Kurtchen und das große Trümmerfeld ( 6 )
Kurtchen wurde von seltsamen, fremden Krach und Radau wach, er sah zu seinen Bruder, der schlief noch fest. Ein Blick noch zu Mutter und Schwester und schon zog sich Kurtchen an und huschte aus den Zimmer.
Er hob die Haustür etwas an, weil sie sonst zum erbarmen quietschte und sah eine Menge Männer, einen großen Lastwagen und einen Schaufelbagger. Er ging zu den Männern und erfuhr so schnell, was das ganze zu bedeuten hatte. Es trifft ein weiterer Schub Flüchtlinge ein und für die mussten sie Unterkünfte bauen. Mit dem Bagger wurden schmale Gräben in den Boden gerissen, aus den Gräben hoch mauerten die Männer niedrige Mauern, auf denen sie die gebogenen Wellbleche befestigten. Andere Männer zogen schon Zwischenwände hoch und so entstanden abgetrennte Räume.
Kurtchen hatte genug gesehen, aber irgendetwas ging ihm im Kopf herum. Er steckte seinen Kopf nochmal in das Zimmer und ging los. Das Trümmerfeld in der Nähe vom Kanal machte ihn immer noch sehr neugierig. Hier mussten mal eine große Menge Häuser gestanden haben, denn es waren riesige Trümmerhaufen, verbogenes Eisen ragte rostig aus den Trümmern, zersplittertes Glas knirschte unter seinen Schuhen, kein anderer Ort jagte ihn so viel Unbehagen ein, wie dieses Trümmerfeld und er kannte nun wirklich einiges!
Vorsichtig tappte Kurtchen in seinen viel zu großen Schuhen, dass war ihm egal, die Schuhe hatten aber richtig dicke Sohlen, dass war viel wichtiger, durch die Trümmern und stand plötzlich vor einer Kellertür! Es war,genauer gesagt, ein Kellereingang ohne Tür, die Tür hing zerfetzt schief in den Angeln. Sehr vorsichtig ging Kurtchen in den dunklen Gang, stieß gegen Geröll, dass auf dem Boden lag, durch ein Loch kam etwas Licht. Der Junge stand dicht vor einer stabilen Holztür, er griff nach der Klinke und erstaunlich leicht ließ sich die Tür öffnen.
Kurtchen stand in einen pechschwarz dunklen Kellerraum, der Junge sah sich um, er brauchte Licht, in dem Dunkel konnte er nichts sehen. Der Junge versuchte mit aller Vorsicht, das Loch zu vergrößern, er zog einen Mauerstein heraus und sofort fielen polternd weitere nach. Jetzt war genug Licht da und Kurtchen schossen die Tränen in die Augen, er sah in dem Dämmerlicht Regale an den Wänden voll mit Einmachgläsern. Behutsam stellte Kurtchen Gläser in die Umhängetasche, schloss sorgfältig die Tür und machte sich auf den Heimweg.
Voller Staunen sah Kurtchen, dass schon drei von diesen Wellblechhütten fast fertig waren und wieder bohrte irgend etwas in seinen Kopf herum. Zu Hause wollte ihm sein Bruder die Tasche wegnehmen, um nach zu sehen, was darin war und zum ersten mal wurde Kurtchen wütend und stinksauer: „ Du hängst den ganzen Tag nur hier herum, Du könntest auch mal versuchen, etwas essbares aufzutreiben!“ Und riss seinen Bruder kochend vor Wut die Tasche aus den Händen, Sein Bruder hatte natürlich nichts besseres zu tun, als nach Mama zu schreien und schon war das schönste Theater im Gange.
In den nächsten Tagen war Kurtchen ständig auf der Baustelle, so erfuhr er, dass insgesamt über zwanzig dieser Wellblechhütten gebaut werden sollten. Ein älterer Mann wurde auf den dünnen Jungen aufmerksam und sprach Kurtchen an, woher er und seine Familie komme und wo er jetzt wohne, wie viel Personen und wo sein Vater sei. Kurtchen sagte dem Mann alles, was er wusste und zeigte auf die Hausruine, in der sie hausten. Der Mann ließ sich die Behausung zeigen und als er erfuhr, dass Kurtchens Vater wohl noch in Gefangenschaft war, nahm er einen Bogen Papier aus seiner Aktentasche, schrieb etwas darauf. Den Bogen gab er Kurtchen und zeigte auf die sechste Wellblechhütte, wenn die fertig ist, wohnt ihr dort, hebt das Papier gut auf!
Wie betäubt blieb Kurtchen stehen, langsam ging er zu dem zerbombten Haus und gab seiner Mutter das Papier. Sie hatten nicht nur eine viel bessere Unterkunft bekommen, auf dem Papier stand auch, dass sie Möbel bekommen. Einen Küchenschrank, Tisch, einen Stuhl für jeden, sogar ein Schlafzimmer und ein Bett für jeden!
Und sogar einen Küchenherd!
Kurtchen und der Kanalhafen. ( 7 )
Hinter dem riesigen Trümmerfeld war der Kanal und ein wenig weiter war der Hafen. Hier sah es wirklich schlimm aus, drei Lastkähne ragten nur noch zu einem Drittel aus dem dunklen Wasser. Auf der Wasseroberfläche schwammen bunt schillernde Öl Placken. Der vierte Schleppkahn lag mitten im Kanal und ragte nur noch mit der Bücke aus dem schmutzigen Wasser. Etwas weiter lag ein weitere Kahn halb versunken im Wasser. Alles sah hier grau und düster aus, kam etwas grünes, um den hohen Kran häuften sich noch Haufen von Schlacke und Schrottteilen, Kohle war allerdings nicht mehr da!
Kurtchen stieg über die Bahngleise, die auch große Lücken aufwiesen, drei Waggons standen auf einem Stück Gleis, dass vor und hinter den Waggons zerstört war, verrückt verbogen stachen die Eisenschienen in die Luft. Der Junge versuchte die Schiebetür von dem ersten Waggon zu öffnen, vergeblich. Bei dem mittleren brauchte er die Schiebetür nicht, es war ein großes Loch neben der Tür in der Waggon Wand. Kurtchen nahm einen Stein aus dem Schotterbett und warf ihn durch das Loch in den Waggon. Ein aufgeregtes Flattern war die Folge und ein Pulk Tauben flog durch das Loch aus den Waggon.
Der Junge wartete noch einen Moment, dann kletterte er in das Innere des Eisenbahnwagens, schnell stellte er fest, das der Waggon leer war. Er ging zum dritten Waggon aber auch dieser war wie leer gefegt. Etwas unentschlossen stand Kurtchen vor den Waggons und sah zu den halb versunkenen Lastkähnen.
Er war mit sich etwas uneins, sollte er es doch mal trotz aller Warnungen versuchen oder besser die Finger davon lassen? Die Kähne lagen so still im Wasser, entschlossen ging Kurtchen das Stück bis zum Kanal und lief dann an der gemauerten Uferkante bis zu dem ersten Kahn.
Vorsichtig turnte er über die Taue, mit denen der Kahn an den dicken Pollern am Ufer befestigt war, auf das Schiff. Abwartend blieb er stehen, aber es blieb alles ruhig. Der Laderaum war leer, bis auf das Wasser, der Wohnteil war komplett im Wasser verschwunden. Der mittlere Kahn lag mit dem Bug im Wasser und die Kabine mit der Brücke im Heck ragte hoch aus dem Wasser. Kurtchen spähte durch die kleinen Fenster in das Innere, es blieb alles ruhig.
Der Junge sah, dass der dritte Kahn auch mit dem Heck im Wasser lag und der Bug hoch aus dem Wasser stieß.
Kurtchen zog vorsichtig an der Kabinentür und leicht öffnete sich diese, schon stand der Junge in einen gemütlich eingerichtetem Raum, dick gepolsterte Stühle (Sessel) und ein Sofa, so etwas hatte der Junge noch nie gesehen, einen wunderschönen Schrank,d er durch die Schräglage des Schiffes an die Wand gerutscht war. Sprachlos stand er in dieser Pracht und setzte sich dann vorsichtig auf einen Stuhl. Er versank in den weichen Polstern, er kuschelte sich mit höchsten Vergnügen in die weichen Polster.
In dem schönen Schrank fand Kurtchen hübsche Teller , Schüsseln und Tassen, Messer, Gabeln und Löffel. Ganz vorsichtig verstaute Kurtchen von jeden etwas in einer Tasche. Traurig sah er die schönen Möbel an, die konnte er beim besten Willen nicht nach hause schaffen.
Auf den Rückweg kam ihn Werner in den Sinn, ein großer, grobschlächtiger Junge, der einige Jahre älter war und mit dem Kurtchen schon mal das eine oder andere gemacht hat. Aber er musste bei Werner höllisch aufpassen, weil Werner ein Sau Hund war und immer versuchte, ihn übers Ohr zu hauen.
Behutsam leierte Kurtchen sein Vorhaben an, Werner winkte jedoch ab, im Hafen ist nichts zu holen! Im Hafen nicht, aber auf den Lastkähnen und Werner sah Kurtchen plötzlich sehr aufmerksam und interessiert an, sag jetzt bloß nicht, dass du auf den Kähnen warst. Kurtchen brauchte gar nicht antworten, dass machte Werner schon, dir traue ich das schon zu.
Paar Tage später stiefelten die beiden ungleichen Jungen los zum Hafen, Kurtchen kletterte wieder über die dicken Taue auf den ersten Kahn und weiter auf den mittleren. Fast staunend folgte der große Junge und stand dann fassungslos in dem gemütlichen Raum.
Kurtchen fiel ein Stein vom Herzen, Werner zeigte keinerlei Interesse an den Möbeln, er sammelte kleinere Sachen zusammen. Als der Haufen hoch genug war, sagte Werner unvermittelt zu Kurtchen; „ Wir holen die Sachen, die du haben willst, mit meinen Handwagen!“ Kurtchen wäre vor Freude am liebsten an die Decke gesprungen, dass klappt ja wie geschmiert!
Werner kam tatsächlich ein paar Tage danach mit seinen Handwagen und ab ging es Richtung Hafen! Als Kurtchen die Tür öffnete, schrie er vor Wut laut auf, der Raum war wie leer gefegt!
Kurtchen und die Wellblechhütte ( 8 )
Kaum war die sechste, seine, ihre Wellblechhütte fertig gestellt, kam der ältere Herr zu seiner Mutter und erklärte ihr alles. Mit offenen Mund und weit geöffneten Ohren stand Kurtchen dabei und staunte nur noch.
Der Mann fragte seine Mutter, ob sie alles verstanden hat, Kurtchen sah seine Mutter bejahend nicken. Der Mann ging zur Tür und winkte, kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr neues Heim. Stolz ging Kurtchen mit seiner Mutter, die seine kleine Schwester auf dem Arm trug und dem freundlichen Mann das kurze Stück bis zu „ihrer“ Wellblechhütte.
In der gemauerten Front waren zwei Fenster und die Eingangstür. Darüber wölbte sich im Halbrund das gewellte Blech. Der Mann schloss die Tür auf ließ Kurtchens Mutter eintreten und Kurtchen folgte auf dem Fuß. Der Mann griff nach einem schwarzen Kästchen an der Wand neben der Tür und es wurde hell! Kurtchen staunte immer mehr, dass muss wohl elektrisches Licht sein!Sie standen in einem schmalen Raum, an dessen Ende eine Tür in der Mauer war. Der Mann öffnete die Tür und erklärte, dass der dahinter liegende kleine Raum als Vorratskammer gedacht sei, eine Klappe im Boden verbarg ein gemauertes, viereckiges Loch. Hier können Sie im Sommer die Lebensmittel kühl halten. Kurtchen wurde es ganz schwindelig, welche Lebensmittel? Eine weitere Tür war in der linken Wand zu erkennen. Hinter dieser Tür war ein großer Raum, die Wohnküche, der große Herd an der Wand zeigte es. Auch hier war elektrisches Licht Von der Küche ging es in den nächsten Raum;- Schlafzimmer und noch ein Zimmer war da; - das Kinderzimmer.
Kurtchen kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Aber das allerbeste war der große Herd und das große Waschbecken mit eigenem Wasseranschluss!
Links an die Hütte war ein Klo angebaut, nur für uns, staunte Kurtchen und seine Schwester. Hinter der Hütte war noch ein geräumiger Stall und das ganze stand in einem großen umzäunten Stück Land. Der Mann organisierte noch den Transport der wenigen Habseligkeiten aus der Notunterkunft in ihr neues zu Haus und verabschiedete sich dann.
Seine Mutter lief in der Hütte wie im Traum herum, fast eine richtige Küche, ein komplettes Schlafzimmer und Betten für jedes Kind. Das Bettzeug wurde auf die Betten der Kinder verteilt. Kurtchen hatte sich direkt das Bett nahe am Fenster geschnappt. Seine Schwester bekam das Bett neben der Tür.
Inzwischen hatte seine Mutter Feuer im Ofen angemacht, stellte die wenigen Küchengeräte auf den Sims über dem Ofen. Den Rest verstaute sie in dem Küchenschrank.
Schnell stellte Kurtchen fest, dass der schöne neue Herd in der Küche viel Holz brauchte, damit es in der Küche warm wurde. Er muss richtig viel Holz heran schaffen, aber wie? Der Junge hörte den Ruf von dem Knüngelkerl, obwohl er diesmal nichts für den Mann hatte, ging auf die Straße. Der Klüngelkerl entdeckte Kurtchen und winkte den Jungen heftig, richtig aufgeregt zu sich. Der Mann kramte in dem Gerümpel auf seinen Fuhrwerk herum und als Kurtchen den Wagen erreicht hatte, schrie der Knüngelkerl laut, hier, ich hab was für Dich!
Kurtchen war baff, der Mann stellte einen Bollerwagen neben ihn auf die Straße. Kurtchen sah den Mann fragend an, der lachte über sein schmuddeliges Gesicht, Du hast noch wegen der Kupferkabel bei mir was gut und drückte dem Jungen die Deichsel in die Hände. Der Junge strahlte, der Bollerwagen kam genau zur richtigen Zeit, damit konnte er viel Holz viel leichter nach Hause schaffen. Freudestrahlend marschierte Kurtchen mit dem Bollerwagen nach Haus und stellte den Wagen im Stall ab.Erst jetzt entdeckte der Junge unter den Lumpen im Wagen zwei Sägen! Jetzt war die Freude bei Kurtchen grenzenlos, mit den Sägen konnte er endlich auch dickere Äste mit nehmen.
Im Laufe der Zeit wuchs der Holzstapel in beruhigende Höhe. Kurtchen brachte unentwegt Holz aus dem nahen Wald, er dachte mit Grauen an den letzten kalten Winter! Was hatten sie alle gefroren, weil der Holzvorrat nicht gereicht hatte.
Kurtchen und die neuen Leute ( 9 )
Seit einigen Tagen war in der Nissenhütten-Siedlung eine gewisse Unruhe, auch Neugierde zu spüren, selbst Kurtchen spürte es. Seit bekannt geworden war, dass jeden Tag mit den Neuankömmlingen zu rechnen sei, war die Siedlung unruhig! Oft hörte Kurtchen Bemerkungen und Sätze wie, wer weiß, was da auf uns zu kommt, man kann ja niemanden mehr trauen, kann ja nur das letzte sein, was da kommen soll.
Seit Kurtchen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in der Wellblechhütte lebt, ist alles ein bisschen angenehmer geworden. Seine Mutter bekam wohl etwas Geld vom Amt, so das etwas Essen gekauft werden konnte. Die Kinder haben sogar neue Hosen und Pullover bekommen und seine Mutter hatte endlich ein neues Kleid. Etwas später sollen sie sogar nach und nach jeder neue Schuhe bekommen. Weil sein Bruder schon in der Schule, bekam er als erster die neuen Sachen.
Kurtchen tobte mit Kindern aus der Nachbarschaft auf der Straße zwischen den Nissenhütten herum, als er plötzlich hörte, wie die Leute riefen, sie kommen, sie kommen, seht nur, sie kommen!
Neugierig lief Kurtchen mit den anderen Kindern zur Hauptstraße und drängte sich durch die Erwachsenen nach vorne. Kaum stand er am Straßenrand, sah er die Kolonne von links kommen!
Mann oh Mann, was sehen die beschissen aus, dachte der Junge beim Anblick der Menschen, klapper dürre, die armseligen Klamotten zerrissen, Lumpen um die Füße gewickelt..
Erstaunt sah Kurtchen dann sogar einen Pferdewagen, gezogen von einem so mageren Pferd, das man die Knochen sehen konnte! Neben den klapprigen Wagen liefen zwei Kinder, die Kurtchen zu winkten.
Überrascht winkte Kurtchen zurück und sah jetzt, dass es ein Junge und ein Mädchen war. Das kleine Mädchen versuchte sogar ein dünnes Lächeln zu Kurtchen zu schicken. Kurtchen fühlte sich mit einem mal ganz seltsam.
Der ältere Mann, den Kurtchen gut kannte, verteilte die Menschen auf die freien Nissenhütten und erstaunlich schnell waren die Menschen von der Straße verschwunden und die neugierigen Zuschauer zerstreuten sich auch.
Kurtchen saß noch eine Weile auf dem Bordstein, die beiden Kinder, die ihm zu gewunken haben, gingen ihm nicht aus dem Kopf. So etwas war ihm noch nie passiert, winken, obwohl man sich doch gar nicht kannte! Seltsame Leute waren das.
Der Junge wollte gerade aufstehen, als er angerufen wurde, überrascht sah er die beiden Kinder auf sich zu laufen. Neugierig, aber auch ein wenig misstrauisch sah er den näher kommenden Kindern entgegen. Dann standen sich die drei Kinder gegenüber und das Mädchen fragte sofort, wie er heiße?
Überrumpelt sagte Kurtchen seinen Namen, das Mädchen sagte, dass es Elisabeth heiße und ihr Bruder Theo, eigentlich Theodor, aber alle sagen nur Theo.
Theo sagte nicht viel, aber seine Schwester sprach ununterbrochen und was sie alles wissen wollte, ob es hier schon eine Schule oder gar einen Laden, wo man einkaufen könnte, wie lange er, Kurtchen schon hier in der Siedlung wohnt, ob sein Vater schon aus dem Krieg zurück ist und ob er selber schon in der Schule ist.
Kurtchen stoppte den Redefluss des Mädchens mit einer Handbewegung: „ Wenn Du immer nur fragst, kann ich Dir doch nicht antworten!“ Verblüfft schwieg das Mädchen und Theo lachte ein wenig.
Elisabeth strich mit anmutigen Handbewegung eine blonde Haarsträhne aus ihrem Gesicht und sah dann Kurtchen erwartungsvoll an.
Kurtchen beantwortete der Reihe nach die Fragen von Elisabeth, danach war für einen Moment Stille und dahin ein fragte Theo Kurtchen, ob es hier in der Nähe Bauernhöfe gibt. Kurtchen nickte bejahend mit seinen Kopf und Theo fragte Kurtchen, ob er ihn den einen oder anderen Bauernhof zeigen würde? Wieder nickte Kurtchen bestätigend mit seinen Kopf, er konnte einfach nicht seine Augen von Elisabeth lassen, die blauen Augen, die ihn so freundlich ansahen, das blonde Haar!
Für einen Moment standen die drei Kinder stumm beieinander, bis Theo Kurtchen fragte, ob sie dann morgen mal losziehen könnten? Wieder nickte Kurtchen stumm.
Elisabeth fragte Kurtchen dann, in welcher Hütte er wohne und ob seine Schwester da sei? Wieder nickte Kurtchen, sagte dann aber zu den beiden Kindern: „ Kommt mit, ich zeige es Euch!“
Selten hat sich Kurtchen so wohl gefühlt, verstohlen sah zu Elisabeth, die dicht neben ihm ging und wieder lachte ihn das Mädchen freundlich zu. Seine Mutter war mit seiner Schwester zu hause und Kurtchen sah, wie seine Schwester munter wurde, als Elisabeth sich zu ihr setzte.
Die beiden Jungen gingen wieder nach draußen und Kurtchen sagte zu Theo: „ Komm ich zeige Dir schon mal ein paar Sachen!“ Pfeifend marschierte Kurtchen mit Theo los und verschwand kurz darauf in dem dichten Wald.
Kurtchen und die Schule ( 10 )
Es war so weit, die Schule wurde für Kurtchen eine ernste Sache, übermorgen soll es los gehen!
Kurtchen bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. Selbst seine Einwände, wer sorgt dann für Feuerholz oder guckte sich dann um, für etwas essbarem, halfen nichts.
Dann musste er wohl wie sein Bruder, der schon zwei Jahre zur Schule ging, jeden morgen mit den Schulsachen unter dem Arm zur Schule marschieren. Also, ganz geheuer kam ihm die Sache ganz und gar nicht vor!
Kurtchen strolchte ziellos durch die Siedlung, die durch die neuen Leute sehr lebhaft geworden ist. Viel mehr Kinder rannten jetzt spielender Weise zwischen den Nissenhütten herum. Der Junge hörte eine bekannte Stimme seinen Namen rufen, er drehte sich zu den Rufer und sah erfreut Theo mit seiner Schwester!
Kurtchen erzählte den Beiden, dass er ab übermorgen in die Schule muss! Theo gab sofort bedauernde Laute von sich, während Elisabeth sofort vergnügt los plapperte, das ist ja toll, Schule ist nämlich prima. Kurtchen sah Elisabeth ungläubig überrascht an: „ Woher willsse dat denn wissen?“ Elisabeth lachte Kurtchen vergnügt an: „ Ich spiele manchmal mit einem Mädchen, dass letztes Jahr in die Schule gekommen ist und die hat es gesagt!“
„Pah, Mädchen.“ Kam es abfällig von Theo.
„Erzähl mal mehr davon.“ Forderte Kurtchen Elisabeth auf.
Inzwischen hatten die Drei den Hügel erreicht, der eigentlich aus einer Menge Trümmer bestand, aber jetzt komplett zu gewachsen war. Sie setzten sich auf ein Stück Gras und Elisabeth erzählte, was sie von dem Mädchen über die Schule erfahren hatte.
„ Du lernst nicht nur rechnen und schreiben und lesen. Du lernst auch viele Lieder und malen darfst Du mit Buntstiften.“ Kurtchen staunte Bauklötze, was sind denn nun schon wieder Buntstifte?
Aber, jetzt machte Elisabeth ein schwer geheimnisvolles Gesicht, das Beste an der Schule ist, dass Du jeden Tag Essen bekommst!!
Kurtchen sah das blonde Mädchen wie ein Wunder mit offenen Mund und weit aufgerissenen Augen an: „ Jeden Tag gibt es Essen?“
Elisabeth nickte Kurtchen fröhlich an: „ Jeden Tag, wirklich!“
Kurtchen wiegte seinen Kopf nachdenklich hin und her, hört sich ja gar nicht sooo schlecht an, dass mit der Schule.
Und als er dann noch erfuhr, dass Elisabeth in einem Jahr auch in die Schule kam, war für Kurtchen die Welt wieder in Ordnung.
Der große Tag kam und seine Mutter zupfte und zog an seinen verschlissenen Sachen vergeblich herum, es blieben alte Klamotten. Kurtchen nahm sein kleines Bündel Schulsachen, die mit einem dicken Gummi zusammen gehalten wurden und los ging es.
Auf dem großen Schulhof standen eine Menge Kinder mit ihren Müttern, einigen sogar mit Mutter und Vater und zum ersten Mal schämte sich Kurtchen seiner armseligen Klamotten! Direkt ihm gegenüber stand eine kleine Gruppe Eltern mit ihren Kindern, aller feinst gekleidet!
Kurtchen erkannte den Bäcker, zu dem er die aus den Trümmern heraus gepickten Mauersteine gebracht hatte und Kurtchen dämmerte es ganz hinten in seinem Kopf, dass hier etwas nicht stimmen konnte.
Jetzt entdeckte Kurtchen auch noch große bunte Tüten?, die die Kinder in ihren Armen hielten, fragend sah er seine Mutter an und guckte stumm wieder weg. Er hatte die Tränen im Gesicht seiner Mutter gesehen.
Die vielen Kinder wurden von einem unglaublich dicken Mann in Klassen aufgeteilt und Kurtchen musste mit vielen anderen in das andere Schulgebäude gehen. Von Kindern erfuhr während des Weges, dass der dicke Mann der Rektor der Schulen war.
Am nächsten Tag bekamen alle Kinder tatsächlich warmes Essen, hier musste Kurtchen böse grinsen, denn vorher gab es einen Löffel Lebertran und der war einfach entsetzlich. Kurtchen war wirklich ein Allesesser, aber so ein Schweinekram hatte er noch nie gegessen. Nur mit allergrößter Mühe und Selbstbeherrschung gelang es ihm, das Zeugs herunter zu würgen, erst dann bekam er das Essen!
Am dritten Schultag hatte Kurtchen seine erste Prügelei mit einem der „feinen“ Jungens, Kurtchen bekam ein blaues Auge, aber der Feine lief heulend und schreiend zum Lehrer und beschwerte sich.
Was ihm aber nur eine Strafarbeit einbrachte, Kurtchen hatte das unbestimmte Gefühl, dass die Welt ein klein bisschen freundlicher geworden war.
Lesen Sie bitte auch Kurtchen will leben III
Texte: Klaus Blochwitz
Bildmaterialien: Klaus Blochwitz
Tag der Veröffentlichung: 26.01.2011
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