Mhmmm… Ich fühle mich so entspannt wie schon lange nicht mehr.
Als erstes vernehme ich die warme Brise die meine Haut berührt, wie ein heimlicher Geliebter. Jedes Zentimeter meiner Haut versucht die Wärme in sich aufzunehmen.
Es ist sehr warm. Doch es ist eher eine angenehme und keine erdrückende Hitze.
Leichter Windzug bringt die Geräusche plätscherndes Wasser rüber. Wahrscheinlich ist es ein kleiner Bach, in dem sich die Fische auf die Güte des warmen Tages freuen. Langsam vernehme ich weitere Geräusche. Vögel führen ungestört ihr Leben.
Irgendwo weiter weg ist ein Specht bei seiner Beschäftigung zu hören. Etwas streichelt mich an der Wange. Kurz halte ich die Luft an und vorsichtig hebe ich meine Augenlider. Es muss ein Vormittag sein und ich blinzle paar Male bis sich die Augen an das helle Licht gewöhnen.
Leicht drehe ich mein Kopf nach rechts und führe meine Hand zur Wange. Ich liege auf dem Rücken am Rand einer Wiese die ziemlich unberührt von Menschenhand aussieht. Paar Meter weiter läuft ein Eichhörnchen auf dem Boden. Sie ist bestimmt auf der Suche nach den runter gefallenen Nüssen.
Diese wird findig und springt auf einen Baum direkt in ihrer Nähe hoch und versucht diesen aufzumachen in dem sie die Nuss wieder runter schmeißt. Meine Augen sind noch zu Müde um alles zu verfolgen und ich beschließe mich meine Umgebung zu genießen, in dem ich meine Augen wieder schließe. Es ist sehr beruhigend. So könnte ich bestimmt noch weitere Stunden verbringen.
Doch mit allem Male sind die in kürze vertrauten Geräusche leise geworden. Nur der Bach ist zu hören. Eine erdrückende Stille. Vorsichtig mache ich wieder meine Augen auf und versuche mich aufzusetzen. In diesen Moment schaue ich schnell an mir runter. Doch…
Für einen Moment vergaß ich meine Umgebung. An mir waren nur die Fetzen von einem Stoff, der ursprünglich wahrscheinlich weiß war, zu erkennen. Das kann man nur raten, denn dieser hat mit Gras und Sandboden eine gemischte Farbe zwischen grün und hellbraun angenommen. Verwunderlich dass diese Stofffetzen überhaupt noch zusammen halten. Sie verdecken gerade noch das nötigste. Um mich herum lagen die Federn verstreut. Was ist hier passiert? Wieso sehe ich so aus?
Von wem kommen diese Federn? Leises Knacken von Holz in der Nähe holt mich in meine Gegenwart zurück. Etwas stimmt immer noch nicht. Vögel singen nicht. Ich versuche so schnell es geht leise aufzustehen und falle wieder fast hin. Etwas stimmt mit meinen Körper nicht. Wann habe ich das letzte Mal gegessen? Was ist als letztes mit mir passiert? Oh nein. Mir ist schwarz vor Augen wegen hektischer Bewegung geworden und ich muss mich hinknien um nicht in die Ohnmacht zu fallen. Dieses Gefühl kommt mir wie das Atmen bekannt vor. Atmung, genau. Ich muss auf meine Atmung achten und daraufhin kehrt mein Wahrnehmungsvermögen wieder zurück. Wieder leises Knacken, doch dieses Mal näher. Ich möchte gar nicht Aufsehen.
Ich muss hier weg. Schnell. Ohne mein Kopf zu heben krabbele ich rechtslang auf meinen Knien bis ich die kühle Baumrinde spüre und versuche mich augenblicklich dahinter zu verstecken.
Dieser Baum ist fast doppelt so breit wie mein Körper und somit kann ich mich gegenlehnen und hoffen, dass die Tiere wieder ihrer gewöhnlichen Beschäftigung nachgehen werden und ich mir nur etwas eingebildet habe. Nach und nach fangen wieder die Vögel an zu singen. Noch kann ich aber nicht erleichtert aufatmen.
Ich spüre immer noch Gegenwart von Jemanden oder Etwas in meiner Nähe.
Meine Hände fangen vor der Aufregung an zu zittern. Mein Herz klopft schnell und laut. Hoffentlich dieses Jemand oder Etwas hört mich nicht. Nach gefühlter Ewigkeit haben sich die Waldbewohner beruhigt und nichts deutet mehr auf das Knacken von Holz. Doch ich habe zu viel Angst zurück auf die Wiese zu schauen.
Am besten bleibe ich weiterhin so leise wie es nur geht. Langsam richte ich mich am Baum entlang aus. Selbst das Krabbeln von Ameisen über meiner Haut stört mich momentan nicht. Auf Zehenspitzen drehe ich mich mit dem Gesicht zur Baumrinde und atme erst mal paar Züge ein und aus. So das haben wir dann mal geschafft. Wie soll ich weiter vorgehen? Wer bin ich? Wo bin ich? Was ma…
„Hey, Arion! Was machst du hier? Komm lass uns zurückgehen. Anderen warten bestimmt schon längst auf uns.“
Woher kommt diese Stimme? Der Stimme nach zu beurteilen gehört sie einem jungen Mann. Ich reiße mich zusammen und versuche lautlos hinter dem Baum zu schauen. Die Sonne scheint immer noch so hell wie zuvor. Doch es sind zwei Gestalten zu sehen. In einer Gestalt kann man ein Pferd erkennen.
Ein sandfarbenes Pferd mit schwarzer Mähne. Diese wiehert und schüttelt ihr Kopf. Das lässt mich schmunzeln. So sieht ein glückliches Pferd aus. Dieser ist ein schöner Hengst mit dem Stockmaß von circa 160 Zentimeter. Ich schaue weiter rechts wo ich eine zweite Silhouette vernehmen kann.
Diese gehört einem jungen Mann, wie ich schon der Stimme nach gut eingeschätzt habe. Er war hübsch und meiner Schätzung nach Mitte zwanzig. Der junge Mann kam an das Pferd und tätschelte liebevoll das Hals. Hengst schubste ihn spielerisch mit seinem Kopf von sich weg worauf er einen leichten stoß von der Seite bekam. Arion drehte sich um und versuchte mit Zähnen nach den jungen Mann zu schnappen.
Er hat schwarze Haare die ihm leicht über seine Augen hingen. Seine Gestalt kam mir zum Schmerzen bekannt vor. Ich verfolgte grübelnd dem Spiel hinterher bis das plötzliche Rauschen von Blättern mich vor Schreck schrill aufschreien ließ.
Viele Vögel die über mir auf dem Baum saßen sind vor Schreck losgeflattert. Mein Herz setze einen Moment aus und im nächsten sah ich eine spitze Klinge direkt vor meine Nase. Diese hält ein anderer junger Unbekannter mit hellen aber hasserfüllten Augen fest. Er hatte einen massiven aber durchtrainierten Körper und mich um einiges überragte.
Unter seinen Blick wage ich mich nicht zu schlucken, geschweige von bewegen. Als er sich vergewisserte das ich keine Gefahr für ihn bin, packt er mich am Hals und zerrt mich auf die Wiese wo ich eben das Spiel noch mitverfolgt habe.
„Arion, Callistus, schaut mal wen ich hier entdeckt habe. Scheint doch Phoebe zu sein, doch ich könnte noch keine Waffen bei ihr entdecken“, teilte der junger Mann mit der Waffe mit, als er mich auf Wiesenboden schubste. Ich verlor das Gleichgewicht und landete auf meine Kehrseite.
Ich versuchte nicht mal aufzustehen. Meine Augen bewegten sich zwischen dem Pferd, Unbekannten mit der Waffe der mit gekreuzten Armen da stand und den schwarzhaarigen jungen Mann. Sie standen vor mir und schauten mich schweigsam an. Als ich in die Augen von dem letzteren schaute durchzuckte mich ein starker Schmerz, dessen ich nicht hinter meinen Zähnen zurück halten könnte und ich stieß einen weiteren Schrei aus. Allmählich verlor ich das Bewusstsein und kehrte in die friedliche Welt der Träume zurück.
Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass es erst halb 5 Uhr morgens ist.
„Das kann doch nicht wahr sein, da nehme ich kurz ein Buch in die Hand und schon verfliegen sechs Stunden rum.“
Immer noch brummelnd stand ich aus meinem Bett auf. Zum Glück stehen meine Hausschuhe immer dort, wo ich sie gestern Abend abgestellt habe.
„Na mein Engelchen, kannst du auch nicht schlafen?“ Unterm Bett tauchte kleine getigerte Gestalt auf. Nur dieses eine Lebewesen schaffte mich für sich zu gewinnen.
„Mrrrr.“ Lowi reibt sich an mich wie jeden Morgen und lief an mir vorbei zur Küchenecke. Da ich mich immer noch nicht in die Bewegung gesetzt habe, dreht er sich um zu überprüfen. „Miauuu“ Ich kann mittlerweile schon ihn verstehen. „Ja ich komme schon!“ Kopfschüttelnd mache ich Kühlschrank auf und suche noch das gute Würstchen für ihn raus.
„Dann lass uns mal frühstücken“ Für mich hole ich Käsepackung und Brot raus. Fleisch zu essen habe ich nie wirklich gemocht. „Na wenigstens du hast einen guten Appetit und kannst dein Essen für uns zwei genießen.“ Kraulend und auf Boden sitzend, beiße ich herzlich in mein Brot mit Käse rein. Schon seit ich mich erinnern kann, habe ich nie Fleisch gegessen. Mir gefällt einfach der Geruch nicht.
Nach dem ich geduscht habe, nichts kann mich davon abhalten morgens früh eine Dusche zu nehmen. Schnell schlupfe ich in meine Sportssachen rein und gehe an die Tür. „Lowi? Kommst du mit raus? Ich gehe bisschen joggen.“
Als ob ich ein Zauberwort ausgesprochen habe, ist mein Schmusekater schon bei mir angelangt. „ Möchtest du heute ein Stückchen mitlaufen oder wirst du mir wieder was zum Essen besorgen?“ Lachend mache ich die Tür auf und wir gehen gemeinsam raus. Wie jeden Morgen bleiben wir eine kurze Zeit vor der Tür stehen und atmen kühle Morgenluft tief ein.
„Wie ich es liebe morgens früh draußen zu sein. Findest du nicht auch, dass es angenehm ruhig immer ist?“ Eine Antwort abwartend schaue ich runter. Mit kurzen „Miau“ verschwindet mein Herzblatt ins Gebüsch. „Na dann jogge ich heute mal alleine.“
Langsam beginne ich meine Runde zu laufen. Was heißt hier Runde. Ich laufe immer unterschiedlich. Es wird doch schnell langweilig, wenn man immer wieder gleiche Strecke abläuft. Zum Glück wohne ich in einem Haus am Arsch der Welt in unserer Stadt. Aus diesem Grund bin ich hier auch als einzige Mieterin. Aber ich finde es ganz schön. Man ist unter sich alleine und direkt daneben ist ein Wald, der für meine Joggingrunden wie geschaffen ist.
„Guten Morgen“, hörte freundlich hinter mir und blieb abrupt stehen.
Ich drehe mich um und sehe eine junge Dame mit einer Reisetasche paar Meter weiter stehen. Komisch dass ich sie nicht bemerkt habe.
„Hi“, antwortete ich nur und drehte mich wieder um.
„Ist das hier Wiesenweg 13?“ Wie nervig diese „Neubewohner“ die nach ein paar Tagen wieder ausziehen sind. Schultern zuckend drehe ich mich wieder zu ihr um:
„Ja, ist es. Nein der Vermieter scheint noch nicht da zu sein. Ja es gibt in diesem Wald Wildtiere. Ja es kriechen im Zimmer Kakerlaken rum.“ Wie auswendig gelernt ratterte ich das runter. Okay, das letztere stimmt zwar nicht, aber was macht es schon ein Unterschied. Sie wird eh demnächst wieder verschwinden. Sie sieht wie eine verwöhnte Barbie aus und somit hat sie hier nix verloren. Vor allem wer reist in High-Heels?
Mit hochgezogenen Augen sah mich die Unbekannte nur an und setzte sich an die Treppen. „Ich warte dann hier, wenn das in Ordnung ist?“, fragte sie mich unsicher.
„Von mir aus, mach was du willst, solange meine Wohnung noch heil steht wenn ich zurück bin!“ Schnell zog ich meine Kopfhörer an und lief endlich los.
Es gibt noch einen Grund wieso dieses Haus so leer steht. Eigentlich gibt es sechs Zwei Zimmer Wohnungen im Haus, doch der Grund für die Leere ist nicht die Entfernung der Stadt. Es sind immerhin 4 Kilometer, sondern ich mochte einfach alleine sein. Wer in den ersten Tagen nicht von selbst auszieht, benötigt wohl bisschen Hilfe dabei.
Grinsend drehte ich mich kurz um, in der Vorfreude dieses Mädchen danach nicht mehr wiederzusehen und sehe nur noch wie eine schwarze Gestalt zur Treppe huscht. Soll mein Lowi doch sie kurz erschrecken, sie wird dann noch schneller weg sein.
Pfeifend zum Lied Happy versuche ich mich zu erinnern seit wann ich schon kein Fleisch mehr essen kann. Meine frühste Erinnerung habe ich mit 6 Jahren. Da wurde ich bei meiner erster Pflegefamilie untergebracht. Dort versuchten sie mich das Fleisch zu essen erzwingen. Nach paar Tagen bin ich von denen abgehauen und bin wieder ins Heim gelandet.
Danach gab es eine neue nette Familie mit zwei Kindern, die auf nette Art versucht haben mit mir. Doch auch dort haute ich nach paar Wochen ab. Die waren mir einfach zum kotzen lieb. Diese Fürsorge, diese Küsse. Pah! Einfach Ekelhaft. Als ob sie mich geliebt haben, vor allem es gibt überhaupt keine Liebe. Sonst hätten meine Eltern mich nicht einfach als Kleinkind in dem Wald alleine gelassen.
Doch bei der dritten Familie blieb ich bis ich volljährig wurde. Sie hatten keine Kinder und es war denen scheiß egal was ich mache und wo ich nachts immer bin. Natürlich dachten sie, dass ich mich mit Jungs treffe und mit ihnen wasweißich treibe, doch mich zu rechtfertigen brauchte ich nie.
Sie kriegten keine Warnung wegen meinen Falschverhalten, ich bleib bei ihnen und machte was ich wollte. Gegenseitiges Einverständnis. Dennoch hatten sie mir eine einzige Regel aufgestellt, ich sollte die Schule besuchen.
Ich war nicht besonders gut in der Schule bis auf Mathematik. Das war der einziger Fach der mich interessierte. Es war alles klar geregelt mit Formeln und strukturiert. Es veränderte sich nicht so schnell wie die Sprache oder die Geschichte, etwas in meinem Leben, das so blieb wie es sollte.
Doch nicht alles blieb wie es soll… Heute ist Sonntag, also muss ich mich beeilen in die Bibliothek heute zu kommen. Zwar hat unsere Stadt nur 25.000 Einwohner, doch unsere Bibliothek ist die größte im Umkreis. Das war einer der Gründe wieso ich hierher gezogen bin. Seit vier Jahren weiß ich nicht was ich bin.
Ich war schon immer anders, das war mir auch so klar. Ich liebte es einfach alleine zu sein und ich liebte Mondschein mehr als die Sonnentage. Doch als ich keinen Schlaf mehr nachts finden könnte und dann noch diese Dinger erschienen sind, ist mir bewusst geworden dass es noch mehr dahinter steckt…
Tag der Veröffentlichung: 01.02.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Danke an alle die sich Zeit für mein erstes Probeprojekt genommen haben, aber auch für die die das Lesen genau so wie ich Lieben!
Natürlich herzlichen Dank an Stefanie Markstoller für das tolle Cover :)