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Meine Mutter und ich lebten bis zu meinem 10. Lebensjahr glücklich alleine.
Doch dann traf sie meinen zukünftigen Stiefvater. Er war ein Ekel
in Person, ein Säufer, ein Schläger und Frauenverachter. Und in diesen
Schovinisten verliebte sich ausgerechnet meine Mutter.
Lange Zeit lebte sie allein. Nach dem Tod meines Vaters wurde sie nämlich
manisch-depressiv und war nicht fähig, eine gesunde Beziehung zu führen.
Dann traf sie ihn, der mir mein Leben zur Hölle machte.
Wenn er zu viel getrunken hatte, ließ er seiner Wut freien Lauf und schlug uns grün und blau, bis er vor Erschöpfung einschlief.
Man hätte meinen können, dass meine Mutter sich dann von ihm
trennen würde, aber nein, sie war zu schwach und willenlos,
um sich von ihm loszureißen.
Mit meinem Stiefvater zog auch die Stimme in meinem Kopf ein.
Die mir so viele Male beistand, wenn ich abends im Bett schon
die schweren Schritte meines Stiefvaters auf der Treppe hörte
und wusste, nun war es wieder soweit.
Morgens wurde ich von Schreien und einer Tracht Prügel
geweckt und abends schlief ich mit ihnen ein.
Wenn die Stimme in meinem Kopf mir nicht immer
gut zu geredet hätte, hätte ich mich wahrscheinlich selber verletzt.
Diese heilige Stimme hielt mich am Leben, wenn sie mir nicht gesagt hätte, ich solle nicht aufgeben und stark bleiben, wäre ich an meinem Leid ertrunken.

So verstrich meine schreckliche Kindheit.
An meinem 16.Geburtstag verstarb meine Mutter an einer Überdosis Schlaftabletten und der letzte Satz von ihr an mich war: „Es tut mir so Leid, dass ich dich nicht beschützen konnte.“
Der Horror meines Lebens nahm weiter seinen Lauf.
Mein Stiefvater bekam das Sorgerecht für mich und somit die volle Kontrolle über mich und meinen Körper.
Nun genügte es ihm nicht mehr mich „nur“ zu schlagen.
Er sagte, ich sei nun alt genug, um das Amt meiner Mutter zu übernehmen.
Und damit meinte er nicht den Haushalt.
Er wollte sich an mir vergehen, doch soweit ließ die Stimme in meinem Kopf
es nicht kommen. Sie brüllte mich an, ich solle aufwachen und mich wehren!
Und so tat ich wie mir befohlen wurde.
Eines Nachts spürte ich in meinem Nacken seinen heißen Atem.
Ich roch den Alkohol und fühlte seine schwitzigen Hände auf meinem Körper. Die Stimme schrie: „JETZT!“ und ich zog das Messer unter
meinem Kissen hervor und stach zu. Eh ich mich versah lag mein
Stiefvater verletzt am Boden. Als die Polizei ihn abführte und ihn für lange
Zeit wegsperren würde, atmete die Stimme erleichter auf.
Ich kam zu einer entfernten Cousine meiner Mutter.
Sie war nun auch kein Engel, aber alle Male besser als mein Stiefvater.
Endlich nahm mein Leben nun einen besseren Lauf.
Meine geliebte Stimme half mir mein Leben zu leben und die schönen Seiten zu genießen.
Ich verliebte mich, wurde älter und gründete eine eigene Familie und die Stimme
verließ mich, weil ich so glücklich war.
Ich genoss alles in vollen Zügen.
Nun sitze ich hier und schaue gen Himmel.
Ich denke an meine Eltern und an meinem geliebten Mann, der nach 55 Jahren glücklicher Ehe verstorben ist.
Ich bin zufrieden und glücklich mit dem Verlauf des Restes meines Lebens.
Ich habe drei wundervolle Kinder und 5 bezaubernde Enkelkinder vorzuweisen.
Plötzlich höre ich wieder meine Stimme, die mich ruft und mich zu ihr bittet.
Wie könnte ich ihr diese Bitte nicht erfüllen, da sie mir ja so oft den Rettungsreifen zuwarf.
Ich schloss meine Augen und erwachte in einem prachtvollen und wunderschönen
Himmelszelt.
Ich war wieder jung und vor mir stand meine zufrieden aussehende Mutter in den Armen
meines Vaters, die mir freudig entgegen lachte.
Zum ersten Mal sah ich das Gesicht zu meiner mich immer wieder rettenden Stimme.
„Willkommen Sophie!“
„Du ... du hast mein Leben gerettet, hast mich vorm Ertrinken meines Leides bewahrt“, stotterte ich.
„Ja, liebe Sophie, ich war dein Schutzengel und nun ist meine Aufgabe erfüllt und du
wirst mein Amt übernehmen.“
Mit diesen Worten lag das Kinderleben eines kleinen Mädchens in meinen Händen.
Jetzt war ich die hoffnungsvolle und aufbauende Stimme in ihrem Kopf.
Vielleicht bin ich ja auch dein Schutzengel, der dich in deinem Leben begleitet!

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Tag der Veröffentlichung: 17.05.2009

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