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SWINEMÜNDE - eine Etappe unserer Flucht aus DANZIG

 

                  

Das Passagierschiff Wilhelm Gustloff

 

Mitte Juli 2010 war ich für eine Woche mit meiner Frau, Jutta Hartmann-Metzger, zur Kur in Swinemünde (Polen). Dies war eine sehr große Enttäuschung, die ich in meiner Hotelbewertung deutlich ausgedrückt habe.

 

                    

                      

Schloss Sanssouci

 

Die Reise führte uns mit dem Auto am Freitag, den 16. Juli 2010, über Potsdam, wo wir eine angenehme Übernachtung im "Hotel zum Hofmaler" hatten.

 

 

                     

Gartenanlage Schloss Sanssouci

 

Am Tag der Ankunft wanderten wir durch das Holländische Viertel  zum Schloßpark Sanssouci und waren begeistert.

Die Weiterfahrt auf der Autobahn nach Stettin, am Samstag, den 17. Juli 2010, gestaltete sich in Polen zu einem Horrortrip. Kurz nach Potsdam fing es an zu regnen und wurde auf der Weiterfahrt immer stärker. Mit der schlechten Autobahn (die Betonplatten waren versetzt) gestaltete sich die Fahrbahn zu tiefen Wassergräben und die Benutzung wurde sehr riskant. Erst mit dem Ende der Autobahn (nach Stettin) verbesserten sich die Strassenverhältnisse und auch der Regen ließ nach. Als wir dann wohlbehalten in der Nähe von Swinemünde ankamen, erlebten wir die nächste Überraschung, denn wir befanden uns auf der Insel Wollin und mußten mit einer "kostenlosen" Fähre nach Swinemünde (auf der Insel Usedom) übersetzen.

 

                    

                      

Die Fähre nach Swinemünde

 

                        

                   

                        

Villa Herkules

 

Dort gab es noch ein einmal ein Verwirrspiel mit den polnischen Strassennamen. Aber mit einem kostenlosen Stadtplan vom örtlichen Tourist-Büro und der ausgezeichneten Orientierungshilfe meiner Frau fanden wir dann doch unser reserviertes Hotel "Villa Herkules". Sofort parkten wir unser Auto im geschlossenen Bereich hinter dem Hotel (Parkgebühr 7 Euro/Tag) und benutzten es erst mit der Abreise, am Samstag, den 24. Juli 2010, wieder. Die Heimfahrt gestaltete sich sehr viel einfacher, denn wir fuhren bei Ahlbeck (Usedom) über die Grenze und über die Bäderstrasse nach Wolgast (mit der blauen Klappbrücke). Von dort war es nicht weit bis zur Autobahn A20 nach Lübeck.

 

Ein anderes Interesse, das mit meiner speziellen Biographie zusammenhängt, konnte ich jedoch ganz gut befriedigen. Immer wieder führt mich meine Frau - offensichtlich unbewußt - mit ihren Reiseentscheidungen an Plätze, an denen ich in meiner frühen Jugend schon einmal gewesen bin. Im Oktober 2008 waren wir beispielsweise am Titisee. Dort war ich bereits im Sommer 1959 im Rahmen einer 14-tägigen Radtour mit Freunden über den Schwarzwald zum Rheinfall von Schaffhausen und weiter zum Bodensee. Darüber habe ich kurz in meinem Reisebericht "BORNHOLM - mit dem Fahrrad auf Inseltour!" geschrieben.

 

Ursprünglich wollten  in Marienbad kuren. Das war aber meiner Frau zu sehr nach dem Zuckerbäcker-Stil und sie entschied sich für eine Kur in Swinemünde (Polen). Es überraschte mich, denn Swinemünde war der Hafen, in dem meine Mutter mit mir auf der Flucht von Danzig Ende Januar 1945 an Land gegangen war.

 

Da ich autobiographische Reiseberichte schreibe, zählt meine Flucht (im Alter von ca. 8 Wochen) mit meiner Mutter zur dramatischsten und gefährlichsten "Reise" meines Lebens.

 

Vor einiger Zeit erinnerte ich mich an eine Kladde, in die mein Vater im Mai 2002 (während seines Krankenhausaufenthaltes in Schwetzingen) autobiograhische Notizen über sein gesamtes Leben geschrieben hat. Meine Mutter lag zu diesem Zeitpunkt im Koma in demselben Krankenhaus. Sie ist am Samstag, den 25. Mai 2002, im Alter von 79 Jahren verstorben. Mein Vater verstarb ein halbes Jahr später, am 8. Dezember 2002, im Alter von 81 Jahren.

 

Am 10. November 2001 hatte ich - während eines Besuches in Brühl - meine Mutter um nähere Informationen über unsere Flucht aus Danzig gebeten. Erstmals erfuhr ich von der "Wilhelm Gustloff". Auf diesem - später versunkenen - Schiff sollten wir Richtung Westen gebracht werden. Zu unserem Glück war aber auf diesem Schiff kein Platz mehr für uns. Etwas später wurden wir mit dem Schnellboot-Begleitschiff "Tanga" aus Gotenhafen abtransportiert. Unterwegs bat meine Mutter den Kapitän, in Swinemünde von Bord gehen zu dürfen, da sie unbedingt meinen Vater treffen wollte, der dort als Exerziermeister für die U-Bootbewaffung stationiert war. Alle anderen Passagiere (Frauen und Kinder) wurden nach Dänemark ins Internierungslager gebracht. Nach meiner Rückkehr aus dem Kur-Urlaub in Swinemünde nahm ich Kontakt mit meinem jüngeren Bruder Bernd auf, da dieser die Kladde meines Vaters besitzt, und bat um die entsprechenden Auszüge.

 

                     

                        

Kutschfahrt durch Swinemünde

 

Diese habe ich kürzlich erhalten. Nun erst wurde mir klar, warum es mich "intuitiv" nach Swinemünde hingezogen hat und ich meine Frau über die Enttäuschung mit Swinemünde hinwegtröstete: Ich wandelte - nach 67 Jahren - wieder auf den Spuren meines Vaters, meiner Mutter und meinen eigenen (im Kinderwagen). Jetzt verstehe ich, warum wir in Swinemünde eine "Stadtrundfahrt" in der Kutsche unternommen haben und auch hier erst einmal enttäuscht wurden.

 

 

 

                    

Familie Scharper in DANZIG (X)

 

 

 

      

Hochzeitsphoto meiner Eltern am 16. Januar 1943

 

Mitte 1943 wurde mein Vater von Libau (heutiges Lettland) als Exerziermeister nach Swinemünde versetzt. Für den Besuch seiner Familie in Danzig-Langfuhr bekam er einen Tag frei und konnte erstmals sein erstes Kind (meine im Dezember 1943 an Lungenentzündung verstorbene Schwester Karin) in den Arm nehmen. Vor der Stationierung in Libau war mein Vater seit 1942 in Neufahrwasser an der Weichsel-Mündung stationiert (siehe Landkarte von 1940). In der Nähe befand sich die Westerplatte. Diese wurde von der deutschen Kriegsmarine am 1. September 1939 beschossen. So begann der schreckliche 2. Weltkrieg, an dessen Ende meine Mutter mit mir ihre Heimat vor der anrückenden russischen Armee verlassen mußte. Mein Vater verbrachte seine Freizeit mit Marine-Freunden öfters in Danzig-Langfuhr und lernte hier meine Mutter kennen. Ihre Familie hieß Scharper und wohnte im St. Michaels Weg 22 in der Nähe der Blindenanstalt im Süden (siehe Kartenausschnitt). Daneben befand sich die Baufirma König, für die mein Opa Felix damals als Platzverwalter arbeitete. Meine Mutter hatte im Kaiser's Kaffee Geschäft in Danzig-Langfuhr gelernt und war dort Verkäuferin. Als mein Vater sie kennenlernte, war sie 19 Jahre alt.

 

Meine Eltern hatten am 16. Januar 1943 bei bitterster Kälte in Danzig geheiratet. Selbst seine Eltern (meine Großmutter Eva und mein Großvater Jakob) waren die lange Strecke zur Hochzeitsfeier aus Brühl bei Mannheim angereist. Es war deren erste größere Reise. Mein Vater beschrieb in seinen autobiographischen Notizen eine lustige Begebenheit vorm Standesamt. Er hatte seine schmucke Marine-Uniform an und dazu neue Schuhe mit einer Ledersohle. Alle warteten auf die Hochzeitskutsche mit Opa Kuschel (der Vater meiner Oma Grete) als Kutscher. In der linken Hand hielt mein Vater das Familienstammbuch und in der rechten Hitlers "Mein Kampf". Plötzlich kam er wegen der glatten Schuhe ins Rutschen und landete auf dem Hinterteil. "Das fängt ja gut an!" schrieb er 60 Jahre später.

 

Die Ankunft in Swinemünde war auch für ihn erst einmal sehr enttäuschend, denn seine Unterkunft waren einfache Holzhütten, die mitten im Wald lagen - weit weg von Swinemünde. Unsere Kutschfahrt führte uns in die Nähe, als wir das Fort Engelburg und das Westfort besichtigt haben. Denn ich entdeckte im Wald entsprechende Gebäude. Von dort führte uns der Weg zur Strandpromenade und den mondänen Villen aus der Zeit Theodor Fontanes (sein Vater war Apother und betrieb die Adler-Apotheke an der Strandpromenade).

 

 

                      

Pension Herkules

 

 

                           

                      

Stadtplan Bad Swinemünde

 

Meine Mutter besuchte ihn öfters in Swinemünde und war in einer der Pensionen von Swinemünde einquartiert. In unserem Hotel "Villa Herkules" entdeckte ich als Bild an der Wand eine Werbebroschüre des Hotels vor dem Kriege. Damals hieß es "Pensionshaus Herkules", lag an der Friedrichstrasse und besaß auch ein Restaurant mit Namen "Herkules". Ich entdeckte auch einen alten Stadtplan. Damals hieß der Ort "Bad Swinemünde" mit einem Kurhaus und entsprechenden Kuranlagen. Davon gibt es heute nichts mehr! Und deshalb wiederhole ich meine Behauptung: den Kurgästen wird heutzutage in Swinemünde eine Mogelpackung angeboten, die von den Krankenkassen teilweise finanziert wird.

 

Nun erlauben Sie mir, zu spekulieren! War meine Mutter vielleicht im "Pensionshaus Herkules" einquartiert? Leider kann ich sie nicht mehr fragen. Der Dienst, den mein Vater damals als Exerziermeister bei der U-Boot-Waffe schob, war "zugegebenermaßen" ein sehr ruhiger. Er konnte meiner Mutter - so schrieb er - sogar bei Übungsfahrten auf der Ostsee mitnehmen ("so konnte sie unsere Lage und Sprüche besser verstehen"). Ausgehend von den hohen Verlusten bei der U-Boot-Waffe während des 2. Weltkrieges, hatte er großes Glück. Nach dem Tod ihrer ersten Tochter Karin besuchte meine Mutter im Februar 1944 wieder meinen Vater in Swinemünde. Sie äußerte einen erneuten Kinderwunsch, der mit mir am 13. November 1944 in Danzig-Langfuhr in Erfüllung ging.

 

Ich möchte behaupten, dass auch meine Mutter und mir das Glück geneigt war. Das zeigte sich deutlich bei unserer Flucht aus Danzig Ende Januar 1945. Damals waren die Russen bereits bis nach Hinterpommern vorgedrungen und der Landweg war versperrt (Danzig wurde im März 1945 erobert). Die Flucht über Land war nicht mehr möglich. Meine Mutter hoffte mit mir auf eine Möglichkeit, mit dem ehemaligen KfdF-Kreuzfahrtschiff "Wilhelm Gustloff" herauszukommen. Dies klappte nicht. Das schlimme Schicksal mit der torpedierten "Wilhelm Gustloff" zu ertrinken, blieb uns erspart.

 

Unsere Rettung war das Schnellbootbegleitschiff "Tanga" (ich hatte von meiner Mutter die falsche Bezeichnung "Tanger" verstanden). Der Name stammt von der Hafenstadt Tanga in der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika (heute Tansania). Das Schiff wurde 1937 auf der AG Neptun-Werft in Rostock für die chinesische Marine gebaut. 1938 wurde es halbfertig von der Kriegsmarine übernommen. Die Indienststellung war am 21. Januar 1939 mit der Zuteilung zur Schnellbootflottille. Das Boot war 96,32 m lang, 13,63 m breit und hatte eine Tiefe von 4,14 m. Die Wasserverdrängung betrug 2.100 Tonnen. Es war mit zwei MAN-Dieselmotoren mit jeweils 4.100 PS ausgestattet. Mit dem VULCAN-Getriebe erreichte es eine Höchstgeschwindigkeit von 17,5 Knoten. Der Aktionsradius betrug 8.460 Seemeilen bei 9 Knoten und 5.000 Seemeilen mit 15 Knoten. Als Bewaffnung waren zwei 10,5 cm Geschütze, zwei 3,7 cm Flak und eine 2 cm Flak vorhanden. Die Besatzung betrug 225 Mann.

 

Bis Mai 1942 diente die "Tanga" als Stabsschiff für Admiral Schmundt in Kirkenes/Nordnorwegen. Danach wurde sie dem S-Boot-Schulverband in der Ostsee bis zum Kriegsende zugewiesen. Nach dem Krieg gehörte das Schiff bis zum 3. Dezember 1947 zum Minenräumdienst. In der Folge wurde es von den Amerikanern beschlagnahmt. Am 8. Juni 1948 kaufte das Boot die dänische Marine und rüstete es in Kopenhagen um. Es wurde am 12. Dezember 1951 unter dem Namen AEgir (Kennung A560) als Tender, Befehlsschiff und Schulschiff in Dienst gestellt. Im September 1964 diente es als Flaggschiff der königlich-dänischen Flottille, die anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten des griechischen Königs Konstantin II. mit der dänischen Prinzessin Anne-Marie nach Griechenland fuhr. Danach war es wieder Schulschiff. Am 10. Januar 1967 wurde es es außer Dienst gestellt, am 20. Juli 1967 verkauft und anschließend abgewrackt.

 

Das Schiff, das meine Mutter und mich in den rettenden Westen nach Swinemünde brachte, fuhr weiter nach Dänemark und lieferte die übrigen Frauen und Kinder ins Internierungslager ab. Von meiner ersten Frau ULLA weiß ich von einem ähnlichen Schicksal, das sie als 6-jähriges Mädchen mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern (ihr Vater war vermißt) von Memel über die Ostsee nach Aarhus führte. Dort mußte sie bis 1949 ausharren, bevor sie mit ihrer Familie nach Süddeutschland (in die Nähe von Bühl) kam. Wir lernten uns 1968 in Karlsruhe beim Fastnachtsball in der Schwarzwaldhalle kennen und heirateten am 31. Mai 1969. Im Lager in Aarhus kümmerte sich ein älterer Däne um Ulla und wiederholte dabei immer wieder folgenden Satz: "Smukke pige, jeg elsker dig! ("Hübsches Mädchen, ich mag Dich!"). Damals konnte meine Fau den Satz nicht verstehen. Dies klappte erst 1977 als wir nach Kopenhagen zogen, wo ich über drei Jahre bei der internationalen Ingenieurfirma NIRO ATOMIZER A/S arbeitete. Meine dänischen Kollegen waren begeistert, dass ich schon nach sechs Monaten fließend dänisch sprechen konnte.

 

Wie ging mein Vater mit der Situation um, als er erfuhr, dass die "Wilhelm Gustloff", mit der meine Mutter und ich aus Danzig flüchten wollten, untergegangen war? Am besten und eindrucksvollsten sind seine eigenen autobiographischen Notizen zu diesem Thema:

 

Von Wally bekam ich die Nachricht, dass sie mit Kind auf die Gustloff kam. Der Russe stand bald vor Danzig. Zig Flüchtlinge trafen am Ufer ein, um mit einem Schiff rauszukommen. Wally kannte ja unser Lager im Wald, wußte aber nicht, was sich hier tat. Jedenfalls besorgte ich in der Stadt ein Zimmer, wo Wally und Klaus (ca. 5 Wochen alt) Unterkunft hatte. Ich besorgte noch Heizmittel und Essen, damit es auch so an nichts fehlte. Wir luden Flüchtlinge aus Zügen vom Osten aus, wo auch manches Kind totgetrampelt oder sonst ums Leben kam. Es wirkte wohl auf mich. Meine Familie kam ja mit der Gustloff raus. Aber dann: die Gustloff war in der Danziger Bucht torpediert worden und Tausende kamen dabei ums Leben. Wir betreuten weiter die Mengen von Flüchtlingen. Nach ein paar Tagen kamen unsere Leute und meinten: "Meine Familie war doch auch auf der Gustloff!" Sie hätten ein paar Gerettete hier ins Lager bekommen. Ich ging hin und sprach mit ihnen. Aber sie konnten mir das Grauen über ihre ertrunkenen Eltern so nicht erzählen. Auch dass viele Menschen mit dem Schiff untergingen. Es war ja nicht viel Hilfe mit Booten da.

Nun hoffte ich, dass ich auch von Wally etwas erfuhr. Von dem vielen Leid und Elend, das wir auch von den vorbeiziehenden Menschen erkannten und sahen. Oft waren auch meine Sorgen vergessen. So ca. 10 Tage nach dem Untergang der Gustloff machte ich mich auf den Weg, um das reservierte Zimmer abzubestellen. Ich lief auf der rechten Seite in Richtung Stadt. Auf der anderen Seite fuhr eine Frau mit Kinderwagen. Ich machte mir keine Gedanken darüber, was die wohl vorhatte. Ich sah sie nicht an. Aber die fragte mich: "Papa, kennst Du mich nicht?" Wirklich, meine Frau stand mit Kinderwagen vor mir! Na, sagen konnte ich wohl nichts, denn eine Kiste voll Sorgen fiel mir vor die Füsse. Wir gingen zu dem jetzt nötigen Zimmer. Ein Boot-Mutterschiff hatte Frauen und Kinder noch aus Danzig geholt. Alle Gäste sollten nach Dänemark - dort interniert und verpflegt werden. Meine Frau aber konnte den Kapitän so belabern, dass er sie nach Swinemünde brachte und von Bord zu ihrem Mann gehen ließ. Da Swinemünde bald ausgehungert war, mußte meine Frau auf dem zuständigen Amt um Lebensmittelkarten bitten und wegen Wohnzeit fragen. Freudestrahlend erzählte sie mir, sie dürfe 2 Tage bleiben - dann müsse sie aber weiterziehen. Nach zwei Tagen setzte ich sie in einen Zug in Richtung Süddeutschland.

 

 

                       

Familie Metzger in Brühl 1948

 

Der weitere Ablauf der Flucht ist schnell erzählt! Nach unserer Abreise wurde mein Vater zur Bewachung eines U-Boot-Bunkers nach Hamburg abkommandiert. Meine Mutter lernte im Zug eine junge Frau aus Hamburg-Barmbek kennen, die Unterkunftsmöglichkeiten für uns hatte. Alleine suchte meine Mutter ihren Mann in Hamburg. Am dritten Tag fand sie ihn. Sie konnten noch einmal zwei Tage miteinander verbringen. Dann reiste meine Mutter mit mir weiter zu den Eltern meines Vaters, die in Brühl bei Mannheim lebten. Mein Vater kam am 2. Mai 1945 in der Nähe von Lüneburg in englische Gefangenschaft. Das Sammellager lag an der Elbe und er konnte am anderen Ufer russische Soldaten sehen, die dort patrollierten. Anfang September 1945 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen. Er hatte sich einen schwarzen Vollbart zugelegt. Als ich ihn erstmals sah, soll ich weinend davongelaufen sein.

 

Das erste Familienbild aus dem Jahre 1948 zeigt meine Eltern mit den Kindern. Meine Mutter hat meinen Bruder Bernd auf dem Schoß, der am 31. Mai 1947 geboren ist. Ich mache einen "stabilen" Eindruck und scheine körperlich die Strapazen der Flucht gut überstanden zu haben. Nur in der Psyche sind noch Spuren geblieben (Diagnose: vegetative Dystonie). Sechs Jahre später (Sommer 1954) fuhr ich alleine mit dem Zug von Mannheim nach Hannover, um die Ferien bei Tante Margot (der Schwester meiner Mutter) und ihrer Familie zu verbringen. Darüber berichte ich in meinem weiteren Reisebericht (Thema: "Reisen meiner Jugend").

 

Nachtrag:

 

 

 

Im Sommer 2018 informierte mich mein Sohn Jochen, der in der Nähe von Berlin lebt, dass er ein fast neues Buch mit dem TItel "Die Gustloff-Katastrophe" von dem Überlebenden Heinz Schön gefunden hätte. Er hat mir das Buch zugesandt und ich habe es - nach einigem Zögern - sehr erschüttert gelesen, da ich einige wichtige Details erfahren habe, die ich noch nicht kannte. Das Leid, das meine Eltern in den 10 Tagen nach dem Gustloff-Untergang am 30. Januar 1945 in Gotenhafen bzw. in Swinemünde widerfahren ist, kann ich aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehen.

Sommerferien 1954 - alleine mit dem Zug nach HANNOVER

Sehr gut kann ich mich an die ersten Besuche meiner Tante Margot (die Schwester meiner Mutter), Onkel Heinz und der kleinen Christiane (sie war am 21. Januar 1947 geboren) im Mai 1949 bei uns in Brühl in der Wilhelmstrasse erinnern. Ich empfand sie als sehr streng und mißachtete ihre Versuche, mich erziehen zu wollen: "Wenn Du nicht brav bist, dann kommst zum Oetchen - sollte wohl Schweinchen heißen!" Einmal gingen wir zusammen zu Herrn Stadler um die Ecke, um bei ihm Spielzeug zu kaufen. Sein Haus befand sich am Meßplatz. Zu dieser Zeit verkaufte er seine Spielzeuge gewissermaßen im Wohnzimmer. Später richtete er sich in Schwetzingen einen großen Spielzeugladen ein. Sein Sohn war ein Freund von mir.

 

 

                   

Familienbesuch in Brühl

 

Bei einem Spaziergang durch mein Heimatdorf Brühl entstand das Foto vor dem Denkmal. Onkel Heinz war offensichtlich der Fotograf. Als mir kürzlich meine Cousine Malli (Tante Margots zweite Tochter - geboren am 12. August 1949) zahlreiche Erinnerungsfotos zuschickte, hat mich dieses frühe Foto aus meiner Jugendzeit (ich war ca. 4,5 Jahre alt) mit dem "knappen" Trachtenjanker belustigt. Neben mir steht mein Bruder Bernd, der damals 2 Jahre alt war. Da ich mir über den Ort der Aufnahme nicht ganz sicher war, habe ich die Web-Seite meines Heimatdorfes Brühl überprüft und fand ein Foto von dem Denkmal. Man kann auf dem Bild auch sehr gut erkennen, dass es sich neben der Evangelischen Kirche im Brühler Zentrum befindet.

 

 

                     

Das heutige Kriegerdenkmal

 

Onkel Heinz hatte die Baufirma seines Vaters in Groß-Giesen (heute Giesen) bei Hildesheim übernommen und konnte sich nach der Währungsreform 1948 schon einen großen, schwarzen Mercedes leisten. Das imponierte mir und die Ausflüge in die nähere Umgebung waren für mich ein Freudenfest. An einen größeren Ausflug nach Speyer mit dem Dom kann ich mich sehr gut erinnern. Wir fuhren über den Nachbarort Ketsch (dort wohnten die Brüder meines Vaters, Erich und Kurt, mit ihren Familien). Wenn wir kein Auto zur Verfügung hatten (wenn uns niemand besuchte) legten wir die Strecke von 4 km zu Fuß zurück. Das war damals üblich. Fahrräder für alle gab es noch nicht.

 

               

Der Rhein bei Speyer (1954 ohne Brücke)

 

Die Brücke über den Rhein nach Speyer existierte noch nicht. Wir mußten mit der Fähre den Rhein überqueren. Nach der Besichtigung das Doms fuhren wir auf der linksrheinischen Seite bis zur Kollerinsel, um mit der dortigen Fähre wieder auf die andere Rheinseite in Richtung Brühl überzusetzen. Unterwegs gab es Picknick und wir drei Kinder konnten uns richtig austoben. Die Kollerinsel gehörte noch zur Gemeinde Brühl, obwohl sie auf der linken Rheinseite lag. Zehn Jahre später war diese Insel und die angrenzenden Altrhein-Arme mein Revier für meine ausgedehnten Kanu-Touren. Meistens war ich alleine unterwegs und genoß die Einsamkeit - leider nicht ohne die "Schnaken-Plage". Seit meiner Bodensee-Radtour besaß ich ein Zelt, einen Schlafsack und eine aufblasbare Luftmatraze. So konnte ich mir eine kleine Insel in einem der Rhein-Arme aussuchen, wo ich übernachtete wie "Robinson Crusoe". In den Altrhein-Armen gab es keine Strömung, da diese durch einen Damm vom Rhein abgetrennt waren. So gelangte ich "stromaufwärts" fast in Sichtweite des Speyerer Doms. Dort setzte ich mein Boot in den Rhein und lies mich ca. 8 - 10 km stromabwärts bis zu unserem Bootshaus gegenüber der Kollerinsel treiben. Dies war ein herrliches Gefühl - ich mußte nur auf entgegenkommende Schiffe (wie auf dem Foto "Der Rhein bei Speyer") achten. Da unser Bootshaus rechtsrheinisch lag, paddelte ich bei meinen Ausflügen auf dem Altrhein-Arm an Ketsch vorbei und setzte dann auf die andere Rheinseite in einen anderen Arm über. Wegen der starken Strömung war dies Unternehmen sehr gefährlich und erforderte einen größeren Krafteinsatz.

 

 

                    

Der Dom zu Speyer

 

Aber nun wieder zurück in meine frühe Jugendzeit! Im April 1954 feierte ich meine Erstkommunion und war stolz auf meine Armbanduhr, die ich als Geschenk bekam. Kurz vorher waren wir in unser neues Haus von der Wilhelmstrasse in die Brühler Siedlung (Silcherstr. 19) gezogen.Von Elfriede, der "Archivarin" der Familienbilder in Stralsund, erhielt ich kürzlich ein verschollenes Gruppenbild von meiner Kommunion. Auf der Rückseite fand ich folgendes Datum: 17. April 1955 (also fand meine Kommunion ein Jahr später statt als ich bisher gedacht hatte). Über Elfriede und ihre ausgezeichnete "Sammelarbeit" habe ich in meinem Reisebericht "August 1964 - meine erste Reise nach Stralsund (DDR)" geschrieben.

 

Nach mehreren Besuchen bei uns, entschied Tante Margot mit meiner Mutter Mutter, dass es für mich Zeit sei, die Sommerferien 1954 (ich war damals 9,5 Jahre alt) in ihrem Haus in Groß-Giesen zu verbringen. Dazu mußte ich aber mit dem Zug von Mannheim nach Hannover fahren. Dort würde ich von Onkel Heinz mit dem Auto abgeholt werden. Meine Klassenlehrerin, Fräulein Fischer, wollte zu diesem Zeitpunkt auch Richtung Hannover fahren und mich begleiten. Daraus wurde nichts. Ich konnte mich also alleine in das Abenteuer stürzen. Auf jeden Fall muß ich fast während der gesamten Fahrt aus dem offenen Fenster gesehen haben. Da mein Abteil direkt hinter der Dampflokomotive lag, hatte ich ein rabenschwarzes Gesicht - was meine pingelige Tante Margot garnicht erfreute.

 

                    

Der Autor als Kommunionskind (1955)

 

Über die Autobahn kamen wir sehr schnell nach Groß-Giesen, wo Onkel Heinz sich ein großes Haus mit einem schönen Garten und kleinem Teich gebaut hatte. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es in dem kleinen Teich Frösche oder Wasserschildkröten. Irgendetwas war mit den Steckdosen, die einen großen Reiz auf uns ausübten. Zu meinen bereits bekannten Cousinen waren Margot (geboren am 15. Oktober 1951) und die kleine Daggi (geboren am 26. März 1954) hinzugekommen. Sonntags wurden wir Älteren zu einer besonderen Kino-Vorstellung gefahren. Man zeigte uns den amerikanischen "Raketenmann". Wegen eines Pilzgerichtes hatte ich mit Tante Margot eine ausgiebige Diskussion, denn ich wollte die Pfifferlinge nicht essen. Für meinen Geschmack rochen diese "nach Mäusen". Aber sonst war dies eine sehr schöne Zeit mit vielen Abenteuern im angrenzenden Wald. Mit dem Sohn einer Bekannten von Tante Margot durchstreifte ich den Wald und wir endeten sehr oft am Giesener Teich, wo man damals noch baden konnte (obwohl er sich im Manöver-Gebiet der Engländer befand). Heute ist der Teich vollständig zugewachsen.

 

                     

Der ehemalige Giesener Teich

 

Ich kann mich auch an einen größeren Ausflug nach Duderstadt mit dem Mercedes über die Autobahn erinnern. Onkel Heinz hatte dort einige geschäftliche Dinge zu erledigen und wir durften mitfahren. Unterwegs erzählte uns Tante Margot die Geschichte, wie Duderstadt zu seinem Namen gekommen sein soll: Im Stadtrat war man sich unschlüssig und jeder sagte dort zu dem anderen "Gib Du der Stadt den Namen!" So soll "Duderstadt" entstanden sein.

 

Alles war für mich so entspannt, dass ich von den dunklen Wolken, die sich über meinem Ferien-Domizil zusammenbrauten, absolut nichts mitbekam. Obwohl ich vier Wochen bleiben sollte, waren aus mir unerklärlichen Gründen meine Ferien bereits nach zwei Wochen um und ich wurde einfach wieder nach Hause geschickt. Groß waren die Erklärungsnöte meinen Brühler Freunden gegenüber, warum ich bereits nach zwei Wochen zurückgekommen sei. Später erfuhr ich nach und nach die Gründe. Durch Veruntreuungen von zwei Mitarbeitern kam Onkel Heinz mit seiner Firma in finanzielle Schwierigkeiten. Er entschloß sich bei Nacht und Nebel nach Stralsund (DDR), wo seine Schwiegereltern (meine Oma und mein Opa) lebten, zu flüchten (aus heutiger Sicht eine Panik-Reaktion). Später ließ er Tante Margot mit den Kindern nachkommen. Die Möbel durften sie mitnehmen. Das Haus mußte er zurücklassen. Es kam in die Konkurs-Masse.

 

 

                   

Der Kaliberg bei Giesen (2008)

 

 

                     

Das ehemalige Haus in Giesen

 

Im Mai 2008 besuchte uns Kurt (76). Er ist der Cousin meiner verstorbenen Mutter und lebt heute in Augsburg. Er hat die Stralsunder öfters besucht und war daran interessiert, wie Onkel Heinz und seine Familie in Groß-Giesen gelebt haben. Das Haus war fast noch so, wie Onkel Heinz es zurückgelassen hat und ich es in Erinnerung habe. Imposant war der riesige Kaliberg vor der Haustüre. So hatte ich ihn nicht in Erinnerung. Der bekannte deutsche Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger, Günter Grass, hat dort nach dem Kriege gearbeitet und darüber in seinem Buch "Die Blechtrommel" geschrieben. Spannende Abschnitte dieses Buches spielen auch in Danzig-Langfuhr. Dort hat der Autor (geboren 1927) in seiner gelebt und sein Vater besaß einen Kolonialwarenladen. Erst wohnte Günter Grass im Kastanienweg 5a und später im Labesweg 13. Meine Mutter (geboren am 28. Juni 1923) ist im St.Michaels Weg 22 (in der Nähe der Blindenanstalt) aufgewachsen. Ob sie im Kolonialwarenladen eingekauft und vielleicht den jungen Grass gekannt hat?

 

 

                     

Stadtplan von Danzig-Langfuhr

 

Vor Beginn eines neuen Lebensabschnittes (Studienbeginn) besuchte ich im Sommer 1964 mit dem Zug über Hamburg zum erstenmal unsere Verwandten in Stralsund. Wie ich bereits schrieb, lebte nun auch Onkel Heinz mit seiner Familie dort in der DDR. Opa Felix und Oma Grete wohnten im Dänholm-Block, wo Opa als Hausmeister arbeitete. Im meinem 4. Reisebericht (Thema: "Reisen meiner Jugend") werde ich ausführlich darüber berichten. Für Tante Margot (die DANZIGERIN in der Familie) hatte ich "Die Blechtrommel" durch die DDR-Kontrollen geschmuggelt. Darauf war ich richtig Stolz. Nun bestand die Familie aus 7 Personen, denn in der Zwischenzeit war Bübi (geboren am 26. Januar 1957) dazugekommen. Leider kam er später bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

 

 

                    

Besuch in Stralsund 1964

 

Ich brachte erfolgreich das Ingenieurstudium der Verfahrenstechnik hinter mich und machte Karriere bei mehreren Firmen im In- und Ausland. Zahlreiche Reisen führten mich rund um die Welt (worüber ich in zahlreichen Reiseberichten geschrieben habe). Im Jahre 1982 machte ich mich als unabhängiger Beratender Ingenieur selbständig. Damals wohnte ich noch in Gouda/Holland, da ich bis zu diesem Zeitpunkt als Technical Manager für NIRO ATOMIZER Holland (eine Tochterfirma von NIRO ATOMIZER A/S in Kopenhagen, wo ich von 1977 bis 1980 tätig war) arbeitete. Es stand die strategische Entscheidung an: Norddeutschland (Hannover) oder Süddeutschland (München). Da ich mit meinen Kunden in der norddeutschen Molkereiwirtschaft besser klarkam, entschied ich mich für Norddeutschland.

 

Nun erinnerte ich mich an meine Zeit in Groß-Giesen (heute: Giesen) im Sommer 1954! Am 28. Mai 1983 war die Frühjahrsveranstaltung des Landesverbandes der Niedersächsichen Molkereiwirtschaft in Hildesheim. Ich nahm Kontakt mit der Schwester von Onkel Heinz auf, die in Groß-Giesen lebte. Meine Frau Ulla und ich wollten an der Tagung teilnehmen und suchten ein Quartier. Wir übernachteten bei der Tante. Die Veranstaltung begann um 15 Uhr im Veranstaltungszentrum "Berghölzchen". Es sprach auch der Hildesheimer Oberbürgermeister Gerold Klemke, den ich später näher kennenlernte. In einer Pause genossen meine damalige Frau und ich die herrliche Aussicht auf Hildesheim. Beide waren wir uns einig: "Hier wollen wir herziehen!"

 

 

                      

Bungalow in der Falkenstr. 7

 

Im Frühjahr 1984 kaufte ich uns ein repräsentatives Haus mit der Möglichkeit, mein Büro als Einliegerwohnung einrichten zu können. Der Start in Hildesheim klappte hervorragend und relativ schnell konnte ich einen weltweiten Lizenzvertrag (am 12. April 1985) für meine Innovation "Kavitationsregelung" mit der Hamburger Pumpenfirma F. Stamp KG, Hamburg-Bergedorf abschließen. Und wieder bildeten sich dunkle Wolken über meinem Haus (wie bei Onkel Heinz 1954 in Groß-Giesen), die mein Leben völlig veränderten und 1989 zur Scheidung führten.

 

 

                  

 

 

                    

Unser Balkon in Hildesheim

 

Aber, wie das Leben so spielt! 1996 lernte ich Jutta kennen und lieben. Seit 1998 sind wir standesamtlich und seit 1999 kirchlich verheiratet. Gottes Segen ruht immer noch auf uns. Seit Ende 1998 leben wir in einem Mehrfamilien-Haus im 3.OG in Hildesheim-Itzum. Von unserem Balkon haben wir eine herrliche Aussicht. Wenn wir von unseren interessanten Auslandsreisen zurückkommen, freuen wir uns immer auf unser Glas Sekt als Willkommensdrunk auf dem Balkon (egal wie kalt es ist). Wie sagte kürzlich meine Cousine Malli in einem Telefongespräch: "Es ist schön, dass Du immer noch in HILDESHEIM wohnst!" Ich habe das Gefühl, dass sich hier "Lebenskreise" seit meiner Zugreise im Sommer 1954 nach Hannover geschlossen haben.

 

Sommer 1959 - Radtour zum BODENSEE und 49 Jahre danach

Es ist schon faszinierend, dass meine Frau, Jutta Hartmann-Metzger, "unbewußt" immerwieder Reiseziele auswählt, wo ich in meiner frühen Jugend schon einmal gewesen bin. So ging es mir kürzlich mit dem Ort Swinemünde (Polen), wo ich als kleines Baby mit meiner Mutter von Bord des Schnellboot-Mutterschiffes "TANGA" auf der dramatischen Flucht aus DANZIG Ende Januar 1945 gegangen bin. Ich entdeckte kürzlich autobiographische Notizen meines verstorbenen Vaters, der längere Zeit als Exerziermeister für die U-Boot-Bewaffnung in Swinemünde stationiert war. Daraus entstand mein spannender Reisebericht "SWINEMÜNDE - eine Etappe unserer Flucht aus DANZIG".

 

Im Oktober 2008 verbrachten wir eine Woche (vom Montag, den 13. Oktober bis Sonntag, den 19. Oktober 2008) am Titisee im Schwarzwald. Auch hier konnte ich auf alten Spuren wandeln, denn ich war im Sommer 1959 zwei Tage (16. August bis 18. August 1959) mit meinen Freunden im Rahmen einer 14-tägigen Radtour  auf dem wunderschönen Camping-Platz am Titisee. Die Tour hatte am Samstag, den 15. August 1959, in Brühl bei Mannheim begonnen. Die erste Station war der Camping-Platz von Offenburg.

 

 

                     

Bernd, Hans, Karl, Klaus (Autor)

 

 

 

                     

Klaus, Hans und Bernd

 

Ursprünglich waren wir fünf Teilnehmer (Karl, Hans, Bernd, Jürgen und Klaus). Aber schon bei der Ankunft in Freiburg (am Sonntag, den 16. August 1959) gab es Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Weiterfahrt in den Schwarzwald. Wir wollten die "Höllentalbahn" (die auch  49 Jahre noch sehr interessant war) benutzen. Bernd und Jürgen nahmen die Strapazen mit ihren Rädern auf sich. Wir trafen uns am Camping-Platz von Titisee wieder. Da es uns dort gefiel, wollten wir zwei Tage bleiben. Bernd und Jürgen drängte es schon am nächsten Tag weiter. Nun bestand unsere Gruppe für den Rest der Tour aus drei Personen und das war gut so.

 

 

                     

Mein Postsparbuch (1959)

 

In fand in meinem alten, abgelaufenen Postbarbuch interessante Hinweise über Abhebungen auf den verschiedenen Reisestationen. Aber es sind nicht nur die Beträge, sondern auch die Zeitpunkte der Abhebungen von Interesse. So konnte ich nach über 50 Jahren unseren Reiseverlauf zeitlich nachvollziehen. Der Bahnhof von Titisee, der auch heute noch wie damals aussieht, gewann für uns eine besondere Bedeutung. Beim Ausladen der Fahrräder aus dem Zug hatte Karl seine Kamera am Bahnhof vergessen. Einige Zeit später (nach dem Ende der Reise - ich weiß nicht mehr wann genau) erhielt Karl seine Kamera mit den entwickelten Bildern zurück. Mit der Kamera dürfte folgendes passiert sein: Der Finder hat die Bilder entwickelt und festgestellt, dass wir Radtouristen waren. Deshalb nahm er wohl Kontakt mit dem Camping-Platz in Titisee auf. Dort waren wir aber schon weitergereist. Aber unsere Anschriften lagen ja vor!

 

 

                    

Karl und Klaus

 

 

                    

Klaus beim Frühstück

 

Dem Camping-Platz galt auch mein erstes Interesse 49 Jahre später (am Dienstag, den 14. Oktober 2008). Ich konnte sogar den Platz am Ufer finden, wo ich mein Dreipersonen-Zelt für uns aufgeschlagen hatte. Die weitere Wanderung mit Jutta um den Titisee war beeindruckend in der herbstlichen Stimmung. Damals genügte uns ein Ausflug mit dem Ruderboot auf den See, um einen guten Überblick zu bekommen. Nach einem leckeren Essen mit einem herrlichen Ausblick über den See begaben wir uns wieder in das Gästehaus Bergseeblick und freuten uns schon auf den Ausflug nach Freiburg am kommenden Tag. Und Jutta erzählte ich Details von unserer Radtour vor 49 Jahren.

 

 

                     

Am Titisee (2008)                       

 

 

 

                       

Am Titisee (2008)

 

Eine besondere Überraschung war für uns im Jahre 2008 die kostenlose Benutzung von Bussen und Bahnen im gesamten Schwarzwald mit unserer KONUS-Gästekarte. Diese erhielten wir bei der Anmeldung in unserem Gästehaus. Das KONUS-Symbol machte die Schwarzwald-Gästekarte zu einem Freifahrausweis. So war die Benutzung der "Höllentalbahn" (in umgekehrter Richtung) schon ein besonders denkwürdiges Ereignis. Vom Freiburger Bahnhof war es nicht sehr weit bis zum Markplatz mit dem Freiburger Münster.

 

 

                     

Stolpersteine in Freiburg

 

 Unterwegs sah ich zum erstenmal zwei "Stolpersteine", die an die Judendeportationen im Dritten Reich erinnern sollen. Mich hat das besonders berührt, denn seit über 10 Jahren befasse ich mich als Hobby-Historiker mit dem weltbekannten Judenretter OSKAR SCHINDLER. Dieser hat seine letzten Lebensjahre unter Freunden in meiner Heimatstadt HILDESHEIM verbracht und ist hier am 9. Oktober 1974 im Bernward-Krankenhaus verstorben. Meine Bemühungen um das Ansehen Oskar Schindlers gestalten sich nicht sehr einfach. Aber vielleicht wird demnächst in Hildesheim sogar eine Schule nach ihm benannt.

 

Kurz nach der Rückkehr aus meinem Titisee-Urlaub wurden auch in Hildesheim die ersten "Stolpersteine" gesetzt. Und kürzlich fand eine größere Aktion vor dem hiesigen Goethe-Gymnasium statt. In Erinnerung an 15 Schülerinnen, die von den Nazis umgebracht wurden, plazierte man vor dem Eingang entsprechende "Stolpersteine" (es ist ganz sicher kein Zufall, dass mein Sohn Jochen im Goethe-Gymnasium 1990 sein Abitur gemacht hat). Als ich 1972 in Argentinien lebte und arbeitete, wußte ich nicht, dass Emilie Schindler verarmt in der Nähe (San Vicente) wohnte. Erst mit dem Kofferfund 1999 auf dem Dachboden eines Mehrfamilienhauses in der Hildesheimer Göttingstr. 30 wurde ich auf Oskar Schindler aufmerksam.

 

Während der Radtour 1959 fand die interessante Altstadt mit dem Freiburger Münster, dem Alten Kaufhaus und dem Markplatz nicht unser Interesse, denn wir fuhren sofort mit der "Höllentalbahn" zum Titisee weiter. Ich glaube, dass sich mein Neigung für historische Sehenswürdigkeiten erst später entwickelt hat. Als ich vor 10 Jahren im Vorruhestand mit meinen Reisevorträgen begann, las ich sehr viel über die weltweit von mir bereisten Länder. Diese Informationen sind auch in meine Reiseberichte eingeflossen.

 

 

                     

Freiburger Münster

 

 

 

                     

Altes Kaufhaus

 

Nach dem Ausflug nach Freiburg, der sehr eindrucksvoll vor, wählten wir Basel am folgenden Donnerstag, den 16. Oktober 2008, als unser nächstes Reiseziel. Zuerst benutzten wir den Bus vorm Bahnhof Titisee in Richtung Zell im Wiesental. Den Anstieg oberhalb vom Titisee hatte ich noch von meiner Radtour vor 49 Jahren (am Dienstag, den 18. August 1959) schmerzlich in Erinnerung. In Zell wechselten wir in die bereitstehende S-Bahn nach Basel über.

 

Verwundert stiegen wir in Basel "Badischer Bahnhof" aus und fragten erstaunt nach dem Weg in die Schweiz. "Sie sind bereits in der Schweiz!" antwortete man uns. Nach einem ausgiebigen Fußmarsch in südlicher Richtung passierten wir zuerst das Messegelände und dann die Rheinbrücke. Nun waren wir uns sicher: "Das ist Basel in der Schweiz!" Der Besuch des Basler Münsters lud zur Meditation ein. Das war uns am Tag vorher im Freiburger Münster nicht vergönnt, denn die Türen waren verschlossen.

 

Auf dem Rückweg über die Brücke blickte ich in Richtung des Rhein-Oberlaufes, denn dort wollten wir zwei Tage später den "Rheinfall von Schaffhausen" besichtigen. Zur Abwechslung nahmen wir auf dem Heimweg die Route durch das Rheintal nach Freiburg. Die letze Etappe mit der "Höllentalbahn" führte uns wieder nach Hause zum Gästehaus Bergseeblick in Titisee (nach einem Fußmarsch über 400 m).

 

 

                      

Rheinbrücke bei Basel

 

 

 

                   

Am Schluchsee

 

Am Freitag, den 17. Oktober 2008, wollten wir unbedingt den Schluchsee näher kennenlernen. Mit der Bahn fuhren wir die schöne Strecke vom Bahnhof Titisee zum Bahnhof Schluchsee. Die Nutzung der kostenlosen Transportmöglichkeiten machte uns beiden sehr viel Freude. Unser Opel Combo Tour, mit dem wir angereist waren, blieb die ganze Zeit auf dem Parkplatz vor unserem Gästehaus stehen. Wir waren die einzigsten Spaziergänger auf unserer Wanderung um den Schluchsee. Die Natureindrücke werden wir nie mehr vergessen. Leider hatte Jutta nicht ihre Wanderschuhe angezogen und sie bekam nach und nach Schwierigkeiten mit dem Gehen. Deshalb disponierten wir um und entschlossen uns, zum Feldberg zu fahren. Auf jeden Fall bleibt aber die vollständige Umrundung des Schluchsees auf unserer Liste für den nächsten Schwarzwald-Urlaub.

 

 

                      

Der Schluchsee

 

Am Bahnhof Aha (oberhalb vom Schluchsee) stiegen wir wieder in die Bahn und fuhren bis zum Bahnhof Feldberg Bärental. Von dort brachte uns der Linienbus zum Feldberg. Mit der Seilbahn ging es auf den Gipfel (1.493 m Höhe). Wir genossen die herrliche Aussicht und fanden in der Ferne sogar den Titisee. In der Nähe des Feldbergs liegt der kleine Ort Todtnauberg (bei Todtnau). Dort verbrachte ich 1960 eine sehr schöne Freizeit in einem Schullandheim. Wir waren zwei Klassen von der Mittelschule Schwetzingen. Sehr interessante Ausflüge gab es nach Grindelwald (mit einer Übernachtung in der dortigen Jugendherberge) und einen dramatischen Blick auf die Eiger-Nordwand, in der damals ein Toter in der Wand hing. Auch die Hauptstadt Bern stand auf dem Programm.

 

 

                      

Auf dem Feldberg

 

 

                      

Blick vom Feldberg

 

Neben der Schweiz besuchten wir auch das Elsaß in Frankreich, das auf der anderen Rheinseite sehr leicht zu erreichen war. Die interessante Stadt Colmar habe ich immer noch in Erinnerung. Auch hier spielt Jutta jetzt wieder Schicksal, denn sie hat für das 2. Oktoberwochenende einen Kurzausflug nach Colmar geplant und unser dortiges Hotel ist schon seit längerer Zeit gebucht (vielleicht können wir dann auch die offene Umrundung des Schluchsees durchführen). Aber nun wieder zurück zu unserem Titisee-Urlaub 2008! Dieser Freitag war wirklich ausgefüllt mit Ausflügen in die Natur des Schwarzwaldes.

 

An unserem letzten Urlaubstag, am Samstag, den 18. Oktober 2008, wandelten wir wieder eindeutig auf alten Spuren, denn wir wollten den Rheinfall von Schaffhausen besichtigen. Dazu mußten wir mit der Bahn einen größeren Umweg zurücklegen. Damals, am Dienstag, den 18. August 1959, radelten wir nach der üblen Steigung am Titisee in Richtung Bonndorf und von dort in die Schweiz nach Schaffhausen. Auf dem Camping-Platz mußte erst einmal geklärt werden, wer einen zusätzlichen Kochtopf besorgen soll (Bernd und Jürgen hatten diesen mitgenommen). Das Los fiel auf Hans. Nach dem Kauf war er sehr verärgert, denn das Preisniveau lag um einiges höher als in Deutschland. Bei der Besichtung erlebten wir erstmals mit dem Rheinfall von Schaffhausen einen größeren Wasserfall aus der Nähe (1972 kamen die Iguazu-Wasserfälle in Südamerika und 1974 die Niagara-Fälle im Winter dazu).

 

 

                       

Rheinfall

 

 49 Jahre später mußten wir erst einmal mit Bus und Bahn in Richtung Basel fahren. Dort stiegen wir in den Zug mit Fahrtrichtung Singen um und kamen so bis Schaffhausen. Von dort gab eine kurze Verbindung zum Rheinfall. Auf diesem Umweg waren wir über 5 Stunden unterwegs und mußten einen Differenzbetrag von 25,- Euro zahlen. Es hat sich aber gelohnt, denn der Rheinfall ist in seiner Dramatik unbeschreiblich. Damals waren wir auf der gegenüberliegenden Seite des Rheins. Müde, aber mit dem Eindruck einer wunderschönen Zeit im südlichen Schwarzwald, fuhren wir zurück zum Titisee. Wir sind uns sicher: Wir werden wiederkommen!

 

Wie ging die Radtour im Sommer 1959 weiter? Am Mittwoch, den 19. August, ging es nach Konstanz am Bodensee. Leider enttäuschte uns der Camping-Platz an der Insel Mainau, denn das Wasser war sehr trübe und schlammig. In meinem Reisebericht "SKANDINAVIEN - von Kopenhagen zum Nordkap!" habe ich auch die Geschichte des Mainau-Besitzers, Graf Bernadotte, erwähnt.

 

Auf der gegenüberliegenden Seite in Ludwigshafen am Bodensee fühlten wie uns wohler und blieben auf dem dortigen Camping-Platz bis zum Montag, den 24. August 1959. Die nächste Station war Ravensburg mit einem wunderschönen Camping-Platz an einem kleinen Badesee. Fast 20 Jahre später hatte ich beruflich öfters in Ravensburg zu tun, denn wir bauten bei der OMIRA-Molkerei eine neue Eindampfanlage.

 

In Ulm, wo wir übernachteten, bin ich mir nicht sicher, ob wir das Ulmer Münster besucht haben. Ich glaube, dass wir damals mit unseren Gedanken bereits wieder zu Hause waren. Der Weg nach Stuttgart hatte seine Gemeinheiten. Der Camping-Platz lag in der Nähe des Cannstatter Wasen am Neckar. Auf der vorletzten Etappe nach Neckarsteinach verlor ich meine Sonnenbrille. Es muß an einem der vielen Brunnen gewesen sein, an denen wir uns unterwegs gerne erfrischten. Am Samstag, den 29. August 1959, kamen wir wieder wohlbehalten in unserem Heimatdorf Brühl an. Wir hatten in 14 Tagen eine teilweise sehr strapaziöse Strecke von über 800 Kilometern zurückgelegt. Was ist aus meinen Kameraden geworden? Karl ging ins Bankfach und nahm sich vor längerer Zeit das Leben. Hans wurde Frauenarzt. Leider haben wir uns aus den Augen verloren (kürzliche Such-Recherchen waren erfolglos).

 

August 1964 - meine erste Reise nach STRALSUND (DDR)

Nach dem erfolgreichen Abschluß der Mittelschule in Schwetzingen, begann ich im Frühjahr 1961 bei der Mohr & Federhaff in Mannheim-Rheinau eine Lehre als Maschinenschlosser. Meine Lehrfirma baute Krane, Aufzüge und Prüfmaschinen. Sie besteht heute nicht mehr. Dort war es Tradition, dass die Lehrlinge des 2. Lehrjahres eine gemeinsame Freizeit auf einer Hütte im Montafon/Österreich verbrachten. Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt einen Badeunfall (ich hatte mir beim Springen vom Brett den rechten Ringfinger gebrochen), so daß ich erst im folgenden Jahr 1963 teilnehmen konnte. Ein Erinnerungsfoto aus dieser Zeit zeigt mich mit dem kleinen Sohn Hannes der Wirtsleute und meinen Lehrlingsfreunden Dieter und Franz. Es machte mir großen Spaß, Hannes mit "Bluadenz" zu ärgern. Dort stammte er her. Korrekt hieß der Ort natürlich Bludenz. Die Hütte lag auf einer Anhöhe im romantischen Tal von Gargellen. Ich kann mich noch erinnern, dass wir während der Anreise mit dem Zug durch das östereichische Feldkirch fuhren.

 

 

    

Lehrlingsfreizeit im Montafon/Österreich (1963)

 

Offensichtlich war ich ein guter, vorbildlicher Lehrling. Zur Weihnachtsfeier 1963 war ich zuerst ein verkleideter Nikolaus, der die Geschenke verteilen durfte. Dann mußte ich mich schnell umziehen, denn "für meine guten Leistungen im dritten Lehrjahr" wurde ich mit meinem ersten Buchpreis "Taten und Schicksale - Höhepunkte weltgeschichtlicher Entwicklung" (Herausgeber: Gustav Wenz) ausgezeichnet.

 

 

 

                   

Buchpreis Weihnachtsfeier 1963

 

Am 31. März 1964 (bereits nach 3 Jahren) beendete ich meine Ausbildung als Maschinenschlosser mit dem Facharbeiterbrief (Fertigkeitsprüfung: gut, Kenntnisprüfung: sehr gut). Und wieder gab es Buchpreise: "Ufer hinter dem Horizont - die grossen Entdecker der Erde von Kolumbus bis zur Weltraumfahrt" (Autor: Joachim G. Leithäuser) und "Unser Europa" von der Gewerbeschule I in Mannheim. Nach dem Abschluß dieser beruflichen Ausbildung wollte ich an der Ingenieurschule Mannheim studieren. Davor lag aber erst einmal meine geplante Reise nach Stralsund.

 

Trotzdem möchte ich bei dem Thema "Buchpreise und Auszeichnungen" gerne etwas vorgreifen. Für meine hervorragende Leistung in der Ingenieur-Vorprüfung erhielt ich am 11. Februar 1966 meinen 4. Buchpreis "Von der Alchemie zur Großsynthese - von R. Sachtleben und A. Hermann". Mit einem eindrucksvollen Bildband "Morgen des Abendlandes - von der Antike zum Mittelalter" (Herausgeber: David Talbot Rice) wurde ich am 28. Juli 1967 wieder für meine hervorragenden Leistungen in der Ingenieur-Hauptprüfung belohnt.

 

                    

 Meine renommierteste Auszeichnung war im Mai 1987 der "Artur-Fischer-DABEI-Erfinderpreis" (dotiert mit 10.000,- DM) für meine Innovation "Kavitationsüberwachung und -kontrolle von Pumpen". Am 12. April 1985 hatte ich mit der Hamburger Pumpenfirma, F. Stamp KG in Hamburg-Bergedorf, einen Lizenzvertrag zur weltweiten Nutzung meiner Innovation abgeschlossen. Schon im Vorfeld der Auszeichnung kam es von Seiten der größten europäischen Pumpenfirma KSB (Frankenthal bei Ludwigshafen) zu Intrigen und Machenschaften. Aus heutiger Sicht war das der Beginn der zahlreichen Schwierigkeiten, die im Jahre 1988 durch den vertragswidrigen Zahlungsstopp meines Lizenznehmers zu meinem wirtschaftlichen Zusammenbruch führten. Diese Zusammenhänge habe ich detailliert in meinem "Erfinderhandbuch" beschrieben, das seit mehr als einem Jahr unter der Plattform www.erfinderprofi.de hochgeladen werden kann.

 

Doch nun zurück zum August 1964. Vor dem Beginn meines Studiums der Fachrichtung "Verfahrenstechnik" wollte ich meine Verwandten in Stralsund besuchen. Zum Thema "Verfahrenstechnik" gibt es eine kleine Geschichte, die sich im April 1964 ereignete: Der Schulfreund meines Vaters, Prof. Dr.-Ing. Meixner, war der damalige Direktor der Ingenieurschule. Mein Vater und ich besuchten ihn privat in seinem Haus in Brühl. Eigentlich wollte ich die Fachrichtung "Maschinenbau" studieren. Da diese bereits "ausgebucht" war, empfahl er mir die neue Fachrichtung "Verfahrenstechnik". Ich entschied mich dafür und bin heute noch der Überzeugung, dass diese Fachrichtung mir das Tor zur Welt öffnete ("Milch gibt es auf der ganzen Welt").

 

Mit dem Zug fuhr ich über Hamburg nach Stralsund. Die Fahrt verlief ohne besonderen Vorkommnisse. Selbst das Buch "Hundejahre" von Günter Grass konnte ich für meine Tante Margot in die DDR schmuggeln. Mit dem bekannten Autor und Literatur-Nobelpreisträger, Günter Grass, gibt es interessante Berührungspunkte, über die ich bereits an anderer Stelle (siehe Reisebericht "Sommerferien 1954 - alleine mit dem Zug nach HANNOVER") geschrieben habe.

 

Neben meinem Opa Felix und meiner Oma Grete (die Eltern meiner Mutter) wollte ich Tante Margot (die Schwester meiner Mutter) und ihre Familie in Stralsund besuchen. Letztere waren 1954 auf Wunsch meines Onkels in die DDR übergesiedelt. Das letzte Mal hatte ich sie in Groß-Giesen bei Hildesheim im August 1954 gesehen, wo ich nach 14 Tagen meine Sommerferien bei ihnen überraschend abbrechen mußte. Nun bestand die Familie aus sieben Personen, denn in der DDR war "Bübi" am 26. Januar 1957 als männlicher "Nachzügler" hinzugekommen. Leider verstarb Bübi in jungen Jahren bei einem Verkehrsunfall. Meine älteste Cousine lebt immer noch in Stralsund. Während Malli, Margot und Daggi über einen Ausreiseantrag 1985 wieder in den Westen kamen.

 

Die Ferien in Stralsund habe ich immer noch in sehr schöner Erinnerung. Als ich kürzlich über das Thema "DANZIG" (wo ich am 13. November 1944 geboren wurde) telefonisch Kontakt mit Elfriede (sie ist eine Cousine meiner Mutter und ist ebenfalls 1944 geboren) in Stralsund aufnahm, gab es ein lautes Hallo, denn sie konnte sich noch sehr gut an meinen Besuch 1964 in Stralsund erinnern. Danach hatten wir keinen Kontakt mehr. Elfriede ist die "Archivarin" der Familienbilder, die sie sorgfältig auch über die Zeit in DANZIG gesammelt hat. Von ihr erhielt ich auch verschollene Fotos aus meiner frühesten Jugendzeit.

 

Mit ihrem damaligen Freund, Dietmar (sie haben 1965 geheiratet), unternahm ich mehrere "feuchtfröhliche" Kneipentouren durch Stralsund. Dabei kam ich auch mit jungen russischen Soldaten, die ebenfalls auf Zechtour waren, ins "Gespräch". Dummerweise habe ich bei einem etwas höheren Alkoholspiegel die Angewohnheit, Englisch zu "quatschen". Dies war aber bei den Russen garnicht so sinnvoll und gottseidank konnte mich Dietmar, der damals 22 Jahre alt war, aus der brenzligen Situation befreien. Darüber sprach ich kürzlich auch mit Dietmar. Obwohl diese "Abenteuer" mehr als 46 Jahre zurückliegen, konnte wir uns noch so daran erinnern, als ob es erst gestern passiert wäre. Mit meiner ältesten Cousine (sie ist zwei Jahre jünger als ich) besuchten wir eine Disco, in der kein Twist getanzt werden durfte. Damals waren "Jeans" der Renner - meine schenkte ich Christiane. Später bekam ich als Dankeschön einen Bildband über das "Puschkin-Museum" in Moskau.

 

 

 

        

Malli und Klaus nach Hiddensee August 1964

 

 

 

            

Familienausflug auf Hiddensee August 1964

 

Aber auch Ausflüge auf die Inseln Hiddensee und Rügen vor der Haustüre standen auf dem Programm. Das gemeinsame Foto auf der Insel Hiddensee zeigt, dass wir für einen anständigen Picknick alles dabei hatten. Beim Besuch der Insel Rügen waren wir mit dem "Rasenden Roland" (einem fauchenden Dampfroß, das ich 2002 wieder gesehen  habe) unterwegs. Am einsamen Strand von Binz machten meine beiden Begleiter (Oma Grete und Opa Felix) und ich es uns gemütlich. Im nahegelegenen Mitropa-Restaurant wollten wir etwas essen - leider waren die Speisen ausgegangen.

 

 

                   

Binz auf Rügen Oktober 2002

 

In der Zeit vom Montag, den 7. Oktober bis Sonntag, den 13. Oktober 2002, habe ich mit meiner zweiten Frau, Jutta Hartmann-Metzger, auf der Insel Rügen einen Kurzurlaub verbracht. Ich wollte bei dieser Gelegenheit auch auf alten Spuren wandeln. Auch hier wurde ich enttäuscht, denn von dem einsamen Strand in Binz war nichts mehr zu finden und das Mitropa-Restaurant gab es nicht mehr. Allerdings entdeckte auf der Heimfahrt unterhalb vom Rügendamm die Stelle im Schilf, wo ich das geschmuggelte Buch "Hundejahre" heimlich zu Ende gelesen hatte. Das Wetter war die gesamte Zeit einfach zu schlecht, um die schönen Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Und dann mißfiel uns auch das sehr hohe Preisniveau, dem keine passende Gegenleistung gegenüberstand. Ich habe das alles sehr bedauert, denn in meiner Erinnerung waren die Ausflüge nach Hiddensee und Rügen sehr schön.

 

 

                     

Stralsund 1977

 

Mehr Glück hatte ich im Jahre 1977 als ich zu Pfingsten und im August mit meinen Eltern von Dänemark (Kopenhagen) mit der Fähre von Gedser nach Warnemünde und von dort weiter nach Stralsund fuhr. Die Einreiseformalitäten waren von Dänemark aus viel weniger kompliziert und ich konnte auf normalem Wege mit Stralsund telefonieren. Die Familientreffen im Garten meiner Tante Margot (vor dem Gartenhaus, das Onkel Heinz sich gebaut hatte) fanden bei herrlichem Sommerwetter statt. Mit meinen zahlreichen DIA-Aufnahmen (die ich digitalisierte) habe ich kürzlich Malli und Daggi eine große Freude bereitet, denn diese waren die einzigsten Farbaufnahmen für sie aus dieser Zeit. Es gab auch einige Fotos von Stralsund.

 

Doch nun wieder zurück zu meinem Besuch in Stralsund im August 1964. Der Abschied am Bahnhof von meinen Verwandten fiel mir sehr schwer. Wie ich bereits schrieb, sollte es 13 Jahre dauern, bis wir uns wiedersahen. Opa und Oma waren allerdings Rentner, die uns jederzeit in Westdeutschland besuchen durften. Entspannt und guten Gewissens genoß ich die Heimfahrt, bis zwei DDR-Grenzbeamten meinen Koffer kontrollierten und einen neuen Bademantel entdeckten. Meine Oma hatte das Etikett herausgetrennt - ohne mir etwas davon zu sagen. Und Textilien durften nicht ausgeführt werden! Wie ein Verbrecher wurde ich aus dem Zug geführt und in einer Baracke vernommen. Der Bademantel wurde beschlagnahmt. Draußen wartete mein Zug auf mich. Zum Abschied wünschten mir die Beamten "ein erfolgreiches Studium" und ich konnte erleichtert zur Weiterfahrt wieder einsteigen. Meine Oma hat auf "bürokratischem" Wege den Bademantel später zurückgefordert und auch wiederbekommen.

 

Dies war die vierte und letzte "Reise meiner Jugend". In meinem ZEIT online - Beitrag habe ich eine Bilanz über diese Reisen gezogen. Nach dem erfolgreichen Studium begann für mich eine berufliche Entwicklung, in derem Rahmen ich die gesamte Welt bereist habe. Darüber habe ich in zahlreichen Vorträgen und Reisenotizen berichtet. Nun befinde ich mich im Ruhestand (65) und freue mich auf die schönen Reisen, die ich noch gemeinsam mit meiner zweiten Frau, Jutta Hartmann-Metzger (53), erleben werde.

 

Impressum

Texte: Klaus Metzger
Bildmaterialien: Klaus Metzger
Tag der Veröffentlichung: 13.12.2011

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