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Nervös blickte ich über das vor mir weit erstreckte Gewässer und hielt dabei meine Paddel ungeschickt in die Höhe und stieß ihn mit so einer Wucht wieder ins Wasser, dass mein kleines Holzboot gefährlich anfing zu schaukeln und unter meinen sich windenden Körper knarrte.Ich versuchte meinen Körper in der Mitte des Bootes still zu halten und das Boot hörte darauf auf so beunruhigend zu schaukeln. Mein Herz hämmerte mir wie wild gegen meine Brust und ich hatte das Gefühl, dass es gleich aussetzen würde, was sicherlich nichts mit den Nebenwirkungen meiner Medikamente zu tun hatte. Die kühle Meeresluft umspielte meine Haare und trieb mir den salzigen Duft in die Nase, den ich vergeblich versuchte so tief einzuatmen, dass er meinen ganzen Körper mit seiner beruhigenden Art durchflutete. Ich schloss meine Augen und lauschte der stillen Natur, während die Sonne langsam am Horizont verschwand und die Umgebung in oranges, gelbes, rosanes und blaues Licht tauchte. Ich betrachtete das Farbenspiel noch eine Weile, bis ich wieder anfing zu Paddeln, unentschlossen, wie ich meine Arme dabei halten sollte. Wenn ich Glück hatte, würde ich einfach nur mit meinem Boot umkippen und langsam ertrinken, und nicht, wie Leonardo Dicaprio in Titanic elendlich neben seiner Geliebten erfrieren. Ich streckte meinen Arm nach meinem Rucksack aus und kramte nach meinem Essen. Ich hatte es vergessen. Ich seufzte. Ich würde mir bestimmt einen Fisch fangen können. Jetzt bekam ich schon einen Würgereiz, wenn ich daran dachte, ihn roh zu essen. Ich schmiss meinen Rucksack wieder in die Ecke und paddelte ungeschickt weiter. Ein Tropfen landete auf meiner Strin, lief meine Schläfe und Wange hinunter, stoppte an meinem Kinn und landete auf mein blauen T-shirt. Ein anderer landete auf meinem Arm, der nächste auf meiner Nase, bis die einzelnen Tropfen einen Strom aus salzigen, kalten Regentropfen bildeten. Meine Körper fing wegen der Kälte an zu zittern und wenn ich atmete, bildeten sich Nebelschwaden vor mir in der Luft. Plötzlich kam mir der Gedanke, wie bei Titanic zu erfrieren, gar nicht mehr so wiet entfernt vor und ich legte die Paddeln ins Boot, um meine vor Kälte tauben Hände aneinander zu reiben. Ich nahm ein leises Summen wahr, das nach und nach immer deutlicher wurde und in ein uraltes Lied überging, das mit einer wunderschönen Stimme gesungen wurde.

Ob Sturm euch bedroht hoch vom Norden,
Ob Heimweh im Herzen euch brennt;
Ihr seit Kameraden geworden,
nicht Tod und Verderben euch trennt
Matrosen die wissen zu sterben,
Wie immer das Schicksal auch spielt,
Und geht eu're Trommel in Scherben,
Dann singt euch der Nordwind ein Lied:

Auf einem Seemannsgrab, da blühen keine Rosen,
Auf einem Seemannsgrab, da blüht kein Blümelein,
Der einz'ge Gruß, das sind die weißen Möwen
Und eine Träne die ein kleines Mädel weint

So manchen von euch sah'n wir sterben,
Doch keiner von uns hat geweint,
Scharfe Klippen - sie brachten Verderben,
Der Kahn ging zum Teufel derweil.
Es schlugen die eiskalten Wogen
Nach dem, den wir alle so geliebt;
Und als ihn der Tod von euch trennte,
Da sangen wir leis' dieses Lied

Die liebliche Stimme wurde immer lauter, bis sie drohte meine Ohren zum explodieren zu bringen. Mein Körper fing an zu zittern und er sträubte sich dagegen, einfach die Paddeln zu nehmen und davon zu rudern. Meinen Körper durchlief eine Wärme, als würde er von Innen verbrennen, doch es war nicht unangenehm, sondern mehr, als würde ich etwas näher, als man es sollte, an einem Lagerfeuer sitzen. Das Wasser um mich herum schlug kleine Wellen und der Regen strömte weiter über mein Gesicht und durchweichte meine Kleidung, doch die Kälte die von dem Wetter ausging spürte ich nicht mehr. Nur noch das innere Feuer in mir glühte. Auf meiner linken Seite bildeten sich Luftbläschen und ich hatte echt die Befürchtung, das die Legenden über Seeungeheuer stimmten und eines gleich auf mich zu sprang und mich seiner Familie als Nachtisch servierte. Ich starrte gebannt auf die Stelle, wo sich immer mehr Bläschen bildeten und ich nahm war, dass sich eine längliche, fischartige Gestalt der Wasseroberfläche näherte. Als der Gesang drohte, meinen Kopf zum explodieren zu bringen, erhob sich ein menschlicher Kopf aus dem Wasser und die Musik kam nur noch sehr leise von der atemberaubenden Gestalt vor mir. Ihre vollen, blutroten Lippen öffneten und schlossen sich so leicht, das ich fast geglaubt hätte, dass sie sie gar nicht bewegte. Ihre feuerroten Haare lagen wie ein länglicher Fluss auf der Wasseroberfläche und ihre kristallblauen Augen blickten mich eindringlich an. Irgendwie schämte ich mich vor der Gestalt, da ich keinen besonderen guten Eindruck hinterlassen musste. Mein T-shirt ist mit Löchern aller Größen übersät, mein Gesicht mit Dreck überzogen und meine Haare waren ein Wirr aus braunen und schwarzen Strähnchen. Ich merkte, wie mir die Hitze in die Wangen stieg und ich konnte mein rotes Gesicht beinahe sehen. Ich glaubte leichte Verwirrung in ihren Gesichtszügen zu erkennen, die aber so schnell wie sie gekommen waren wieder verschwanden. Sie schloss ihre Lippen und setzte ein verführerischen Lächeln auf und ich sah Verlangen in ihren Augen aufblitzen. Verlangen wonach, wusste ich nicht. Ich zog scharf die Luft ein, als ich die aus dem Wasser ragende Schwanzflosse bemerkte. Ein finsteres Grinsen zierte nun ihr Gesicht. Ich ließ mich nicht lange davon irritieren und blickte wieder zu dem schuppigen etwas, was definitiv ihr gehörte. Ich hatte die ganze Zeit nur daran gedacht, wie schön sie war und wie verdreckt ich aussehen musste und mir keine Gedanken darüber gemacht, dass plötzlich ein weibliches Wesen mit einen hypnotisierenden Gesang sich aus dem Wasser erhoben hat. Ich bin ein echter Vollidiot. Ihre Schuppen glänzten wie feine Diamanten und das Sternenlicht spiegelte sich in ihnen. Die Schwanzflosse war eine Mischung aus leichten Lila und einem dunklen Blau. Sie war wunderschön und raubte mir wortwörtlich den Atem. Ich blickte wieder in ihr Gesicht und erkannte ein kleines bisschen Verlegenheit darin. Sie legte ihre kleinen, zierliche Hände, die mit Algen bedeckt waren auf den Rand meines Bootes und stützte sich etwas drauf ab, um ihrem Oberkörper aus dem Wasser zu heben und um mit mir auf Augenhöhe zu sein. Kleine, glitzernde Wassertropfen bedeckten ihren Körper, der ab ihrer Hüfte zum Fisch überging. Ihr langen, glatten Haare lagen über ihre „nicht bedeckten“ Brüste und ließen leider nur sehr wenig von ihnen preis geben. Ihre Haut war wie Vanille, was ihre roten Haare nur umso mehr betonte. Sie war das Bild einer Göttin, naja oder um es eher zu sagen, dass Abbild einer Wassergöttin. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie die Tochter von Poseidon ist. Ich meine er ist ja schließlich der Gott des Meeres und ich muss ja ehrlich sagen, das mir Geschichten von Fischfrauen noch nie zu Ohren gekommen sind.Sie kam meinem Gesicht noch ein Stückchen näher und streckte die Hand aus. Leicht berührte sie meine Wange, mit ihren kühlen Finger und zeichnete meine Wangenknochen nach. Ich erstarrte völlig unter ihren Berührungen und bemerkte die Elektrizität die mit jeder ihrer Berührungen durch meinen Körper floss. Ich fühlte mich aus welchen Grund auch immer zu ihr hingezogen. Klar war sie wunderschön, aber hallo, sie war ein Fisch! Ich wollte nicht all zu gerne wissen, ob sie auch solche Sandhäufchen auf den Boden absetzt, nur halt etwas größer und doch gelang diese Frage irgendwie in meinen Kopf. Der Wind der aufkam, wirbelte meine nassen Haare nach vorne und sie fielen mir wirr ins Gesicht. Ihr Hand richtete sie wieder nach hinten und sie spreizte ihre Finger, um meine Haare zu umfassen.Sie beugte sich plötzlich weit nach vorne und küsste die stelle unter meinem Ohr. Ich zuckte zusammen und guckte sie leicht verlegen an. Sie hob eine Augenbraue, als wüsste sie nicht ganz, wie sie mein Verhalten deuten sollte. Sie bedeutete mir mit einen Blick, keine Angst zu haben und sie legte ihre zweite Hand auf meine Schulter. Dann legte sie ihre Lippen auf meine. Sie waren unerwartet warm und weich wie eine Feder. Ich dachte nicht lange nach und erwiderte ihren Kuss.Ich ging auf in meiner Leidenschaft und zog sie aus dem Wasser. Sie landete mit einem Ruck auf meinen Schoß und wir beide hielten Inne. Ihre Flosse war atemberaubend . Sie glänzte wie lauter kleiner Sterne und war mindestens zwei Meter lang. Ich berührte einer ihrer Schuppen und war erstaunt, dass sie nicht glitschig und rau war. Nein sie fühlte sich an wie ein Marshmallow. Weich und irgendwie flauschig . Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie jetzt auch noch süß wie Zucker schmecken würde, jedoch brachte ich nicht den Mut auf, sie ab zu lecken. Als mein Blick wieder zu ihrem Gesicht glitt, betrachtete sie mich leicht unwissend.
„Sie ist bezaubernd“, hörte ich mich sagen, bevor ich mich daran hindern konnte. Meine Stimme hörte sich leicht kratzig und rauchig an, doch es schien sie nicht zu stören, denn ein breites Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Danke“, hauchte sie und ihre Stimme klang wie reiner Zucker. Fein und süß, als wäre sie ein melodisches Glockenspiel. Es war das Erstaunlichste, was ich je gehört hatte und als mein Mund aufklappte, war ich mir sicher, das ich wie ein Volltrottel aussah.
„Ich bin etwas verwirrt über Ihre Gesichtszüge“, stammelte sie vor sich hin und steckte dabei nervös eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. Es verblüffte mich, das sie plötzlich so nervös klang, aber am meisten war ich verwirrt darüber, dass sie mich siezte. Ich meine, sie hat mich geküsst und siezte mich. Ich hatte das Gefühl, in einem falschen Film gelandet zu sein, indem man erst wie wild rumknutschte und sich dann einander vorstellt. Ich merkte, wie meine Stirn Falten zog und versuchte sie wieder glatt zu bekommen. Dann prustete ich los. Ich lachte bis mir die Tränen kamen. Ihr Kopf senkte sich und ich hielt aprupt inne.
„Was ist los?“ , brachte ich die Worte total ahnungslos raus. Ihre Augen sahen traurig aus und ich glaubte Tränen in ihnen zu erkennen. Ihr Blick richtete sich auf und sie schüttelte jegliche traurige oder verletzte Reaktion auf ihren Gesicht ab. Es wahr eine unergründliche Maske.
„Ich bin es nicht gewohnt ausgelacht zu werde“, sagte sie und ich merkte wie ein leichter hauch ihrer Verletzheit in den Worten mitschwang.
„Auslachen?“, fragte ich sie ungläubig. Ich würde sie oder jede andere Frau (naja, ob sie als richtige Frau durchging, war mir unsicher. Eher Fischfrau) niemals auslachen. Sie guckte mich unverwandt an.
„Ja. Ich habe Ihr Lachen gehört und wie gesagt bin ich es nicht gewohnt.“
Mit leichtem Zögern berührte ich ihr Kinn und hob ihren Kopf leicht an.
„Ich würde dich nie auslachen!“, sagte ich mit fester Bestimmtheit.
Kurz lächelte sie, doch dann wurde ihr Gesicht wieder ausdruckslos wie ein Stein.
„Wieso hast du dann gelacht? Ich habe keinen Witz aus ihrem Mund gehört“, während sie das sagte, senkte sich ihr Blick wieder nach Unten und sie spielte nervös mit einer Haarsträhne. Mit einem Lächeln im Gesicht sagte ich:
„Ich habe gelacht, weil sie mich siezen, obwohl wir uns geküsst haben.“
Sie gab ein leises „Oh“ von sich, blickte mich dabei aber nicht an. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und war erstaunt, wie weich es war. Fast hätte ich laut gesagt „Wie ein Babypopo“, hielt mich aber gerade noch davon ab. Ich hob ihr Gesicht an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, was sie erschrocken zusammenzucken ließ. Aus irgend einen Grund, fühlte ich mich, als müsste ich sie beschützen, wie ein kleines Kind. Und wenn man ihren schuppigen Unterkörper nicht beachtete, wirkte sie auch wie ein kleines, verletzliches Kind. Plötzlich drückte ich sie fest an mich und musste feststellen, dass ich mich in ihrem Armen total wohl fühlte, als würde ich sie seit Ewigkeiten kennen. Ich ließ langsam von ihr ab und sie blickte mir tief in die Augen während sie verlegen lächelte.
„Ich mag dich!“, sagte sie und hielt sich dabei schnell eine Hand an dem Mund, erschrocken über das was sie sagte. Sie sah aus, als hätte sie Angst, dass ich sie verspotten würde. Als ich errötet und lächelte, erhellte sich ihr Miene und sie blickte mich glücklich an. Ich kam näher an sie heran und flüsterte in ihr Ohr:
„Ich mag dich auch.“
Mein warmer Atem an ihrem Ohr, ließ ihr einen Schauder über den rücken laufen und ich musste lachen. Dieses mal stimmte sie mit ein und schlang ihre zierlichen Arme um meinen Hals. Auch ich legte meine Arme um sie und ich spürte ihr Lächeln förmlich durch meinen Körper laufen. Wir verweilten einen Moment lang in der wärme unserer Körper und ließen langsam von einander ab. Mein Daumen fing an, ihre Wangen zu liebkosen und ich gab ihr einen leichten Kuss auf die Lippen. Ihre Wangen erröteten und sie blickte verlegen nach Unten. Plötzlich stöhnte sie vor Schmerz auf und ihr haut wurde kalkweiß. Wie erstarrt betrachtete ich, wie ihre haut anfing zu altern und anfing zu dampfe. Sie schrie auf und ich zuckte zusammen. Ich fühlte mich total hilflos und schrecklich, weil ich nicht wusste,wie ich ihr helfen sollte. Die Sonne ging gerade auf und ließ das Meer strahlen.
„Wasser!“, krächzte sie , bevor sie zusammenklappte. Ihr Körper viel bewusstlos in meine Arme und ohne es überhaupt richitg zu merken, fing ich sie auf. Lange überlegte ich nicht. Sie lag in meinem Armen, als würde ich einen kleinen Säugling halten und ich sprang aus dem Boot ins Wasser. Als ich unter Wasser war, spürte ich plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken und ließ sie los. Tastend suchte meine Hand nach dem Grund, für die Schmerzen. Ein großes Stück Holz steckte in meinem Rückgrat und mit aller Kraft zog ich es heraus. Das Wasser färbte sich rot und mein Rücken brannte, als würde er in Flammen stehen. Kleine Luftblase stiegen vor mir in die Höhe und meine Augen weiteten sich vor Schreck, als ich ihren Körper langsam in die tiefe sinken sah. Ich versuchte sie einzuholen, doch die Strömen war hier oben schon zu stark . Hilflos blickte ich mich um und bemerkte, dass ich gar keinen Sauerstoff brauchte. Ich konnte jetzt problemlos ein auf Triton machen und mit einem Dreizack (den ich nicht besaß) die sieben Weltmeere bezwingen.Es war, als würde das Wasser mich nicht wollen und versuchen mich weg zu stoßen, aber ich musste doch zu ihr. Ich merkte wie mir warme Tränen in die Augen stiegen und ich schneller wurde. Ich versuchte schneller gegen die Strömung an zu kommen und schaffte es auch ein Stückchen weiter. Ich glaubte jetzt schon ganze 10 Minuten gegen die Strömung an zu kämpfen, als ihre Augen plötzlich aufflogen und mich ängstlich ansahen. Sie schüttelte den Kopf, straffte ihre Schultern und kam mit einer solchen Geschwindigkeit auf mich zu geschossen, das sie mich mit nach Hinten riss und ich glaubte, gleich in die Luft zu fliegen. Sie drückte mich so fest, das meine Lunge in meinen inneren bestimmt und Hilfe schrien, doch das kümmerte mich nicht. Als ich glaubte sie zu verlieren, drohte meine Welt zusammenzubrechen. Zwar kannte ich sie kaum mehr als zwei Stunden, doch mein Herz sagte mir, dass ich sie Liebte und ich mein leben für sie Opfern würde. Als sie mich anblickte, verändert sich ihr Gesicht und sie sah total verwirrt aus.
„Was .. Was hast du da in deinen Augen? Die glänzen so merkwürdig.“
Erst wusste ich nicht was sie meinte, doch dann fing ich an zu lachen.
„Das sind Tränen“, sagte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Ich hab noch nie etwas von Tränen gehört. Wie entstehen sie?“
Ich streichelte ihr über die Wangen und blickte ihr in die Augen.
„Sie entstehen, wenn ein Mensch traurig ist und Angst hat, etwas zu verlieren, was er Liebt.“
Sie berührte die Träne, die gerade meine Wange runter floss und fing sie mit ihrem Finger ab. Sie betrachtete den winzigenTropfen und lachte vergnügt auf.
„Sie ist fazinierend!“
Sie ließ von mir ab und drehte sich freudig im Kreis. Sie war so voller Energie und so unglaublich anders, das es mir mit einen mal völlig verrückt vorkam, ohne sie zu leben.
„Hast du denn noch nie geweint“, fragte ich sie und sie zuckte kurz zusammen.
„Nei .. nein wir weinen nicht“, stammelte sie leicht unglücklich.
„Wir?“
Gab es etwa noch mehr von ihrer Art?
„Ja ,wir Meermenschen. Ich glaube nicht, das jemals jemand etwas über Tränen berichtet hat. Wenn wir mit dem Menschenvolk konfrontiert werden, dann haben die ja nicht wirklich viel Zeit, um es zu erzählen, da ...“
Sie hielt inne und blickte mich mitleidig an.
„Was ist los?“
Ich blickte nicht mehr durch. Sie verheimlichte irgendetwas. Aber wie auch nicht? Sie war ein völlig anderes Wesen. Ihre Stimme ist hypnotisierend. Sie vertrocknet in der Sonne . In ihren Augen kann man sich verlieren, als wären sie ein schwarzes Loch, was dich hinab in die tiefe zieht und ihr halber Körper ist ein Fisch.
„Ich kann es dir nicht erklären.“
Mein Gesicht wurde ernster und ich packte ihren Arm und dreht sie zu mir um.
„Doch. Du kannst mir vertrauen.“
Ich blickte tief in ihre Augen, zeigte ihr meine Liebe zu ihr und lächelte sie an, doch sie riss sich los und rückte von mir ab.
„NEIN! ICH KANN ES DIR NICHT SAGEN UND ICH WEIß, WENN ICH ES DIR ERZÄHLE, DAS DU MICH DANN VERLASSEN WIRST!!“
Ihr Kopf wurde rot vor Wut und ich bekam Angst vor ihr. Ich wusste ja gar nicht, auf was ich mich da eingelassen hatte. Als ihr Haare von der Strömung nach hinten gerissen wurde, bemerkte ich das rote Tattoo, das ihre ganze rechte Hüftseite zierte. Es war ein Boot voller Seemänner und neben ihnen schwammen ihrer gleichen. Nein, sie waren nicht wie sie. Ihre Gesichter waren so fein detailliert, das man das entstellte Gesicht der Meerfrauen erkennen konnte. Sie sahen alt und hässlich aus. Sie hatten lange Fingernägel, die über die Gesichter der Seemänner kratzten und lange, scharfe Zähne, mit denen sie die Männer in Stücke rissen. Ich keuchte laut auf und bereute es sofort, da ich Wasser in die Lunge bekam und fürchterlich husten musste. Ihr blick wanderte zu der Stelle, auf die ich so gebannt starrte und ihre Augen weiteten sich. Plötzlich umhüllte mich wieder dieser liebliche Gesang und meine Sicht vernebelte sich, als wäre ich in einem Nebelland. Grässliche Kreaturen kamen auf uns zu. Es waren die , die ich auf ihren Tattoo gesehen hatte. In echt sahen sie noch viel schlimmer aus. An ihren Zähnen klebte frisches Blut und ihre Fingernägel waren kalkweiß und gebogen. Sie sahen aus wie Klauen. Ihre Haut war grau und mit falten überzogen. Sie fauchten mit zusammengebissenen Zähnen und griffen nach mir. Blut quoll aus meinen Armen und Beinen und eines dieser Dinger versenkte ihre Zähne in meine Schulter. Ich schrie vor Schmerz auf, doch im Wasser ging es in ein leises gegurgel unter. Ich blickte sie an und sah das blanke entsetzen in ihren Augen. Sie flüsterte mit stummen Worten ein „Tut mir Leid“ und senkte den Blick. Eine einsame Träne lief ihre Wangen hinunter, doch jetzt ging sie nicht vor Freude auf und sie bemerkte es auch gar nicht. Dann wurde mein Genick mit einer schnellen Bewegung umgedreht und ich fiel in erholsame Schwärze.

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Tag der Veröffentlichung: 08.06.2011

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