig jetzt, den Rest, wenn Sie hinter die Sache gekommen sind. Abgemacht?«
»Ich...« Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Es war ein Haufen Geld, und Lanyard hatte gelernt, dass Geld in genügender Menge Unabhängigkeit bedeutete. Er strebte seine Unabhängigkeit an. Er wollte nicht für andere arbeiten. Dieser eine Job würde ihm genug bringen - hundertfünfundzwanzigtausend könnte er anlegen, und wenn er sich vorsah, könnte er von dem Rest zwei Jahre lang leben.
Gleichzeitig wollte er Maguss sagen, er solle das Geld ordentlich zusammenrollen und es sich in den Arsch stecken.
Verschiedene Sprichwörter über verpasste Gelegenheiten zogen wie die elektronischen Werbungen am Times Square vor seinen Augen vorbei.
»Scheiße«, sagte er.
»Ich fasse das als ein Ja auf. In welchem Hotel werden Sie wohnen?«
»Im...« Er überlegte es sich anders. »Sie zahlen die Spesen zusätzlich?«
Maguss lachte zustimmend.
»Also gut. Ich wohne im Hilton. Ich gebe Ihnen die Zimmernummer durch. Sie überweisen mir den Vorschuss. Ich mache mich an die Arbeit. Verflucht nochmal!«
»Lanyard, noch ein Rat. Sagen Sie der Polizei nur... äh... was Sie ihr unbedingt sagen müssen. Sie wird es an die Presse weitergeben. Wir wollen die Geschichte für uns haben.«
»Ja.« Lanyard entschied sich augenblicklich, der Polizei alles mitzuteilen, was er für nützlich hielt. Vorenthaltene Informationen konnten die polizeiliche Untersuchung verzögern.
Aber warum wollte Maguss die Polizei austricksen? Die Zeitschrift erschien monatlich. Sie konnte nicht schneller sein als die Tageszeitungen.
Er drehte sich nachdenklich um und trat bestürzt einen Schritt zurück. Gribner stand vor ihm, rauchte und sah in eine unbestimmte Ferne.
»Wie lange hören Sie mir schon zu?«, wollte Lanyard wissen.
»Noch nicht lange. Sie machen einen sehr nervösen Eindruck.«
»Vielleicht macht mich der Anblick von ausgeweideten Leichen reizbar. Aber wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen. Ich habe es mir anders überlegt. Ich nehme an, dass ich mich mit Okkultismus ebenso gut auskenne wie der
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: John Shirley/Apex-Verlag.
Bildmaterialien: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Avon Books/Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Lektorat: Zasu Menil.
Übersetzung: Christian Dörge (OT: CELLARS).
Satz: Apex-Verlag.
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2016
ISBN: 978-3-7396-6916-8
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