Den Bericht über unseren Besuch in Thüringen möchte ich diesmal etwas anders beginnen. Grund ist ein Gespräch, na ja mehr ein Monolog eines Thüringers in einer kleinen Kneipe in einem noch kleineren Dorf mitten in der Rhön.
Johanniterburg in der Rhön
Unser Gesprächspartner, ein Mann im mittleren Alter, der noch gut die ehemalige DDR erlebt hat und jetzt versucht, im Kapitalismus klar zu kommen. Er hatte von den Bieren hergesehen etwas Vorsprung und so sprudelte es aus seinem Munde flott heraus.
Uns Thüringern geht es boomig, denn wir sind für Besucher ein Muss, alles voller Kultur. Wir haben Goethe bis zum Abwinken und Schiller satt, reichlich Luther und volle Röhre J.S.Bach, den allerersten Gartenzwerg und dann auch noch den genauso treudeutschen Bernhard Vogel.
Zum Zeichen von null Fremdenscheu haben wir diesen unseren Landesvater vertrauensvoll importiert als Gewinner der Wende, denn zu Hause von seinen eigenen Leuten abgemeiert, hat er bei uns wieder etwas zu sagen.
Unser Gesprächspartner nahm einen kräftigen Schluck Köstritzer, sah uns der Reihe nach an und vor fort, uns von seinem Thüringen zu erzählen.
Ein Reingezerrter also, aber willig und mit seinem überbreiten Lächeln unbeirrbarer Zuversicht zieht er uns hoch, nicht nur die Mundwinkel.
Nach dem ersten Westwirbel mit ruinösen Freizeit-Centern und Spaßbädern sind wir im Lebensstil längst wieder auf thüringisch.Normalnull ohne Pseudoprotz mit eigener Cola und preisen – wo wir doch ein älteres Reinheitsgebot haben als die Bayern – unser urtümliches Bier, ob Thuringia oder Köstritzer, was allerdings Touristen nach dem vierten oft nicht mehr verständlich bestellen können.
Unser Gesprächspartner nahm ein frischen Glas Köstritzer von der Bedienung entgegen und fuhr fort.
Sogar unser zweithöchster Berg darf so bleiben, wie er immer war, nämlich 978 m hoch.
Ein Minister wollte den Schneekopf zwar auf 1000 m erhöhen wegen Weitblicks, aber für den zuständigen Bürgermeister war das der Gipfel. Solche hochfliegenden Ideen haben bei uns nur die Hinterwäldler, die wir milder Wäldler nennen, besonders Minister aus dem nach uns benannten Wald mit Höhenwanderweg, den berühmten Rennsteig.
Unsere Mentalität ist wie unsere rundlich wohlige Landschaft ohne scharfe Kontraste. Dass sich hier kahl geschorener Rassenwahn mausig macht, möchten wir gar nicht glauben.
Streit pflegen wir an sich nur darüber, wie Kloßteig einzig echt gemischt wird und ob die Rostbratwurst in der Gerberstrasse zu Weimar die beste ist, wenn auch mit Bautzener Senf, also leider sächsisch.
Original Thüringer Rostbratwurst
Die Rostbratwurst in der Gerberstrasse zu Weimar ist die Beste, auch mit Bautzener Senf!
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Klaus Blochwitz
Bildmaterialien: John P.Thomas, Peter Cornen, Klaus Blochwitz
Tag der Veröffentlichung: 27.01.2013
ISBN: 978-3-7309-1389-5
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