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Kapitel 0

Ein Mann bei Nacht

 

Ich ging mein Tun vor verlassen der Wohnung immer und immer wieder durch. Je öfter ich darüber nachdachte, desto unsicherer wurde ich mir. Nach knappen zehn Minuten gab ich es auf und da wurde mir klar, dass das Gefühl das ich seit meiner Heimkehr hatte, eine Art Vorahnung war, die mir verriet, dass ich so schnell nicht wieder mein Zuhause betreten würde, da ich meine Schlüssel auf der anderen Seite der verschlossenen Tür vor mir liegen gelassen hatte.

 

Widerstrebend holte ich mein Handy heraus um meine Mutter anzurufen. Sie war die einzige Frau, der ich einen Ersatzschlüssel gegeben habe, dennoch war es mir unangenehm ihr gegen über zugeben zu müssen, dass ich, wie ein kleiner, dummer Schuljunge, meinen Haustürschlüssel liegen gelassen habe. Ich war 23 und keine neun! Ach verdammt, ich hatte nicht mal mit sechs meinen Schlüssel vergessen! Ich wählte ihre Nummer, doch kaum hatten wir uns begrüßt ging mein Handy aus. Na toll, der Akku war alle. Ich würde also auch noch von Angesicht zu Angesicht mit ihr reden müssen, mir Blöße geben müssen. Da mir gar nichts erspart blieb, ich keine andere Wahl hatte, hieß es wohl „Augen zu und durch“.

 

Ich hatte mittlerweile jedes Zeitgefühl verloren, musste aber wissen, ob meine Mutter noch arbeitete oder schon Zuhause war, sodass ich zum entsprechenden Ort fahren konnte. Armbanduhren trug ich nicht und da mein wundervolles Handy den Geist auf gegeben hatte, musste ich irgendjemanden nach der Uhrzeit fragen. Natürlich war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, was sich auf meinem Weg bis zur Haltestelle auch nicht änderte. In einem der beiden kleinen, überdachten, windgeschützten Haltestellenhäuschen auf meiner Straßenseite, saß eine junge Frau auf einer der Bänke. Sie sah aus wie Anfang 20. Es war bereits dunkel geworden und sie blickte gedankenverloren in den nächtlichen Himmel hoch. Ich ging auf sie zu und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie erschrak, zuckte zusammen und schaute zu mir auf. Sie wirkte erschrocken, aber nicht verängstigt, obwohl mitten in der Nacht ein ein Meter neunzig großer Mann neben ihr aufgetaucht und kein anderer Mensch in der näheren Umgebung war.

 

Mit einem Schlag wurde mir klar was meine Gedanken bedeuteten. Kein Mensch weit und breit, keine anderen Personen außer uns beide. Nur sie und ich.

Mein Herz fing sofort an wie wild zu rasen.

 

Eine Bahn kam und da sie einstieg, tat ich es ebenfalls, obwohl die Fahrtrichtung eindeutig die falsche war. Kurz vor der Endstation stiegen wir aus Sie ging nach links, also drehte ich mich nach rechts und zwang meinen Körper, mich Schritt für Schritt weiter von ihr zu entfernen. Ich wusste immer noch nicht wie spät es war und dann kam auch noch dazu, dass ich nicht mehr wusste wo ich mich befand.

 

Plötzlich krachte es hinter mir, ich drehte mich um und musste meine gesamte Selbstbeherrschung aufbringen um nicht lauthals los zu lachen. Die junge Frau, der ich gefolgt bin, die mich komplett aus dem Konzept gebracht hatte, schien geträumt zu haben, da sie gegen einer der riesigen Mülltonen, die überall am Straßenrand standen, gelaufen war. Wir starrten uns einige Zeit an, doch mit jeder verstreichenden Sekunde wurde offensichtlicher, was ich mir zu verkneifen versuchte, worauf sie verärgert reagierte, das gab mir den Rest. Ich begann zu lachen und nach einer Weile fing auch sie an zu lachen. Wir lachten immer noch als wir uns umdrehten, um unseren eigentlich Weg fortzusetzen. Dieses mal würde ich wirklich jemanden nach Uhrzeit und Weg fragen müssen. Vorzugsweise einen Mann.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.06.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Story meinem Vater, den ich schrecklich vermisse. Ich hoffe bei ihm läuft es momentan genauso gut wie bei mir.

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