Cover

Das Buch

Alka-An hat das unruhige Blut seines Vaters Kaah–Mer und seines Großvaters Orkaa–Thur geerbt. Er konnte kaum den Aufbruch seiner ersten Erkundungsreise abwarten.

Die Vorbereitungen waren endlich abgeschlossen und das große Abenteuer konnte beginnen. Alka-An führte den Treck nach Osten, er wollte unbedingt das Land dort erkunden.

Der Gelehrte Sotates verfolgte hingegen ganz andere Pläne, er wollte den geheimnisvollen Ort finden, an dem die alten Schriftrollen aufbewahrt wurden.

Sie fuhren an der Nordseite des großen Gebirges vorbei, erreichten das Gebiet der wilden Horde und die Feuerberge, mussten anstrengende Flussüberquerungen meistern und heftige Angriffe wilder Steppenreiter abwehren. Sie nahmen die paar Einwohner aus einem Dorf mit, die nach schlimmen Über-fällen noch übrig geblieben waren. Sie fanden Owithan, einen alten Heiler und sie überstanden das erste Winterlager.

Alka-An fand mit seinen Gefährten schließlich nach langer Suche den geheimnisvollen Ort, der die Schriftrollen bewahrte!

Der Autor

Lebt seit vielen Jahren ganz im Westen von NRW in einer gemütlichen Kleinstadt nahe der holländischen Grenze.

Klaus Blochwitz bringt mit seinem fünften Buch seinen Lesern einen weiteren Fantasy Roman nahe.

Alka-An führt den Leser in ein neues Abenteuer, ganz in der Tradition von Darkahr und Kaah-Mer.

Wieder muss der Held der Geschichte heftige Abenteuer bestehen, lernt aber auch fremde Länder kennen, schließt Freundschaften mit Menschen und erlebt die Zauberkraft von Owithan.

Mit diesem Buch schließt der Autor die Trilogie seiner Fantasy – Abenteuer Reihe.

Wichtige Orte und Personen

Die Stadt Cameedor

Der Baumwall

Die große Stadt

Der Ort, der die Schriftrollen hütet

Das Mirakel

Die Winterlager

Die fremde Stadt

Die wilde Horde

Die Stadt Ichari Shahar

Georgies – Das Nachbarland von Apscheron

Die Städte Tbilissi, Mzcheta, Chaschuri, Sestafoni

Das westliche Meer

Die Seereise

Das Piratenversteck in der Felsenküste

Die Stadt Barcino

Das seltsame Phänomen in der Meerenge

Die Stadt Lisboa de Soo

Das Winterquartier in der Stadt

 Alka-An

Sooler – 1. Kundschafter

Gorges - Kundschafter

Barloss - Kundschafter

Kuman - Waffenexperte

Barthin - erfahrender Soldat

Duner - Organisator

Sotates - Gelehrter

Pettrinor - der Alte aus dem Dorf

Owithan – Der Heiler

Bythia - junge Frau / Büffelherde

Tretikow – Heiler

Die Steppenvölker

Apscheron - der Sohn des Khans

Achmeta – Anführer der Flüchtlinge aus den Bergen

Odysser- Kapitän von der „Kateene“

Phystar – Kapitäne der „Seetha“

Achdron – Kapitän der „Sirgith“

Lemkor – Kapitän der „Dyrla“

Penèlope- die Frau von Phystar

Eubäus- der Sohn von Phystar und Penèlope

Peersan- Bekannter von Alka-An

Beginn der Reise

 

 

Blutrot färbte die aufgehende Sonne die Zinnen der Stadt Cameedor, die Farbe wechselte ins orange, ins gelb. Dann löste sich die Sonne vom Horizont und die Paläste der Stadt strahlten im hellsten weiß.

Viele Fassaden der Paläste von Cameedor wurden mit dem weißen Stein aus der weiten Ebene verkleidet und viele der betuchten Kaufleute oder Handwerker ahmten es nach.

Cameedor trug schon bald nicht zu Unrecht den Beinamen: die weiße Stadt.

 

Die Stadt erwachte jetzt schlagartig und geschäftig liefen die Menschen hin und her. Die Marktstände wurden mit frischer Ware bestückt, die aus dem umliegenden Land und von den Fischerbooten kamen.

 

Alka-An trat aus seinem Elternhaus, streckte und reckte sich und machte sich auf den Weg zu dem Treffpunkt vor der Stadtmauer. Hier traf er sich, wie viele Tage schon zuvor, mit seinen Leuten, mit denen er den Weg weit nach Osten wagen wollte.

 

Die Vorbereitungen waren schon im vollen Gange, jeden Tag fuhren ein oder zwei Fuhrwerke nach Norden zum Sammelpunkt, etwa auf der Höhe, an dem sich das Gebirge nach Osten bog.

 

Alka-An plant zusammen mit seinen Freunden, die ersten Tage entlang dem Gebirge nach Osten zu ziehen, bis es nach Süden knickte. Ab hier mussten sie vorsichtig weiter ziehen, denn ab hier zogen sie möglicherweise durch das Gebiet der wilden Horde. Wie Alka-An aus den alten Schriften, vor allen dingen aber auch  von seinem Vater und Großvater wusste, war die wilde Horde immer nur südlich des großen Flusses beobachtet worden, aber eine erhöhte Aufmerksamkeit kann nicht schaden.

 

Alka-An wurde auch immer wieder von seinem Vater auf diese, wenn auch latente Gefahr hingewiesen, die Menschen der weiten Ebene mussten es leider zu oft erleben, dass die endlich vernichtet geglaubten Bestien der wilden Horde immer wieder auftauchten und furchtbar in der weiten Ebene wüteten.

Er hat sich mit den alten Aufzeichnungen lange und intensiv beschäftigt und war sich klar darüber, dass er auf seiner Reise mit einen Angriff der wilden Horde rechnen musste.

 

Alka-An traf an dem vereinbarten Punkt ein und begrüßte die Männer. Kurz nach seinem eintreffen kamen noch zwei Männer dazu und sie konnten jetzt mit der Planung fortfahren. Duner zeigte den Männern den Stand der Planung anhand von deutlichen Schriftrollen.

Er zeigte auf einen Punkt: „Wir haben dreiviertel der Planung erreicht, sobald die Fuhrwerke mit den Nahrungsmitteln und den Wasservorräten beladen werden, können wir losziehen.“

 

Sooler fragte nach den Pferden, Duner sah hoch: „ Wir haben zwei Herden, eine mit Reittieren und eine mit Last-und Zugpferden. Auch führen wir eine größere Herde Rinder, Ziegen und Schafe mit.“

Kuman fragte nach den Waffen und Duner erwiderte: „Auch hier haben wir bestimmt ausreichend Vorrat, neben zwei Fuhrwerken mit Schwertern, Schilden und Bögen, haben wir ein Katapult und eine Kanone jeweils auf einen Wagen montiert.“

Jetzt war es an der Reihe von Barthin, nach zu fragen, wie viel Soldaten oder ehemalige Soldaten sich gemeldet haben.

Duner raschelte mit den Schriftrollen und zeigte Barthin die Auflistung, aus der hervor ging, dass sich insgesamt über fünfzig Soldaten gemeldet haben, gut sortiert aus allen Waffengattungen. Hinzu kamen noch mal gut fünfzig Männer, die ihren Militärdienst absolviert hatten und sich in diesem Gewerbe noch gut auskannten. Barthin zeigte sich sehr zufrieden.

 

Alka-An zeigte den Männern an, dass es Zeit für einen Imbiss war, zwei Frauen brachten in Körben das Frühstück.

 

Bei der Besprechung zwei Tage später erschienen drei Gelehrte der Schule von Cameedor und fragten an, ob es möglich wäre, mit Alka-An zu sprechen. Alka-An hörte die Gelehrten und rief sie herein.

Alka-An erkannte sofort den einen der Gelehrten aus seiner Schulzeit und freute sich sehr über das Wiedersehen. Der Gelehrte klopfte Alka-An anerkennend auf die Schultern: „Davon hast du schon in der Schule ständig gesprochen, deine große Reise in den fernen Osten.“

 

Alka-An lachte seinen alten Lehrer freundlich an: „Im Gegensatz zu meinem Vater, der die Meere erforschen wollte, hat mich immer das unbekannte Land fasziniert.“

Sein Lehrer nickte: „Ich weiß, du hast mir Löcher in den Bauch gefragt. Deinetwegen habe ich mich sehr mit den Ländern im fernen Osten beschäftigt. Viel war darüber leider nicht zu erfahren, entweder leben dort keine großen Völker oder das Land ist doch nicht so groß, wie du es vermutest.“ 

„Jetzt ist es bald soweit, es laufen schon die letzten Vorbereitungen.“ Alka-An freute sich wirklich sehr über das Wiedersehen mit seinem alten Lehrer.

„Deswegen sind wir hier“, der ehemalige Lehrer von Alka-An zeigte auf die zwei anderen Gelehrten, die ihn begleiteten.

„Hier, schau mal, darum sind wir zu dir gekommen“, der ältere der Gelehrten trat vor und rollte eine alte Schriftrolle auf dem Tisch aus, „wir möchten Dir etwas zeigen.“

Er deutete auf einen Punkt weit im Osten in einem angedeuteten Gebirge auf der Karte: „Dieser Ort soll unvorstellbare Mengen an Schriftrollen und Aufzeichnungen und an Information bergen.“

Alka-An sah den Gelehrten gespannt an, der Gelehrte hatte seine Neugier geweckt.

„Wir möchten dich und deine Begleiter bitten, wenn es euch möglich ist, diesen Ort zu suchen und nach diesen Schriftrollen oder Aufzeichnung zu fragen.“

Sooler trat an den Tisch und beugte sich über die Schriftrolle: „Ihr wisst nicht, wo sich der Ort befindet?“

„Leider nein, der genaue Ort ist nicht mehr bekannt, im Laufe der vielen Sommer ist das Wissen darüber verloren gegangen.“

„Verbindlich ist nur, dass sich dieser Ort in diesem Gebirge weit im Osten befindet.“ Der Gelehrte zeigte Sooler das Gebirge, das nur schwach auf der Schriftrolle erkennbar war.

„Es scheint so, als zöge sich das Gebirge weit nach Norden und dehnt sich auch weit nach Süden aus, um dieses gewaltige Gebiet zu erkunden, benötigen wir viele, sehr viele Sommer.“

 

Sooler trat zweifelnd an der Ausführung dieses Wunsches von dem Tisch zurück.

„Es handelt sich tatsächlich um ein riesiges Gebiet, da habt ihr recht. Wir können euch auch nur einen sehr unbestimmten Anhaltspunkt mitgeben“

Der Gelehrte legte seine beiden Hände auf die Schriftrolle so, dass seine Hände mit den ausgestreckten Daumen ein recht großes Gebiet zeigten: „In diesem Gebiet befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der von uns gesuchte Ort.“

Alka-An fragte seinen alten Lehrer: „ Könnt ihr uns eine Zeichnung von dieser Schriftrolle mitgeben?“

„Daran haben wir schon gedacht“ und überreichte Alka-An eine Rolle. Er rollte die Rolle auf und sah, dass die Zeichnung die Einzelheiten sehr deutlich zeigte, aber er sah auch, dass das Gebirge wirklich gewaltig groß war und das von dem Gelehrten gekennzeichnete Gebiet immer noch sehr groß war.

„Wir werden es versuchen, mehr können wir euch nicht versprechen“, Alka-An rollte die Zeichnung zusammen.

„Wir hätten noch eine Bitte an euch“, beinah flehendlich sahen die Gelehrten die Männer an, „Sotates möchte zu gerne an euerer Reise teilnehmen.“

Alka-An und seine Männer lachten freundlich: „Deinen Wunsch können sehr leicht erfüllen, herzlich willkommen.“

 

Der Gelehrte freute sich sichtlich und fragte dann nach, was er alles für die Reise benötige, er habe leider keinerlei Erfahrung damit.

Duner bot sich an, dem Gelehrten zu helfen und setzte sich mit ihm an den Tisch und erstellte für den Gelehrten eine Liste mit den Dingen, die er unbedingt mit nehmen sollte, zusätzlich natürlich die persönlichen Sachen, die er benötigt. Die Gelehrten bedankten sich und angeregt plaudern kehrten sie nach Cameedor zurück.

 

Alka-An sah wieder vier Fuhrwerke nach Norden losfahren und ein Reitertrupp trabte auch gerade los. Alka-An merkte, wie ein heißes Kribbeln in ihm aufstieg, es wird Zeit, dass es los geht, er wird langsam aber sicher ungeduldig.

Obwohl natürlich Ungeduld für solch ein großes Unternehmen nicht gerade angebracht ist. Alka-An holte tief Luft und wieder beruhigt ging er zurück nach Cameedor, er brauchte noch einige Kleinigkeiten und die hoffte er auf einen der vielen Märkte zu finden.

 

Er hatte Glück, gleich auf den kleinen Markt, nicht weit hinter dem Stadttor, fand er was er suchte.

Der Händler bot ein sehr schönes Messer Sortiment an und Alka-An suchte sich vier Messer aus, angefangen von einem kleinen Messer, dass gut in die Seitentasche seines Beinkleides passte, die drei anderen Messer wurden immer von Messer zu Messer um ein Stück größer.

Der Händler bestätigte Alka-An gerne, dass er sich die richtigen Messer auch zum ausweiden eines Wildbret ausgesucht hat.

 

Alka-An sah sich nach einem wetterfesten Umhang um und festes Schuhwerk in Ersatz. Mit mehreren Paketen beladen kehrte er nach Haus zurück.

Die eingekauften Sachen legte er direkt auf das Fuhrwerk, dass vor dem Haus stand. Alka-An wurde freundlich von seiner Schwester begrüßt, die an der Haustür stand: „Das Essen ist gleich fertig.“

„Fein, ich mach mich ein wenig frisch, dann komme ich zum Essen.“

 

Während des Essens fragte Alka-An seine Schwester zum wiederholten male, ob sie nicht doch an seiner Reise teilnehmen wollte? Tanja-Dys hübsches Gesicht wurde traurig: „Nein, lass mich man zu hause, die Schiffsreise mit unseren Eltern reicht mir für den Rest meines Lebens.“

 

Alka-An legte für einen kurzen Moment seine Hand tröstend auf die zusammen gelegten Hände seiner Schwester: „Ich verstehe dich sehr gut.“

 

Er sah selbst noch oft genug die schrecklichen Bilder des Piratenangriffs, bei dem sie ihre Mutter verloren hatten. Die beiden waren mitten im essen, als Kaah-Mer, Alka-Ans Vater in die Stube trat und seine Tochter fragte, ob für ihn auch noch etwas zu essen da sei?

Lachend stand Tanja - Dy vom Tisch auf und holte für ihren Vater das Essen aus der Küche. Als sie zurück kam, waren beide Männer so vertieft in ihrem Gespräch über die bevor stehende Reise, dass ihr Vater kaum bemerkte, dass sie das Essen für ihn auf den Tisch stellte.

Kopfschüttelnd ließ Tanja -  Dy ihren Vater und ihren Bruder allein, sie konnte es nicht begreifen, dass ihr Bruder, nachdem, was sie alles erlebt hatten, bis hin zum Verlust ihrer Mutter, immer noch in die Welt hinaus wollte.

 

Hier in Cameedor konnte er sicher und zusammen mit interessanten Menschen leben, nein, er nahm lieber unwägbare Risiken auf sich, um fremde Länder und Leute kennen zu lernen!

 

Beim Treff am nächsten Vormittag einigten sich die Männer um Alka-An auf die endgültige Abreise zum Sammelpunkt im Norden zu Beginn des neuen Mondes. Innerlich jubelte Alka-An lauthals, ließ sich aber äußerlich nichts anmerken.

Es geht los, es geht endlich los!

 

Die Männer gingen noch mal alles durch, zum wievielten Mal machen sie dies? Duner sah jede Liste penibel durch, nach jeder Liste sah er die Männer fragend an und machte erst mit der nächsten Liste weiter, wenn er von allen die Zustimmung erhalten hatte.

Proviant, Wasserfässer, Ersatzkleidung, Waffen, Ersatzmaterial für die Fuhrwerke, Krüge, Kisten und sonstige Behälter, die Liste der Tiere wurde von Duner besonders akribisch abgearbeitet.

 

Es passte alles, Alka-An lobte Duner für seine gute Arbeit und ebenso lobte er die anderen Männer, die Kundschafter, allen voran Sooler und Kuman und Barthin, die Militärexperten.

 

Als neues Mitglied wurde von Duner der Gelehrte Sotates der Liste beigefügt.

 

Jetzt, wo endlich der Abreisetermin feststand, merkte Alka-An dass doch noch das eine oder andere fehlte.

Er nahm sich vor, auf dem Heimweg bei dem Schreiner nachzufragen, wie weit er mit der bestellten Truhe ist. Der Schreiner sah Alka-An kommen und rief ihm zu: „Wir haben die Truhe heute zu deinem Haus gebracht!“ Alka-An bedankte sich bei dem Mann und gab ihm das ausgehandelte Salär!

 

Auf dem Fuhrwerk sah Alka-An die schwere Truhe, genauso hatte er sich die Truhe für die wichtigsten Unterlagen vorgestellt, sehr stabil, sauber verarbeitet, mit schweren eisernen Beschlägen und einem wuchtigen Vorhängeschloss bestückt. Er legte alle wichtigen Schriftrollen, Kartenmaterial und einige persönliche Dinge in die Truhe.

 

Alka-An verabschiedete sich von seinem Vater und seiner Schwester, nahm ihre guten Wünsche mit auf die Reise!

 

Sooler stieß seinen rechten Arm hoch in die Luft und die letzte Gruppe verließ Cameedor, es waren doch noch sieben Fuhrwerke zusammen gekommen und eine größere Reitergruppe, die jetzt nach Norden aufbrach, zum ersten Zwischenlager.

 

Bis zum Sammellager am großen Gebirge brauchten vor allem die Fuhrwerke einen guten Mondzyklus.

 

Alka-An hatte das Schwert, dass der legendäre Fürst Darkahr vor langer Zeit von den Elben erhalten hatte, wie alle Träger dieses Schwertes, unbewusst auf den Rücken geschnallt.

Der ganze Tross hoffte natürlich, dass sie mit den Bestien der wilden Horde nicht zu tun haben werden, einmal, weil sich die wilde Horde seit langer Zeit nicht mehr hat blicken lassen, zum anderen zogen sie hoch im Norden an dem ehemaligen Gebiet der wilden Horde vorbei.

Aus den alten Aufzeichnungen war es Alka-An bekannt, dass die wilde Horde ausschließlich südlich des großen Flusses agierte.

 

In einem plötzlichen Energieausbruch jagte Alka-An sein Pferd in einem wilden Galopp ins Landesinnere und kehrte in einem weiten Bogen ruhiger geworden, wieder zurück. 

Sooler lachte Alka-An verständnisvoll an, er konnte den Energie geladenen, jungen Mann gut verstehen, er war in seinen jungen Jahren genauso ungestüm.

 

Rechter Hand leuchtete ab und zu das blaue Wasser der großen See im hellen Sonnenlicht auf.

 

Die Fuhrwerke rumpelten in den vielen Spurrillen heftig hin und her und einige Lenker der Fuhrwerke wichen immer weiter nach links aus, um auf glätteren Boden leichter voran zu kommen.

Der Gelehrte mit seinem leichten Einspänner folgte dem Beispiel der erfahrenen Lenker und entkam so auch etwas dem aufgewirbelten Staub.

 

Sie erreichten gegen Abend das erste Basislager und Alka-An freute sich auf das Essen. Das Lager war nahe der Küste aufgebaut worden und Alka-An sah Segelschiffe nach Süden fahren, die Schiffe bringen bestimmt Waren nach Cameedor, dachte er bei dem Anblick der Schiffe.

 

Die Tour bis zum Sammellager zog sich gleichmäßig dahin, ohne besondere Vorkommnisse und wie von Duner einkalkuliert, kam Alka-An mit dem Tross nach einem guten Mondzyklus in dem Lager an.

Er war von dem Anblick des Lagers schier erschlagen, ganze Zeltstädte sah er, große Viehkoppeln, Fuhrwerk an Fuhrwerk standen in Reih und Glied und ein Gewimmel von Menschen wie an den Markttagen in Cameedor!

Ein lautes Stimmengewirr lag über dem großen Lager. Ein junger Mann wies Alka-An den Weg zu dem Hauptplatz, an dem auch sein Zelt aufgebaut stand. Duner erklärte den Männern um Alka-An, dass er die große Kolonne in einzelne Sektionen aufgeteilt hat, damit der Marsch nicht in ein Chaos endet. Es sind Treckführer von den Menschen gewählt worden, die sich in erster Linie um ihren Treck kümmern. Jeder dieser Treckführer hat bis zu fünfzehn Fuhrwerke zu betreuen, ebenso wurde mit den Herden der Pferde, Kühe, Ziegen und Schafe verfahren.

So wurde sicher gestellt, dass relativ einfach, kleinere Verbände mit Nahrung und Wasser versorgt werden können, auch die Lagerplatzsuche dürfte sich dadurch einfacher gestalten.

 

Duner hatte für die vielen Menschen zehn Küchenwagen  bereit gestellt Trotz der wirklich gut durch dachten Organisation von Duner, dauerte es mit dem Aufbruch doch noch einige Tage länger, aber dann war es soweit! Alka-An hatte auf einen kleinen Hügel mit seinen Kundschaftern, mit Kuman und Barthin und Duner Aufstellung genommen.

Selbst der Gelehrte Sotates hatte sich eingefunden.

 

Alka-An schaute seine Gefährten an: „Alles bereit?“

Als alle nickten, stieß Alka-An seinen rechten Arm hoch in die blaue Luft und schrie mit aller Kraft über den riesigen Treck hinweg: „ Es geht los, auf nach Osten!“  Die kleine Gruppe verließ den Hügel und lenkte ihre Pferde nach Osten, knarrend setzten sich die Fuhrwerke in Bewegung, das Vieh brüllte und die Menschen schrien vor Begeisterung.

 

Im Laufe des sonnigen Vormittagtages sortierte sich der Treck von selbst, die Treckführer der Fuhrwerke hatten ihre Wagen nach links und nach rechts an den Rand gelenkt, dadurch entstand eine große Fläche in der Mitte, in der das Vieh gut mitlaufen konnte, ohne das es ständig beaufsichtigt werden musste.

Viele Menschen verließen die Fuhrwerke, um ein Stück des Weges zu laufen. Die Reiter umkreisten die Kolonne wie Fliegen einen süßen Kuchen. Alka-An war mit Duner und Sooler überein gekommen, in den ersten Tagen den Treck laufen zu lassen, damit Fuhrwerke und die Herden das richtige Tempo für sich finden können.

 

Schon nach dem dritten Tag hat sich eine gewisse Routine entwickelt.

 

Der Abbau des Lagers nach dem Frühstück, das Mittagsmahl, dass meistens aus Brot und Dörrfleisch bestand, wurde von den Küchen während der Fahrt ausgegeben. Abends das Lager wurde erstaunlich schnell auf den Platz aufgebaut, der von den Kundschaftern ausgesucht worden ist.

Schnell zog leckerer Essensduft durch das große Lager. Das Wetter blieb angenehm, der Boden blieb fest und hart, so dass die Fuhrwerke keinerlei Probleme hatten und die Kundschafter fanden immer genügend frisches Wasser.

 

Der Gelehrte machte Alka-An darauf aufmerksam, dass sich der Treck jetzt ungefähr auf der Höhe zu der großen Schlucht befindet.

Alka-An wusste von der Schlucht und reckte sich hoch in seinem Sattel, der Gelehrte musste lachen. „Nein, sehen kannst du die Schlucht nicht, dafür ist sie noch zu weit entfernt.“

 

Während das Lager für die Nacht aufgebaut wurde, zogen dunkle Wolken, von Westen herkommend, den Himmel hoch und es wurde sehr schnell dunkel. Überall im Lager leuchteten Fackeln auf und mit den ersten dicken Regentropfen verschwanden die Menschen in ihren Zelten.

Es goss die ganze Nacht durch und auch der neue Tag begann nass. Erfreulicherweise blieb der Boden hart, dass Regenwasser konnte gut abfließen und die schweren Fuhrwerke kamen trotz des heftigen Regen gut voran. Sooler zeigte früh an, dass sie hier übernachten wollen, der Platz eignete sich hervorragend, denn er war wie eine flache Kuppel gewölbt, das Regenwasser konnte gut abfließen und so konnten die Zelte auf fast trockenem Boden aufgebaut werden.

 

Die Nacht begann mit Blitz und Donner, die Unwetter hielten die ganze lange Nacht an.

Alka-An sagte etwas missgestimmt zu Sooler: „ Jetzt fehlt nur noch, dass wir von der wilden Horde angegriffen werden. Das Wetter passt ja dazu!“

 

Etwas erschreckt sah Sooler Alka-An an: „Das meinst du doch nicht wahrhaftig?“

Verlegen wehrte Alka-An entschuldigend seine Äußerung ab: „Nein, nein, der Gedanke kam mir nur so.“

 

Erst gegen Morgen wurde es ruhig und trocken. Alka-An ließ durch die Kundschafter mitteilen, dass der Treck heute hier blieb, damit die Zelte und alles andere trocknet konnte. Als wenn die Sonne Alka-An unterstützen wollte, kam sie durch die dichten Wolken und vertrieb sie schnell, in der Wärme begannen die Zelte zu dampfen und gegen Mittag war das meiste schon trocken.

 

Sooler informierte Alka-An darüber, dass der Treck morgen das Ende des großen Gebirges erreichen wird und bedingt durch die Bodenverhältnisse sollte der Treck  ein wenig nach Norden ausweichen.

 

Sie kamen dadurch zwar ein das leicht hügelige Land, aber der Boden war dennoch fester, als bei direkter Weiterfahrt nach Osten. Einen weiteren Vorteil brachte das Ausweichen nach Norden. In den Hügeln wimmelte es von jagdbarem Wild! Aus jedem Treck sah man Männer ausschwärmen, die Jagt auf das zahlreiche Wild machten. Alka-An freute sich, dass tat ihren Vorräten gut! 

 

Das nächste Lager war nahe den Feuerbergen auf der nördlichen Seite des großen Flusses. Alle staunten die gewaltigen, schwarzen Berge an, aus deren Gipfeln glühend rotes Gestein die Hänge herunter floss. Den meisten Menschen waren diese schwarzen, düsteren Berge mit ihren glühenden Gesteinsbächen unheimlich. Beim Abendessen kursierten die tollsten Geschichten über die Kriege gegen die wilde Horde. Jeder wusste natürlich mehr als der andere und von Geschichte zu Geschichte wurde es mehr.

 

Und mit viel Achtung wurden die Namen von Darkahr, Orkaa–Thur und Kaah–Mer genannt.

 

In der Nacht wurde es sehr windig, stürmisch, die Zelte flatterten und die Tiere wurden unruhig. Der Wind war zum Sturm ausgewachsen und zwar so heftig, dass nur kalte Speisen zum Frühstück ausgegeben wurden, weil kein Feuer angezündet werden konnte.

Der heftige, trockene Sturm wirbelte alles durch die Luft, was nicht gut befestigt war. Manch einer rannte wie wild hinter irgendwelchen Sachen hinterher, die der Sturm losgerissen hatte.

 

Das Weiterfahren wurde durch den Sturm sehr erschwert und hinzu kam, dass ihnen der Sturm alles entgegen blies, was er nur los reissen konnte. Sehr unangenehm waren die Unmengen aufgewirbelter Staubes, der heftig gegen alles prasselte, dass sich ihm entgegen stellte.

 

Sooler zeigte schon am frühen Nachmittag an, dass das Lager aufgebaut werden soll.

 

Durch den dichten Staub schimmerten matt die roten Feuer der schwarzen Berge. Der Treck war schon sehr nahe an dem Gebirge. Barthin ließ die Wachen verdoppeln und ließ im ganzen Lager verlauten, dass erhöhte Wachsamkeit angebracht sei.

 

Der Sturm heulte und tobte die ganze Nacht über das Lager hinweg, die Zelte brachen fast unter der Last des Sandes zusammen.

In dem fahlen Morgenlicht kamen die Menschen sehr vorsichtig aus den Zelten, um nach den Schäden zu sehen und um das Vieh zu versorgen.

Wieder gab die Küche nur kalte Speisen zum Frühstück heraus, an einen Aufbruch war gar nicht zu denken.

 

Der Sturm tobte noch den ganzen Tag und die folgende Nacht von dem schwarzen Gebirge herunter, erst gegen Morgen wurde er ruhiger und die Menschen bekamen endlich wieder ein warmes Frühstück.

 

Sooler machte Alka-An zwei Vorschläge für die Weiterfahrt: „Wir können zum einen den großen Fluss mehrere Tage recht bequem folgen und dann etwas nach Norden abbiegen und dann haben wir eine weite Ebene vor uns. Oder wir biegen jetzt schon vor dem schwarzen Gebirge ab, umfahren es und erreichen ebenfalls die genannte weite Ebene.“

 

Alka-An war sich etwas unschlüssig, beide Routen hörten sich gleich gut an. Sooler half Alka-An, in dem er daraufhin wies, dass sie mit der erst genannten Route durch den großen Fluss immer frisches Wasser hätten.

„Gut, nehmen die Route durch das Gebirge den Fluss entlang“, entschied sich Alka-An.

 

Der große Fluss hatte ein breites flaches Tal in die schwarzen Berge geschnitten. Der Treck konnte in breiter Front am Ufer des großen Flusses fahren, der Untergrund war fest und es lagen nur wenige Steine im Weg. Die schwarzen Berge stiegen am Tal Rand sofort sehr steil in die Höhe, auf der südlichen Seite des Flusses sah es noch steiler und wilder aus, die dunklen Berge spiegelten sich in dem ruhigen Wasser und verstärkten dadurch noch den düsteren Eindruck.

 

Das ganze Tal war öd, kaum Sträucher, geschweige denn Bäume, der Boden war meist blanker Fels. Das Vieh fand nichts zum grasen.

 

In erstaunlich sanften Bögen wandte sich der Fluss durch die hohen Berge. Der Lagerplatz war ein sehr karger Ort, das Vieh wanderte blökend hin und her und zupfte verächtlich an den paar trockenen Büschel Gras.

 

Die Küchen hatten ein prima Abendessen zubereitet, so dass sich die Stimmung im Lager deutlich besserte.

Einige junge Männer traten vor Alka-An und erzählten, dass sie beim herum schweifen etwas seltsames entdeckt hatten. Sie würden es ihm gerne zeigen!

Alka-An, Sooler, Kuman und Barthin standen auf und folgten den jungen Leuten. Sie gingen stracks auf die hohen Felswände zu, hinter einer vorspringenden Felsnase öffnete sich eine enge und düstere Schlucht, von Himme lhohen Felswänden fast erdrückt.

Nach wenigen Schritten zeigten die jungen Männer Alka-An ihren Fund. Gerippe, Knochen, klobige Waffen, Schilde und verbeulte Helme, ein Ort des Grauens!

 

Die jungen Leute deuteten sehr aufgeregt auf das Schwert, dass Alka-An auf den Rücken trug, es leuchtete in leichten Intervallen einem matten bläulichen Licht!

Alka-An trat sehr vorsichtig näher und sah sich die Fundstücke gründlich an, es waren wirklich Überreste von den Bestien der wilden Horde! Er konnte sich deutlich daran erinnern, in den alten Schriftrollen gelesen zu haben, dass die Rüstungen, Helme und auch die Waffen der wilden Horde sehr grob zusammen gehauen worden sind und diese hier sahen sehr danach aus.

 

Alka-An fragte die jungen Männer, ob sie sich die Schlucht weiter angesehen hatten? Als sie verneinten, sagte Alka-An zu ihnen: „Holt aus dem Lager ein paar Bogenschützen und Schwertkämpfer, ich möchte mir diese Schlucht etwas genauer ansehen.“

 

Die Soldaten waren schnell bei Alka-An und er ging mit ihnen sehr vorsichtig in die Tiefe der engen Schlucht. Immer noch leuchtete das Schwert auf Alka-Ans Rücken schwach bläulich.

Das halbdunkel in der Schlucht, die seltsame Stille, die Enge zwischen den steilen Felsen war schon bedrückend. Die Schlucht wurde etwas breiter und einer der Soldaten zeigte Alka-An die Öffnung einer Höhle, bei Alka-An sträubten sich die Nackenhaare, da war doch etwas gewesen – wilde Horde – Höhle, die Gedanken daran schossen ihm durch den Kopf.

 

Alka-An bedeutete den Soldaten, sehr vorsichtig auf den Höhleneingang zu zugehen, eine Auseinandersetzung mit der wilden Horde fehlte ihm gerade noch!

Die Soldaten näherten sich dem Höhleneingang, einige hatten ihre Schwerter gezogen. Der erste Soldat verschwand in der dunklen Öffnung und Alka-An schluckte vor Aufregung.

Bevor jedoch der zweite Soldat in die Höhle gehen konnte, kam der erste schon wieder zurück: „Entwarnung, die Höhle ist verschüttet, wie eingebrochen.“

Trotzdem verschloss Alka-An mit dem Schwert der Elfen den Höhleneingang! Erleichtert ging Alka-An mit den Soldaten zum Lager zurück. Er war froh, dass er die Menschen beruhigen konnte, keine wilde Horde!

 

Der Treck folgte dem großen Fluss und erreichte endlich die weite Ebene, von der die Kundschafter berichtet hatten.

 

Das offene, weite Land war weit aus sympathischer, als das Tal durch das schwarze Gebirge. Weit ging der Blick der Menschen über das flache Land und manch einer schnaufte tief auf.

Die Ebene dehnte sich weit nach Osten und Süden aus, am nördlichen Horizont war ein Gebirge zu erkennen.

Am dritten Tag in der Ebene erreichten sie das Ufer eines großen Sees.

 

Die Sonne schien warm vom Himmel und der See lockte mit seinem Wasser.

Alka-An gab bekannt, dass sie hier ein paar Tage bleiben wollen. Das Lager war kaum aufgebaut, da tobten schon die ersten jungen Leute ausgelassen in dem warmen Wasser des Sees, es war ein sehr flacher See, denn die Menschen konnten noch weit vom Ufer auf dem Grund stehen.

 

Barthin und Kuman trafen im Lager ein und berichteten Alka-An, dass sie die Schlucht, in der die jungen Leute die alten Sachen der wilden Horde entdeckt hatten, gründlich von vorne bis hinten durch sucht hatten.

Sie haben aber nichts ungewöhnliches finden können. Die steilen Felswände schlossen sich nach einem Tagesritt vor ihnen und beendeten damit die Schlucht. Das einzigste, was ihnen allen aufgefallen ist, dass die Schlucht halt ein etwas unheimlicher und ungemütlicher Ort ist. Alka-An zeigte sich zufrieden, innerlich war er sehr erleichtert. Das fehlte ihnen allen noch, dass sie direkt am Beginn ihrer Reise mit der wilden Horde konfrontiert würden.

 

Kleinere Reparaturen wurden erledigt, die Wasservorräte aufgefüllt, die Jäger brachten frisches Fleisch zu den Küchen, hier konnten es die Menschen aus Cameedor gut aushalten.

Fast ungern wurde nach dem vierten Tag an dem See das Lager abgebrochen und der Treck zog weiter nach Osten. Durch den Uferverlauf des Sees wurde der Treck etwas nach Norden gedrückt und kamen dadurch an das Ufer eines Flusses, der sich von Norden nach Süden wand und überquert werden musste, um weiter nach Osten vordringen zu können.

 

Sooler suchte mit seinen Kundschaftern einen geeigneten Übergang, eine Furt fanden die Männer nicht, aber einen geeigneten Übergang.

Die Reiter überquerten den Fluss ohne größere Probleme, mit den Fuhrwerken war es schon schwieriger. Der Grund des Flusses war wohl ziemlich weich und trotzdem mit dicken Steinen übersät. Die Fuhrwerke versanken tief in dem Wasser und kamen nur mit allergrößter Mühe aus dem Fluss.

 

Duner ließ die Fuhrwerke abladen und leere Fässer an die Seiten der Fuhrwerke befestigen, damit klappte es bedeutend besser, die leeren Fässer gaben den leichteren Fuhrwerken genügend Auftrieb, so konnten die Zugtiere die Fuhrwerke ohne großer Anstrengung durch den Fluss ziehen.

Die Flussüberquerung zog sich über mehrere Tage hin und Alka-An ließ das Lager jenseits des Flusses einen Tag länger stehen, als geplant. 

 

Der Treck zog weiter, immer noch etwas nördlicher als geplant, nach Osten, erzwungen durch einen weiteren Fluss, der sehr wild mit einer starken Strömung aus dem im Norden liegenden Gebirge kam.

Der Wald wuchs jetzt immer dichter an das Flussufer heran und der Treck wurde dadurch in die Länge gezogen.

Noch konnten sie dem Flussverlauf einigermaßen bequem folgen, der Uferrand blieb noch den ganzen Tag von dichterem Baumbewuchs frei, wurde aber zusehends schmaler. Gegen Abend konnten die Fuhrwerke nur noch einzeln hinter einander fahren.

 

Sooler meldete Alka-An, dass sie noch ein gutes Stück weiter müssten, dann hätten sie den Wald hinter sich und einen geeigneten Lagerplatz für die Nacht. 

 

Etwas weiter entfernt haben sie ein kleines, etwas ärmliches Dorf gesehen. Sie könnten jedoch ohne Kontakt daran vorbei fahren!

 

Alka-An wollte die Entscheidung darüber erst später treffen, jetzt war der Lagerplatz für die Nacht vorrangig. Nach dem späten Essen fragte Alka-An Sooler, welchen Eindruck das Dorf auf ihn gemacht habe? Armselig, eine Bedrohung stellt es für uns nicht dar!  

„Gut, dann sehen wir uns morgen das Dorf an“, entschied Alka-An.

 

Der Treck zog am nächsten Morgen am Flussufer weiter, die Richtung wurde jetzt doch mehr und mehr Nordöstlich.

Alka-An wies Sooler an, falls der Fluss seine Richtung nicht ändert, müssen wir den Fluss am nächsten Tag überqueren. Anschließend ritt er mit ein paar Soldaten und Barthin zum Dorf. Beim näher kommen bestätigte sich der von Sooler geschilderte Eindruck eines armseligen Dorfes. Als die Dorfbewohner den Reitertrupp sahen, waren sie blitzschnell in dem nahen Wald verschwunden.

Barthin wunderte sich nicht darüber: „Die Leute haben schlechte Erfahrungen gemacht.“

Langsam und vorsichtig ritten sie in das kleine Dorf und stiegen auf dem winzigen Dorfplatz von den Pferden.

 

Ein Soldat band die Tiere an einer Zaunstange fest und Alka-An stellte gut sichtbar zum Wald hin, einige Krüge und Behälter auf den Boden und alle traten ein Stück zurück.

Es dauerte lange, bis sie von den Dorfbewohnern etwas hörten. Ein älterer, ärmlich gekleideter Mann traute sich dann vorzutreten.

Alka-An sprach den Mann mit ruhigen Worten an, dieser zeigte, dass Alka-An seine Worte langsam wiederholen sollte.

Alka-An sagte zu dem Mann: „wir wollen uns nur nach dem Weg erkundigen, wir wollen das Land weit im Osten erkunden.“

Der Alte nickte, hockte sich hin und zeichnete in den Staub des Dorfplatzes eine erstaunlich gute Karte der Umgebung.

 

Alka-An erkannte das Gebirge im Osten und sah, dass der alte Mann das Gebirge in einem weiten Bogen über Norden nach Süden in den Staub zeichnete. Er sah hoch und als er erkannte, dass ihn die Fremden verstanden hatten, bohrte er mit seinem Stock ein Loch in den Boden und machte mit dem rechten Arm eine ausholende Bewegung.

Alka-An verstand den alten Mann sofort, das Loch im Boden war das Dorf! Dann zeichnete er genau in dem Bogen des Gebirges, wo es vom Norden nach Südosten knickte, einen deutlichen Strich und führte diesen dann nach dem Gebirge weiter nach Osten.

 

Auch das verstand Alka-An sofort, dass sollte einen Pass einzeigen. Der alte Mann verzog sein verknittertes Gesicht zu einem freundlichen, zahnlosen Lächeln und als er verstand, dass die Krüge und Behälter, die die Fremden auf dem Dorfplatz gestellt hatten, für ihr Dorf sein sollten, sprang er trotz seines gewiss hohen Alters vor Freude wild herum und rief die anderen Bewohner aus den Wald.

 

Immer noch ängstlich und voller Misstrauens, kamen die wenigen Menschen aus dem Wald, einer erbärmlicher als der andere. Langsam wurde es Alka-An klar, dass diese Menschen ständig ausgeraubt werden, selbst die allerletzten Nahrungsmittel wurden geraubt. Das ganze Dorf bestand nur noch aus vielleicht dreißig, vierzig klapperdürren Menschen. Alka-An fragte Duner: „Können wir die Menschen mitnehmen?“

„Kein Problem, wir haben genügend Nahrung und Kleidung für sie und wir könnten sie auf die Fuhrwerke verteilen.“

 

Alka-An erklärte dem sehr überraschten Alten seine Idee und als der alte Mann begriffen hatte, was Alka-An ihm da vorschlug, sprang er wieder wie ein Verrückter herum. Dann sprudelte es wie ein Wasserfall aus ihm heraus und die Dorfbewohner standen erstmal wie vom Donner berührt, aber dann brach die Freude durch. Sie bedankten sich bei den Fremden überschwänglich, es wollte gar kein Ende nehmen. 

Alka-An zeichnete in die Karte von dem Alten den Lagerplatz von dem Treck und machte ihm klar, dass er mit seinen Leuten morgen dahin kommen sollte.

 

Der Alte erklärte es seinen Leuten und diese rannten in ihre armseligen Hütten und rafften das bisschen, dass sie noch besaßen, zusammen und machten sich auf den Weg. Barthin wollte sie stoppen, es ist heute schon zu spät, aber Alka-An winkte ab, lass sie laufen, diese Menschen sind so froh, aus diesem Elend heraus zu kommen, dass nichts sie mehr halten kann.

 

Eine junge Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm kam zu Alka-An, nahm seine Hand und wollte sie küssen, aber das wehrte Alka-An sofort ab und erklärte der jungen Frau, dass sie das nicht machen muss.

 

Unsicher ging die Frau und sah sich noch ein paar mal ängstlich um, dass war etwas, dass sie nicht verstand.

Alka-An und die anderen bestiegen ihre Pferde und ritten im langsamen Trab den Dorfbewohnern voraus.

Als die Dorfbewohner das riesige Lager sahen, standen sie wie erschlagen da und trauten sich nicht weiter.

 

Alka-An erklärte seine Leuten den Sachverhalt und der große Treck schluckte die paar Menschen ohne große Mühe und wenig später sah man alle gemeinsam essen.

Sooler hatte die Zeichnung des Alten abzeichnen lassen. So hatte er für die nächsten Tage eine zuverlässige Karte. Der Pass durch das Gebirge war anstrengend, vor allem fehlte Wasser und Futter für das Vieh, der Pass ging über glattes Felsgestein und erst nach vielen Tagen erreichte der  Treck die Wasserscheide.

 

Jetzt wurde es etwas erträglicher, der Pass führte stetig abwärts und die Zugtiere hatten es erheblich leichter mit den schweren Fuhrwerken. Es dauerte wieder einige Tage, bis der Treck das Gebirge verlassen hatte und in das unendlich scheinende flache Land rollte.

 

An einem kleinen Fluss ließ Sooler das Lager aufbauen und das Vieh fraß sich in dem Bauch hohen Gras satt. Der Fluss versorgte die vielen Menschen und Tiere mit frischen klaren Wasser.

Es war ein guter Lagerplatz und so blieben sie noch einen Tag länger.

 

Alka-An sah, wie sich Sotates, der Gelehrte sich äußerst angeregt mit dem Alten aus dem Dorf unterhielt. Sotates sah Alka-An und winkte ihn heran: „Der Alte kennt den Ort, an dem die Schriftrollen verwahrt werden.“

Alka-An war mehr als überrascht, so etwas bringt wirklich nur das wahre Leben zustande! Da finden sie auf ihrer Reise ein armseliges Dorf, an dem jeder Reisende eigentlich achtlos vorbei geht und sie finden darin einen Mann, der ihnen vielleicht sehr weiter helfen kann!

 

„Es ist aber sehr, sehr weit, bis dahin“, der Gelehrte bremste Alka-Ans Freude, „wir müssen weit nach Nordosten bis zu einem gewaltigen Gebirge. In dem Gebirge soll der Ort der Schriftrollen sein.“

Alka-An lachte den etwas ängstlich schauenden Sotates an: „Jetzt haben wir endlich ein richtiges Ziel!“

 

Der Alte aus dem Dorf ergänzte die Karte von Sooler nach Nordosten und machte Sooler klar, dass es ein sehr weiter Weg bis zu dem Gebirge ist.

 

 Gemächlich rollte der Treck wieder in der gewohnten Marschordnung nach Nordosten. Das Land machte einen etwas trostlosen Eindruck, nur Gras, kaum mal ein Baum oder Strauch, flach wie ein Teller, unendlich. Selten sah man mal ein Tier, die Jäger kamen öfter, als es der Küche lieb war, ohne Beute zurück. Allerdings gab es immer wieder kleine Wasserstellen, Teiche und Bäche hielten das Land grün.

Auch heute Abend lagerte der Treck an einem kleinen Wasserlauf, die Jäger brachten eine der seltenen Jagdbeuten zur Küche und zum Essen gesellte sich Sotates mit dem Alten aus dem Dorf zu Alka-An und den anderen Männern.

Sooler erzählte der Runde von den vielen Hufspuren, die er und seine beiden Begleiter etwa zwei Tagesritte weiter  gesehen hatten.

Der Alte aus dem Dorf wurde über diese Nachricht sehr aufgeregt und ängstlich: „Das ist bestimmt eines dieser wilden Steppenvölker, die auch unser Dorf ständig überfallen haben.“

 Sooler fragte den Alten direkt: „Was weißt du von diesen Steppenvölkern?“

Der Alte sah sich in der Runde um und begann: „Diese Völker stammen höchstwahrscheinlich aus einem Land jenseits des großen Gebirges.“

Sooler fragte sofort dazwischen: „Wieso glaubst du, dass diese Völker soweit aus dem Osten kommen, ist das Land hinter dem Gebirge denn so groß?“

Der Alte sah Sooler an: „Diese Steppenvölker haben ein ganz anderes Aussehen wie wir, sie kleiden sich anders, ihre Zelte bauen sie ganz anders als wir“ und zeigte auf die Zelte in der Nähe, „ und es sind grausame Krieger, sie töten aus purer Freude am Leid anderer Menschen, sie achten nichts und rauben alles.“

 

Der Alte holte Luft, trank einen Schluck: „Das Land hinter dem Gebirge soll so groß sein, dass noch niemand ein Ende gesehen hat. Das Land ist fast menschenleer, hat sehr heiße Sommer und klirrend kalte Winter, so kalt, dass das Wasser in deinem Bauch zu Eis wird. Aus diesem Land stammen die Steppenvölker, genau so wild und grausam wie ihr Land.“

Der Alte sah sich aufmerksam in der Runde um und sah zufrieden, dass die Männer seine Worte ernst nahmen, denn diese Reiter sind wirklich eine grausame Plage auf dieser Welt.

 

Sooler ließ Barthin rufen und besprach mit ihm die Situation, Alka-An kam hinzu: „Wir sollten die Fuhrwerke enger zusammen ziehen und die Wachen verstärken. Wir sollten jederzeit mit einem Angriff dieser Reiterhorden rechnen.“

Die Fuhrwerke bildeten eine starke Barriere und die Männer standen bewaffnet auf Wache. Die sternenklare Nacht blieb ruhig, auch der folgende Tag.

Der Treck fuhr jetzt sehr viel dichter, die Reitersoldaten flankierten den Treck. Sooler und seine Kundschafter haben nichts, außer vielen Hufspuren, von dem Steppenvolk gesehen, aber sie mussten irgendwo sein, die vielen Hufspuren ließen keinen Zweifel daran.

 

Sooler zerbrach sich den Kopf über den Verbleib des Steppenvolkes, es kann doch nicht einfach vom Erdboden verschwinden. So viele Menschen und Tiere können sich auf dem flachen Land doch nicht unsichtbar machen.

 

In den nächsten Tagen wurde das Land etwas welliger, sollte sich das Steppenvolk in einer dieser Rinnen verstecken, Alka-An glaubte das auch nicht, diese Rinnen waren kaum dafür geeignet.

 

Sehr wachsam rollte der Treck weiter und Sooler berichtete Alka-An, dass vor ihnen ein gewaltiger Strom quer zu ihrer Richtung fließt. Sooler gab zu, dass er erst der Meinung war, dass es ein See sein musste, bei der Größe! Alka-An staunte, da hatte Sooler wirklich nicht übertrieben, dass war wirklich ein riesig breiter Fluss. Während des Lageraufbaus versuchten ein paar Männer auf ihren Pferden heraus zu finden, wie tief das Wasser des Flusses war. Schnell wussten sie es, die Pferde mussten schon nur wenig vom Ufer entfernt, schwimmen!

 

„Wir müssen eine Furt finden, hier können wir den Fluss nicht überqueren“, Alka-An wies auf die gewaltige Wasserfläche, „Man sieht kaum das andere Ufer.“

„Die Breite des Flusses macht mir weniger Sorgen“, sagte Sooler, „die Tiefe ist es, die Fuhrwerke können nicht durch den Fluss fahren.“

„Wir brauchen eine Furt, morgen suchen wir einen Übergang flussaufwärts und flussabwärts“, schloss Alka-An.

 

Nach dem Frühstück machten sich zwei Reitertrupps auf die Suche nach einem geeigneten Übergang für den Treck.

Alka-An ermahnte die Männer zur äußersten Vorsicht, sie sollten keinerlei Risiko eingehen und bei Gefahr sofort zum Lager zurück kehren.

 

Die Menschen im Lager bereiteten sich auf die bevor stehenden Überquerung soweit wie möglich vor, vieles wurde in wasserdichte Behälter verpackt, andere Dinge gut auf den Fuhrwerken gut befestigt. Aber die meisten Sachen wurden für den Transport auf den Packtieren vorbereitet.

 

Nach drei Tagen kehrte der Trupp zurück, der nach Süden den Fluss nach einem Übergang absuchen sollte, ohne Ergebnis zurück: „Der Fluss wurde täglich breiter und breiter, am dritten Tag war das gegenüber liegende Ufer nicht mehr zu sehen“, berichteten die Männer.

Jetzt lag ihre ganze Hoffnung auf die Männer, die den Fluss nach Norden erkundeten. Die Menschen im Lager wurden ungeduldig, es wurde Zeit, dass es weiter ging. Erst nach acht Tagen kehrte der Suchtrupp zurück und sie hatten einen brauchbaren Übergang gefunden! An den Spuren am Ufer hatten sie den Übergang gefunden. Die Furt ging über zwei kleine Insel mitten im Fluss und machte die Überquerung etwas einfacher.

 

Der Treck brach nach Norden zu der Furt auf und wurde am dritten Tag von dem Reitervolk angegriffen!

 

Die Reiter kamen aus Nordwesten in breiter Front auf den Treck in einem höllischen Tempo zu geritten. Gellendes Geschrei schallte den Menschen vom Treck entgegen.

 

Barthin hatte blitzschnell reagiert und die Bogenschützen in Stellung gebracht. Die großen Bogen waren den kleinen Bogen der Reiter weit überlegen, schnell fanden die gut gezielten Pfeile ihre Opfer und der erste stürmische Angriff endete in einem wilden Knäuel um sich schlagender Pferde und verletzten und toten Angreifern.

Die Angreifer stoppten überrascht durch die starke Abwehr ihren Angriff, rafften ihre Verletzten und Toten auf und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.

Barthin mahnte weiter zur höchsten Aufmerksamkeit und hatte damit Recht. Jetzt griffen die Reiter von allen drei Seiten an und rannten wieder in den gut gezielten Pfeilhagel der Verteidiger.

Nur wenige Angreifer kamen bis zu der aus den Fuhrwerken gebildeten Verteidigungslinie und hier wurden sie sofort von den Schwertkämpfern attackiert. 

Alka-An stand zwischen den Schwertkämpfern und wirbelte mit dem Schwert der Elfen die Angreifer durcheinander.

Das Schwert schnitt schlimme Wunden, die schrillen Schreie der wild entschlossenen Angreifer schwebten über dem Kampfplatz.

Die Taktik der Verteidiger  verblüffte die Angreifer sichtlich, sie zogen sich wieder mit vielen Verletzten und Toten zurück.

 

Alka-An senkte sein Schwert und sah sich um, seine Schwertkämpfer hatten einen guten Kampf geleistet. Die toten und verletzten Angreifer, die vor ihnen lagen, gaben darüber ein trauriges Zeugnis ab.  

 

Barthin ließ das Katapult aufbauen, die Kanone stand schon aufgeprotzt auf dem Fuhrwerk.

 

Barthin ließ die Kanone mit den sehr effektiven Geschossen bestücken, die beim Aufprall zerplatzten und viele Eisenstücke umher schleuderten.

 

Die Angreifer griffen wieder an drei Stellen gleichzeitig an, Barthin ließ die Reiter sehr nahe heran kommen und gab dann den Feuerbefehl. Das Geschoss der Kanone schlug in das dichteste Knäuel der Angreifer und riss eine große Bresche, gleichzeitig knallte das Feuergeschoss von dem Katapult in die anstürmenden Reiter.

 

Zum ersten Mal hörten die Verteidiger die Angreifer vor Schmerzen schreien! Mensch und Tier wälzten sich in dem brennenden Öl, die Pferde sprangen vor Schmerzen und Panik wie verrückt herum und setzten durch ihr herum springen immer mehr Menschen und Tiere in Brand.

 

Unter den Angreifern brach eine unkontrollierte Panik aus, wie von Sinnen rannten die brennenden Angreifer herum, die wild gewordenen Pferde trampelten alles nieder.

Duner sah, dass das Gras Feuer gefangen hatte und ließ vorsichtshalber große Krüge mit Wasser heran schaffen, um ein Eindringen des Feuers in das Lager zu verhindern.

 

Alka-An ließ sein Schwert sinken: „Ich glaube, die haben fürs erste genug.“

 

Alka-An sicherte das Schwert wieder auf seinem Rücken. Barthin zeigte auf ein paar Männer in vorderster Front: „ Unsere neuen Freunde aus dem Dorf, sie haben anscheinend begriffen, dass man sich ab und zu wehren muss.“

 

Einer der Männer stand auf und schoss mit beachtlicher Präzision in schneller Folge seine Pfeile in Angreifer, die dem Verteidigungsring zu nahe gekommen sind.

Dann hockte er sich wieder in die Deckung. Einige der Verletzten versuchten jetzt den Kampfplatz zu verlassen, wieder sprang der Mann auf und spannte seinen Bogen. Alka-An stoppte den Mann mit erhobenen Arm: „Lasst sie gehen, für heute ist genug.“

 

Als die Angreifer sahen, dass auf die Verwundeten nicht mehr geschossen wurde, kamen erst vorsichtig, dann aber mutiger näher und fragten über Gesten, ob sie ihre Toten und Verletzten bergen dürften.

 

Alka-An zeigte an, dass sie ungehindert vorgehen dürfen. Es dauerte eine Weile, dann ritt das geschlagene Steppenvolk in die Weite des Landes und waren schnell verschwunden.

Die wenigen Schäden wurden schnell behoben und beim Abendessen fragte Sotates den Alten aus dem Dorf nach diesen Reiter- oder Steppenvolk.

Die Steppenvölker

Der alte Mann setzte sich bequemer hin und begann zu sprechen: „ Wie ich schon gesagt habe, weiß man wirklich nicht viel über das Land hinter dem Gebirge. Das meiste sind Gerüchte, Legenden, Fabeln. An einer dieser Gerüchte scheint aber etwas daran zu sein, die Steppenvölker, die wir kennen gelernt haben, gehören dazu. Es soll einen sehr starken Häuptling geben, der es geschafft haben soll, viele Stämme zu vereinen, was an sich schon erstaunlich ist, da sich die einzelnen Stämme lieber gegenseitig bekämpfen, als gemeinsame Sache zu machen. Seit es dieser Häuptling  geschafft hat, ein paar Stämme unter seine Leitung zu bringen, laufen ihm weitere Stämme regelrecht zu und das im verstärkten Maße, seit er die ersten großen Erfolge gegen die angeblichen Feinde seines Volkes vorweisen kann. Von fahrenden Volk, Reisenden und Händlern wurde berichtet, dass dieser Stammesfürst indessen ein Heer von über zehntausend Reitern haben soll. Damit will er, so wird berichtet, das legendäre Reich der Mitte angreifen“, der Erzähler wurde von einer Frage nach dem Reich der Mitte unterbrochen, „das Reich der Mitte soll riesengroß und unermesslich reich sein, mit einer für uns, völlig fremden Kultur und Lebensart, mehr weiß ich auch nicht darüber.“

 

Der Alte nahm einen Schluck aus seinem Krug und fuhr fort: „ Sollte die Behauptung zu treffen, dass dieser Stammesfürst tatsächlich über solch eine gewaltige Streitmacht verfügt, dann könnte der Angriff auf das Riesenreich erfolgreich enden. Wir wollen alle nicht hoffen, dass ihn tatsächlich so gibt, wie berichtet wird, wenn ja, dann erwartet uns schlimmes. Dieser Mann ist machtgierig und blutrünstig, er wird über die Welt herfallen, wie die Ausgeburt des Bösen.“

 „Wie heißt dieser Häuptling, kennt man seinen Namen?“

„Es werden verschiedene Namen genannt und keiner weiß, ob einer davon auf diesen Mann zutrifft, wahrscheinlich dürfte er sich Artinnen nennen.“

 

Tobend vor blinder Wut raste Artinnen auf seinem Pferd durch das Lager und rannte alles nieder, was ihm in den Weg kam. Jeder versuchte sich zu retten, diese Wutausbrüche von Artinnen waren bekanntermaßen furchtbar und es endete immer mit dem erschlagen irgendwelcher Leute.

 

Diesmal musste eine junge Frau dran glauben, die nicht schnell genug in einem Versteck verschwinden konnte. Artinnen griff im rasenden Galopp mit seiner Pranke in das flatternde Haar der Frau und riss sie hoch und legte sie quer über seinen Sattel. Die Frau war mutig und wehrte sich verbissen. Mit einem kleinen Messer stach sie auf Artinnen ein. Der lachte über diese Attacke wie ein Wahnsinniger, warf die Frau vom Pferd, wendete und rammte die Frau mit voller Wucht und schleuderte sie zu Boden.

 

Stöhnend versuchte die Frau auf zustehen und vor dem Wahnsinnigen zu fliehen, aber durch den heftigen Aufprall hatte sie schwere Verletzungen davon getragen. Artinnen riss sein Pferd wieder herum, mit glitzernden Augen sah er die sich auf dem Boden windende Frau, griff nach einem Speer, ritt auf die Frau zu, stach den Speer in den Körper und riss ihn mit dem Speer hoch. Gellend schrie die Frau ihre Schmerzen heraus und furchtbar röchelnd starb sie auf dem Speer aufgespießt. Als Artinnen den Tod seines Opfers feststellte, warf er den Leichnam achtlos in den Staub.

 

Wie in Trance saß er für einen Moment auf seinem schwitzenden Pferd und wurde durch einen unmenschlichen Schrei aufmerksam, ein Krieger kam im wilden Galopp mit angelegter Lanze auf ihn los gestürmt. In wilden Schmerz schrie er Artinnen seinen Hass entgegen: „Du Bestie, warum tötest du meine Tochter, warum?“

Wilde Mordlust erhellte sein Gesicht, er griff nach einem Speer und schleuderte es dem Angreifer entgegen, der wich geschickt dem Speer aus und zielte mit der Lanze auf Artinnen.

Der schlug mit seinem Schwert die Lanze zur Seite, führte den Schlag weiter und hieb den Kopf des Mannes ab.

Wie unbeteiligt ritt er an dem kopflosen Leichnam vorbei zu seinem Zelt und verschwand darin.

 

 Schon als Kind tobte Artinnen wie ein Irrwisch durch das Lager, gemein und brutal schlug er um sich, so das irgendwann kein Kind mehr mit ihm spielen wollte. Artinnen wollte nur kämpfen und prügeln, hinterhältig und gemein schlug er auf die Kinder ein.

 

Das artete soweit aus, dass es selbst diesen wilden, unbeherrschten und brutalen Menschen zuviel wurde. Seine Eltern wurden von den anderen bestürmt, etwas gegen Artinnen zu unternehmen, so konnte es einfach nicht weitergehen. Aber selbst sein Gewicht als Stammeshäuptling reichte Artinnens Vater nicht, um seinen Sohn zur Vernunft zu bringen.

 

So beschlossen die genervten Menschen, Artinnen aus dem Stamm auszuschließen und ihn hart zu bestrafen. Artinnen wurde mit einem Trank betäubt und dann im Schlaf überwältigt. Weit außerhalb des Dorfes befand sich an dem Fluss eine Schöpfanlage, das Schöpfrad wurde von vier Eseln bewegt. Mit schweren Ketten wurde Artinnen an dem Schöpfrad geschmiedet und mit Peitschenhieben voran getrieben.

Einmal am Tag erhielt er Essen auf einem Teller, dass er wie ein Tier mit dem Mund aufnehmen musste. Tag um Tag lief Artinnen im Kreis und trieb das Schöpfrad an, getrieben von vielen Peitschenhieben.

 

Sein Haar wurde lang und zottelig, wild brüllte er seine Wut heraus. Er überstand den ersten Winter, auch den zweiten, er sah seine Bewacher aus Blut unterlaufenden Augen voll wilder, unbändiger Wut an: „Ich werde euch alle töten!“

 

Trotz der dicken und schweren Ketten traute sich keiner der Bewacher in die Nähe des Gefangenen, sie schlugen mit ihren Peitschen hinterrücks auf Artinnen ein. Irgendwann blieb Artinnen stumm und trabte nur noch verbissen im Kreis, immer im Kreis herum.

 

Seine Eltern waren jetzt der Meinung, dass ihr Sohn zur Vernunft gekommen ist und beschlossen ihn von den Ketten und seinem furchtbaren Schicksal zu befreien.

Sie ahnten nicht oder wollten es vielleicht auch nicht, welches Monstrum aus ihrem Artinnen geworden ist. Kaum von den Ketten befreit, stürzte sich Artinnen in den Fluss und schrubbte sich von oben bis unten mit dem Flusssand ab, seine erstaunten Eltern sahen einen muskelbepackten, jungen Mann, der vor Wut bebend vor ihnen und den Dorfbewohnern stand.

 

Seine Mutter reichte ihm Kleider und eine Frau schnitt sein wild gewachsenes Haar zur der herkömmlichen Frisur.

Von seinem Vater erhielt er Schwert und den Waffengurt. Noch immer ohne ein Wort zu sprechen, legte Artinnen den Waffengurt um, hängte das Schwert ein und zog es sofort wieder in einer kraftvollen Bewegung, holte weit aus und hieb seinen Vater den Kopf ab, seiner Mutter stach er das Schwert in den Leib und sah interessiert zu, wie sie starb.

 

Entsetzt flohen die Dorfbewohner vor diesem Ungeheuer, die harte Strafe hatte Artinnen nicht zur Vernunft gebracht, sondern ein Monstrum erschaffen. Artinnen erschlug die Wachen und nahm deren Waffen an sich und machte sich auf den Weg ins Dorf.

Wahl - und sinnlos tötete er jeden, der ihm vor die Waffen lief und er machte keinen Unterschied zwischen Mann und Frau, alt oder jung.

Aber irgendwann war auch der schlimme Blutrausch von Artinnen fürs erste gestillt und er rief brüllend den Rest seines Stammes zusammen.

Sehr langsam und sehr vorsichtig erschienen zögerlich die Menschen auf dem Dorfplatz, jederzeit zur schnellen Flucht bereit.

 

Artinnen hatte den schweren Stuhl seines Vaters vor das Zelt geschoben und saß sehr anmaßend in dem Stuhl, um damit anzuzeigen, dass er jetzt der Häuptling ist. Misstrauisch und abwartend standen die Menschen im Halbkreis, mit einem gehörigen Abstand, vor Artinnen und warteten auf das, was da kommen wird.

 

Artinnen machte den vor ihm stehenden Menschen mit seiner gewaltigen Stimme klar, dass er jetzt der Stammesfürst ist und er absoluten Gehorsam und Gefolgschaft verlangt.

Dafür wird er die Steppenvölker vereinen und zu einem großen Volk machen, dass die weite Steppe beherrschen wird. Mit dieser Vision konnte er bei seinem Stamm keine Begeisterung wecken, diese Versprechen kannte sie zu genüge.

Artinnen spürte, dass er mit seiner Idee nichts bewirken konnte, sprang auf, brüllte nach einem Pferd, griff nach Waffen und stob davon.

 

Er ritt zu dem nächst liegendem Dorf und ehe die Dorfbewohner überhaupt begriffen hatten, was los war, lagen schon die ersten Erschlagenen auf dem Boden. Artinnen sprang vor dem Zelt des Häuptlings vom Pferd, forderte brüllend den Häuptling heraus und erschlug ihn, bevor er zu einer Waffe greifen konnte.

 

Die jetzt völlig verstörten Dorfbewohner trieb er vor sich her und jagte sie wie eine Herde Vieh in sein Dorf, wendete sein Pferd und raste wieder davon. Wieder überfiel er ein Dorf, tötete den Häuptling und viele Menschen und trieb den Rest wieder zu seinem Dorf. Artinnen wiederholte seine Überfälle noch zweimal und trieb die verstörten Menschen in sein Dorf.

 

Er stellte sich auf einen Baumstumpf und überragte jetzt die Menschen, die sich völlig verängstigt auf dem Dorfplatz drängten, mehr als deutlich.

 

Mit seiner dröhnenden Stimme erklärte er den Menschen, dass jetzt für sie eine neue Zeit anbricht, er wird sie zu den Herrschern über die Steppe machen, sie werden nie mehr Furcht vor Überfällen anderer Stämme haben müssen und in Ruhe und Wohlstand leben.

Die Menschen blieben teilnahmslos, dass alles kannten sie schon zu genüge.

Erst als sich einige Männer aus der Masse lösten und zu Artinnen traten und ihm ihre Treue schwören, kam Bewegung in die Menge, die ersten fielen auf die Knie, schnell folgte der Rest.

Zynisch grinste Artinnen über die dummen Tölpel, die so einfach zu beeinflussen sind. Jetzt konnte er seine Pläne in die Tat umsetzen, der Anfang ist gemacht.

 

Unerbittlich trieb Artinnen seine Vorstellung voran, die Männer wurden brutal zu Kriegern ausgebildet, die Frauen mussten Unmengen von Speeren, Lanzen, Pfeilen und Bögen herstellen. Die Schmieden konnten nicht schnell genug Schwerter herstellen, um den Bedarf zu decken.

Das alles blieb natürlich den anderen Häuptlingen nicht verborgen und zum ersten Mal gelang es einen der alten und erfahrenden Stammesfürsten, drei Stämme zusammen zu bringen und gemeinsam gegen die drohende Gefahr anzutreten.

 

Die Krieger der drei Stämme griffen aus unterschiedlichen Richtungen Artinnen an, ohne zu ahnen, dass ihr Plan schon längst bekannt war.

Sie rannten blind in eine furchtbare Falle und wurden vernichtend geschlagen. Diese Niederlage der Krieger aus den drei Stämmen lief wie ein Lauffeuer durch die Weite des Landes und verhalf Artinnen zu dem so sehnlichst erwarteten Durchbruch und Erfolg.

 

Aus allen Teilen des Riesen Landes kamen die Stämme, um sich Artinnen anzuschließen, sein Heer wuchs ins unermessliche und Artinnen scharte um sich  gierige und blutrünstige, untertänige Männer, die ihm blind gehorchten. Einige von ihnen versuchten gar, ihn an Hass, Brutalität und Mordlust zu übertreffen.

 

Mit diesen Männern zog Artinnen in seinen ersten Eroberungszug.

Er führte seine Krieger weit nach Westen und sie machten alles nieder, was sich nicht sofort ergab und den Treueschwur abgab.

Erst ein unüberwindbares Gebirge bremste Artinnes Eroberungskrieg.

„ Diese Berge müssen von Göttern persönlich geschaffen worden sein, sie sollen uns zeigen, dass unser Reich hier endet“, sprach er und führte sein Heer nach Norden, bis er von Kälte und unvorstellbaren Eismassen gebremst wurde.

 

Artinnen führte sein siegreiches Heer, zu dem immer mehr Krieger stießen, wieder nach Osten. Sein Ruf war während des Feldzuges legendär geworden und der Zustrom an neuen Kriegern hielt unvermindert an.

In seiner Gier nach mehr Kämpfen formte sich in seinem wirren Schädel die wahnwitzige Idee, dass Reich der Mitte zu überfallen. Ein Reich, von dem niemand so richtig wusste, ob es überhaupt existiert und wo es sich befand..

 

Vorsichtig, ja fast behutsam, so ganz gegen seine Natur, brachte er seine Idee seinen wichtigsten Unterführern bei.  Das war für Artinnen ein hartes Stück Arbeit, den dumben, stoischen und blutrünstigen Kriegern seine Idee schmackhaft zu machen.

 

Ein Reich angreifen, dass es möglicherweise nur in der Phantasie gibt, dass begriffen sie nicht, wo bleibt der Spaß, das Morden, die Beute?

 

Artinnen wuchs über sich selbst hinaus, mit ungewohnter Geduld arbeitete er weiter an seinem Plan. Und irgendwann hatte er es geschafft, die Unterführer stimmten seinem Plan zu, dass Reich der Mitte im kommenden Frühjahr anzugreifen.

 

 Der alte Mann aus dem Dorf hielt inne, es ist Zeit für mich, ich bin müde, last uns schlafen gehen. Morgen ist auch noch ein Tag!

Die Fluss Überquerung

Alka-An wartete noch einen Tag ab, ob die feindlichen Reiter einen weiteren Angriff wagen würden und als sicher fest stand, dass sich die Angreifer geschlagen zurück gezogen hatten, wurde die Flussüberquerung in Angriff genommen.

Die Kundschafter führten den Treck zu der gefundenen Stelle am Ufer, die einen möglichen Übergang markierte. Etwas unbehaglich sah Alka-An auf die riesige Wasserfläche.

Der Fluss hatte eine ruhige, gleichmäßige Strömung, die nicht sehr stark wirkte.

Das müsste für die Überquerung von Vorteil sein.

 

Sooler ritt mit seinen Kundschaftern in den Fluss, um heraus zu finden, wie der Übergang beschaffen war. Bis zur ersten Insel im Fluss hatten die Pferde immer Grund und so trieben die Männer ihre Pferde weiter in den Fluss, um die zweite Insel zu erreichen.

Auf diesem Stück mussten die Pferde eine kurze Strecke schwimmen. Die Reststrecke von der Insel bis zum gegen über liegenden Ufer war wieder flach und die Pferde liefen erleichtert auf das flache Ufer.

 

Die Männer machten eine Pause, damit sich die Pferde erholen konnten und kehrten dann zum Treck zurück.

Die Kundschafter schilderten allen Wagenlenkern den Übergang genauestens und etwas später wagte der erste den Übergang.

An dem Fuhrwerk waren seitlich viele leere Fässer und andere Behälter befestigt, um für Auftrieb zu sorgen.

Das Sechsergespann starker Ochsen zogen das Fuhrwerk in den Fluss und erreichten ohne sichtbare Mühe die erste Insel im Fluss, ohne zu zögern gingen die Ochsen weiter ins Wasser und brüllten nur ein paar mal, als sie den Boden unter den Füssen verloren.

Aber unverdrossen zogen die Tiere schwimmend das Fuhrwerk auf die zweite Insel und wenig später auf das gegen über liegende Ufer.

 

Jubelnd sprangen die Fuhrleute herum und winkten den Menschen zu, es ebenfalls zu wagen.

 

Schnell bildete sich eine Reihe von Fuhrwerken und eins nach dem anderen fuhr in den Fluss.

Reiter mit Packtieren gingen rechts und links von den Fuhrwerken ins Wasser und überquerten den Fluss.

Duner ließ jetzt von den Reitern auf den Packtieren Zelte ans andere Ufer bringen, damit für die Menschen nach der Flussüberquerung Unterkünfte bereit standen.

Wie recht Duner mit dieser Maßnahme hatte, zeigte sich gegen Abend, als vielleicht ein fünftel des Trecks die Flussüberquerung geschafft hatte und wegen der einbrechenden Dunkelheit für heute Schluss gemacht werden musste.

 

Am nächsten Morgen ging es mit der Überquerung unverzüglich weiter und das dritte Fuhrwerk an diesem Morgen hatte zwischen den beiden Inseln das Pech, von einem im Wasser treibenden Baumstamm gerammt zu werden.

Das Fuhrwerk wurde auf die Seite und die Zugtiere unter Wasser gedrückt.

Die Wagenlenker versuchten, den Baumstamm von ihrem Fuhrwerk weg zu drücken, aber die Äste des Baumes hatten sich so in dem Fuhrwerk verkrallt, dass die Mühe der Männer vergeblich war.

Die Zugtiere tauchten prustend aus dem Wasser auf und der Baumstamm drehte das Fuhrwerk, die Zugtiere fanden Boden unter den Hufen und zogen an.

Der plötzliche Ruck löste den Baumstamm von dem Fuhrwerk und die Wagenlenker brachten das Fuhrwerk auf die zweite Insel.

Die gespannt zuschauenden Menschen an beiden Ufern brachen in Jubel aus, dass ist ja noch mal gut gegangen!

Auch an diesem Tag schaffte es nur ein weiteres Fünftel den Übergang.

 

Barthin kam mit einem Trupp Soldaten von einem Erkundungsritt zurück. Er konnte Alka-An berichten, dass weit und breit nichts von irgendwelchen möglichen Angreifern zu sehen war.

Kein neuen, frischen Spuren, kein Rauch von Lagerfeuern oder ähnliches.

Alka-An zeigte sich erleichtert, dass wäre wirklich das letzte, was sie jetzt gebrauchen könnten.

 

Die Flussüberquerung nahm alle voll in Anspruch und alle mussten höllisch aufpassen und sehr aufmerksam zu Werke gehen, denn in dem großen Fluss war immer mit unangenehmen Überraschungen zu rechnen.

Ein plötzliches Geschrei kam vom Fluss, da hatten sich zwei Fuhrwerke in einander verhakt und drehten sich jetzt langsam in der Strömung. Es sah so aus, als ob das eine Fuhrwerk durch zuviel Auftrieb von dem Wasser schneller vorwärst angetrieben worden wäre und deswegen gegen das zweite Fuhrwerk geprallt ist.

Die Wagenlenker beider Fuhrwerke arbeiteten sachlich, aber schnell, um die Situation in den Griff zu bekommen.

Alka-An sah, dass sich die Männer etwas zuriefen, daraufhin sprang einer der Männer ins Wasser und schnitt die Zugtiere los, die befreiten Tiere schwammen sofort zum Ufer und das Fuhrwerk drehte sich in der Strömung und schwamm langsam flussabwärts.

Das andere Fuhrwerk konnte sich jetzt auf die zweite Insel retten. Die beiden Wagenlenker, die ihr Fuhrwerk opfern mussten, ereichten schwimmend das gegen über liegende Ufer.

 

Lauter Jubel klang über den gut ausgegangenen Unfall an beiden Ufern auf.

Die Flussüberquerung war weiterhin sehr mühselig und ging quälend langsam voran.

 

Am nächsten Tag konnte kein Fuhrwerk oder Reiter ans andere Ufer, weil der Fluss jetzt eine sehr starke Strömung hatte, wahrscheinlich verursacht durch kräftigen Regen weiter oben im Norden.

Hinzu kam, dass in dem Wasser allerlei Zeugs schwamm, was die Überquerung zusätzlich behindern würde.

Auch der nächste Tag verlief ohne übersetzen, weil der Wasserstand des Flusses einfach zu hoch war.

In der Nacht begann es dann noch heftig zu regnen.

Der nächste Morgen war nass und grau und der Fluss wälzte ungeheuere Wassermassen nach Süden.

 

Alka-An wurde von Sooler an das Ufer gerufen - die beiden Inseln waren verschwunden!

Der hohe Wasserstand hatte sie einfach überspült!

Alka-An setzte sich mit seinen Gefährten im Zelt zusammen und beriet die neue Lage, sie waren sich schnell darüber einig, dass, solange der Regen unvermindert anhält, ein übersetzen unmöglich ist.

Barthin sagte etwas sorgenvoll: „Hoffentlich sind auf der anderen Seite des Flusses keiner dieser Steppenvölker, denn drüben sind kaum Soldaten!“

Alka-An wurde etwas blass, daran hatte er überhaupt nicht gedacht.

Der Regen trommelte eintönig auf das Zeltdach.

Der Regen fiel weiterhin von dem grauen Himmel und langsam wurde die Situation unangenehm, der Boden weichte auf, der Treck musste ein gutes Stück vom Flussufer entfernt und neu aufgebaut werden, weil das Wasser große Stücke aus dem Ufer spülten.

Sooler versuchte mit den anderen Kundschaftern einen besseren Lagerplatz zu finden, einen mit festem Untergrund.

Etwas weiter nördlich den Flusses hoch fanden die Kundschafter etwas Passendes.

 

Sooler wies die Wagenlenker den Weg und suchte dann weiter am Fluss nach einem neuen Übergang.

Es goss immer noch in Strömen, Sooler hüllte sich fester in seinen Umhang, der ihn vor dem Regen schützen  sollte.

Sein Pferd schnaubte unwillig und schüttelte das Wasser aus seiner Mähne.

Einer der Kundschafter zupfte Sooler am Ärmel und zeigte auf die Flussbiegung. Der Fluss hatte in dem weiten Bogen auf der anderen Seite Berge von entwurzelten Bäumen, Sträuchern und Ästen aufgetürmt.

 

Dazwischen hingen ertrunkene Tiere, aber Sooler konnte auch erkennen, dass die Strömung des Flusses nach ließ, das wild schäumende Wasser wurde zusehends ruhiger!

Die drei Kundschafter ritten noch ein Stück am Fluss entlang und sie fanden einen neuen Übergang, der Fluss wurde hinter der großen Biegung plötzlich sehr breit und flach, dass konnte Sooler daran sehen, dass eine Herde Wildschweine quer durch das Wasser dem anderen Ufer zustrebte!

Hocherfreut und gut gelaunt kehrten die Männer in das Lager zurück und lösten mit ihrer guten Nachricht gerade zu Begeisterung bei den Menschen aus.

Endlich konnten sie wieder etwas tun, die durch den Regen verursachte Untätigkeit ist allen schwer auf die Nerven gegangen.

 

Das Lager bereitete sich auf den Weg zu dem neuen Übergang vor, sie wollten morgen so früh wie möglich los fahren.

Jetzt mussten nur noch die Menschen auf der anderen Flussseite verständigt werden, was aber durch die Entfernung gar nicht so einfach war.

Kuman ließ dann etwas entnervt eine Pyramide  aus vielen Männern bauen und der oberste Mann der Pyramide winkte mit Flaggen die Nachricht zum anderen Ufer.

Die Menschen zeigten durch einen kleinen Marsch von ein paar Dutzend Leuten flussaufwärts an, dass sie die Nachricht verstanden hatten.

 

An dem neuen Übergang ging die Überquerung flott von statten, es konnten sogar zwei Fuhrwerke nebeneinander durch das Wasser fahren, das Wasser war so flach geworden, dass gerade die Räder der Fuhrwerke im Wasser waren. Der Flussboden war fest und fast eben. Nach zwei weiteren Tagen war die Flussüberquerung geschafft und Alka-An  ließ die Menschen in Ruhe wieder alles in Ordnung bringen.

 

Mitten in diese Arbeiten stürmten die Kundschafter und ein paar Jäger mit schrillen Warnschreien ins Lager, keine Angreifer, sie wurden von einer Herde Büffel verfolgt!

Wildes Durcheinander brach im Lager aus, alle wussten, dass diese Büffel in ihrer Panik alles überrennen!

Überrascht sah Alka-An einen Reiter in wildem Galopp das Lager verlassen und direkt auf die Herde Büffel zu reiten, in einem eleganten Bogen gelang der Reiter an die Seite der Leitkuh und drückte sie langsam, unmerklich beinah nach links weg vom Lager.

Die Büffel rannten blindlings ihrer Leitkuh nach und als der Reiter feststellte, dass die Herde die Richtung beibehielt, lenkte er sein Pferd von der Herde weg und kehrte zum Lager zurück!

Tief beeindruckt ging zu Alka-An zu dem Reiter, der gerade vom Pferd stieg und seine Kappe abnahm und das Haar schüttelte.

Mit offenem Mund starrte der überraschte Alka-An den Reiter an, besser gesagt, die Reiterin: „Das war ein tolles Reiterkunststück und die Büffelherde so ablenken, das war, das war“, Alka-An fehlten die passenden Worte.

„Einfach fantastisch“, half die junge Frau lachend aus. Laut lachend nickte Alka-An bestätigend dazu.

„Woher weiß sie solche Dinge? fragte Alka-An die junge Frau.

„Ich kümmere mich schon lange um unsere Tiere und wenn die verrückt spielen, werden die Herden genau so abgelenkt und beruhigt.“

Die junge Frau lächelte Alka-An ein wenig kokett an: „Ich kann es dir zeigen, wenn du möchtest.“

„Darauf komme ich zurück“, grinste Alka-An die junge Frau aufgekratzt an.

 Ihm gefielen die blitzblanken Augen und die offenen und ungezwungene Art der jungen Frau.

 

Der Rest des Tages verlief ruhig und die Menschen konnten in Ruhe ihre Sachen in Ordnung bringen.

Abends konnten dann alle mal wieder in aller Ruhe zu Abend essen und lebhafte Gespräche an den Küchenstellen schwebten über dem Lager. Der Alte aus dem Dorf wurde von verschiedenen Seiten angesprochen, wie es denn jetzt mit Artinnen weiter gegangen sei.

 

Aber der alte Mann machte mit seinen Händen eine etwas unbestimmte Bewegung: „Viel ist über dieses Despoten nicht mehr bekannt. Die Händler und die Reisenden konnten auch nichts Neues berichten. Ob nun der Angriff von Artinnen auf das Reich der Mitte bereits erfolgt ist oder noch in der Vorbereitung ist, wusste niemand so genau. Sicher war nur, dass Artinnen seine Wutausbrüche oder wie man seine Eskapaden sonst bezeichnen möchte, immer schlimmer austobt. Er missachtet einfach alles, er akzeptiert keine Regeln, kennt keinerlei Anstand oder Respekt, seine Macht beruht nur auf seine diktatorische Gewalt und Brutalität.“

 

Bedauernd schaute der Alte in die Runde: „Mehr kann ich leider nicht berichten, wir wollen nur hoffen, dass Artinnen mit seinen Horden jenseits des großen Gebirges bleibt und weiterhin glaubt, dass das Gebirge eine von den Göttern gewollte Grenze ist.“

Der Alte verkroch sich in sein Zelt und Sotates sagte dann in die schweigende Runde: „Es passiert sehr selten, dass sich die Stämme der Steppenvölker vereinen, aber wenn sie tun, entsteht eine solch gewaltige Streitmacht, die nicht umsonst als die Geißel der Götter bekannt wurde.“

Ein Mann aus der Gesprächsrunde ergänzte: „Davon habe ich auch schon gehört, dass einzig gute daran ist, dass sich die vielen Stämme nur durch permanenten Erfolg, großer Beute und grausamen Töten zusammen halten lassen. Ein, zwei Misserfolge und schon brechen die ersten Stämme ab. So kann sich diese riesige Reiterhorde genauso schnell wieder auflösen, wie sie einst zusammen gekommen ist:“

Die Runde löste sich langsam auf und das Lager wurde still, leise hörte man nur die Rufe der Wachen.

 

 Der Treck ließ den Fluss hinter sich und orientierte sich wieder nach Nordosten, die ersten Tage kam der Treck auf den festen, ebenen Boden gut voran, dann erreichten sie eine Hügellandschaft mit zum Teil schon recht hohen Bergen.

Der Treck musste sich in einer langen Reihe durch die engen Täler quälen, die vielen Hufe und Räder der Fuhrwerke zermatschten den Boden, so dass die nachfolgenden Fuhrwerke nur noch mit größter Anstrengung voran kamen.

Duner schlug Alka-An aufgrund der Situation vor, den Treck auf zutrennen, wenn sie in drei oder vier kleineren Trecks verschiedene Täler benutzen, müssten sie weitaus besser voran kommen als momentan.

Alka-An war mit diesem Vorschlag sofort einverstanden. Der Treck wurde in vier Gruppen aufgesplittet, die Herden ebenso, die Soldaten wurden auf die vier Trecks aufgeteilt und Alka-An zeigte den Treckführern den Treffpunkt nach dem Gebirge.

Die drei Trecks bogen nach einander in verschiedene Täler ab und waren schon bald nicht mehr zu sehen. Sooler hatte seine Kundschafter den Trecks zugeteilt und konnte Alka-An beruhigen, der doch ein wenig besorgt den verschwundenen Trecks nachschaute: „Wir werden uns alle unbeschadet am vereinbarten Treffpunkt wiedersehen.“

 

Obwohl das voran kommen des Trecks jetzt doch merklich besser geworden ist, kamen sie dennoch nur quälend langsam voran. Die engen Täler mit ihrem weichen Boden erschwerten vor allen den Fuhrwerken das Leben sehr.

Die Wagenlenker brüllten, die Peischen knallten, die Zugtiere brüllten noch lauter als die Männer auf den Fuhrwerken.

Etwas entnervt gab Alka-An das Zeichen zum anhalten, die Fuhrwerke standen zum Teil bis an den Radnaben im Morast, die Zugtiere waren über und über mit Schlamm und Dreck bespritzt.

Laut schimpfend stiegen die Wagenlenker von ihren Fuhrwerken und einer sagte grimmig: „Wir müssen eine Lösung finden und zwar schnell, diese Plackerei halten die Tiere nicht mehr lange durch.“

 

Der Mann winkte einen zweiten und dritten Wagenlenker zu sich: „Kommt, wir sehen uns mal um.“

Die Männer gingen los, um eine Lösung zu finden. Am Abend kam ein Kundschafter zu Alka-An und berichtete leise, dass er etwas Seltsames entdeckt habe. Mit dem Pferd ein guter Tagesritt entfernt.

Alka-An entschied sofort, dass sie sich das morgen ansehen werden. Alka-An, Barthin und Duner folgten dem voraus reitenden  Kundschafter, der ein zügiges Tempo vorlegte.

 

Ohne Pause ritt der Kundschafter durch die Täler, er aß während des Rittes Dörrfleisch und trank aus einem Fellbeutel Wasser.

Es begann in dem engen Tal schon zu dämmern, als der Kundschafter anhielt und vom Pferd stieg, er legte seinen Zeigefinger auf den Mund, die Pferde wurden angebunden und leise und sehr vorsichtig führte der Kundschafter Alka-An mit seinen Begleitern durch den dichten Wald.

Der Kundschafter blieb stehen und zeigte noch mal an, leise zu sein und ging sehr, sehr behutsam weiter. Hinter einer dicht stehenden Baumgruppe blieb er stehen und zeigte durch die dichten Blätter nach vorne.

Alka-An sah überhaupt nichts, er sah seine Begleiter fragend an und hob seine Schultern.

Alka-An flüsterte dem Kundschafter zu, dass er nichts entdecken kann. Alka-An wurde von dem Kundschafter erstaunt angesehen, er stand auf und ging ein paar Schritte weiter vor, gefolgt von den drei Männern.

 

Wie vom Donner gerührt blieben die drei stehen, so etwas hatten sie noch nie gesehen, in dem dämmrigen Licht sahen sie eine Wand aus Baumstämmen, hoch und dicht an dicht gefügt!

Die zugespitzten Baumstämme glänzten oben metallisch. Nur sehr schwer war das Tor zu erkennen, so exakt war es in den Wall eingefügt. Das war ein Bollwerk, an dem sich so mancher Angreifer die Zähne ausbeißen kann. Alka-An sagte leise zu seinen Begleitern: „Suchen wir uns einen Platz für die Nacht und sehen uns die Sache morgen genauer an.“

 

Nach dem Abendessen verschwand der Kundschafter ohne ein Wort in dem jetzt schon recht dunklen Wald. Die Männer lagen schon in ihren Decken, als der Kundschafter zurück kehrte.

Am Morgen erfuhr Alka-An und die anderen Männern von dem Kundschafter, dass auf dem gegenüber liegenden Hügel tief im Wald eine Menge Reste und Trümmern von Gebäuden herum liegend. Ein Holzhaus ist noch intakt und scheint sogar noch bewohnt zu sein. Alka-An schaute fragend in die Runde. „Sollen wir uns das auch ansehen?“

Die Antwort kam schnell: „Klar, wir müssen wissen, was es damit auf sich hat.“

 

Die Pferde wurden gesattelt und vorsichtig führte der Kundschafter die kleine Gruppe aus dem Wald ins Tal und den gegenüber liegenden Hügel hinauf. Der Wald war hier noch viel dichter als auf dem anderen Hügel, auf dem sie übernachten hatten.

Der Kundschafter schlug vor, die Pferde hier zu lassen und zu Fuß weiter zu gehen.

Es ist nicht mehr weit.

 

Alka-An sah die von dem Kundschafter angesprochenen Trümmerstücke, zum Teil schon von den Pflanzen ganz überwuchert.

Der Kundschafter blieb stehen und zeigte auf das Holzhaus, das gut getarnt zwischen den Bäumen stand. Nichts regte sich, der Wald stand still und schweigend, kein Vogel war zu hören, kein Rascheln, nichts.

Unschlüssig stand Alka-An hinter dem Baum, den er als Deckung benutzte und überlegte, was zu tun sei.

Barthin deutete auf das Haus: „Wir sehen uns das Haus mal an.“

 

Sprach`s und huschte von Baum zu Baum auf das Haus zu. Als er fast an dem Haus stand, winkte er den anderen zu, ihn zu folgen.

Barthin klopfte an die stabile Haustür, nichts regte sich,

Barthin drückte gegen die Tür und die öffnete sich leicht! Verblüfft sah Barthin Alka-An an: „Nicht verriegelt.“

Barthin drückte die Tür zur Gänze auf und trat in den dämmrigen Raum, die anderen folgten.

Als sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, konnten sie erkennen, dass links und rechts in den Wänden jeweils eine Tür war, die wohl zu weiteren Räumen führten.

Barthin schritt auf die linke Tür zu und klopfte daran, nichts, er öffnete die Tür und sah in den dahinter liegenden Raum, wieder nichts, niemand da.

Barthin ging zur rechten Tür, klopfte daran und alle hörten ein raues Rufen!

 

Vorsichtig öffnete Barthin die Tür und sah in eine Schlafkammer. Auf der großen Liegestatt konnten sie einen sehr alten Mann liegen sehen.

 

Der Alte winkte sie näher zu sich heran und sprach sie mit einer tiefen und sehr rauen Stimme in einer fremden Sprache an.

Alka-An machte dem alten Mann auf der Liegestatt klar, dass sie ihn nicht verstehen.

Duner erinnerte Alka-An an den Alten aus dem Dorf, vielleicht versteht er die Sprache!?

Duner versuchte dem Alten verständlich zu machen, dass sie jemanden holen wollen, der möglicherweise seine Sprache versteht.  

 

Der Alte nickte und Alka-An schickte den Kundschafter zurück, um den Alten aus dem Lager hier her zu bringen.

Alka-An versuchte dem Alten auf dem Lager zu erklären, dass es zwei Tage dauern wird, bis der Kundschafter mit dem Mann zurück kommt. Der Alte bewegte nur noch seine Augen, drehte dann seinen Kopf mühsam nach links,

Alka-An folgte der Bewegung und sah auf einem alten Möbel einen Krug stehen.

Alka-An machte zu dem Alten gerichtet, die Geste des Trinkens und der alte Mann nickte.

Alka-An nahm den Krug und verließ das Zimmer, irgendwo muss also Wasser sein. Er ging um das Haus herum und hörte es leise plätschern. Aus einer Halbröhre floss das Wasser in ein darunter liegendes Becken aus Stein.

 

Mit dem vollen Krug kehrte Alka-An zurück und goss von dem kühlen Wasser etwas in einen Trinkbecher. Alka-An schob seine linke Hand unter den Kopf des Alten, hob ihn etwas an und hielt mit der rechten Hand den Becher an den Mund.

Dankbar trank der Greis das kühle Wasser.

Nach dem trinken schloss der Alte seine Augen und Alka-An verließ leise die Schlafkammer.

 

Sie richteten sich in dem Haus für die Nacht ein und Alka-An ging mit etwas Essen in die Schlafkammer, aber der Alte schlief fest.

 Zum späten Nachmittag kam der Kundschafter mit dem Alten aus dem Dorf, der einen recht erschöpften Eindruck machte und sich auch gleich bei Alka-An bitter beschwerte: „Man sollte gefälligst etwas Rücksicht auf sein Alter nehmen, so wichtig kann doch nichts sein, dass er so herum gehetzt werden muss.“

Alka-An konnte den zeternden Alten nur mit Mühe beruhigen. Alka-An führte den Alten in die Schlafkammer und sah mit Erstaunen, wie sich die beiden alten Männer begrüßten.

Alka-An war sich sicher, dass sich die beiden gut, sehr gut kennen mussten.

 

Er ließ die beiden für erste allein und ging zu den anderen. Der Kundschafter hatte ein Wild erlegen können und briet es über dem Feuer. Der Bratenduft lockte den Alten aus der Schlafkammer und meldete seinen Hunger an. Der Kundschafter schnitt Fleisch von dem Wild ab und legte es auf zwei Teller. Der Alte verschwand damit schnell in die Schlafkammer.

 

Duner hatte in einem der Kisten Krüge mit einer Flüssigkeit gefunden, die er vorsichtig probierte, ein erfreutes Lächeln stand danach auf seinem Gesicht. Barthin war neugierig, er wollte unbedingt wissen, woher sich die beiden alten Männer kennen. Aber Alka-An wehrte ab: „lass die beiden Alten ihr Wiedersehen genießen, morgen werden wir es schon erfahren.“

Der geheimnisvolle Ort

Duner machte Alka-An auf die Geräusche in der Schlafkammer der beiden alten Männer aufmerksam: „Die beiden scheinen munter zu sein.“

„Ich sehe mal nach ihnen“, antwortete Alka-An und klopfte an die Tür.

Er erhielt entsprechend bescheid und trat in die Schlafkammer. Der Alte aus dem Dorf kam ihm entgegen und bedankte sich bei ihm für die Nachtruhe und für die Zeit, die er ihnen gelassen hat.

Der Greis, der überhaupt nicht mehr wie ein Greis aussah, saß zu Alka-Ans erstaunen auf der Kante der Lagerstatt, bereit zum aufstehen.

Der Alte sah Alka-Ans erstaunen, ja, grinste er fröhlich, Owithan hat sich letzte Nacht gut erholt. Die beiden alten Männer kamen langsam in den Wohnraum und setzten sich zu den anderen an den Tisch.

 

Obschon nur ein sehr einfaches Frühstück angerichtet war, griffen die beiden alten Männer herzhaft zu.

Zwischendurch erzählte der Alte aus dem Dorf von Owithan und von sich.

 

Wir kennen uns von Kindesbeinen an, wir sind im selben Dorf aufgewachsen, tobten mit den anderen Kindern wild und ungezwungen im Dorf herum. Sicher, unser Dorf war arm, aber wir hatten zu essen und fanden immer Beeren und andere Früchte, die wir essen konnten.

Wir erlebten leider aber auch die ersten Überfälle von Steppenvölkern, die uns selbst unsere armselige Habe raubten. Als nach mehreren Überfällen wirklich nichts mehr in unserem Dorf vorhanden war, begannen die Steppenreiter, Menschen zu rauben.

Als erstes nahmen die Reiter die wenigen kräftigen Männer mit, dann wurden die jungen Frauen und Mädchen geraubt und als sie die ersten Kinder mitnahmen, floh unser Stammeshäuptling mit dem armseligen Rest in die großen Wälder.

Unsere Flucht war leider kurz vor dem Winter, wir hatten keine Hütten, keine Nahrung, nur Lumpen als Kleidung und es wurde bitter kalt.

 

Der lange harte Winter tötete die Alten als erste. Die wenigen, die den Winter überstanden hatten, begannen Hütten zu bauen und legten kleine Felder zwischen den Bäumen an.

Wir Kinder sammelten alles, was essbar war oder wenigstens so aussah. Der alte Häuptling starb im nächsten Winter, aber er hatte für uns einen guten Platz in dem dichten Wald gefunden.

Die Steppenkrieger fanden uns darin nicht mehr und so erholte sich unser kleiner Stamm wieder etwas.

 

Owithan hatte sich der alten Heilerin angeschlossen und lernte von ihr viele nützliche Dinge, ich dagegen arbeitete auf den kleinen Feldern, versuchte mich in der Jagd und sammelte die Früchte des Waldes für den Winter.

Leider machten wir den Fehler, dass wir mit unseren Feldern nach und nach an den Waldrand kamen und wurden prompt von den Kriegern entdeckt. Sie fielen voller Wut, dass wir sie zum Narren gehalten hatten, über uns her und zerstörten wieder alles, was wir so mühsam aufgebaut hatten. Sie raubten diesmal nur Kinder, darunter auch Owithan!

 

Hier übernahm Owithan die Geschichte von dem Alten, der ab und zu einiges übersetzen musste und begann: „Ich versuchte natürlich vor den Reitern zu fliehen und kam durch das dichte Unterholz auch von den Reitern weg. Leider machte ich den Fehler und blieb stehen, um mich umzusehen und schon hatten sie mich mit einer Lederschnur gefangen.

Der Krieger warf mich bäuchlings vor sich auf das Pferd. Ich sah das wilde, böse Gesicht des Reiters und wusste sofort, dass mich nichts Gutes erwartet.

 

Nach vielen Tagen furchtbarer Angst, Hunger und Durst, die Männer gaben ihren Gefangenen nichts, erreichten wir ihr Dorf. Ich war halbtot von dem schmerzhaften liegen auf dem Pferd und fiel in den Dreck und blieb einfach liegen.

Heftige Tritte holten mich in die Gegenwart zurück und ich wurde von zwei Männern in eine Hütte geschleppt und hinein geworfen. Nach, ich weiß nicht, wie langer Zeit, wurden wir heraus getrieben, wir konnten uns kaum auf den Beinen halten.

Wir standen auf dem Dorfplatz wie Vieh und wurden von den Leuten begutachtet.

Die Dorfbewohner schüttelten mit den Köpfen und winkten ab, mit den halbtoten Kindern konnten sie nichts anfangen.

Wir wurden auf die Felder zum arbeiten gejagt, mussten Wasser heran schleppen, die halbwilde Vieh versorgen und die Pferde der Krieger.“

 

 Owithan hielt kurz an, trank einen Schluck und fuhr fort: „ Ich versuchte mich, mehr und mehr um die Pferde zu kümmern, mit dem wahnwitzigen Gedanken, vielleicht eines Tages mit einem vertrauten Pferd fliehen zu können! Oft kamen die Krieger von ihren Beutezügen mit verletzten Pferden zurück und hier hatte ich wohl für die verletzten Pferde ein geschicktes Händchen und konnte das eine oder andere Pferd wieder heilen.

Irgendwann fiel das wohl einen der einflussreichen Krieger auf und mein Leben wurde etwas erträglicher. Die Männer waren ihren Pferden sehr zugetan und die Wunden ihrer Pferde schmerzten ihnen mehr als die eigenen.

 

 Ganz vorsichtig begann ich dann, mich bei dem einen oder anderen Krieger um dessen Wunden zu kümmern. Ich suchte Heilkräuter in Wald und Wiesen, brühte Tees und stellte Salben her.

Zu meinem Glück fand ich dann einen alten ausgedienten Krieger, der meine Sprache etwas verstand. Der brachte mich mit einer Heilerin zusammen, von der Frau lernte ich alles über die Heilkunde.

Sie zeigte mir Kräuter, Wurzeln, Beeren und Früchte, die die unterschiedlichsten Wirkungen hatten. Die Heilerin erkannte wohl schnell mein Talent und schaffte es, mich bei dem Stammeshäuptling frei zu bekommen.

 

Die Heilerin nahm mich mit in ihre Hütte und hier erkannte ich sofort, dass die Frau mehr war als „nur“ eine Heilerin.

 

Die Frau führte mich behutsam, aber zügig in die Geheimnisse der Heilkunst und der Magie ein und mit einem geschickten Schachzug holte sie mich aus meinem Schicksal des Gefangenen heraus und verschaffte mir den Status des freien Mannes.

 

Eines Tages kamen mal wieder Krieger von einem ihrer ständigen Raubzüge zurück und die Heilerin sah, dass das Pferd des einflussreichsten Krieger schwer verletzt war und vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen stehen konnte.

Beim näher kommen sah die Heilerin, dass das Pferd eine schwere Verletzung in der Brust von einem Schwerthieb und kaum noch eine Chance zum Überleben hatte.

Die Heilerin schaffte das verletzte Tier irgendwie in ihre Hütte und wir kümmerten uns intensiv um das Pferd. Neben der Wundversorgung sah ich zum ersten Mal, dass die Heilerin ihre Magie einsetzte, um das Tier zu heilen.

Nach einer angemessenen Zeit durfte ich das geheilte Pferd dem Krieger zurück bringen.

 

Das ganze Dorf stand Kopf, als die Menschen das geheilte Tier sahen.

Der Krieger war überwältigt und schwang sich sofort auf das Pferd. Das Pferd raste im hohen Tempo wie in der Zeit vor der Verletzung davon und ich war ein freier Mann!

 

Mein Leben änderte sich schlagartig, ich bekam, wie alle anderen auch, genügend Nahrung, Kleider und eine eigene Hütte, ich erhielt meinen Anteil an der Beute aller Krieger und wurde fast ein Vertrauter des Kriegers!

Meine Hütte ließ ich nahe der Hütte von der Heilerin bauen und wenig später ließen wir noch eine Hütte für die sehr schwerverletzten Krieger bauen, so konnten wir sie viel besser betreuen.

 

Im Laufe der Zeit erhielt ich weitere Privilegien, dass wichtigste davon war für mich, dass ich Pferde halten durfte!

Jetzt und dadurch wurde mein Fluchtplan konkret!

Ich stürzte mich mit meiner ganzen Energie in die Zauberei und fand und entdeckte Zaubersprüche und Anwendungen, von denen selbst meine Lehrerin keine Kenntnisse hatte.

 

 Eines Tages war ich dann soweit, ich wollte meine Flucht wagen!

Vorsichtig versuchte ich mit den ehemaligen Kindern, die mit mir zusammen aus dem Dorf geraubt worden sind, Kontakt aufzunehmen und meine Fluchtgedanken nahe zu bringen. Aber die inzwischen zu Frauen und Männer, genau wie ich, heran gewachsenen Kinder waren durch die lange Gefangenschaft und durch die harte Arbeit und durch die ständigen Quälereien völlig verstört und sahen mich nur furchtsam, ja fast verblödet an.

Mir war sofort klar, ich konnte nur alleine fliehen!

 

Sehr behutsam begann ich mit meinen Vorbereitungen, ich handelte mit meinen Pferden solange, bis ich drei pfeilschnelle Pferde in der Koppel stehen hatte und das ganze Dorf sah mich auf diesen Tieren reiten.

Ich lernte energisch weiter in der Zauberei und hatte die Heilerin schon längst überholt, ich spürte manchmal ihre nachdenklichen Blicke, als ob sie etwas ahnen würde.

Es wurde Zeit, es wurde höchste Zeit für mich, zu verschwinden.

Der Auslöser war einer meiner Ausritte auf eines meiner schnellen Pferde, ich hatte mich wohl zu weit von dem Dorf entfernt und wurde von drei Reiterpulks eingefangen. Ich begriff sofort meinen Fehler und tat so harmlos wie nur irgendwie möglich.

„Mein Pferd ist einfach so schnell“, lockte ich die Männer und die sprangen auch sofort darauf an und schon stoben alle in einem vergleichenden Rennen über die Wiesen und Felder.

 

Schreiend rannten die auf den Feldern arbeitenden Menschen davon, als sie die Reiter kommen sahen. Ich zügelte unauffällig mein Pferd, ich wollte nur knapp gewinnen, um keinen Ärger zu schaffen. Das Rennen ging so aus, dass die Reiter mit dem Ergebnis zufrieden sein konnten. Ihre Pferde waren ja nur ein wenig langsamer als meins  und mein zu weiter Ausritt war vergessen. Aber mir war blitzartig klargeworden, dass ich bei allen Privilegien immer noch ihr Gefangener war und immer bleiben werde.

 

Und noch eines war mir klar geworden, eine „normale“ Flucht per Pferd konnte ich vergessen, ich käme selbst mit meinen schnellen Pferden nicht weit und wenn ich wieder eingefangen werde, an die Folgen mochte ich gar nicht denken.

Ich konnte nur mit der Hilfe guter Zaubersprüche endgültig verschwinden. So beherrschte ich meine wilde Gier zur Flucht und bereitete mich sehr sorgfältig auf meine Flucht mit Hilfe meinen ganzen Kenntnisse der Magie vor. Die Heilerin sah mich immer öfter sehr nachdenklich an, aber sie ließ mich hantieren.

 

Sie profitierte ja auch sehr stark von meinen kleineren und größeren Erfolgen bei der Behandlung verwundeter Tiere oder Menschen. Ich wurde in dem Dorf langsam ein fester Bestandteil, man hatte sich an mich gewöhnt und achtete meine Heilerfolge.

Ich konnte mich jetzt schon in einem weiteren Umkreis recht frei bewegen, aber immer war ein Reiter wie zufällig in der Nähe!

Ich kam langsam in das heiratsfähige Alter und damit wurde es für mich sehr brenzlig, war ich erst mal verheiratet, wurde eine Flucht nahezu unmöglich. Ich nutzte die Zeit, in der die Heilerin für Tage in Wald und Wiesen unterwegs war, um allerlei Kräuter und anders ein zusammeln.

 

Ich probierte mehrmals meinen speziellen Zauber aus und ich war heilfroh, er funktionierte  tadellos!

Ich bereitete mich wie immer auf meinen Ausritt vor, belud mein Packpferd und sattelte mein schnellstes Pferd. Kaum einer der Dorfbewohner nahm groß Kenntnis von meinem Tun. So sahen sie auch nicht, dass ich meine zwei anderen Pferde unsichtbar mitführte, dass ich zwei Packstücke dabei hatte, die eigentlich nicht dabei sein dürften. Ich hatte Kleidung und Nahrung und einen Lederbalg Wasser auf den Pferden verteilt.

Wie immer mit den Kindern scherzend und den einen oder anderen derben Scherz mit den Kriegern austauschend, ritt ich in einem langsam Trab aus dem Dorf.

 

Unauffällig schaute ich zu meiner Hütte zurück und sah mich!

Zufrieden lenkte ich mein Pferd zwischen die ersten Bäume des nahen Waldes, winkte freundlich meinem „Bewacher“ zu und verschwand!  

Der dichte Wald sorgte dafür, dass der Krieger lange Zeit nach mir suchen wird, bevor er eventuell misstrauisch wird und Alarm schlägt.

Wenn das geschieht, bin ich Dank meines Zaubers hoffentlich unauffindbar weit weg von dem Dorf.

Mein Plan ging auf, leider fand ich mein altes Dorf nicht mehr, es war wie vom Erdboden verschwunden.

So ließ ich mich hier in der Nähe eines kleinen Dorfes nieder, heilte die Kranken und studierte die Heilkunst und die Magie weiterhin sehr genau.

 

Nach dem ersten Angriff von einem der vielen Steppenvölker, schuf ich diesen Schutzwall und machte ihn mit Hilfe meiner Zauberkraft unüberwindbar. Das Dorf entwickelte sich prächtig und so blieb es nicht aus, dass einige Dorfbewohner übermütig wurden und ihr Dorf in ihrer Arroganz verließen, um mit anderen Dörfern Kontakt aufzunehmen und Handel zu treiben.

Es kam, wie es kommen musste.

Fremde kamen mit in das Dorf und wenig später wussten die umher streifenden Krieger von unserem Dorf und das war das Ende.

 

Hier schloss Owithan niedergeschlagen mit den Worten: „Ich bin der letzte dieses Dorfes, schon vor vielen Sommern wurden die letzten Einwohner verschleppt und das Dorf nieder gebrannt.“

 

Alka-An fragte Owithan, ob er über das riesige Gebirge verschleppt worden sei oder ob das Dorf diesseits des Gebirges war. Owithan wiegte zweifelnd seinen Kopf hin und her: „Ich bin mir nicht sicher, während meiner Verschleppung als Kind habe ich verständlicherweise nicht darauf geachtet und meine Flucht aus dem Dorf mit Hilfe meiner Zauberkünste verwischte Zeit und Raum.“

Alka-An stellte Owithan die nächste Frage: „Kennst du den Ort, an dem die Schriftrollen aufbewahrt werden?“ Owithan nickte: „Ich habe von dem Ort gehört, aber ich weiß nicht, wo er genau ist. Wollt ihr dort hin?“

„Ja“, antwortete Alka-An, „wir suchen diesen Ort.“

„Wenn es euch recht ist, würde ich euch gerne dorthin begleiten“, fragend sah sich Owithan um und sah in allen Gesichtern Zustimmung.

„Wie weit reicht dein Schutzwall“, fragte Barthin Owithan, „wir haben uns in drei Trecks aufgeteilt und wollen uns nach diesen Bergen an dem Fluss wieder treffen.“

Owithan sah sich die Karte an und erklärte den Männern, dass die beiden anderen Trecks schon vor seinem Schutzwall stehen. Owithan hob beruhigend seine Hände: „Ich öffne die Tore für euere Leute!“

 

Am nächsten Tag packte Owithan ein paar Sachen zusammen und ritt mit den Männern zu dem vereinbarten Treffpunkt. Mit großem Geschrei und etwas aufgeregt wurde Alka-An und seine Begleiter empfangen. Von allen Seiten wurde Alka-An berichtet, was ihnen unterwegs seltsames passiert ist.

Alka-An beschwichtigte seine Leute: „Wir wissen bescheid, wir waren mitten in diesem Geschehen!“

Die immer noch aufgeregten Gespräche hielten bis weit in die Nacht an. Es dauerte lange, bis die Menschen Ruhe fanden.

 

Der neue Morgen brachte die nächste Flussüberquerung. Alka-An stand am Ufer des ruhig dahin fließenden Flusses, er war breit, sie mussten eine Furt finden!

Die Kundschafter zogen wieder flussabwärts und flussaufwärts, um einen geeigneten Übergang zu finden. Es dauerte viele Tage, bis die Kundschafter zurück kehrten und sie brachten gute Nachrichten mit.

Sowohl flussabwärts als auch flussaufwärts hatten sie einen geeigneten Übergang gefunden.

 

Alka-An entschied sich für den Übergang flussaufwärts, weil dieser mehr zu ihrer weiteren Richtung passte.

Fuhrwerk für Fuhrwerk machte sich auf den Weg zu der Furt.

Sie hatten wirklich Glück, der Fluss war zwar sehr breit, aber führte nur flaches Wasser.

So konnten die ankommenden Fuhrwerke direkt in die markierte Wegführung einschwenken und den Fluss recht einfach überqueren. Schon am ersten Tag war beinah die Hälfte des Trecks auf der anderen Flussseite und bauten dort ein festes Lager auf.

Ende der Mondreise hatte der Treck die Überquerung ohne Schwierigkeiten überstanden und Alka-An gab bekannt, dass sie hier am Flussufer einige Tage verweilen wollen, einmal, damit sich alle etwas erholen können und zum anderen, damit einige Sachen in Ordnung gebracht werden können.

 

Wenig später sah man schon, wie von einigen Fuhrwerken Räder entfernt wurden, Zelte repariert und Kleidung überprüft wurden.

Aber Alka-An hörte auch übermütiges Geschrei vom Fluss, in dessen Wasser sehr ausgelassen junge Menschen herum tobten.

 

Der Treck fuhr in ein weites flaches Land mit einem unendlichen Horizont, dass Auge verlor sich in der nicht enden wollenden Ferne. Die Fuhrwerke rollten gen Nordosten, die Wasservorräte wurden knapp, es wurde Zeit, höchste Zeit, dass der Treck Wasser findet.

 

Die Kundschafter brachten dann die ersehnte Nachricht, dass sie in spätestens drei Tagen einen Fluss erreichen. Und so war es dann auch, erleichtert brüllte das Vieh und genauso erleichtert waren die Menschen.

Das Lager befand sich an einer weitläufigen Flussschleife, der Fluss kam ziemlich genau aus  Norden, bog sich nach Westen und wieder nach Norden, es war ein ruhig dahin fließender Strom.

 

Etwas nach Osten erhob sich eine Hügelkette, die von zwei höheren Bergen gekrönt wurde.

 

Owithan kam mit dem Alten aus dem Dorf zu Alka-An und erinnerte ihn darin, dass es in diesem Land lange und bitterkalte Winter gibt.

Es wäre vielleicht angebracht, dass für den Treck ein guter Platz zum Überwintern gefunden wird.

Überrascht sah Alka-An die beiden alten Männer an: „Werden die Winter hier wirklich so schlimm?“ Als beide Männer stumm mit ihren Köpfen nickten, war es Alka-An klar, dass ein Winterlager her muss.

Er hatte zwar auch fest gestellt, dass die Nächte kühler wurden und sich die Blätter verfärbten, dachte aber nicht, dass der Winter die Weiterfahrt so behindern würde.

Alka-An rief Sooler, Kuman, Barthin, Duner und Sotates zusammen und gab den Hinweis von Owithan an die Männer weiter. Alka-An forderte Owithan auf, zu erzählen, was sie von dem Winter zu erwarten haben und das ein Winterlager her muss.

„Wenn sich das so verhält“, damit trat Sooler vor, „müssen wir einen gut geschützten Platz finden mit genügend Wasser und Futter für das Vieh.“

„Und viel Brennholz“, fügte Owithan hinzu, „wir müssen auch Vorräte an Nahrung für die Menschen schaffen. Wenn der Winter mal angebrochen ist, wird jede Jagd unmöglich.“

„Wir bleiben hier für einige Tage“, wandte sich Alka-An an Sooler, „und du suchst mit deinen Kundschaftern einen guten Platz für uns.“

 

Am nächsten Morgen packten die Kundschafter ihre Sachen auf die Packpferde und schwangen sich auf ihre Pferde und ritten davon.

 

Alka-An sprach den ganzen Tag mit den Treckführern über das notwendige Winterlager und empfahl allen, sich auf einen möglicherweise harten und langen Winter einzustellen.

 

Es sollten sich möglichst kleine Gruppen um ihre Vorräte kümmern, die Zelte winterfest machen, Unterstände für die Tiere herrichten. Und plötzlich summte das große Lager wie ein Bienenstock, die Menschen wuselten hin und her, große Grasflächen wurden gemäht, Frauen zogen in das nahe Buschwerk und sammelten Beeren und Früchte. Männer versuchten am Fluss Fische zu fangen, andere verstärkten die Zeltplanen. Die Kundschafter kamen zurück und Sooler freute sich sichtlich, sie hatten einen guten Platz gefunden.

 

Die Kundschafter schilderten in allen Details den ausgesuchten Lagerplatz. Dieser sei vom Norden und Osten gut geschützt, nach Süden und Westen hingegen offen. Der Lagerplatz ist mitten in einem Wald gelegen und damit nahe an Brennholz. Hinzu kommt noch, dass der Lagerplatz nicht so schnell gesehen werden kann. Zwei Wasserquellen in unmittelbarer Nähe runden das gute Bild ab.

 

Alka-An entschied mit seinen Gefährten, das Fuhrwerk für Fuhrwerk den neuen Lagerplatz anfahren soll und sich entsprechend der langen Standzeit einrichten soll.

 

So rollte Fuhrwerk für Fuhrwerk in einer nicht enden wollender Kette zu dem Winterquartier und als alle nur noch mit dem nahendem Winter beschäftigt waren, erfolgte der Angriff einer großen Horde Steppenkrieger. Sie konnten fast ungehindert zu schlagen, die lange ungeschützte Reihe der Fuhrwerke war ohne Soldaten und wehrlos.

Schnell brannten die ersten Fuhrwerke und getroffenen Menschen fielen herunter. Die Tiere rannten mit den brennenden Fuhrwerken voller Panik in das weite Land. Die wenigen Soldaten konnten nur stellenweise helfen, aber die lange auseinander gezogene Reihe der Fuhrwerke blieb schutzlos.

 

Owithan schickte, unbemerkt von allen, den Angreifern seine magischen Kräfte entgegen, die leider nur wenig bewirkten.

 

Die Angreifer wüteten unter den Menschen wie die Tiere, sie schossen ihre Pfeile in jeden Menschen und stachen mit ihren langen Lanzen jedes erreichbare Tier nieder. Endlich brüllte die Kanone los und schickte ihre tödliche Ladung in den Pulk der Reiter, schreiend wälzten sich Pferd und Reiter in ihrem Blut und als dann das Katapult seine Feuergeschosse den Angreifern entgegen schleuderte, brach der Angriffswille der wilden Reiter schnell zusammen.

 

Sie klaubten ihre Toten und Verwundeten auf, die sie in ihrer hastigen Flucht fassen konnten und jagten davon.

Alka-An saß wie erschlagen inmitten der von ihm erschlagenen Angreifer, die hohen Verluste seiner Leute hatte er verschuldet!

 

Durch die Organisation des dringend benötigten Winterlagers, hatte er jede Vorsicht außer acht gelassen! Geschockt begannen die Menschen, sich um die Verletzten zu kümmern, die Toten wurden geborgen, ein paar Männer versuchten, Fuhrwerke zurück zu holen, die weit verstreut in dem Land standen und zum Teil noch lichterloh brannten.

 

Alka-An sah Owithan, wie er einem verletzten Mann die Lanze aus der Schulter zog und die Wunde verband. Barthin trat zu Alka-An, Alka-An sah seinen Gefährten schuldbewusst an: „Ich habe einen furchtbaren Fehler begangen, ich habe alle Vorsicht außer acht gelassen.“

Barthin, der aus mehreren Wunden blutete, legte seine Hand beruhigend auf Alka-Ans Schulter: „Wir haben alle jede Vorsicht vergessen!“

 

Duner kam zu den beiden Männern: „Wir müssen so schnell wie möglich alle Fuhrwerke in das Winterlager schaffen. Hier auf dem offenen Land sind wir jedem Angriff Schutzlos  und hilflos ausgeliefert.“

Als die Toten geborgen und die Verletzten versorgt waren, fuhren die Wagenlenker die Fuhrwerke so schnell wie irgend möglich in das Winterlager, die letzten erreichten das Winterlager im hellen Mondlicht. Die Kundschafter verwischten gründlich alle Spuren und am folgenden Abend war der Treck spurlos verschwunden.

Das Winterlager

Alka-An trieb seine Leute mächtig an, je dicker und dunkler die Wolken am Himmel wurden, umso mehr.

Die restlichen Beeren und Früchte wurden eingesammelt, Brennholz an jedem Zelt hochgestapelt, Unterstände für die Tiere gebaut, Weideflächen für sie eingezäumt und Schutzwälle um das Lager gebaut.

Neben Alka-An bemerkte noch der eine oder andere, dass die vielen Arbeiten überraschend flott geschafft wurden, die Brennholzstapel an den Zelten schienen über Nacht gewachsen zu sein.

Der Schutzwall sah am nächsten Morgen wesentlich stabiler und wuchtiger aus, Owithan empfahl, über die Zelte noch, solange es noch vom Wetter her machbar ist, Schutzdächer zu bauen.

 

Es ist gut möglich, dass die Zelte die Schneelast nicht tragen könnten. Auch bei dieser Arbeit ging es überraschend zügig voran, die Zelte lagen jetzt geschützt unter stabilen Holzdächern.

Alka-An sah Owithan und nickte ihm still dankend zu. Die Menschen hatten das Lager annähernd fertig gestellt, als der erste Wintersturm über das Land fegte und alles mit einer dicken Schneeschicht bedeckte.

 

Jetzt zeigte es sich, welch guten Platz Sooler mit seinen Kundschaftern gefunden hatte. Durch die Hügel im Norden und Osten wurde der Sturm hoch über das Lager geführt und rüttelte kaum an den Zelten, nur die Schneemassen wurden schnell zu einem Problem.

Jeden Morgen mussten Unmengen Schnee aus dem Lager geschafft werden und auch noch mehrmals tagsüber. Der Winter hatte das Lager voll im Griff! Alka-An war heilfroh über die umfangreiche Bevorratung von Nahrungsmittel und Brennholz, das Vieh war gut untergebracht.

 

Nach und nach begannen die Männer, ihre Waffen aus zu bessern oder neue herzustellen, Gerätschaften wurden repariert und neu gebaut.

Die Zelte wurden weiterhin ausgepolstert, um noch besser vor der Kälte zu schützen. Die mörderische Kälte ließ Bäume der Länge nach mit einem explosionsartigen Knall auseinander platzen und wurde als Brennholz verwertet.

 

Ganz selten wurde mal ein größeres Tier gesehen, die meisten sind wohl weiter nach Süden gezogen. Die Jäger hatten Fallen für Kleingetier aufgestellt und sorgten so für Abwechselung im Speiseplan.

Die Nächte waren lang und bitterkalt und die Tage oft dunkel. Aber die Stimmung im Lager blieb gut, dass überleben war gesichert und die Verluste hielten sich in Grenzen.

 

Aus dem einem oder anderem Zelt klangen sogar leis gesungenen Lieder!

 

Die Küchen schaffte es immer wieder, aus den  begrenzten Vorräten ein schmackhaftes Essen zu kochen und alle versammelten sich an den Küchen zum essen. Alka-An war froh, dass die Menschen immer noch frohen Mutes waren und das trotz des schweren Winters! Der lange und kalte Winter war ja für die meisten seiner Begleiter etwas völlig neues, sie kannten ja nur die milden Winter aus der weiten Ebene oder aus Cameedor.

 

Die Jäger brachten eine gute Nachricht in das Lager, sie haben eine kleine Herde Büffel in einem nahen Seitental entdeckt! Die Jäger teilten die Männer, die sofort an der Jagd teilnehmen wollten, in zwei Gruppen auf, so konnten sie die kleine Herde Büffel daran hindern, aus dem kleinen Tal zu entkommen.

Die Jagd verlief erfolgreich, die Jäger konnten alles Fleisch und auch die begehrten Felle bergen. Kaum war alles im Lager verbracht, brach ein Wintersturm los, als wolle der Winter den armseligen, kleinen Geschöpfen zeigen, dass seine Macht noch lange nicht beendet war!

Das Leben im Lager erstarb, alle verschwanden in ihren warmen Zelten und warteten gelassen auf das Ende Sturmes. 

 

Alka-An freute sich über die ersten Lieder, die einige Frauen anstimmten, das erste befreite Lachen klang durch das Lager, der Winter war überstanden!

 Schnee und Eis schmolz in der warmen Frühlingssonne weg und schon waren die ersten grünen Schimmer an den Bäumen und Sträucher zu sehen. Aufbruchsstimmung herrschte ganz offensichtlich im Lager, Alka-An grinste, er konnte die Menschen gut verstehen, nach den vielen Monaten eingesperrt in dem Lager.

Er schickte Sooler mit seinen Kundschafter los, er sollte mit seinen Männern den Weg für die nächsten Tage erkunden, nach Nordosten zum großen Gebirge.

 

Die Fuhrwerke wurden peinlich genau überprüft und anschließend beladen. Die Kundschafter kamen zurück und Alka-An erfuhr, dass sich ein brauchbarer Weg nahe dem Fluss anbot, der sie in einem Bogen um die Hügel führt.

Sooler glaubte, an dem Fluss, der von Norden kam und in den Fluss, den sie folgen wollen, mündete, eine größere Siedlung, vielleicht sogar eine Stadt gesehen zu haben. Ganz sicher waren es sehr viele Rauchfahnen von vielen Feuerstellen. Der Treck könnte aber ungesehen daran vorbei ziehen, es gab genügend Deckung.

 

Der Aufbruch wurde jetzt voran getrieben, die Menschen waren ungeduldig, sie brauchten unbedingt Bewegung. Wie Sooler berichtet hatte, konnte der Treck nahe dem Fluss nach Nordosten ziehen.

Die Fuhrwerke sortierten sich in drei Reihen neben einander, Scherzworte flogen hin und her, die Menschen waren guter Dinge.

Das Lager für die Nacht wurde inmitten schon recht grüner Wiesen aufgebaut und die Tiere strömten erfreut blökend in das frische Grün. Aus dem Fluss wurden Fische geangelt und ein paar Stücke Wild wurden zu den Küchen gebracht.

 

Alka-An unterhielt sich mit Owithan über die Entfernung bis zu dem großen Gebirge.

Owithan wiegte zweifelnd mit seinem Kopf: „Schwer zu sagen, wenn ich die Strecke zwischen meiner Hütte bis zum Winterlager nehme, dürfte es mindestens noch das zehnfache an Weg sein.“

Alka-An holte tief Luft: „Da haben wir ja noch einiges vor uns:“

Owithan nickte bestätigend dazu: „Und es kann auf der Strecke sehr, sehr viel passieren.“

Alka-An sah Owithan fragend an: „Was meinst Du?“

Owithan holte tief Luft: „Je näher wir dem großem Gebirge kommen, um so mehr müssen wir mit Angriffen der umher schweifenden Reiterhorden rechnen.“

Nach einer stillen Weile fuhr Owithan fort: „Ich befürchte fast, dass Artinnen entweder den Angriff auf das Reich der Mitte schon durchgeführt oder aus irgend welchen Gründen verschoben hat.“

„Wie kommst du zu dieser Annahme?“ fragte Alka-An jetzt etwas nervös geworden.

„Es sind zu viele Reiterhorden diesseits des Gebirges unterwegs, es beunruhigt mich sehr, denn Artinnen hatte das große Gebirge immer als eine von den Göttern gegebene Grenze akzeptiert. Wenn Reiterhorden einzelner Stämme unterwegs sind, heißt das, dass sich der Verbund Artinnens aufgelöst hat.“

„Es muss also einen Pass durch das Gebirge geben, der für die Pferde begehbar ist.“ Schloss Alka-An sehr nachdenklich.

 

Beim Abendessen fragte Alka-An Kuman und Barthin, ob es möglich ist, die Kanone und das Katapult auf den Fuhrwerken stets schussbereit zu halten? Beide Männer sahen keine großen Probleme.

„Wir müssen sie nur gut befestigen und natürlich die Feuergeschosse bruchfest auf dem Fuhrwerk unterbringen.“ Sagte Kuman und Barthin ergänzte, wir können neben der Kanone und dem Katapult je ein Fuhrwerk mit Geschossen fahren lassen, dann haben wir im Falle eines Angriffes sofort Ersatzgeschosse in direkter Nähe.

Owithan sah zu Alka-An herüber: „Das ist eine gute Idee, die Geschosse sind eine sehr wirksame Waffe.“

 

Am nächsten Morgen sah Alka-An, wie die beiden Fuhrwerke mit der Kanone und dem Katapult entsprechend hergerichtet wurden.

Die zwei Fuhrwerke mit den Ersatzgeschossen fuhren seitlich an die Fuhrwerke. Barthin postierte die vier Fuhrwerke an die Spitze des Trecks in die zweite Reihe. Die schussbereiten Waffen auf den Fuhrwerken wirkten sehr bedrohlich, aber auch beruhigend für die Menschen dahinter.

 

Der Treck erreichte die von den Kundschaftern erwähnte Flussmündung und Alka-An glaubte auch, die Rauchfahnen zu sehen, aber sicher war er sich nicht. Sooler hatte recht, der Treck konnte in guter Deckung an dieser kritischen Stelle vorbei fahren, ohne gesehen zu werden.

Man musste davon ausgehen, dass diese Siedlung oder Stadt auch über Soldaten verfügt und Alka-An wollte ein weiteres Scharmützel unbedingt vermeiden.

Die Kundschafter lenkten den Treck vorsichtshalber  für die Nacht etwas weiter von dem Fluss weg, die Einwohner der Siedlung sollten ihre Rauchfahnen auf keinen Fall entdecken können.

 

Der Fluss führte sie jetzt sehr genau nach Osten, die Fuhrwerke hatten Mühe, durch den recht weichen Boden voran zu kommen, so bog Sooler mehr nach Süden aus, um festeren Boden zu finden.

Am Horizont sahen sie die Hügel, in denen sie ihr Winterlager hatten. Sooler hatte recht, je weiter sich der Treck von dem Fluss entfernte, umso fester wurde der Boden.

Die Kundschafter berichteten Alka-An, dass der Fluss in einem Fluss mündete, der so breit ist, dass sie das gegenüberliegende Ufer nicht sehen konnten.

Mit Kuman, Barthin und Sooler überlegte Alka-An, ob es sinnvoller wäre, den kleineren Fluss zu überqueren, bevor dieser in den großen Fluss mündet.

Sooler wies auf den weichen Boden hin und Kuman schlug vor, dass sich erst mal die Kundschafter umsehen sollen, bevor sie eine Entscheidung treffen.

Damit war Alka-An einverstanden.

 

Die Kundschafter machten sich auf den Weg und Alka-An ging zu seinem Pferd. Er spürte, dass er von jemand angesehen wurde und drehte sich neugierig um und sah in das lachende Gesicht einer jungen Frau.

Die Frau merkte, dass sie nicht erkannt wurde und half lachend nach: „Ich bin die „Büffelfrau“ und wollte sich ausschütten vor lachen, „fällt es dir jetzt wieder ein?“

Alka-An entschuldigte sich: „Na klar, jetzt weiß ich wieder, wer du bist, dass war eine beeindruckende Leistung damals von dir!“

„Danke“, kam es etwas kokett von der jungen Frau zurück, „ich hatte schon auf eine kleine Belohnung gehofft.“

Jetzt war es an Alka-An, laut zu lachen, die Frau ist richtig: „Ich werde mir etwas einfallen lasen.“

„Ich freu mich darauf“, noch ein langer Blick und die Frau drehte sich weg.

„Halt, warte“, rief Alka-An, „wo finde ich dich, falls mir etwas einfällt?“

„Dir wird schon etwas einfallen“ und weg war sie.

 

Die Kundschafter kehrten nach vielen Tagen zurück und berichteten nichts Angenehmes. Die Überquerung des schmaleren Flusses, die sich ja eigentlich anbot, wird durch den sehr weichen Boden schon fast unmöglich, die Überquerung des majestätischen Flusses birgt natürlich ungeahnte Schwierigkeiten.

Sie haben zwar eine etwas schmalere Stelle gefunden, aber das ist unerheblich. Die Tiefe und die Breite des riesigen Flusses waren Ausschlag gebend.

Alka-An ritt mit Sooler und Kuman selbst zu dem Fluss, der Boden war wirklich weich und wenn er sich vorstellte, wie die Fuhrwerke sich hier durchwühlen, dann ist der Boden nach wenigen Fuhrwerken nur noch Matsch.

Selbst wenn der Treck in sehr breiter Front die Flussüberquerung wagen würde, wäre das Risiko einfach zu hoch.

 

Die drei Männer ritten zu dem großen Fluss und Alka-An musste ob der gewaltigen Größe erstmal schlucken, dass ist mal ein großer Fluss!

 

Staunend standen die drei Männer am Ufer der nicht enden wollenden Wasserfläche, Männer, die schon einiges gesehen und erlebt hatten, staunten wie die kleinen Kinder. Kuman sagte nach einer Weile: „Es gibt nur zwei Möglichkeiten, diesen Fluss zu überqueren, erstens, wir suchen flussaufwärts und flussabwärts nach einer Furt oder der Treck muss hinüber schwimmen!“ Alka-An sah Kuman etwas begriffsstutzig, hinüber schwimmen, wie soll ein Treck…Sooler verstand Kuman sofort: „Klar, wir machen die Fuhrwerke schwimmfähig und lassen sie von der Strömung ans andere Ufer treiben.“

Alka-An schüttelte immer noch mit dem Kopf, Sooler hockte sich hin und zeichnete mit ein paar schnellen Strichen den Fluss und zwei, drei Fuhrwerke darin, schräg zur Strömung schwimmend sollten sie das andere Ufer sicher erreichen.

Das begriff Alka-An jetzt: „So machen wir es, der Fluss ist so breit, so dass wir ununterbrochen Fuhrwerke ins Wasser lassen können.“

 

Die Männer ritten zurück ins Lager und Alka-An gab die getroffene Entscheidung bekannt. Sofort begannen die Männer mit den Vorbereitungen, dünne Bäume wurden geschlagen und als Stakstangen hergerichtet, einige stellten gar Ruder her, leere Fässer und andere Behälter wurden bereit gestellt. Als der Treck den gewaltigen Fluss erreichte, nahm das Staunen der Menschen kein Ende. Faszinierte sahen sie auf die riesengroße Wasserfläche, da sollen wir hinüber?

 

Drei Wagenlenker erklärten sich bereit, als erste die Über- querung zu wagen. Die Fuhrwerke rollten das flache Ufer herunter in den Fluss und alle konnten dann etwas später sehen, dass das erste Fuhrwerk aufschwamm und die Zugtiere zogen das Fuhrwerk schwimmend durch den Fluss.

Einige Männer sind auf in Ufernähe stehende Bäume geklettert, um die Fuhrwerke länger beobachten zu können. Sie wurden kleiner und kleiner und kamen außer Sicht. Banges Warten und nach langer Zeit ein vielstimmiger Schrei der Erleichterung, alle zeigten auf die schwarze Rauchsäule, die deutlich am anderen Ufer aufstieg.

 

Jetzt gab es kein halten mehr, immer drei Fuhrwerke auf einmal fuhren in den Fluss und mit einem Abstand folgten die nächsten.

 

Der Treck brauchte für das Übersetzen vier Tage und sie verloren nur ein Fuhrwerk, dass von einem Baumstamm gerammt und unter Wasser gedrückt wurde, die beiden Männer konnten noch die Zugtiere los schneiden, bevor das Fuhrwerk in den Fluten versank.

Die Männer erreichten mit den Zugtieren das andere Ufer, etwas nass und erschöpft, aber unversehrt. Die schwarze Rauchsäule stieg unbeirrt gerade in den Himmel, dass Zeichen dafür, dass alles in Ordnung war.

 Alka-An ritt mit seinem Pferd ins Wasser und folgte den letzten drei Fuhrwerken, er lenkte sein Pferd zwischen zwei Fuhrwerken, um dem Tier das Schwimmen etwas zu erleichtern.

Das schräge anschwimmen gegen die Strömung war gut zu schaffen, aber die zu bewältigende Wasserfläche war schon beängstigend groß.

Alka-An kam mit den drei Fuhrwerken etwas unterhalb des Lagers an und wurde mit Hallo in Empfang genommen.

Er bestätigte gerne, dass sie die letzten waren und somit alle heile herüber gekommen sind.

 

Das Abendessen artete in eine ausgelassene Feier aus, die Erleichterung über das hinter ihnen liegende Wagnis ließ die Menschen tanzen und singen.

 

Alka-An hängte zur Freude aller einen weiteren Tag an, damit der Treck wieder in Ordnung gebracht werden konnte.

 

Am folgenden Morgen formierte sich der Treck, den ersten vier Fuhrwerken folgten die beiden Wagen mit der Kanone und dem Katapult, die nächsten Fuhrwerke sortierten sich dann seitlich ein, so dass sich  in der Mitte wieder der Platz für das Vieh bilden konnte.

Der Lagerplatz räumte sich zusehend, die Kundschafter bedeckten die Feuerstellen mit Sand und schwangen sich anschließend auf ihre Pferde.

 

Alka-An erstarrte fast zur Salzsäule, als er den Knall der Kanone hörte und sofort hinterher das vertraute Abschussgeräusch des Katapultes. Schon gellten die Alarmschrei auf: „Wir werden angegriffen, wir werden angegriffen!“

 

Alka-An ritt so schnell es ging, zur Spitze des Trecks und musste hart schlucken, als er die Massen der Angreifer sah. Sie kamen in Massen, wie die Ameisen,  auf den Treck zugestürmt,

Die beiden Geschütze räumten zwar tüchtig unter den Angreifern auf, konnten aber nicht verhindern, dass die Angreifer in den inneren Kreis des Trecks einbrechen konnten und wüteten jetzt wie die Irren unter den meist unbewaffneten Menschen.

Unbemerkt schaffte Owithan es, den durch die Fuhrwerke gebildeten Schutzwall unsichtbar zu verstärken.

Die nächste Welle der angreifenden Reiter knallte mit voller Wucht gegen den unsichtbaren Schutz und die Verteidiger sahen sich verdutzt um, mussten sich aber sofort wieder um die nachfolgenden Angreifer kümmern.

Völlig unerwartet, für die Verteidiger sah es nämlich sehr schlecht aus, zogen sich die Angreifer zurück und verschwanden nach Osten.

 

Alka-An hockte sich inmitten der Toten und Verletzten wie betäubt hin, dass war der bisher schwerste Angriff. Sie hatten furchtbare Verluste erlitten.

Entsetzt hob Alka-An seinen Blick und schaute erschüttert zu den vielen Toten in dem Innenkreis des Trecks. Langsam kamen mehr Leute in den Innenkreis,  sie waren wie Alka-An von dem Angriff wie betäubt, teilnahmslos hockten sie sich hin, unfähig, sich um die Verletzten zu kümmern.

 

Vorsichtig kamen die wenigen Frauen, die den Treck begleiteten, zum Vorschein und kümmerten sich um die Verletzten. Von den Schreien und Rufen der Frauen wurde Alka-An aufmerksam und sah die Frauen heftig winken.

Er lief zu ihnen, mehrere Männer folgten ihm. Die Frauen zeigten aufgeregt auf zwei verletzte Angreifer, die versucht hatten, sich unter tote Verteidiger zu verstecken. Einer der Männer nahm sein Speer und ehe Alka-An reagieren konnte, erstach er die beiden Krieger.

Die Frauen zeigten sich zufrieden und Alka-An hörte die nächsten Rufe.

Die Angreifer wurden auch hier sofort von den Männern getötet. Jetzt kümmerten sich schon viele um die Verletzten, die Toten wurden auf einen Platz zusammen gelegt und Alka-An erschrak wieder zutiefst, die Verluste waren furchtbar!

 

Barthin, Kuman und Sooler sorgten dafür, dass sich die Fuhrwerke enger zusammen stellten. Männer versuchten von den brennenden Wagen zu retten, was noch zu retten war.

Ein besonders herber Verlust waren die vielen toten und schwerverletzten Zugtiere. Der Treck wird nicht mehr genug Ochsen und Pferde für alle Fuhrwerke haben.

 

Gegen Abend kehrte so etwas wie ein bisschen Ruhe ein. Alka-An saß mit seinen Gefährten zusammen und sprach mit ihnen über ihre Zukunft.

Sollen sie weiter nach Osten fahren oder sollen sie aufgrund der schlimmen Angriffe umkehren?

 

Das Gespräch verlief erst sehr sachlich, Fakten und Argumente wurden gegen einander abgewogen, für und wider erörtern, dann wurde es aber hitziger und zum erstaunen aller war der heftigste Befürworter der alte Gelehrte!

 

Sotates erklärte ruhig und sachlich, dass die Gefahren eines solchen Unternehmens immer immens seien, die Verluste furchtbar und schmerzlich, aber wir sollten das Ziel nicht aus den Augen verlieren. 

Alka-An wollte unbedingt seine Erkundungsreise und er möchte dringend zu dem Aufbewahrungsort der Schriftrollen.

 

Alka-An ließ alle Menschen fragen, ob sie weiter fahren oder umkehren wollen. Das Ergebnis der Befragung brachte die junge Frau, die Alka-An so keck an eine Belohnung erinnert hatte.

Alka-An war mehr als überrascht, keiner wollte umkehren! Alka-An sah, dass die junge Frau am rechten Arm verletzt war und auch einen schlimmen Kratzer im Gesicht hatte: „Lass dich von den Heilerinnen versorgen!“

Die junge Frau nickte Alka-An zu und ging zu den Verletzten zurück.

 

Die verbrannten oder noch brennenden Fuhrwerke sind von den Wagenlenkern aus dem Verbund heraus gezogen  und weiter flussabwärts zusammen gestellt worden. Die Brände wurden aus Sicherheitsgründen gelöscht, man wollte nicht noch mal die Reiterhorden aufmerksam machen.

 

Die Toten und Verletzten der Angreifer wurden weit vor den Lagerplatz in das Gras gelegt, werden sie abgeholt, gut, wenn nicht, auch gut!

 

 Duner informierte Alka-An, dass sie aufgrund der getöteten Zugtiere auf weitere drei Fuhrwerke verzichten müssen. Aber wegen der hohen Verluste ist das leider kein großes Problem, die Vorräte können auf die vorhandenen Fuhrwerke verteilt werden, der Rest der Rinder-Schaf- und Ziegenherde kann von berittenen Hirten betreut werden.

 

Die junge Frau sprach Alka-An noch mal an: „ Wir müssen von den verwundeten Tieren einige töten, sie haben zu schwere Verletzungen, der Rest kommt wieder auf die Beine.“

Alka-An nickte nur, im weg gehen fragte er die junge Frau nach ihrem Namen, mit einem kaum sichtbaren Lächeln sagte sie: „Ich heiße Bythia.“

„Schön, Bythia, wir werden noch ein paar Tage hier bleiben, damit wir in Ruhe alles in Ordnung bringen können.“

„Gut“, kam es leise von Bythia.   

 

Die Toten waren begraben, die Verletzten gut versorgt, die Küche verarbeitete das Fleisch der geschlachteten Tiere, die während des Angriffes so schwer verletzt worden sind, dass ein Heilung nicht möglich war.

Nach mehr als acht Tagen machte sich der so stark reduzierte Treck auf den weiteren Weg nach Nordosten. Barthin und Kuman empfahlen Alka-An, so viel Frauen und Männer wie nur irgend möglich an den Waffen auszubilden, damit sie sich bei dem nächsten Angriff besser verteidigen können.

Das war ein guter Vorschlag und so begannen die beiden Männer Bogenschützen und Speerwerfer auszubilden. Schwertkämpfer kamen hinzu und Männer, die die Kanone und das Katapult bedienen konnten.

 

Alka-An sah jetzt Bythia immer öfter  zusammen mit Duner den Lagerablauf organisieren, sie stimmten die Entnahme der Nahrungsvorräte ab, sorgten für die Wasser – und Futtervorräte für die Tiere.

Alka-An sah, wie Bythia Arbeiten wie Kleidung flicken oder Gerätschaften reparieren an mehrere Gruppen verteilte. Andere wurden von ihr zum sammeln von Früchten eingeteilt, andere kümmerten sich um das Vieh. Duner erklärte Alka-An, dass er Bythia in seinen Arbeitsbereich einwies, falls ihm mal etwas passieren sollte. Jetzt sah Alka-An, dass auch Barthin, Kuman und Sooler daran dachten und Frauen und Männer in ihre Aufgaben einwiesen.

 

Etwas beschämt stellte Alka-An fest, dass er so weit noch gar nicht gedacht hatte. Denn ihm kann ja auch ein Missgeschick treffen und dann muss jemand da sein, der die Führung diese Expedition übernehmen  und die Menschen wieder nach hause bringen kann.

Vorsichtig und unauffällig begann er sich umzusehen und fragte seine Gefährten, auch den Gelehrten Sotates und auch Owithan wurde zu Rate gezogen.

 

Der merklich kleiner gewordenen Treck folgte dem Lauf des von ihnen überquerten Flusses, der sie weiter nach Nordosten führte.

 

Die Ausbildung von weiteren Soldaten machte gute Fortschritte und Sooler kam mit einer eingefangenen Pferdeherde von mehr als zwanzig Pferden ins Lager zurück. Die eingefangenen Pferde waren zwar schon fast wieder verwildert, lernten aber schnell, dass sie wiederum von Menschen geritten wurden. Durch die eingefangenen Pferde konnte die berittene Wache verstärkt werden und Alka-An sah ruhiger werdend die Übungen der Bogenschützen und Speerwerfer, hell klangen die Klingen der Schwerter beim Aufprall.

 

 Ja, sein Treck hatte den schlimmen Angriff der Reiterhorde gut verkraftet. Auch er hatte eine Frau und einen Mann als möglichen Nachfolger ins Auge gefasst. Beide waren ruhige, sachliche Menschen, die auch in verrückten Situationen die Übersicht behielten. 

Rechter Hand stieg das flache Land langsam zu einer Hügelkette an, die Hügel lagen wie wild verstreut, ungeordnet herum. Zum Teil bis zu den Gipfeln bewaldet, andere zeigten blanken Fels.

Der Wald war voller jagdbarem Wild, was die Küche sehr erfreute und abends gab es den gern gegessenen scharfen Fleischtopf.

 

Alka-An ließ den Treck den Uferverlauf des Flusses folgen, der sich nach Tagen nach Norden abbog. Er fragte den Alten aus dem Dorf, der bei Owithan saß: „Ob sie weiter nach Norden ziehen sollen oder in Richtung Osten?“ Die beiden alten Männer kramten Karten hervor und sahen sich diese gründlich an.

„Wir können den Fluss folgen, bis er sich nach Nordwesten biegt, wir fahren dann schon parallel zu dem gewaltigen Gebirge, in dem die Schriftrollen verborgen sein sollen.“

„Wir sollten uns überlegen, ob wir jetzt schon nach einem Winterlager Ausschau halten und in Frühjahr den Ort suchen oder wir fahren bis dicht an den Gebirgsrand und suchen dort nach einem geeigneten Platz.“ Überrascht sah Alka-An Owithan an, war es denn schon wieder soweit mit dem Winterlager?

 

Owithan nickte und zeigte auf die wenigen Blätter, die noch an den Bäumen hingen. Eine wilde Aufregung verursachte die Rückkehr der Männer, die zur Jagd ausgezogen waren. Laut brüllend kamen sie auf das Lager zu gerannt, verfolgt von drei wild brüllenden Bären! Die Bogenschützen nahmen die Bären ins Visier und schossen ihre Pfeile ab. Immer noch brüllend brachen die Tiere im vollen Lauf zusammen, sehr vorsichtig näherten sich die Jäger den Tieren und stachen ihre Speere zusätzlich in den Körper der Bären. Die Tiere wurden bis nach dem Essen liegen gelassen, um ganz sicher zu gehen, dass sie wirklich tot waren. Die Tiere wurden sorgfältig enthäutet, es waren prachtvolle Pelze!

Und das Fleisch wanderte in die Küche, die Jäger mussten manches Spottwort hinnehmen, die großen Jäger wurden von Bären aus dem Wald gejagt!

 

Trotz aller Spötterei waren alle froh, dass es so gut ausgegangen ist.

 

Die Tage wurden merklich kühler und die Nächte brachten den ersten Frost. Sooler suchte mit seinen Kundschaftern nach einem geeigneten Platz für ihr Winterlager.

Der Treck hatte den gut erkennbaren Knick des Flusses nach Norden erreicht, die Hügel verloren sich am Horizont und ein flaches Land dehnte sich vor dem Treck.

Alka-An ließ es langsam angehen, er wollte den Kundschaftern genügend Gelegenheit geben, in aller Ruhe den richtigen Platz zu finden.

Im Osten tauchten wieder Hügel auf, die sich im Laufe des Tages näher an den Fluss schoben. Alka-An wurde langsam unruhig, wo bleiben die Kundschafter? Die Tage wurden merklich kälter und die Nächte waren bitterkalt, dass Winterlager musste schnell und dringend her. Wieder verging ein Tag, ohne das die Kundschafter zurück kehrten. Auf dem Fluss schwammen die ersten Eisschollen vorbei und der Atem wurde zu weißen Wolken.

 

Alka-An wollte schon die nächsten Männer auf die Suche nach einem geeigneten Platz für ihr Winterlager losschicken, als endlich die Kundschafter auftauchten. Neugierig kamen die Menschen zusammen, alle wollten wissen, warum die Kundschafter so lange unterwegs waren.

 Sooler berichtete knapp und präzise, wie es seine Art war, dass sie einen guten Platz für das Winterlager gefunden haben.

Auf den Rückweg sichteten sie eine Horde der Reitersoldaten und ritten deswegen einen weiten Bogen, verwischten ihre Spuren, um jeden Hinweis auf den Treck zu vernichten.

Unruhe kam bei den Menschen auf, aber Sooler beruhigte sie, er sei sich sehr sicher, dass die Reiter ebenfalls auf den Weg ins Winterlager waren, sie führten viele Packtiere mit, das deutet nicht auf einen Kriegszug hin und sie zogen schnurstracks nach Osten, also jeden Tag weiter von uns weg.

Wir folgen noch zwei Tage den Fluss nach Norden und biegen dann ein Stück nach Osten. In den Hügel haben wir einen ähnlich guten Platz für das Winterlager gefunden.

 

So fuhr der Treck guten Mutes unter der Führung von den Kundschaftern nach Norden und bogen dann nach Osten ab, um den Platz in den Hügeln zu erreichen. Sooler hatte tiefgestapelt, der Platz war noch ein Stück besser als der erste.

Dieser Platz wurde von drei steilen Hügeln gesäumt, nur nach Südwesten war ein schmaler Durchgang.

Ein munterer Bach sprang aus dem östlichen Hügel und Brennholz brauchte nur eingesammelt werden. Routiniert bauten die Menschen das Winterlager auf, vieles an Arbeit war ja schon vom ersten Winterlager her erledigt. Die Zelte waren dick gepolstert, die Vorräte schon ausreichend. In wenigen Tagen stapelten sich die Brennholzvorräte an den Zelten, die Schutzdächer für die Zelte waren gebaut, das Vieh war gut versorgt und die Jäger brachten der Küche noch manches Wildbret.

 

Alka-An war sehr erleichtert und zufrieden, dass das Winterlager stand, etwas erschreckt stellte er fest, wie viele Zelte fehlten, hier sah man die erlittenen Verluste sehr deutlich.

Sie hatten noch soviel Zeit, um Futter für das Vieh zu horten, bis der erste Schnee fiel. Diesmal kam er ohne Sturm leise über Nacht. Die kleine Welt zwischen den Hügeln war am Morgen dick mit Schnee zu gedeckt.

Es wurde ein wunderschöner Tag, die Sonne stand am strahlend blauen Himmel, der weiße Schnee glitzerte wie Millionen Diamanten und es war lange nicht so bitterkalt wie im letzten Winter!

Wie ausgelassene Kinder tobten Frauen und Männer in dem Schnee herum, bewarfen sich mit Schneebällen, einige sprangen hoch, um den Schnee von den Zweigen herunter fallen zu lassen.

Fröhliches Gekreische tönte durch das Lager.

Die Männer räumten den Schnee aus dem Lager und türmten ihn zu einem Wall rings um das Lager auf. Die Jäger konnten immer noch zur Jagd gehen, der Schnee lag noch nicht so hoch!

Mit gewaltigem Jubel wurden die zurück kommenden Jäger begrüßt, sie hatten einen kapitalen Hirsch erlegt!

 

Wie jeden Morgen, musste auch heute das Eis von der Quelle des Baches entfernt werden, um an das frische Wasser zu gelangen.

Wie es der Zufall wollte, traf hier Alka-An Bythia, die junge Frau wollte mit einem Krug Wasser holen wie Alka-An auch.

Sie sprachen über die anfallenden Dinge im Lager und Alka-An spürte die langen Blicke von Bythia.

Alka-An sprach gerade davon, dass er es versäumt hatte, Karten zeichnen zu lassen, als Sotates zu ihnen trat und die letzten Worte von Alka-An hörte.

 

„Da kann ich dich beruhigen“, mit einem guten Morgen sagte Sotates zu den beiden, „ich habe von der ganzen Reise Karten zeichnen lassen.“

Alka-An zeigte sich hocherfreut und Sotates fuhr fort: „Auch haben meine Zeichner seltene Pflanzen, Früchte und Tiere festgehalten.“

Alka-An bedankte sich bei Sotates: „Ich würde mir gerne deine Karten ansehen.“

„Komm doch einfach zum Frühstück zu mir“, lud Sotates Alka-An ein.

„Darf ich auch dazu kommen?“, fragte Bythia den Gelehrten.

„Aber selbstverständlich“, lud Sotates Bythia freundlich ein.

So trafen sie sich bei Sotates, Alka-An, Bythia, eine Frau und zwei Männer, die Sotates als die Kartenzeichner vorstellte.

 

Sotates ging zu einer großen und stabilen Holzkiste, ähnlich der Kiste von Alka-An und entnahm ihr ein Bündel Rollen. Höchst interessiert und neugierig beugte sich Alka-An und Bythia über die ausgerollten Karten und beide staunten über die Genauigkeit und Präzision, wunderschöne kleine Einzelheiten waren von den Zeichnern eingefügt worden.

 

Angefangen von dem Basislager mit seinem Menschengewimmel oder das große Gebirge mit seinen typischen Blumen, auch die Feuerberge waren festgehalten. Genau so wie die erste Flussüberquerung oder das erste Winterlager.

Auf einer weiteren Rolle waren Blätter von Sträuchern und Bäume zu sehen und deren Früchte, unbekannte Vögel und Insekten, auch das dem Reh ähnliche Tier wurde aufgezeichnet.

Bythia zeigte sich stark beeindruckt und fuhr ganz sacht mit den Fingerspitzen über die Zeichnungen: „Einfach fantastisch!“

 

Alka-An stimmte der jungen Frau sofort zu und griff dann nach den weiteren Landkarten. Er legte die erste Karte mit dem Ausgangslager mit der zweiten Karte zusammen und hatte so den kompletten Weg bis zu dem See vor sich. Er schüttelte beinah ungläubig mit dem Kopf, die Karten waren so gut, dass er die Wegstrecke sofort erkannte und leicht nach voll ziehen konnte.

Alka-An bedankte sich bei der Frau und den beiden Männern, die die Karten erstellt hatten und bat sie, ihre Namen auf die Karten zu schreiben.

Die Frau bekam vor Freude und Stolz ein ganz rotes Gesicht und die beiden Männer warfen sich vor Stolz in Positur.

 

Nach einem heiteren Frühstück mit angeregten Gesprächen, verabschiedeten sich die Kartenzeichner, wenig später verabschiedeten sich Alka-An und Bythia von Sotates. Auf dem schmalen, von Schnee frei geräumten Weg, musste Alka-An sehr eng an Bythia gehen, die junge Frau warf ihm einige schnelle Blicke zu. Bythia wollte gerade auf den Weg zu ihrem Zelt abbiegen, da wurde sie von Alka-An am Arm festgehalten. „Komm mit mir, du bekommst doch noch deine Belohnung.“

Etwas verlegen, aber auch mit neugierigen Augen sah sie Alka-An an: „Da bin ich aber mal gespannt.“

Sie betraten das Zelt von Alka-An und er kramte geheimnisvoll in der großen Kiste herum und kam mit geschlossenen Händen zu Bythia zurück und hielt ihr seine geschlossenen Hände hin.

 

Er öffnete seine Hände langsam und Bythia sah einen grünen Stein funkeln: „Nimm ihn, es ist deine Belohung, er gehört dir.“

Sehr verlegen trat Bythia einen Schritt zurück, aber Alka-An bewegte aufmunternd seine Hände und schließlich griff Bythia nach dem Stein, an dem eine fein geflochtene Kordel hing.

Sie streifte die Kordel über ihren Kopf und der grüne Stein funkelte auf ihrem Kleid.

Bythia sah Alka-An für einen Moment fragend an und dann warf sie sich mit einem Jubelschrei in seine Arme.

 

Der Geruch von frisch gebratenem Fleisch lockte die beiden aus dem Zelt zur Küche und sie holten sich ihre Portion. Sie setzten sich zu den anderen, die auf dem Platz vor der Küche aßen und genossen den schönen Tag mit ihren Weggefährten.

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Nach dem Essen neckte Bythia Alka-An: „Deine Belohnung ist wunderschön, du hast aber ganz schön lange dafür gebraucht!“

„Die Bohrung für die Kordel durch den Stein war sehr schwierig.“

Alka-An grinste Bythia vergnügt an. Zusammen gingen sie zurück zum Zelt. Zwei Tage später zog Bythia zu Alka-An und einen Tag später brachen sie gemeinsam das Zelt von Bythia ab.

 

Der Winter zog sich, die Menschen wie die Tiere wurden langsam ungeduldig, obwohl der Winter recht gut zu ertragen war, er brachte nicht die beißende Kälte wie der vergangene Winter, auch die Schneemengen hielten sich in Grenzen.

Die Quelle des Baches konnte leicht eisfrei gehalten werden.

Der Frühling kam dann so überraschend, dass das ganze Lager in Schlamm und Dreck versank!

 

So gut die nahen Hügel das Lager vor den  Winter geschützt hatten, so schlecht waren sie jetzt für Mensch und Tier. Das Schmelzwasser rauschte von den steilen Hängen ins Tal und alles versank in Schlamm, die Zelte fielen um, weil sie in dem weichen Boden keinen Halt mehr hatten, die Fuhrwerke sackten bis zu den Achsen in den Dreck, die Tiere mussten Bein für Bein beim laufen mühselig aus dem Schlamm ziehen.

 

Guter Rat war jetzt teuer, Owithan schlug Alka-An vor, einen Knüppelweg zu bauen und darauf dann alles aus dem Tal heraus zu bringen.

Alka-An war ein bisschen skeptisch, aber sie versuchten es und es klappte!

Langsam leerte sich das Lager und sie fanden etwas weiter einen festen Platz, auf dem sie ihr Lager errichten konnten.

 

Es entwickelte sich ein reger Verkehr zwischen dem neuen Lager und dem Fluss, weil alles, aber auch wirklich alles gereinigt werden musste.

Das Flussufer war von Männlein wie Weiblein besetzt und alles schrubbte und wusch den Schlamm von allen möglichen Sachen herunter.

Trotz der mühseligen Plackerei herrschte eine ausgelassene, ja fast eine alberne Stimmung unter den Menschen, wie die Kinder bespritzten sie sich gegenseitig mit Wasser, schupsten sich gegenseitig in den Fluss, selbst die Tiere standen bis zum Bauch in dem Fluss und ließen sich den Dreck herunter schrubben.

 

Bythia war mit ihren Leuten unermüdlich damit beschäftigt, die Tiere zu reinigen und die Fuhrwerke wieder fahrbereit zu machen.

Die große Reinigungsaktion dauerte tatsächlich einen ganzen Mondzyklus, dann aber strahlte alles wieder blitzblank und Bythia hatte wieder mehr Zeit für ihren Alka-An.

 

Sooler und seine Kundschafter berichteten, dass es besser wäre, noch einige Tage zu bleiben, damit auch der vor ihn liegende Boden gut abtrocknen kann, ein zweites Schlammbad wollte wohl keiner haben?

Weiter berichtete Sooler, dass auf ihren Weg nach Norden eine größere Stadt liegt, sie können sie umgehen, wenn der Treck nach Osten ausweicht.

Es könnte allerdings sehr  anstrengend für alle werden, weil sie dann dem großen Gebirge schon sehr nahe kämen.

Nach längerer Beratung beschlossen sie, die Stadt anzufahren. Sie brauchten dringend einige Sachen neu und Alka-An war auch sehr neugierig auf die Bewohner dieser Stadt.

Sotates unterstützte die Meinung von Alka-An sofort: „Das fremde Land sehen und erkunden, ist ja ganz schön, aber erst das kennen lernen der Einwohner macht die Erkundungsreise erst interessant.“

Auch Owithan teilte die Meinung der beiden Männer. Alka-An bereitete sich sehr sorgfältig auf den Besuch der fremden Stadt vor, es sollte auf keinen Fall eine Bedrohung von ihnen ausgehen, deswegen bat er Bythia, bei dem ersten Besuch der Stadt dabei zu sein, um den friedlichen Charakter ihres Besuches zu unterstreichen.

Nach einer Woche trockenem Wetter, machte sich Alka-An mit seinen Leuten unter der Führung von Sooler auf den Weg zur der fremden Stadt.

Vorsichtshalber sollte in einer sicheren Entfernung zur Stadt ein Trupp Soldaten biwakieren, um im Notfall eingreifen zu können. Der Treck sollte erst nachkommen, wenn er von einem Kundschafter informiert wurde.

Alka-An führte ein Packpferd mit, auf dem sich Tauschware und ein paar Geschenke befanden. Es war ein wunderschöner Frühlingstag und so ritt der Trupp frohen Mutes nach Norden, um die fremde Stadt zu besuchen.

Die große Stadt

Alka-An und seine Begleiter zügelten in einiger Entfernung zur Stadt ihre Pferde und staunten über deren Größe.

 

Die Stadt lag dicht an dem Flussufer. Der Fluss dehnte sich hier zu einem See aus, auf dem viele Schiffe geschäftig hin und her fuhren.

Die Stadt war durch eine hohe Mauer und einigen Türmen zwar befestigt, aber das doch schon sehr nachlässig.

 

Alka-An konnte große Lücken in der Mauer erkennen und einige unfertige Türme. In der Stadt waren einige große, schöne Gebäude zu sehen, auch Paläste konnten sie erkennen.

„Die Stadt ist nicht viel kleiner als Cameedor“, sinnierte Bythia beim Anblick der Stadt.

„Ich gehe sogar so weit, dass diese Stadt größer ist als Cameedor“, Sooler schaute sehr genau nach vorn. Auch Sotates schloss sich der Auffassung von Sooler an und deutete auf das stark bebaute Flussufer, hier reihte sich Anlegeplatz an Anlegeplatz, Hebevorrichtungen zum entladen der vielen Schiffe, auffallend viele Schiffsbauplätze waren zu sehen und von dem Flussufer zur Stadt herrschte ein reger Verkehr.

 

Owithan wies Alka-An daraufhin, dass die Stadt zum Fluss hin völlig offen ist.

 

Bythia zeigte auf ein besonders auffallendes Gebäude mit vielen unterschiedlich hohen Türmen, gekrönt von Kuppeln, alles sehr bunt verziert. Auf dem höchsten Turm des Gebäudes schwebte eine goldene Kugel, die das Sonnenlicht reflektierte. Links dahinter war ein sehr großes Gebäude zu erkennen.

Das Gebäude war unwahrscheinlich groß, mit vielen Etagen übereinander, auch hier wieder mit der farbigen Verzierung.

 

Alka-An trieb sein Pferd an und lenkte es auf den Weg zur Stadt. Die Torwache machte einen erstaunlich gleichgültigen Eindruck, sie sahen nur kurz zu dem Reitertrupp und schon trabte Alka-An mit seinen Gefährten durch das Stadttor.

Hinter dem Tor befand sich ein kleiner Platz, von dem drei Strassen abzweigten. Alka-An nahm die breiteste der drei Strassen und ritt langsam in die Stadt.

 

Die Pferde kamen nur im Schritt durch das Menschengewimmel, Pferdefuhrwerke verstopften zusätzlich die Strasse.

Die Strasse erreichte einen großen Platz und sie sahen  am Ende des Platzes das auffallende Gebäude mit den vielen bunten Türmen, rechts davon nahm ein großes, aber flaches Gebäude die ganze Seite des Platzes ein. Rechts flankiert von einem gewaltigen Turm.

 

Auf der linken Seite des Platzes war ein Markt. Alka-An zeigte sich erstaunt darüber, dass die Bewohner dieser Stadt so wenig Interesse an ihnen zeigten, Owithan meinte dazu, dass die Menschen in dieser Stadt den Anblick von Fremden gewohnt seien.

Alka-An Lenkte sein Pferd vorsichtig durch die Menschen und erreichte eine weitere Strasse, die links von dem Platz wegführte. Die Straße war etwas ruhiger und Alka-An sagte zu seinen Gefährten: „Lasst uns nach einem Quartier für die Nacht Ausschau halten und etwas essen könnte ich auch!“ Langsam ritten sie weiter in die Stadt hinein und Owithan zeigte auf ein Gebäude: „Dort könnten wir nach einem Quartier fragen:“

„Gut, versuchen wir es“, Alka-An lenkte sein Pferd zu dem Haus und stieg vom Pferd.

 

Sie erhielten in der Herberge ein angenehmes Nachtlager und erfuhren dabei, dass sie hier im Haus auch essen können. Owithan konnte sich mit dem Mann von der Herberge verständigen und so erfuhren sie, dass sie ihre Vorräte auf den Märkten ergänzen können, nein, eine besondere Erlaubnis benötigen sie nicht.

 

Nach einer angenehm ruhigen Nacht saßen alle an dem langen Tisch und ließen sich das Frühstück schmecken. Owithan hatte in Erfahrungen bringen können, wie sie am besten die Stadt besichtigen, um alles zu sehen.

Ihre Pferde waren gut in dem Stall untergebracht und so machte sich die Gruppe auf den Weg, die Stadt zu erkunden.

 

Owithan führte sie diesmal rechts an dem Gebäude mit den unterschiedlichen Türmen vorbei und sahen die Mauer einer Festung innerhalb der Stadt!

Damit wurde es ihnen klar, warum die äußere Stadtbefestigung einen nachlässigen Eindruck machte, bei drohender Gefahr nutzten die Einwohner wohl diese Festung.

Die Torwache hier vor dem großen Tor war auch aufmerksamer und genauer, sie überprüften die Fremden sehr genau nach Waffen und sahen auch in die Bündel von Alka-An und seinen Gefährten.

 

Innerhalb dieser Festung waren prächtige Paläste zu sehen, große Gebäude, in denen Kinder unterrichtet wurden. In einem Gebäude mit einer besonders auffallenden Fassade war eine beeindruckende Bibliothek untergebracht. Sotates konnte sich kaum davon trennen, Aufzeichnungen in allen bekannten und unbekannten Sprachen, Zeichnungen von fremden, fernen Städten, von Tempeln und Kultzentren.

 

Owithan fragte Alka-An, ob er den alten Mann zu sich rufen darf? Alka-An schaute Owithan fragend an: „Welchen alten Mann?“ Owithan winkte einem alten Mann zu, der daraufhin zu der Gruppe trat und sich grüßend verbeugte.

Mit etwas Mühe konnte sich Owithan und Sotates mit dem Mann verständigen. Er stellte sich als Tretikow vor und das er seit vielen Jahren in dieser Stadt lebte. Wenn die Fremden Interesse an dieser Stadt haben, würde er ihnen diese gerne zeigen und erklären.

Owithan sah Alka-An und die anderen an, sah die Zustimmung in deren Gesichter und sagte dem Alten, den er schon längst als Heiler erkannt hatte, dass sie sich gerne von ihm die Stadt zeigen lassen.

 

Tretikow führte die Gruppe weiter in die Festung und erklärte Owithan und Sotates die verschiedenen Gebäude, auch die unterschiedlichen Bauarten, er benannte die Plätze und Denkmäler.

So erfuhr die Gruppe, dass sie sich in dem Fürstentum von Wladimir-Susdal befanden, der Fürst versuchte seit Jahren, die vielen einzelnen Fürstentümer, Grafschaften und Häuptlingsgebiete zu einer Einheit zu vereinen, was sich allerdings mehr als schwer und schwierig darstellte.

Zur Mittagszeit führte Tretikow die Gruppe in eine gut besuchte Schänke und ließ über Owithan fragen, ob er für sie das Essen bestellen darf.

 

Alle nickten zustimmend und schon wenig später stand ein großer Topf mit einer dampfenden Suppe auf den Tisch. Bythia füllte die Teller und alle probierten das fremde Essen.

Lecker satt geworden, lehnten sich alle zufrieden zurück und Tretikow nutzte die Gelegenheit, mehr von dieser Stadt zu erzählen.

 

„Diese Stadt entstand aus einer sehr alten Siedlung, das genaue Alter weiß niemand mehr so richtig. Die günstige Lage an dem Fluss. Die ganz guten Wege auf dem Land nach Norden, Westen und Süden ließen aus der Siedlung schnell ein Handelsposten werden.

Hierher brachten die Pelzjäger ihre Felle, Goldfunde wurden her gebracht, viel Holz wurde den Fluss herunter geschickt. Leider wurde dadurch auch die Begehrlichkeit von Räuberbanden und von den Völkern jenseits des großen Gebirges geweckt.

 

Durch die ständigen Überfälle wurden die Bewohner gezwungen, ihre Siedlung zu schützen und so entstand nach und nach diese Festung. Nach Fertigstellung der Festung ließen die Überfälle nach und die Stadt entwickelte sich rasant.

Aus der Häuptlingsfamilie entwickelten sich im Laufe der Jahre die Fürsten, die geschickt die Entwicklung der Stadt voran trieben. Mit den unermesslichen Holzvorräten konnten sie das Land bis weit in den Süden versorgen, die Pelze waren ebenfalls im ganzen Land begehrt und mit dem Gold wurden diese prachtvollen Gebäude geschaffen.

Leider erlebte die Stadt immer wieder Angriffe von neidischen Völkern und zweimal wurde sie fast gänzlich zerstört. Aber das Fürstenhaus Susdal baute die Stadt immer wieder auf und prächtiger als zuvor.“  

 

Hier schloss Tretikow und stand auf: „Kommt, es gibt noch viel zu sehen.“ Viele Tage durchstreiften sie unter der Führung von Tretikow die Stadt, sie waren von dem Reichtum und der Pracht beeindruckt.

 

Alka-An erinnerte seine Gefährten daran, dass sie langsam an ihren Aufbruch denken müssen, der Treck wartet sicherlich schon sehnsüchtig auf ihre Rückkehr. Sie sollten morgen ihre Vorräte besorgen und dann zurück kehren.

Tretikow ließ sich von Owithan die Situation erklären und fragte dann nach, was sie weiterhin planen.

Owithan erklärte Tretikow, dass sie nach dem Ort suchen, an dem die uralten Schriften aufbewahrt werden. Tretikow sah Owithan lange und sehr nachdenklich an, als wäre er unschlüssig, sein Wissen preis zugeben.

 

Aber als er Sotates fast flehend bittendes Gesicht sah, sagte er fast flüsternd: „Ich kenne diesen Ort, ich war vor meiner Zeit in dieser Stadt einmal dort. Es ist schon seit Ewigkeiten nicht mehr nur ein Ort, an dem die alten Schriftrollen aufbewahrt werden, durch die geballte Kraft des bewahrten Wissens ist ein Mirakel von ungeheuerer Macht entstanden, dass alles vernichten kann, was sich ihm nähert. Keiner konnte bisher das Rätsel lösen, um den Zutritt zu dem Ort zu erhalten!“

 

Betroffenes Schweigen erfasste die Gruppe, bis Alka-An energisch sagte: „Wir werden uns den Ort anschauen und dann entscheiden, was zu tun ist.“

Tretikow bot Owithan und Sotates an, sie zu dem Mirakel zu begleiten, wenn es allen recht ist.

 

Sie waren kaum aus der Stadt, als sie sehr besorgt und auch erleichtert von den zurück gelassenen Soldaten begrüßt wurden: „Warum hat es solange gedauert?“ wurden sie von allen Seiten gefragt. Die Soldaten erhielten schnell beruhigende Antworten. 

Alka-An kehrte mit seinen Begleitern und hochbeladenen Packpferden zum Treck zurück, wo sie schon etwas aufgeregt erwartete wurden, weil sie doch länger fort geblieben waren, als ursprünglich geplant.

 

Tretikow erklärte Sooler die nächste Wegstrecke: „ Der Treck kann die ersten Tage immer den  Fluss folgend, nordwärts fahren, bis dieser scharf nach Westen abbiegt.“ Der Treck zog rechts an der Stadt vorbei, ohne dass von der Stadt eine Reaktion erfolgte. Jetzt war die ganze Größe der Stadt erkennbar, sie folgte dem Flussverlauf und dehnte sich noch weit nach Norden aus, sie legte sich auch noch um die Bucht, die der Fluss im Norden gebildet hatte.

An den Ufern lagen Unmengen von Fischerbooten und auf dem stark verbreiterten Fluss herrschte lebhaftes Treiben. Weil der Boden in unmittelbarer Flussnähe noch ziemlich weich war, wich Sooler etwas nach rechts aus, hin zu dem Gebirge, das sich nach Osten mächtig und feindlich auftürmte.

 

Die Sonne schien mit jedem neuen Tag kräftiger und trocknete schnell die Nässe in dem Boden. Ihr Lagerplatz war noch in Sichtweite zur Stadt auf der anderen Seite der Bucht, Alka-An musste immer noch über die Größe der Stadt staunen. Beim Abendessen fanden sich Sooler, Kuman, Barthin und Duner bei Bythia und Alka-An ein und wenig später setzten sich Owithan mit Sotates und Tretikow dazu.

Das Gespräch drehte sich natürlich um die Stadt und um das „Mirakel“. Bythia fragte über Owithan Tretikow nach dem Mirakel, woher er es kenne und wieso er weiß, dass sich der Ort so sehr verändert hat.

 

Tretikow hörte sich mit dem Kopf nickend die Über-setzung von Owithan an, schwieg danach lange, sah dabei einen nach den anderen an: „Ich habe in dem Tal, in dem sich jetzt das Mirakel befindet, meine Hütte in der Nähe eines kleinen Dorfes gehabt. Ich betreute das Dorf als Heiler und habe wohl im Laufe der Zeit einen guten Ruf als Heiler bekommen. Denn immer öfter kamen kranke Menschen in das Dorf oder brachten kranke Tiere zu mir.

Die Dorfbewohner bauten Hütten für die Fremden und Ställe für das Vieh.

Von den kranken Menschen, die ich heilen konnte, erhielten die Dorfbewohner nicht immer, aber oft, großzügige Geschenke für ihre Gesundung.

Eines Tages erschien ein großer Tross mit Soldaten und vielen Männern und Frauen in unserem Dorf.

Die fremden Menschen brachten den kranken Sohn ihres Häuptlings in ihrer letzten Hoffnung zu mir. Ihre Heilerin war verzweifelt und ratlos und bangte natürlich um ihr Leben, falls das Kind sterben sollte.

Die Heilerin hatte ihre ganzen Unterlagen in einer großen Kiste mitgebracht und wir verglichen ihre Aufzeichnungen mit meinen, wir fanden nur wenige Unterschiede.

 

Das Kind lag völlig apathisch auf seinem Lager, es reagierte auf nichts, es nahm zwar Speisen und Getränke, die wir ihm einflössten, zu sich, aber sonst passierte nichts. Wir beobachteten den Jungen viele Tage und auch ich wurde langsam ratlos.“

Tretikow trank einen Schluck und fuhr fort: „Dann half uns der Zufall, ein Mädchen aus dem Dorf hatte einen Aufhänger, der sich im Wind leise klingelt bewegte, für den kranken Jungen hergestellt. Ich hängte das Spiel über die Lagerstatt des Jungen auf und bedankte mich bei dem Mädchen für die hübsche Arbeit.

 

Ich setzte mich dem Jungen gegenüber und beobachtete ihn, wie schon viele Tage vorher. Leise klingelnd drehte sich der Aufhänger im leichten Windzug und ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen.

Der Junge bewegte seine Finger und ich sah, wie sich seine Augen unter den geschlossenen Lidern bewegten! Ich rief mit vor Aufregung krächzender Stimme die Heilerin in die Hütte und staunend standen wir beide an der Lagerstatt des kranken Jungen, bei jedem klingeln des Spiels erfolgte eine Reaktion des Jungen.

 

Am nächsten Tag öffnete ich das Fenster weit und frischer Wind wehte in das Krankenzimmer, hell klingelte das Spiel und der Junge bewegte sich stärker. Er öffnete und schloss seine Hände, als wolle er nach etwas greifen! Ich suchte in dem Dorf nach dem Mädchen und fragte es nach weiteren Spielsachen.

Es zeigte mir alles, was es an Spielsachen hatte und ich fand darunter genau das, was ich brauchte. Ich nahm die Drehrassel mit und ging zu der Hütte zurück.

 

Die Heilerin saß bei dem Jungen und beobachtete, wie sich die Finger bewegten, selbst die Hände zuckten schon ein wenig hin und her.

Ich zeigte der Frau die Drehrassel und sie sah mich unsicher an: „Versuchen können wir es ja:“

Vorsichtig drehte ich die kleine Kurbel und hell klang das klack, klack, bing durch den Raum. Wir starrten den Jungen wie hypnotisiert an, warteten auf die kleinste Bewegung, ich drehte die Kurbel etwas schneller und das klack, klack, bing wurde lauter. 

Auf dem Gesicht des Jungen erschien so etwas wie ein erstaunter Ausdruck, so, als wenn er sagen wollte, dass kenne ich doch!

Um es kurz zu machen, der Junge wachte nach einigen Tagen auf, sah sich mit erstaunten Augen in der fremden Umgebung um, zeigte aber keinerlei Angst.

 

Wir erklärten ihm, so gut es uns möglich war, warum er hier bei uns war.

Wir holten seine Leute und die Freude über die Genesung war natürlich riesengroß.

Das Dorf und wir wurden mit Geschenken überhäuft, die Familie, der ganze Stamm des Jungen brachte ständig neue Geschenke heran.

Unter den vielen Geschenken war auch eine unscheinbare Kiste, die erst unbeachtet in meiner Hütte stand. Erst als es sich alles etwas beruhigt hatte, sah ich mir die Kiste genauer an! Sie war voller Aufzeichnungen, Schriftrollen, Landkarten und vielen, oft geheimnisvollen, Rezepturen!

 

Damit begann die Legende um den Ort, der die Schriftrollen aufbewahrte, denn, nach dem ich mich für dieses Geschenk ganz besonders bedankt hatte, brachten die Menschen laufend weitere Schriftrollen und ähnliches zu uns in das Dorf.

Es wurde soviel, dass meine Hütte bald aus allen Nähten platzte. Der Vater des geheilten Jungen ließ ein großes Steinhaus bauen, mit vielen Räumen, in denen wir die Schriftrollen und alles andere gut sortiert unterbringen konnten.

Es wurden immer noch weitere Schriftrollen, wohl von befreundeten Stämmen,  zu uns gebracht und so wurde unser Dorf im ganzen weiten Land  beinah berühmt. Viele Heilerinnen und Heiler, Gelehrte und Lehrer kamen in unser Dorf, um aus den vielen Unterlagen zu lernen und alle brachten weitere Schriftrollen mit.

Viele Blätter waren in kostbaren Behältern geschützt, uralte Rollen wurden von erfahrenen Frauen und Männer abgeschrieben und abgezeichnet, um sie für die Nachwelt zu erhalten.

 

 Und eines Tages passierte es, dass ein mächtiger Heiler und Gelehrter mit großem Pomp und Gefolge in unser Dorf kam und rücksichtslos die Leitung übernahm.

Unser Aufbegehren blockte er überheblich und arrogant ab und scheute auch nicht, Gewalt anzuwenden. Die Heilerinnen und Heiler und auch die Dorfbewohner waren nicht in der Lage, sich dem übermächtigen Heiler zu widersetzen.

Er blockte jede Gegenwehr ab und setzte ungeniert unangenehme und widerliche Zauber gegen uns Heiler und auch gegen die Dorfbewohner ein.

Es dauerte eine Weile, aber dann war es vielen Menschen zu viel geworden, einer nach dem anderen verließ diesen großen, einmaligen Ort des Wissens.

Über die Generationen hinweg wurde das Wissen um diesen Ort vergessen und nur Legenden und Sagen darum kannten noch einige wenige.“

Tretikow schwieg und die Runde der Zuhörer ebenfalls.

  

Sooler führte den Treck zwischen dem Fluss und dem Gebirge weiter nach Norden. Endlos erstreckte sich das Land und Alka-An staunte immer wieder über diese unfassbare Größe, alles in diesem Land war riesig, die Flüsse, die Berge und die Gebirge, die Ebenen und die Wälder, selbst der Himmel schien größer und weiter zu sein, als über Cameedor!

 

Tag für Tag rollte der Treck gen Norden, langsam wich der Fluss nach Nordwesten und Tretikow zeigte Sooler, dass er sich jetzt mehr nach dem Gebirge richten muss. Der Treck erreichte den von Tretikow erwähnten scharfen Knick des Flusses nach Westen und ab hier fuhr der Treck direkt nach Norden.

Das riesige Gebirge schien unendlich zu sein, unbeirrt wuchtete es seine gewaltigen Berge in den Himmel, als wenn es den winzigen Menschen anzeigen wollte, versucht es erst gar nicht, keiner von euch kann mich bezwingen!

 

Gegen Abend erreichte der Treck einen kleinen Fluss, der wohl noch recht jung aus dem Gebirge kam. Sein Wasser war kalt und wild und schoss weiß schäumend in seinem engen Bett ins Land hinunter.

Schnell standen die Tiere an dem Ufer und tranken sich an dem frischen Wasser satt. Auch die Menschen genossen das klare, frische Wasser, um sich dem Staub abzuwaschen.

 

Alka-An ist mit Bythia den Fluss ein Stück höher gegangen und tollte jetzt mit der jungen Frau ausgelassen in dem Fluss, bis Bythia rief: „Es ist genug, lass es gut sein.“

Lachend fielen sie sich in die Arme, zogen sich ihre Kleider an und gingen ins Lager zurück.

 

Die Männer hatten aus dem Fluss einige Steine entfernt, jetzt konnten die Fuhrwerke ohne große Mühe durch den Fluss fahren. Tretikow sah man jetzt ständig an der Spitze des Trecks neben Sooler, häufig blickte er in eine Landkarte, verglich die Formationen  der Berge mit  denen auf seiner Karte und zeigte immer wieder, weiter nach Norden, weiter!

Es wurde darüber Herbst und wieder wurde ein guter Platz für das Winterlager gesucht.

Die Kundschafter fanden wieder einen gut geeigneten Platz im Schutze von Hügeln, nahe an einem Fluss, der aus dem Gebirge herab kam.

Die Hügel gaben eine größere Fläche frei, als beim letzten Winterlager, auch waren sie nicht ganz so steil.

Routiniert gingen die Menschen an die Vorbereitungen für das überwintern.

Holz wurde geschlagen, Futter für das Vieh gehortet, Beeren und Früchte gesammelt, die Jäger brachten Jagdbeute ins Lager und die Tage und Nächte wurden kälter.

 

Es wurde sehr kalt, erst der erste Schnee milderte die Kälte ein wenig. Mensch und Tier rückten eng zusammen, trotz der vielen Feuer froren alle. Es wurde ein langer, dunkler und bitterkalter Winter, die Vorräte wurden knapp, ein Stück Vieh nach dem anderen musste geschlachtet werden und der Winter nahm kein Ende.

 

 Die Situation im Lager wurde langsam kritisch, Alka-An musste die Vorräte in immer kleineren Portionen ausgeben lassen.

Die Jäger konnten wegen des tiefen Schnees nicht auf die Jagd gehen. Im größten Elend brach die dichte, dunkle Wolkendecke auf und der Schnee schmolz weg, die Menschen kehrten ins Leben zurück, die Jäger brachten frischen Fleisch und die wenigen Tiere, die den Winter überstanden hatten, fanden das erste Grün.

 

Tretikow führte den Treck zusammen mit Sooler weiter nach Norden und eines Tages sagte er sichtlich aufgeregt zu Sooler: „Wir nähern uns dem Ort, diese Berge kenne ich.“

Sooler zeigte sich merklich erleichtert, wie alle anderen auch.  Der Treck fuhr an einer steilen Wand des Gebirges entlang, die sich bedrohlich den Menschen entgegen stellte.

 

Sie fuhren wieder in eine dieser unendlichen Ebenen, soweit das Auge reichte, war das Land nach Norden und Westen ohne Ende, kaum mal durch einen Busch oder Baum unterbrochen und dann verkündete Tretikow: „Wir haben es gefunden, wir sind nahe an dem Ort, der die Schriftrollen aufbewahrt.“

 

Der Treck umrundete eine Spitze des Gebirges und fuhr in ein weites Tal, an beiden Seiten hohe Berge, die sich weiter hinten im Tal wieder zusammen fanden. Das Tal war grün, kleine Wälder wechselten mit Gebüschen, das Tal machte einen kleinen Bogen nach links und alle sahen den lang gesuchten Ort!

Das Mirakel

Die Menschen aus Cameedor standen wie erschlagen vor der unwirklichen Anlage, links und rechts des schmalen Weges, der in den „Ort“ führt, standen drohend wie Wachsoldaten, monströse Steinfiguren, die irgendwie lebendig wirkten?

Der von den Steinfiguren flankierte Weg führte weiter zu dem „Ort“, der im Hintergrund wie ein normales Dorf aussah, wenn da nicht dieses alles überragende Haus, Gebäude oder Burg gewesen wäre!

Dieses Gebäude machte auf die Menschen den Eindruck, als schwebe es in der Luft. In dem flirrenden, irisierenden Licht veränderte es ständig sein Aussehen.

Menschen waren in diesem geheimnisvollen Ort nicht zu sehen. Und über allem schimmerte dieses überirdische Licht!

Alle, die vor diesem außergewöhnlichen „Ort“ standen, spürten die magische Kraft des Wissens, den dieser Ort den Menschen entgegen schickte.

Es fühlte sich an, wie bei einem extrem starken, wilden Gewitter.  

 

Alka-An sah Tretikow und Owithan sehr unsicher an, sah zu Sotates: „ Seit ihr sicher, dass dies der Ort ist, den ihr sucht?“

„Der Ort hat sich sehr verändert, seit ich ihn  verlassen habe“, Tretikow sah sich sehr aufmerksam um, als suche er etwas ganz bestimmtes.

Sooler machte Alka-An auf die Gerippe aufmerksam, die am Rande des engen Weges lagen: „Scheint nicht so einfach zu sein, diesem Ort einen Besuch abzustatten“, kommentierte Sooler in seiner sachlichen Art die Situation.

Sotates, Owithan diskutierten mit Tretikow sehr heftig, die drei Männer waren sich sehr uneins darüber, wie sie sich verhalten sollen.

 

Alka-An bat Sooler, dass Lager etwas entfernter im Tal errichten zu lassen: „Wir müssen heraus finden, wie wir uns verhalten sollen.“

„Ich kümmere mich um das Lager“, Sooler winkte den Wagenlenkern und rief ihnen zu: „Wir fahren ein Stück ins Tal zurück und bauen dort unser Lager auf.“

Die Fuhrwerke drehten sich und fuhren den Weg in das Tal zurück,

Sooler hatte mit seinen Kundschaftern einen geeigneten Platz gefunden.

Die wenigen Fuhrwerke bildeten ein halbwegs brauchbares Bollwerk, falls ein Angriff, gleich welcher Art, erfolgen sollte.

Den Rücken des Lagers hielten die steilen Felswände frei und die Kanone und das Katapult sicherten die Flanken.

 

Sotates diskutierte immer noch heftig mit Owithan und Tretikow, der alte Mann aus dem Dorf, sein Name war Pettrinor, war dazu gekommen und gestikulierte, heftig redend, mit seinen Armen.

Die vier Männer redeten noch über das Abendessen hinaus, heftig mit einander.

 

Alka-An ritt mit Sooler und Barthin zu den vier Männern, sah sie immer noch vor dem Eingang des „Ortes“ diskutieren und schlug ihnen vor, eine Nacht darüber zu schlafen  und dann eventuell leichter entscheiden, was zu tun sei.

 

Damit waren die vier einverstanden und gingen zum Lager. Alka-An, Barthin und Sooler saßen auf ihren Pferden und sahen zu den Steinfiguren, die wohl den Weg bewachen sollten und wieder hatten alle drei den Eindruck, als wären die riesengroßen Figuren irgendwie lebendig!

Beim Wenden ihrer Pferde stieß Barthin einen Laut der Überraschung aus, Alka-An sah den Barthin irritiert an, also konnte Barthin doch noch etwas aus der Fassung bringen!

Stumm zeigte Barthin auf die Figuren und auf den Weg zu dem „Ort“!

 

Mit großen Augen sahen sie das überirdische Licht, das jetzt über den Figuren flimmerte, vom hellsten Blau bis hin zum dunkelsten Rot, dass fast bedrohlich wirkte, wechselten ständig die Farben und ein noch nie gehörter Ton schwirrte über allem.

Die Pferde entfernten sich von alleine rückwärts von diesem geheimnisvollen „Ort“.

 

Nervös und sehr unruhig schnaubten sie, warfen sich herum und rasten im wilden Galopp zum Lager!

Erst in der Nähe des Lagers beruhigten sich die Pferde wieder.

Selbst Barthin war beeindruckt: „Das ist wirklich ein Ort großer Macht.“

 

Alle verbrachten, obwohl die Nacht selbst ruhig blieb, eine sehr unruhige, nervöse Nacht, schon früh kamen die ersten Menschen aus ihren Zelten und sahen sich vorsichtig um.

Das Frühstück hörte die wildesten Vermutungen, alle waren ziemlich aufgeregt, dieser „Ort“ beschäftigte wirklich alle.

Alka-An diskutierte mit seinen Gefährten, mit Owithan, Sotates und Tretikow und dem alten Mann aus dem Dorf, Pettrinor, den ganzen Vormittag über ihre Vorgehensweise.

Sotates wollte alleine gehen, er wollte jedes Risiko für die anderen vermeiden, damit war Owithan natürlich nicht einverstanden, die Chance wollte er sich auf gar keinen Fall entgehen lassen!

Auch Tretikow wollte unbedingt den „Ort“ aufsuchen! Der Alte aus dem Dorf machte den Vorschlag, dass er erst mal alleine versucht, den „Ort“ zu erreichen, um fest zustellen, was passiert, wenn er den Weg durch die Steinfiguren betritt.

Natürlich lehnten alle dieses alleinige Risiko von Pettrinor sofort ab. Der alte Mann lächelte milde die Männer an: „Dieser Besuch wäre der Höhepunkt meines langen Lebens, was glaubt ihr wohl, wie lange ich noch leben werde?“

„Sollte mit etwas passieren, wäre es nicht besonders schlimm für mich, findet ihr nicht auch?“ Pettrinor sah sich um, überzeugt hatte er die Männer nicht, aber sie waren auch nicht mehr strikt dagegen.

 

 Der Tag neigte sich schon seinem Ende zu und zu einem echten Entschluss sind die vier Männer noch immer nicht gekommen.

 

Am Morgen herrschte helle Aufregung in dem erwachenden Lager, der alte Mann war verschwunden! Alka-An warf sich auf ein ungesatteltes Pferd und raste zu dem „Ort“, dicht gefolgt von Barthin, Kuman und Sooler.

 

Alka-An bog links ein und sah den „Ort“ in einem flammenden Licht vor sich! Aber keine Spur von Pettrinor! Aus dem „Ort“ kamen seltsame Geräusche und dann flammte ein greller Blitz auf und Kuman meinte einen leisen Schrei gehört zu haben.

Das geheimnisvolle Licht verblasste etwas und die furchterregenden Steinfiguren wirkten jetzt wie leblos.

 

So angestrengt, wie Alka-An auch in den Ort sah, er konnte keine Spur von Pettrinor entdecken, auch die drei anderen Männer sahen nichts von Pettrinor.

Der „Ort“ machte einen beinah friedlichen Eindruck auf Alka-An. Sie blieben eine ganze Weile vor dem Eingang zu dem „Ort“ stehen, es blieb aber still darin.

Bedrückt und voller Sorgen um Pettrinor ritten die Männer ins Lager zurück und wurden sofort von allen mit Fragen nach dem alten Mann bestürmt.

 

Alka-An nahm sein Frühstück von Bythia entgegen und setzte sich mit Sotates, Owithan und Tretikow zusammen.

Sie mussten einen Plan finden!

Die Diskussion zog sich hin, von allen kamen gut gemeinte Vorschläge. Sooler schlug vor, den „Ort“ von beiden  Seiten über die Berge zu beobachten, vielleicht finden sie so heraus, was es mit dem „Ort“ auf sich hat und wie man ihn gefahrlos betreten kann.

Alka-An fand den Vorschlag von Sooler richtig gut, auch alle anderen zeigten ihr Einverständnis.

Sooler stellte am nächsten Morgen zwei Gruppen zusammen, die Männer trugen viel Gepäck auf ihren Rücken. Die eine Gruppe verschwand in der linken Felswand, die andere in der rechten Felswand.

 

Sooler hatte den Männer eindringlich eingeschärft, keinerlei Risiko einzugehen, jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen und spätestens nach sieben Tagen zurück zu kehren.

Die Menschen im Lager nutzten die Gelegenheit und brachten ihre Sachen in Ordnung, zwei Fuhrwerke brauchten neue Räder und an einem musste die Deichsel ausgewechselt werden.

Die Tiere grasten zufrieden und die Menschen genossen die Ruhe.

 

Mitte der Woche ertönte plötzlich lautes Rufen und Alka-An verstand dann, dass das Lager Pettrinor erkannt hatte! Er eilte dem alten Mann, wie das ganze Lager auch, voller Freude und Erleichterung entgegen.

 

Pettrinor winkte bescheiden den Begrüßungsjubel ab: „Danke, danke, es geht mir gut, danke!“

 

Schnell hatten sich alle vor der Küche versammelt und kaum, dass Pettrinor sich setzen konnte, wurde er von allen aufgefordert, zu erzählen, was mit ihm passiert sei.

Pettrinor trank einen Schluck Wasser und nahm ein Stück Brot entgegen, sah sich in der Runde um und begann: „In der Morgendämmerung erreichte ich den „Ort“ und blieb einen Moment abwägend stehen. Ich sah, wie das magische Licht aufflammte und die Steinfiguren, die „Bewacher“, Leben annahmen, zumindest schien es mir so.

 

Ich öffnete weit meinen Mantel, um anzuzeigen, dass ich unbewaffnet und in friedlicher Absicht komme.

Ich weiß zwar nicht genau, wem ich das zeigen wollte, aber ich konnte ungehindert den Weg zwischen den ersten beiden „Bewachern“ betreten.

Ich sah links und rechts am Wegesrand die Gerippe derer liegen, die wohl etwas falsch beim betreten des Weges gemacht hatten.

Sehr langsam und vorsichtig ging ich auf die zweiten „Bewacher“ zu und ich wage zu behaupten, obwohl ich es nicht begründen kann, dass die „Bewacher“ rot  aufglühten und sich vorbeugten, als ob sie mich genau in Augenschein nehmen wollten.

 

Der linke „Bewacher“ hob seinen rechten Arm wie einem zum Schlag gegen mich. Ich duckte mich instinktiv, aber der „Bewacher“ hielt mitten in seiner Bewegung inne und es sah aus, als lausche er einer für mich unhörbaren Stimme.

Der Steinkoloss nahm wieder seine ursprüngliche Haltung ein und ich konnte ungehindert auf die dritten „Bewacher“ zu gehen. Hier spürte ich, dass die Macht dieses „Ortes“ gewaltig sein musste, ich fühlte sie fast körperlich.

Die Arme der „Bewacher“ links und rechts des Weges fielen herab und geboten mir Einhalt. Wie angewurzelt blieb ich auf der Stelle stehen und harrte der Dinge, die da wohl jetzt auf mich zu kommen werden.

 

Die geballte Kraft und Macht des Wissens dieses „Ortes“ prallte gegen mich und ich verlor beinah mein Gleichgewicht.

Ich glaubte zu spüren, dass der Boden unter mir bebte und zitterte und es schien mir, als griffen Finger in meinen Kopf. Mir wurde schwindelig und ich konnte mich kaum auf meine Füße halten.

Ich fiel auf meine Knie und stütze mich mit den Armen ab. Ich weiß nicht, wie lange ich so da auf dem Boden gehockt hatte.

Ich kam wieder zu mir und ich wusste nicht, ob es Morgen oder Mittag oder gar schon Abend war, diese sirrenden Töne klangen wieder auf und das Licht leuchtete in freundlichen, angenehmen Farben..

 

Ich raffte mich auf und ging unsicheren Schrittes zu der nächsten Gruppe der Steinkolosse. Zu meinem Erstaunen rührten sich diese gar nicht und ich konnte ungehindert auf die letzten zweier Gruppen der Steinfiguren, der „Bewacher“ zu gehen.

Der Weg öffnete sich und ging in dem Dorfplatz auf. Hier prallte ich wie gegen eine unsichtbare Wand und wieder war es mir, als ob Finger in meinen Kopf griffen. Ich sackte wieder in mich zusammen, es war, als würden diese Finger mein Gedächtnis durch suchen, als suchten sie etwas ganz bestimmtes.

 

Ich war, glaube ich, kurz davor, meine Sinne zu verlieren, da hörte ich die Stimme des Heilers, der damals so arrogant und überheblich, so rücksichtslos unser Dorf übernommen hatte!“

 Pettrinor trank einen Schluck, sah schweigend in die gespannten Gesichter der Runde, setzte sich zurecht und sprach weiter: „Unverkennbar in seiner überheblichen, arroganten Art erklärte er mir, dass er zum Schutz des hier gesammelten Wissens ein Mirakel geschaffen hat. Nur wer das Mirakel erklären kann, darf diesen Ort betreten und wieder verlassen!

 

Ich vernahm diese arrogante Erklärung und wusste, dass ich das Ende meines Lebens erreicht hatte, dieses Mirakel werde ich nie lösen können!

Wie aus weiter Entfernung hörte ich noch das überhebliche Lachen des Heilers, dann schwanden mir die Sinne.

 

Zitternd vor Kälte kam ich wieder zu mir, blitzartig fielen mir die zurück liegenden Ereignisse ein und vorsichtig sah ich mich um. Es war alles ruhig und friedlich, das Licht leuchtete still über den Ort. Ich sah auf das Gebäude, dass damals von dem dankbaren Häuptling und seinem Stamm für die vielen Schriftrollen gebaut worden war. Es hatte aber kaum noch Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Haus.

 

 Wieder fühlte ich, wie diese magischen Finger in meinem Gedächtnis suchten und dann fiel mir urplötzlich die mögliche Lösung des Mirakels ein: gib mir von deinem Wissen, was mir noch fehlt.

 

Ich entspannte mich, so gut es ging, denn es war wirklich kalt. Ich spürte immer noch diese Finger in meinem Kopf, ich blieb weiterhin so entspannt, wie möglich, setzte dem Suchen keinerlei Widerstand entgegen und spürte dann, wie Gedanken, wie Wissen von mir genommen wurden.“

Pettrinor schwieg und senkte wie erschöpft seinen Kopf. Er strich mit seinen Händen über das Gesicht, als wolle er etwas weg wischen: „Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem angenehm weichen Lager, auf einem kleinen Tisch sah ich Essen angerichtet.

 

Dankbar trank ich das kühle Wasser aus dem irdenen Krug, aß etwas von dem Dörrfleisch und brach mir ein Stück von dem Brot ab.

 Nach dem Essen öffnete ich die Tür und sah nach draußen. Ich war in einer Hütte direkt neben dem Gebäude, in dem die Schriftrollen aufbewahrt wurden, untergebracht.

 

Ich trat aus dem Haus und ging auf den Eingang des großen Hauses zu.

Noch immer war kein Mensch, kein Tier zu sehen!

Unbehelligt erreichte ich das Portal und die großen, schweren Portalflügel schwangen auf!

Ich stand in einer sehr großen, Licht durchfluteten Halle mit unendlich vielen Regalen und Behältern voll mit Schriftrollen, Blättersammlungen und Zeichnungen.

Beim Anblick dieses geballten Wissens resignierte ich, dass kann kein Mensch auch nur annähernd durcharbeiten!

 

Ungehindert ging ich durch die Halle und sah mir einige Sachen an, ich war wie erschlagen von dieser Masse gesammelten Wissens.

Um wenigstens eine kleine Lücke meines Wissens zu schließen, las ich mir die Unterlagen dieses Dorfes nach eurem Weggang durch.

 

Es war wirklich so, wie ihr es schon vermutet hatte, der Weggang der Heilerinnen und Heiler hielt unvermindert an, die Dorfbewohner verließen das immer leerer werdende Dorf und innerhalb kurzer Zeit war der überhebliche Heiler mit seinem Gefolge alleine.

 

Obwohl er ein guter, wahrscheinlich sogar der beste Heiler aller Zeiten war, konnte er nie die Sympathie und das Vertrauen der Menschen erringen.

 

So verbitterte er und gab natürlich die Schuld den undankbaren Menschen.

Er ließ die Menschen diesen Ort vergessen und schuf diesen einmaligen Ort des Wissens.

Nicht immer auf anständige Art und Weise, er war wie besessen von seinem Traum und schreckte vor nichts zurück, um sein Ziel zu erreichen.

Mir reichte das, was ich erfahren hatte und versuchte mich auf den Heimweg in unser Lager zu machen.

 

 Es gab keinerlei Schwierigkeiten dabei, an der letzten Gruppe der „Bewacher“ erfuhr ich, dass ich  diesen Ort nie mehr betreten kann und darf, es wäre mein Tod!“

Die Menschen in der Runde waren fasziniert und kamen nur langsam in die Wirklichkeit zurück, leiser Beifall klang für Pettrinor auf, dass war mal ein wirkliches Abenteuer! Sotates, Owithan und Tretikow traten begeistert zu Pettrinor und klopften ihn auf die alten Schultern, schmerzlich lächelnd wehrte er die Schläge ab: „Freunde, lasst mich leben, ich habe gerade mein altes Leben behalten können.“

Entschuldigend traten die drei Männer zurück und sagten zu Pettrinor und Alka-An und natürlich zu allen anderen: „Morgen früh werden wir es versuchen, dank Pettrinor können wir ja jetzt das Mirakel lösen.“

„Seit trotzdem sehr vorsichtig“, sagte Pettrinor leise zu den Männern, „wer weiß, was sich dieser überhebliche Heiler noch ausgedacht hat, um diesen, seinen Ort zu schützen.“

Owithan, Sotates und Tretikow versicherten Pettrinor, dass sie sehr vorsichtig zu Werke gehen werden und sich genau an seine Schilderung halten werden.

 

 Alka-An, Kuman, Barthin, Duner und Bythia begleiteten die drei Männer bis zu dem Mirakel, Alka-An schärfte ihnen noch mal ein, vorsichtig zu sein und keinerlei Risiko einzugehen.

Sotates versichert es Alka-An und die drei Männer schritten auf die ersten „Bewacher“ zu, wieder tönten diese seltsamen Geräusche beim annähern der drei Männer auf, wieder irisierte das Licht heftig in allen Farben.

Bythia flüsterte Alka-An zu: „Die Feindseligkeit, die wir beim ersten mal gespürt haben, fehlt heute, merkst du das auch?“

„Stimmt, ich merke es auch“, kam es von Alka-An zurück.

Dann herrschte wieder angespanntes Schweigen.

Sotates erreichte mit seinen beiden Begleitern die zweite Gruppe der „Bewacher“ und die Gruppe um Alka-An sah, wie die drei Männer zwischen den zwei „Bewachern“ stehen blieben, sie sahen noch, wie die drei ihre Köpfe senkten und langsam auf ihre Knie sanken. Die drei Männer waren verschwunden und nach einer guten Weile ging Alka-An mit den anderen ins Lager zurück.

 

Bythia schmiegte sich an ihm und sagte leise: „Hoffentlich geht es mit dreien gut.“

„Es wird schon gut gehen, von Pettrinor wissen sie ja, wie sie sich verhalten müssen.“

„Das stimmt schon, aber wer was schon, was sich dieser Heiler noch alles ausgedacht hat.“

„Warten wir es ab“, Alka-An sah seine Bythia lächelnd an, „und jetzt habe ich nur noch Hunger.“

 

Tretikow kam als erster wieder zu sich, er war nicht sehr erstaunt über das, was mit ihm passiert war.

Es war genauso, wie Pettrinor es geschildert hatte. Auch er hatte die „Finger“ in seinem Kopf gespürt und sich bemüht, keinerlei Abwehr dagegen aufzubauen.

Er spürte sehr genau, wie seine Gedanken, wie sein Wissen sortiert wurden und das eine oder andere sein Gedächtnis verließ.

 

Ein leises Stöhnen ließ ihn nach links blicken, Sotates kam auch wieder zu sich,

Tretikow nahm seinen Wasserbeutel und hielt ihn Sotates an den Mund, er ließ das Wasser langsam heraus tröpfeln und Sotates begann es mit der Zunge aufzunehmen.

Owithan meldete sich als letzter zurück, er sah richtig mitgenommen aus und Tretikow reichte ihm den Wasserbeutel, den Owithan dankbar annahm.

Etwas zittrig versuchte Sotates aufzustehen, was ihm auch nach einigen Mühen auch gelang, erstaunt sah er sich um, sie waren ja noch auf dem Weg zwischen den „Bewachern“, nach Pettrinors Erzählung sollten sie doch jetzt auf einem bequemen Lager liegen?

 Er machte seine Gefährten darauf aufmerksam.

 

Sie gingen langsam den schmalen Weg weiter und erreichten die nächsten Steinkolosse, ungehindert kamen sie daran vorbei.

Auf halber Wegstrecke zu den nächsten „Bewachern“ begann das Licht heftig zu flackern und diese Töne wurden beinah schrill. Tretikow hielt seine Gefährten an, wieder spürte er die „Finger“ in seinem Gedächtnis und schon halb aus dieser Welt weg getreten, sah er noch, wie Owithan auf die Knie niederfiel und Sotates stumm mit ausgebreiteten Armen niederfiel!  

 

Alka-An ritt mit Bythia in bester Laune in das Tal, er wollte erkunden, wie es im weiteren Verlauf aussieht. Vielleicht eignete sich das Tal als ihr nächstes Winterlager, Futter für die verbliebenen Tiere war reichlich vorhanden. Brennholz und Wasser auch, was etwas fehlte, waren jagdbare Tiere, mit denen sie ihre Vorräte ergänzen könnten.

 

Der Boden des Tales blieb flach, mit dichtem Gras bewachsen, bunte Blumen leuchteten aus dem Grün. Vogelgezwitscher hing in der Luft und die späte Sonne wärmte angenehm den Rücken. Im Laufe des Tages rückten die Felswände enger zusammen und Alka-An sah sich nach einem Lagerplatz um. Er baute ihr Zelt nahe an einem kleinen Teich auf, Bythia sammelte inzwischen Brennholz.

Rundum zufrieden saßen die beiden am Feuer und aßen das einfache Mahl.

 

Am nächsten Morgen ritten die beiden weiter in das Tal hinein, die Felswände rückten immer näher zusammen und gegen Mittag hatten sie das Tal Ende erreicht.

Sie machten auf einer kleinen Grasfläche Rast für eine kurze Pause. Sie aßen nur ein Stück Brot mit Dörrfleisch und genossen die warme Sonne.

Bythia zeigte auf einen Spalt in der Felswand zu ihrer Linken und neugierig stand Alka-An auf und ging zu dem schmalen Spalt.

Der Spalt war gerade breit genug für einen Menschen. Alka-An band ihre Pferde an einem Busch an und betrat den schmalen Gang zwischen den himmelhohen Felswänden.

 

Owithan erwachte langsam, er öffnete vorsichtig seine Augen und sah sich um, er lag auf einem bequemen Lager in einer Hütte, seine beiden Gefährten lagen links von ihm auch auf Lagerstätten.

Er sah auf einem kleinen Tisch, in erreichbarer Nähe, Essen angerichtet.

Es war genau so, wie es Pettrinor beschrieben hatte. Owithan nahm den Krug und trank einem langen Schluck, stand von dem Lager auf und ging zur Tür.

Er sah, genau wie Pettrinor, auf das imposante Gebäude, in dem das Wissen aufbewahrt wurde.

 

Geräusche hinter ihm zeigten an, dass auch die beiden anderen Männer zurück kamen. Owithan ging zu seinen Gefährten und erkundigte sich nach deren Wohlbefinden.

„Ich fühle mich etwas zerschlagen, aber sonst geht es“, antworteten beide.

Owithan deutete auf das Essen: „Lasst uns etwas zu uns nehmen, bevor wir das Haus des Wissens aufsuchen.“

Die drei nahmen um das kleine Tischchen Platz und aßen. Die drei Männer besprachen dabei ihre weitere Vorgehensweise, sie einigten sich so, dass jeder nach seinem Interessengebiet sucht und sie dann gemeinsam diesen Ort wieder verlassen.

 

Nach dem essen gingen die drei zusammen zu dem großen Gebäude und die hohen Portaltüren öffneten sich leise knarrend.

Genau wie Pettrinor standen die drei Männer fassungslos und überwältigt in der großen , hellen Halle, vollgestopft mit Schriftrollen, großen Bögen lagen aufgeschichtet in vielen Fächern, in stabilen Holzkisten befanden sich Unmengen  von Einzelblattsammlungen, selbst auf großen, getrockneten Pflanzenblättern waren Zeichen erkennbar.

Die drei Männer trennten sich, um, wie besprochen, nach ihren Interessengebieten zu suchen.

 

Schnell fanden die drei Männer das Ordnungssystem heraus und begriffen die Trennung nach den unterschiedlichsten Fachgebieten.

Owithan stöberte in allen Bereichen, Sotates suchte ganz bestimmte Mathematische Formeln und Sternenkarten, während Tretikow versuchte, seine Vergangenheit zu finden.

Die drei Männer vergaßen über ihre Begeisterung über dieses unfassbare Wissen alles andere, egal in welchem Gebiet Owithan las, es gab nichts, was er vermissen könnte, ganz gleich ob er in dem Bereich Heilkunde, Pflanzen und Tiere oder Sternenkunde oder Magie las, es war unglaublich, was an diesem Ort zusammen getragen worden ist.

 

Tretikow rief Owithan an, der wie aus einer Traumwelt zurück kehrte: „Ich habe Durst und auch Hunger, wir sollten etwas zu uns nehmen.“

Sofort verspürte auch Owithan quälenden Durst und sein Magen meldete sich auch heftig.

Die beiden Männer gingen zu Sotates, der sich ordentlich erschreckte, als er so unerwartete angesprochen wurde, er sah die beiden etwas verständnislos an, aber dann dämmerte es auch bei ihm: „Ja, richtig, Hunger und Durst habe ich auch.“

Sie verließen das Haus und gingen zu ihrer Hütte hinüber und fanden dort auf dem Tischchen ein einfaches Mahl vorbereitet. Nur langsam kam ein Gespräch auf, zu stark waren die Eindrücke, die die Männer aus dem großen Haus mitgenommen hatten.

Nach dem essen sagte Sotates erschöpft zu seinen Begleitern: „Für heute habe ich genug, ich lege mich zur Ruhe.“

Wenig später lagen auch Owithan und Tretikow auf ihren Lagerstätten. 

 

 Bythia folgte Alka-An dicht auf den Fersen: „Sei bloß vorsichtig, man kann nie wissen, was sich hier drinnen verbirgt.“

„Ich bin vorsichtig, schau“, Alka-An zeigte Bythia das Schwert, das er blank in der Hand hielt.

Der Spalt blieb weiterhin so eng, dass sie nur hinter einander gehen konnten.

Durch die hohen Felswände herrschte ein halbdunkles Dämmerlicht in der engen Schlucht, kein Laut war zu hören, sie liefen auf nacktem Fels, kein Büschel Gras wuchs hier.

Die enge Schlucht bog sich ständig nach rechts und nach links, ohne das sich etwas änderte, bis sich plötzlich, nach einem scharfen Knick nach links, die Schlucht öffnete und ein weites Tal frei gab.

 

Staunend standen die Beiden in dem kniehohen Gras, Blumen übersät, Vögel flogen hoch in der Luft und ohne Scheu grasten Wildtiere.

Erschreckt fragte Bythia Alka-An: „Was ist das, hörst du das auch?“

Alka-An nickte und nahm das Schwert fester, schob Bythia in die enge Schlucht zurück und schon erfolgte der Angriff!

Bythia schrie leise auf, ein Rudel wilder Hunde stürmte auf sie zu! Alka-An hatte jetzt in der linken Hand noch zusätzlich zu dem Schwert ein längeres Messer. Auch Bythia hielt ein Messer in ihrer rechten Hand.

Der erste Hund sprang in einem hohen Satz auf Alka-An zu, Bythia schrie und der Hund lag tödlich verletzt vor Alka-An, der schon den zweiten Hund tötete, den dritten konnte er nur verletzen, weil er schon von dem nächsten attackiert wurde.

Er schaute schnell über seine Schulter und sah gerade noch, wie Bythia dem wilden Hund mit ihrem Messer den Rest gab. Der nächste Hund sprang direkt in das Schwert, schmerzvoll jaulte das Tier auf und starb röchelnd.

 

Das Rudel zog sich wild knurrend zurück und beobachtete die beiden Menschen sehr genau mit ihren gelb fahlen Augen. 

Alka-An warnte Bythia: „Bestimmt versuchen die Hunde noch einen weiteren Angriff, sie halten uns wohl für leichte Beute!“

Bythia nickte nur und Alka-An warf die Kadaver den knurrenden Hunden entgegen. Wütend griffen die Hunde noch mal an und Alka-An wirbelte mit dem Schwert blitzschnell und hieb den ersten zwei, drei Hunden die Köpfe ab, den nächsten durch bohrte er mit dem Schwert.

 

Jaulend verschwanden die Wildhunde, sie hatten wohl eingesehen, dass es sich nicht um leichte Beute handelt. Erleichtert nahm Alka-An Bythia in seine Arme: „Das haben wohl überstanden.“

Er schaute noch mal bedauernd in das schöne Tal: „ Und dachte schon daran, hier unser Winterlager zu errichten.“ Bythia lachte etwas gequetscht: „Das lassen wir lieber sein, wer weiß, was dieses Tal noch alles an Überraschungen bereit hält.“ 

Sie liefen durch die enge Schlucht zurück zu ihren Pferden und ritten in Richtung des Lagers zurück.

 

Unternehmungslustig weckte Sotates Owithan und Tretikow, verschlafen rieb sich Tretikow die Augen: „Ist die Nacht schon vorbei?“

 Sotates lachte: „Ja, kommt, es ist einer schöner Tag.“

Nach einem schnellen Frühstück gingen sie das kurze Stück bis zu dem großen Gebäude und wieder öffneten sich die Portale.

Sotates verschwand wieder zu den Sternenkarten, Tretikow vergrub sich in seine Vergangenheit und Owithan strahlte das eine und andere Mal über das ganze Gesicht, wenn er wieder etwas Interessantes gefunden hatte.

 

Tretikow fragte ihn im Laufe des Tages, ob er zufällig irgendwie Schreibutensilien gesehen habe, er würde sich gerne einige Notizen machen. Owithan sah erstaunt hoch: „Nein, ich habe nichts davon gesehen, aber es verwundert mich auch!“

Zusammen gingen die beiden Männer auf die Suche, aber es war nichts zu finden. Sotates kam dazu und Tretikow fragte auch ihn, ob er Schreibutensilien gesehen habe?

Aber auch Sotates verneinte: „Nein, ich habe nichts dergleichen gesehen.“

Abwägend sagte Owithan bedächtig: „Vielleicht wünscht der Herr dieses Ortes keine schriftlichen Notizen, wer weiß?“

„Das wäre eine Erklärung dafür“, erwiderte Sotates Owithan.

„Wenn wir gerade beisammen sind, können wir eine Kleinigkeit zu uns nehmen“ und zeigte auf ein kleines Tischchen.

Auf dem Tisch war wieder ein einfaches Mahl zu sehen. Die Männer setzten sich an den Tisch und Owithan fragte Sotates, ob er alles gefunden habe?

„Ja und ob, mehr als ich je erwartete habe, bedauerlicherweise besteht ja keine Möglichkeit, schriftliche Notizen anzufertigen, die Sternenkarten hätte ich zu gerne abgezeichnet.“

„Das kann ich nur zu gut verstehen“, Tretikow runzelte seine Stirn, „auch ich hätte mir gerne das eine oder andere notiert.“

„Bleiben wir noch einen weiteren Tag an diesem Ort oder reicht es euch?“ Fragte Owithan die beiden Männer, nach langen Überlegen sagte Sotates: „Einen Tag würde ich noch gerne hier bleiben.“

„Ich ebenfalls“, schloss sich Tretikow an.

„Gut, verbringen wir den morgigen Tag noch an diesem Ort“, Owithan stand auf und ging wieder zu den Unterlagen. Tretikow und Sotates folgten, das Tischchen löste sich in einem schimmernden Nebel auf.

Alka-An und Bythia berichteten von ihrem Abenteuer im hinteren Teil des Tales und Alka-An sprach auch davon, dass er daran gedacht habe, in dem Tal, dass nach der engen Schlucht folgte, ihr Winterquartier aufzubauen.

Sooler verneinte sofort: „Wir müssen das Tal möglichst schnell verlassen und sehen, dass wir es noch soweit wie möglich nach Süden schaffen.“

Er sah die erstaunten Gesichter ringsum und erklärte: „Wir sind sehr hoch im Norden, der Winter wird mit Sicherheit noch härter und dauert länger als der letzte Winter. Und dieses Tal ist genau nach Norden offen wie ein Scheunentor, es bietet keinerlei Schutz vor den Winterstürmen.“

Die Argumente verstanden alle sofort und Alka-An bat jedem, die Vorbereitungen für die Abreise zu treffen. Sobald die drei Männer aus dem „Ort“ zurück sind, fahren wir los.

 

Gesagt, getan, eine emsige Betriebsamkeit entstand im Lager und als gegen Abend die drei Männer im Lager erschienen, stand der Abreise nichts mehr im Wege.

Zum essen versammelte sich das ganze Lager um das Küchenfeuer und lauschte den Erzählungen der drei Männer.

Voller Begeisterung erzählte Sotates von den unfassbar vielen gesammelten Unterlagen, Unmengen von Sternenkarten, Karten, die er vorher niemals für möglich gehalten habe.

Von dem mathematischen Aufzeichnungen ganz zu schweigen. Pettrinor fragte Sotates, wie bei ihnen der Eintritt in den „Ort“ abgelaufen sei?

„Genau wie du es uns berichtet hast“, Owithan und Tretikow nickten zustimmend, Sotates fuhr fort, „der einzige Unterschied war der, dass wir zweimal von den „Fingern“ durchsucht wurden und danach erst auf den Lagern erwachten.“

„Das Essen war, genau wie bei dir, auf einem Tisch angerichtet und wir konnten uns ungehindert in dem fantastischen Haus bewegen.“

„Ich kenne jetzt meine Vergangenheit, ich bin mit dem Besuch sehr zufrieden“, Tretikow sah wirklich zufrieden aus.

Owithan schloss ihr gemeinsames Erlebnis mit den Worten: „Ich konnte meine Wissenslücken umfassend auffüllen, an diese Möglichkeit habe ich nie zu denken gewagt.“

„Auch wir erhielten den Hinweis, dass wir einen zweiten Besuch des „Ortes“ mit unserem Leben bezahlen müssen!“

Alka-An beendete die Runde mit dem Hinweis auf ihre für morgen geplante Abreise.

Der Winter in der großen Stadt

Sooler stand mit seinem Pferd an der Spitze des abfahrbereiten Trecks, sah noch einmal prüfend über die Kolonne und hob dann den rechten Arm als Zeichen zum Aufbruch.

Der Treck fuhr auf den Tal Ausgang zu und die Fuhrwerke bildeten wieder die längst bewährte, ovale Marschordnung, in der dadurch entstehende freien Mitte konnte das Vieh frei laufen.

 

Der Treck umrundete die Gebirgsspitze und fuhr jetzt am Rande des Gebirges stracks nach Süden.

Alle spürten den nahenden Winter, es lag eine spürbare Stille über dem Land, es wurde kühl und die Bäume und Sträucher verloren ihre letzten Blätter.

Sooler trieb Mensch und Tier ungewohnt streng voran, er erlaubte keine Pause zu Mittag und ließ den Treck bis spät in den Abend fahren.

 

Alka-An erfuhr von Sooler, dass der Treck den Winter im offenen Land nicht überleben wird, wir müssen versuchen, es noch bis zu der großen Stadt zu schaffen. Dort wären wir alle gut aufgehoben.

Von Tretikow habe ich erfahren, dass es Überwinterungsmöglichkeit in der Stadt für uns gibt.

Jetzt verstand Alka-An die Sorge von Sooler und unterstützte ihn jetzt, wo er nur konnte.

 

Der Treck zog an ihrem dritten Winterlager vorbei. Überquerten den Fluss, an dessen Ufer sie gelagert hatten und strebten zügig weiter auf die große Stadt zu.

Die Menschen und Tiere waren von der Hast schon etwas genervt, als Sooler überraschend früh den Treck für das Nachtlager halten ließ. Seine Kundschafter hatten ihn berichtet, dass die große Stadt nur noch zwei Tage von ihnen entfernt vor ihnen liegt.

 

Am folgenden Abend lagerten sie schon an den Ufern des Flusses, der sich hier schon zu einem See verbreiterte. Der Frost hatte den Boden schon steinhart werden lassen, so rollten die Fuhrwerke flott voran, die Tiere mussten schon ordentlich mit traben.

Eine erleichterte Stimmung machte sich unter den Menschen breit, sie erreichten die große Stadt rechtzeitig vor Einbruch des Winters.

Der Treck lagerte an derselben Stelle an der Bucht, die der Fluss oberhalb der Stadt gebildet hatte.

 

Am nächsten Morgen ritt Alka-An mit Tretikow, Duner, Sooler, Kuman und Owithan in die Stadt, um in Erfahrung zu bringen, ob sie hier überwintern dürfen. Tretikow erzählte unterwegs, dass es große Lagerhäuser gibt, in denen Händler mit ihrem Tross oder Karawanen überwintern, vielleicht finden wir in solch einer Lagerhalle noch Platz für uns.

„Das wäre für uns natürlich ein Glücksfall“, sagte Duner zu Tretikow, „besser könnten wir vor den Unbillen des Winters gar nicht geschützt sein.“

 

Zum frühen Mittag erreichte die Gruppe die Stadt und Tretikow führte sie auf direkten Weg zu einem Haus, in dem sich, wie er Alka-An erklärte, der zuständige Verwalter befand.

Nach einer kurzen Wartezeit wurden sie zu dem Verwalter gerufen.

Sie hatten Glück, sie erhielten eine Lagerhalle für sich und mit einem geringen Obolus war der Handel perfekt.

 

Nach einem schnellen Essen ritten die Männer zurück zum Treck und überbrachten die gute Nachricht an alle. Bythia warf sich voller Freude in die Arme von Alka-An: „Was freue ich mich darüber, endlich für den Winter ein Dach über den Kopf zu haben!“

Lachend stimmten alle mit ein, es war auch wirklich eine angenehme Aussicht.

 

Tretikow führte zusammen mit Sooler den Treck zu dem angewiesenen Lagerhaus und überrascht ob der Größe verhielten sie einen Moment.

 Duner betrat das Lagerhaus, sah, dass der große Raum zweigeteilt war, auf der linken, etwas kleineren Seite waren Boxen für das Vieh vorhanden und gegen überliegend abgetrennte Wohnräume.

Schnell waren Mensch und Tier in dem Lagerhaus untergebracht, die abgeladenen Fuhrwerke wurden seitlich an dem Lagerhaus abgestellt und mit großen Planen abgedeckt.

 

In wenigen Tagen hatte sich schon eine gewisse Routine eingestellt, einige gingen täglich auf einen der vielen Märkte und handelten Nahrungsmittel ein, andere besserten und reparierten vielerlei Sachen, Frauen besserten Kleidungsstücke aus, Männer kümmerten sich um das Vieh.

Alka-An hatte für sich und Bythia eine kleine Ecke abgetrennt und Bythia hatte mit viel Mühe versucht, ihre kleine Kammer etwas wohnlicher zu gestalten.

 

Solange es das Wetter erlaubte, gingen Alka-An und Bythia in die große Stadt und schlenderten zwischen den Marktständen hindurch, sahen staunend prachtvolle Gebäude, schön gestaltete Wohnhäuser, in denen anscheinend viele Familien lebten. Sie erfuhren, dass das Gebäude mit den vielen unterschiedlichen Türmen ein religiöser Ort ist und dass die Bibliothek für jedermann zugänglich sei.

Tretikow führte die beiden auf der beruhigend dicken und stabilen Stadtmauer mit den vielen Türmen um die ganze Festung, für diesen Rundgang benötigten sie nahezu den ganzen Tag.

Sie sahen, dass auf den Bergen, die die Stadt von Norden her, von drei Seiten umschloss, schon der erste Schnee lag.

 

Bythia kuschelte sich fröstelnd in ihren dicken, pelzbesetzten Umhang und war froh, als Tretikow vorschlug, für heute Schluss zu machen und etwas warmes essen.

Er führte die beiden in eine gut besuchte Schänke, in der er von einigen Männern laut und freundlich begrüßt wurde.

Die Bedienung stellte für Bythia und Alka-An Getränke auf den Tisch und nachdem Tretikow alle begrüßt hatte, setzte er sich auch an den Tisch.

Er fragte Bythia, ob sie Fisch essen möchte, er habe gerade erfahren, dass die Küche soeben frisch gefangen Fisch bekommen habe.

 

Nach dem sie mit viel Appetit den leckeren Fisch gegessen hatten, traten drei Männer an den Tisch und fragten Tretikow, ob er ihnen von seiner Reise zu dem „Mirakel“ erzählen würden?

Tretikow sah Alka-An und Bythia fragend an und als die beiden zu stimmten, lud er die Männer ein, Platz zu nehmen. Tretikow erzählte den Männern von der Reise, von ihren Winterlagern, von dem Tal, in dem sich der „Ort“ befand, von den Steinkolossen, die beidseitig des Einganges den Zutritt verwehrten. Er erzählte von dem seltsamen Zugriff auf sein Gedächtnis und die Wunderwelt des Wissens in dem großen Gebäude. Unfassbare Schätze werden dort aufbewahrt.

 

„Ob sie diesen „Ort“ aufsuchen könnten?“ fragten die drei Männer  Tretikow voller Interesse.

„Es steht jedermann frei, diesen Ort aufzusuchen“, gab Tretikow zur Antwort.

 Höchstzufrieden lehnten sich die Männer in ihren Stühlen zurück und lauschten aufmerksam die Geschichte, die Alka-An und Bythia in dem Tal mit den wilden Hunden erlebt hatte.

Durch die dunklen Straßen, die nur von wenigen Fackeln erhellt wurden, gingen sie zu der Lagerhalle zurück.

 

Alka-An wurde von Sooler angesprochen: „Ich habe ein Dutzend Pferde von einem Händler günstig erhandeln können“, Alka-An war damit einverstanden, „ und ich habe einige Schlachttiere für uns auf einen Markt einhandeln können“, warf Duner ein, „wir konnten noch einiges Gemüse und Obst bekommen, aber das Angebot wird langsam knapp.“

„Wir sollten uns einen größeren Vorrat anlegen“, schlug Bythia vor.

„Das ist eine sehr gute Idee, wir sollten gleich morgen damit beginnen“, Duner wandte sich jetzt direkt an Bythia, „kannst du eine Liste mit den Dingen erstellen, nach denen  wir auf den Märkten schauen wollen?“ Bythia sagte sofort zu: „Morgen früh gebe ich dir die Liste.“

 

Nach einigen Tagen schaute Alka-An beruhigt auf die größer werdende Vorräte, zusammen mit dem Schlachtvieh dürften sie den Winter gut überstehen.

Schnee bedeckte die Stadt mit einer dicken Schicht und das Laufen wurde dadurch stark behindert. So blieben beinahe alle Menschen in der Lagerhalle, in der es angenehm warm war.

An einem der seltenen Tage, der den Menschen einen strahlend blauen Himmel mit einer lachenden Sonne bescherte, passierte es, dröhnende Signalhörner schickten Warnungen an alle Richtungen, lautes Geschrei lag über der Stadt: „ Wir werden angegriffen, wir werden angegriffen!“

 

Tretikow, Pettrinor und Owithan sprangen hoch und riefen laut in die Lagerhalle: „Alles sofort und schnell in die Festung, schnell, schnell!“

Eilig rafften die Menschen ein paar Sachen zusammen und schon rannten alle, so schnell es durch den Schnee ging, zur Festung.

Aus allen Winkeln der Stadt rannten die Menschen den gleichen Weg, ein unvorstellbares Gewühl entstand dadurch.

Voller Panik rannten die Menschen ohne Rücksicht auf andere, durch die Strassen.

Irgendwie schaffte es Tretikow zusammen mit Owithan und Pettrinor ihre Gruppe zusammen zu halten.

Sie führten sie durch Seitengassen und durch ein kleines unauffälliges Tor gelangten sie in die Festung.

 

Alka-An bat Duner, Sooler und Barthin, dafür zu sorgen, dass ihre Gruppe zusammen blieb, dann rannte er auf die Mauer, dicht gefolgt von Kuman, er schaute über die Zinnen und erschrak zutiefst.

 

Von allen drei Landseiten strömten Massen von Angreifern auf die Stadt zu, zu Fuß und zu Pferde. Die ersten Kanonen donnerten los und die Fontänen der einschlagenden Kugeln zeigten Alka-An, dass die Kanoniere ihr Handwerk verstanden.

Jetzt donnerten die Kanonen ununterbrochen, die auf der Festungsmauer postiert waren und schickten ihre tödliche Ladung  dem Angreifer entgegen.

Rot färbte sich der Schnee vor der Festung, noch konnte der Angreifer nicht viel ausrichten, die dicken Mauern der Festung schützten die Menschen noch gut.

Die ersten Pfeile flogen über die Mauer, auch einige Speere flogen über die Mauer.

 

Trotz des massiven Abwehrfeuer der Kanonen, trotz der vielen Soldaten auf der Festungsmauer, die dem Angreifer ihre gut gezielten Pfeile entgegen schossen, gelang es einigen ganz besonders verwegenen Reitern, Eisenhaken, die an langen, starken Lederschnüren befestigt waren, über die Brüstung der Mauer zu schleudern. Sofort kletterten an diesen Schnüren Angreifer an der Festungsmauer hoch, ein paar erreichten sogar die Mauerkrone, wurden dort aber sofort erbarmungslos, ja brutal von den verteidigenden Soldaten mit Speeren und Schwertern getötet und die Mauer hinunter geworfen.

Was natürlich unmittelbar ein wütendes Geschrei der Angreifer auslöste und sie stürmten noch heftiger und verwegener gegen die starken Mauern an.

Die ersten Verluste der Verteidiger entstanden durch die vielen Pfeile, die oft weit über die Mauer ins Innere der Festung flogen und auch dort für Verletzte sorgten. Mit den ersten brennenden Pfeilen wurde es brenzlig für die Verteidiger, schnell entstanden Brände, die sofort eine Panik unter den in die Festung geflohenen Menschen verursachte.

 

Noch verhinderte die dicke Schneedecke ein ausbreiten der Brände, aber wie lange noch?

 

Von der Festungsmauer im Norden hörten die Menschen furchtbares Geschrei, schrill kreischten die Alarmhörner, die Angreifer hatten das Tor  zerstört!

Die Angreifer ergossen sich in die Festung, hoch loderten die ersten großen Brände auf. Die Angreifer hatten wohl Häuser und Gebäude in Brand gesetzt!

Duner kam mit Barthin und Kuman zu Alka-An: „Der Angriff könnte für uns gefährlich werden.“

„Wir sollten eine frühmöglichste Flucht planen.“

„Haltet unsere Leute zusammen, falls es nötig werden sollte, müssen wir alle schnell verschwinden können“, Alka-An sah sich besorgt um, „es sah für die Stadt und die Festung gar nicht gut aus.“

 

 Tretikow kam dazu und schlug den Männern folgendes vor: „Die Angreifer aus der Steppe ziehen sich bei Anbruch der Dunkelheit zurück, dass müssen wir ausnutzen! Wir müssen versuchen, das Lagerhaus zu erreichen. Dort nehmen wir soviel wie irgendwie möglich an Pferden und Vorräten mit.“

„Aber wie sollen wir unbemerkt durch die Angriffslinien kommen? Fragte Alka-An unsicher.

„Über den Fluss! Tretikow sah die Männer überzeugt an, „denkt doch mal daran, wie die Stadt und die Festung angegriffen wurde!“

Wieder sah sich Tretikow in der Runde um: „Aber die Seite zum Fluss ist offen!“ Jetzt dämmerte es Alka-An, dass könnte tatsächlich ihre Chance werden. Aber nein, Alka-An schüttelte enttäuscht seinen Kopf: „Der Fluss ist doch dick vereist, da nutzt uns kein Boot oder Schiff.“

„Das stimmt schon, aber wir erreichen über das Eis sicher das andere Ufer und dort sehen wir weiter!“

„Das könnte gut gehen“, sagte Duner beruhigend zu Alka-An, „das Eis auf dem Fluss ist dick genug, es wird uns tragen.“

Auch Barthin war überzeugt und sagte zu Duner: „Wir müssen unsere Flucht gut vorbereiten, wir müssen alles mitnehmen, was wir nur mit nehmen können. Denn da draußen sind wir dem Winter schutzlos preisgegeben.“

 

Die Lage der Stadt und der Festung wurde langsam aber sicher sehr kritisch, durch das zerstörte Tor strömten Massen der wütenden Angreifer und die ersten Gruppen kamen jetzt ungehindert über die ungeschützten Mauern. Die wilden Krieger aus den Steppen stürzten sich in wilder Blutgier auf die wehrlosen Einwohner der Stadt, kreischend versuchten die Frauen mit ihren Kindern vor der tödlichen Gefahr zu fliehen und rannten blindlings in die nächste Horde der wie tollwütig mordenden Angreifer.

 

Voller teuflischen Vergnügen schlitzten die Krieger die Leiber der Menschen auf, hieben ihnen mit einem Schlag Arme und Beine ab.

Brutal lachend sahen sie zu, wie sich die verletzten Menschen in ihrem Blut wälzten und den weißen Schnee rot färbten.

Ein auffallend großer Krieger entriss einer Frau das Kind und schlug es mit aller Kraft gegen die Mauer eines Hauses, schon nach dem dritten Schlag gegen die Wand platzte der Kopf des Kindes wie eine reife Frucht.

Die Frau stürzte sich mit einem schrillen, verzweifelten Schrei auf den blutbespritzten Krieger. Der sah der Frau amüsiert entgegen und ließ die Frau voller Bosheit in sein gesenktes Schwert laufen.

Das Schwert durchbohrte die Frau mit Leichtigkeit und als die Schwertspitze im Rücken der Frau zu sehen war, lachte der Krieger böse und riss die Frau in die Höhe. Die Frau zuckte noch einige Male vor Schmerzen und starb dann lautlos hoch in der Luft.

 

Enttäuscht schleuderte der Krieger die tote Frau von sich, er sah aus, als wäre ihm ein toller Spaß verdorben worden Mit einem fürchterlichen Brüllen stürmte der große Krieger in das dichteste Getümmel und wütete unter den hilflosen, verängstigten Menschen wie ein Berserker.

 

Als der letzte niedergemetzelt war, stand der Wüterich vor einem weiteren Krieger, voller Blutgier schlugen sie ihre Schilder aneinander und rückten jetzt Seite an Seite in die Gassen vor. Rücksichtslos schlugen sie mit ihren großen Schwertern in die Menschen, egal was sie auch trafen.

Bei einem besonders entsetzlichen Aufschrei einer der getroffenen brüllten die beiden Krieger ein hämisches Lachen in das Getöse der engen Gasse.

Eine blutige Spur voller Leichen hinter sich herziehend, schlugen sich die beiden Krieger durch bis zum Hauptplatz der Festung.

 

Voller Begeisterung über die hier zusammen geströmten Menschen rissen die beiden großen Männer ihre Augen auf, wie eine Maschine mähten sie sich durch die Menschen, erreichten das Ende des Platzes, machten kehrt und schlugen mit ihren Schwertern eine zweite Gasse in die Menschenmenge. Die Einwohner der Stadt blieben jetzt apathisch auf ihrem Platz stehen oder hocken und erwarteten stoisch ihr Ende. Es gab keine Chance für sie, den nahenden Tod zu entkommen, zumal immer mehr Angreifer auf den großen Platz eintrafen und sich mit Höllengebrüll an das Gemetzel beteiligten.

 

Krachend stürzte ein hell brennendes Haus mit ohrenbetäubendem Lärm in sich zusammen und begrub Lebende und Tote gleichermaßen unter sich.

Die Hitze von der brennenden Stadt und Festung, der tosende Lärm und der entsetzliche Geruch brennender Leichen wurden unerträglich, es gab nur noch den einen Gedanken: weg, nur fort von hier!

 

Alka-An gab seinen Gefährten das Zeichen zu ihrer Flucht aus der Festung.

 

Tretikow führte sie durch schmale, menschenleere Gassen, führte sie durch verlassene Häuser, horchte vorsichtig vor jedem Schritt nach möglichen Angreifern. Alle waren gerade so in einem größeren Haus verschwunden, als eine Menge  marodierender Soldaten die Gasse herunter kam und das Haus in Brand steckte. Entsetzt schrien einige auf, aber Tretikow mahnte sie, leise zu sein und führte sie wenige Momente später aus dem brennenden Haus.

Owithan machte in einem unauffälligen Moment einige beschwörende Handbewegungen und murmelte dabei seltsame Worte.

 

Noch eine kurze Gasse und sie sahen die Lagerhalle, sie war noch unbeschädigt und ein gutes Stück von dem Kampfgetümmel entfernt.

Leise und vorsichtig packten die Menschen ihre Sachen zusammen, beluden die Packtiere, nahmen vor allem die warme Kleidung und die dicken Decken mit.

Plötzlich zischte Barthin eine Warnung in den großen Raum der Lagerhalle: „Vorsicht, draußen sind Angreifer.“

Sofort kamen kampfbereite Männer zu Barthin.

 

Das große Tor der Lagerhalle wurde aufgestoßen und vor Barthin und den Männern stand eine überraschte Gruppe Soldaten der Angreifer, die wohl nicht mit kampfbereiten Männern in der Lagerhalle gerechnet hatten.

Barthin stürmte auf die Angreifer zu, dicht gefolgt von den Männern, bohrte dem ersten Angreifer sein Schwert in den Leib und mit dem zweiten Hieb dem nächsten Angreifer den Schwertarm ab.

Die Angreifer waren schnell besiegt und Barthin rief drängend in die dunkle Lagerhalle: „Schnell, wir müssen weg!“

 

Die Gruppe wollte mit Alka-An an der Spitze gerade die Lagerhalle verlassen, als sie durch vielstimmiges Gebrüll gestoppt wurden. Sie wurden von einer großen, einer sehr großen Gruppe Soldaten angegriffen!

Wieder murmelte Owithan hastig einige Worte und warf mit einer seltsamen Handbewegung etwas gegen die Angreifer.

Es wurde in der Dunkelheit ein furchtbares Gemetzel, schnell brannte die Lagerhalle und beleuchtete den hin und her tobenden Kampf.

Alka-An sah, dass aus der Lagerhalle nichts mehr zu retten war, selbst ihre Fuhrwerke brannten lichterloh und er schrie so laut er konnte seinen Leuten zu: „Zum Fluss, alle zum Fluss, wir treffen uns auf der anderen Seite!“

Wütend vor Zorn und auch Enttäuschung hieb er um sich und schaffte so eine Gasse durch die Angreifer für die fliehenden Menschen. Er stach sein Schwert in den Leib eines Angreifers, hieb dem nächsten den Arm ab und stach dem dritten das Schwert in die Gurgel.

 

Alka-An hatte während seiner Kämpfe gar nicht mit bekommen, dass die wenigen Überlebenden der Angreifer vor seinen wütenden Attacken flohen und der Weg zum Fluss für sie frei war.

Er lenkte sein Pferd jetzt auch zum Fluss, sah noch mal zu der hell brennenden Lagerhalle, zu den brennenden Fuhrwerken, sah, wie ihre Kanone in dem brennenden Fuhrwerken verschwand, das Katapult ragte verbrannt und verkohlt in den Nachthimmel.

Hier gab es für ihn nichts mehr zu retten!

 

Alka-An trieb sein Pferd an.

Er hörte, wie Tretikow den Menschen am Ufer des vereisten Flusses zu rief: „Gebt eueren Pferden die Zügel frei, die Tiere finden den richtigen Weg!“

Vorsichtig betraten die ersten Pferde das Eis und als sie festen Grund unter ihren Hufen spürten, gingen sie zwar vorsichtig, aber zügig über den Fluss.

Alka-An sah sich noch einmal um, er war der letzte, keiner war vergessen worden, aber sah noch zwei hochbeladene Packpferde in der Nähe der brennenden Lagerhalle, die verzweifelt und voller Panik vor dem näher kommenden Feuer an den Zügel zerrten.

Mit einem schnellen Galopp ritt er zu den Tieren, griff nach den Zügeln. Mit den beiden Packtieren ritt er zum Fluss, er spürte, wie sein Pferd mit den Hufen vorsichtig das Eis prüfte, dann aber beruhigend flott über des Eis dem anderen Ufer zu strebte.

 

 Am anderen Flussufer sammelte sich die kleine Schar Menschen mit nur wenigen Packtieren, erschlagen und erschüttert von dem erlebten. Tretikow sprach mit Sooler, er kenne in der Nähe ein kleines Gehöft, in dem sie fürs erste Schutz finden könnten.

Das Gehöft hatten sie bald erreicht, es lag gut versteckt in einer flachen Mulde inmitten eines kleinen, dichten Waldes.

Die Tiere wurden in den Stallungen untergebracht, sie hatten wirklich Glück, die Ställe waren voller Heu! Die Männer verteilten das duftende Heu in die Futterkrippen und schon hörte man das Kauen der Pferde.

 

Alka-An bremste die Frauen, die dabei waren, ein großes Feuer anzuzünden: „Macht bitte nur ein kleines Feuer und sucht sehr trockenes Holz dafür!“ Eine der Frauen sah ihn etwas wütend an: „Es ist sehr kalt!“

„Ich weiß, aber wir können es nicht riskieren, dass wir durch das Feuer und dessen Rauch möglicherweise von den Soldaten entdeckt werden!“

Die Frau senkte schuldbewusst den Kopf: „Entschuldige, ich war leichtsinnig, du hast völlig recht.“

„Du hast es doch nur gut mit uns gemeint“, sagte Alka-An lächelnd zu der Frau.

 

Sie konnten nur kaltes Fleisch und altes Brot essen, aber sie bekamen wenigsten nach und nach ein warmes Getränk.

Mit der Körperwärme von den Menschen, zusammen mit dem kleinen Feuer wurde es dann doch etwas erträglicher in dem kleinen Haus. Bythia kuschelte sich fröstelnd an Alka-An: „Meinst du, dass wir hier einigermaßen sicher sind?“

„Tretikow ist sich da sehr sicher, weil die Steppenvölker noch nie den Fluss überquert haben.“

„Sie haben aber auch noch nie die Stadt im Winter angegriffen.“ Bythia war ein wenig besorgt.

„Wir werden es schon schaffen“, tröstete Alka-An Bythia.

 

Owithan trat, nach dem Stille in dem Haus eingekehrt war, vor die Tür und schaute traurig und entsetzt zu der brennenden Stadt auf der anderen Seite des Flusses.

Die Angreifer haben wohl ganze Arbeit geleistet, da wird von der Stadt nicht viel übrig bleiben. Bevor Owithan ins Haus zurück ging, machte er noch einige Gesten mit seinen Händen und murmelte dabei wieder leise unverständliche Worte.

 

Bis lange in den neuen Morgen schliefen die Menschen erschöpft, unruhig und wie erschlagen standen die ersten auf.

Einer der Männer entfachte das Feuer und eine Frau hing einen Wasserkessel über das Feuer. Tretikow gab der Frau einen Beutel mit duftenden Tee: „Damit schmeckt das Wasser doch besser:“

Dankbar lächelte die Frau Tretikow an.

Zwei Frauen kneteten einen Brotteig und rollten ihn zu einer dünnen Rolle, die sie dann um Stöcke gewickelt, über dem Feuer drehten.

Der frische Brotgeruch  weckte die letzten müden Menschen auf.

 

Sooler kam mit Alka-An in das Haus zurück, sie waren sich einig, dass sie die nächsten Tage hier in Deckung bleiben und erst wenn sie sicher sein können, dass die Angreifer der Stadt abgezogen sind, wollen sie entscheiden, wie es weiter gehen soll.

 

Sooler ging mit seinen Kundschafter, nachdem sie sicher sein konnten, dass sich die Angreifer zurück gezogen hatten, über den Fluss und erkundete vorsichtig die noch immer brennende Stadt. Ein furchtbarer Geruch hing über der Stadt, die brennenden Häuser, die Toten, grässlich.

Sooler suchte als erstes die noch halbwegs stehenden Lagerhallen durch, die ersten waren sehr gründlich ausgeplündert worden, aber schon am südlichen Stadt Ende fanden sie noch intakte Lagerhallen und voller Freude hörten sie schon draußen Geräusche von Pferden aus der Lagerhalle.

 

Mit aller Vorsicht öffneten sie das große Tor und sahen tatsächlich eine Menge Pferde in den Boxen und weiter hinten einige Rinder. Als sie dann größere Vorräte von Nahrungsmittel fanden, schickte Sooler einen der Kundschafter zu ihrem Unterschlupf zurück mit dem Auftrag, mit mehreren Männer zurück zu kommen, um die Pferde, Rinder und die Vorräte für sie zu sichern.

Im Laufe des Tages wurde die Lagerhalle restlos leer geräumt und für den nächsten Tag geplant, weitere Lagerhallen aufzusuchen, um möglicherweise weitere Pferde und Vorräte bergen zu können.

 

Am dritten Tag gingen Owithan, Tretikow und Pettrinor mit über das Eis.

Sie wollten in der Stadt nach möglichen Überlebenden suchen.

Ihre Suche war nicht besonders erfolgreich, sie fanden nur wenige Menschen in der zerstörten Stadt und niemanden in der immer noch brennenden Festung.

Mit dem Häuflein verängstigter Menschen kehrten die drei Männer in ihr Lager zurück.

 

Owithan und  Tretikow schilderten Alka-An die Situation in der Stadt und in der Festung, die Zerstörung war unvorstellbar, die Angreifer mussten wie die Vandalen gehaust haben, Berge von toten Menschen und Tieren, nur noch zerstörte Häuser, ausgeplündert oder völlig zerstört, einfach furchtbar. Pettrinor erwähnte noch leise: 

„Falls ihr noch Waffen benötigt, in der Festung liegen viele Schwerter, Schilde, Speere und Bogen herum.“ Barthin hörte es und sagte sofort zu Alka-An: „Ich gehe morgen mit ein paar Männern in die Festung und sehe mir an, was wir noch gebrauchen können.“

 

Barthin ritt am nächsten Morgen mit mehreren Männer über den Fluss in die immer noch brennende Stadt. Sie führten alle Packtiere mit und fanden, wie Pettrinor es gesagt hatte, Unmengen von Waffen. So ritten ständig größere oder kleinere Gruppen über das Eis und brachten alles Benötigte in ihren Unterschlupf. Duner kam sogar mit einem von vier Pferden gezogenen Schlitten zurück!

Zu Alka-An sagte Duner: „Wenn wir noch einige mehr von diesen Schlitten finden, hätten wir das Transport Problem zumindest für den Winter geklärt!“

Das sah Alka-An auch sofort ein und schärfte allen, die in die Stadt gingen, nach diesen Schlitten Ausschau zu halten.

 

In den folgenden Tagen kamen so sieben Schlitten in dem Lager an und einer davon war hoch mit Wagenrädern beladen! Alka-An ahnte sofort, was die Männer vorhatten und richtig, am nächsten Morgen sah Alka-An die Männer daran arbeiten, die Räder an den Schlitten zu befestigen. Die Männer stellten Achsen her und befestigten diese unter den Schlitten und schon hatten sie wieder ein Fuhrwerk!

 

Sotates war über diese so sinnlose Zerstörung der Stadt so betroffen, dass er krank darüber wurde, sein Zustand verschlimmerte sich noch mehr, als er erfuhr und dann auch selber sah, dass auch die Schuldgebäude und das Gebäude mit den unschätzbaren Schriftrollen und den vielen Aufzeichnungen bis auf die Grundmauern niedergebrannt waren.

 

Als Alka-An und die anderen Männer nichts Brauchbares mehr in der zerstörten Stadt finden konnten, beratschlagten sie ihr weiteres Vorhaben.

Die Menschen und die Tiere hatten sich wieder erholt und langsam kehrte der alte Tatendrang zurück. Das Winter Ende war nicht mehr all zu weit entfernt, sie hatten genügend Vorräte, von den Angreifern war seit langem nichts mehr gesehen worden.

 

So beschlossen sie, mit dem neuen Mond ihre Reise nach Süden fortzusetzen. Die Schlitten und die Packtiere wurden beladen, sie beseitigten, so gut es ging, ihre Spuren um das kleine Gehöft und hofften, dass mit der Schneeschmelze der Rest ihrer Spuren verschwindet.

 

Sie blieben in den nächsten Tagen auf der westlichen Seite des Flusses und überquerten diesen dann über das Eis recht unproblematisch, als der Fluss sich für sie zu sehr nach Westen wandte.

Alka-An erinnerte seine Bythia, dass sie hier auf der Hinreise gelagert hatten. Bythia schaute sich um: „Ja, ich erinnere mich, aber sind wir doch auch angegriffen worden!“

„Damit hast du recht, dass war der Ort“, Alka-An sah sich um, „ja, genau von dort kamen die Angreifer seinerzeit.“

 

Tretikow und Sooler führte den Treck jetzt vom Fluss weg genau nach Süden in eine Ebene, die an beiden Seiten von Hügeln begrenzt wurde. Die Hügel wurden höher und verengten die Ebene ständig. Alka-An wurde dadurch etwas unruhig, Sooler konnte ihn beruhigen, durch die Hügel führt ein recht einfach zu bewältigender Pass.

Vor dem Pass lagerten sie und die Kundschafter sahen sich noch mal gründlich um. Der Pass wurde dann auch tatsächlich von allen leicht überschritten und schlugen ihr Lager direkt vor dem nächsten Pass auf.

Sie folgten in den kommenden Tagen den Hügeln an ihrer rechten Seite. Am Ende der Hügel lenkte Sooler den Treck wieder direkt nach Süden.

 

Sie durchfuhren einen Fluss, auf dem das Eis schon zu schmelzen begann, denn, abgesehen von den noch recht kalten Nächten, waren die Tage schon gut zu ertragen. Am nächsten Tag sahen sie eine sich auftürmende Gebirgskette am Horizont, die von Ost nach West reichte und wie eine unüberwindbare Mauer auf die Menschen wirkte.

 

Je näher sie dem Gebirge kamen, desto gewaltiger wurden die Berge. Alka-An ließ das Lager aufbauen und schickte die Kundschafter los, er wollte mehr von diesem Riesengebirge erfahren.

Sooler ritt mit seinen Kundschaftern los, Tretikow hatte sich der Gruppe angeschlossen. Alka-An ließ das Lager für einen längeren Aufenthalt einrichten, gegen Norden und Osten ließ er Schutzwände errichten, ließ einen Brennholzvorrat anlegen und versuchte mit ein paar Männern Wild für die Küche zu finden.

Die Schneedecke war schon recht gut weg geschmolzen, an einigen Stellen war schon der Boden zu erkennen, aber der Boden war noch hart gefroren.

 

Aus Nordosten schob sich eine drohende und finstere Wolkenwand heran, der Wind frischte kräftig auf.

Alka-An ließ sofort alles gründlich überprüfen und zusätzlich festzurren, die Tiere wurden zusammen getrieben und angebunden. Die Menschen verkrochen sich in ihre Zelte und harrten der Dinge, die da kommen. Der Wind zerrte mit einigen heftigen Böen an den Zelten, aber das war es auch schon.

Das Unwetter ist weit an dem kleinen Lager vorbei gezogen, weiter im Norden war nach dem Unwetter eine dicke, frische Schneedecke zu sehen.

 

Alka-An wurde langsam ungeduldig, wo blieben Sooler mit seinen Kundschaftern?

Das Wetter wurde unbeständig, mal taute es kräftig und in der folgenden Nacht fror wieder alles zusammen. Der frühe Morgen ließ auf einen schönen Tag hoffen, die Menschen  beschäftigten sich so gut es, ging im Lager.

 Die Wartezeit zerrte allen an die Nerven.

Da kam wie gerufen mit Donnergrollen die ersehnte Abwechselung! Der Boden unter ihren Füssen vibrierte und bebte von einer gigantischen Büffelherde, die unweit des Lagers vorbei trabte.

Blitzschnell waren die Männer und auch einige Frauen auf den Pferden und jagten der Büffelherde nach.

Ehe sich Alka-An umsehen konnte, stob seine Bythia im wilden Galopp mit den Jägern davon!

 

Die Jagdbeute war überwältigend, die Küche arbeitete auf Hochtouren, um die Fleischmengen haltbar zu machen, die vielen Felle wurden sofort bearbeitet, die Felle waren, in Hinblick auf den nächsten Winter, beinah noch wichtiger als das viele Fleisch!

Schmutzig und verschwitzt kam Bythia mit den anderen Jägern ins Lager zurück und Alka-An schickte sie lachend weg zum waschen: „Du kleines, großes Ferkel, so nehme ich dich nicht in meine Arme!“ Und ehe Alka-An sich versah, hing Bythia an seinem Hals und herzte ihn.

Anschließend konnten beide zum waschen gehen.

 

Alka-An kam mit Bythia frisch gewaschen ins Lager zurück, als auch die Kundschafter endlich zurück kamen. Während des Abendessens, dass natürlich aus viel Büffelfleisch bestand, erzählte Sooler von dem  Erkundungsritt: „Zwei Tagesritte vor uns fließt von Ost nach West ein Fluss, den wir überqueren müssen. Zwei Tagesritte weiter würden wir eine Stadt erreichen, wenn wir es denn wollen. Wir können sie aber auch östlich oder westlich weiträumig umgehen. Hinter der Stadt beginnt sich das Gebirge aufzubauen, es wird sehr schnell steinig und der Weg führt hoch zu einem hohen Pass.“

 

„Mit der Stadt können wir es vielleicht so handhaben, wie mit der jetzt vernichteten Stadt. Wir schicken eine Delegation von ein paar Leuten in die Stadt, um zu erfahren, ob sie uns wohl gesonnen ist.“

Sooler fuhr fort: „ Der Pass wird beschwerlich werden, ist aber zu schaffen. Wir werden einige Tage in großer Höhe auf dem Pass verbringen müssen, bevor es wieder abwärts geht. Wir müssen sehr viel Wasser mitnehmen, auf dem Pass haben wir kein Wasser finden können. Nach dem Gebirge erreichen wir wieder eine weite Ebene. Am Horizont im Süden waren jedoch schon wieder Berge zu erkennen.“ Sooler schwieg und ließ sich das Fleisch schmecken.

 

„Ist der Fluss vor der Stadt, den wir überqueren müssen, sehr breit und tief?“ Wurde Sooler von Alka-An gefragt.

„Nein, er dürfte kein großes Hindernis für uns werden“; sollte uns jedoch die Stadt feindlich gesonnen sein, hat diese eine sehr starke Position.“

„Wie meinst du das? Wurde Sooler jetzt von Barthin gefragt.

„Anders als die zerstörte Stadt, verfügt diese Stadt über mächtige Mauern und Türme mit guter Bewaffnung und sehr aufmerksamen Soldaten. Soweit wir es sehen konnten, war vor den Stadtmauern ein ziemlich breiter Wassergraben. Lediglich zwei Brücken erlauben den Zugang zur Stadt und diese zwei Brücken sind natürlich sehr gut bewacht. Zusätzlich können die beiden letzten Brückenteile vor dem Stadttor hochgezogen werden. Das bringt der Stadt zusätzlich viel Sicherheit.“

„Du hast mich sehr neugierig auf diese Stadt gemacht“, Barthin wandte sich an Kuman: „Die hoch zieh- baren Brücken könnten auch für uns interessant sein.“

„Da hast du Recht. Wir sollten uns die Stadt wirklich gründlich ansehen!“

„Auf den Märkten können wir bestimmt  unsere Vorräte ergänzen“, freute sich Duner.

„Also werden wir der Stadt einen freundlichen Besuch abstatten“, schloss Alka-An.

 Die Menschen suchten ihre Zelte auf, satt und zufrieden kehrte schnell Ruhe ein.

 

Wie Sooler berichtet hatte, machte der Fluss keine großen Schwierigkeiten und einen Tagesritt vor der Stadt fanden sie einen geeigneten Lagerplatz, der auch für einen längeren Aufenthalt alles aufwies, was benötigt wurde. Gras und Wasser, Brennholz, sogar jagdbares Wild war zu sehen.

 

Das Wetter spielte auch mit, es wurde merklich wärmer, die Schneereste schmolzen jetzt schnell dahin. Alka-An bereitete ihren Besuch der Stadt sehr gründlich vor. Wieder nahm er Bythia mit, um ihre friedliche Absicht zu unterstreichen, so führten sie nur wenige Waffen mit, nur das, was allgemein so üblich war. Aber auch diesmal ließ Alka-An eine Gruppe Soldaten in der Nähe der Stadt in Deckung lagern.

 

Duner zeigte Alka-An die Sachen, die er zum eintauschen gegen Vorräte mit nehmen will. Alka-An war damit einverstanden, er wusste, dass Duner ein sehr genauer und sparsamer Mensch war.

Die Sonne schien, als sich der Trupp aufmachte, die Stadt zu besuchen. Auf halben Weg trennten sich die Soldaten und strebten einem kleinem Gehölz zu, das sich gut für ein Biwak eignete.

 

Je näher Alka-An mit seinen Begleitern der Stadt kam, umso mehr staunten sie. Die Stadt machte einen so unwirklichen, fremdartigen Eindruck durch die unbekannte Bauweise ihrer Gebäude, ihrer Türme und Tore. Bythia sagte staunend zu Alka-An: „Das ist wirklich etwas ganz anderes, nichts davon kommt mir bekannt vor!“

„Stimmt, so etwas habe ich auch noch nicht gesehen.“

 

Sie standen vor der Brücke, die zu dem imposanten Stadttor führte. Es herrschte lebhafter Verkehr und so reihte sich Alka-An geduldig ein. Die Soldaten prüften die Menschen gründlich, aber höflich.

Alka-An staunte noch über die unfassbaren dicken Mauern, durch die das enge Stadttor führte, als Bythia überrascht ausrief: „Ist das ein schönes Haus!“

 

Das fanden alle anderen auch, es war wirklich ein wunderschönes Haus, mittig der zweiflügelige Eingang, die Türflügel bestanden aus reichlich verziertem Holz, viele der geschnitzten Figuren waren vergoldet. Die dreistufige, schön geschwungene Treppe aus weißem Stein gefertigt, wurde beidseitig von einer schönen Balustrade begrenzt. Die Fensteröffnungen waren Bogen in unbekannten Formen, in etwa wie Spitzbögen, aber doch ganz anders gestaltet. Duner wies nach rechts: „Lasst uns erst das Quartier aufsuchen.“

 

Die Herberge war recht ansprechend, die Pferde gut untergebracht. Nach einem reichhaltigen Essen, mit vielen unbekannten, aber sehr schmackhaften Sachen, gingen alle zur Ruhe.

 

Nach einer sehr erholsamen Nachtruhe tauchten schon früh am Morgen die ersten äußerst unternehmungslustig zum Frühstück auf.

Tretikow erzählte der recht fröhlichen Runde, dass er von den Wirtsleuten einiges über die Stadt erfahren habe und sie zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten führen kann.

„Gut“, sagte Alka-An zu Tretikow, „dann bist du unser Führer!“

Tretikow führte sie rechts aus dem Haus in eine schmale Gasse, die nur kurz darauf an einem überaus prächtigen Platz endete. Der Platz war ein fast perfektes Achteck, von der Mitte des Platzes, der komplett sehr schön gepflastert war, führten auffallend schwarze Steine eine Spur zu den jeweiligen Ecken des Platzes.

 

In der Mitte erhob sich ein wunderschöner Brunnen mit einem fantasievollen Wasserspiel.

Wasserfontänen stiegen hoch in die Luft, bildeten Bogen oder kreuzten sich.

 

Die dargestellten Brunnenfiguren waren allen unbekannt. An jedem Ende eines achtel des Platzes stand ein prächtiges Gebäude, alle hatten die gleiche Höhe, aber sonst waren sie unterschiedlicher gestaltet, wie es unterschiedlicher nicht sein konnte. Die Bauherren hatten mit den Baumaterialien aus dem Vollen geschwelgt, eine Fassade war prächtiger als die andere, die Fensterbögen wiesen wieder die allen unbekannte Form auf und waren schön verziert. Überall glitzerte Gold im Sonnenlicht.

 

„Dieser Stadt und deren Einwohner muss es gut gehen“, kam es lakonisch von Duner.

„Dieser Stadt muss er sehr gut gehen“, setzte Tretikow noch eins darauf und wies die Gruppe jetzt nach links. Über eine breit angelegte Strasse, in deren Mitte Bäume und Buschwerk angepflanzt waren, ging es zu einem weiteren Platz. Dieser war jedoch kreisrund.

Am Rande des Platzes standen beeindruckende Gebäude, nicht so überaus prächtig verziert, eher sachlich, klar erkennbar, Verwaltungsgebäude.

 

Als nächstes führte Tretikow die Gruppe zu einem riesengroßen Gebäude mit einer prachtvollen Fassade und drei Fensterbögen über einander.

Das Gewimmel von Unmengen junger Frauen und Männer zeigte es deutlich, dass ist ein Universität. Tretikow erklärte, dass dies nur eine von drei Universitäten dieser Stadt ist.

Jetzt ging Tretikow ein paar Stufen herunter und sie betraten eine urige Speiseschenke und fanden mit Mühe einen freien Tisch. Die etwas derbe Bedienung grinste sie freundlich an und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Tretikow gab die Bestellung auf und wenig später kam ein Junge mit den Getränken.

 

Nach dem Essen ging Tretikow mit seinen Gefährten  über eine Treppe in einem der vielen Türme hoch zur Stadtmauer. Er zeigte ihnen an, dass sie sich aus Sicherheitsgründen nur auf diesem Stück von hier bis dort bewegen durften.

 

Alka-An war von dem Ausblick auf die Stadt genauso erschlagen wie alle anderen auch, dass war wirklich eine große und vermögende Stadt!

Die goldenen Kuppeln vieler Gebäude strahlten in der vollen Sonne um die Wette. Aus unzähligen Kaminen stieg der Rauch gen Himmel. Über die Stadt hinweg nach Süden sah man am Horizont schwach das von Sooler erwähnte Gebirge.

 

Am nächsten Morgen, während sie beim Frühstück saßen, trat ein gut gekleideter junger Mann an ihren Tisch und überbrachte eine Botschaft des Statthalters.

Er wünsche sie umgehend zu sehen!

Der Bote trat abwartend in den Hintergrund, das Frühstück wurde beendet und Alka-An zeigte den Boten an, dass sie bereit seien.

Sie verließen mit dem Boten die Herberge und der Bote führte sie zielstrebig durch einige Straßen und dann standen sie staunend auf einem Platz im östlichen Teil der Stadt.

Alka-An sagte leise zu Bythia: „Der achteckige Platz war schon beeindruckend, aber dieser hier übertrifft ihn um ein Vieles.“

Bythia hauchte leise zurück: „Wenn mir jemand von diesem Platz erzählt hätte, hätte ich es ihm nicht geglaubt!“

 

Der rechteckige Platz war mit glänzend polierten Steinplatten ausgelegt, vier Brunnen bildeten in der Mitte des Platzes ein kleineres Rechteck, fein gekleidete Menschen flanierten auf dem Platz.

 

Der Bote wies auf das Gebäude am anderen Ende des Platzes an der schmaleren Seite des Platzes. „Wir werden dort erwartete.“ Alle konnten dem Boten ansehen, dass er das Staunen der Fremden sichtlich genoss. Die Gruppe überquerte den prächtigen Platz und schritten auf das Gebäude zu, dass beim näher kommen immer mehr von seiner Pracht zeigte.

 

Alka-An und seine Gefährten waren sehr erstaunt, sie wurden von einem erstaunlich jungen Mann begrüßt, der schlicht, aber mit feinem Tuch bekleidet war.

Der Bote stellte ihn als den Statthalter dieser Stadt vor und Bythia zeigte sich doch überrascht.

Der junge Mann lächelte sie freundlich an: „Ich musste sehr früh meinen Vater vertreten, der durch eine schlimme Krankheit danieder liegt.“

Bythia machte etwas verlegen eine entschuldigende Geste.

 

Der junge Statthalter bot ihnen Sitzplätze an und bat sie ohne Umschweife, ihm zu erzählen, wer sie seien, woher sie kommen und was sie mit ihrer Reise erreichen wollen. Der junge Statthalter sah Bythia auffordernd an, Bythia sah Alka-An fragend an und als dieser zustimmend nickte, begann Bythia zu erzählen.

 

Sie erzählte davon, wie ihre Ahnen ihr Land verlassen mussten, weil es kein Wasser mehr gab und alles verdorrte. Sie erzählte von der langen Suche nach einer neuen Heimat, von den Abenteuer, die sie zu bestehen hatten, bis sie die weite Ebene weit im Norden fanden. Diener brachten Getränke und Sotates übernahm jetzt von Bythia die Geschichte.

 

Sotates erzählte dem sehr interessierten Statthalter von der Ankunft ihrer Ahnen in der weiten Ebene, wie ein Dorf nach dem anderen entstand, aber auch von dem Kämpfen gegen die Kleinwüchsigen, von den vorsichtigen Kontakten mit den Waldwesen und den furchtbaren Überfällen der wilden Horde. Hier hakte der junge Zuhörer ein und wollte mehr von der wilden Horde wissen.

 

Hier wies Sotates auf Alka-An: „Darüber kannst du besser erzählen!“

Alka-An wollte abwehren, aber der junge Mann forderte Alka-An verblüffend energisch auf, ihm von der wilden Horde zu berichten.

Alka-An nahm einen Schluck und begann von den ersten Überfällen der wilden Horde zu erzählen, wie diese Überfälle häufiger und immer brutaler wurden.

Wie sich die Bewohner der weiten Ebene gegen diese Bestien wehrten, die Pässe und Übergänge der Gebirge versperrten und die Bestien der wilden Horde selbst in ihrer Erdhöhle angriffen.

Aber nach einem furchtbaren Angriff der wilden Horde mit unvorstellbaren Massen an Bestien mussten die Überlebenden dieser Schlacht die weite Ebene verlassen. Sie fanden nach langem Suchen ein neues Zuhause in einem versteckten Tal in einem fremden Gebirge hoch im Norden.

 

Weil die Kälte in diesem Tal immer unerträglicher wurde, wagten die Menschen die Rückkehr in die weite Ebene und wieder bauten sie Dörfer, Schulen, Kultstätten.

Sie waren sich sicher, die wilde Horde endgültig vernichtet zu haben, was ein tödlicher Irrtum war.

Wieder wurden sie von den Bestien der wilden Horde überfallen. Nach diesem furchtbaren Gemetzel verließen fast alle Menschen die weite Ebene und siedelten sich in Cameedor, einer befreundeten Stadt neu an. Die weite Ebene blieb nur ein schmales Stück am südlichen Fluss besiedelt.

 

Der Statthalter fragte Alka-An jetzt direkt nach der wilden Horde, wer sind diese Bestien, woher kommen sie, was wollen sie mit ihren Überfällen erreichen?

Alka-An schüttelte bedauernd seinen Kopf, dass wissen wir auch nicht, sie leben nur, um zu töten, dass ist das einzige, worin wir sicher sind.

 

Der Diener meldete, dass das Mittagsmahl angerichtet sei und der Statthalter erhob sich und bat seine Gäste zu Tisch. An dem großen Tisch entstand schnell ein angeregtes Gespräch, das Thema wilde Horde hat alle mächtig aufgewühlt. Jeder gab sein Wissen zum Besten, vieles war natürlich nur vom hören sagen bekannt, Legenden mischten sich dazu. Der junge Mann bekam große Augen, als die Sprache auf das Aussehen der Bestien kam.

Die Bestien der wilden Horde

Eine Bestie der wilden Horde hat nicht viel Menschen ähnliches an sich, außer das es auch zwei Arme und zwei Beine hat.

Sie sind von der Gestalt her sehr groß und plump, Kopf, die mächtigen Schultern sind fast eins, das Gesicht, wenn man es so benennen möchte, erinnern eher an ein furchtbares Höllengeschöpf, an ein grausames Untier.

Kleine tückische Augen, eingeklemmt zwischen dicken Wülsten, große Nüstern und ein gewaltiges Maul, bestückt mit furchterregenden Zähnen,

Reißzähne wie ein Löwe oder Tiger, nur eben alles viel größer. Der plumpe Körper birgt unvorstellbare Kräfte, die die des Menschen um vieles übertrifft und das alles wird von einer schmutzigen, graugrünen Haut bedeckt.

Unverkennbar der furchtbare Gestank dieser Geschöpfe der Hölle, diesen Gestank vergisst niemand, der ihn einmal riechen und ertragen musste.

 

  Die vielen Sagen und Legenden erzählen, dass die Bestien der wilden Horde, vom Hunger und wilder Mordlust getrieben, aus ihrem unterirdischen Reich ausbrachen und über die Menschen herfielen.

Sie zerstören und vernichten alles und sie fressen alles, ob Mensch oder Tier, sie fressen sich sogar gegenseitig!

 

Alka-An trank einen Schluck und sah den jungen Mann fragend an.

 

„Macht weiter, erzählt mir mehr von den Bestien“, forderte er Alka-An etwas ungeduldig auf.

 

Irgendwann, vor undenklichen Zeiten brachen sie aus ihren Erdhöhlen auf die Erdoberfläche und begannen ihr zerstörerisches  Dasein,

Erst waren es nur kleine Einheiten, die mordend und  zerstörend durch die Lande zogen, sie kehrten in ihr Erdloch zurück, wenn sie alles, was ihnen in die Quere kam. vernichtet hatten.

Es sind solch widerliche und bösartige Wesen, die sich selbst ständig bis zum Tod bekämpfen. Sie kennen keine verwandtschaftlichen Beziehungen, keinen Bruder oder Schwester, es wird erzählt, dass sie als fertige Wesen aus dem Boden kriechen und werden, wenn sie Glück haben, in der Horde aufgenommen.

Wenn sie Pech haben, werden sie sofort von den anderen Bestien gefressen. 

 

Bythia schüttelte sich vor Ekel,  wer erschafft nur solche Unholde, die nur Leid und Elend über Mensch und Tier bringen?

 

Man geht davon aus, dass der Hunger sie an die Oberfläche trieb, das gegenseitige töten und fressen konnte ja selbst bei diesen Viechern auf Dauer nicht gut gehen und seitdem hat die Welt mit dieser Plage zu leben.

Keiner weiß genau, wo die Bestien hausen und wann sie über sich herfallen, es gibt Länder, die haben noch nie etwas von der wilden Horde gehört, andere haben ständig unter diesen Bestien zu leiden.

 

Das wirklich schlimme ist, dass man nie weiß, wann sie los stürmen und wohin sie ziehen, sicher ist nur, dass sie das Land erst nach der völligen Vernichtung verlassen und sich dann das nächste Land suchen.

Es ist schon vorgekommen, dass sie durch ein Land ziehen und nichts passiert und im  nächsten Land toben sie wie die Wahnsinnigen, töten bestialisch alles, was sie in ihre Klauen bekommen.

Sie haben keine Achtung vor irgendwelchen Leben, Männer, Frauen, Kinder, Alte, Kranke, Tiere, sie töten alle und fressen alles.

 

Sie müssen sich tief in der Erde  wie die Kleinwüchsigen bewegen können, um dann völlig  unerwartet aus der Tiefe hervor zu brechen und ihr hässlichen Tun zu beginnen.

Die ganz alten Schriften erzählen immer wieder davon, dass es keine Waffe gibt, die eine Bestie töten kann, auch darauf sind wohl diese brutalen Angriffe zu begründen, sie brauchen nicht zu fürchten, obwohl ich glaube, das diese Bestien sowieso keine Furcht kennen.

 

Was die wilde Horde so unberechenbar macht, ist ihre Möglichkeit, überall überraschend und unerwartete  auf zu tauchen  und hemmungslos zu zuschlagen.

 

Ihr Lebens Sinn, so sie überhaupt einen haben, scheint die totale Zerstörung allen Lebens zu sein, anders kann man diese fast hysterische Zerstörungswut nicht erklären.

In einer unserer ganz alten Schriften steht geschrieben, dass vor vielen Generationen eine sehr starke und große Stadt in den sogenannten zwei Flüsse Land entstand.

Die vielen Einwohner waren offene und gastfreundliche Menschen und so entwickelte sich ein reger Handel mit anderen Regionen und fernen Ländern.

 

Die Stadt wuchs und wurde zu einer Handelsmetropole der damaligen Welt. Schiffe aus allen Herren Länder legten im Hafen der Stadt an und aus ihren dicken Bäuchen kamen Schätze hervor, die viele Menschen noch nie zuvor gesehen hatten.

Gewürze aus fernen Ländern, edle Teppiche und Gold glänzende Gefäße, kostbare Öle, aber auch Sklaven in schweren Ketten wurden auf dem Markt verkauft.

 

Die Stadt wuchs und wuchs, sie wurde unvorstellbar groß und in ihr lebte eine nicht zu nennende Zahl von Menschen, denn keiner hatte je zuvor so viele Menschen auf einmal gesehen.

 

 Diese riesige Stadt hatte schon drei Stadtmauern gebaut und baute an der vierten Stadtmauer, sie hatte eine Ausdehnung erreicht, die schon als Weltwunder bezeichnet wurde.

 

Diese große, reiche Stadt weckte natürlich die Begehrlichkeit manch eines Kriegers oder Königs oder Eroberers.

 

Keiner dieser Männer konnte sein Vorhaben in die Tat umsetzen, denn vor den Toren der Stadt brach mit Donnergetöse die Erde auf und die wilde Horde strömte wie Ameisen aus dem Boden.

Unsere alten Schriften berichten, dass der Boden um die ganze Stadt pechschwarz bedeckt von den Bestien der wilden Horde war.

 

Die Soldaten der Stadtwache schlossen die gewaltigen Tore der Stadt und besetzten die Wehrgänge, die um die ganze Stadt liefen. Der Widerstand der Stadt hielt vier Sonnenreisen, dann brachen die Tore und die Mauern und die wilde Horde strömte in die Stadt.

 

Es müssen sich unvorstellbare Dinge abgespielt haben. Die wenigen Überlebenden  waren dem Wahnsinn verfallen und konnten nur wirre Worte stammeln.

 

Die wilde Horde brauchte für die Zerstörung dieser riesigen Stadt ganze zehn Sonnenreisen. Eine dieser Bestien schaffte es sogar, noch schlimmer zu wüten als die anderen Unhold.

Ein riesiger Kerl, der selbst unter den hünenhaften Kriegern durch seine Größe  und durch seine Grausamkeit auffiel.

Er wurde Grooks von seinem Trupp gerufen, ob das sein Name war, war nicht ganz sicher, weil niemand das Gegrunze der wilden Horde als Sprache verstand.

Grooks schrie seinen Trupp zusammen, er wolle unbedingt als erster in die Stadt kommen und frisches Fleisch zum fressen fangen, bei den Gedanken an das viele frische Fleisch, das in der Stadt herum lief, wurde ihm vor lauter Gier ganz übel im Magen.

 

Sein Trupp brach mit animalischer Kraft und Wildheit durch die zersplitterten Tore und Grooks griff nach einem fliehenden Soldaten, der mit vor entsetzen aufgerissenen Augen zu sehen musste, wie Grooks seine Beine abbiss.

Die Krieger seines Trupps machten es ebenso, gellende Entsetzensschreie übertönten sogar den Kampfeslärm.

Grooks riss seinen Kopf hoch, er hat Schreie von Frauen und Kindern gehört, er wandte sich schnüffelnd in die Richtung und stürmte los, den Kadaver des halb aufgefressenen Soldaten warf er achtlos in die Trümmer der zerstörten Häuser.

 

Vor Gier und wilder Freude auf das töten der Frauen und Kinder lief ihm der Geifer aus dem weit geöffneten Riesenmaul.

 

Zwischen den Reißzähnen hingen noch Fetzen von dem Fleisch des Soldaten. Rasend vor  wilder Wollust griff Grooks nach einer Frau und einem Kind. Die Frau konnte vor lauter Grauen nicht mal mehr Schreien, mit stierem Blick starrte sie die grauenhafte Bestie an.

 

Mit einem wilden Aufschrei biss Grooks in die Schulter der Frau und riss sie mit einem heftigen Ruck auseinander, das Kind weinte nur noch still vor sich hin, ohne überhaupt etwas zu spüren, zerdrückte Grooks mit seinen riesigen Pranken den Kopf des Kindes, der wie eine reife Frucht zermatschte.

Den Rest des Körpers der Frau ließ Grooks achtlos fallen und griff nach der nächsten Frau, sie hatte die Gnade der schnellen Ohnmacht, so das sie nicht merkte, wie sie von Grooks aufgefressen wurde.

 

Sein Trupp wütete unter den zusammen getriebenen Frauen und Kindern fürchterlich. Als sie sich satt gefressen hatten, warfen sich die Bestien die abgerissenen Köpfe der Frauen und Kinder zu und lachten wie irrsinnig, wenn einer von ihnen einen der Köpfe fallen ließ.

 

Mordend und plündernd zog Grooks Trupp weiter durch die brennende Stadt, immer noch auf der Suche nach Menschen, die sie abschlachten konnten.

 

Mit irrsinnigem Gebrüll stürmte Grooks mit seinem Trupp in ein brennendes Haus, stürmte durch, bis sie in einem  geräumigen Innenhof standen und Grooks zeigte teuflisch grinsend auf das noch unbeschädigte Haus  auf der Gegenseite des Hofes.

Die Horde bildete einen Halbkreis und ging mit aufmerksamen Schritten auf das Haus zu.

 

Widerlich grinsend klopfte Grooks an die Tür, es rührte sich nichts, er trat einen Schritt zurück und schlug mit seiner Kampfaxt die Tür entzwei.

Wie die Verrückten drangen und quetschten sich die Unholde in das Haus und ein viel stimmiger Entsetzens- schrei schrillte zum Himmel.

Die Bestien der wilden Horde machten sich einen Spaß daraus, die Frauen und Kinder durch das Haus zu jagen, bevor sie die Frauen und Kinder auseinander rissen und auffraßen, eine besondere Freude machte es Grooks, wenn Angehörige des Opfers zu sehen mussten, wie er Frauen und Kinder tötete und auffraß.

 

Einige Frauen rasteten völlig aus und versuchten aus dem Haus zu fliehen, die Unholde lachten  grölend über die dummen Frauen, die glaubten, dass sie weg laufen könnten.

 

Die plumpen Speere und Lanzen flogen durch die Luft und durchbohrten die armen Frauen wie einen dünnen Lumpen, entsetzlich röchelnd vor Schmerzen starben sie und mussten als letztes in ihrem Leben mit ansehen, wie ihre Kinder von den Bestien gefressen wurden.

 

Das Feuer beendete das Massaker der Bestien in diesem Haus, weil es jetzt auch dem Trupp von Grooks zu heiß in dem Haus wurde.

 

 Ein Balken brach krachend von der Decke herunter und begrub einen von ihnen, er schrie, als ihn die Flammen erreichten, das heiterte seine Kumpane außerordentlich auf und mit brüllendem Gelächter verließ Grooks Trupp den Ort ihres wilden Mordens.

 

Besonders furchtbar und grässlich für die Frauen und Mädchen war der Versuch der Bestien, sie zu vergewaltigen, durch ihre erschreckende Größe war es den Bestien unmöglich Menschen Frauen zu besteigen, aber einzelne Bestien versuchten es immer wieder.

Kreischend wanden sich die Frauen in den Klauen der Bestien, ihre Kleider  rissen plumpe Pranken herunter und gierig wurden sie gegen die Lenden gedrückt, aber schon die erste Bewegung riss den Unterleib der Frau auf, dass das Blut in alle Richtungen spritzte und sie qualvoll verreckte.

 

Mit dummem Gesicht schaute die Bestie auf den blutigen Klumpen zuckenden Fleisches vor seinen Lenden, seine  Kumpane lachten wie Irre über das dämliche Gesicht.

Wütend griff sich der Gelackmeierte die nächste Frau und wieder zerriss er der Frau mit der ersten Bewegung seiner Hüften den Unterleib und wieder spritzte das Blut des Opfers  über sich und den anderen Bestien.

 

Die restlichen Frauen verloren endgültig ob dieser Grausamkeit ihren Verstand und rannten mit schrillen Schreien in die Waffen der Ungeheuer. Mit höchsten Vergnügen schlachteten die Bestien die heran stürmenden Frauen ab und jede besonders grausame Art des Tötens wurde von der Horde mit brüllender Anerkennung bedacht.

 

Grooks stellte fest,  dass hier niemand mehr lebte und zeigte an, das jetzt die Fackeln in die Häuser geworfen werden sollen, mit sadistischer Freude wurde dieser Befehl ausgeführt und irres Gebrüll löste es aus, wenn aus dem brennenden Häusern Schreie von Eingeschlossenen zu hören waren.

 

Grooks folge der kaum noch erkennbaren Strasse ins Zentrum der Stadt, auch hier brannte schon alles, überall hingen massakrierte Menschen an den Häuserwänden und an den Baumstämmen. Einige lebten noch und ruderten mit ihren Armen flehentlich um Hilfe, mit wollüstigem Gestöhn bohrten die Bestien ihre Waffen in die geschundenen Körper, der eine oder andere schien sogar dankbar, denn jetzt waren die Qualen für ihn vorbei.

 

Wuchtig erhob sich der Tempel aus all dem Qualm und den stinkenden Rauchschwaden wie eine Trutzburg und erweckte sofort die Neugier von Grooks.

Er winkte seinen Trupp zusammen und ging auf den Tempel zu. Mit einem erstaunten Aufschrei knickten zwei seiner Krieger mit Pfeilen im Hals neben ihm zusammen. Sofort gingen die Bestien auseinander und in den Trümmern in Deckung.

Grooks suchte die Front des Tempels nach den Bogenschützen ab, konnte aber nichts feststellen.

 

Sein Unterführer grunzte ihn an, Grooks nickte und machte eine ausholende  Armbewegung und zeigte auf den Tempel.

 

Sein Trupp sprang wie ein Mann auf und rannte auf den Tempel zu. Das Tor  in der Tempelwand machte einen sehr stabilen Eindruck und das stellten auch die ersten Bestien fest, die mit voller Wucht dagegen prallten und ordentlich durchgeschüttelt wurden.

 

Das Tor hat sich kein bisschen bewegt. Etwas ratlos stand der Trupp um Grooks herum, der zeigte auf einen halb umgestürzten Baum. 

Überraschtes und schmerzvolles Geschrei ließ Grooks einhalten.

Er sah zu seinem Erstaunen brennende Krieger seines  Trupps, die nicht betroffenen Bestien lachten schallend über das groteske herum Hüpfen der brennenden Kumpane, die vergeblich versuchten, das brennende Öl von ihren Kleidern und ihrer Rüstung zu entfernen oder zu löschen.

 

Was beiden natürlich nicht gelang, bis Grooks sie in den nahe stehenden Brunnen schickte. Die anderen hatten den Baumstamm heran geschafft und  rammten diesen jetzt mit aller Gewalt gegen das Tempeltor.

 

Wieder platschte brennendes Öl auf sie herunter, aber jetzt waren sie durch den Torbogen vor dem Öl sicher geschützt.

Der Baumstamm war schon fast zersplittert, als das Tempeltor knirschend zerbarst und laut grölend tobten die Bestien in den halbdunklen Innenraum  des riesengroßen Tempels.

 

Im ersten Moment schien der Tempel menschenleer, aber dann hörte Grooks wispernde Stimmen, huschende Schritte, ganz hinten klapperte etwas. 

 

Grooks grinste teuflisch und zeigte seinem Trupp an, dass  sie in zwei Gruppen in den Tempel marschieren sollen, so konnte keiner der Menschen, die sich in dem Glauben, hier sicher zu sein, im Tempel verschanzt hatten, vor den Bestien fliehen.

 

Es eskalierte hier im Tempel zu einem Massaker, dass so unvorstellbar grausam abgelaufen sein musste, dass selbst in den alten Schriften nur andeutungsweise Einzelheiten geschildert wurden.

 

Die Bestien trieben die Menschen immer enger zusammen, ihr Schluchzen und Weinen berührte die Bestien der wilde Horde nicht, die wenigen Männer bei den Menschen versuchten ihre Frauen und Kinder zu schützen und zu verteidigen.

Mit wenigen, hohnvollen Schlägen wurden sie getötet und dann stürzten sich die Ungeheuer auf die Frauen und Kinder und richteten ein Blutbad an, das selbst in den Vorstellungen der wilden Horde alles bisher da gewesene übertraf.

 

 Irgendwann kam Grooks mit seinem Trupp voll gefressen und für einen Moment ohne Mordlust aus dem Tempel und wurde von hunderten Kriegern der wilden Horde mit infernalischen Gebrüll begrüßt, das Gemetzel von ihm und seinem Trupp hat sich wie ein Lauffeuer herum gesprochen.

 

Mit Hochachtung klopften die Bestien Grooks auf die mächtigen, bluttriefenden Schultern. Das war ein Truppführer ganz nach ihrem Herzen, auch die Krieger aus dem Trupp von Grooks wurden begeistert gefeiert und beneidet.

Die wilde Horde versammelte sich nach dem Gemetzel auf der Wiese vor der zerstörten Stadt und schlug ihr Nachtlager auf.

 

Grooks musste zum obersten Heerführer und Bericht erstatten.

Er erhielt einen Orden und wurde zum ersten Truppführer ernannt.

Jetzt hatte er tausend Krieger unter seinem Kommando.

 

Der oberste Heerführer befahl den Kriegern, die Stadt noch mal gründlich abzusuchen und dann werden sie in Richtung Erdhöhle zurück kehren.

 

Grooks dagegen wollte die geflohenen Einwohner der Stadt  verfolgen.

 

So trennten sie die beiden Trupps und Grooks nahm die Verfolgung auf, was seinem Trupp außer ordentlich gut gefiel.

Die Aussicht auf noch mehr Menschenfleisch, noch mehr morden und töten, noch mehr zerstören, was will ein Krieger der wilden Horde mehr?

 

Er teilte sein Kommando in vier Trupps  von je zweihundertfünfzig Kriegern auf und erklärte den Untertruppführer, wie die Verfolgung ablaufen soll.

 

Die vier Trupps sollen in einem leichten Bogen marschieren, so weit von einander entfernt, das sie sich gerade noch sehen können und jeder Trupp folgte der breitesten Spur der Fliehenden.

Die vier Untertruppführer konnten vor Gier und Mordlust kaum noch ruhig stehen und als Grooks seine Anweisungen beendet  hatte, rasten sie mit tierischem Gebrüll zu ihren Trupps, die auch nur noch mit Mühe die Formationen hielt.

Die von Grooks erhaltenen Anweisungen wurden den Kriegern entgegen gebrüllt und schon setzte sich die wilde Horde in Marsch.

 

Sie fielen schon nach kurzer Zeit in einen seltsam anmutenden  Zuckeltrab, der die Horde aber erstaunlich schnell voran brachte, die raumgreifenden Schritte der Bestien fraß regelrecht die Entfernung.

Grooks reckte sich hoch in seiner gewaltigen Größe und überprüfte die angeordnete Marschformation, er grinste diabolisch, wenn es ums Fressen und Morden geht, marschiert die wilde Horde wie ein Mann.

 

Die Spur der fliehenden Menschen war deutlich zu sehen, die ersten Gepäckstücke lagen im Sand, von ihren Eigentümern achtlos weg geworfen.

Die Bestien würdigten den Kisten und Packstücken keinen Blick.

Sie hetzten hinter den Menschen her.

 

Die Vorstellung, innerhalb so kurzer Zeit wieder frisches, warmes Menschenfleisch fressen zu können, raubte ihnen fast die Besinnung und so wurde ihr Marschschritt schneller und schneller.

In der untergehenden Sonne sahen sie die Staubfahnen der Flüchtenden und ein gieriges Gebrüll brach aus ihren Kehlen.

Die fliehenden Menschen sahen die riesige Staubfahne der Verfolger und pures Entsetzen machte sich breit.

Mit irrem Blick vor lauter Furcht trieben die Männer ihre Familien vorwärts. Kinder weinten, die Alten strauchelten im Sand, sie schafften das Tempo nicht mehr. 

Keiner half den alten Menschen, die erschöpft zusammen brachen und im heißen Sand liegen blieben.

 

Im letzten Licht der Sonne wölbte sich die Staubwolke der Verfolger schon fast über die fliehenden Menschen. Sie hörten das Grunzen und Schmatzen der Bestien und sie wussten, dass sie keine Chance hatten, den Bestien zu entkommen.

 

Wie eine Urgewalt aus den Tiefen der Hölle fielen die Bestien der wilden Horde über die Menschen her, die wilde Horde hatte die Fliehenden eingekreist, genau wie Grooks es angewiesen hatte.

Die Unholde fraßen sich  jetzt langsam durch die Menschen. Grauenhafte Szenen spielten sich hier ab, Kinder wurden aus den Armen ihrer Mütter gerissen, Männer wurden an Arme und Beine gepackt und unter Wahnssinns Gegröle mit heftigen Rucken und Ziehen auseinander gerissen.

Die Frauen brachen schreiend zusammen, sie hatten den Verstand verloren. Kinder irrten hilflos in dem Chaos herum, bis sie von einem der Bestien aufgegriffen wurden.

Das Morden und Fressen ging bis zum frühen Mittag des neuen Tages.

 

Die Sonne beleuchtete ein grauenvolles, bestialisches Szenario, überall lagen Leichenteile, dazwischen die voll gefressenen Bestien. In den Händen noch Reste der getöteten Menschen.

Einige Bestien mussten kotzen, soviel hatten sie in ihrer maßlosen Gier in sich hinein gestopft, was bei den anderen ein höhnisches Gelächter hervor rief, sie amüsierten sich köstlich über das Gejammer der voll gefressenen Krieger.

 

Völlig teilnahmslos lagen die Bestien in der warmen Sonne und verdauten geräuschvoll.

Erst gegen Abend kam Leben in die wilde Horde.

Sie sortierten sich und langsam verließen sie das Schlachtfeld, das einen bestialischen Gestank verströmte.

 

Die Geier hatten nur darauf gewartet, dass der Platz endlich verlassen wurde.

Mit schrillen Gekrächze stürzten sich die hässlichen Vögel auf die Reste der getöteten Menschen. Böse und gierig stritten sie um die Leichenteile.

Keiner könnte dem anderen auch nur ein Stückchen mehr.

 

Immer noch voll gefressen und noch wie betäubt von dem entsetzlichen Blutbad, kam die wilde Horde nur schleppend voran.

Selbst Grooks tappte unlustig durch den heißen Sand.

Ein Krieger machte Grooks auf einen sich nähernden Krieger der wilden Horde aufmerksam.

 

Der Truppführer berichtete Grooks, dass sie eine Menge fliehender Menschen folgen, wenn sie möchten, könnten sie gemeinsame Sache machen.

Grooks war misstrauisch, warum machst du das nicht alleine? 

Das Angebot des Truppführers war einfach untypisch für einen Krieger der wilden Horde. Es sind so viele, das reicht für uns alle und noch mehr.

Grooks Trupps waren durch den Marsch wieder zum Leben erwacht und die ersten Augen sahen lüstern in die Gegend.

Also gut, entschied Grooks, marschieren wir gemeinsam, er wies dem Truppführer seinen Platz zu und allmählich trabte der Trupp an.

 

Der Trupp unter Grooks Führung kam gut voran.

Der fremde Truppführer zeigte nur zweimal die Richtung an.

Die Masse der Krieger strömte in ein immer enger werdendes Tal.

Sie sahen nur die frischen Spuren der fliehenden  Menschen und achteten kaum auf ihre Umgebung.

 

Nur Grooks wurde unruhig und sah sich ständig um, ihm gefiel dieses schmale, enge Tal nicht, dass für einen Angriff bestens geeignet war.

 

Die wilde Horde wurde durch die Enge des Tales regelrecht zusammen gepfropft, weil alle vorwärts drängten, verkeilten sich die Krieger fast ineinander und als die Bestien darüber furchtbar wütend wurden und begannen, sich gegenseitig zu schlagen, erfolgte der Angriff.

 

Bogenschützen auf Pferden säumten den Tal Rand, unerreichbar für die Bestien schossen sie Pfeil um Pfeil in den wüsten Knäuel der Bestien, die vor Wut fast durchdrehten, weil sie dem Angriff völlig hilflos ausgeliefert waren.

 

Neben den Beschuss durch die Pfeile, erfolgte auch der Angriff mit Speeren, die von den Angreifern zielsicher in die wilde Horde geschleudert wurden.

Die Bestien rissen die Speere aus den Körpern der Verletzten und Toten und schleuderten sie auf die Angreifer zurück.

Aber diese standen unerreichbar hoch oben auf dem Fels, ohne Erbarmen schossen sie Pfeil um Pfeil in die wilde Horde, die ersten toten Bestien lagen auf dem Boden des Tales.

 

Was die Wut der Ungeheuer maßlos steigerte, rasend über ihre Hilflosigkeit tobten sie in dem engen Tal herum und schlugen sich vor blinder Wut gegenseitig.

 

Die Angreifer schleuderten jetzt Behälter mit einem brennenden Stofffetzen in das Tal, die beim Aufprall zerbrachen und einen Feuersturm entfachten.

Kreischend rannten die brennenden Bestien wie blind herum und verbreiteten dadurch das Feuer noch schneller.

 

Grooks rief seine Unterführer zusammen, wir müssen hier verschwinden, diesmal ziehen wir den Kürzeren! Die Unterführer nickten grunzend und schickten Krieger los, um die Bestien zu informieren.

Die wilde Horde zog sich unter schlimmen Verlusten zum Eingang des Tales zurück und wurde auch dort sofort von Bogenschützen angegriffen.

 

Die auf ihren schnellen Pferden für die Bestien nicht greifbar waren.

Grunzend und schnaubend vor Wut flohen sie vor den wild entschlossenen Angreifern.

Die wollten ein für alle mal die wilde Horde vernichten.

Mit der einbrechenden Dunkelheit gelang es Grooks mit wenigen Kriegern, in den Felsen zu verschwinden.

Wild fluchend und stöhnend vor Schmerz fanden sie einen Lagerplatz.

Das war für die wilde Horde eine absolut neue Erfahrung, einen Kampf verlieren und dann auch noch vor den Gegner fliehen.

 

Für Grooks war es nicht fassbar, woher die vielen Krieger kamen, von denen sie so vernichtend geschlagen worden sind.

Er ließ das Geschehene noch mal Revue passieren. Das Treffen mit dem fremden Truppführer, der den Angriff auch nicht überlebt hatte.

 Die Verfolgung der fliehenden Menschen.

Das verdammte Tal, dass zu einer perfekten Falle wurde und dann die wirklich guten Bogenschützen, die erbarmungslos seine Krieger töteten.

 

Er hat fast tausend Krieger verloren, sein Heerführer wird gar nicht begeistert sein.

Woher wussten die Angreifer, dass sie diesen Weg nehmen würden. Sie mussten von den Angreifern unbemerkt beobachtet worden sein und wurden äußerst geschickt in dieses Tal gelockt.

 

Auf dessen hohen Felsrand die Krieger postiert waren. Grooks kam zu dem Schluss, dass die Angreifer nicht zum ersten Mal gegen die wilde Horde gekämpft hatten.

Anders war der Sieg nicht zu erklären.

Die Angreifer wussten genau um die einzige Schwächer seiner Krieger Bescheid, wenn die sich nicht wehren konnten, wenn sie kampflos verloren, gerieten sie in grenzenlose Panik.

 

Nach einer unruhigen Nacht sah Grooks nach seinen verbliebenen Kriegern und fand nur noch knapp dreißig, vierzig kampffähige Krieger, die Verwundeten tötete er mit einem schnellen Schlag seines Schwertes. Teilnahmslos nahmen die Bestien es zur Kenntnis, es war üblich, dass keine Verwundeten mit geschleppt wurden.

Grooks formierte die Marschkolonne und orientierte sich nach der Sonne und suchte sich eine markante Landmarke aus und marschierte los.

 

Der Rest seines einst  so stolzen Trupps zockelte missmutig hinterher, die erlittene Niederlage schmerzte die sonst so gefühllosen Bestien sehr.

Keiner von ihnen kann sich je an eine Niederlage erinnern, sicher, es wurde das eine oder andere mal schon sehr knapp, aber verloren und weglaufen, dass erlebten sie zum ersten mal.

 

Sicher, Grooks hatte sie zu wüsten und barbarischen Fressgelagen geführt, die Verwüstungen in der großen Stadt, das töten und fressen der Menschen, die herrliche Verfolgungsjagd mit der anschließenden Fressorgie, aber er hat sie auch in das verdammte Tal geführt.

 

Wütende Stimmung machte sich langsam breit und Grooks spürte den Hass gegen sich aus seinem Trupp und verzweifelt sucht er nach einer Lösung, während er vor dem Trupp in Richtung Erdhöhle trabte. 

 

Je länger  die Bestien unterwegs waren, umso heftiger prallten der Hass und die Wut gegen Grooks, der noch immer keine Lösung gefunden hat, wie er seine Krieger besänftigen kann.

Das Land war öd und leer, bot überhaupt keine Abwechselung und keinerlei Leben.

Grooks hoffte auf eine nette kleine Karawane oder Reisegesellschaft, die sein Trupp mal so neben bei auseinander nehmen könnte, frisches Menschenfleisch hilft über vieles hinweg.

 

Der Tag zog sich träge dahin, die Sonne brannte erbarmungslos, die Bestien schwitzten und murrten vor Durst.

 

Einige Mägen knurrten so laut, dass sich Grooks echte Sorgen machte.

Er wusste jetzt, dass nur seine Autorität, seine brutale Kampfkraft und seine gemeinen Tricks die Horde  davon abhielt, über ihn herzufallen und da war sie, die herbei gesehnte Karawane mit mindestens zwanzig und mehr Tragtieren und jede Menge Menschen, den Göttern sei Dank!

 

Sofort war sein Trupp wieder hellwach, Grooks schickte die Hälfte seiner Krieger vor, um der Karawane den Weg abzuschneiden, mit dem Rest blieb er in Deckung und lief im Abstand neben der Karawane her.

 

Der von Grooks voraus geschickte Trupp hatte die Karawane überholt und zeigte an, das sie zum Angriff bereit sind.

Grooks gab das Zeichen zum Angriff.

Der Trupp griff mit einem schrecklichen Gebrüll die Spitze der Karawane an.

Die Männer rissen das Leittier herum und versuchten verzweifelt den Angriff durch eine schnelle Flucht zu entgehen.

Die Bestien griffen jetzt zusammen mit Grooks an der Spitze die Flanke der jetzt völlig in Panik geratenen Karawane an.

Die Karawane wurde nieder gemetzelt ohne jeden Widerstand.

 

 Die Bestien platschten mit ihren plumpen Füssen in dem Blut der Menschen und Tiere und fraßen, was sie zu fassen bekamen.

Es spielte für sie keine Rolle, ob sie ein Stück vor Blut triefendes und noch zuckendes Fleisch von einem Tier oder einem Menschen fraßen, mit jedem Bissen wurde ihre Stimmung besser und Grooks atmete erleichtert auf.

Nach dem wilden Fressen warfen sich einige zum Verdauungsschlaf in den warmen Sand, andere stöberten in den umher liegenden Gepäckstücken nach brauchbarer Beute.

Für die Bestien war Beute nur wichtig, um dafür neue und gute Waffen zu tauschen, gut waren immer Gold, Silber, Salz oder Gewürze, auch Seide oder schöne Stoffe waren begehrt.

Ganz selten passierte es, dass die Bestien Gefangene machten, obwohl sie wussten, dass Sklaven den höchsten Betrag erzielten. Meistens wurden die Sklaven schon auf dem Weg zum Sklavenmarkt aufgefressen.

 

Alka-An hielt inne, trank einen Schluck und sah den jungen Statthalter an.

 

„Fahre fort, erzähle weiter, ich will alles über die Bestien wissen“, wurde Alka-An ungeduldig von dem jungen Mann aufgefordert.

 

Lautes und schadenfrohes Gelächter einiger Unholde machten den Rest neugierig, mir bösen und gemeinen Gelächter und Gegröle schubsten die Bestien drei sehr junge Frauen zu Grooks.

 

Die drei Frauen waren in Teppichen eingerollt, in der verzweifelten Hoffnung, dass sie dort von den Bestien nicht gefunden werden.

Aber durch den Staub musste eine der Frauen niesen und verriet dadurch ihr Versteck. 

Die Frauen sahen Grooks mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen flehentlich an und senkten dann aber ergeben ihre Köpfe, sie wussten, dass sie sterben werden, dass sie grausam sterben werden.

 

Zwei der Frauen wurden von den Bestien weggerissen und ihre entsetzten und schmerzvollen Schreie gellten in den blauen Himmel.

Wieder versuchte einer der Unholde eine der Frauen zu vergewaltigen, er riss ihr die wenigen Kleider vom Leib und ergötzte sich an den sich windenden, nackten Frauenkörper.

Die Frau, die bei Grooks verblieben war, brach halb ohnmächtig zusammen, Grooks packte sie mit seinen riesigen Pranken und warf sie sich über die Schulter und ging etwas außerhalb des Geschehens und warf die Frau in den Sand.

Interessiert wartete er, bis de Frau wieder zu sich kam und weidete sich an ihrem Entsetzen, als sie die riesenhafte, grässliche Gestalt ihres Peinigers sah.

Sie versuchte keinen Fluchtversuch, sie hatte mit ihrem Leben abgeschlossen

 

Grooks stupste den Körper der jungen Frau vorsichtig mit seinen dicken Fingern an und lockte damit nur ein jämmerliches Wimmern hervor.

 

Die junge Frau hatte die Hände vor ihr Gesicht geschlagen und wartete ergeben auf ihr Ende.

Grooks zehrte die Beine der Frau auseinander und drückte seinen Finger in den Leib der Frau, sie schrie vor Schmerzen schrill auf.

Blut quoll aus der Wunde, gierig riss Grooks mit seinen Krallen die Wunde weiter auf und biss dann wie von Sinnen in den noch zuckenden Körper.

 

Grooks rief seine Krieger zusammen und ließ unweit von dem Platz ihres Überfalls auf die Karawane das Lager aufbauen.

Es waren nur einfache Planen, die aufgestellt wurden und die als Windschutz dienten.

Sie waren zu faul, ein Feuer anzuzünden, sie warfen sich zum Schlafen in den noch warmen Sand und schnell war überall lautes Schnarchen zu hören.

 

Grooks rieb sich den Sand aus den Augen und sah sich prüfend um, noch schnarchten die meisten seiner Krieger.

 

Er war sich ziemlich sicher, dass sie in zwei, höchstens drei Tagen die Erdhöhle erreichen können.

 

Seine Krieger wurden langsam munter und einige griffen nach den herum liegenden Leichenteilen und stopften sich diese ins Maul.

Grooks grübelte in seinem armseligen Hirn darüber, ob es ratsam sei, zu der Erdhöhle zurück zu kehren, sein General wird über den Verlust von fast tausend Kriegern nicht besonders erfreut sein.

Er versuchte krampfhaft, sich die Karte vorzustellen, er sah den Weg zur Erdhöhle deutlich  vor sich, aber die  weitere Umgebung konnte er nicht fixieren.

Aber er wusste von einem riesigen, schwarzen Gebirge mit brennenden Bergen, dort müsste doch ein Versteck für sich und seiner Horde zu finden sein.

 

Grooks rief die beiden Unterführer zu sich und teilte ihnen mit, das sie Richtung dunklem Gebirge marschieren.

Die beiden Bestien nickten nur, das berührte sie nicht im Geringsten, sie führten Befehle aus.

Grooks wies seiner Horde den Weg und war mit jedem Schritt, der ihn und den Trupp weiter von der Erdhöhle entfernte, erleichtert.

Seine Fantasie reichte bei weitem nicht aus, um sich den wütenden und herum tobenden General richtig vorzustellen.

Aber er wusste, das das Mindeste ein schlimmer Kampf für ihn als Strafe bevor stand und darauf hatte er absolut keine Lust.

 

Der Trupp marschierte in seinem raumgreifenden Zuckeltrab nach Nordosten und ließ die wüstenähnliche Gegend hinter sich.

Die Horde erreichte am frühen Abend einen  kleinen Bach und durstig warfen sich die Bestien am Ufer des kleinen Baches und soffen wie die Tiere direkt mit ihrem Maul, keiner schöpfte das Wasser.

 

Grooks sah, wie sich die Bestien gierig und hinterhältig anstarrten, er wusste, dass die Unholde Hunger hatten und wenn er nicht schnell Fleisch heran schaffte, fielen die Bestien über einander her.

Er schickte dreimal drei Krieger auf die Jagd und beschwor sie, bloß nicht ohne Beute zurück zu kommen. Wieder hatte Grooks unverschämtes Glück, die Jäger brachten reichlich Beute mit und mit sabbernden Mäulern stürzten sich die Unholde auf die erlegten Tiere.

 

Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht wachte Grooks voller neuer Energie auf, jetzt wusste er, dass seine Entscheidung richtig war.

 

Wieder trabten die Bestien gen Nordosten.

Sie kamen in ein grünes, schön bewachsenes Land, mit Bächen und kleinen Flüssen versehen. Seen blinkten in der Sonne und überall sah man Wild.

Grooks hielt Ausschau  nach einem brauchbaren Lagerplatz, als einer seiner Krieger aufgeregt von einem Bein auf das andere sprang und gutturale Grunztöne heraus brüllte.

Die anderen Bestien wurden aufmerksam und entdeckten dann mit aufsteigender Gier das kleine Dorf, das idyllisch an einem kleinen See gebaut war.

 

Grooks konnte die Bestien nicht mehr halten, grunzend und knurrend stürmten sie den leichten  Abhang zum Dorf herunter und schon hingen wie Albträume die ersten Entsetzensschreie der Menschen in der Luft. Wieder baute sich das bekannte Szenario auf, die Bestien scheuchten die Einwohner auf dem Dorfplatz zusammen, die wenigen Männer, die sich gegen die Bestien zur Wehr setzten, wurden so schnell getötet und in Stücke gerissen. dass sie ihren Tod nicht mal kommen sahen.

 

Grölend schwenkten die Unholde die abgerissenen Gliedmaßen der getöteten Männer wie Trophäen und trieben die Menschen damit durch die kleine Siedlung.

Irrsinnig vor Angst rannten die Menschen gegen die Mauern ihrer Häuser und schlugen mit ihren Köpfen dagegen, bis sie blutüberströmt zusammen brachen.

Das erheiterte die Bestien so sehr, das sie weitere Dorfbewohner zwangen, sich ebenfalls die Köpfe an den Hauswänden einzuschlagen.

Kinder wurden von den Ungeheuern so neben bei gefressen.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte eine Mutter eine Bestie an, die gerade ihr Kind ins Maul stopfte, fassungslos fiel die Frau ohnmächtig in den Sand.

Grunzend griff der Unhold die Frau und riss ihr die Kleider herunter und biss in die nackte Schulter der Frau. Der wahnsinnige Schmerz holte die Frau aus der Ohnmacht zurück.

Ein gellender Schrei brach aus ihrem weitaufgerissenen Mund, als sie die blutverschmierte Fratze der Bestie so dicht vor sich sah.

Sie sah als letztes in ihrem Leben ihren abgerissenen Arm im Maul des Ungeheuers.

 

Dumpf vor sich hinstarrend und voll gefressen sammelten sich die Unholde etwas außerhalb des mittlerweile völlig zerstörten Dorfes.

Sie warfen sich in das grüne Gras und schliefen grunzend und schmatzend ein.

 

 Grooks war erleichtert über das unerwartet aufgetauchte Dorf und das damit verbundene gesicherte Fressen der Krieger.

Zusätzlich konnten sie ihre aufgestauten Aggressionen mit der Zerstörung des Dorfes abbauen.

Mit der Wärme des neuen Tages kam widerlicher Gestank auf, die Unholde sammelten noch einige Leichenteile ein und machten sich auf den Weitermarsch. 

 

Grooks sah sich ziemlich aufgeregt während des Marsches um, in dieser Gegend war er schon mal.

Die kannte er, sie müssen sich etwas mehr nach Osten ausrichten, vielleicht noch ein Tagesmarsch, dann müssten sie das schwarze Gebirge erreicht haben

 

Grooks sah sich seine Krieger aufmerksam an, im Moment schienen sie zu frieden, ohne große Streitereien marschierten sie sie zügig in die von ihm angegebene Richtung.

 

Er weiß aber  auch, das das eine trügerische Ruhe war, jeden Moment konnte einer seiner Krieger ausrasten und mit tödlicher Sicherheit machen die anderen Krieger sofort mit und er konnte das Ziel seiner Krieger sein! Grooks bat seine furchtbaren Götter, das sie ihm wieder ein kleines Dorf oder eine Karawane in den Weg stellen, damit er damit seine Krieger bei Laune halten kann.

Er fand zwar kein Dorf, auch keine Karawane, aber die Gegend war voller jagdbarem  Wild und es dauerte nicht lange, da zog der Geruch von fast verbranntem Fleisch durch das Lager, selten nahmen sich die Krieger Zeit, ihr Essen zu kochen oder zu braten.

 

Für Grooks war es ein Zeichen ihrer Zufriedenheit, er sorgte für volle Bäuche und zum töten und zerstören hatte er auch genug gesorgt.

 

Es war ein seltsam friedliches Lager  der Bestien, kaum ein Geplänkel zwischen ihnen, satt und ruhig lagen sie im Gras.

 

Morgen erreichen wir das Gebirge, schnaufte Grooks erleichtert, dann haben sie genug Abwechselung durch den Bau ihrer Unterkünfte und für das  Fressen sorgt dann wieder jeder selbst für sich.

 

Zum frühen Abend liefen sie in ein schmales Tal, dass sich in der dunklen und drohenden Felswand des schwarzen Gebirges öffnete.

Grooks sah sich zufrieden um, dass hier passte gut zu ihnen.

Morgen graben wir unsere Höhle, gab Grooks seine Anweisung heraus, seine Krieger nickten und legten sich zum schlafen auf den nackten Fels.

 

Mit Steinen klopften sie erstaunlich leicht für ihre brutale Kraft in den ungeschlachteten Körper und horchten aufmerksam auf den Klang des Felsens.

Eines der Bestien grunzte erfreut auf und winkte seine Kumpanen heran.

Er klopfte leicht mit dem Stein in seiner großen Pranke gegen den Fels.

Der Fels antwortete recht hohl und alle nickten.

Einer von ihnen nahm seine gewaltige Keule und schlug mit brachialer Gewalt gegen den Fels. Nach drei, vier der heftigen Schläge brach der Fels, schnell wurde das Loch vergrößert.

 

Fackeln wurden gefertigt und der Trupp verschwand in der freigelegten Höhle und wieder hatte Grooks ein Riesenglück.

Die Höhle erweiterte sich zu einer riesigen Halle, mehrere Seitengänge wurden sichtbar. Grooks ließ Brennholz für ein Feuer herein schaffen.

Dieses zentrale Feuer wird solange nicht verlöschen, solange die Bestien in dieser Höhle hausen.

Die Bestien waren in der großen Höhle verschwunden, sie suchten sich ihre Behausung.

Heftige Schläge erschütterten die Höhle.

 

Einige störende Felsen mussten beiseite geschafft werden.

Das Geröll blieb liegen, wo es lag, was den Unmut der Nachbarn weckte und schon hauten sich die drei Bestien wie die Verrückten.

Einer der drei brach tödlich getroffen zusammen und die beiden Sieger machten sich über ihn her. 

Das Schmatzen lockte weitere Krieger an, die aber grimmig verscheucht wurden, denn in der Höhle galt als eisernes Gesetz, jeder sorgt für sein Fressen selbst.

 

Die Unholde begannen, nachdem sie ihre Behausung fertig gestellt hatten, die Höhle nach brauchbaren abzusuchen, vor allem wurde dringend Erz gebraucht, ihre Waffen mussten dringest erneuert werden.

 

Am Ende eines der vielen Höhlengänge schlugen mehrere Unholde die Wand ein, die sich ihnen hohl und trennend darstellte und sie hatten Recht.

Durch die durchbrochene Wand kamen sie in eine weitere große Höhle und sie fanden in dieser Höhle einen Trupp Artgenossen mit vielen Weibern und wenigen Männern, so war die Freude auf beiden Seiten gleich groß.

 

Grooks einigte sich schnell mit dem alten Anführer,  dass sich die beiden Horden vereinigen und damit war der Fortbestand ihrer Rasse gesichert.

 

Grooks Trupp verschwand sehr schnell mit den unerwarteten Weibern im Dunkel der riesigen Höhle und er wusste, wenn sie stark genug geworden sind, brechen sie wieder aus, sicher, es wird Generationen dauern, bis die wilde Horde wieder genug Krieger hat, um auf die Oberfläche aufzusteigen. Aber dann ist sie durch nichts  auf zu halten!

 

Überall hörte man das Graben und scharren der Unholde, die sich jetzt ihre Höhlen gruben, um darin mit den Weibern zu hausen und vor allen dingen für Nachwuchs zu sorgen.

In der großen Eingangshöhle herrschte heftige Betriebsamkeit.

Die Bestien haben bereits mehrere Essen gebaut, die Hitze und der Qualm waren fast unerträglich.

An den Höhlenwänden lagen schon Berge von neuen Waffen.

 

Die Höhle wurde von der stetig wachsenden wilden Horde vergrößert und immer wieder stießen sie bei ihren Grabungen auf weitere Höhlen, die von ihnen schnell besetzt wurden.

 

Im Laufe vieler Sommer trafen immer wieder versprengte oder verbannte Trupps bei der großen Höhle ein und vergrößerten damit permanent die Masse der wilden Horde.

 

Sie wurde groß, gefährlich groß, es war nur der Größe der Höhle zu verdanken, dass die ständigen Streitereien unter einander nicht eskalierten, aber die Unzufriedenheit, die Gier und Wollust auf frisches Fleisch wuchs stetig.

Die Krieger wollten sich endlich austoben.

 

Durch die ständig brennenden Feuer war die Höhlendecke so mürbe geworden, dass sie mit Donnergetöse einstürzte.

Die Bestien sahen zum ersten Mal in ihrem grässlichen da sein den blauen Himmel und konnten mit dem vielen Licht, das plötzlich ihre Höhle erhellte, nichts anfangen.

 

Wie toll geworden, rannten sie wie blöd durch die Trümmer der eingestürzten Höhlendecke.

Einer der Bestien entdeckte die Leiche eines von einem Felsbrocken erschlagenen Unholds und grunzte wie von Sinnen, Fleisch, Fleisch, die anderen wurden aufmerksam und der erste wirklich böse und schlimme Streit entbrannte.

 

Dieses Chaos hätte nur ein starker Führer beenden können, aber den hatte die wilde Horde nicht, noch nicht.

 

Müde schloss Alka-An seine Schilderung über die wilde Horde und auch der junge Statthalter hatte jetzt wohl genug über sie gehört.

Alka-An fragte den jungen Mann, woher sein Interesse an der wilden Horde kommt?

 

„Ich habe Berichte von Reisenden, Händlern und Karawanenführern erhalten, die von Bestien und Unholden erzählten, die kaum Menschen ähnlich waren und in ihren Angriffen und Überfällen eine unsägliche Brutalität zeigten! Eure Schilderung der wilden Horde und die Beschreibung der Bestien lassen mich erschrecken, es könnten sich um dieselben Bestien handeln!“

Ein langes, besorgtes Schweigen legte sich über die Gruppe, bis Alka-An den jungen Statthalter fragte: „Ist euch bekannt, in welchem Gebiet diese Bestien gesehen worden sind?“

 

„Leider nein, die Berichte darüber sind sehr ungenau und verschwommen.

In einem stimmen sie aber alle über ein, die sprichwörtliche Brutalität und Mordlust der Bestien.“

„Wir wollen unsere Reise nach Süden fortsetzen“, fuhr Alka-An fort, „falls das Gebiet der Bestien bekannt wäre, würden wir unsere Reiseroute  entsprechend abändern.“

Bedauernd schüttelte der Statthalter den Kopf: „Ich kann euch leider nicht weiter helfen, seit weiterhin sehr wachsam und auf der Hut.“

 

Der Statthalter bat Alka-An und seine Gefährten zu Tisch und sie ließen sich das Essen gut munden.

 

Spät in der Nacht verabschiedete sich die Gruppe von ihrem Gastgeber, der sei so freundlich empfangen hatte.

In den folgenden Tagen wurden die Vorräte aufgefüllt, notwendige Ersatzteile beschafft, Reparaturen wurden ausgeführt.

Mit dem neuen Mond war der Treck von Alka-An zur Weiterfahrt bereit und zur Freude und Überraschung kam der Statthalter zum Abschied und bracht zur Überraschung aller einen beachtlichen Tross von gut bewaffneten Reitersoldaten und jede Menge Männer und Frauen mit, die sich, wie der junge Mann Alka-An erklärte, gerne den Treck anschließen möchten, um sicher in ihre Heimat zurück kehren zu können.

Alka-An fragte nach, wo die Menschen denn zu hause sind und erfuhr, dass die Menschen in Dörfern weit im Süden leben.

 

Sooler führte den Treck westlich an der Stadt vorbei nach Süden auf das große Gebirge zu. Alka-An ist von dem Statthalter informiert worden, dass der sicherste und angenehmste Pass die westliche Passage durch das große Gebirge sei.

 

Der Boden stieg an und wurde steinig, die Zugtiere mussten sich mächtig ins Zeug legen, um die Steigung zu überwinden. Sooler gab, nach Rücksprache mit Alka-An, recht früh am Nachmittag das Zeichen zum anhalten.

 

Der Platz war für ein Lager gut geeignet und die Tiere konnten sich längere Zeit erholen.

 

Die Gruppe der Reitersoldaten, die den Treck seit dem verlassen der Stadt begleiteten, zeigten den begeisterten Zuschauern kaum zu glaubende Kunststücke auf den wild galoppierenden Pferden.

 

Die Soldaten standen auf den Rücken der Pferde, einige zeigten sogar während des wilden Rittes Überschläge und landeten wieder sicher im Sattel, sie schleuderten sehr treffsicher ihre Speere und schossen mit Pfeil und Bogen auf die aufgestellten Zielscheiben.

 

Jetzt begannen einige Soldaten, mit der Erlaubnis von Barthin, auch einige Kunststücke zu zeigen.

Sie schossen ebenso treffsicher mit Pfeil und Bogen und schleuderten ihre Speere gut.

Die Soldaten lachten und schrien vor Vergnügen und versuchten sich jetzt, sich ständig gegenseitig zu übertreffen.

Die ganze Vorstellung endete in eine schnell organisierte Feier!

 

Diese Feier ließ einiges an Sorgen und Bedenken zu mindest vorläufig verschwinden und mit neuen Schwung fuhr der Treck in das große Gebirge.

Erst nach mehr als sieben Tagen erreichte der Treck die Passhöhe und Alka-An sah erleichtert den abwärts führenden Pass.

 

Der Schreck der letzten Tage lag allen noch schwer in den Gliedern, nur mit Mühe und sehr viel Glück entkamen sie den herabstürzenden Schneemassen. Nur ein Fuhrwerk wurde von den Schneemassen vollständig begraben und ein zweites zur Hälfte, die Zugtiere brüllten wild und zogen und zerrten mit einer gewaltigen Kraftanstrengung das Fuhrwerk aus den Schneemassen

Das verschüttete Fuhrwerk wurde unter Einsatz aller noch rechtzeitig ausgegraben!

Die warme Sonne löste den Schnee auf den hohen Bergen und ließ ihn in die Täler abstürzen.

 

Der Pass hinter ihnen war von den Schneemassen total blockiert!

Eine weitere große Sorge plagte Alka-An und die Menschen um ihn.

 

Furcht erregende, wilde und bös klingende Schreie begleiteten den Treck seit ein paar Tagen, die Schreie und das Gebrüll kam hoch von den Bergen links und rechts des Passes.

 

Niemand kannte dieses Gebrüll oder hatte davon je gehört!

Sehr wachsam und vorsichtig wurde das Lager aufgebaut und Alka-An ließ um das ganze Lager Wachen aufstellen.

Das Gebrüll ließ niemanden schlafen und schon früh kamen die Menschen aus ihren Zelten und früh am Morgen fuhr der Treck weiter.

Sehr besorgt stellte Sooler und seine Kundschafter fest, dass sich der Pass vor ihnen sehr stark verengte, auch Alka-An wusste sofort um die Gefahr, wenn ein Angriff dieser unbekannten Wesen erfolgen sollte, dann an dieser Engstelle!

 

Alka-An ließ den Treck stoppen und die Männer setzten sich zur Beratung zusammen.

Als erstes fragte Alka-An Sooler, ob es eine Möglichkeit gibt, das Gebirge auf einem anderen Weg zu verlassen?

„Leider nein“, bedauernd verneinte Sooler die Frage von Alka-An.  

„Können wir die Wesen selber angreifen? fragte Alka-An Barthin und Kuman.

Die beiden Soldaten zweifelten an dieser Möglichkeit: „Selbst wenn wir hoch in das Gebirge kommen sollten, ist es nicht sicher, dass wir auf diese Wesen treffen! Auch wissen wir nicht, wie viele es sind, ob sie möglicherweise bewaffnet oder sonst welche schlimme wilde Bestien sind.“

 

„Wir können nur sehr vorsichtig den Pass weiter fahren und auf unser Glück hoffen“, schloss Barthin.

Alka-An ging durch die Menschen und bat jeden und alle, sehr wachsam zu sein und bei dem geringsten Anzeichen sofort Alarm zu schlagen!

 

Auf jedem Fuhrwerk standen Schuss bereite Bogenschützen und Speerwerfer, alle hatten ihre Waffen blank gezogen und starrten höchst angestrengt die Felswände hoch.

Der Treck rumpelte durch den engen Pass, jedem Moment auf einen Angriff gefasst, aber die Menschen hatten Glück!

Es erfolgte kein Angriff, außer wildes Gebrüll passierte nichts. Sooler fand einen sehr guten Lagerplatz mit frischem Wasser, gut geschützt unter einer weit vorspringenden Felswand.

Die Menschen wechselten sich mit dem Abendessen ab, damit jederzeit genügend Männer frei waren, um einen möglichen Angriff abwehren zu können!

Natürlich wurde während des Essens nur von den unbekannten Bergwesen gesprochen, deren Gebrüll so Furcht erregend von den Bergen schallte.

Leise, fast wie zu sich selbst, murmelte Bythia: „Vielleicht haben sie nur Hunger.“

„Das ist es“, Alka-An und auch Sooler schlugen sich mit der flachen Hand an ihre Stirn, „Die Wesen haben nur Hunger, so hätten sie uns schon längst angegriffen!“

 

Jetzt wurde heftig besprochen, was man tun könnte. Und wieder hatte Bythia einen guten Vorschlag: „Wir haben doch die beiden lahmen Rinder, die uns kaum noch folgen können.“

Alle nickten. „Wir binden morgen früh eines der Rinder hier an und fahren los, dann werden wir sehen, was passiert.“

„Und wenn die Wesen das Tier holen sollten, wiederholen wir die Prozedur morgen Abend mit dem zweiten Rind“,

Alka-An war heilfroh, dass sie eine Lösung für dieses bedrohliche Probleme gefunden haben könnten.

Die Wachen wurden eingeteilt und eine etwas ruhigere Nacht legte sich über das Lager.

 

Der Treck zog sehr vorsichtig in den engen Pass ein, sehr wachsam standen wieder die Bogenschützen auf den Fuhrwerken und beobachteten die Felswände.

Leise blökte das zurück gelassene Rind.

In der engen Schlucht lagen noch viele größere Schneefelder, die das vorwärts kommen extrem erschwerten.

Die Zugtiere fanden auf dem glatten Untergrund keinen richtigen Halt und rutschten teilweise sehr heftig gegen die Felswände.

Die Männer versuchten mit Hacken und Schaufeln, den Schnee und das Eis beiseite zu räumen, ein mühseliges Unterfangen mit wenig Erfolg.

Die Männer konnten nur mit viel Kraft die glatte Oberfläche der Schneefelder aufrauen, so dass die Zugtiere etwas mehr Halt fanden.

 

Es begann schon in der der engen Schlucht zu dämmern, Alka-An wurde unruhig, wann wollte Sooler anhalten?

Alka-An ritt zur Spitze des lang auseinander gezogenen Trecks.

Auf halben Weg kam ihm Sooler entgegen: „Es gibt keinen geeigneten Lagerplatz in dieser engen Schlucht, selbst einen ganzen Tagesritt voraus noch nicht.“

 

Beunruhigt bewegte sich Alka-An auf seinem Pferd: „Wir können doch nicht die Nacht durchfahren, die Menschen sind von dem harten Tag erschöpft, sie brauchen ihre Nachtruhe.“

„Sie müssen versuchen, abwechselnd auf den Fuhrwerken zu schlafen, anhalten können wir einfach nicht, es ist zu gefährlich, alleine schon wegen dem herab stürzenden Schnee.“

Alka-An stimmte Sooler mit schwerem Herzen zu, Sooler hatte recht, der Treck konnte in der engen Schlucht nicht lagern.

„Die Bergwesen haben sich das Rind geholt, vielleicht haben wir jetzt davor Ruhe“, konnte Sooler Alka-An noch etwas Erfreuliches berichten.

 

Alka-An ritt von Fuhrwerk zu Fuhrwerk und informierte die Menschen über die Situation, etwas grimmig kamen die Kommentare, aber die Menschen sahen die Notwendigkeit ein.

 

Bythia ließ das zweite Rind für die Bergwesen anbinden, sie hörten nur einmal noch das Gebrüll dieser Wesen, dann verschluckte die tiefdunkle Nacht den Treck.

Mit den ersten Sonnenstrahlen passierte das, was Alka-An insgeheim befürchtet hatte, der Treck wurde durch herab stürzende Schnee – und Eismassen getrennt.

 

In allem Unglück hatten die Menschen noch viel Glück dabei, weil die Lawine genau in eine etwas größere Lücke zwischen zwei Fuhrwerken herunter donnert.

Im ersten Moment waren die Menschen vor Schreck wie gelähmt,

Alka-An und Sooler schickten den vorderen Teil des Trecks ein Stück weiter weg von den Schneemassen, dann machten sich schon die ersten Männer auf den Weg über die Schneemassen, um den abgeschnittenen Menschen zu helfen.

 

Owithan trat zu Alka-An: „Halte die Männer noch für einen Moment zurück, hier bei kann ich euch helfen!“ Überrascht und erfreut sah Alka-An Owithan an, nickte dankbar und rief den Männer zu, sie sollten noch einen Augenblick warten.

 

Verdutzt hielten die Männer, schon mit allerlei Werkzeug versehen, inne und sahen wie Owithan seine Arme hochreckte, in seinen Händen formte sich ein Licht. Owithan schickte das Licht mit einer schwungvollen Bewegung seines rechten Armes zu den Schnee – und Eismassen und sahen, wie der Schnee durch das Licht schmolz.

 

Lauter Jubel brach aus, es dauerte gar nicht lange, da hatte Owithans Zauber einen breiten Weg durch den Schnee geschmolzen!

Die Menschen tanzten und lachten vor Freude und Erleichterung und mitten in dem Jubel tauchten auch schon die ersten Fuhrwerke auf, die durch die Lawine abgetrennt worden waren.

Obwohl die Freude über das überstandene Abenteuer groß war, verflog die Freude sehr schnell durch den beschwerlichen Weg durch den engen Pass.

Wieder fand Sooler für die herein brechende Nacht keinen Lagerplatz und so mussten sich die Menschen und Tiere weiter durch die Nacht quälen.

 

Der neue Morgen kam grau und unfreundlich zu den übermüdeten Menschen, die verdrossen auf dem kalten Frühstück herum kauten.

Sooler kam zu Alka-An, schüttelte bedauernd mit dem Kopf, der enge Weg dauert an und Wasser haben wir auch nicht gefunden!

Langsam wurde das Futter für die Tiere knapp, die Wassernot konnten sie lindern, indem sie Unmengen von Schnee schmolzen.

Der Angriff der wilden Hunde erfolgte wie aus dem nichts, ohne jede Vorwarnung hetzten die Hunde in den Treck, rissen den Zugtieren Fleischfetzen heraus, verbissen sich in den Gurgeln der Tiere, die röchelnd in ihren Geschirren zusammen brachen.

 

Das große Rudel richtete einen verheerenden Schaden an, bis die Bogenschützen und Speerwerfer die Hunde töten konnten.

Die Tiere waren äußerst flink und mit ihren scharfen Zähnen rissen sie schlimme Wunden.

Die wilden Hunde wurden bis auf das letzte Tier getötet.

 

Barthin ließ die Spitze und das Ende des Trecks zusätzlich von Soldaten sichern, die Verwundeten sammelten sich, um sich versorgen zu lassen.

Die Wunden der Menschen waren nicht ganz so schlimm, viel schlimmer waren die Verluste der Zugtiere! Sooler drängte zur Weiterfahrt, wir müssen unbedingt aus dieser Schlucht heraus kommen.

 

Etwas unwillig schirrten die Menschen die zu schwer verletzten Tiere aus und stellten Ersatztiere in die Deichsel der Fuhrwerke.

Langsam nahm der geschundene Treck wieder Fahrt auf und die Menschen bereiteten sich  auf eine weitere ungemütliche Nacht vor.

Der Treck fuhr aus der kalten Nacht in einen unfreundlichen Morgen, den Menschen fehlte Ruhe und Schlaf und warmes Essen!

 

Wie elektrisiert nahmen die Menschen die Nachricht des Kundschafters auf, es sollte tatsächlich nur noch ein, zwei Tage dauern, dann hätten sie den Pass hinter sich gebracht!

Neue Energie trieb die Menschen jetzt vorwärts, der Pass neigte sich mehr und mehr, so das die Wagenlenker ihre Fuhrwerke stark abbremsen mussten.

Am nächsten Tag öffnete sich der enge Pass und die Menschen sahen mit Tränen in den Augen in eine weite grüne Ebene.

Die Menschen aus Cameedor mussten noch eine ungemütliche Nacht in den Felsen des Gebirges kurz vor der grünen Ebene verbringen, erst im Laufe des neuen Tages rumpelten die Fuhrwerke aus dem Pass und rollten dann in das flache Land.

Sooler und seine Kundschafter hatten bereits die nähere  Umgebung erforscht und einen angenehmen Lagerplatz gefunden.

 

Die Tiere liefen erleichtert aus den Geschirren in das frische grüne Gras.

Alka-An gab bekannt, dass sie hier einige Tage verbringen werden, um sich gründlich zu erholen.

 

Ferner musste natürlich viel repariert und ausgebessert werden.

Die Jäger schwärmten aus, die Menschen im Lager brauchten frische Vorräte.

Ein emsiges Treiben entwickelte sich in dem Lager, jeder hatte etwas zu tun.

Einige Männer brachten eine Menge Fisch aus dem nahen Fluss ins Lager und Frauen machten sich sofort daran, einen großen Teil davon durch räuchern haltbar zu machen.

Die Jäger kamen mit reicher Jagdbeute zurück und langsam verschwand die Anspannung der letzten Tage.

Die Zauberkünste

Sooler erklärte Alka-An, dass ihnen auf dem direkten Weg nach Süden wieder ein mächtiges Gebirge im Wege steht.

Sie könnten sich diese Plackerei ersparen, in dem der Treck drei vier Tage lang nach Westen ausweicht. Danach hätten sie einen freien Weg durch ein flaches Land nach Süden.

 

Alka-An gab beim Abendessen bekannt, dass sie mit dem neuen Mond weiterziehen wollen.

 

Alka-An erklärte den Menschen, dass sie die ersten Tage nach Westen fahren, um sich die Überquerung eines weiteren Gebirges zu ersparen.

Sobald sie an dem Gebirge vorbei gefahren sind, biegen sie wieder direkt nach Süden ab.

Verständnisvoll nickten Alka-Ans Gefährten zu den Erklärungen, die Umgehung des Gebirges war für alle angenehmer.

 

Das Lagerleben hat eine ruhige und gelassene Routine erreicht, von der einen und andere jungen Frau hörte man ein leises Lied, auch klang wieder fröhliches Lachen auf.

Die Schrecken der letzten Tage und Wochen lagen weit hinter ihnen.

 

Zum Abendessen kamen wieder alle an den Küchenwagen zusammen und etwas überraschend bat Sotates um Gehör, er stand etwas erhöht auf einer Holzkiste, links von ihm stand Owithan und rechts Tretikow und Pettrinor. Alle schauten erwartungsvoll zu dem von allen sehr geschätzten Gelehrten und zu den anderen Männern.

 

Sotates sprach die Menschen mit seiner ruhigen und angenehmen Stimme an: „Viele von euch kennen mich schon aus Cameedor, viele lernten mich während unserer langen gemeinsamen Reise kennen. Wir haben zusammen viel schönes, aufregendes, aber auch furchtbares erlebt.“

Er sah seine Zuhörer aufmerksam an und fuhr dann fort: „Für Owithan, Tretikow, Pettrinor und mich war sicherlich das erreichen des Mirakels der absolute Höhepunkt dieser Reise. Wir vier haben in den hinter uns liegenden Tagen und Wochen unsere Erfahrungen unter einander ausgetauscht und akribisch wissenschaftlich ausgewertet. Wir haben einige erstaunliche Dinge erfahren und festgestellt, wir sind uns sicher, dass die Magie aus dem und mit dem ungeheureren Wissen lebt, dass unter anderem das Mirakel birgt und hütet. Es gibt sicher noch mehrere dieser Orte, verstreut in allen Herren Länder, die meisten unauffindbar für uns und verloren für alle Zeiten. Aber wir konnten einige Zauber aktivieren, der eine oder andere ist sogar sehr brauchbar für uns.“

 

Und mit diesen Worten trat Owithan einen Schritt vor, streckte seine Arme gerade von sich, murmelte einige unverständliche Worte und ein erstauntes, auch erschrecktes ah und oh kam von den wie gebannt auf Owithan schauende Zuhörer.

 

Über das ganze Lager wölbte sich eine Kuppel aus flirrendem blauem, rotem und gelbem Licht!

Owithan trat bescheiden wieder einen Schritt zurück und Sotates ergriff erneut das Wort: „Dieser Zauber kann uns vor Angreifern schützen! Wir müssen zwar immer noch sehr vorsichtig sein, weil wir die Wirkung des Zaubers und seine Stärke noch nicht einschätzen können!“

 

Wiederum trat Owithan vor, das bunte Licht des Zaubers verschwand, statt dessen flogen aus Owithan geöffneten Händen Feuerbälle, die weit vom Lager entfernt auf den Boden prallten und in einem grellen aufblitzen eine große Fläche verbrannten.

 

Barthin ging höchst interessiert sofort zu Owithan und fragte den Mann intensiv nach dieser Waffe.

 

Sehr konzentriert sprachen die beiden Männer mit einander, Owithan schüttelte mehrmals wie bedauernd mit seinem Kopf und etwas enttäuscht ging Barthin zu Kuman zurück.

 

Sotates meldete sich wieder zu Wort: „Freunde, wir haben auch etwas sehr praktisches heraus finden und aktivieren können.“

Der Gelehrte drehte sich um und zog einen Sack vor die Holzkiste, er öffnete den Sack, griff hinein und holte eine Handvoll Getreide heraus. „Kennen wir alle? fragend schaute Sotates in die Runde, alle bestätigten ihr Wissen um das Getreide.

 

Sotates trat einen Schritt zurück, machte einige merkwürdige Gesten, murmelte leise vor sich hin und langsam formte sich ein zweiter Sack!

Sotates zeigte den umher stehenden Menschen lächelnd das Korn aus dem herbei gezauberten Sack, eine Frau trat vorsichtig zu Sotates, sah den Gelehrten an, der forderte die Frau freundlich auf und sie griff mit ihrer Hand in den Sack und holte das gleiche Korn hervor!

 

Unbeschreiblicher Jubel klang auf, jetzt hatten die Nahrungsprobleme endlich ein Ende!

Einer der Jäger brachte ein frisch erlegtes Wildbret zu Sotates,

Owithan trat zu dem Jäger und der verblüffte Mann hielt ein zweites Wildbret in der Hand.

 

Barthin trat abermals zu Owithan und stellte an ihm ein paar schnelle Fragen. Owithan hörte sehr aufmerksam zu, schüttelte wieder verneinend mit seinem Kopf: „Nein, leider funktioniert dieser Zauber der Verdoppelung nicht bei Waffen, wir sind uns sicher, dass diese Möglichkeit bewusst ausgeklammert wurde.“

 

Tröstend klopften Barthin die umstehenden Männer auf die Schultern, als wollten sie ihm sagen, wird schon noch werden.

 

Frauen und Männer brachten jetzt ununterbrochen knapp gewordene Lebensmittelvorräte zu Sotates und Owithan, die Küche freute sich über den aufgestockten Vorrat an Gewürzen und Kräutern und die Heilerinnen sahen erleichtert, wie die beiden Männer ihre Salben, Tinkturen und Heilkräuter verdoppelten.

 

Ihre Vorräte waren durch die vielen Kämpfe besorgniserregend zusammen geschmolzen. Es wurde noch ein langer Abend, bis Sotates und die anderen Männer alles gezeigt und erzählt hatten.

 

Am nächsten Morgen versuchte Owithan und Sotates mit Hilfe von Tretikow Ersatzräder für die Fuhrwerke zu schaffen, was allerdings gar nicht oder nur mit sehr seltsamen Gegenständen gelang.

Die Zuschauer krümmten sich vor lachen und Sotates und Owithan machten, nachdem sie festgestellt hatten, dass sie Räder nicht schaffen konnten, sich ihren Spaß daraus, ihre Gefährten ein wenig mit ihren Zauber zu unterhalten.

 

Alka-An wischte sich die Tränen aus den Augen, die ihm vor lauter lachen über das Gesicht liefen.

Auch Bythia japste vor lachen nach Luft.

Es wurde ein sehr heiterer, ja ausgelassener Tag, Sotates sah sich zufrieden um, die Menschen hatten die zurück liegenden Abenteuer etwas verdrängen können,

jetzt konnten sie mit frischem Schwung ihre Reise fortsetzen.

Die ersten begannen, ihre Sachen zusammen zu packen, die Fuhrwerke wurden beladen.

 

Am nächsten Morgen wurde nach dem Frühstück das Lager angebrochen und Alka-An zeigte nach Westen.

 

In ausgesprochen guter Laune setzte sich der Treck in Bewegung, sie kamen gut voran, der Boden war fest und eben, das Wetter war angenehm und die Tiere fanden genügend frisches Gras.

 

Die Gebirge auf  beiden Seiten dehnten sich nach Norden und Süden und gaben die Ebene frei.

 

Nach vier Tagen erreichte der Treck das Ende des links von ihnen liegende Gebirges erreicht und am nächsten Morgen fuhr der Treck direkt nach Süden.

Die Ebene war endlos, sie verlor sich in dem fernen Horizont, keinerlei Anhaltspunkte in der Landschaft, nur flachen und trockenes Land.

 

Das harte Gras, dass die Tiere nur widerwillig grasten, wiegte sich unablässig in dem aus Osten kommenden, ständig wehenden Wind.

Weit und breit keine Spur von Leben, kein Dorf, keine Ansiedlung war zu sehen, noch nicht mal eine Rauchfahne eines Lagerfeuers.

 

Mit viel Glück fanden die Kundschafter einen Lagerplatz mit einem kleinen Wasserloch.

Brüllend vor Durst rannten die Tiere zum saufen, die Menschen mussten lange warten, bis sich das Wasserloch wieder etwas gefüllt hatte.

 

In dem weiten, endlosen flachen Land, nur selten von kleinem Buschwerk unterbrochen, fanden die Jäger nichts Jagdbares. So mussten sich die Menschen mit einem Essen aus ihren Vorräten begnügen.  

 

Sooler führte den Treck jetzt genau nach Süden, das Wetter wurde merklich wärmer, noch immer fuhr der Treck durch das flache, eintönige Land.

Es waren keinerlei Landmarken zu sehen, das Land verschmolz verschwommen mit dem weiten Horizont. Fast gleichgültig trotteten die Menschen neben den Fuhrwerken, sie sehnten sich beinahe nach etwas Abwechselung und Aufregung, dieses langweilige Land nervte alle.

 

Nach vielen Tagen weiter zeigte sich das Land immer noch unverändert, gleichförmig bewegte der Wind das Steppengras, das sich in langen Wellen wiegte.

Die Tiere fraßen dieses trockene und harte Gras immer noch sehr unwillig.

Erfreulich war nur, dass die Kundschafter immer einen Lagerplatz mit einer, wenn auch oft, sehr kleinen Wasserstelle fanden.

 

Nach zwei weiteren langweiligen Tagen brachten die Kundschafter eine höchst erfreuliche Nachricht, vor ihnen liegt ein großer See, ein sehr großer See, vielleicht gar ein Meer?

Die Nachricht brachte den Menschen neuen Schwung und selbst die Zugtiere schienen zu spüren, dass da am Horizont etwas Neues auf sie wartet!

 

Zur Abwechselung trug eine kleinere Büffelherde bei, die parallel zu dem Treck in Sicht kam. Schnell waren die Jäger in den Sätteln ihrer Pferde und jagten dem Frischfleisch entgegen.

Kopfschüttelnd sah Alka-An Bythia inmitten der Jäger ebenso laut schreiend auf die Büffelherde zu reiten! Die Jäger erlegten die Anzahl der Tiere, die sie benötigten, häuteten sie und brachten Fleisch und die begehrten Felle zum Treck.

Lachend stürmte Bythia auf Alka-An zu und warf ihm das frisch gehäutete Büffelfell zu: „Damit du im nächsten Winter weniger frierst!“

Lachte fröhlich und weg war sie.

 

Wenig später erschien sie wieder bei Alka-An, frisch gewaschen und mit neuen Kleider angetan, jetzt wieder ganz Frau, nichts war mehr von der wilden Jägerin zu spüren.

Alka-An nahm seine Bythia Kopfschüttelnd in seine Arme: „Was habe ich mir für eine Frau ausgesucht!“ stöhnte er gespielt entsetzt,

Bythia reagiert sofort: „Einer von uns muss sich ja um die alltäglichen Dinge kümmern.“

„Du hast ja so recht und jetzt lasst uns endlich essen gehen:“ Bythia hakte sich bei Alka-An unter und ging mit ihm den herrlichen Bratenduft entgegen.

Herum albernd wie zwei kleine Kinder erreichten sie den Küchenplatz und reihten sich in die wartenden Menschen ein.

 

Der Treck fuhr weiter nach Süden, auf den See zu, das Land blieb flach, trostlos, öd.

 

Barthin kam zu Alka-An und zeigte ihm noch ziemlich fern, eine kleinere Reitergruppe, vielleicht zehn, fünfzehn Reiter.

Die Reiter blieben weiterhin in einem gehörigen Abstand, so dass Alka-An von irgendwelchen Maßnahmen absah, Barthin aber empfahl, sehr wachsam die Reiter beobachten zu lassen.

Der Treck wurde den ganzen Tag von den Reitern begleitet, bis sie zum späten Nachmittag urplötzlich verschwunden waren.

 

Das plötzliche Verschwinden der Reiter löste nervöses Erstaunen im Treck aus, wo konnten sie in diesem flachen Land so schnell ein Versteck gefunden haben?

Barthin machte Alka-An den Vorschlag, einen Trupp Reiter dieses mysteriöse Verschwinden aufklären zu lassen.

Alka-An war damit einverstanden: „Ich reite mit, wir müssen dabei sehr aufmerksam vorgehen, es kann auch um eine Falle handeln.“

 

Barthin und Kuman bereiteten den Spähtrupp sehr sorgfältig vor, sie suchten sich erfahrene Krieger aus, überprüften die mit geführten Waffen.

Alka-An war zufrieden mit dem Trupp, er sah erfahrene, aber besonnene Krieger, gut bewaffnet auf schnellen Pferden, ein Krieger hielt einige Pferde als Ersatz an den Zügeln.

Barthin gab das Zeichen zum Aufbruch, Alka-An drehte sich nach einiger Entfernung zum Lager um, erleichtert sah er, dass Owithan den Schutzschild über das Lager geschaffen hatte.

 

In einem lockeren Trab führte Barthin die Krieger in den fernen Horizont, wo die unbekannten Reiter verschwunden waren.

 

Alka-An wurde schon unruhig, war es wirklich so weit bis zu der Stelle entfernt gewesen, an der die unbekannten Reiter verschwunden waren?

Kuman konnte Alka-An beruhigen, einer der Kundschafter hatte die Spuren der Reiter entdeckt.

Jetzt ritten die Männer um Alka-An noch wachsamer der Spur folgend weiter.

 

Unmerklich senkte sich der Boden und der Spähtrupp ritt in eine kleine Senke, hier wuchsen ein paar Büsche und armselige Bäume, in deren Schutz sah Alka-An das Lager.

Teilnahmslos sahen die Menschen im Lager den Fremden entgegen, ausgemergelte Gesichter sahen zu den Reitern hoch, selbst die Männer, die der Treck wohl als Reitertrupp gesehen hatte, machten keine Anstalten einer Verteidigung.

 

Apathisch saßen und lagen die Menschen auf dem Boden, Alka-An dämmerte es, diese Menschen litten Hunger, furchtbaren Hunger und wahrscheinlich auch noch Durst!

Alka-An suchte in seinen Satteltaschen nach essbarem, er hatte immer etwas Dörrfleisch und Brot dabei. Er reichte beides mit seiner Trinkflasche einer Frau. Ungläubig sah die Frau Alka-An an, Alka-An nickte der Frau auffordernd zu.

 

Die anderen Männer aus dem Spähtrupp machten es Alka-An nach und gaben ihr Essen und ihr Wasser an die Menschen im Lager.

Alka-An rief die Kundschafter zu sich: „Reitet zum Lager und sagt Bescheid, dass sie morgen hier her kommen sollen, wir müssen diesen Menschen schnell helfen!“

Die zwei Männer schwangen sich auf ihre Pferde und verschwanden in die herein brechende Dunkelheit.

 

Alka-An und seine Begleiter kümmerten sich so gut es ging um die halbverhungerten Menschen, sie verteilten das wenige Essen und Wasser, dass sie  mit sich führten, an die Menschen.

 

Einer der Soldaten aus der großen Stadt konnte sich mit den Leuten etwas verständigen. Mühsam erzählte der ausgemergelte Mann, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, dass sie, er zeigte auf das erbärmliche Häuflein Menschen, seit vielen Monden auf der Flucht vor einer Horde wilder Steppenreiter sind.

 

Die mordgierigen Krieger machen sich einen wilden Spaß daraus, sie wieder und wieder auf zu finden, hundsgemein zu quälen, danach verschwinden sie wieder und tauchen unvermutet Tage später wieder auf und die Quälerei beginnt von vorne!

Hier in dem Gebirge, er zeigte nach Osten und Norden haben sie dann wohl unsere Spur verloren, aber jetzt sind wir nicht mehr in der Lage, unsere Frauen und Kinder zu ernähren, wir haben keine Vorräte für den kommenden Winter anlegen können, unsere Zelte sind nur noch Fetzen genau wie unsere Kleidung.

 

Erschöpft setzte sich der klapperdürre Mann auf den Boden und nahm dankbar das einfache Essen entgegen.

Alka-An und seine Begleiter richteten so gut es eben ging, ein Nachtlager für die total erschöpften Menschen her und legten sich, nachdem die Wachen eingeteilt waren, auch zur Ruhe.

Nachdem die Menschen von der Anwesenheit der Soldaten aus der großen Stadt erfahren hatten, sahen sie nicht mehr ganz so ängstlich in den neuen Tag.

 

Als gegen Mittag der Treck zu sehen war, brach fast Panik in dem kleinen Lager aus, nur mit Mühe konnten die Menschen beruhigt werden.

 

 Als die Wagenlenker ihre Fuhrwerke kreisförmig um das Lager abstellten und eine Welle der Hilfe über sie herein brach, weinten viele aus Freude und Erleichterung.

Überall aßen die Menschen sich endlich mal wieder satt, zum Nachmittag rannten die Kinder schon lachend und spielend durch das Lager.

 

Der Soldat aus der großen Stadt hatte alle Hände voll zutun mit dem Übersetzen,

Alka-An erfuhr so von dem Ältesten unter vielem anderen auch, dass es Zeit wird, einen Platz zum überwintern zu finden.

 

Die Winter kommen hier in der Ebene schnell und urplötzlich und es wird bitterkalt. Alka-An sah den alten Mann etwas zweifelnd an, rings herum sah es noch wie Sommer aus!

Aber der Alte bedrängte Alka-An energisch, wir müssen weiter nach Süden, hier in dem flachen und ungeschützten Land werden wir nicht überleben!

 

Ein paar Tage später waren die Menschen von dem Treck aufgesogen worden, alle hatten ihren Platz gefunden und die spielenden Kinder brachten Freude unter die Menschen.

 

Alka-An und Bythia erkundigten sich bei allen, ob alles in Ordnung und geregelt sei und als sie es von allen Seiten bestätigt bekam, gab Alka-An bekannt, dass der Treck am nächsten Morgen weiter nach Süden aufbricht.

 

Sooler und seine Kundschafter schwärmten aus, von Alka-An hatten sie den Auftrag erhalten, vordringlichst nach einem geeigneten Platz für das Winterlager Ausschau zu halten.

 

Duner trieb den Treck unentwegt an, in einem ungewohnten Tempo rollte der Treck über das ebene Land gen Süden, noch schien die Sonne warm vom Himmel, aber große Vogelschwärme hoch am Himmel strebten unverkennbar nach Süden, ein sicheres Zeichen für den nahenden Winter.

 

Nach vielen Tagen rollte der Treck in eine noch tiefer gelegene Ebene und von den Kundschaftern erfuhren sie, dass sie nahe dem großen See sind.

 

Tatsächlich erreichten sie wenig später das Seeufer und alle staunten die große Wasserfläche an.

Der Alte bat Alka-An, weiter nach Süden zu fahren: „Fahrt an dem Seeufer weiter nach Süden, je weiter umso besser.“

 

 Noch ließ das Wetter eine problemlose Weiterfahrt zu und so trieb Alka-An seine Gefährten weiter und weiter nach Süden.

 

Jetzt spürten es alle, der Alte hatte recht mit seiner Eile, die Nächte wurden schon merklich kühler!

Endlich kam von den Kundschaftern die erlösende Nachricht, dass sie einen guten Lagerplatz gefunden hatten!

Sooler und seine Männer hatten wirklich einen guten Lagerplatz gefunden!

Unweit von dem See, geschützt von dichtem Buschwerk, das nach und nach in einem lichten Wald überging, fanden die Menschen einen ausreichend großen Platz mit festem Grund vor.

 

Alka-An wies seine Leute an, sich sofort an die Errichtung des Winterlagers zu machen, die Sorge des Alten machte ihn jetzt doch etwas unruhig.

 

Jetzt trugen die Erfahrungen aus den zurück liegenden Lagern ihre Früchte, routiniert gingen die Menschen an die Arbeit, neben der Errichtung des Lagers wurde Brennholz bevorratet, Frauen und Kinder sammelten die noch vorhandenen Früchte, Jäger brachten der Küche jeden Tag Jagdbeute, die aufgenommenen Menschen staunend über diese ungewohnte Betriebsamkeit.

 

Sie hatten ihre etwas fremdartig wirkenden runden und flachen Zelte auf dem ihnen zugewiesenen Platz aufgebaut.

 

Anschließend halfen sie den anderen, so gut sie es vermochten.

Immer wiederkehrend mahnten sie die Gefährten von Alka-An, ihre Zelte gut gegen die kommende Kälte auszustatten.

 

Bythia verteilte aus den Vorräten die großen Büffelfelle und die Bärenpelze, so wurde jedes Zelt eine kuschelige warme Unterkunft.

Der alte Mann hat sich durch das regelmäßige Essen und natürlich durch die Sicherheit, die die vielen Menschen ihm und seinem armseligen Rest von Dorfbewohnern boten, gut erholt. 

 

Unermüdlich war er auf den Beinen, sah sich jedes Zelt sehr genau und gründlich an und eines Abends sagte er dann endlich zu Alka-An, das sie jetzt für den Winter gut gerüstet seien und biss herzhaft in das Stück Fleisch.

Alle freuten sich mit ihm, er und seine Leute hatten viel und gut bei dem Lageraufbau geholfen.

 

Die Brennholzvorräte an jedem Zelt wirkten beruhigend, auch die Nahrungsvorräte waren, wenn auch nicht üppig, so doch ausreichend, den Rest tat Owithan dazu!

 

Es ist kalt geworden, alle holten sich ihr Essen an dem Küchenwagen und verschwanden schnell wieder in ihren warmen Zelten. Und dann erlebten sie den ersten Wintersturm, vor dem der Alte immer und immer wieder so eindringlich gewarnt hatte!

 

Der eisige Sturm ließ alles erstarren, presste den Menschen die Luft aus den Lungen und zog die Wärme aus den Zelten.

Der Sturm tobte tagelang über das Lager, das erste Zelt brach unter der Schneelast zusammen, dick vermummte Männer versuchten zu retten, was noch zu retten war.

Einmal draußen, verstärkten die Männer auch gleich noch die Unterkunft der Tiere, der Sturm hatte die Unterkunft schon beinah umgeblasen und der eisige Sturm blies den Tieren um die Ohren.

 

Dann mit einemmal war es still, so still, dass die Menschen erstmal nur vorsichtig ihre Köpfe aus den Zelten steckten. Nach dem Getöse des Sturmes war die Stille beinahe beängstigend.

 

Immer noch vorsichtig kamen die Menschen auf dem Platz vor den Küchenwagen zusammen. Die Schäden wurden festgestellt und die Männer machten sich an die Arbeit.

Alka-An erkundigte sich bei Owithan, warum er bei diesem heftigen Sturm nicht den Schutzschild über das Lager gelegt hatte?

Owithan erklärte Alka-An, dass der Zauber enorme Kraft kostet, deswegen wollte er den Zauber nur bei wirklicher Gefahr einsetzen.

Das Argument sah Alka-An auch sofort ein, so etwas wie einen Sturm schafften die Menschen aus eigener Kraft.

 

Mit dem dichten weißen Schnee bedeckt, wirkte die Ebene noch endloser als vorher, der Horizont verschwamm mit dem grauen, wolkenschweren Himmel zu einer Fläche.

Alka-An wurde es blitzartige klar, die Menschen mussten den langen Winter über beschäftigt werden, diese endlose Weite und Leere war gefährlich für alle!

 

So organisierte Alka-An zusammen mit Duner und Bythia Arbeiten für die Menschen, sie ließen ein großes Zelt zusätzlich errichten, in dem sich die Menschen treffen konnten.

Die Frauen stellten neue Kleidung her, die Männer versuchten es mit der Jagd.

 

Der zweite Sturm war noch heftiger als der erste Sturm, er brachte eine so furchtbare, eisige Kälte mit, dass die Baumstämme knallend auseinander platzten.

Jegliches Leben außerhalb der Zelte erstarb in dem Lager. Es wurde in den Zelten so kalt, dass die Menschen bei ihrem Nachbar zuflucht suchten, um diesen Sturm gemeinsam zu überstehen.

 

Tag und Nacht tobte der eisige Sturm über das Land und ließ es in Eis und Schnee erstarren und genauso plötzlich wie der erste Wintersturm, war der Sturm vorbei.

Die plötzliche Stille dröhnte den Menschen beinah schlimmer in den Ohren, als der Lärm des Sturmes. Sehr vorsichtig steckten die Menschen die Köpfe ins Freie, sie sahen nur weiße Schneemassen, die weiße Fläche zeigte kaum Konturen, so dass die Blicke der Menschen orientierungslos umher irrten.

Die ganz mutigen verließen die Zelte und sahen sich um Lager um. Größere Schäden waren vorerst nicht erkennbar.

 

Viele Männer machten sich daran, die Schneemassen beiseite zu räumen, damit wenigstens die Zelte erreichbar wurden. Erstaunlicherweise hatte das Vieh ohne Verluste den Sturm überstanden.

 

Aber die Kälte und die früh einsetzende Dunkelheit trieb die Menschen in die schützenden Zelte. Neben den von Alka-An und Bythia eingeteilten Arbeiten vertrieben sich die Frauen und Männer die Zeit mit Geschichten erzählen.

 

Gerne wurden immer wieder die alten Geschichten aus der guten alten Zeit der weiten Ebene erzählt. Die Geschichten griffen sogar bis in die Anfänge der weiten Ebene zurück, wie ihre Ahnen durch eine unvorstellbare Trockenheit ihre Heimat verloren, wie sie sich auf den Weg nach Norden machten, auf der Suche nach einer neuen Heimat.

 

Die Menschen machten es sich in den Zelten so gemütlich wie möglich, kuschelten sich in dicke Decken und Felle und hörten den Erzählern zu.

Die alten Geschichten

Der Erzähler, ein großer, kräftiger Mann mit einer angenehm tiefen und ruhigen Stimme, wurde von den Zuhörern ab und an unterbrochen, weil sie auch das eine oder andere zum Besten geben wollten.

Dann wurde es still in dem Zelt, leise knackte das Holz im Feuer und die Schatten huschten hin und her.

 

Der Mann erzählte von dem riesigen Gebirge gleich am Anfang der langen Reise ihrer Ahnen, aus dem sie fast nicht heraus gefunden hätten.

Wie der Dorfälteste die Menschen immer und immer wieder vorwärts trieb, sie durch Wüsten und Urwäldern führte, wie sie nach Angriffen von wilden Tieren oder auch von Kriegern und Räubern schier verzweifelten und kurz vor dem aufgeben waren.

Sie verloren sich in einer unendlichen Wüste und waren kurz vor dem verdursten, als der Dorfälteste mit letzter Kraft auf einen Punkt zeigte, dort ist Wasser!

Der Punkt wurde durch ein schimmerndes blaues Licht markiert.

 

Der Erzähler wiegte etwas zweifelnd mit dem Kopf und stimmte den Zuhörern zu, die andere Versionen dieses Punktes der Geschichte kannten.

„Es ist zwar unsere Geschichte, aber es ist auch nur eine Geschichte“, der Mann lächelte freundlich in die Runde und fuhr dann fort, „auf jeden Fall schafften es unsere Ahnen auch noch durch den dichten Wald und erreichten das Ufer des großen Flusses.“

 

Sie lagerten einige Zeit an den Ufern des Flusses und wagten dann die Überquerung und erreichten die weite Ebene.

Unsere Ahnen fühlten sich in diesem Land sofort wohl, obwohl es doch so ganz anders war, als das Land in ihrer verlorenen Heimat.

Schnell entstanden die ersten Siedlungen, Dörfer entstanden, Kasernen wurden gebaut. In der weiten Ebene gab es immer genug Wasser, das Klima war angenehm, die Sommer nicht glühend heiß und die Winter mild, selten gab es mal etwas Frost und ein wenig Schnee.

 

Ein andere Mann meldete sich: „Und es war ein gut geschütztes Land, Im Westen. Norden und Osten türmten sich unüberwindbare Gebirge auf und im Süden schützte der große Fluss das Land.“

 

„So war es“, damit übernahm der Erzähler wieder das Wort, „Die Menschen legten Felder an, fanden Erz und bauten dafür Schmieden, um es verarbeiten zu können, sie fertigten Tonwaren an und räucherten die Fische aus den beiden Flüssen.“

 

Die zwei Flüsse, von Norden kommend, trennte die weite Ebene in drei fast gleich große Länder, so entstanden die Namen westliche, mittlere und östliche Ebene.

 

In der mittleren Ebene entstand das jetzt schon berühmte Muldendorf.

 

Die Menschen hatten die ersten Kontakte mit den Waldwesen, auch Elfen oder Elben genannt, leider aber auch die ersten Konflikte mit den Kleinwüchsigen oder Zwerge, wie sie auch genannt werden.

 

Eine Frau meldete sich: „Dann tauchten die ersten Bestien der wilden Horde auf und das beschauliche, unbekümmerte Leben in der weiten Ebene war verloren.“

 

„Ja, leider, die ersten Angriffe der wilden Horde änderte das Leben in der weiten Ebene schlagartig.

 

Jetzt wurden verstärkt Kasernen gebaut, die Schmieden fertigten Waffen ohne Ende und Männer wurden zu Soldaten.“

Der Mann schwieg in Gedanken versunken einen Moment, erzählte dann aber weiter.

„Die Menschen bauten die Katapulte, mit denen sie äußerst gefährliche Feuergeschosse abschießen konnten. Die Rüstungen der Krieger mussten unbedingt verbessert und verstärkt werden, sie bildeten nur einen ungenügenden Schutz gegen die Bestien.

 

Hier traten wieder die Waldwesen auf den Plan, sie zeigten den Menschen, wie sie verschiedene Metalle bearbeiten mussten, damit sie miteinander verschmolzen.

Die neuen Rüstungen waren hervorragend, die plumpen Waffen der Bestien konnten sie jetzt nicht mehr so schnell durch dringen.

 

Die Waldwesen halfen jetzt auch bei den Kämpfen gegen die Bestien, denn sie wussten, wenn die Menschen den Kampf verlieren, verlieren sie auch ihre Heimat.

 

Später kamen dann noch Kanonen dazu, gewaltige Festungen wurden hoch im Norden gebaut.

 

Die von der wilden Horde benutzten Pässe durch das östliche Gebirge wurden mit Felsgestein unpassierbar gemacht.

 

Aber jetzt griff die wilde Horde an mehreren Stellen aus dem nördlichen Gebirge kommend die weite Ebene an! Furchtbare Kämpfe waren die Folge, Dörfer brannten, viele Menschen starben.

 

Die aufmerksamen Zuhörer nickten, einige schliefen schon, der Erzähler machte Schluss und wünschte allen eine gute Nacht.

Eine jüngere Frau fragte noch, ob er denn morgen weiter erzählen würde, sie würde zu gerne etwas über den sagenhaften Fürsten Darkahr hören.

Freundlich nickte ihr der Mann zu und rollte sich in seine Felle.

 

Der neue Tag brachte auch wieder tief hängende graue Wolken, die das Land schier erdrückten, eisige Kälte ließ die Menschen schnell wieder die Zelte aufsuchen.

Das Lager lag wie ausgestorben

Nur die aller notwendigsten Arbeiten, wie das Vieh versorgen und Brennholz in die Zelte bringen, wurden erledigt.

 

Mittags huschten die Menschen zu den Küchenwagen und verschwanden mit ihrem Essen genau so schnell in ihre Zelte. Nur die sich leicht kräuselnden Rauchfahnen zeigten an, dass es noch Leben in der endlosen Schneewüste gab. 

 

Der Erzähler wurde schon erwartungsvoll von Frauen, Männern und Kindern angeschaut. Der Mann aß ruhig sein Essen, trank einen Schluck des dampfenden Getränks, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, setzte sich zurecht und begann: „Durch die ständigen Angriffe und Überfällen der wilden Horde und die nervenden Kämpfe mit den Kleinwüchsigen formten sich Frauen und Männer der weiten Ebene zu klugen Weisen, die die Menschen entschlossen führten, versorgten und beschützten.“

 

 Einige Kinder zeigten eifrig auf: „Ich kenne den Namen Orka-Thur.“

Und ich kenne den Namen des größten Fürsten: „Darkahr wurde er genannt!“

„Ich kenne Wothar und Liekar:“

„Ich weiß von Kethar und Odraat!“

„Kateene war auch eine Fürstin.“

 

Der große Mann hob seine großen Hände: „Ich stelle fest, ihr habt alle gut aufgepasst. Fürst Darkahr war ein sehr umsichtiger Führer, weit voraus schauend und planend.

Aber auch er konnte den letzten furchtbaren Angriff der wilden Horde nicht verhindern. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, mächtiger Festungen und einer dichten Verteidigungslinie, die die weite Ebene in alle vier Himmelsrichtungen schützte.

Die Bestien ergossen sich wie eine Geißel der Götter in die weite Ebene und machten alles nieder, tobten wie wahnsinnig unter den Menschen.

Kein Dorf, kein Gebäude hielt diesem wilden Angriff stand. Ob Frau, Mann oder Kind, ob alt oder jung, alles wurde grausam nieder gemetzelt.

 

Schnell brannte die weite Ebene von Norden bis tief in den Süden.

Den Menschen blieb nur noch die Flucht.

Darkahr hatte in weiser Voraussicht alles Menschenfür eine mögliche Flucht vorbereiten lassen und die geschlagenen Menschen verließen im Schutze der dunklen Nacht durch das Gebirge die weite Ebene.

 

Der Fürst war tief erschüttert, als er sah, wie wenige die Flucht geschafft hatten.

Die Soldaten verwischten ihre Spuren und legten falsche Spuren für die Bestien, falls diese die Fliehenden verfolgen sollten.

 

Die Brände in der weiten Ebene waren so schlimm, dass der Rauch der Feuer selbst aus dem Gebirge zu sehen war.

Nach einer langen mühsamen Suche fanden die Menschen eine neue Zuflucht in einem gut versteckten Tal in einem unbekannten Gebirge noch weiter hoch im Norden.

 

Der Erzähler sah, dass die ersten Kinder schliefen und leise murmelte er seinen Zuhörern zu: „Machen wir es den Kindern nach und legen uns zur Ruhe.“

 

In den frühen Morgenstunden wurden die Menschen durch ein fremdes, wildes Fauchen und Knurren geweckt. Vorsichtig steckten einige Männer ihre Köpfe aus den Zelten und schon klangen die warnenden Alarmrufe durch das stille Lager: „Raubtiere, das Lager wird von Raubtieren angegriffen!“

 

Die großen, Katzen ähnlichen Raubtiere waren nur schwer zu erkennen. Durch ihre fast weißen Felle, nur durch wenige schwache graue Streifen unterbrochen, hatten die Tiere eine hervorragende Tarnung.

 

Das Fauchen und Knurren der Raubkatzen wurde lauter gieriger, sie hatten die Tiere entdeckt!

Schon riss das erste Raubtier mit seinen starken Krallen Stofffetzen aus der Zeltwand.

Die Rinder und Pferde wurden unruhig.

 

Bevor jedoch das erste Raubtier in die Stallungen eindringen konnte, flog der erste Speer und durch bohrte das Raubtier!

 

Das zweite Tier wurde von Pfeilen durchbohrt und das dritte schleppte sich mit einem weiteren Speer in den Flanken schwer verletzt aus dem Lager.

 

Eine der Raubkatzen gab nicht auf, sie griff jetzt die Menschen an, die ihre Köpfe aus den Zelten reckten, Entsetzensschreie klangen auf und nur der beherzte Einsatz eines Soldaten verhütete schlimmeres.

 

Nur zwei verletzte Raubkatzen verließen das Lager, drei blieben tot im Lager liegen. Sooler und Barthin gingen vorsichtig zu den toten Tieren, griffen in das dichte Fell der Tiere und meldeten sofort ihren Besitz an.

 

Die anderen lachten, so hatte der Angriff auch noch sein Gutes!

Weitere wärmende Felle gegen die eisige Kälte.

 

Als die Menschen feststellten, dass keines ihrer Tiere verletzt worden war, gingen sie erleichtert daran, die entstandenen Schäden zu reparieren und die täglichen Arbeiten zu erledigen. Trotz der Kälte blieben Frauen und Männer in kleinen Gruppen vor den Zelten und sprachen über den Angriff der Raubtiere.

Mit der sehr früh einbrechenden Dunkelheit verschwanden dann doch alle wieder sehr schnell in ihre warmen Zelte.

 

Natürlich wurde auch in den Zelten noch über den Angriff gesprochen, aber dann wurde der Wunsch nach weiteren Geschichten aus der weiten Ebene laut, zu dem Erzähler hatte sich Sotates gesellt und so erzählten die beiden Männer abwechselnd die Geschichte der weiten Ebene und ihrem Fürsten Darkahr.   

 

Sotates begann mit dem erzählen, er schilderte die weite Ebene in leuchtenden Farben, beschrieb die Schönheit der Landschaft, das fruchtbare Land, die vielen dichten Wälder und kam dann zu Darkahr, der wohl berühmteste Fürst der weiten Ebene.

 

Hier übernahm der große Mann die Geschichte und erzählte mit leuchtenden Augen vom Fürsten Darkahr!

 

„Die große Festung war für Darkahr ein herrlicher Spielplatz, hier tobte er durch alle Gänge, Räume und Werkstätten. Trotz seiner manchmal heftigen Streiche hatte jeder den kleinen Wildfang gern.

Denn der Junge war auch hilfsbereit, freundlich und erledigte gerne kleine Botengänge.

 

Das liebste für Darkahr waren jedoch die Pferdeställe, Pferde waren sein ein und alles, er lernte  früh reiten. Aber wie alle Kinder weiten Ebene kam auch Darkahr in die Schule und die Umstellung von seinem bisherigen Leben zum Leben in die Ordnung der Schule fiel dem jungen Darkahr anfangs sehr schwer.

 

Aber er konnte bei seinem Onkel Att – Thur und seiner Tante wohnen, dass half ihm sehr, seinen Platz in der Schule zu finden. Er lernte gut und war sehr wissbegierig,

Lehrer und seine Schulkameraden mochten, weil er ruhig und hilfsbereit war.

 

Mitten in dieser ruhige Schulzeit platzte die Nachricht über einen weiteren Überfall der wilden Horde.

 

 Die Bestien konnten bis zur ersten Kaserne in der östlichen Ebene vordringen, bis sie von den Kriegern der weiten Ebene geschlagen wurden.

Hier fasste Darkahr schon den Entschluss, dass es ein endgültiges Ende mit der wilden Horde geben muss und er wird dafür sorgen.

 

Nach der Schule entschied sich Darkahr für eine militärische Ausbildung, er lernte alles über Strategie und Angriffstaktik, Waffen und Ausbildung von Rekruten.

Er eignete sich Kenntnisse über Befestigungsanlagen und Festungen an.

Er studierte intensiv die alten Schriften und gewann daraus wertvolle Erkenntnisse.

Aber er lernte auch alles über Landwirtschaft, Bevorratung von Nahrungsmitteln und der Planung von Verkehrswegen.

 

Der Dienst in der Kaserne war hart und kompromisslos, entweder schafften die Kadetten Ausbildung oder sie wurden nach Hause geschickt.

 

Darkahr hatte seine Ausbildung gerade beendet, als die Nachricht über einen Überfall der wilden Horde die Kaserne erreichte, es sollte der bisher schlimmste Angriff der Bestien werden, den die weite Ebene erleiden musste.

Die wilde Horde brach in drei breiten Bahnen aus dem östlichen Gebirge kommend, in die weite Ebene ein. Zusätzlich kamen die Bestien in unvorstellbaren Massen über den südlichen Fluss!

Diese riesige Horde vereinigte sich vor den östlichen Kasernen und griff diese in wilder Wut an.

Nur durch eine geschickte List von Darkahr konnte dieser Angriff von den Kriegern der weiten Ebene pariert werden.

Aber die Verluste waren gewaltig.

Nur langsam erholte sich die weite Ebene von diesem Angriff, beseitigte die Spuren und baute alles neu auf.  

Für Darkahr war es blitzartig klar geworden, dass jetzt eine endgültige Lösung her muss.

Noch so ein Angriff der wilden Horde und die weite Ebene war endgültig vernichtet.

 

Er ging zu den Weisen und machte ihnen klar, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, denn seit langem bekannten Vorschlag, die wilde Horde in ihrer Höhle zu vernichten, in die Tat umzusetzen.

 

Nach langen Debatten entschlossen sich die Weisen dazu, aber es sollte die gesamte Bevölkerung der weiten Ebene darüber abstimmen.

Reiter wurden los geschickt und sehr schnell kamen die Antworten, es stand fest, die wilde Horde musste vernichtet werden!

 

Darkahr stürzte sich mit vielen Helfern in die enormen Vorbereitungen.

Viele Kähne mussten gebaut werden, weil Darkahr den südlichen Fluss hoch fahren wollte, er wusste, dass die Höhle der Bestien in der Nähe des Flusses war.

Die umfangreichen Vorbereitungen fraßen die Zeit und so wurde es viel später, als Darkahr den Angriff geplant hatte.

 

Er hoffte inständig, dass sich die wilde Horde von ihrem letzten Überfall noch nicht zu sehr erholt hat, sonst könnte es schwieriger werden als sowieso schon eingeplant.

 

Endlich, endlich war es soweit, eine beruhigend große Flotte an Lastkähnen fuhr den Fluss hoch, sehr viele Reitersoldaten folgten am Ufer des großen Flusses.

Mit allen guten Wünschen versehen, machte sich die Streitmacht unter der Führung von Darkahr auf den Weg, die wilde Horde endgültig dem Garaus zu machen.

 

Die Fahrt den südlichen Fluss hoch verlief friedlich, das Land änderte sich, je näher sie dem Höllenloch der wilden Horde kamen.

Das Land wirkte ausgetrocknet, verbrannt und wie geschändet!

 

Darkahr ließ mit aller Vorsicht den Angriff vorbereiten.

Die Soldaten und die Kriegsmaschinen mussten an das andere Ufer gebracht werden, Schanzzeug und Reserve für alles benötigte.

 

Die Kundschafter meldeten, dass sich das Erdloch der Bestien erstaunlich ruhig verhält, nur ab und an verlässt mal ein kleinerer Trupp das Höllenloch und marschiert nach Osten oder Süden.

 

Die Angreifer aus der weiten Ebene konnten ungestört ihre Front aufbauen und schossen dann unerbittlich die Feuergeschosse in das Erdloch.

Schon bald schossen Himmel hohe Flammen aus dem stinkenden Loch, wütendes Gebrüll dröhnte aus dem Flammenmeer.

 

Müde reckten sich die beiden Erzähler: „Lasst es für heute genug sein, Zeit für unsere Nachtruhe.“

 

Der Winter hielt das Land weiterhin in seinen kalten Händen, nichts rührte sich, nichts bewegte sich, das Land rings um das Lager war wie erstarrt vor Kälte.

Wieder huschten die Menschen, wie schon die Tage zuvor, schnell durch das Lager, um die notwendigen Arbeiten zu erledigen, um genau so schnell wieder in die warmen Zelte zu verschwinden.

 

Sooler versuchte mit einigen Kundschaftern einen Erkundungsritt, kam aber schon am frühen Nachmittag völlig erschöpft und durch gefroren zurück.

Nichts als Eis und Schnee, keine Spur von irgendwelchem Leben! Die Menschen im Lager hörten die Nachricht und verkrochen sich, wo möglich, noch tiefer in ihre Zelte.

 

„Darkahr und seine Gefährten kehrten in Triumph in die weite Ebene zurück“, nahm Sotates den Faden wieder auf, „Die weite Ebene erlebte eine lange Zeit der Ruhe und des Friedens.“

 

„Und dann passierte doch das beinah unvorstellbare“, fuhr der große Mann fort, „als die weite Ebene in höchster Blüte stand und die Menschen Kleinwüchsige, die wilde Horde und alle anderen Sorgen nahezu vergessen hatten, erfolgte der Angriff der wilden Horde mit solchen Massen von Bestien, dass die weite Ebene von ihnen im wahrsten Sinne des Wortes überrannt wurde.

 

Die weite Ebene hatte nicht den Hauch einer Chance, obwohl alle tapfer und verbissen kämpften, obwohl die Bestien schlimme Verluste hinnehmen mussten, obwohl die Waldwesen aktiv in diesen furchtbaren Kampf eingriffen, die weite Ebene war verloren und nur wenige konnten sich dank der weisen Voraussicht von Darkahr überhaupt retten.“

 

„Wieder suchten die Menschen ein neues zuhause“, erzählte jetzt Sotates weiter, „Darkahr führte sie weiter und weiter nach Norden, bis sie ein verstecktes Tal in einem Gebirge hoch im Norden fanden.“

 

Sotates setzte sich bequemer zurecht und sprach weiter: „Der Eingang zu diesem Tal wurde mit großen Felsbrocken versperrt und fern ab von allem, begannen die Menschen, in dem fremden Tal ein neues zuhause zu schaffen. Mit eisernem Willen und großem Einsatz schafften die Menschen es tatsächlich, in dem Tal ein Dorf aufzubauen, sie bauten eine Töpferei, auch eine Räucherei kam dazu. Es folgten Schmieden und Kasernen und Reitställe.“

 

„Aber trotz allem fühlten sich die Menschen nie so richtig wohl und die Sehnsucht nach der weiten Ebene wurde immer stärker“, meldete sich eine Zuhörerin.

 

„Richtig, so schön das Tal in dem kurzen Sommer war, so furchtbar war der lang anhaltend kalte Winter, der die Menschen bis an die Grenze der Belastbarkeit prüfte. Und so entschlossen sich die Weisen, einen Trupp zur weiten Ebene zu schicken. Er sollte heraus finden, ob eine Rückkehr möglich ist.“

 

„Der Trupp kam zurück und meldete, dass die weite Ebene zwar völlig zerstört worden ist und dass die Spuren der entsetzlichen Schlacht allen Ortens noch sichtbar waren, aber es war ruhig und friedlich in dem Land. Selbst das Höllenloch der wilden Horde war ruhig, wie unbewohnt“, fügte ein Zuhörer ein.

 

„Orkaa-Thur aber war davon überzeugt, dass eine Rückkehr in die weite Ebene möglich war und die Menschen entschieden sich schnell für die Rückkehr.

Die Vorbereitungen wurden mit viel Schwung und Elan in Angriff genommen. Es verwunderte die Menschen immer wieder, welche enormen Ausmaße solche Reisevorbereitungen annehmen können.

Keiner wollte natürlich irgendetwas von seinem Hab und Gut zurück lassen.

So mussten viele Fuhrwerke zusätzlich gebaut werden, Vorratsbehälter und Transportkisten hergestellte werden.

Als dann der Tag der Abreise nahte, wurde doch der eine oder andere etwas wehmütig, das alles zurück lassen?

 

Sie hatten in dem Tal ein wirklich schönes und wehrhaftes Dorf gebaut, mit schönen Häusern und einem beeindruckendem Dorfzentrum, aber was soll es, die weite Ebene wartet auf uns!

 

Frohen Mutes machten sich die Menschen auf den Weg, sie mussten wieder einige Abenteuer bestehen, fanden in der großen Schlucht Menschen und erlebten mit dem ersten Erdbeben etwas völlig neues.

Kaum waren die Menschen in der weiten Ebene angekommen, begann schon der Ärger mit den Kleinwüchsigen!

Mitten in der hellsten Aufregung kamen einige Waldwesen dazu und boten ihre Hilfe an.

Die Felsentore der Kleinwüchsigen wurden von ihnen versiegelt und damit kehrte endlich Ruhe in die weite Ebene ein.

 

Sotates lächelt in die Runde seiner Zuhörer: „Und wir legen uns jetzt auch zur Ruhe. Morgen ist auch noch ein Tag.“

 

Zum Ende der Nacht erhob sich ein Sturm, der stark und wild über das Land tobte und das Lager  mit Schneemengen zu deckte wie nie zuvor.

Er presste den Menschen die Luft aus den Lungen, die ihre Zelte verlassen wollten, um nach den Tieren zu sehen und Essen zu holen.

Die Schneemassen verhinderten jeden Durchgang und so machten die Menschen das Beste daraus. Sie dichteten ihre Zelte sorgfältig ab und  machten es sich gemütlich darin.

 

Der Sturm tobte drei Tage mit einer furchtbaren Gewalt über das Land, als wenn er allen zeigen wollte, dass der Winter noch lange nicht vorbei ist.

 

Dann war Ruhe, die plötzlich Stille war wieder genauso unheimlich, wie bei den anderen Stürmen.

 

Sehr vorsichtig wurde der Schnee vor den Zelten weg geräumt, die ersten Frauen und Männer traten aus den Zelten und schauten in einem strahlend blauen Himmel!

Die Temperatur ist merklich gestiegen und mit Hurra gingen die Männer daran, die Schneemassen zu entfernen, die Sonne lockte natürlich alle aus den Zelten und mit vereinten Kräften war der Schnee bald aus dem Lager fort geräumt.

 

Die Kinder rannten wie von Zentnerlasten befreit wie die Verrückten zwischen den Zelten herum und selbst die Tiere genossen die neue Bewegungsfreiheit.

 

Aber der absolute Höhepunkt war die Geburt eines Kindes, stolz und freudestrahlend kamen die Eltern mit dem Neugeborenen zu Alka-An und Bythia und machten den beiden klar, dass ihr Sohn den Namen Alka-An erhalten hat.

 

Stolz wiegte Alka-An seinen kleinen Namensvetter hin und her und Bythia freute sich mit ihm.

 

Alle konnten es spüren und merken, der Winter hatte verloren, die Sonne wurde wärmer und der Schnee schmolz dahin.

 

Als die ersten Bodenflächen zum Vorschau kamen, kam Aufbruchsstimmung auf.

Das Lager summte und brummte wie ein Bienenstock, die Menschen waren nach dem langen Winter Energie geladen und voller Tatendrang.

 

Sooler und Alka-An suchten den Dorfältesten auf und erkundigten sich nach dem Vorlauf ihres Weges entlang an den Ufern des Meeres.

„Wir werden noch viele Tage an den Ufern des Meeres nach Süden fahren, bevor wir nach Westen abbiegen können. Am südlichen Ende des Meeres erreichen wir ein großes Gebirge, dort müsst ihr euch entscheiden, ob ihr durch das Gebirge weiter nach Süden wollt oder dicht am Ufer des Meeres nach Westen!“

 

Die Männer besprachen noch lange das für und wider und einigten sich dann darauf, die Entscheidung zu treffen, wenn der Treck das Ende des Meeres erreicht hat.

 

Der Älteste bedankte sich noch mal bei Alka-An für die Aufnahme seiner Leute, er stehe für immer in tiefer Schuld. Freundlich wehrte Alka-An ab: „Jetzt gehört ihr zu uns!“

 

Es dauerte dann doch noch eine ganze Mondreise, bis die Sonne den Schnee geschmolzen hatte und das erste Grün zu sehen war.

 

Sooler meldete Alka-An, dass einer Weiterfahrt nichts mehr im Wege steht.

Das Land vor ihnen ist weiterhin flach und gut befahrbar.

 

Alka-An fragte die Wagenlenker, erkundigte sich bei Duner und als alle bereit waren, gab Alka-An bekannt, dass die Abreise mit der dritten Sonnenreise starten soll!

Die ersten Fuhrwerke wurden beladen, alles was nicht mehr benötigt wurde, packten die Menschen zusammen.

Am Vorabend der Abreise standen die Fuhrwerke hochbeladen abfahrtbereit im Halbkreis und umschlossen dadurch die Zelte.

Das Abendessen wurde durch einen, mit lautem Gebrüll, vorgetragenen Angriff einer Gruppe Steppenreiter empfindlich unterbrochen!

 

Alka-An sah das Entsetzen in den Gesichter der von ihnen aufgenommenen Menschen! Es war wieder diese Gruppe Steppenreiter, von denen sie über viele Monde so furchtbar attackiert worden sind!

 

Alka-An konnte sie beruhigen, er hörte schon das Schnarren der Bögen und hörte die Schmerzensschreie der Angreifer.

Wild wieherten die getroffenen Pferde und die Schwerter fuhren mit einem pfeifenden Geräusch in die Leiber der Angreifer.

Der Angriff war schon vorbei, bevor Alka-An in das Geschehen eingreifen konnte.

 

Er sah nur noch, dass einer der Angreifer in wilder Flucht entkommen konnte, sofort machten sich einige Soldaten an die Verfolgung, aber Alka-An winkte ab: „Lasst es gut sein, der hat sicher genug.“

 

Der Angriff ging für die Menschen in dem Lager glimpflich aus, es waren nur zwei leicht Verwundete zu versorgen.

 

Die Nacht verbrachten die Menschen etwas unruhig, auch Alka-An stand mehrmals auf, um nach den rechten zu sehen, Bythia schlief wie ein Murmeltier.

 

Schon mit den ersten Sonnenstrahlen wurde das Lager munter.

Schnell waren nach dem Frühstück die Zelte abgebrochen und auf die Fuhrwerke verstaut worden.

Alka-An schaute sich um und gab das Zeichen zum Aufbruch.

Der Treck fuhr in Sichtweite zum Mer nach Süden, das Land änderte sich kaum, selten nur waren mal ein paar Büsche, flaches Gebüsch oder ein paar kümmerliche Bäume zu sehen.

 

Auf dem Meer waren noch dicke Eisschollen zu sehen, die gegen Süden trieben.

Für höchste Heiterkeit sorgten ein paar Vögel auf einer wohl schon ziemlich abgetauten Eisscholle. Sobald sich alle Vögel auf diese dünne Eisscholle nieder ließen, kippte diese und unter empörten Gekrächze flogen die Vögel hoch.

Diejenigen, die nicht schnell genug reagierten, rutschten ins Wasser und platschten heftig mit den Flügeln.

 

Alka-An lachte genau wie alle anderen auch über die tollpatschigen Vögel, er war sich sicher, dass die Tiere auch ihren Spaß daran hatten, sonst würden sie doch einfach davon fliegen.

 

Und dann entdeckte Bythia den Grund, die Vögel schnappten nach Fischen!

Nach dem dritten Tag suchte Sooler Alka-An auf und berichtete ihm, dass er mit den Kundschaftern weit nach Süden vorgestoßen sei.

Der Älteste hatte Recht, das Gebirge im Süden hat gewaltige Ausmaße!

Von majestätischen Gipfeln gekrönt, stellt es sich als eine riesengroße Barriere jedem in den Weg.

 

Alka-An grinste Sooler etwas gequält an: „Von Gebirgen habe ich eigentlich erstmal genug. Gibt es keine Möglichkeit, dem Gebirge auszuweichen?“

Sooler antwortete bedächtig: „Die einzige Möglichkeit für uns wäre der Seeweg.“

 

Überrascht sah Alka-An Sooler an: „Über das Meer? Wir haben keine Schiffe.“ „Wir müssten uns genügend Flöße bauen, wenn wir mit den Flößen nahe dem Ufer bleiben, bleibt das Risiko gering und es ist ein Binnenmeer, da dürften Stürme eher selten sein.“

 

„Das stimmt wohl, aber es ist ein sehr großes Binnenmeer. Wir wissen nicht, wie lange wir mit den Flößen unterwegs sein werden und was auf dem Wasser alles passieren kann.“

„Das wissen wir aber hier auf dem Land auch nicht“, Sooler grinste Alka-An etwas neckend an.

„Das stimmt, also fragen wir unsere Gefährten und entscheiden dann“, lachte Alka-An Sooler an.

 

Die Entscheidung fiel während des Abendessens schnell, die meisten kannten die bequeme Art, sich auf dem Wasser zu bewegen und waren sofort für den Wasserweg!

 

Es schien Alka-An, als bewegte sich der Treck am nächsten Morgen schneller gen Süden, als die Tage zuvor. Die Männer und Frauen konnten es wohl gar nicht abwarten, wieder etwas Neues in Angriff zunehmen! Denn das Land, durch das sie fuhren, blieb wirklich schrecklich langweilig, kein Auge fand in dieser endlosen Weite etwas Interessantes.

Selbst die Büffelherden ließen sie im Stich, was Bythia sehr bedauerte.

Alka-An lachte schallend über das betrübte Gesicht seiner Begleiterin.

 

Ganz mutige Frauen und Männer versuchten ein Bad in dem Meer zu nehmen, was sie aber ganz schnell sein ließen, das Wasser war noch saukalt!

 

Unter lautem Gelächter voller Schadensfreude von den Zuschauern, kamen die verhinderten Schwimmer bibbernd aus dem kalten Wasser ans Ufer zurück.

 

Von den Kundschaftern erfuhr das Lager, dass sie noch vier Tage bis zum Ende des Meeres benötigen, dann erreichen sie einen guten Lagerplatz, mit allem, was sie benötigen.

 

Krachend schlugen die Äxte in die Bäume, Baum für Baum wurde gefällt und an das Ufer des Meeres gebracht.

Dort wurden die Baumstämme sofort entsprechend bearbeitet und zu dem ersten Floß zusammen gefügt. Einige Frauen und Männer sahen erstaunt zu, diese Arbeit kannten sie gar nicht!

 

Auf dem Floß wurde aus Ästen Halterungen für die Tiere angebracht und schon wurde das zweite Floß in Angriff genommen.

Die geeigneten Baumstämme mussten immer tiefer aus dem Wald geholt werden, Alka-An schaute etwas besorgt in den schon sehr gelichteten Wald, die Flöße benötigten viel Holz.

Duner konnte ihn beruhigen, der Wald hat noch genügend Bäume für unsere Flöße! 

 

Nach dem halben Mond lag schon eine beachtliche Menge fertiger Flöße am Ufer, einige lagen auch schon im Wasser, beladen mit Sachen, die erst wieder im nächsten Winter benötigt wurden.

Die Männer brauchten doch tatsächlich mehr als eine Mondreise, um alle benötigten Flöße anzufertigen.

 

Aber dann war es soweit, die Flöße wurden beladen und die fuhren in Richtung Westen los und alle sahen erleichtert zu dem vorbei gleitenden Gebirge hinüber, froh, dass sie sich diese Strapazen ersparen können.

 Sooler erhielt einige anerkennende Worte.

Das Gebirge reichte bis an die Ufer des Meeres, schroff wuchteten sich himmelhohe Felswände auf und versperrten jeden Zugang.

So kam es, das die Menschen die erste Nacht auf den Flößen verbringen mussten.

Alka-An ließ immer vier Flöße zu einem Verbund zusammen binden und alle Flöße mussten Fackeln anzünden.

 

Das Meer blieb ruhig und die Menschen sahen einen fantastischen Sonnenaufgang

 

Das Gebirge versperrte den ganzen Tag über einen Zugang ans Land.

Das beunruhigte die Menschen auf den Flößen nicht weiter, sie schwammen ja in Trinkwasser! Für ausreichend Nahrung für Mensch und Tier war gesorgt worden und was fehlte, ergänzte Owithan schnell.

 

Für die dritte Nacht fanden die Flößer einen schmalen Küstenstreifen, an dem sie die Flöße anlanden konnten.

Erleichtert und fröhlich vertraten sich Männlein wie Weiblein die Füße, schnell waren die Tiere an Land gebracht, die versuchten dann das etwas spärliche Gras und Gebüsch zu fressen.

 

Feuer brannten und die Küche zauberte ein leckeres Essen.

Es wurde ein friedlicher und sehr fröhlicher Abend, die Sterne funkelten am nachtschwarzen Himmel und einige Frauen sangen Lieder.

 

Am nächsten Morgen wurde das Vieh auf die Flöße verbracht und die großen Ruder trieben die Flöße in das Wasser und weiter nach Westen.

Der Uferverlauf zeigte erst einen leichten Knick nach Süden an, um dann später nach Nordwesten zu weisen. Sooler zeigte Alka-An, dass sie unbesorgt den Uferverlauf folgen können, das gegenüber liegende Ufer des Meeres müsste genau im Westen liegen!

 

In dem linker Hand liegenden Gebirge war kein Leben zu entdecken, weder Mensch noch Tier lebte wohl in dieser trockenen Steinwüste, nicht mal Pflanzen waren zu sehen.

Dafür entdeckte ein Soldat auf einem der vorderen Flöße ein Schiff querab von ihnen im Norden.

Das Schiff wurde von allen angestaunt, da es eine sehr seltsame und für alle unbekannte Bauweise aufwies!

 Eine Weile fuhren die Flöße mit dem Schiff einen Parallelkurs, bevor das Schiff seinen Kurs änderte und über die Kimm verschwand.

 

Endlich zeigte das Gebirge einen Tal Einschnitt, aus dem ein schmaler Fluss ins Meer mündete.

Die Flöße steuerten das Ufer an, was durch den flachen Sandstrand sehr erleichtert wurde.

Ausgelassen tobten Mensch und Tier in dem frischen Grün und schon spritzte das Wasser des Flusses auf, Frauen und Männer wuschen sich in dem kühlen Wasser, die Kinder tobten eher darin herum.

 

Später saßen alle beim Essen, als die Erde plötzlich vibrierte, Geschirr fiel von den Tischen, Gefäße zerbrachen.

Zuerst waren alle starr vor Schrecken, sprangen dann aber auf und sahen, dass sich große Gesteinsbrocken aus den hohen Felswänden lösten.

Alles wackelte, das Vieh brüllte und rannte in Panik wie verrückt herum.

Alka-An schrie an das Chaos hinein: „Alles sofort auf die Flöße und weg vom Ufer!“

Krachend polterte der erst Felsbrocken aus der Höhe herunter.

 

Blitzschnell waren Menschen und viel Vieh auf den Flößen und ruderten so schnell wo möglich vom Ufer weg.

 

Entsetzt sahen die Menschen auf den Flößen, wie ganze Berge zusammen brachen und mit Donnergetöse in das Tal stürzten. Die in das Meer fallenden Felsbrocken lösten heftige Wellenbewegungen aus, die nur mit höchster Konzentration bewältigt wurden.

So sahen nur wenige von den Flößen aus, wie ein weiterer Berg auseinander brach, riesige Staubwolken lagen über dem Gebirge und wieder polterten die Steine in das Tal.

 

Dann war der Spuk vorbei, das Meer beruhigte sich wieder, der Staub verzog sich und verblüfft stellten die Menschen fest, dass der Fluss verschwunden war! An seiner Stelle war nur noch ein riesiger Haufen Gesteins, über dem immer noch eine Staubwolke schwebte.

 

Vorsichtshalber ließ Alka-An die Menschen die Nacht auf den Flößen verbringen.

Das Land wurde in der Nacht noch zweimal  durch geschüttelt, aber am nächsten Morgen war das Land wieder ruhig.

Die Flöße machten sich wieder auf, ihre Fahrt nach Westen fortzusetzen, das Wetter blieb weiterhin angenehm, leider blies der leichte Wind aus der falschen Richtung, so dass die Flöße auf die Unterstützung von Segeln verzichten mussten.

 

Die Landschaft blieb auch in den folgenden Tagen unverändert, links das nicht enden wollende Gebirge, rechts das scheinbar unendliche Meer.

 

Das Gebirge erreichte jetzt unglaubliche Höhen, stolz reckten gewaltige  Berge ihre Gipfel in die Wolken, aber es blieb auch ein ödes Gebirge, nirgendwo sah man Leben, nirgendwo etwas Grün.

 

Wieder mussten alle auf den Flößen die Nacht verbringen, weil das Ufer keinen Lagerplatz bot. Das Ufer machte jetzt einen scharfen Knick nach Norden und das Gebirge trat etwas von dem Ufer zurück. Ein schmaler Grünstreifen zeigte sich zwischen dem Gebirge und dem Wasser.

 

So fanden die Seefahrer zum Abend einen richtig schönen Lagerplatz, mitten im saftigen Grün.

Die Tiere sprangen wie verrückt herum und fraßen gierig das frische Gras.

Das Land war wohl doch noch nicht richtig zur Ruhe gekommen, denn ab und zu zitterte der Boden und machte alle sehr unruhig, die ganz vorsichtigen Menschen schliefen lieber auf den Flößen.

 

Während ihrer Weiterfahrt trat das Gebirge immer weiter  zurück und gab am nächsten Tag ein weites Tal frei und bot den Menschen einen guten Lagerplatz für die Nacht.

In der Dunkelheit der Nacht machte Duner und Sotates Alka-An auf die hellen Lichter nördlich von ihrem Lagerplatz aufmerksam.

 

Da könnte eine größere Ansiedlung, vielleicht sogar eine größere Stadt sein.

An der Menge der Lichter war sich auch Alka-An sicher, dass es schon eher eine Stadt sein könnte.

 

Er schlug Sooler wieder die gleiche Vorgehensweise vor, die sie auch bei den beiden anderen Städten angewandt hatten.

 

Sooler war damit einverstanden: „Wir sollten jedoch noch näher an die Stadt heran fahren, dann können wir uns aus der Ferne einen ersten Eindruck verschaffen:“

Als Bythia von der Stadt hörte, kam sie mit einigen Frauen zu Alka-An und bat ihn, die Stadt unbedingt aufzusuchen, weil sie dringend einige Sachen ersetzen müssen, auch müssten mehrere Dinge angeschafft werden.

Die Reise hat doch das eine oder andere verschlissen.

Während der Weiterfahrt konnte Alka-An feststellen, dass die Stadt auf einer vorspringenden Halbinsel liegt, er gab an, ans Ufer zu fahren und hier das Lager errichten, sie seien nahe genug der Stadt.

 

Der Lagerplatz bot durch eine kleine Mulde etwas Deckung vor unmittelbarer Entdeckung, dabei half auch noch das Buschwerk rund um den Platz.

 

Die Männer sperrten mit Seilen Weiden für die Tiere ab und das Vieh rannte erleichtert an Land. Die Menschen richteten sich für einen längeren Aufenthalt ein und Alka-An gab bekannt, dass sie morgen zur Stadt reiten wollen.

Die Stadt Ichari i Shahar

Der kleine Trupp Soldaten blieb auf halber Strecke in Deckung und Alka-An ritt mit seinen Begleitern weiter auf die Stadt zu.

 

Schon jetzt sah man die wuchtige Stadtmauer und die gedrungenen Wachtürme.

Nur wenige Gebäude überragten die Stadtmauer.

Es waren auch keine Türme oder Kuppeln zu sehen. Langsam ritt Alka-An auf das schwer bewachte, sehr kleine Stadttor zu, die Wachsoldaten hatten ihre Waffen schon im Anschlag.

 

Alka-An stieg vom Pferd, auch Tretikow, Owithan und Bythia rutschten aus den Sätteln.

 

Vorsichtig gingen sie mit vorgestreckten, leeren Händen auf die Soldaten zu und Owithan sprach sie an, was die Soldaten leider nicht verstanden.

Jetzt versuchte Tretikow Kontakt herzustellen, ein wohl ranghöherer Soldat trat vor und gab Tretikow Antwort.

Radebrechend und gestikulieren konnte Tretikow dem Soldaten erklären, dass sie, er zeigte auf die hinter ihm stehenden Männer, auf großer Entdeckungsreise seien und unbedingt einige Sachen in der Stadt einhandeln wollen.

Der Soldat verlangte ein angemessenes Salär und gab den Weg in die Stadt frei.

Jetzt sahen die Besucher, dass die Stadt eine doppelte Mauer zu ihrem Schutz hatte.

 

Tretikow hatte auch den Namen der Stadt von dem Soldaten erfahren, sie trägt den Namen „Ichari i Shahar“.

Alka-An und seine Begleiter hatten gerade das Stadttor und die zweite Mauer durchschritten, da trat schon ein Mann mittlerem Alters auf sie zu und sprach sie in mehreren Sprachen an, bis er von Tretikow erfuhr, in welcher Sprache sie sich verständigen können.

 

Tretikow erklärte dem Mann, dass sie für ein paar Tage eine Herberge suchen und dass sie auf den Märkten einige Sachen einhandeln müssen.

Der Mann, er nannte sich Illham,  führte sie zu einem flachen Gebäude, dass beim näher kommen als Herberge erkennbar wurde.

Das Haus war im Viereck gebaut.

Von der Strasse kam man durch ein großes Tor in einen Innenhof, in dem reger Betrieb herrschte. Fuhrwerke und Packtiere wurden entladen und beladen, Stapel von Warenballen, Kisten und Behälter nahmen die ganze linke Hauswand ein.

 

Der Mann führte sie nach rechts in das Haus, Alka-An sah sich, wie seine Begleiter, erfreut um, das Haus machte einen sehr freundlichen und wohnlichen Eindruck.

Illham rief einen Namen und eine rundliche, energisch wirkende Frau erschien und erfuhr die Wünsche der Fremden.

 

Tretikow übersetzte den Wortschwall der Frau, also, Übernachtung und Essen kostet so und so viel, sie wünscht keine Scherereien und bezahlt wird im voraus!

Alka-An nickte der Frau sein Einverständnis zu und diese verstummte erstaunt, kein Handeln, keine Einwände!?

Die Räume waren einfach, aber sauber, auf den Lagerstätten waren saubere Tücher und Decken, die Fenster zur Straße waren vergittert.

 

Die Tische in dem Schankraum waren gut besetzt und Alka-An setzte sich mit seinen Begleitern dazu.

 

Illham bot sich an, ihnen die Stadt zu zeigen und ihnen auf den Märkten zu helfen. Tretikow fragte Alka-An und stimmte dann zu.

 

Nach dem Essen schlenderten sie gelassen durch die Straßen der Stadt, die so ganz anders war, als die beiden Städte, die sie im Osten gesehen hatten.

Schon bald stellten sie fest, dass es sich bei Ichari i Shahar um keine sehr große Stadt handelte. Wenn die Straßen die Sicht frei gaben, konnte jeder von Stadtmauer zu Stadtmauer sehen.

 

Aber Illham zeigte den Besuchern voller Stolz seine Stadt. Er zeigte auf einen der wenigen Türme seiner Stadt und wies dann auf mehrere Gebäude und erklärte den Fremden, dass sei der Kahnpalast.

 

Illham erklärte Gebäude für Gebäude und zum Schluss des Rundganges stand die Gruppe vor einem wuchtigen Gebäude, würfelförmig, mit einem Bogendurchgang.

Das seltsame, fast unheimliche, waren die vier Feuer an jeder der vier Ecken des Gebäudes, dass ist der Feuertempel, er wurde von Anhängern des altpersischen Propheten Zarathustra gebaut.

 

Von was das Feuer genährt wurde, konnte Illham auch nicht genau erklären. Zum Abendessen führte Illham seine Besucher in eine Schänke, die voll von lärmenden Menschen war, nur mit Mühe fanden sie einen freien Tisch.

Das von zwei jungen Männern aufgetragene Essen war allen fremd, aber schmeckte hervorragend!

 

Müde suchte Alka-An und seine Gefährten die Herberge auf und waren froh, dass in dem Haus angenehme Ruhe herrschte.

 

Am nächsten Morgen wurden sie schon freundlich von Illham begrüßt, der während des Frühstücks vorschlug, heute auf die Märkte zu gehen, um die benötigten Sachen zu besorgen.

Damit war besonders Bythia und Duner einverstanden.

 

  Im Laufe des Tages sprach Alka-An mit Illham über die Weiterfahrt, aufmerksam hörte Illham zu und schlug Alka-An dann vor, mit ihren Flößen den Fluss hoch zu fahren, der sie ein gutes Stück nach Westen bringt.

Er holte eine zusammen gefaltete Karte hervor, auf der Alka-An erstaunt sah, dass das Land ziemlich genau zwischen zwei Meeren lag.

Illham hatte Recht, der Fluss würde sie ein gutes Stück weiterbringen.

Illham empfahl Alka-An auch, dass im Westen liegende Meer ebenfalls mit den Flößen zu überqueren, dass angrenzende Land ist auch sehr gebirgig, sehr trocken und öd.

Hinzu kommt, dass bösartige Räuberbanden das Land durchstreifen und alles niedermachen, was ihnen in den Weg kommt. Abschließend empfahl Illham Alka-An noch, wenn sie mit den Flößen über das Meer fahren, sich an die südliche Küste zu halten, da das nördliche Ufer sehr zerklüftet und unübersichtlich ist.

 

Der Fluss Kura wird ihnen die Weiterfahrt bis weit nach Westen ermöglichen. Erst weit hinter der nächsten größeren Stadt wurde der Fluss zu flach für die Flöße.

Ab dieser Stelle dürften es dann höchstens noch vier, fünf Tagesreisen für sie sein,  dann müssten sie das Meer erreicht haben. 

 

Hoch bepackt mit Waren, strebten sie zum späten Nachmittag ihre Herberge an, Alka-An schlug vor, morgen früh einen Teil der Sachen schon ins Lager zu schaffen, sonst wird es einfach zu viel.

Illham machte den guten Vorschlag, ein paar Packtiere zu erstehen, damit wäre doch der Abtransport wesentlich leichter.

Duner erstand auf dem nahen Markt zehn Packpferde, die von allen sehr erstaunt angesehen wurden, dass waren doch mal starke Tiere!

Mit den hochbeladenen Packpferden zogen ein paar Männer in Richtung Lager los.

 

Bythia, Duner und noch einige andere wollten noch einmal auf die Märkte, Alka-An wollte sich die Palastanlage noch mal ansehen.

 

Illham tat etwas geheimnisvoll und etwas stolz sagte er zu Alka-An: „Ich konnte für euch einen Besuch bei dem Khan ermöglichen! Wenn es euch recht ist, machen wir uns jetzt auf den Weg.“

Hocherfreut und sehr gespannt auf das, was sie da erwartet, folgte Alka-An mit seinen Gefährten Illham zu dem Palast.

 

Nach einem kurzen Gespräch mit den Palastwachen, betraten sie durch ein großes Tor die Palastanlage.

 

Durch eine gepflegte Parkanlage führte Illham sie zu dem größten Gebäude.

Die Besucher bewunderten die schön gestalteten Grünflächen, die sich mit blühenden Blumen und geformten Büschen und Bäumen abwechselte.

Dazwischen stolzierten farbenprächtige Vögel.

Leise plätscherten einige Brunnen, die Palastanlage verströmte eine angenehme Ruhe.

 

Vor dem Palasteingang wurden sie noch mal von Wachen kontrolliert und durchschritten dann das imposante Portal. Ein Diener führte sie durch einen breiten Gang, von dem links und rechts mehrere Türen abgingen, an den Wänden Gemälde und kostbare Teppiche, zu einer großen Tür, die eine Hälfte öffnete der Diener für die Besucher und ließ sie eintreten.

 

Ein weiterer Diener führte sie weiter in den großen Saal, der auffallend schlicht gehalten war.

Als Alka-An mit seinen Gefährten die Mitte des Saales erreicht hatten, wurden sie von einem würdevollen, älteren Mann höflich begrüßt und anschließend stellte er einen jüngeren Mann als seinen Sohn vor.

Illham übersetzte unentwegt, so erfuhren die Besucher, dass der Khan sie zu einem Festbankett einlädt und sie bat, seinen Sohn an ihrer Reise teilnehmen zu lassen.

 

Alka-An sah zu dem jungen Mann herüber und sah in dessen Augen ein fast flehendes bitten.

 

Der Khan begründete seine etwas ungewöhnliche Bitte damit, dass sein Sohn fremde Menschen und Länder kennen lernen soll, damit er ein guter Khan wird.

 

Alka-An sah die Erleichterung bei den beiden Männern, voller Freude bat der Khan seine Gäste zu Tisch.

Illham konnte kaum essen, so sehr war er mit dem übersetzen zwischen dem Khan und seinem Sohn und Alka-An beschäftigt.

 

So erfuhr Alka-An, dass das Volk des Khans ein sehr altes Volk ist, schon zu der Zeit der Perser und Meder, wurde sein Volk erwähnt.

Sie wurden von den Römern erobert, die ihr Land Albania nannten.

Nach weiteren Eroberungen wurde sein Land von den Arabern erobert, die auch die bis heute ausgeübte Religion mitbrachten.

Nach den Arabern fielen osmanische Stämme ein, sein Land wurde von den Seldschuken beherrscht.

 

Später wurde sein Land ein Teil des Mongolenreiches des Dschingis Khan und Timurs.

Es folgten die Perser, unterbrochen von einer kurzen Herrschaft der Osmanen.

Der alte Khan lächelte etwas gequält seine Gäste an: „Ihr seht, auch ein kleines Land kann eine sehr wechselvolle Geschichte haben!“

 

Es dämmerte schon, als der Khan seine Gäste verabschiedete.

Alka-Ans kleine Gruppe ging tief beeindruckt zur Herberge zurück, irgendwie gleichen sich die Schicksale der Völker wohl alle.

 

Nach zwei weitern Tagen waren die Menschen aus Cameedor zur Abreise bereit.

 

Illham ritt zum Palast des Khans und gab Bescheid.

Der Sohn des Khan kam mit einem großen Tross aus dem gegenüberliegenden Gebäude, Illham musste schwer schlucken, da wird Alka-An Probleme bekommen, um diese Menge Menschen, Tiere und Gepäck auf die Flöße unter zu bringen.

 

Illham führte den Tross zum Lager und sah unterwegs, wie ihnen mehrere flach gebaute Kähne in Ufernähe folgten. Der Sohn des Khans wurde im Lager von Alka-An begrüßt und den Menschen vorgestellt.

Illham erklärte Alka-An, dass der Khan Schiffe mitgeschickt hat. Alka-An nahm diese Auskunft sehr erleichtert zur Kenntnis, damit war das Problem der Unterbringung gelöst.

 

Die Flöße und die Kähne fuhren nahe dem Ufer ein Stück nach Süden zurück, um die Flussmündung des Kura zu erreichen, auf den sie dann Richtung Westen fahren wollen.

Selbst hier an seiner Mündung war der Fluss nicht besonders tief und wies eine ruhige, behäbige Strömung auf.

Der Sohn des Khan schlug Alka-An vor, dass er mit seinen Schiffen als erster den Kura hoch fährt, da er und seine Leute den Fluss und das Tal, durch das der Kura fließt, gut kennen.

Damit waren Alka-An und auch Sooler sofort einverstanden.

Sooler bat aber darum, einen Platz auf dem vordersten Schiff zu bekommen.

Von Apscheron, der Sohn des Khans, erfuhr Sooler, dass sie in ein paar Tagen einen See erreichen, die der Kura in dem Tal gebildet hat.

 

Hier sollten sie sich an das südliche Ufer orientieren, weil am nördlichen Ufer schon wiederholt Schiffe von Räuberbanden angegriffen und überfallen worden sind. Sooler bedankte sich bei dem jungen Mann für diese Auskunft und gab sie an die Flößer weiter.

Für die Nacht fanden sie in einer Bucht des Flusses einen guten Lagerplatz.

 

Apscheron lud Alka-An mit all seinen Leuten zum Abendessen, so lernten alle die etwas fremdartige Küche dieses Landes kennen und schätzen.

Das Essen war scharf gewürzt und das anschließend gereichte Naschwerk sehr süß.

 

Das Tal verengte sich während ihrer Weiterfahrt merklich, die Felswände kamen dichter und dichter an das Flussufer heran. Die Strömung des Kura blieb ruhig und so kamen die Schiffe und Flöße gut voran. Apscheron nutzte die ruhige Fahrt, um mit Hilfe von Illham seine Gastgeber mit Fragen zu bestürmen.

In Sotates und Owithan fand er die Quelle, die er gesucht hatte.

Als sich später auch noch Tretikow dazu gesellte, übertrumpften sich die drei Männer im gegenseitigen Auskunft geben.

 

Der Kura nutzte eine etwas breitere Stelle im Tal aus und bog in einem weiten Bogen nach Norden, um dann wieder nach Süden zu fließen.

Dem Verlauf des Tales folgend, machte der Kura einen weiteren Bogen und nahm in dem Bogen einen weiteren Fluss auf.

Apscheron nannte diesen Fluss Arax, der seine Quelle in ihrem Nachbarland hat.

Wie Apscheron  gesagt hatte, erreichten sie den See, den der Kura gebildet hatte und Alka-An schlug vor, an den Ufern des Sees ein paar Tage zu verbleiben.

 

Die Menschen nahmen die Nachricht gerne an, etwas Erholung und Ruhe konnten alle gebrauchen und das Vieh konnte endlich mal wieder für längere Zeit an Land. Die Tiere stürmten wie von Sinnen an Land und fraßen gierig das frische Grün.

 

Kaum stand das Lager, sprangen die ersten schon in das kühle Wasser des Sees, andere angelten am Ufer, viele arbeiteten an den Flößen.

 

Die Begleiter von Apscheron spielten nach dem Abendessen auf und schnell bildeten die Menschen aus Cameedor eine Musikgruppe und abwechselnd spielten sie um die Wette.

Der heitere Abend voller Spaß und Freude endete in einem plötzlich einbrechenden Gewitter, das mit ungeheuerer Gewalt über dem See tobte.

Am nächsten Morgen musste das in Panik davon gerannte Vieh eingefangen werden.

Jetzt spannten die Männer Weideflächen mit starken Seilen ab und trieben das Vieh hinein.

 

Lachend scherzten die Männer unter einander: „ Da muss erst ein Gewitter kommen, damit wir schlau werden.“

Immer noch lachend gingen sie zur Küche.

 

Die Soldaten von Apscheron drängten einige Frauen und Männer zur Seite, um Platz für ihren Herrn zu schaffen. Entsetzt und empört wehrte Apscheron die Soldaten ab und wies auf Alka-An, der wie alle in der Reihe stand, um sein Essen zu erhalten.

Kopfschüttelnd gingen die Soldaten zu ihren Zelten zurück, dass verstanden sie nicht.

 

Im Laufe der folgenden Tage lernten sich die unterschiedlichen Menschen besser kennen und das Lagerleben lief wie gewohnt ab.

Männer von Apscheron hatten einen kapitalen Fisch gefangen, der für die Menschen aus Cameedor ein sehr ungewohntes Aussehen hatte. Gekonnt weideten die Männer den großen Fisch aus, sehr vorsichtig nahmen sie die schwarzen Stränge der Fischeier aus den Fisch.

Zum Abendessen reichten sie dann die Fischeier herum und lebten es als köstliche Delikatesse.

Vorsichtig probierten die Ersten, erst ein überraschtes Gesicht, dann folgte der Genuss, schnell war die fremde Köstlichkeit aufgegessen.

 

Die Flöße folgten dem Fluss Verlauf, der sich in vielen Windungen durch das enge Tal schlängelt.

 

Sooler zeigte Alka-An die drei Boote, von denen sie seit ihrem Aufbruch in sicherer Entfernung begleitet wurden. Von Kuman wurden sie informiert, dass es sich mit Sicherheit um Boote der Räuber handelt, die Reisende gerne überfallen und ausrauben.

Wir scheinen diesen Herren jedoch eine Nummer zu groß zu sein.

Apscheron fragte bei Alka-An nach, ob es ihm Recht wäre, wenn er mit seinen Soldaten versuchen würde, die Räuber anzugreifen.

Diese Räuberbanden sind eine echte Landplage für die Reisenden und jetzt könnten sie mit ihren schnellen Pferden die Boote leicht erreichen.

Alka-An sah Sooler und Kuman fragend an und als diese zustimmend nickten, gab er Apscheron seine Einwilligung.

 

In einer geschützten Biegung des Flusses ließ Apscheron seine Kähne an beiden Ufern anlanden und schnell waren die Reitersoldaten bereit.

Jede Deckung nutzend, führte Apscheron seine Soldaten flussabwärts, bis sie die Boote überholt hatten. Apscheron gab das Zeichen zum Angriff und die völlig überraschten Räuber in den Booten waren schon zum großen Teil von den Pfeilen getroffen, bevor sie an Gegenwehr dachten.

 

Der beidseitige Beschuss der Angreifer ließ den Räubern keine Chance, verzweifelt versuchten sie flussaufwärts den Pfeilhagel zu entkommen, aber als sie den Flößen zu nahe kamen, flogen ihnen auch gut gezielte Pfeile entgegen.

Die letzten überlebenden Räuber sprangen ins Wasser und versuchten schwimmend zu entkommen.

Die drei Boote wurden geborgen und zu Alka-Ans Erstaunen fanden sie vier gefesselte, junge Frauen, eher Mädchen, in den Booten!

 

Apscheron erklärte den umstehenden Männern, dass das eine übliche Methode der Räuber sei, mit den Geißeln erpressen sie Lösegeld von den Familien.

Ganz schlecht sieht es natürlich für die Geißeln aus, wenn ihre Familie nicht in der Lage ist, die Forderungen der Räuber zu erfüllen.

Bythia sah Apscheron entsetzt an: „Was geschieht mit den Mädchen dann?“

„Sie werden meistens als Sklaven verkauft oder gar getötet, wenn ein Verkauf scheitert“, antwortete Apscheron, „leider passiert das sehr oft!“

„Die Räuber müssen doch gejagt und gefangen werden“, empörte sich Bythia, „hart bestraft werden müssen diese Kerle.“

„Wir versuchen es schon viele Jahre, dieser Plage Herr zu werden, aber die Räuber erhalten immer neue Männer aus den armen Bergdörfern. Diese Männer versuchen dadurch ihre Familien zu ernähren.“ Apscheron fuhr fort: „Es ist schon eine vertrackte Situation, man muss halt immer beide Seiten sehen.“

 

Bythia war damit nicht ganz einverstanden, sie ging zu den jungen Frauen und nahm sie in ihre Obhut. Sie versorgte die Hand-und Fußgelenke der Frauen, die von den Fesseln blutig gescheuert waren.

Nach ein wenig Essen und trinken wollten die Frauen nur noch schlafen.

 

 Beim Frühstück sprach Apscheron mit den geretteten Frauen und erfuhr dabei, dass die vier keine Familie mehr haben, die wurden bei dem Überfall getötet.

Sie sollten auf dem Sklavenmarkt verkauft werden. Apscheron sah Bythia und Alka-An fragend an, sie bitten darum, hier bei uns bleiben zu dürfen?

Bythia sagte sofort zu und vor Erleichterung begannen die vier Mädchen zu weinen.

Bythia nahm sie mit und zeigte ihnen, dass sie sich erstmal erholen sollen, dann sehen wir schon weiter.

 

 Ungehindert erreichten die Kähne und Flöße den See und hielten sich an das südliche Ufer, wie Apscheron ihnen empfohlen hatte.

 

In einigen Tagen erreichen sie die nächste größere Stadt in dem Nachbarland, hier sollten wir sehr vorsichtig vorgehen, der Statthalter ist ein etwas unangenehmer Mensch, erzählte Apscheron, sie haben ständig Streitereien mit dem Kerl.

Alka-An und die anderen Männer nahmen diese Auskunft zur Kenntnis und gaben sie entsprechend an die Soldaten weiter.

 

Die Flussfahrt in den folgenden Tagen verlief äußerst angenehm, alle bestaunten die atemberaubende, wilde Landschaft, die zum Teil unbekannten Tiere, auch einige Pflanzen, Sträucher und Bäume waren unbekannt.

„Morgen verlassen wir mein Land“, erfuhr Alka-An von Apscheron, „das Nachbarland nennt sich Georgios und die Stadt, die wir in einigen Tagen erreichen werden; Tibilissi.“

„Seit ihr mit dem Land verfeindet? fragte Kuman Apscheron.

„Nein, aber es treten immer wieder kleine und größere Streitereien zwischen unseren Ländern auf.“

„Kommt mir irgendwie bekannt vor“, sagte Bythia leise zu Alka-An.

 

Die steilen Felswände drückten das Tal immer enger zusammen, jetzt war links und rechts von dem Fluss nur noch ein schmaler Grünstreifen. Der Kura machte einen scharfen Knick nach Norden, um dann wieder nach Westen zu fließen.

 

Trotz der Enge des Tales blieb die Strömung des Flusses ruhig und behäbig. Wie Apscheron gesagt hatte, erreichten sie tatsächlich die Stadt Tbilissi, der Kura floss mitten durch die Stadt!

 

Duner und Sooler zeigten den Flößern den angepeilten Lagerplatz und die Flöße und Flachkähne uferten dicht bei einander an dem etwas flacheren südlichen Ufer.

Kaum das die Menschen aus Cameedor mit dem Aufbau des Lagers begonnen hatten, stürmte ein großer Trupp Soldaten aus der Stadt auf sie zu und die Soldaten machten alles andere, als einen friedlichen Eindruck.

Und so war es auch, sehr unmissverständlich machte der Anführer Alka-An und den anderen Männern klar, dass sie alle, er machte hier eine ausholende Handbewegung, die das ganze Lager einschloss, unerwünscht seien und sofort verschwinden sollen.

 

Jetzt trat Apscheron vor und erklärte dem Anführer, dass sie auf einer Entdeckungsreise sind, um Land und Leute kennen zu lernen. Barsch wurde der junge Mann von dem Soldaten unterbrochen: „Verschwindet, schnell!.“

Apscheron versuchte es noch einmal: „Wir möchte in euerer Stadt unsere Vorräte ergänzen.“ Wieder kam von dem Anführer das barsche verschwindet, aber schnell.

 

Alka-An gab den Menschen das Zeichen zum Abbruch des Lagers, die Soldaten sahen sehr genau zu und erst als sie sicher waren, dass das Lager abgebaut wurde, ritten sie zur Stadt zurück.

Vorsichtig wurden die Kähne und Flöße über den dunklen Fluss gesteuert, das wenige Licht, das aus der Stadt flackerte, nutzte wenig.

Nur schemenhaft konnten die Menschen auf dem Fluss eine Festung oberhalb der Stadt erkennen, auch einige größere Gebäude zeigten sich in dem schwachen Licht der Stadt.

Von Apscheron erfuhren sie, dass es sich um die Festung namens Narikala handelt und das unterhalb der Festung der älteste Teil der Stadt ist.

Zum Glück blieb der Kura auch nach der Stadt problemlos, gerade kam er aus dem Westen und als sich Sooler und Barthin sicher waren, dass sie weit genug von der Stadt entfernt waren, ließen sie die Kähne und Flöße anlanden.

Nach der anstrengenden Nachtfahrt auf dem dunklen Fluss herrschte schnell Ruhe im Lager, nur die Wache verständigte sich mit leisen Zurufen.

 

Etwas später als sonst, kamen die Menschen aus ihren Zelten zum Frühstück. Sooler wurde von Gorgess und Barloss darüber informiert, dass der Fluss von ihnen noch etwas zwei, drei Tage befahren werden kann, bevor dieser zu sehr in dem Gebirge verschwindet.

Barloss machte Sooler aber den Vorschlag, die Kähne und Flöße bis zu dem nächsten Fluss über Land zu transportieren.

Dieser Fluss würde sie bis zu dem nächsten Meer bringen.

Sooler nickte zu diesem Vorschlag seines Kundschafters und ging damit zu Alka-An, um diesen Vorschlag mit ihm zu besprechen.

 

Ein Wachsoldat kam dazu und meldete, dass sich eine Gruppe Menschen dem Lager nähert.

 

Alka-An stand auf und sah den Fremden entgegen. Diese zeigten schon von weitem an, dass sie in friedlicher Absicht kommen, in dem sie ihre leeren Hände vorzeigten.

Apscheron trat zu Alka-An, um möglicherweise wieder als Dolmetscher zu fungieren.

Die Besucher, so erfuhren die Menschen aus Cameedor,  kommen aus der etwas weiter westlich liegenden Stadt Mzcheta und sie würden sich gerne mit ihnen unterhalten, um zu erfahren, was Sinn und Zweck ihres Aufenthaltes hier ist.

Auch würden sie gerne, falls die Fremden daran Interesse hätten, Handel mit ihnen treiben.

Diese Menschen waren weitaus angenehmer, als die aggressiven Soldaten aus Tbilissi!

 

Schnell war man sich einig, dass morgen eine Abordnung die Stadt aufsuchen wird, um ihre Vorräte aufzufüllen. Die Vertreter der Stadt Mzcheta boten auch ihre Hilfe bei dem Transport der Flöße und Kähne zu dem nächsten Fluss.

 

Sie könnten noch bis zur der Stadt Chaschuri auf dem Kura bleiben und dort dann den Fluss verlassen und etwas östlich der Stadt Sestafoni den nächsten Fluss erreichen.

Auf diesem Fluss können dann sie bis zum Meer fahren.

Die Delegation aus der Stadt Mzcheta verließ hoch zufrieden das Lager der Fremden und freute sich auf einen guten Handel.

 

Alka-An überließ diesmal Bythia und Duner den Besuch der Stadt, er wollte sich mit den Kundschaftern den weiteren Verlauf des Flusses ansehen und dabei auch gleich für den Wechsel von dem einen Fluss zu dem anderen Fluss den günstigsten Punkt finden.

 

Alka-An ritt mit den Kundschaftern und einem kleinen Pulk Soldaten den Fluss entlang, ritt an der Stadt vorbei weiter nach Westen. An dem Knick den Kura nach Süden machte, bauten sie für die Nacht ihr Lager auf und ritten am nächsten Morgen an dem Flussufer weiter auf die Stadt Chaschuri zu.

 

Alka-An muss den Männern aus  Mzcheta recht geben, weiter kamen sie auf diesem Fluss nicht.

Sooler markierte die Stelle sehr deutlich, an der sie später diesen Fluss verlassen müssen und ritten weiter nach Westen, um die von den Männern aus Mzcheta genannten Stadt Sestafoni zu erreichen.

 

Sie ritten durch eine wilde Gebirgslandschaft, mächtige Gipfel, gekrönt mit weißen Eis- und Schneehauben links und rechts des Weges.

 

Einer der Soldaten meldete Alka-An, dass ihnen seit einiger Zeit ein Reitertrupp folgt.

Der Soldat zeigte nach rechts und Alka-An sah vielleicht zwei Dutzend Männer auf kleinen wendigen Pferden. Als die fremden Reiter merkten, dass sie die Aufmerksamkeit der Reiter erregt hatten, zogen sie sich etwas weiter zurück, folgten aber weiterhin.

 

Als Alka-An am Nachmittag fest stellen musste, dass sie immer noch von den Reitern verfolgt wurden, drehte Alka-An den Spieß um und ritt plötzlich und für die Reiter überraschend im schnellen Tempo auf sie zu.

 

Es schien, als würden die fremden Reiter wie in Panik davon stieben, aber Alka-An merkte sehr schnell, dass die Reiter nur so schnell ritten, dass der Abstand zu den Verfolgern nicht weniger wurde.

Alka-An hielt seinen Trupp an und fragte seine Männer, was sie von der Situation hielten? Die Meinungen waren sehr unterschiedlich, nur Barthin brachte es auf den richtigen Punkt: „Die wollen etwas von uns!“

„Stellen wir es fest“, folgerte Alka-An und ritt mit Barthin und  Sooler langsam auf die Reiter zu und die Männer zeigten dabei ihre leeren Hände.

 

Schon lösten sich auch aus dem Reitertrupp drei Männer, die auf Alka-An zu ritten.

Die zwei Gruppen trafen sich mit geringem Abstand und musterten sich vorsichtig. Alka-An sah die drei Männer auf ihren  Pferden ruhig an. Sie machten einen ziemlich wilden Eindruck, aber sie sahen auch sehr mit genommen aus. Ihre Kleider waren zerlumpt und ihre Gestalten ausgemergelt.

Alka-An wurde von einem der drei Männer angesprochen.

Alka-An war überrascht, er konnte den Mann gut verstehen!

„Wir wollen keinen Streit oder Ärger mit euch“, sagte der Mann mit ruhiger Stimme, „wir möchten euch fragen, ob wir uns euch anschließen dürfen?“

 

Für einen Moment schwiegen alle.

Der Mann sprach weiter: „Unser Dorf“, er zeigte dabei in eine unbestimmte Richtung in die Berge, „wurde überfallen und restlos vernichtet. Wir sind die letzten Überlebenden und das auch nur, weil wir zur Zeit des Überfalls auf der Jagd waren. Als wir zurück kamen, fanden wir nur noch Tote und brennende Trümmer von unserem Dorf vor.“

 

Der Mann schwieg und Alka-An sprach mit Barthin und Sooler über ihre Vorgehensweise, die beiden Männer zeigten sich mit dem Wunsch der fremden Reiter einverstanden.

Barthin gab jedoch vorsichtshalber ein Zeichen zu den hinter ihnen wartenden Soldaten.

Diese ritten langsam an und Alka-An sagte zu den Männern, dass sie mit ihrem Wunsch einverstanden sind, sie müssten jedoch ihre Regeln akzeptieren.

Erfreut winkte der Anführer der Reiter seine Männer heran und machte ihnen klar, dass jetzt Alka-An ihr Anführer ist und sie ihn zu respektieren hatten.

Alka-An spürte, wie er von den fremden Männern aufmerksam angestarrt wurde, leise sprachen die Männer unter einander.

Dann trat der Anführer auf Alka-An zu und überreichte ihm ein in Leder gewickeltes Bündel.

„Es sind unsere letzten Stammes Insignien, die wir noch gerade so aus den Flammen retten konnten, fügt sie eueren Insignien zu.“

Etwas verlegen nahm Alka-An das letzte wertvolle dieser Männer entgegen. „ Wir werden es sorgfältig hüten.“

 

Auf halber Strecke zu der Stadt Sestafoni schlugen sie ihr Lager auf und verblüfft sahen die Männer um Alka-An, dass sich unter den zerlumpten Flüchtlingen drei Frauen verborgen hatten.

Zur Tarnung trugen sie Männerkleidung und hatten mit einem um den Kopf gewickeltem Tuch die Gesichter verhüllt.

Der Anführer kam, als er die überraschten Gesichter bemerkte, zu Alka-An. „Anders konnten wir die Frauen nicht retten, es ändert sich doch deswegen nichts?“

„Nein, natürlich nicht, wir waren nur einen Moment überrascht“, lachte Alka-An den Mann erleichtert an.

 

Die drei Frauen machten sich wie selbstverständlich an die Zubereitung des Abendessens.

Als sie die Menge der Vorräte sahen, schüttelten sie unter Tränen mit den Köpfen, so eine Menge Nahrungsmittel hatten sie schon lange nicht mehr gesehen.

 

Am nächsten Mittag erreichte der Trupp um Alka-An den Fluss, auf dem sie mit ihren Kähnen und Flößen bis zum nächsten Meer fahren wollen.

Der Anführer, er wurde Achmeta genannt, von den aufgenommen Flüchtlingen, machte Sooler darauf aufmerksam, das er für ihr Vorhaben einen geeigneteren Platz kennen würde, ein kurzes Stück weiter flussabwärts.

Alka-An schickte Sooler mit ein paar Männern zu der genannten Stelle.

Sooler kam sehr zufrieden zurück: „Die Stelle ist hervor ragend geeignet, ein langes flaches Ufer, einfach gut.“

 

 Gut gelaunt ritt der Trupp zu den anderen ins Lager am Kura zurück und dann begann die Vorbereitung für den Transport der Kähne und Flöße über Land zu dem anderen Fluss.

Als erstes mussten die Fuhrwerke zusammen gebaut werden, die Wagenlenker änderten die Fuhrwerke etwas ab, um die langen Stämme der Flöße besser transportieren zu können.

 

Überrascht waren die Männer, als sie sahen, dass die flachen Kähne von Apscheron eine raffinierte Bauweise hatten. Ziemlich einfach konnten diese Kähne in drei kurze Telstücke zerlegt werden, die den Transport enorm vereinfachten.

 

Schon am übernächsten Tag rollten die ersten Fuhrwerke mit den zerlegten Kähnen zu dem neuen Fluss im Westen.

Apscheron begleitete mit seinen Leuten den Transport, er sollte, so wurde es vereinbart, dort am Ufer ein Lager aufbauen und die ankommenden Transporte zu ordnen, damit der Zusammenbau reibungslos vonstatten geht.

Stolz ritt der junge Mann über diese wichtige Aufgabe los.

 

Über die Menge Arbeit vergaß Alka-An völlig die Jahreszeiten, bis ihn Bythia fragte: „Ob nicht langsam an ein Winterlager gedacht werden müsse?“

Alka-An erschrak heftig: „Das habe ich völlig außer acht gelassen.“

 

Er ging sofort zu Achmeta, um sich zu erkundigen und erfuhr zu seiner Erleichterung, dass die Winter hier in den Tälern sehr milde sind und keine besonderen Vorkehrungen bedürfen.

Oben in den Bergen sieht es allerdings ganz anders aus!

Bythia staunte jeden Tag mehr über die Mengen, die, abgeladen von den Flößen, sich am Ufer stapelten. Nach fast einer Mondreise waren gerade mal die Kähne und das Gepäck von Apscheron und seinem Gefolge zum anderen Fluss gebracht worden.

Die Flöße waren zwar schon zerlegt, aber der Abtransport gestaltete sich äußerst schwierig, weil die vielen Baumstämme recht schwierig auf den Fuhrwerken zu befestigen waren.

 

Auf dem Weg nach Westen passierte es dauernd, dass die Baumstämme von den Fuhrwerken fielen, weil die Befestigung nicht hielt.

Die Lösung fand dann ein älterer Mann aus dem Stamm von Achmeta, er ließ kräftige Balken senkrecht auf der Ladefläche der Fuhrwerke anbringen und nach dem beladen am oberen Ende über die Baumstämme dicke Seile festziehen.

Jetzt blieben die Baumstämme auf den Fuhrwerken und es ging mit dem Transport merklich schneller voran.  Alka-An pendelte ständig zwischen den beiden Lagern hin und her und so kam er auch dazu, als ein Trupp Soldaten, wohl aus der Stadt Sestafoni, Apscheron heftig attackierten, sie hätten hier nichts verloren und sie sollten schleunigst verschwinden.

 

Als sie Alka-An ansichtig wurden, schrien sie auch sofort auf ihn ein, verschwindet hier, schnell!

Alka-An schaffte es, die aufgebrachten Soldaten soweit zu beruhigen, dass sie wenigstens Alka-An erstmal zuhörten.

Als sie dann erfuhren und begriffen, dass Alka-An und seine Gefährten den Fluss benutzen wollten, um das Meer im Westen zu erreichen, wurden sie ruhiger und umgänglicher.

Sie erfuhren von Alka-An, wie er von Cameedor weit nach Osten und nach Norden das Land erforscht hatte, viele Städte und viele Menschen gesehen und kennen gelernt hatte, wurden die Soldaten neugierig und wollten immer mehr von Alka-An erfahren.

 

Alka-An erzählte von den Erdbeben, von den Überfällen der Steppenreiter, von den bitterkalten Winter und den qualvollen Übergang durch das riesige Gebirge.

Er erzählte von den großen Flüssen, die überquert hatten und von dem Meer im Osten.

 

Ungläubig sahen die Soldaten Alka-An an, ein weiteres Meer im Osten?

Immer noch ungläubig sahen sie Alka-An, aber Alka-An holte aus der Satteltasche eine Karte und zeigte diese den Soldaten, lediglich der Anführer konnte allerdings mit der erst halbfertigen Karte etwas anfangen, er erkannte sofort den Verlauf des Kuras, obwohl der Fluss zum größtenteil im Nachbarland floss und auch dort in das östliche Meer mündete.

Der Soldat erkannte auch einige der eingezeichneten Städte. Zum Ende des Gespräches fragte Alka-An den Soldaten, ob es möglich wäre, dass sie in der Stadt ihre Vorräte auffüllen können. Der jetzt sehr umgängliche Soldat zeigte sich generös, er würde dafür sorgen, dass sie ungehindert in der Stadt ihre Vorräte auffüllen können.

 

Alka-An bedanke sich etwas übertrieben, was bei den Soldaten aber gut ankam.

 

Endlich konnte sich Alka-An um den Ablauf der Transporte kümmern, von Apscheron erfuhr er, dass der Zusammenbau der Kähne fast abgeschlossen sei und das sie morgen mit dem Zusammenbau der Flösse beginnen. Stolz zeigte der junge Mann Alka-An die fertigen Flachkähne, die säuberlich an dem flachen Ufer des Flusses aufgereiht lagen.

Alka-An war auch von dem ordentlichen und übersichtlichen Aufbau des Lagers angetan.

Apscheron hatte gute Arbeit geleistet und genau das sagte Alka-An auch dem jungen Mann, der sich sichtlich darüber freute.

Da Alka-An jetzt etwas bewusster auf die Natur schaute, konnte er feststellen, das sich die Blätter der Bäume und Sträucher schon verfärbten, während der intensiven Arbeit mit den Kähnen und Flößen ist dies fast unbemerkt geschehen.

 

Die Tage waren nicht mehr ganz so warm, aber immer noch angenehm zu ertragen.

Als der Transport von der Kura zu dem neuen Fluss beendet war, war der Winter da.

Die Bäume und Sträucher waren kahl, der Wind pfiff spürbar kühler von den Berge herunter, aber gar kein Vergleich mit den Wintereinbrüchen, die sie im Osten erlebt haben.

 

Bythia hatte in der Stadt Sestafoni ungehindert die Vorräte auffüllen können und auch noch das eine oder andere einhandeln können, was sonst noch benötigt wurde.

 

Ruhig glitten die Flachkähne und die vielen Flösse auf dem Fluss nach Westen.

Sestafoni verlor sich um Dunst des trüben Tages und Flößer fuhren durch ein menschenleeres Gebiet.

Nur ab und zu winkten wenige Menschen zu den Flößern herüber.

 

Gegen Abend klarte das trübe Wetter auf und der Vollmond erhellte den Fluss, dass sich Alka-An entschloss, die Nacht durch zufahren, er ließ die Nachricht von Floß zu Floß weitergeben, von ganz vorne kam die Bestätigung durch eine Fackel, die hin und her geschwenkt wurde!

 

Die ersten Kochfeuer leuchteten auf einigen Flößen und Alka-An verspürte jetzt auch seinen Hunger.

Suchend sah er sich um und sah seine Bythia an einem der Feuer hantieren.

Lachend winkte die junge Frau Alka-An zu sich und reichte ihm das dampfende Essen.

 

Ein vom Norden kommender Fluss mündete in den Fluss, auf dem sie fuhren und Achmeta zeigte nach Norden: „ Etwa einen guten Tagesritt entfernt liegt die größere Stadt Kutaissi.“  

Und sorgfältig wurde das auf der Karte eingetragen.

Der Fluss bog etwas nach Süden, um dann wieder nach Norden zu fließen, dabei behielt er aber immer die Richtung nach Westen bei.

 

Nach einigen Tagen nahm der Verkehr auf dem Fluss auffallend zu und Alka-An meinet zu Sooler: „Ich glaube, wir nähern uns dem Meer.“

Sooler verließ mit seinen Kundschaftern das Floß und ritt nach Westen voraus.

 

 

Einen Tag später kamen die Kundschafter zurück und berichteten, dass eine Stadt vor ihnen liegt und der Fluss mitten durch die Stadt fließt. Das Meer ist nach der Stadt noch etwa zwei, drei Tage auf dem Fluss entfernt.

Achmeta sagte zu Alka-An, dass die Stadt am Fluss Samtredia heißt und dieser Fluss bei der Hafenstadt Poti in das westliche Meer mündet.

 

Nachdem Alka-An erfahren hat, dass ihre Vorräte ausreichend sind und auch sonst nichts dringend benötigt wird, entschloss er sich, Samtredia nicht zu besuchen und direkt bis Poti durch zu fahren.

Das westliche Meer

Alka-An war von der Größe des Meeres überrascht und etwas sorgenvoll sah er die das aufgewühlte Wasser, durch das selbst die größeren Schiffe schwer einstampften.

 

Bei diesem Wellengang werden sie mit ihren Flößen ganz sicher Probleme bekommen.

 

Apscheron und auch Achmeta versuchten Alka-An zu beruhigen, das Meer ist sicherlich nicht jeden Tag so stürmisch und sie werden mit ihren Flößen und Kähnen gut an der südlichen Küste fahren können.

Alka-An nickte dazu, aber innerlich blieben die Zweifel.

 

Poti war eine typische Hafenstadt, laut, mit viel Betrieb, überall liefen Menschen sehr geschäftig hin und her, Fuhrwerke ratterten über das grobe Straßenpflaster.

Achmeta konnte keine Unterkunft für sie in der Stadt auftreiben, so blieben alle bei den Flößen und Kähnen und das war, wie es sich in den nächsten Tagen heraus stellte, auch gut so.

 

Denn kleine, sehr flinke Kinderbanden versuchten zu stehlen, was sie erreichen konnten.

 

Die wachsamen Soldaten erwischten einige dieser kleinen Diebe und brachten sie zu Alka-An, der sah sie streng an und fragte nach dem Anführer und erhielt natürlich keine Antwort.

Erst als Achmeta die Kinder in ihrer Sprache fragte, wurden diese sehr unruhig. Achmeta machte der Diebesbande klar, dass er, wenn er den Namen des Anführers nicht erfährt, alle streng bestrafen muss und zog bei seinen Worten ein großes Messer, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

 

Erschreckt tuschelten die Kinder und schubsten dann einen Burschen vor, der sich zwar dagegen wehrte, aber jetzt stand er recht verloren vor Achmeta.

Der Junge wurde von Achmeta sehr ernst gefragt, ob er der Anführer der Diebe sei und fast trotzig gab er es zu. Achmeta machte dem Jungen klar, dass Dieben nach Landessitte die rechte Hand abgeschlagen wird.

Der Junge wurde blass und sah mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen auf das große Messer in Achmetas Hand.

Achmeta packte blitzschnell die rechte Hand des Anführers und legte sie flach auf einen Holzstapel.

Grell schrie der Junge vor Furcht laut auf, genauso laut schrie seine Bande.

Mit weit aufgerissenen Augen starrten sie Achmeta an, der immer noch eisern die rechte Hand des sich windenden Jungen festhielt.

Jetzt trat Alka-An vor, sehr ernst und sehr würdevoll sprach er mit Achmeta, dieser nickte ernst zu den Worten von Alka-An und sagte dann zu der Diebesbande: „Das ist Alka-An, ein großer Fürst aus einem fernen Land!“

 

Er sah die Kinder ernst an und fuhr fort: „Der Fürst Alka-An lässt Gnade vor Recht gelten, weil er Gast in eurem Land ist und lässt euch laufen.“

Es dauerte nur einen Bruchteil eines Wimpernschlages und weg war die Bande.

 

Auf Anweisung von Alka-An verstärkten die Männer mit zusätzlich Seilen und Balken alle Flöße, auch Apscheron ließ die Flachkähne verstärken, denn das Meer zeigte immer noch eine sehr aufgewühlte Wasserfläche!

Als sich Abends alle bei den Küchen versammelten, stand Alka-An auf und sagte zu seinen Gefährten, dass er zwar mit den Flößen weiter fahren möchte, aber sollte es sich zeigen, dass die Flöße und die Flachkähne von Apscheron nicht für das Meer geeignet sind, werden wir an Land weiter ziehen.

 

Diese Vorsichtsmaßnahme verstanden alle.

 

In der Nacht schlief der aus Nordosten kommende Wind ein und das Meer zeigte sich am Morgen mit einer glatten Oberfläche.

Alka-An gab das Zeichen zur Weiterfahrt und Apscheron lenkte den ersten Flachkahn aus dem Hafen.

Kaum hatte der Kahn das offene Meer erreicht, tauchte der Kahn in der ersten Welle ein und nahm dabei viel Wasser auf. Nicht viel besser erging es den Flößen, schon nach wenigen Wellen und es waren wirklich kleine Wellen, war alles völlig durchnässt.

Den ganzen langen Tag versuchten die Flößer gegen die Wellen, Strömung und Wind nach Westen voran zu kommen.

 

Aber als sie am Abend an einem schmalen Strand anlegten, mussten sie feststellen, dass sie mit ihren Flößen eine nur sehr geringe Entfernung bewältigt hatten, denn sie konnten noch gut die Stadt im Norden erkennen, die sie heute morgen verlassen hatten.

 

Die harte Plackerei den ganzen Tag über hatte nicht sehr viel erbracht. So einigten sich die Reisenden, es noch ein, zwei Tage mit den Flößen zu versuchen und wenn sich das vorwärts kommen nicht sehr deutlich bessert, dann sollte die Reise auf dem Land fortgesetzt werden.

 

Es wurde nicht besser, im Gegenteil, der starke Wind drückte die Flöße gegen das felsige Ufer, die Wellen durchnässten alles auf den Flößen und als die ersten Verletzten zu beklagen waren, stand es fest, wir setzen unsere Reise auf dem Land fort.

 

Zum Glück fanden sie eine etwas geschützte Bucht, in der sie die Flöße und Flachkähne ausladen, die Fuhrwerke zusammen bauen und beladen konnten.

Irgendwie machten die Menschen, seit sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, einen zufriedeneren Eindruck.

Selbst die Tiere waren viel ruhiger und ließen sich ohne Murren einspannen oder beladen.

 

Sooler kam mit seinen Kundschaftern ins Lager zurück, als die Menschen im Lager zum Aufbruch bereit waren. Sooler lachte die Menschen erwartungsvoll an: „Es kann los gehen, wir können sehr lange an der Küste bleiben. Der Küstenstreifen wird an manchen Tagen sehr schmal, aber unser durchkommen ist möglich.“

Der Rest wurde auf die Fuhrwerke verladen oder auf die Packtiere festgebunden und Alka-An hob den rechten Arm: „Auf nach Westen!“

 

Jetzt machten sich die gewonnenen Erfahrungen aus der langen Reise schnell bemerkbar. Der Treck fand schnell seine Marschordnung, wo immer es möglich war, marschierte das Vieh wieder in der geschützten Mitte des Trecks, die Reitersoldaten sicherten die Flanken und die Bogenschützen saßen wachsam auf den Fuhrwerken.

Der Strand war teilweise wirklich schmal, aber der Treck kam gut voran und am ersten Abend an Land konnten alle zufrieden feststellen, dass sie wesentlich weiter und angenehmer voran gekommen sind, als mit den Flößen auf dem Meer.

So erstaunte es Alka-An nicht im Geringsten, dass der Abend zu einer fröhlichen Feier ausartete.

 

Höchst vergnügt schwenkte er seine Bythia im Kreis, von lauten Klatschen der Umstehenden begleitet. Getanzt wurde zu jeder Musik, so bunt gemischt wie mittlerweile Alka-Ans Gesellschaft auch geworden ist, alle schwangen aufgekratzt das Tanzbein.

Der Vollmond beleuchtete freundlich die ausgelassenen Menschen und sah zu, wie die letzten in ihre Zelte verschwanden.

 

Das Frühstück kam nur schleppend in Gange, so dass Alka-An etwas gequält grinsend bekannt gab, dass es wohl für alle angenehmer wäre, den heutigen Tag hier im Lager zu bleiben.

Sehr erleichtert verschwanden merkwürdigerweise doch eine Menge Leute wieder in ihren Zelten und der Tag verlief auffallend ruhig.

Nur einige werkelten an den Fuhrwerken oder versorgten die Tiere. Selbst der äußerst gut riechende Essensduft, der um die Mittagszeit durch das Lager zog, lockte nur einen Teil der Menschen aus ihren Zelten.

Alka-An saß mit seiner Bythia zwischen den Leuten, die sich das Mittagessen gut schmecken ließen, als sich ihm plötzlich die Nackenhaare sträubten.

Der Boden wackelte wieder!

 

Bythia sprang mit einem Entsetzensschrei auf, da fielen auch schon die ersten Felsbrocken von dem Küstengebirge herunter, einer krachte mit einem Riesengetöse in ein Fuhrwerk und hinterließ nur noch einen Haufen zersplittertes Holz. 

Weitere Felsbrocken rollten ins Lager und walzten mehrere Zelte nieder. Voller Panik kamen jetzt alle aus den Zelten gerannt. Zwei Fuhrwerke machten sich durch die heftigen Erschütterungen selbstständig und rollten mit einer hohen Geschwindigkeit wild hopsend und springend in das Gewimmel des aufgescheuchten Lagers.

 Barthin schrie aus voller Kehle eine Warnung und zeigte heftig gestikulierend auf die wild gewordenen Fuhrwerke!

Trotz der Warnung rasten die wild gewordenen Fuhrwerke mit Urgewalt in die Menschen und matschten alles platt.

 

Gellende und jammervolle Schreie der Getroffenen, klägliches jammern der Verletzten und noch immer rappelte der Boden, Felsbrocken, groß wie Häuser krachten von den Bergen herunter und rollten mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit durch das Lager und zerstörten alles, was ihnen in die Quere kam.

 

Das Vieh rannte wie verrückt geworden durch das Lager und verletzte viele Menschen.

Das jammern und Klagen war herzzerreißend, überall lagen verletzte und tote Menschen.

 

Alka-An sah mit Entsetzen, wie ein besonders großer Felsbrocken in die Herde der Zugtiere raste, einige Pferde sprangen voller Panik über die Abzäunung, aber alle anderen wurden von dem Felsbrocken nieder gewalzt. Mit einem höllischen Krach barste die Boden keine zwanzig Schritte von Alka-An auf, ein langer Spalt tat sich auf und wild schreiende und entsetzt kreischende Menschen fielen hinein.

Und ob es noch nicht genug Schrecken war, schloss sich der Spalt im Boden mit einem knirschenden Lärm, der in den Ohren böse schmerzte.

Alka-An sah sich in diesem Inferno suchend um, dann entdeckte er Bythia, die neben einen Verletzten kniete.

 

Voller Schrecken rannte er zu der Frau und riss sie hoch und mit sich, gerade noch rechtzeitig, denn ein weiterer Felsbrocken donnerte durch das ratzekahl zerstörte Lager.

Bythia klammerte sich schreiend an Alka-An: „ Es soll aufhören, es soll aufhören!“

Alka-An versuchte Bythia zu beruhigen, aber das war natürlich Angesicht des Chaos ringsum vergeblich.

„Komm, wir müssen den Verletzten helfen“,

Bythia zerrte an Alka-An, Alka-An hielt die junge Frau eisern fest und zeigte stumm auf die Felsbrocken, die durch das Lager rollten und einige davon verschwanden in das hoch aufspritzende Wasser.

 

Eng umschlungen stand Alka-An mit Bythia, wütend über seine Hilflosigkeit und langsam erst bemerkte er die unnatürliche Stille nach dem irrsinnigen Höllenlärm.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Alka-An auf das Meer, riesige Wellen hatten sich aufgetürmt und rollten jetzt erschreckend schnell auf das Ufer zu!

Alka-An schnappte sich Bythia und rannte mit ihr vom Ufer weg auf die Felsen zu, er schrie dabei wie ein Wilder, lauft, lauft vom Strand weg.

Die wie betäubt wirkenden Menschen reagierten zu langsam. Krachend schlugen die Wasserberge auf das felsige Ufer und dann war es vorbei.

 

Jetzt hörte er die Schmerzensschreie, die entsetzlichen Schreie voller Leid der Menschen, die die Katastrophe überlebt hatten.

Wie erstarrt, wie gelähmt standen, lagen und hockten die Menschen in den Trümmern, überall Tote und Verletzte, die Tiere rannten immer noch wie verrückt herum.

Bythia löste sich aus der Umarmung von Alka-An: „Wir müssen uns um die Verletzten kümmern.“

Alka-An schüttelte wie betäubt mit dem Kopf: „Ich suche nach weiterer Hilfe.“

„Gut“, damit eilte Bythia schon davon.

Alka-An fand nach und nach in dem Chaos Frauen und Männer, die die Katastrophe einigermaßen überstanden hatten und organisierte Hilfstrupps, vorrangig erstmal die Versorgung der Verletzten, aber er schickte auch ein paar Männer los, die sich um die Tiere kümmern sollen. Andere sollten damit beginnen, das Lager aufzuräumen.

 

 Owithan, Sotates und Tretikow waren intensiv mit der Versorgung der Verletzten beschäftigt, jetzt kamen ihre außergewöhnlichen Kräfte gut zu pass, kleinere Wunden schlossen sich umgehend, Knochenbrüche heilten schnell und selbst schwerste Verletzungen konnten die Heiler schnell kurieren.

Die Reihe der Verletzten nahm kein Ende, aber noch erschreckender waren die vielen Toten!

 

Die einbrechende Dunkelheit erschwerte jetzt doch die Arbeit, der Mond versteckte sich hinter dichten Wolken, Fackeln wurden entzündet und Owithan hüllte das ganze Lager in dem Schutzschirm ein. In dem flackernden Licht der Fackeln wurden die Verletzten in die stehen gebliebenen Zelte untergebracht, Owithan und Tretikow hatten etwas entfernt von dem Lager eine lange Grube geschaffen und legten dort die vielen Toten der Katastrophe hinein.

 

Die beiden Männer schlossen die große Grube, gingen ins Lager zurück und entfernten jetzt die vielen Tierkadaver. Spät, sehr spät in der Nacht kam etwas Ruhe auf, unterbrochen von dem leisen Stöhnen der verletzten Menschen.

 

Alka-An sackte stöhnend vor Entsetzen auf die Knie, als er von den vielen Toten der Katastrophe erfuhr.

Unter den vielen Toten auch Kuman, Gorges und Pettrinor, hinzu kam der Verlust der vielen Tiere, fast alle Fuhrwerke waren zerstört. Wie sollte bloß ihre Reise weitergehen?

 

Viele Tage vergingen mit dem pflegen der Verletzten, die Dank Owithans dann doch schnell wieder auf die Beine kamen, reparieren der noch halbwegs brauchbaren Fuhrwerke und sortieren der anderen Dinge, die das Erdbeben verschont hatte. 

Alka-An war, wie alle anderen auch, noch immer fassungslos über die schlimmen Verluste von Mensch und Tier.

 

Sooler hatte die vor ihnen liegende Reiseroute erkundet und berichtete von schlimmen Verwüstungen des Landes, ein Stück weit im Westen hatte er eine Stadt gesehen, die bis auf die Grundmauern zerstört war.

Weit und breit keine Spur von Menschen. Sooler empfahl trotz des schrecklichen Unglücks an der Küste weiter nach Westen zu gehen, da das Vorwärtskommen im Landesinneren durch die Verwüstungen noch schwerer werden könnte.

 

Lange brauchten die Menschen, um sich für die Weiterreise auf zu raffen.

Die Sonne stand strahlend am blauen Himmel, als Alka-An das Zeichen zum Aufbruch geben konnte. Viele Menschen mussten zu Fuß gehen, weil es für sie keine Reittiere gab und keinen Platz mehr auf den wenigen Fuhrwerken. Der schmale  Küstenstreifen war übersät von Gesteinsbrocken, die das Vorwärtskommen zusätzlich erschwerten.

 

 Schon früh gab Alka-An das Zeichen zum lagern, noch immer schienen die Menschen wie gelähmt zu sein. Wie mechanisch wurde das Lager aufgebaut, stumm saßen die Menschen beim Abendessen.

Alka-An sprach mit Sotates, Owithan, Duner und anderen über den Zustand der Menschen und wie man sie aus dem Schockzustand befreien könnte.

Bythia brachte es mit einfachen Worten auf den Punkt: „Wir alle brauchen Ablenkung, eine neue Aufgabe, vielleicht sogar ein neues Abenteuer, das den Schrecken vergessen macht.“

„Wir müssen unbedingt die zerstörte Stadt umgehen, der Anblick würde wieder alle Erinnerungen wach rufen“, Owithan sah Sooler fragend an, „ gibt es einen Weg um die Stadt?“

„Wir müssten weit ins Landesinnere vorstoßen und der Weg wird noch beschwerlicher. Das Land ist öd und trocken. Wir werden Probleme wegen dem Wasser bekommen“, schloss Sooler seine Auskunft.

„Wir sollten es trotzdem wagen, wir alle brauchen dringend etwas neues vor Augen“, Bythia wirkte plötzlich wieder energisch.

„Gut, wagen wir den Weg ins Landesinnere“, Alka-An stand auf und die Runde löste sich auf.

 

Nur Owithan blieb bei Alka-An und Bythia: „Ich werde sehr vorsichtig ein Kraut in jedes Getränk geben, das die Menschen langsam beruhigen wird.“  

 

Kurz vor der zerstörten Stadt bog Sooler links in die Berge und sie folgten dem schmalen Tal nach Süden. Überall waren noch Spuren des schlimmen Erdbebens zu sehen. In den Felswänden waren tiefe Risse zu sehen, auch die Stellen im Fels, aus denen das Beben große Brocken heraus gebrochen hatte, waren deutlich zu erkennen.

Der Talgrund war übersät mit großen und kleineren Steinen, die Menschen mussten ständig den brocken ausweichen, beschwerlich war es für die Fuhrwerke.

 

Gegen Abend machte das Tal einen Bogen nach Westen. In diesem Bogen ließ Alka-An das Lager für die Nacht herrichten, weil der Boden weniger Steine aufwies und es sogar eine kleine Quelle gab.

Durch den anstrengenden Marsch durch das enge Tal waren die Menschen müde geworden und viele schliefen seit dem Erdbeben zum ersten mal wieder die ganze Nacht durch.

Das Kraut von Owithan tat ein Übriges.

 

Viele Tage zogen die Menschen dem Tal Verlauf folgend nach Westen, Die Berge links und rechts blieben hoch und mächtig, die Berge auf der linken Talseite waren womöglich noch höher als auf der rechten Seite.

 

Es war, wie Sooler berichtet hatte, ein ödes und trockenes Land von einer wilden Schönheit, als wolle die Natur den kleinen Menschen zeigen, wie unwichtig sie eigentlich sind.

 

Nachdem der Treck das Erdbeben Gebiet hinter sich gelassen hatte, kamen sie auch besser voran. Der Talgrund blieb eben und durch die hohen Felswände blieb es Tagsüber auch angenehm kühl in dem schmalen Tal.

 

Unauffällig sorgte Owithan dafür, dass der Wasservorrat nie zu Ende ging, wie auch die Nahrungsmittel und das Futter für das Vieh.

Im Laufe des nächsten Tages öffnete sich das Tal allmählich, es wurde immer offener, obwohl es nach wie vor den hohen Bergen eingegrenzt wurde.

Abends erreichte der Treck einen Teil des Tales, der sich sehr weit darstellte, die Berge traten etwas zurück, das Vieh stürmte brüllend in das frische Gras und die Menschen sprangen voller Freude in den kleinen Fluss, der mit seinem klaren, kalten Wasser aus den Bergen kam.

Alka-An ließ das Lager an diesem schönen Platz ein paar Tage stehen.

Die Menschen sollten sich ausruhen, sich um ihre Sachen kümmern, wieder zusammen finden.

 

Von Sooler erfuhr Alka-An, dass sie von dem Tal direkt nach Norden an das Meer zurück gebracht werden. Direkt zu einer Stadt, die ihnen vielleicht die Möglichkeit bot, ihren Treck wieder aufzurüsten.

 

Zwei Tage später erreichte der Treck die Küste des Meeres und sahen links von ihnen die Stadt am Meer liegen.

 

Barthin ließ das Lager in eine geschützte Ausbuchtung der Berge errichten, dadurch war das Lager von drei Seiten gegen mögliche Angriffe gut geschützt und die Soldaten konnten sich auf die offene Seite zur Stadt hin konzentrieren.

 

Alka-An stellte am nächsten Morgen wieder einen Trupp zusammen, der die Stadt aufsuchen sollte, etwas geschützt durch eine kleine Gruppe Soldaten, die wieder in der Nähe der Stadt Wache halten sollten.

 

Bythia und Duner hatten eine lange Liste über Dinge, die dringend benötigt wurden. Ganz oben auf der Liste standen Stoffe für Kleidung und Decken. Vorratsbehälter wurden benötigt und ganz dringend natürlich Reitpferde und Packtiere.

 

Die Bewohner der Stadt nahmen nur wenig Kenntnis von den Besuchern. Als Hafenstadt waren sie wohl Fremde gewohnt.

 

Der Hafen beherrschte die Stadt, in dem ein reger Betrieb herrschte, einige schon recht große Schiffe fielen Alka-An und seinen Begleitern auf.

 

Das Stadtbild zeigte nichts besonderes, sie sahen ein großes Gebäude, das sich schnell als Universität heraus stellte. Zwei, drei weitere, größere Gebäude entpuppten sich als Stadtpalast und Verwaltungsgebäude. In einem kleineren Gebäude waren Soldaten untergebracht.  

 

Zwei schöne Plätze und einen großen Markt, das war es dann schon. Bythia handelte schon mit dem ersten Tuchhändler und Duner feilschte heftig mit einem Pferdehändler.

 

Alka-An versuchte zusammen mit Tretikow eine Bleibe für die Nacht zu finden, was aber befremdlicherweise schier unmöglich war.

Die wenigen Herbergen waren komplett belegt, so das Alka-An mit seiner Gruppe gegen späten Nachmittag zum Lager zurück kehren musste.

 

Die Menschen im Lager jubelten, als sie die Pferde sahen, die Duner mit einigen Männern ins Lager trieb.

Bythia verteilte die Stoffe und Decken und versicherte den fragenden Menschen, dass sie in den folgenden Tagen die noch fehlenden Sachen besorgen würde.

 

Sooler erkundigte sich bei Alka-An, wie der weitere Reiseweg aussehen soll?

„Wir sollten weiter nach Westen ziehen, ich glaube, so langsam wollen alle nach Haus. Abenteuer haben wir genug erlebt und vieles Neues kennen gelernt und gesehen. Ja, lasst uns nach Westen ziehen.“ Schloss Alka-An.

„Gut“, antwortete Sooler, ich konnte in Erfahrung bringen, dass es zwischen dieser Stadt und der nächsten Stadt im Westen eine gute Wegstrecke entlang der Küste gibt.“

„Von der nächsten Stadt aus entscheiden wir dann, ob wir weiter nach Westen ziehen oder noch mal nach Süden.“

 

Die Besorgungen waren nach wenigen Tagen erledigt, die Menschen waren wieder gut versorgt, die letzten  Verletzten wieder auf den Beinen, alle hatten Reittiere und die Fuhrwerke waren hoch beladen.

 

Sooler führte den Treck zwischen dem Stadtrand und dem Gebirge nach Westen. Es zog sich tatsächlich ein recht breiter Weg am Ufer des Meeres nach Westen.

Ständig zogen Kolonnen mit hochbeladenen Packtieren nach Westen oder kamen aus Westen.

Die Fuhrwerke in Alka-Ans Treck wurden des Öfteren bestaunt, einige Händler wollten sie sogar einhandeln.

Nur mit Mühe konnte Duner den Handel verhindern.

 

Auf dem ebenen und breiten Weg der Küste entlang ging es gut voran.

Abends fand Sooler immer einen guten Lagerplatz.

Oft konnten sie neben Herbergen oder Karawansereien lagern. Sofort kamen Reisende zu ihnen und versuchten mit ihnen zu handeln.

Sie boten herrliche Stoffe an, der die Augen der Frauen glänzend machte, aber auch sehr praktische Dinge wurden angeboten.

Duner erstand neues Geschirr für die Pferde und Satteldecken.

 

Das Gebirge säumte weiterhin ihren Weg der Küste entlang, es war ein angenehmes Reisen, der Weg blieb auch weiterhin problemlos.

Je näher sie der im Westen liegenden Stadt kamen, umso dichter wurde der Betrieb auf dem Küstenweg. 

 

Die Küste bog sich jetzt in einem weiten Bogen auffallend nach Süden.

Auf den aus Landesinneren kommenden  Wegen kamen noch mehr Menschen mit Packtieren auf den Küstenweg und vermehrten den Betrieb beträchtlich.

 

Bythia sprach Alka-An an: „Es muss sich um eine sehr große Stadt handeln, weil so viele Warentransporte dorthin unterwegs sind.“

„Das ist gut möglich“, antwortete ihr Alka-An, „es kann aber auch sein, dass die Stadt auch einen Hafen hat und die Waren von dort weiter gebracht werden.“

„Das ist natürlich auch gut möglich, wir werden es ja sehen.“

 

Tage später fragte Alka-An Sooler verblüfft. „Wie weit ist die Stadt noch entfernt?“

„Wir werden noch gut acht oder zehn Tage benötigen, um die Stadt zu erreichen, warum fragst du?“

„Kein besonderer Grund, mir fiel nur auf, dass wir schon eine Weile auf dem Weg sind.“

„Dieses Meer scheint recht groß zu sein, man kann in keiner Richtung ein Ende sehen.“

 

Langsam trat das Gebirge, dass immer noch beeindruckend mächtig dem Küstenverlauf folgte, zurück und gab eine grüne Ebene zwischen dem Meer und den Bergen frei.

Schon sah man kleine Gehöfte mit Ziegen,  ab und an sah man auch bearbeitete Felder.

Die Besiedlung wurde von Tag zu Tag dichter.

Die Menschen nutzten das flache Land sofort für Viehzucht und Ackerbau. 

 

Sooler behielt mit seiner Prognose recht, nach zehn Tagen erreichte der Treck den Stadtrand.

 Die Stadt hatte sich breit ausgedehnt, die niedrigen Häuser erstreckten sich weit in die Ebene. Auch in dieser Stadt beherrschte der Hafen das Geschehen, außer, dass die Stadt wie ein Bienenkorb vor Betrieb summte, war nichts Besonderes von dieser Stadt zu berichten.

 

Bythia ging mit einigen Frauen auf den Markt, um einige, dringend benötigte Sachen zu besorgen und kam ganz begeistert zurück und schwärmte von diesem riesigen Markt, auf dem wohl wirklich alles zu bekommen war, was man sich nur vorstellen kann.

 

Alka-An durchstreifte mit einigen Frauen und Männern die Stadt, aber sie konnten wirklich nichts Besonderes entdecken. Die verwinkelten Gassen, von einfachen, niedrigen Häuern gesäumt, ein paar größere Gebäude, das war es auch schon.

Der Hafen war da viel interessanter.

Viele Schiffe wurden be-und entladen, dickbauchige Schiffe, tief im Wasser liegend, steuerten Liegeplätze an, knarrend bewegten sich die Hebevorrichtungen mit den schweren Lasten.

 

Abends zeigte Sooler Alka-An eine Karte des Landes, in dem sie sich gerade befanden.

Erstaunt sah Alka-An die Größe des Landes, es sah aus wie eine riesengroße Halbinsel, im Norden, Westen und Süden von Wasser umgeben, nur der Osten ging in andere Länder weiter.

Alka- An sah auf der Karte, dass das ganze Landesinnere sehr gebirgig war und nur sehr wenige Wege führten durch die Berge.

„Es ergeben sich für uns leider nur zwei Möglichkeiten, entweder wir reisen an der Küste weiter nach Westen oder nach Süden oder wir versuchen in der nächsten größeren Stadt Schiffe zu bekommen und damit nach Westen, nach Cameedor zu segeln.“

„Und wenn wir versuchen, nach Norden weiter zu kommen?“

„Wir kämen von einem Gebirge in das andere, ich habe mit Händlern gesprochen, die die Wegstrecke kennen, sie ist gefährlich und sehr mühselig.“

„Gut, wir werden mit den Menschen reden und dann eine Entscheidung treffen“, Alka-An ließ alle zusammen rufen und erklärte ihnen die Möglichkeiten ihrer Weiterreise.

Die Menschen diskutierten eindrucksvoll und heftig, jede Gruppe brachte ihre Argumente überzeugend vor.

Es war von Anfang an klar, dass jede der beiden Möglichkeiten ihre Vor-und Nachteile hatte.

Ganz langsam gewannen aber doch die Befürworter der Weiterfahrt über See die Oberhand, weil unterm Strich dann doch die Vorteile gegenüber der Landreise überwogen.

 

Alka-An erklärte seinen Gefährten, dass er sich morgen im Hafen nach der Möglichkeit erkundigen wird, ob und wie er Schiffe erhandeln kann.

 

Alka-An hatte mehrere erfahrene Männer im Gefolge, mit denen er zum Hafen herunter ging.

Etwas mühsam war die Suche nach einem Verantwortlichen, bis Alka-An von einem Mann erfuhr, dass Schiffe in den Werften zum Verkauf vorhanden sind.

Alka-An marschierte mit seinen Begleitern zu den Schiffsbauplätzen und sahen dann die vor Anker liegenden Schiffe.

Klar erkennbar gab es drei Größen, Duner zeigte sofort auf das größte, dickbauchige Schiff: „ Davon benötigen wir drei!“

Alka-An musste laut lachen, so kannte er Duner überhaupt nicht! Sooler bremste die allgemeine Begeisterung etwas: „Wer soll die Schiffe segeln?“

 

Alka-An fiel vor Schreck die Kinnlade herunter, auch die anderen Männer sahen sich erschreckt an, daran hatte niemand gedacht!

„Wir brauchen für die Schiffe Kapitäne und Mannschaften“, murmelte Duner immer noch überrascht und etwas verlegen, wie konnte ihm nur so etwas passieren?

„Richtig und dann werden wir vier Schiffe nötig haben“, sagte Sooler und erklärte den Männern, „dass die Mannschaften für die Schiffe auch Platz beanspruchen.“

„Wenn wir überhaupt Schiffe mit Mannschaften bekommen sollten“, Alka-An war immer noch irritiert.

„Versuchen wir es doch einfach“, betont forsch versuchte Duner die Situation zu retten.

 

Die Männer gingen auf den Schiffsbauplatz zu und versuchten unter den vielen Männern, die an dem Schiff arbeiteten, jemanden aus zu machen, mit dem sie sprechen konnten.

 

Ein kleiner, flinker Mann löste sich aus den arbeitenden Männern und kam auf sie zu.

 

Achmeta trat vor und sprach den Mann an: „Wir wollen Schiffe kaufen und brauchen für die Schiffe auch Kapitäne und Mannschaften.“

Der Mann lachte Achmeta freundlich an: „Schiffe habe ich“, er zeigte auf die auf dem ruhigen Wasser dümpelnden Schiffe, „Aber Mannschaften habe ich nicht.“

Er sah die vor ihm stehenden Männer an: „Aber ich könnte euch Mannschaften besorgen.“

Achmeta zeigte sich, wie die anderen Männer auch, erleichtert und fragte den Mann, ob sie sich die Schiffe ansehen könnten.

 

 Freundlich grinsend zeigte der Schiffsbauer auf mehrere kleinere Ruderboote, die an der Kaimauer befestigt waren. Mit wenigen Ruderschlägen hatten sie das größte Schiff erreicht und sahen jetzt aus der Nähe erst richtig die Größe des Schiffes.

Dickbauchig ragte es hoch aus dem Wasser, leicht bewegten sich die drei Masten von einer Seite zur anderen.

 

Alka-An zeigte sich von dem Schiff schwer beeindruckt, es war sauber verarbeitet, die Fugen passten haargenau. Er kannte ja die Schiffe, die auf den Schiffsbauplätzen in Cameedor gebaut wurden, dieses Schiff machte einen ebenso guten Eindruck.

Der Schiffsbauer zeigte das Schiff von oben bis unten, durch die Bauart hatte das Schiff sagenhaft viel Platz unter Deck!

Alka-An sah Duner, Sooler und die anderen Männer fragend an: „Was meint ihr?“ Die Männer waren, genau wie er selbst, von dem Schiff überzeugt.

 

 Wieder an Land, führte sie der Schiffsbauer in ein kleines Haus hinter dem Schiffsbauplatz.

In dem einzigen Raum des Hauses stand ein großer Tisch, davor zwei Bänke.

Sie nahmen Platz und der Schiffsbauer stellte Krüge und Trinkbecher auf den Tisch,

Als er sich sicher war, dass die Fremden tatsächlich vier seiner Schiffe kaufen wollten, stellte er auch noch Dörrfleisch und Brot zu den Krügen.

Die Verhandlungen zogen sich hin, man einigte sich darauf, dass die Fuhrwerke, die Pferde und das restliche Vieh eingetauscht werden konnte.

Als Alka-An dem Schiffsbauer die Edelsteine zeigte, mit denen er die Schiffe begleichen wollte, war man sich schnell einig.

Der Schiffsbauer erklärte Achmeta, dass er drei der gewünschten Schiffe fertig habe, dass vierte ist im Bau, der Stapellauf wird in zwei Monden sein, in der Zeit wird er sich um die Mannschaften kümmern.

Alka-An war damit zufrieden und so kehrten sie in der einbrechenden Dämmerung in das Lager zurück.

 

Neugierig wurden sie von allen Seiten bestürmt und als die Menschen erfuhren, dass Alka-An bereits Schiffe erstanden hat, brach Jubel aus.

Duner sagte den Leuten noch, dass sie noch mindestens zwei Monate hier im Lager bleiben werden, bis das vierte Schiff fertig gebaut ist.

Zufrieden gingen die Menschen in ihre Zelte und freuten sich auf die vor ihnen liegende ruhige Zeit.

 

Ein paar Tage später erschien der Schiffsbauer im Lager und teilte Alka-An mit, dass sie mit dem Beladen der drei Schiffe beginnen können!

Helle Aufregung brach im Lager aus, es geht los!

Der Schiffsbauer sah sich bei der Gelegenheit die Fuhrwerke an und war begeistert, er rieb sich die Hände, er hatte ein gutes Geschäft gemacht!

 

Duner teilte die Menschen in vier etwas gleich große Gruppen und teilte drei davon schon jeweils ein Schiff zu.

Der Schiffsbauer hatte die drei Schiffe an der Kaimauer vertäuen und eine breite Rampe anlegen lassen, über die die Männer aus dem Lager das Schiff gut beladen konnten.

Das Lager sortierte die Sachen aus, die in den kommenden Wochen nicht mehr benötigt wurden und verbrachten sie schon auf das ihnen zugeteilte Schiff.

Ein paar Männer und Frauen blieben gleich auf ihrem Schiff und richteten sich ein.

 

Nach einiger Zeit erschien der Schiffsbauer wieder bei Alka-An und stellte ihm zwei wettergegerbte Männer vor: „Das sind Kapitäne für deine Schiffe, sie bringen auch gleich eine Mannschaft mit.“

 

Die beiden Männer machten einen erfahrenen und besonnenen Eindruck auf Alka-An.

Nach einem kurzen Gespräch war man sich Handels einig, die Kapitäne freuten sich über das großzügige Angebot!

Am nächsten Morgen erschienen die Kapitäne auf ihren Schiffen und übernahmen das Kommando.

Die Mannschaft erschien nach und nach und dann meldeten die beiden Kapitäne, dass die Mannschaft komplett sei.

Ein dritter Kapitän meldete sich bei Alka-An, der angab, die Route nach Cameedor zu kennen, weil er schon zweimal Fracht dorthin verbracht hatte.

 

Das vierte Schiff wurde von dem Schiffsbauer zu den an der Kaimauer vertäuten Schiffen gebracht und die Freude im Lager kannte keine Grenzen mehr, die Weiterfahrt steht nahe bevor!  

 

Wie von dem Schiffsbauer angegeben, wurde das vierte Schiff zu dem genannten Termin fertig.

Mit einer fröhlich, wilden Feier wurde der Stapellauf des Schiffes begrüßt.

 

Vielen wurde die Zeit zu lang, bis das Schiff aufgetakelt, mit Segeln bestückt, an der Kaimauer zu den drei anderen Schiffen gebracht wurde. 

Alka-An, Duner und Sooler wurde insgeheim schwer nervös, es fehlte immer noch der vierte Kapitän mit Mannschaft! 

Mit Achmeta ging Alka-An noch einmal zu dem Schiffsbauer, um sich zu erkundigen, ob sich ein weiterer Kapitän gemeldete hatte.

Bedauernd schüttelte der Schiffsbauer mit dem Kopf, leider hat sich kein weiterer Kapitän gemeldet.

 

Alka-An war darüber irgendwie beunruhigt, es muss doch Kapitäne geben, die ihr Schiff nach Cameedor steuern wollen und können.

In seinen Überlegungen hörte er die Worte von dem Schiffsbauer, der sich mit Achmeta angeregt unterhielt: „Das Problem ist, dass viele Kapitäne die Fahrt nach Westen fürchten, weil viele Sagen und Geschichten von fürchterlichen Seeungeheuern, von schlimmen Piraten erzählen.

Auch von Felsen, die jedes Schiff bei der Durchfahrt zerquetschen, wird berichtet!“

Achmeta schüttelte erstaunt mit seinem Kopf: „Das wird wirklich von den Männern geglaubt?“

„Und ob“, der Schiffsbauer fuhr fort, „Die Krönung der Sagen sind fliegende Ungeheuer, die jedes Schiff vernichten können, hinzu kommen schwere Unwetter und Erdbeben!“

 

Wieder schüttelte Achmeta mit dem Kopf: „Und diesen Unsinn glauben Kapitäne?“

 

Ein Fremder mischte sich ein: „Bedenkt, dass an jeder Sage, an jeder Geschichte ein Fünkchen Wahrheit steckt!“

Alle schauten den Fremden erstaunt an, der erzählte weiter: „Im Laufe der Generationen wurden die Geschichten ausgeschmückt, jeder, der diese Meere befahren hat, brachte ein weiteres Erlebnis mit.“

„Wer seit ihr? Fragte Achmeta verblüfft.

Mit einer eleganten Verbeugung nannte der Fremde seinen Namen: „Man nennt mich Odysser, ich bin Kapitän und ihr sucht doch einen Kapitän?“

„Habt ihr auch eine Mannschaft, die ein großes Schiff bedienen kann?“ Wurde der Mann von Alka-An direkt gefragt.

Der drehte sich um und verließ das kleine Haus, neugierig gingen die Männer mit ins Freie.

Mit einer etwas übertrieben Handbewegung, die die Gruppe Männer umschloss, die vor dem Haus stand, sagte er: „Meine, aus vielen Fahrten, erfahrene Mannschaft!“

Etwas kritisch sah sich Alka-An den zerlumpten Haufen an, viel machten die Männer nicht her.

Odysser sah die kritischen Blicke von Alka-An und beeilte sich, die Situation dadurch zu retten, in dem er schnell erklärte, warum seine Mannschaft so zerlumpt und herunter gekommen aussieht. „Sobald die Männer an Land sind, müssen sie sich prügeln, sie sind wie kleine Kinder, aber an Bord sind sie gute Seeleute.“

 

Alka-An handelte den Lohn mit dem Kapitän aus und einigten sich darauf, dass er mit seiner Mannschaft in zwei Tagen an Bord des Schiffes kommt.

 

Alka-An ging mit Achmeta nicht ganz zufrieden  ins Lager zurück, im weg gehen sah sich Alka-An noch einmal nach seiner neuen Mannschaft um, die Männer standen dicht bei einander und der Kapitän redete sehr eindringlich auf sie ein.

 

Im Lager angekommen, rief Alka-An sofort nach Barthin und bat ihn, sofort eine Gruppe Soldaten auf das Schiff zu beordern.

Alka-An sah Barthins fragenden Blick: „Ich möchte von den Soldaten mehr über die neue Mannschaft erfahren, aber auch verhindern, dass die Männer etwas anstellen.“

Barthin führte die Anordnung von Alka-An umgehend aus und wenig später sah Alka-An eine größere Gruppe Soldaten Richtung Hafen marschieren.

Etwas beruhigt wandte sich Alka-An den laufenden Arbeiten zu.

Das Beladen der Schiffe näherte sich dem Ende und immer mehr von Alka-Ans Leuten blieben auf den Schiffen.

Das Lager schrumpfte dadurch von Tag zu Tag und dann wurde das letzte Zelt abgebaut und mit den wenigen noch vorhandenen Gepäckstücken auf die Schiffe gebracht.

 

Am nächsten Morgen meldeten alle vier Kapitäne klar Schiff: „Wir können, sobald die Wasservorräte an Bord sind, in See gehen.“

 

Alka-An sah ein kleineres Schiff, das sich in unmittelbarer Nähe aufhielt und fragte den nächststehenden Kapitän, was es sich mit dem Schiff auf sich habe? Der Kapitän gab Alka-An freundlich und höflich Bescheid: „Das Schiff ist mein Eigentum. Ich möchte es aber während unserer Reise nicht unbewacht im Hafen lassen, deswegen habe ich mir erlaubt, es als Proviantschiff einzusetzen.“

Zustimmend nickte Alka-An, er erkannte jetzt den Mann wieder, dass war der Kapitän, der den Seeweg nach Cameedor kannte. 

„Gut, Phystar, ich möchte, dass ihr das Kommando über diese Reise übernehmt.“

Der Mann zeigte sich angenehm überrascht: „Danke, dann werde ich die drei anderen Kapitäne zu mir kommen lassen und ihnen eure Entscheidung mitteilen.“

 

Phystar schickte Boten zu den anderen Schiffen und nur wenig später trafen die drei Kapitäne auf der „Seetha“ ein. Nach einem kurzen Gespräch kehrten die Kapitäne auf ihre Schiffe zurück und Phystar meldete Alka-An, das die Schiffe Abreise fertig sind!

Die Seereise

Die „Seetha“ steuerte die Hafenausfahrt an und in schöner Reihe folgten die „Sirgith“, Dyrla“ und die „Kateene“.

Den Schluss bildete das kleine Schiff von Kapitän Phystar.

Die „Seetha“ steuerte Kurs Nordwest, um den ablandigen Wind auszunutzen. 

Die Reisenden an Bord der vier Schiffe hatten sich eingerichtet und genossen jetzt in vollen Zügen die bequeme Seefahrt.

 

Das Meer war ruhig, der Wind trieb die Schiffe zügig voran, es war ein schöner Tag.

 

Am frühen Nachmittag drehte der Wind auf Nord und brav drehte der Pulk der vier Schiffe nach Süd und segelten mit achterlichen Wind weiter.

 

Phystar trat, Alka-An Erlaubnis heischend ansehend, zu der Gruppe, in der Alka-An mit Sooler, Bythia und einigen anderen stand und zeigte erklärend nach Süden. „Gegen Abend werden wir durch eine Meerenge segeln, die in der ganzen Seefahrt einen berüchtigten Namen hat!“

 

Interessiert forderte Alka-An Phystar auf, weiter zu sprechen.

 

„Die Meerenge verbindet dieses Meer mit einem weiteren Meer. Die Meerenge ist an vielen Stellen sehr eng, deswegen möchte ich vorschlagen, dass wir vor der Meerenge für die Nacht ankern und die Durchfahrt morgen bei Tageslicht beginnen.“

„Einverstanden“, Alka-An sah sich in der Gruppe um, alle stimmten zu.

Phystar fuhr fort: „Im Südwesten liegt eine natürliche Bucht, die als Hafen benutzt wird. Durch die vielen Länder, die an diese Meerenge angrenzen, herrscht hier viel Schiffsverkehr. Vor vielen, sehr vielen Generationen wurde diese Meerenge Kimmerische Meerenge genannt.“

Phystar neigte grüßend seinen Kopf und ging zum Ruder zurück und gab die entsprechenden Befehle an die anderen Schiffe weiter.

 

Kurz darauf schossen die Schiffe in den Wind und schon rasselten die Ankerketten.

 

Die Schiffe drehten sich nach dem Wind und lagen still.

Nur leicht wiegten sich die Schiffe in der geringen Dünung, schnell entwickelte sich ein lebhafter Verkehr zwischen den vier Schiffen, die Menschen besuchten sich gegenseitig, brachten benötigte Dinge von einem Schiff zu anderen,

Lachen klang über das Wasser.

 

Helle Lichter strahlten von der großen Stadt in dem Wasser, ab und zu trieb der Wind Geräusche aus der Stadt zu den Schiffen, die die ganze Nacht nicht zur Ruhe kam.

Strahlend kam die Morgensonne über die östlichen Hügeln, die Menschen auf den Schiffen wurden munter und nur wenig später wurden die Segel gesetzt und mit dem schwachen Wind nahmen die Schiffe zögerlich Fahrt auf.

Phystar hielt die „Seetha“ sehr genau in der Mitte der Meerenge und genau so folgten die vier anderen Schiffe. Wie Phystar angekündigt hatte, erwachte mit dem frühen Morgen der Verkehr auf dem Wasser, unzählige kleine und größere Boote wimmelten auf dem Wasser und die Steuerleute an den Rudern mussten mächtig wachsam sein.

 

Der Wind blieb zwar schwach, reichte aber aus, um die Schiffe auf Kurs zu halten.

Sehr vorsichtig steuerte Phystar die „Seetha“ durch das Gewimmel von Booten.

 

Die Schiffe benötigten für die Durchfahrt der Meerenge tatsächlich den ganzen Tag, aber die großen Schiffe schafften es ohne Karambolagen mit den oft unvorsichtigen Schiffsführern der kleineren Boote.

Nach der Meerenge musste Alka-An feststellen, dass sie nicht offenes Meer erreicht hatten, sondern eine weitere See, die ringsum von nahen Ufern begrenzt wurde.

Das Ufer war sehr zerklüftet, viele Buchten schoben sich in das Land, Phystar fand für sie eine ungestörte Bucht für die Nacht und Alka-An erfuhr von seinem Kapitän, dass dieses kleine Meer zu einer weiteren sehr engen Durchfahrt führt und sie erst danach die offene See erreichen, die allerdings mit kleineren und größeren Insel übersät ist.

Alka-An bat die drei anderen Kapitäne zu sich an Bord zu einem Abendessen, um anschließend mit ihnen die zurück liegenden Tage und die vor ihnen liegende Weitefahrt zu besprechen.

Beruhigt konnte Alka-An feststellen, dass es keine schwerwiegenden Probleme gab, die vier Kapitäne akzeptierten und achteten sich und nahmen Phystar als leitenden Kapitän an.

Phystar erklärte den drei Kapitänen anhand von mehreren Seekarten die Überquerung des Meeres bis zur der Meerenge. Das Gespräch verlor sich in seemännische Einzelheiten, so widmete sich Alka-An Bythia und seinen anderen Gästen.

 

Schnell waren die zurück liegenden Abenteuer das Gesprächsthema, Apscheron und Achmeta waren immer noch davon fasziniert, was sie alles auf ihrer bisher noch kurzen Reise alles erlebt hatten.

Aber alle berührten das schreckliche Erdbeben nur sehr kurz, als wollten sie die Erinnerungen daran nicht wieder wachrufen.

Hingegen wurde der Wechsel von der Kura zu dem anderen Fluss, der sie zum Meer brachte, sehr lebhaft besprochen, einige Episoden wurden mit einem herzhaften Lachen von der Gesprächsrunde quittiert.

Odysser stand auf und setzte sich nahe von Bythia zu der Runde.

 

Der Kapitän begann sofort heftig mit Bythia zu schäkern.

Erst als Bythia den drängenden Mann sehr heftig abwehrte, wurde Alka-An aufmerksam und holte seine Bythia von dem Kapitän weg.

Der sah den beiden äußerst wütend und verschlagen nach, aber setzte sofort ein gewinnendes Lächeln auf, als er merkte, dass er von einigen in der Runde sehr aufmerksam beobachtet wurde.

„Der Mann ist unangenehm und sehr aufdringlich“, Bythia schüttelte sich, „ich kam mir vor, wie ein hilfloses Kaninchen vor einer gefährlichen Schlange.“

 

Alka-An legte beruhigend seinen Arm um die immer zitternden Schultern von Bythia. „Du wirst diesen Mann ja nur selten sehen, ich werde diese notwendigen Gespräche so einrichten, dass ein zusammen Treffen vermieden werden kann!“

„Danke“, kam es leise von Bythia, „danke Alka-An.“

 

Phystar führte die ihm anvertrauten Schiffe sicher durch die Meerenge und steuerte eines Abends zur Überraschung aller einen kleinen Hafen an.

Die fünf Schiffe füllten den kleinen Hafen komplett aus.

Als die Schiffe vertäut waren, gingen die ersten an Land und vertraten sich die Beine. Phystar wies die Menschen daraufhin, dass die kleine Stadt einige sehenswerte, sehr alte Gebäude und Ruinen vorweisen kann.

 

Wer sich dafür interessiert, wird sicher das eine oder andere interessantes entdecken können.

 

Schon kamen Händler zu den Schiffen und brachten auf ihren Karren alles mit, was Reisende auf langer Reise benötigen.

 

Phystar sagte Alka-An bescheid, dass er den Abend bei seiner Familie verbringen wird und morgen pünktlich zur Abfahrt zurück ist.

 

Viele Menschen von den Schiffen besuchten die kleine Stadt in kleineren und größeren Gruppen.

Von allen Seiten wurden sie freundlich begrüßt,

Sotates konnte hier mit seinem Wissen brillieren, aber auch Owithan und Tretikow konnten das eine oder andere von dieser Stadt zum Besten geben.

So wurde es für alle ein recht vergnüglicher Abend in den engen Gassen. Mit der aufgehenden Sonne, kehrte Phystar zum Hafen zurück, an seiner Seite ein junger Mann, den er Alka-An als seinen Sohn vorstellte: „Eubäus soll etwas von der Welt kennenlernen, wenn es euch recht ist, nehme ich Eubäus auf diese Reise mit.“

„Kein Problem“, Alka-An hieß den jungen Mann willkommen.

 

Sotates kam mit Owithan und Tretikow dazu und auch sie hießen den jungen Mann willkommen und baten dann Alka-An, noch ein paar Tage länger in dieser Stadt zu bleiben, hier gäbe es so viel zu sehen, dass es ein Jammer wäre, wenn sie diese einmalige Gelegenheit verpassen würden

 

Aufgeregt berichteten die drei Männer von uralten Tempeln, von Palastruinen und sogar von vielen Häuserruinen ganzer Stadtviertel!

Lachend bremste Alka-An die Begeisterung der drei Männer: „Ich werde Phystar bescheid sagen. Ich glaube nicht, dass euer Wunsch ein Problem ist.“

Heftig diskutierend, gingen die weisen Männer in die Stadt zurück.

Alka-An setzte sich in guter Stimmung zu Bythia, die mit anderen Frauen in der warmen Sonne saßen und Kleider nähten. Neugierig fragte Bythia Alka-An, was ihn so erheitert habe?

Alka-An erzählte schmunzelnd von der Begeisterung der drei Männer über die alten Bauschätze dieser Stadt.

„Das kann ich gut verstehen“, erwiderte Bythia, „ ich bin auch immer wieder von den alten Kulturen beeindruckt.“

Die Tage, die sich Sotates erbeten hatte, vergingen in angenehmer Bequemlichkeit, es lagen keine dringenden Arbeiten an, die Schiffe waren voll mit Vorräten, lediglich die Wasservorräte mussten noch vor ihrer Weiterfahrt aufgefüllt werden.

 

 So saßen und lagen die Menschen in der Sonne und genossen den Frieden in dieser kleinen Stadt.

Sotates ließ Alka-An wissen, dass sie mit ihren Erkundigungen der alten Ruinen fertig seien und von Phystar kam der Bescheid, dass der Wind günstig für die Weiterfahrt weht.

Der Aufbruch löste in der kleinen Stadt mächtige Betriebsamkeit aus, Männer und Frauen trugen Kisten, Körbe und andere Behälter zu den Schiffen.

Die Kinder schrien wild herum, manche Abschiedsszene rührte fast zu Tränen.

 

Phystar steuerte die „Seetha“ vorsichtig aus dem engen Hafen und legte das Schiff dann auf Südkurs. Lange standen die Menschen aus der Stadt am Ufer und winkten den Schiffen nach.

 

Phystar erklärte Alka-An und den umstehenden Menschen den Kurs der nächsten Tage. „ Das Meer ist voll von tausenden kleineren und größeren Inseln, deswegen werden wir nur tagsüber weitersegeln, nachts ist es einfach zu gefährlich. Viele Inseln ragen nur ganz flach aus dem Wasser, andere haben steile, hohe Felsen und Berge. Wir können trotzdem ziemlich genau nach Süden segeln, wir müssen nur einige Male den Kurs korrigieren.“

 

Voller Interesse neigte sich Alka-An über die Karte, er konnte unschwer die vielen Inseln erkennen, von denen Phystar so warnend gesprochen hatte.

Laut der Seekarte erkannte Alka-An auch, dass ihre Seefahrt zwischen zwei Ländern verläuft, im Osten lag das Land, dass sie an seiner Nordküste kennen gelernt hatten, im Westen lag das ihnen noch unbekannte Land. Beide Länder hatten wild zerklüftete Küsten, mit tiefen Buchten, die weit ins Land drängten und mit vielen vor gelagerten Inseln.

 

Phystar zeigte Alka-An auf der Seekarte eine auffallend große Insel weit im Süden: „Diese Insel steuern wir an, umrunden sie an ihrer Ostküste und steuern direkten Westkurs.“

 

Interessiert nahm Alka-An eine weitere Seekarte in die Hände, verblüfft sah er Phystar an: „Es kommt mir vor, als kenne ich das Gebiet auf dieser Karte.“

Alka-An legte die Karte auf den Tisch, legte trennend seinen Arm auf das östliche Gebiet und war sich jetzt sehr sicher, dass er dass er die eingezeichneten Küsten kennt.

Die Karte zeigte weit im Westen die Meerenge, den Verlauf der westlichen, nördlichen und östlichen Küste, nur das diese Karte auch die Länder weit Osten zeigt. Aufgeregt stellte Alka-An fest, dass die östliche Küste den Verlauf von einem langen und schmalen Land zeigt, das weit von Norden nach Südosten reichte.

Der Bogen am südlichen Zipfel wurde von einer Insel gebildet.

 

Dahinter lag eine große freie Wasserfläche.

Hinter dem schmalen Land im Osten war wieder ein Meer. Alka-An fragte Phystar, ob er diese Karte abzeichnen lassen dürfe, da sie in einigen Punkten sehr viel genauer ist als sein Kartenmaterial.

Phystar hatte nichts gegen Alka-Ans Wunsch ein zu wenden.

 

In einem ruhigen Moment nahm Owithan Alka-An zur Seite: „Wir sollten bei Odysser sehr vorsichtig sein, der Mann falsch und verschlagen. Sotates und auch Tretikow sind mit mir einer Meinung, der Mann verfolgt nur seine eigene Ziele, welche, dass wissen wir allerdings nicht.“

„Meine Meinung über Odysser hat sich auch sehr ins negative gedreht und das nicht nur wegen seines Umganges mit den Frauen.“

„Ich kann mir nicht helfen, aber Odysser kommt mir wie ein durchtriebener Gauner vor.“

„Wir werden hellwach und vorsichtig sein.“

Als erstes schickte Alka-An nach und nach mehr Soldaten auf die „Kateene“, entweder bemerkte Odysser die Maßnahme nicht oder er tat nur so! 

 

Die Schiffe segelten durch tiefblaue See, immer wieder tauchten Inseln an Backbord oder Steuerbord auf, viele Inseln waren bewohnt, die weißen Häuser blendeten im grellen Sonnenlicht.

Alka-An lachte seine Bythia voller Freude an: „Das sind die herrlichen Momente, die unsere Reise unvergesslich machen!“

Fröhlich stimmte Bythia ihrem Alka-An zu, weit lagen die Strapazen, die Überfälle, die harten Winter und die mühsamen Flussüberquerungen hinter ihnen.

 

Zum Abend steuerte Phystar die „Seetha“ in den Schutz einer kleinen Insel und die anderen Schiffe ankerten links und rechts von ihr.

Ein paar Männer machten sich auf, dass kleine Eiland zu erkunden, Alka-An sah ihnen nach, die Gruppe kletterte gerade den kleinen Berg hoch, der die Insel beherrschte. Die Insel bestand nur aus Felsen, kaum eine Pflanze, geschweige denn Wasser.

 

Der nächste Tag führte die Schiffe an einer größeren, bewohnten Insel vorbei, an den vielen Booten, die zwischen der Insel und dem dahinter liegendem Festland pendelten, war wohl auch das Festland gut besiedelt.

 

Owithan kam zu Alka-An und machte einen sehr nervösen, ja, fast einen ängstlichen Eindruck auf Alka-An.

Mit großen Augen fragte Alka-An Owithan erstaunt: „Was ist passiert?“

„Noch nichts, aber irgendetwas liegt in der Luft, das Wetter ist ganz seltsam geworden“, Owithan zeigte in den blauen Himmel, „sieh mal die Vögel!“

Alka-An sah riesige Schwärme von allen Arten Vögeln, die alle zielstrebig zum Festland flogen!

„Was hat das zu bedeuten?“ fragte Alka-An verunsichert.

„Ich weiß es nicht, ich kann mir keinen Reim darauf machen. Aber wir sollten sehr wachsam sein.“

Alka-An ging mit Owithan zu Phystar, um vielleicht von dem Seemann etwas zu erfahren, aber auch der Kapitän war überfragt!

 

Das Meer lag wie bleiern in der Hitze des Tages, die Sonne sah aus, als ob sie sich einen Dunstschleier umgelegt hatte.

 

Ein dumpfer, heftiger Schlag aus der Tiefe des Meeres schreckte die Menschen hoch, die Schiffe sackten mit dem Wasserspiegel des Meeres in die Tiefe und dann türmten sich riesige Wellenberge auf, die aus allen Richtungen auf die Schiffe zu rollten.

 

Phystar schrie so laut er wohl konnte: „Alles unter Deck, schnell, schnell!“

 

Die „Seetha“ hob sich unter einem gewaltigen Wellenberg in schwindelnde Höhen, um im selben Moment von einer weiteren Wellen getroffen zu werden und die das Schiff fast zum Kentern brachte.

 

Wieder grollte es laut und dumpf aus der Tiefe und wieder sackten die Schiffe ab, um im selben Moment von Riesenwellen überspült zu werden.

Alka-An klammerte sich fest und versuchte die anderen Schiffe zu entdecken, aber in dem Chaos war nichts von ihnen zusehen.

 

Tief tauchte die „Seetha“ mit dem Bug in die See, nahm eine Menge Wasser über, richtete sich aber wieder auf, um sofort stark nach Backbord zu kränken, getroffen von einer weiteren Riesenwelle.

 

Mit Entsetzen sah Alka-An eine so gewaltige Welle auf die „Seetha“ zu kommen, dass er kaum eine Warnung heraus schreien konnte, aber Phystar hatte die Welle auch gesehen und mit all seinem Können konnte er den Bug der „Seetha“ in dem ganzen Durcheinander gegen die Welle drehen und schon wurde das Schiff hochgehoben, immer höher, Entsetzensschreie kamen aus dem Inneren des Schiffes.

Einen langen Moment balancierte die „Seetha“ auf der schaumgekrönten Spitze der Riesenwelle und stürzte dann in das tiefe Wellental, eisern hielten die Steuerleute das Ruder.

Taumelnd und in dem aufgewühltem Wasser wie wild hin und her torkelnd kletterte die „Seetha“ den nächsten Wellenberg hoch, um wieder in ein tiefes Wellental zu stürzen.

Es war fast nicht zu glauben, aber die „Seetha“ hielt Kurs, den Steuerleuten quollen vor Übermenschlicher Anstrengung die Augen aus den Höhlen, aber sie schafften es tatsächlich!

 

Das Meer wurde merklich ruhiger, die Wellen niedriger, Alka-An starrte der Riesenwelle voller Schrecken nach. Die Welle rollte nach Süden und überschwemmte alles, was ihr im Weg lag.

Alka-An entdeckte voller Freude etwas Backbord voraus die „Sirgith“, suchend drehte er sich um und sah die „Dyrla“ ein Stück hinter der „Sirgith“.

 

Voller Sorge suchte Alka-An nach der „ Kateene“ und dem kleinen Schiff von Phystar.

Erleichtert sah er die „Kateene“ aus einem Wellental auftauchen, das Schiff sah ramponiert aus, aber es schwamm noch beinah normal auf dem Wasser.

Das Schiff von Phystar schien die Katastrophe gut überstanden zu haben, Alka-An konnte keine größeren Schäden feststellen.

Die wilden Bewegungen ließen nach, die Luken wurden geöffnet und die Menschen strömten aus den Bäuchen der Schiffe, die Sonne schien, das Meer war wieder blau, was war das bloß für ein Wahnwitz gewesen?

 

Phystar schlug Alka-An vor, eine kleinere, nicht mehr weit entfernte Insel anzusteuern, um dort dann in Ruhe nach möglichen Schäden an den Schiffen zu suchen und wir alle können auch etwas Erholung und Ruhe gebrauchen.

Etwas schief grinsend stimmte Alka-An dem Vorschlag von Phystar zu.

 

Kurze Zeit später erreichten die Schiffe die kleine Insel, beim näher kommen konnten alle sehen, was die Riesenwelle auf der Insel angerichtet hatte. Die wenigen Häuser ringsum den kleinen Hafen waren zerstört, kein Baum, kein Strauch, alles fortgerissen!

Phystar schrie plötzlich aus Leibeskräften: „ Stopp, stopp, wenden, das Hafenbecken ist verschüttet!“

Im allerletzten Moment konnten die Schiffe abdrehen, die „Sirgith“ und die „Dyrla“ kamen sich bei dem überhasteten Wendemanöver zu nahe und krachten Breitseit aneinander!

 

Die beiden Kapitäne und die Steuerleute reagierten blitzschnell und konnten so schlimmeres verhindern. Phystar ließ die Schiffe vor dem Hafen ankern, mit einem Beiboot umfuhr der Kapitän langsam jeden Schiffsrumpf und kontrollierte penibel jeden Zoll der Schiffswände. Die Kapitäne meldeten, dass ihre Schiffe keine Wassereinbrüche haben, es ist für alle glimpflich ausgegangen.

 

Höchstzufrieden kehrte Phystar an Bord seines Schiffes zurück und informierte Alka-An über den guten Zustand der Schiffe: „Wir haben tatsächlich nur ein paar wenige kleinere Schäden, nichts gravierendes, die Schiffe haben das Seebeben gut überstanden.“

 

Es dauerte lange, bis sich die Menschen auf den Schiffen etwas beruhigt hatten, bis weit in die Nacht sprachen die Menschen immer noch sehr aufgewühlt über das Seebeben und als es dann noch zweimal in der Nacht dumpf tief in der Erde polterte, waren alle wieder auf den Beinen.

 

Der nächste Morgen erwachte strahlend schön, als wäre nie irgendetwas Schlimmes passiert!

 

Die Kapitäne ließen ihre Schiffe seeklar machen und Phystar lenkte die „Seetha“ nach Süden, die anderen Schiffe folgten der „Seetha“ leicht versetzt nach Steuerbord wie Perlen auf einer Schnur.

 

Der schöne Morgen besserte die Stimmung der Frauen und Männer schnell, als der erste Gesang über das Wasser klang, wusste Alka-An, dass seine Gefährten die Katastrophe abgehakt hatten.

 

Alka-An sah die drei Weisen auf sich zu kommen und Owithan zog ihn in eine ruhige Ecke und schilderte Alka-An in seiner ruhigen und sachlichen Art, was sie von den Soldaten erfahren hatten, die Alka-An auf das Schiff von Odysser beordert hatte.

„Die Soldaten sind sehr vorsichtig zu Werke gegangen, sie konnten sich kaum unbeobachtet auf dem Schiff bewegen. Sie wurden ständig von Odyssers  Mannschaft beobachtet!“

„Aber nach und nach fanden sie dann doch recht merkwürdige Dinge auf der „Kateene“ vor! Riesige Mengen Schießpulver lagern in der Pulverkammer“, berichtete Tretikow weiter, „ und als die Soldaten auch noch jede Menge Kanonenkugeln fanden, suchten sie sehr gezielt nach den dazu gehörigen Kanonen!“

„ Sie fanden drei schwere Kanonen auf der „Kateene“ vor, jeweils eine ist an Steuerbord und Backbord in einem abgetrennten Verschlag postiert! Die dritte Kanone fanden sie im Bug des Schiffes unter dem Klüverbaum!“

Alka-An schluckte schwer, dass war mal heftig!

„Was kann Odysser nur vorhaben? Will er die „Kateene“kapern und in seine Gewalt bringen? Oder will er gar die anderen Schiffe überwältigen?“ Fragen über Fragen, auf die Alka-An im Moment überhaupt keine Antwort wusste.

 

Er sah Owithan, Sotates und Tretikow fragend und etwas verunsichert an: „Was können wir dagegen unternehmen, wie können wir uns gegen Odysser wehren? Wir haben keine gleichwertigen Waffen und wenn wir jetzt beginnen würden, Katapulte zu bauen, würde Odysser doch sofort misstrauisch werden.“

 

Sotates räusperte sich: „Wir möchten dir folgendes vorschlagen, wir können dafür sorgen, dass die Pulverkammer durch einen ganz normalen Vorfall geflutet wird und das Schießpulver dadurch unbrauchbar wird“, Alka-An sah Sotates schon hoffnungsvoller an, „wir können die Kanonenkugeln so verformen, dass sie dadurch ebenfalls unbrauchbar werden!“

Tretikow machte einen weiteren Vorschlag: „Die Soldaten können die Kanonen vernageln, dann sind sie nichts mehr wert.“

„Aber das wichtigste ist, wir müssen Odysser los werden“, energisch brachte Owithan sein Argument vor, „wir sollten den nächst größeren Hafen anlaufen und dort Odysser das Schiff wegnehmen und ihn mit seiner Mannschaft zum Teufel jagen.“

 

Alka-An sah die drei Männer der Reihe nach ernst an: „Genau so werden wir die Sache angehen und kein Wort darüber zu niemand.“

 

Phystar, der Kapitän der „Seetha“ steuerte das Schiff durch zwei nahe beieinander liegende Insel durch und die Menschen an Bord der Schiffe erfreuten sich an den schönen Anblick der kleinen Dörfer auf den Inseln. Weiß leuchteten die kleinen Häuser in der Sonne, bunt leuchteten viele Blumen, Windmühlen drehten langsam ihre Flügel, Kindergeschrei klang bis zu den Schiffen herüber.

 

Wenige Tage später berichteten Soldaten, die von ihrem Dienst auf der „Kateene“ abgelöst wurden, etwas schadensfroh, dass die Pulverkammer versehentlich geflutet worden ist und dadurch ganze Pulver unbrauchbar verdorben wurde.

Alka-An sah Sotates erleichtert an und grinste dem Gelehrten fröhlich zu.

Alka-An beschloss, Phystar in die Geschichte einzuweihen, es war sowieso nicht mehr zu verheimlichen, dass auf der „Kateene“ merkwürdige Dinge passieren.

 

Phystar zeigte sich nach dem Gespräch wie von Zentnerlast befreit: „Ich vermutete schon lange, dass Odysser irgendeine Schweinerei plant. Gut, das ihr es aufgedeckt habt! Wenn es euch recht ist, steuern wir den Hafen auf der großen Insel an, dass ist unauffällig und dort können wir Odysser dann zum Teufel schicken.“ Damit war Alka-An voll einverstanden und informierte die drei Weisen.

 

Von Owithan erfuhr Alka-An, dass sie in der kommenden Nacht die Kanonenkugeln verformen werden, dann ist diese Gefahr endlich gebannt.

 

Tretikow schlug vor, auch die Kapitäne Achdron und Lemkor einzuweihen! Gegen die drei Schiffe dürfte Odysser mit Sicherheit den kürzeren ziehen.

 

Trotz der leichten, spürbaren Spannung, die über den Schiffen lag, genossen die Reisenden die angenehme Seereise durch diese schöne Inselwelt.

 Auf einigen der Insel waren noch deutliche Verwüstungen durch das Seebeben zu sehen, andere schienen davon völlig unberührt zu sein.

Phystar zeigte Alka-An und Bythia die große Insel voraus: „Heute Abend erreichen wir die Insel, wir sollten uns auf „Verabschiedung“ von Odysser vorbereiten.“

 

Alka-An nickte dazu und gab die entsprechenden Anweisungen. Plötzlich ein lautes, aufgeregtes  Geschrei, lautes Rufen schallte über das Wasser und jetzt sah Alka-An, was das Geschrei bedeutete, Odysser brach mit der „Kateene“ aus dem Verband aus und segelte unter Vollzeug nach Westen!

 

Odysser hatte das sehr geschickt angebändelt, seit Tagen segelte er immer am Schluss der vier Schiffe, dabei vergrößerte er ständig den Abstand zu den anderen Schiffen! Phystar sah Alka-An fragend an: „Verfolgen?“

„Sofort und mit allen Segeln, die die „Seetha“ tragen kann“, antwortete Alka-An wütend, „Wir lassen unsere Leute nicht im Stich.“ 

 

Sofort schwenkten die drei Schiffe auf Westkurs und nahmen die Verfolgung der „Kateene“ auf.

 

Noch vor Einbruch der Nacht, musste Alka-An feststellen, dass die „Kateene“ nicht entwischen konnte, sie das Schiff aber auch nicht einholen können, sie waren gleich schnell unterwegs!

Die „Sirgith“, die „Dyrla“ und die „Seetha“ segelten jetzt in breiter Front neben einander hinter der „Kateene“ her. Das Schiff war in der hellen Nacht deutlich zu sehen, die weißen Segel waren in dem Mondlicht gut zu erkennen. Phystar trat zu Alka-An und Owithan: „Ich möchte einen Vorschlag machen.“

 

Alka-An und Owithan sahen Phystar erwartungsvoll an.

„Nach den Inseln“, er zeigte nach Backbord und Steuerbord, „kenne ich eine Strömung, die ziemlich stark von Ost nach West fließt! Ich möchte versuchen, diese Strömung auszunutzen, um die „Kateene“ mit Hilfe dieser Strömung zu erreichen.“

 

Phystar gab die entsprechenden Anweisungen an die beiden anderen Schiffe und legte dann die „Seetha“ auf den Steuerbordbug, scherte aus dem Verband aus und segelte nach Nordwesten.

Gegen Morgen hatte sich die „Seetha“ schon deutlich zwischen den zwei Schiffen und der „Kateene“ geschoben. Achdron ist mit der „Sirgith“ merklich  nach Süden gesegelt und so bildeten jetzt die drei verfolgenden Schiffe einen leichten Halbkreis und verhinderten dadurch ein Ausbrechen der „Kateene“ auf einen anderen Kurs, sie konnte nur noch immer weiter nach Westen segeln.

 

Die große Insel lag schon weit achteraus, auch die zwei Inseln, durch die die Schiffe gesegelt sind, sind hinter dem Horizont verschwunden. Den ganzen Tag jagten die drei Schiffe hinter Odysser her, es änderte sich nichts an der Situation, der Abstand zu Odysser blieb konstant.

Die vier Schiffe segelten unter Volltuch gleich schnell! Gegen Mittag meinte Bythia zu Alka-An: „ Täusche ich mich oder holt die „Seetha“ auf?“

Alka-An versuchte, den Abstand zwischen den beiden Schiffen abzuschätzen, als Phystar die Vermutung von Bythia bestätigte: „ Die „Seetha“ segelt in einer neuen Strömung, die Odysser wohl nicht bekannt ist, er segelt immer noch auf dem selben Kurs nach Westen“ und zeigte auf die „Kateene“, „das Schiff macht gute Fahrt, aber wir holen auf.“

 

Der Nachmittag zeigte dann aber, dass die „Kateene“ den Abstand zu den Verfolgern halten kann. Etwas enttäuscht zeigte sich Phystar: „Odysser scheint das Gewässer auch gut zu kennen.“

Owithan und Sotates kamen zu Alka-An, Phystar und Bythia: „Wir haben uns folgendes überlegt, die „Kateene kann uns wohl nicht entkommen, aber wir können sie auch nicht einholen, richtig?“ Die kleine Gruppe nickte zustimmend.

„Wir dachten an zwei Möglichkeiten, erstens, wir schaffen den Verfolgern etwas mehr Wind und erreichen so die „Kateene“ mit Sicherheit oder wir lassen das Ruder der „Kateene“ brechen oder wir lassen die Segel reißen.“

 

Alka-An lachte: „Mir gefällt der Vorschlag mit dem zusätzlichen Wind für uns am besten, mit dem Wind holen wir die „Kateene“ ein, ohne dass wir unsere Leute auf dem Schiff unnötig in Gefahr bringen.“

 

Owithan grinste Bythia verschmitzt an und Bythia spürte, wie sich das Deck der „Seetha“ plötzlich nach Steuerbord neigte, die Segel waren stramm gefüllt und die Fahrt wurde merklich schneller. Jetzt konnten alle an Bord der Schiffe feststellen, dass sich der Abstand zur „Kateene“ sichtlich verringerte.

 

Aber Odysser hatte wieder mal viel Glück, ein Unwetter zog im Südosten auf und die „Kateene“ erwischte die ersten Sturmböen und vergrößerte schnell den Abstand zu den Verfolgern.

Im Dunkeln der Nacht verschwand die „Kateene“ aus der Sicht der Verfolger, die weiter vor dem Sturm nach Westen jagten.

Der Sturm hielt auch noch den neuen Tag über an, von Odysser war nichts zu sehen!

Phystar signalisierte den anderen Schiffen, in Sichtweite zu bleiben. Zum späten Nachmittag kam eine kleine Inselgruppe in Sicht und Phystar gab seinem Schiff die Anweisung, den schützenden Hafen anzusteuern.

 

Phystar steuerte die „Seetha“ Steuerbords an der Inselgruppe vorbei und die drei Schiffe jagten mit dem Sturm jetzt nach Nordwesten.

An Steuerbord tauchte im Dunst Land auf und Alka-An stellte auf der Seekarte fest, dass darauf nur der nördliche Küstenverlauf verzeichnet war.

Die Verfolger ließen die Insel hinter sich und durchfuhren gerade eine Meerenge zwischen zwei Inseln, als der Ausguck aufgeregt meldete, dass er die „Kateene“ direkt voraus sehen kann!

 

Phystar studierte intensiv die Seekarte, suchte eine zweite: „Ich bin mir fast sicher, dass Odysser ein Ziel hat!“

Er winkte Alka-An zu sich: „Odysser versucht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen und ich befürchte, dass dort, was immer es sein mag, nichts gutes für uns bedeutet.“

„Das ist gut möglich“, Alka-An sah sich die Karte genau an, „wie weit ist es bis zu diesen Inseln?“

„Wenn der Wind so weiter bläst, zwei, vielleicht drei Tage, warum?“

„Auf den Inseln waren mal Piratennester!“

„Jetzt wird mir einiges klar“, kam es von Phystar, „deswegen jagt er unbeirrt vor uns her und lockt uns dadurch zu seinen Piraten.“

„Das werden wir verhindern“, Alka-An wandte sich an Owithan, „sobald es hell wird und wir die „Kateene“ in Sicht haben, lässt du das Ruder brechen!“

Owithan stimmte sofort zu: „Anders erwischen wir den Burschen nicht.“  

 

Die Schiffe jagten weiter durch die stürmische Nacht, kaum einer an Bord machte die Augen zu, jeder wollte dabei sein, wenn Owithan das Ruder von der „Kateene“ bricht.

Während der Nacht frischte der Sturm stark auf und der trübe Morgen ließ hohe Wellen und wild jagende Wolken am Himmel erkennen.

Der Ausguck konnte die „Kateene“ nur selten und dann auch nur schemenhaft sehen. Ganz klar war jedoch, dass das Schiff unbeirrt den Kurs beibehielt.

 

Alka-An sah mit vielen anderen zu, wie Owithan seine Vorbereitungen für den Zauber traf, als Phystar dazu kam und zweifelnd sagte: „Ich würde von dem Zauber abraten! Wenn das Schiff in dem Sturm steuerlos wird, können wir es schnell komplett verlieren!“

 Das leuchtete Alka-An sofort ein und er fragte Owithan, ob er nicht einen Zauber habe, der verhindere, dass ihnen die „Kateene“ entwischen kann?

 

 Owithan sah Alka-An fragend an. „Ich kann die Segel zerstören.“ Aber auch hier winkte Phystar ab: „Auch nicht gut, die „Kateene“ uns dadurch auch verloren gehen!“

Nach kurzen Überlegen fragte Phystar Owithan: „Kannst du nicht einen Schleppsack an das Schiff zaubern?“ Ratlos schaute Owithan den Kapitän an: „ Einen Schleppsack?“

„Richtig“, Phystar zeichnete einen seltsamen Gegenstand auf ein Blatt Papier und Owithan verstand sofort: „Der bremst die „Kateene“ nur, aber zerstört sie nicht.“

Phystar sah zu Alka-An hinüber, damit läuft uns Odysser nicht mehr davon.

Alka-An grinste den Kapitän vergnügt an, so etwas gefiel ihm gut.

 

Owithan kramte einige andere Dinge hervor, breitete zwei, drei davon aus, streckte seine Arme hoch in die Luft und murmelte dabei leise.

 Ein blau flimmernder Ball formte sich und Owithan schleuderte diesen in Richtung der „Kateene“! Erst tat sich gar nichts und bei den Menschen an Bord wollte sich schon Enttäuschung ausbreiten, als Phystar Owithan aufgeregt auf die Schultern klopfte. „Seht, seht nur, er klappt“ und zeigte auf die „Kateene“

 

Jetzt konnte es jeder gut sehen, das Schiff wurde merklich langsamer! Phystar reichte Alka-An ein Fernrohr. Jetzt konnte Alka-An sehen, wie an der Bord der „Kateene“ alles wie wild herum rannte, selbst Odysser schien, zumindest für den Moment, in Panik geraten zu sein!

 

Das Schiff hatte alle Segel gesetzt, jede Menge Wind vorhanden und die „Kateene“ kommt nicht voran!

 

Alka-An sah, wie Odysser aufgeregt versuchte, die Segel besser zu trimmen, er legte die „Kateene“ mehr auf Kurs Nordnordwest, nichts half, sein Schiff wurde nicht schneller!

 

Hastig warf Odysser über die Schulter besorgte Blicke in Richtung seiner Verfolger und konnte sehen, dass die drei Schiffe eine Formation wie ein großes „U“ gebildet hatten und in der Öffnung des „U“ befand er sich mit seinem Schiff!

 

Das Wetter klarte etwas auf und Odysser konnte feststellen, dass er von den Verfolgern langsam aber sicher auf einen neuen Kurs gezwungen wurde!

 

Alka-An rieb sich aufgeregt die Hände, Kapitän Phystar zwang die „Kateene“ unerbittlich auf seinen Kurs! Phystar hatte Alka-An erklärt, dass er an der im Süden liegenden Küste einen Hafen kennt, in den er Odysser hinein jagen will und ihn dann dort im Hafen mit Hilfe der Kanonen der Hafen-und Stadtbefestigung zur Aufgabe zu zwingen!

 

Der Plan kam bei allen an Bord gut an und Barthin wies Alka-An daraufhin, dass sie vielleicht in dem Hafen Kanonen für ihre Schiffe einhandeln könnten.

„Das werden wir ganz sicher versuchen“, Alka-An sah Barthin überrascht und erfreut an, „Gut, dass du daran gedacht hast!“

 

Phystar drückte die „Kateene“ mit der „Seetha“ hartnäckig immer weiter nach Süden, die „Dyrla“ und die „Sirgith“ hielten eisern ihre Positionen, so dass Odyssers gar nicht anders handeln konnte. Phystar war sich sehr sicher, dass Odysser ahnte, was er vor hatte und rechnete jeden Moment mit einer Attacke von ihm!

 

Alka-An meldete dem Kapitän aufgeregt: „Auf der „Kateene“ öffnen sie die Ladeluken!“

 

Phystar nahm sein Fernrohr ans Auge und sah, dass die Männer die Kanonen an Deck wuchteten! Etwas verunsichert sah Alka-An nach Owithan und berichtete ihm, was er gerade gesehen hat!

 

Owithan blieb ganz gelassen, Alka-An drehte sich beruhigt wieder der „Kateene“ zu, die Männer auf dem Schiff protzten die drei Kanonen tatsächlich auf!

Sie schleppten Kanonenkugel zu den Kanonen und ein Kanonier lud doch tatsächlich eine Kanone mit Pulver! Die Männer auf der „Kateene“ versuchten nun verbissen, wenigstens eine passende Kugel für Kanonen zu finden, wütend und fast verzweifelt waren die Männer die unbrauchbaren Kanonkugeln über Bord.

 

Der Kanonier hatte dann wohl doch eine gerade noch passende Kugel gefunden und drückte sie in das Kanonenrohr.

„Das ist nicht gut, was er da macht“, murmelte Owithan sehr besorgt und streckte schnell seine Hände Richtung „Kateene“ und Alka-An sah durch das Fernrohr, wie seine Leute sich ganz vorne am Bug des Schiffes zusammen drückten.

 

Abwehrend schüttelte Owithan seinen Kopf, als er sah, dass der Kanonier die brennende Lunte an das Zündloch der Kanone hielt. Funken sprühten auf, selbstzufrieden trat der Kanonier etwas zurück und mit einem ohrenbetäubenden Knall zerbarst die Kanone, die umstehenden Männer flogen durch die Luft, einige fielen sogar über Bord!

 

„Rohrkrepierer“, sagte Phystar lakonisch.

 

Durch dieses Malheur war der Widerstand der Männer um Odysser gebrochen und wenig später zeigte Phystar, dass das Schiff die Segel reffte und in den Wind drehte.

Die drei Kapitäne steuerten ihre Schiffe auf die „Kateene“ zu und dann schrie Alka-An richtig empört: „Da wollen doch die Piraten verschwinden!“

Jetzt sahen alle das Beiboot, das sich unter einem großen Segel schnell fort bewegte. Das Boot steuerte die voraus liegende Südküste an.

 

Phystar meinte zu Alka-An: „Odysser wird dort irgendwo ein Versteck kennen!“

 

„Lasst uns jetzt erstmal den Hafen ansteuern, dort die Schiffe überprüfen und vielleicht können wir ja Kanonen für die Schiffe einhandeln und dann suchen wir Odysser!“

 

„Vor allem müssen wir uns um die „Kateene“ kümmern“, Phystar zeigte mit ausgestrecktem Arm auf das vor sich hin schlingernde Schiff.

Alka-An erschrak heftig, das Schiff schlingerte tatsächlich steuerlos auf die Hafenmauer zu! Phystar hatte die „Seetha“ schon in den Wind gelegt und brauste mit hoch schäumender Bugwelle auf die „Kateene“ zu, schoss in den Wind und legte sich mit der Steuerbordseite an die Backbordseite der „Kateene“ und drückte sie mit seiner Restgeschwindigkeit nach Steuerbord!

 

Es knirschte und krachte fürchterlich, aber die „Kateene“ kam frei und schaukelte jetzt im offenen Wasser.

 

Von der „Dyrla“ und von der „Sirgith“ fuhren schon die Beiboote schnell auf die „Kateene“ zu, auch von der „Seetha“ fuhr jetzt das Beiboot zur „Kateene“. Aus jedem Beiboot enterten Männer zur „Kateene“ auf und zeigten wenig später vor Freude herum springend, alles in Ordnung, alles bestens!

 

Unbeschreiblicher Jubel klang auf allen Schiffen auf, Alka-An fiel Phystar vor Freude über den guten Ausgang um den Hals, die Menschen auf den Schiffen sprangen vor Freude wie verrückt herum, dass hätte noch gefehlt, dass ein Pirat und Seeräuber mit der „Kateene“ und den vielen Menschen darauf einfach so verschwindet.  

 

Drei der Piraten, die sich auf der „Kateene“ versteckt hatten, wurden fest gesetzt und auf die „Seetha“ gebracht. Alka-An und Phystar versuchten etwas von den Piraten zu erfahren, die Männer lachten nur hämisch, da platzte Phystar wohl der Kragen und ehe jemand reagieren konnte, hatte er den Unverschämtesten der drei Seeräuber blitzschnell über Bord geworfen!

 

Jetzt zeigten sich die zwei anderen etwas vorsichtiger, aber erzählten immer noch nichts.

 

Alka-An wollte unbedingt das Versteck von den Männern erfahren, keine Chance, die Piraten schwiegen beharrlich. Phystar machte kurzen Prozess mit den Verbrechern und warf sie über Bord.

 

Die vier Schiffe steuerten jetzt Liegeplätze in dem Hafen an.

Von dem Hafenmeister erfuhr Alka-An, wo er möglicherweise Kanonen für die Schiffe erhalten könnte.

Als Alka-An, ohne zu handeln, dem Hafenmeister die verlangte Liegegebühr bezahlte, wurde der Mann richtig gehend zutraulich, so erfuhr Alka-An, dass die Stadt ständig von Piraten überfallen wird und alles geraubt wird, was nur ein wenig Wert hat.

 

Jetzt hatte die Stadt einen ständigen Ausguck oben auf dem Fels, von dem sie früh genug gewarnt werden, sobald fremde Schiffe den Hafen anlaufen.

Wir verschwinden dann immer ins Hinterland und zeigte auf einen schmalen und sehr steilen Pfad, der den Berg hoch führte.

 

Der Hafen und die dahinterliegende Stadt lagen geschützt in einer Bucht, die von hohen Felswänden begrenzt wurde.

Die Stadt machte einen etwas ärmlichen Eindruck und die Bewohner waren sichtlich erleichtert, dass die Menschen von den vier großen Schiffen ihre Vorräte einhandeln wollen und nicht, wie die meisten Besucher, ihnen weg stehlen.

Die Häuser in der Stadt waren einfache Lehmbauten, die Gassen waren unbefestigt, aber auf dem Markt fanden sie alles, was sie für die Weiterfahrt benötigten.

Die Bewohner der Stadt brachten alles auf den Markt, was sie entbehren konnten und Bythia, die das bemerkte, sorgte dafür, dass die Frauen gut bezahlt wurden.

 

Phystar und die drei anderen Kapitäne hatten das Geschäft mit den Kanonen für ihre Schiffe in Gang gebracht und fragten Alka-An jetzt, ob er den Preis für die Kanonen, Kugeln und Pulver akzeptiert.

 

Der Händler strahlte vor Freude, solche einfachen Geschäfte sind etwas Feines!

 

Alka-An war über die Menge erstaunt, er zählte die Kanonen, dass sind ja für jedes Schiff zehn Kanonen! Von dem Händler erfuhren sie nach Abschluss des Geschäftes, dass die Kanonen vor vielen Jahren von einem Händler hier eingelagert worden sind, um an Schiffen, die diesen Hafen ansteuern, verkauft zu werden. Aber der Händler erschien nie mehr und er hatte die Kanonen vor den Piraten die vielen Jahre über gut versteckt.

 

Die Vorräte waren aufgefüllt, die Kanonen auf den Schiffen montiert, es kann weiter gehen.

 

Nach einem herzlichen Abschied von den Bewohnern der Stadt, steuerten die Kapitäne ihre Schiffe aufs Meer hinaus.

 

Bythia zeigte Alka-An, dass die Menschen ihre Stadt verließen, mit dem wenigen Hab und Gut gingen sie den steilen Pfad hoch und verschwanden im Hinterland.

Alka-An erinnerte Phystar an sein Schiff, dass er auf der Inselgruppe zurückgelassen hatte, dass hole ich auf der Rückfahrt ab, war seine Antwort.

Die vier Schiffe segelten nahe der Küste nach Westen und die Menschen an Bord suchten die Felsen nach dem Versteck der Piraten ab.

Keiner fand einen  Hinweis auf ein mögliches Versteck. Phystar sagte zu Alka-An: „Soweit kann Odysser mit dem Beiboot nicht gesegelt sein, wir müssen das Versteck übersehen haben.“

Angestrengt sah der Kapitän zu der Felsenküste: „Wenn du einverstanden bist, würde ich gerne ein Stück zurück segeln und die Küste noch mal genauer absuchen.“

„Gut, segeln wir zurück.“ Alka-An wollte auch die Piraten vernichten, sie stellten für alle eine dauernde Gefahr dar.

Phystar gab das Zeichen zum Wenden an die Schiffe und wie an der Schnur gezogen, gingen die Schiffe auf Gegenkurs.

 

Phystar steuerte sehr nahe an die Küste, um jede Felsspalte zu sehen, aber es war der Ausguck auf der „Sirgith“, der Lauthals seine Entdeckung hinaus sang. „ Ich habe das Versteck gesichtet, ich habe es gefunden.“

 

Achdron steuerte die „Sirgith“ nach Anweisung des Ausgucks auf die Küste zu und als alle schon glaubten, dass sich der Mann im Ausguck geirrt hatte, öffnete sich eine schmale, hohe Schlucht!

 

Die Schiffe ankerten vor der schmalen Schlucht und die Kapitäne kamen zu einem Treffen auf der „Seetha“ zu einer Beratung zusammen.

 

Eines war ganz sicher, mit den Schiffen konnten sie auf gar keinen Fall in die enge Schlucht segeln. Lemkor, Kapitän der „Dyrla“, machte den Vorschlag, die großen Beiboote mit je einer Kanone zu bestücken und mit  einer entsprechenden Anzahl Soldaten besetzt, in die Schlucht zu schicken.

 

Phystar nickte nachdenklich, dass wäre eine Möglichkeit, aber ich möchte vorher unbedingt wissen, was uns in der Schlucht erwartet! Ich werde in der kommenden Nacht versuchen, mit der Gig so unauffällig wie nur möglich, in die Schlucht zu gelangen, um zu sehen, wie viele Piraten dort sind und wie deren Bewaffnung aussieht.

 

Das war natürlich ein verwegener Plan, aber ganz wohl war es Alka-An bei dem Gedanken nicht.

 

Sie müssen ja auch damit rechnen, dass die Piraten schon wissen, dass die vier Schiffe vor ihrem Versteck ankern. Eubäus meldete sich bescheiden: „Es könnten gute Schwimmer versuchen, die Schlucht zu erkunden.“

„Daran habe ich auch gerade gedacht“, meldete sich Achdron zu Wort, „wir könnten die Schwimmer mit Booten vorsichtig  bis nahe an den Eingang der Schlucht bringen und sie dann dort absetzen und auch wieder aufnehmen.“

 

Die Diskussion ging hin und her, die Männer konnten sich nicht auf einen Plan einigen. Sotates kam mit Owithan und Tretikow zu der Runde und bat um Ruhe: „Wir drei, Sotates zeigte bei seinen Worten auf Owithan und Tretikow, möchten euch folgenden Vorschlag machen: Wir verkleinern durch einen Zauber eines der Schiff so weit, dass es ungehindert in das Versteck segeln kann und damit, Sotates hob eine Hand, Moment noch bitte, dem Schiff und der Besatzung nicht passieren kann, machen wir es unsichtbar!“

 

Die Runde war perplex, wenn das so klappt, ist es eine perfekte Lösung.

 

Owithan warf beruhigend in die Runde: „Verkleinern und unsichtbar machen von Gegenständen ist eine recht einfache Sache für uns, es kann nicht viel passieren.“

Die Männer wurden laut und redeten wild durcheinander, bis Alka-An um Ruhe bat, die Männer wurden still: „ Wir sollten überlegen, welches Schiff am besten dafür in Frage kommt, wir sollten dann die Bewaffnung verstärken und so viele Soldaten wie möglich mit an Bord geben.“

 

Phystar nahm den Vorschlag von Alka-An auf: „Wir sollten die „Sirgith“ mit Kapitän Achdron nehmen, er hat die seemännisch beste Mannschaft. Wir schaffen zusätzlich Kanonen und Soldaten an Bord und dann versuchen wir mit euerem Zauber in das Versteck der Piraten zu kommen.“

„So machen wir es“, stimmten alle aus der Runde zu.

 

Die Kapitäne kehrten zu ihren Schiffen zurück und selbst in der Nacht wurde an den Vorbereitungen gearbeitet. Das Frühstück wurde mit dem ersten Morgengrauen hastig gegessen und schon wurde die erste Kanone von der „Dyrla“ mit dem Beiboot zur „Sirgith“ herüber gebracht. Durch das zusätzliche Gewicht der Kanonen lag die „Sirgith“ sehr tief im Wasser, Kapitän Achdron ließ deswegen die Frachträume ausräumen und die Vorräte auf die anderen Schiffe verteilen.

Dann war es soweit, die Kanonen und die Soldaten waren an Bord der „Sirgith“, die Mannschaft war wild auf dieses Abenteuer.

 

Achdron segelt langsam auf das Versteck der Piraten zu und den Menschen auf den anderen Schiffen fiel vor ungläubigen Staunen die Kinnlade herunter, die „Sirgith“ wurde kleiner, noch kleiner, ein Flimmern und verschwunden war sie!

Das Ah und Oh wollte gar nicht enden, aufgeregt sprach alles wild durcheinander, jeder hatte mehr gesehen als der andere.

 

Alka-An nahm seine Bythia fest in seine Arme: „Jetzt können wir nur warten, hoffentlich geht alles gut.“

 

Auf den vor Anker liegenden Schiffen blieb es weiterhin sehr unruhig, dass war doch mal ein Erlebnis!

Der Tag verstrich, noch ein Tag, der nächste auch noch, nichts war von der „Sirgith“ zu sehen.

 

Alka-An wurde unruhig, aber er wurde von Sotates und Owithan beruhigt. „Es ist alles in Ordnung, dem Schiff und der Besatzung geht es gut, wir würden es sofort spüren, wenn etwas schief gehen würde.“

 

Auch den nächsten Tag mussten alle noch mit warten verbringen, dann schrien hunderte von Kehlen gleichzeitig: „Da ist sie, da ist die „Sirgith“, sie ist zurück, hurra, die „Sirgith“ ist zurück.“

 

Wie aus dem nichts erschien das Schiff auf dem Wasser, wurde größer und als die „Sirgith“ bei den anderen Schiffen ankerte, hatte sie ihre ursprüngliche Größe wieder erreicht. Sofort wurden Boote zu Wasser gelassen und von allen Schiffen fuhren sie zur „Sirgith“.

 

Ein Riesen Durcheinander herrschte innerhalb weniger Augenblicke auf Deck der „Sirgith“.

 

Die Menschen feierten die Mannschaft und die Soldaten, Achdron wurde auf Schultern herum getragen, es dauerte eine Ewigkeit bis wieder etwas Ordnung herrschte.

Endlich konnte Achdron berichten: „Wir merkten von dem Zauber nichts, dass war für mich sehr erstaunlich!“ Er sah sich um und fuhr dann fort: „Wir kamen ungehindert in die Schlucht, nach einer scharfen Rechtskehre sahen wir die ersten Wachposten, wir segelten ungesehen daran vorbei und langsam begann es uns Spaß zu machen.

Wir fuhren bis zu den wenigen Häusern und ankerten für die Nacht in unmittelbarer Nähe der Piraten. Wir konnten feststellen, dass die Piraten lediglich über Boote in der Größe des von Odysser gestohlenen Beibootes verfügen.

Wir hörten in der Nacht, wie Odysser immer noch verhöhnt wurde, wegen seines misslungenen Versuches, die „Kateene“ zu erbeuten.

Jetzt war mir klar, warum Odysser um alles in der Welt die „Kateene“ erbeuten wollte, mit dem großen Schiff wäre er der König der Piraten geworden.

 

Am nächsten Morgen segelten wir tiefer in die Schlucht, die weiterhin sehr eng blieb, die Felsen an den Seiten türmten sich himmelwärts hoch auf. Wir konnten in diesem Teil der Schlucht nichts Besonderes entdecken, der nächste Tag brachte dann die Überraschung, die Schlucht öffnete sich plötzlich und die „Sirgith“ segelte in einem weiten See, die Felsen wurden nach Süden hin flacher und verloren sich am Horizont. Hier fanden wir das richtige Versteck der Seeräuber!

 

Eine kleines Dorf voller Piraten, die nicht nur Schiffe überfielen, sondern auch Überfälle ins Landesinnere unternahmen.“

 

Achdron sah Sotates und Owithan tief beeindruckt an. „ Euer Zauber hat eine große Macht, ich konnte mein Schiff verlassen, ohne das ich gesehen wurde. Ich sah mir das Dorf der Piraten an, auch hier war ich in dem Zauber sicher.“

„Das war uns nicht bekannt, dass der Wirkungskreis unseres Zaubers so groß ist! Aber werd trotz allem nicht leichtsinnig.“ Gaben Sotates und Owithan erfreut zu.

„Ich sah in die Hütten und in die sehr einfachen Häuser der Piraten und konnte feststellen, dass sie über große Vorräte verfügen, Nahrung, Waffen, Pulver und Kugeln für ihre Kanonen.

 

In der ganzen Schlucht leben mindestens drei, vierhundert Seeräuber, hinzu kommen noch mal eine Menge an Männern und Frauen, die den Piraten zu Dienste sein müssen!“

 

Achdron sah seine Kapitänskollegen ernst an, „ die Kanonen haben sie sehr geschickt an allen wichtigen strategischen Punkten aufgestellt und die Kanonen sind ständig von Männern besetzt.“

 

Achdron trank einen Schluck, wischte sich über den Mund. „Vorsichtig ging ich zur „Sirgith“ zurück. Meine Männer konnte ich kaum an Bord halten, alle wollten im Schutze eueres Zaubers“; er hob wieder seinen Krug in Richtung der Weisen, „in dem Piratendorf herum stöbern.

Einige meiner Männer wollten unbedingt das Pulver unschädlich machen, aber ich musste sie zurück halten, weil das verdorbene Pulver sofort auffallen würde.“

 

Achdron wandte sich wieder an Sotates und Owithan, neben dem jetzt auch Tretikow stand: „Wenn ihr die anderen Schiffe auch mit euerem Zauber belegen könnt, haben wir ein einfaches Spiel mit den Piraten. Weil wir die Kanonen unbemerkt zerstören können und sicher auch viele der Piraten töten können, ohne das wir uns in große Gefahr begeben müssen.“

 

Achdron ließ sich die Karte mit dem Küstenverlauf geben, markierte darauf den Eingang zur Schlucht und zeichnete in einfachen Strichen die Schlucht bis zum See hinzu.

Die Standpunkte der Kanonen fügte er hinzu, ebenso das Dorf der Piraten, es folgten noch die Liegeplätze der Boote, fertig.

 

Die Umstehenden wussten sofort Bescheid, die wichtigsten Angriffspunkte waren die Boote, die Kanonen und natürlich die Piraten selber.

„Bei unserem Angriff sollten wir vermeiden, die Frauen und Männer zu töten, die für die Piraten arbeiten müssen“, Achdron sah hoch, „sie haben schon genug gelitten.“

„Wir können sie in unserem unsichtbaren Zustand zur Flucht verhelfen“, schlug Owithan vor.

„Das ist doch die Lösung“, freute sich Alka-An, der wie alle anderen auch, unnötiges Blutvergießen hasste.

 

Am nächsten Tag wurden die Kanonen wieder auf die Schiffe verteilt, die „Sirgith“ übernahm wieder ihren Proviant. Die Kapitäne setzten sich mit Alka-An, Barthin, Sooler und all die anderen zusammen und besprachen ihre Vorgehensweise für den morgigen Tag.

Lemkor brachte es auf einen sehr einfachen Nenner. „ Lasst uns im Schutze des Zaubers in die Schlucht segeln und alles kurz und klein hauen.“

„Die Piraten haben das sicher verdient, aber wir sollten an die anderen Menschen denken, die in dem Piratennest leben und arbeiten müssen“, versuchte Alka-An den Überschwang von Lemkor etwas zu bremsen.

„Gut“, Lemkor zeigte sich einsichtig, „ bringen wir die Leute in Sicherheit und dann schlagen wir zu.“

„Wir sollten mit jedem Schiff an einer anderen Stelle gleichzeitig zu schlagen, dass müsste die Verwirrung der Piraten noch steigern“, schlug Phystar vor.

 Schnell waren die Aufgaben auf die vier Schiffe verteilt.

„Dann schlagen wir morgen zu“, schloss Alka-An die Runde. Die Nacht blieb unruhig auf den Schiffen, überall waren Geräusche zu hören, einmal kullerte mit Donnergetöse eine Kanonenkugel über das Deck eines der Schiffe.

Lautes Schimpfen folgte der Eisenkugel.

 

Der Morgen kam mit strahlendem Sonnenschein und einem blauen Himmel, schnell wurde es warm.

Das Frühstücksgeschirr klapperte und dann kam endlich das Zeichen von Achdron, es geht los!

 

Die „Sirgith“ segelte als erstes Schiff auf den Eingang der Schlucht zu, wurde kleiner und kleiner, ein Flimmern und das Schiff war verschwunden! Es folgte die „Dyrla“ mit Kapitän Lemkor, die „Dyrla“ verschwand und die „Kateene“ folgte, gesteuert von Eubäus, als letzte folgte die „Seetha“.

 

Alka-An sah sich um, er konnte nichts Ungewöhnliches feststellen, obwohl er wusste, dass alles durch den Zauber verkleinert und unsichtbar geworden war.

Er sah die anderen Schiffe voraus segeln, wie abgesprochen, segelten drei der vier Schiffe bis zu dem See, während Lemkor mit der „Dyrla“ den Ausgang versperren soll, es soll keinem der Piraten die Flucht auf das offene Meer gelingen.

Die drei Schiffe nahmen ihre Positionen ein und Alka-An sah, wie Sotates und Owithan mit einem Boot zu dem Dorf ruderten. Sie suchten die armseligen Hütten der Frauen und Männer auf, die von den Piraten gefangen gehalten wurden. Schon wenig später sah Alka-An die ersten der Gefangenen von Hütte zu Hütte huschen, jede Deckung ausnutzend verließen sie das Dorf.

 

Die Frauen und Männer auf den Feldern ließen ihre Gerätschaften fallen und verschwanden in den umliegenden Hügeln. Erstaunt fragte Bythia Alka-An: „Wieso merken die Piraten nichts von der Flucht der Menschen?“

Tretikow antwortete an Stelle von Alka-An: „Wir haben die Piraten mit einem Zauber geblendet, so sehen sie nichts von der Flucht der Gefangenen.“

„Das ist mal ein prima Zauber“, freute sich Bythia sichtlich.

 

Phystar sah sich die Situation mit Hilfe seines Fernrohres sehr genau an. „ Mehr als die Hälfte der Menschen sind schon geflohen.“

Sein Fernrohr folgte dem Uferverlauf des Sees und sagte dann etwas erschreckt. „Hier arbeiten auch noch viele der gefangenen Menschen“ und reichte Alka-An das Fernrohr.

 

Alka-An sah die Gruppe Menschen sofort, die in einem Steinbruch arbeiteten. Viele von den Männern waren mit Eisenketten gefesselt.

Tretikow ist aufmerksam geworden und fragte Alka-An, was los ist.

Stumm reichte Alka-An Tretikow das Fernrohr und zeigte die Richtung an.

Tretikow beruhigte Alka-An, drehte sich etwas um, streckte seine Arme aus und Alka-An sah, genau wie Bythia, wie die Ketten herab fielen, die Menschen etwas verwirrt umher sahen und dann aber davon liefen.

 

 Der Ausguck der „Seetha“ meldete, dass sich die „Dyrla“ näherte, unruhig sah Alka-An dem Schiff entgegen, warum verlässt Lemkor seine Position?

 

Ein Boot brachte Lemkor an Bord der „Seetha“ und Phystar und Alka-An sahen Lemkor gespannt entgegen. Lemkor begrüßte die beiden Männer: „Zwei Piratenboote wollten die Schlucht verlassen, ich habe sie in Grund und Boden gerammt. Ich wollte keine Kanonen benutzen, weil ich mir nicht sicher bin, ob man den Abschuss der Kanonen hören kann?“

Fragend sah er dabei Tretikow an.

„ Das war sehr gut von dir gehandelt, die Abschüsse wären in der ganzen Schlucht zu hören gewesen“, Tretikow wischte sich erleichtert über die Stirn, „ das haben wir vergessen, es euch mit zu teilen!“

„ Ist ja gut gegangen, aber wir sollten Achdron und Eubäus darüber Bescheid geben“, sagte Alka-An zu Tretikow.

 

Lemkor kehrte zu seinem Schiff zurück und segelte zu seiner Position am Eingang der Schlucht.

 

Es wurde eine ruhige Nacht auf den Schiffen, die erste Aufregung war vorbei, die gefangen gehaltenen Menschen dürften bis zum Morgengrauen das Weite gesucht haben. Morgen wollen die drei Schiffe bis zum südlichen Ende des Sees vorstoßen und dort mit der Vernichtung der Piraten beginnen.

 

Mitten in der Nacht wurde Alka-An von Phystar geweckt: „Schnell, es tut sich etwas bei den Piraten!“

 

Blitzschnell war Alka-An auf den Beinen und in den Kleidern. Er folgte Phystar auf Deck und zur Reling, der Kapitän wies mit ausgestrecktem Am auf die Boote der Piraten.

 

Alka-An sah in dem Halbdunkel, dass die Piraten die Boote beluden, entweder wollten sie einen Überfall durchführen oder sie wollten fliehen.

Beides kam natürlich nicht in Frage: „Lasst Alarm schlagen, die Burschen entwischen uns nicht.“

Schrill klang die Schiffsglocke, unmittelbar folgten die Glocken von „Dyrla“ und „Kateene“.

Alka-An musste beinah über das Durcheinander bei den Piraten lachen, dass die Glocken bei den Männern verursachten.

 

Die Piraten hörten zwar die Alarmglocken, sahen aber nichts!

 

Die drei Schiffe lagen mit der Breitseite zu den Booten der Piraten, Alka-An hob den rechten Arm, sah zur „Dyrla“ und Kateene“, ließ den Arm fallen und krachend feuerten die Kanonen auf die Piraten.

Schon die erste Salve zerstörte die vier Boote und tötete viele der Seeräuber.

 

 Jetzt brach Panik unter den Männern am Ufer aus, dass fassten ihre einfachen Gehirne nicht, unsichtbare Gegner, die mit Kanonen auf sie schossen, ihre Boote zerstörten, dass war zu viel. Schreiend und wild brüllend versuchten die Überlebenden der ersten Salve Schutz zwischen den Felsen zu finden.

 

Aber die drei Schiffe schossen unerbittlich weiter, bis sich nichts mehr rührte. Phystar zeigte den beiden anderen Schiffen, das sie näher an das Ufer fahren sollen und sofort konnten die Bogenschützen noch einige Überlebende treffen.

 

Die Kanonen zerstörten noch die Häuser der Piraten und segelten dann Richtung See am Ende der Schlucht. Während der Fahrt konnten die Bogenschützen mehrmals fliehende Piraten aus den Felsen schießen. Wild schreiend fielen sie von den hohen Felsen ins Wasser.  

 

Zum Nachmittag kam ihnen ein weiteres Boot der Piraten entgegen, mit grimmigem Gesicht zeigte Alka-An den Soldaten an, angreifen!

 

Die Piraten in dem Boot wurden von den Pfeilen getroffen, verzweifelt versuchten sie, dem unsichtbaren Gegner zu entkommen, die Ruder wirbelten das Wasser zu weißen Schaum auf, dann war es vorbei.

 

Ohne das Gesicht zu verziehen, steuerte Phystar auf das Boot zu und überfuhr es, krachend zersplitterte das Holz und die Kanone verschwand im Wasser.

 

Die drei Schiffe erreichten den See und überrascht zeigte Phystar Alka-An die vielen Boote der Piraten!

 

Bythia erschrak etwas und sah Alka-An etwas bange an: „Sind das nicht zu viele für uns?“

Beruhigend schüttelte Alka-An den Kopf: „Keine Sorge, vergess` nicht, dass wir immer noch unsichtbar für unsere Gegner sind.“

 

Wieder legten sich die drei Schiffe mit ihrer Breitseite zum Gegner und die fünfzehn Kanonen schossen gleichzeitig ihre tödliche Ladung den Booten entgegen. Die leichten Holzboote setzten den Kanonen keinen wirklichen Widerstand entgegen, mehr als die Hälfte der Boote verschwanden im Wasser, Männer schwammen im Wasser oder hielten sich an den vielen Holztrümmern fest.

 

Die Bogenschützen schossen ihre Pfeile ohne jedes Mitleid in die im Wasser schwimmenden  Piraten.

 

Wieder und wieder krachten die Kanonen und zerstörten die Boote der Piraten.

 

Aufgeregt kam ein junger Mann zu Phystar gerannt, die „Dyrla“ wird geentert! Tatsächlich, Phystar sah schon im umdrehen das Piratenboot längsseits der „Dyrla“! Die Piraten warfen Enterhaken über die Reling und zogen sich an den Seilen hoch.

 

Die Soldaten auf der „Dyrla“ waren aber auf dem Posten, ihre Überraschung dauerte nur einen kurzen Moment, sie hieben mit ihren Schwertern die Seile durch. Empört brüllend fielen die Männer ins Wasser, Kanonenkugeln wurden in das Boot geworfen und von der Kanone wurde das lecke Boot schnell in die Tiefe gezogen. Verblüfft fragte Phystar sich, wie die Piraten die doch unsichtbare „Dyrla“ ausfindig machen konnten.

Die „Dyrla“ hatte die Sache wieder im Griff und Phystar kümmerte sich wieder um sein Schiff.

 

Die hoffnungslos unterlegenen Piraten waren in ihren leichten Booten schnell besiegt und die Schiffe segelten über den See dem südlichen Ufer zu.

 

Phystar nutzte den ruhigen Moment aus, um bei Sotates nach zu fragen, wie die Piraten die unsichtbare „Dyrla“ entdecken konnten. „Ich kann es mir nur so erklären“, versuchte Sotates zu erklären, „das einige Piraten mit ihren Booten einfach in Richtung der Kanonenabschüsse gefahren sind und so die „Dyrla“ entdeckten. Waren die Piraten erstmal innerhalb unseres Zaubers, war die „Dyrla“ für sie ein normales Schiff.“

 

 Nachdem sich Phystar davon überzeugt hatte, dass das Dorf menschenleer war, gab er das Zeichen zum Beschuss. Die leichten Häuser und Hütten waren schnell zerstört und die Schiffe segelten langsam nahe dem Ufer auf der Suche nach möglicherweise noch versteckten Piraten.

 

Die Vorsicht zahlte sich unmittelbar aus, der Ausguck der „Kateene“ entdeckte in den Felswänden von Piraten besetzte Kanonenstellungen. 

 

Jedes Schiff nahm eine andere Kanone unter Beschuss, die Piraten an den Kanonen feuerten blindlings auf das Wasser. Die Kanonenkugeln der Schiffe trafen gut, die Piraten wurden schlimm von den abplatzenden Gesteinssplittern verletzt.

 

Der enge und steile Pfad zu der Kanonenstellung verhinderte eine schnelle Flucht der Männer, eine nach dem anderen fiel getroffen ins Wasser.

 

Die Schiffe feuerten solange auf die Kanonen, bis sie sich sicher waren, dass die Kanonen zerstört waren.

Dann war Ruhe, die drei Schiffe segelten über den See und viele Soldaten suchten aufmerksam das Ufer ab, Alka-An wollte absolut sicher sein, dass kein Pirat überlebt hat.

Als die Männer bis zum Abend nichts entdeckt hatten, beschlossen Alka-An und Phystar die Rückkehr in die Schlucht, um dort nach weiteren Piraten zu suchen.

Sotates und Owithan hoben den Zauber, der die Schiffe unsichtbar machte, auf.

Er wurde jetzt nicht mehr benötigt.

 

Auf halber Strecke kam ihnen die „Sirgith“ mit Kapitän Achdron entgegen, besorgt sah Alka-An die Beschädigungen an der „Sirgith“. Achdron berichtete, dass mehrere Piratenboote versucht hatten, mit Gewalt durch zu brechen, um das offene Meer zu erreichen.

Zwei der Boote musste er mit der „Sirgith“ rammen, um deren Durchbruch zu verhindern, die Schäden an der „Sirgith“ sind nicht schwerwiegend, sie können alle mit Bordmitteln repariert werden.

 

Die Schiffe zerschossen die letzten Häuser und Hütten der Piraten.

Nichts blieb von dem Piratenversteck übrig, als ein Haufen Trümmern.

 

Für die Durchfahrt der engen Schlucht hüllten die Magier die Schiffe wieder in den Zauber.

 

Die Schiffe verließen mit zufriedenen Menschen an Bord die enge Schlucht und mit dem erreichen der offenen See erlosch der Zauber und die Schiffe erhielten ihre ursprüngliche Größe zurück.

Die vier Schiffe ankerten unweit der Felsenküste und die Kapitäne umruderten in einem Boot ihr Schiff, um es auf eventuelle Schäden zu überprüfen.

Der Schiffszimmermann und weitere Handwerker hatten sie mitgenommen. Alle vier Kapitäne stellten erfreut fest, dass die Schiffe keine oder nur sehr geringe Schäden erlitten hatten.

 

Nur an der „Sirgith“ mussten einige Planken erneuert werden, einige Seile aus der Takelage auch.

 

Während die Reparaturarbeiten im Gange waren, sprach Alka-An mit Phystar darüber, dass er sich gerne davon überzeugen möchte, ob das Piratennest auf der Insel, hier zeigte er auf die Karte, möglicherweise wieder bewohnt ist oder ob die Piraten einen neues Versteck gefunden haben. Phystar bekam vor Aufregung ganz glänzende Augen, dass war eine Seereise nach seinem Geschmack!  

 

 

Kapitän Phystar

Phystar tobte mit den anderen Kindern aus dem kleinen Dorf an dem Strand der winzigen Insel, auf der er mit seinen Eltern und Großeltern lebte.

 

Da Strand lief flach in das warme Wasser, so dass die Kinder gefahrlos spielen konnten.

 

Die drei alten Männer, die auf der uralten Steinbank im Schatten eines Olivenbaumes saßen, beobachteten das Herumtoben der Kinder trotzdem aufmerksam.

 

Phystar stand bis zum Bauch in dem warmen Wasser, als er mitten im Spiel innehielt und aufs Meer schaute. Er deckte seine Augen dabei mit der Handfläche schützend gegen die helle Sonne ab  und sah dem Segelschiff nach. Die hellen Segel leuchteten in der Sonne, Phystar holte tief Luft, sehnsüchtig sah dem entschwindenden Segelschiff nach.

 

„Komm, Phystar, lass das träumen, wir wollen weiter spielen“, riefen die Kinder und holten Phystar aus seinen Träumen zurück.

„Capitano, würdet ihr jetzt endlich kommen?“ Neckten die Kinder Phystar, ihm war das gleichgültig, er wusste, ja, er war sich sicher, dass er irgendwann auf einem Segelschiff in die Welt fahren wird.

 

Er hörte seine Mutter rufen, auch die anderen Kinder verschwanden in den kleinen Häusern, die Mittagshitze wurde unerträglich.

 

Zum späten Nachmittag wurde das kleine Dorf wieder munter. Die Kinder rannten schreiend durch die wenigen Gassen, die Frauen setzten sich mit ihren Handarbeiten auf die Bänke vor ihren Häusern und die Männer trafen sich in der kleinen Taverne am Dorfplatz.

Wie immer wurde über den Fischfang gesprochen und wie immer wurde irgendwann über den Riesenfisch gesprochen, den Phystars Großvater vor langer Zeit gefangen hatte.

Es wurde langsam dunkel über der kleinen Insel, die Frauen gingen ins Haus und brachten die Kinder zu Bett.

 

Die Sterne funkelten noch am samtblauen Himmel, als die Männer aus den Häusern kamen und zum Strand gingen.

Die kleinen Boote wurde ins Wasser geschoben, das dreieckige Segel gesetzt und mit dem leichten Wind fuhren sie auf das Meer hinaus.

 

Phystar wuchs heran und erreichte das Alter, in dem er in die Schule musste.

 

Seine Eltern brachten ihn mit dem kleinen Fischerboot zu der großen Insel weiter im Süden. Phystar freute sich sehr auf die Schule, damit kam er doch seinem Wunsch, zur See zu fahren, ein großes Stück näher.

 

In der Schule waren Kinder von allen umliegenden Inseln, die selbst keine Schule hatten.

 

Etwa hundert Kinder veranstalteten einen Höllenlärm und Phystar fand in dem Tumult einen Jungen, den er von der Nachbarinsel kannte.

Die beiden taten sich zusammen und konnten ein kleines Zimmer für sich erwischen.

 

Schnell waren die Kinder in dem Schulbetrieb eingebunden und Phystar lernte leicht und fiel seinen Lehrern als äußerst wissbegierig auf.

Die Lehrer übertrugen Phystar gerne zusätzliche kleinere Aufgaben, weil sie wussten, dass der Junge zuverlässig war und die Aufgaben umgehend erledigte.

 

Nach den ersten beiden Schuljahren hatte Phystar das Riesenglück einen Lehrer zu finden, der einen Gehilfen brauchte, der ihn bei seiner Sternenbeobachtung zur Hand ging.

 

Phystar verschlang alles an Büchern, die er von dem Lehrer erhielt und schon bald saß das ungleiche Paar im Licht der Sterne im Gras und fachsimpelten über die Sternenbilder.

Phystar wusste, dass das ganze Wissen über die Sterne für ihn mal ungeheuer wichtig sein wird.

Die Lehrer der Schule empfahlen Phystars Eltern, ihren Sohn auf eine höhere Schule zu schicken.

 

Die Eltern von Phystar gaben dann vor den Lehrern sehr verlegen und beschämt zu, dass sie den Schulbesuch nicht bezahlen können.

Die Lehrer berieten sich und teilten dann den Eltern mit, dass Phystar die Schule kostenlos besuchen darf.

Voller Freude sprang der Junge wie ein junges Füllen auf dem Schulhof herum.

Die Kinder fragten fassungslos nach dem Grund seiner Freude und als sie erfuhren, dass seine Freude daher rührte, dass er weiter auf die Schule gehen konnte, verstanden viele Kinder gar nichts mehr.

Seine Mutter war sehr traurig und sein Vater etwas enttäuscht, er hatte so auf Hilfe seines Sohnes beim Fischfang gehofft.

 

Aber schließlich und endlich fanden sie sich damit ab, dass Phystar weiter zur Schule ging und wohl kein Fischer wurde, wie die ganze Familie zuvor.

 

Die neue Schule war etwas ganz anderes, sie bestand aus mehreren großen Gebäuden und in jedem Gebäude wurden jeweils nur zwei oder drei Themen gelehrt.

Hier lernte Phystar zum ersten Mal die Überheblichkeit der privilegierten Kinder kennen, die in einem für ihn unvorstellbaren Reichtum lebten.

Das Geld, dass für ihn einen ganzen Monat reichen musste und es auch tat, gaben diese Kinder mehrmals pro Tag aus.Phystar wurde gehänselt ob seiner einfachen Kleidung und seiner Herkunft von einer vielen kleinen Inseln.

 

Die Eltern dieser Kinder lebten in prachtvollen Häusern in den großen Städten und führten ein Leben, dass für Phystar einfach unvorstellbar war.

Aber Phystar fand im Laufe der Zeit doch ein paar Jungen, mit denen er sich gut verstand.

 

Ganz langsam wurde sein Lerneifer und seine Beharrlichkeit akzeptiert.

 

 

So oft es ging, hielt sich Phystar in dem Hafen der Insel auf, starrte sehnsüchtig den davon segelnden Schiffen nach und beobachtete neugierig die ankommenden Schiffe.

Er lernte den Hafenmeister kennen und erfreut stellten beide fest, dass sich ihre Familien von Inseln kannten.

Jetzt durfte Phystar mit auf die ankommenden oder auch die zur Abreise fertigen Schiffe und mit großen Augen lernte Phystar die großen Schiffe kennen.

Schiffe mit zwei oder gar drei Masten, mit vielen Segeln, wilde, starke Männer, die auf den Schiffen als Seeleute arbeiteten.

 

Das Ende seiner Schulzeit näherte sich für Phystar und der Hafenmeister knüpfte vorsichtig Kontakte zu dem einen oder anderen Kapitän.

 

Während einer kleinen Feier wurden den Schülern die Abschlusszeugnisse überreicht und Phystar genoss zum ersten Mal während der ganzen langen Schulzeit die Aufmerksamkeit der Lehrer und Schüler, er sah mit stiller Freude die neidischen Blicke und auch wütenden Blicke der „besseren“ Schüler, als er mit viel Lob und Anerkennung sein Zeugnis erhielt.

 

Jetzt suchten plötzlich viele den Kontakt zu ihm, den er jetzt aber dankend ablehnte.

 

Er freute sich auf seine Arbeit auf einem großen Schiff!

Der Hafenmeister hatte den Kapitän auf Phystar aufmerksam gemacht und der zeigte sich sofort interessiert.

Phystar übergab dem Kapitän sein Zeugnis und erfuhr, dass das Schiff in zwei Tagen nach einem Land weit im Osten segelt.

Der frischgebackene Seemann packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen, verabschiedete sich von seinen Lehrern und den wenigen Schülern, mit denen er in den Jahren gut zu Recht gekommen war.

 

Phystar verstaute seine wenigen Sachen in der winzigen Kammer, die ihm von dem Kapitän zu gewiesen wurde. Der Kapitän schickte Phystar in die Stadt zu einem Schneider, dort erhalte er einige Kleidungsstücke. Überglücklich nahm Phystar die dunkelblaue Jacke und die weißen Hosen in Empfang, sogar Schuhe erhielt er. Zurück an Bord des Schiffes verstaute Phystar sorgfältig die Sachen und meldete sich bei dem zweiten Kapitän.

 

Der Mann erklärte Phystar den Tagesablauf auf dem Schiff und seine Aufgaben, er wurde einer Wache zugeteilt und erfuhr, dass er für den Fockmast verantwortlich war.

 

Vor lauter Aufregung hatte er einen dicken Kloß im Hals, aber er verstand und begriff alles, was der zweite Kapitän zu ihm sagte.

Abschließend zeigte der Mann auf die Schiffsglocke, mit vier Glasen beginnt dein Dienst.  

 

Vor lauter Aufregung konnte Phystar nicht schlafen, sein Traum hatte sich endlich erfüllt, er ist an Bord eines großen Schiffes und morgen geht die Reise los!

 

Lange, bevor die Schiffsglocke vier Glasen schlug, stand Phystar fix und fertig in seiner kleinen Kammer, er musste etwas gebeugt stehen, um nicht an die dicken Balken zu stoßen.

 

Er ging den kurzen Gang bis zum Niedergang und betrat das Deck.

 

Die Deckwache wurde von der Gruppe Männer abgelöst, zu der Phystar eingeteilt worden war und als die Glocke zum ersten Mal anschlug, stand Phystar dienstbereit am Fockmast.

Kommandos wurden lautstark gebrüllt, der Anker rasselte auf und dann hieß es, Segel setzen und Phystar enterte den Mast hoch, tanzte auf den Rahen und löste das Segel.

 

Der Kapitän steuerte das Schiff persönlich aus dem Hafen  und mit dem erreichen der offenen See übergab er das Kommando an den zweiten Kapitän.

 

Phystar fand sich schnell in den Rhythmus des Schiffes ein, als wenn er nie etwas anderes gemacht hatte und er hatte Glück mit seiner ersten Reise, das Wetter war und blieb schön, der Wind wehte gleichmäßig und trieb das Schiff zügig voran.

 

Was Phystar ungemein freute, er kam mit den Männern auf dem Schiff prima zu recht, obwohl er der Grünschnabel auf dieser Reise war, gehörte er sofort dazu.

 

Das Schiff erreichte den Zielhafen, die Ladung wurde gelöscht und neue an Bord genommen.

Phystar wurde dem Besammast zu geteilt.

Am zweiten Tag der Seereise frischte der Wind bis zum Sturm auf, jetzt zeigte es sich, auf welch guten Schiff Phystar Dienst tat.

 

Trotz seiner schweren Ladung wurde es von dem Sturm durch die Wellen gejagt und hielt dabei mühelos den Kurs. Der Kapitän stand erfreut neben dem mit zwei Seeleuten bestücktem Ruder und sah sich sehr zu frieden auf dem Deck um. Er rieb sich die Hände, das Wetter brachte ihm mindestens einen Tag Zeitgewinn.

 

Reise auf Reise folgte für Phystar, längst war er aus dem Mannschaftsdienst heraus gewachsen und versah jetzt schon auf der dritten Reise Dienst in der Schiffsleitung.

Er plante die Reisen, sobald er von dem Kapitän erfahren hatte, welche Häfen angefahren werden müssen.

Er sorgte für den Proviant.

Er ließ die verschiedenen Ladungen in den Laderäumen in der Reihenfolge verstauen, in der sie in den Zielhäfen gelöscht werden sollten.

Dadurch verkürzte sich die Liegezeit in dem einen oder anderen Hafen erheblich.

 

Das alles bemerkte der Kapitän und Phystar erhielt als junger Mann sein Offizierspatent.

 

Nach vielen Jahren konnte Phystar seine Eltern, sein Dorf und seine Insel besuchen, weil sein Schiff gegenüber der Insel in dem Hafen Ladung an Bord nahm.

Phystar erschrak ein wenig, seine Eltern sind alt und grau geworden!

Aber stolz gingen sie mit ihren groß gewordenen Sohn durch das Dorf.

Phystar überragte seine Eltern um mehr als Haupteslänge,

in seiner Uniform  machte er einen eleganten Eindruck und mehr als eine junge Frau warf dem eleganten Offizier einen aufmerksamen Blick zu.

 

Heimlich steckte er seiner Mutter ein paar Münzen zu, sein Vater wäre zu stolz dafür und er konnte es sich von seiner Heuer gut erlauben.

Die zwei Tage Urlaub waren viel zu schnell vorbei, sein Schiff ankert wartend vor der Insel und alle Bewohner des kleinen Dorfes verabschiedeten ihren Phystar.

 

Wieder hatte es einer von ihnen geschafft, von der Insel fortzukommen.

 

An Bord legte Phystar grüßend seine Hand an die Stirn und lauter Jubel brach auf der Insel aus.

 

Die Segel wurden gesetzt, das Schiff nahm schnell Fahrt auf und die kleine Insel verschwand unter der Kimm. Diesmal hatte Phystar eine ungewöhnlich lange Reise vor sich, dass Schiff hatte eine Ladung für eine Stadt an einer weit im Westen liegende Küste.

 

Phystar steckte anhand vieler guter Seekarten seinen Kurs ab und legte ihn dem Kapitän vor.

Mit dem genehmigten Kurs ging Phystar zu den Steuerleuten.

Einer der Männer freute sich, die Stadt Barcinodat kenne ich, dass ist die richtige Stadt für uns Seeleute und klopfte den anderen Männern begeistert auf die Schultern.

 

Phystar musste dem Seemann, nachdem er die erste Nacht in der großen Stadt verbracht hatte, recht geben, es war eine wilde, verrückte Stadt.

Unmittelbar hinter den  vielen Lagerhäusern des großen Hafens reihte sich eine Schenke an die andere, überall Musik und Lachen von sehr freundlichen Frauen! 

 

Die Ladung war an Bord, der Proviant gebunkert, der letzte Seemann an Bord geschwankt, die Reise konnte losgehen.

 

Das Schiff steuerte einen Hafen nach dem anderen an der schönen Küste an.

 

Als die Küste nach Südosten zeigte, segelte das Schiff zu  einer große Stadt, die zwar weiter im Landesinnere liegt, aber über den vor gelagerten Hafen versorgt wird.

 

Je näher sie dem Hafen kamen, umso mehr Schiffe waren auf dem Wasser unterwegs, Phystar staunte nicht schlecht, dass muss wirklich eine große Stadt sein.

Sie mussten eine Nacht im Hafenbecken ankern, weil an den Kaimauern kein Platz für sie war.

Am frühen Morgen wurden sie zum Entladen von einem kleinen, aufgeregten Mann, der sehr gerade im Bug eines kleinen Bootes stand, an den Kai gewunken.

 

Die Ladung wurde gleich mit zwei Hebevorrichtungen aus den Laderäumen geholt, gegen Mittag konnte Phystar schon die neue Ladung an Bord nehmen.

 Mit dem frühen Abend verließ das Schiff den Hafen und die Steuerleute legten das Schiff auf Südostkurs.

 

Phystar freute sich, vielleicht hat er die Möglichkeit, mal wieder seine Eltern zu besuchen, weil das Schiff eine größere Ladung für einen Hafen etwas nördlich seiner Insel an Bord genommen hatte.

Die Zeit lief  so schnell davon, wie die Seemeilen unter dem Schiffskiel, es war schon wieder so lange her, seit seinem letzten Besuch auf der Insel.

Phystar erhielt den ersehnten Landurlaub und mit einem kleinen Fischerboot fuhr er zu seiner Insel.

Er musste lächeln, es ändert sich nicht viel auf der Insel, der Hafen, das kleine Dorf, der steinige Weg hoch zu seinem Elternhaus.

Aber etwas war anders, die Menschen grüßten ihn freundlich, aber etwas zurück haltend, wie traurig.

Phystar wurde unruhig als er sein Elternhaus erreichte und sah seinen Vater nicht auf der Bank davor sitzen. Schlimme Ahnungen stiegen in ihm hoch, seine Mutter fiel ihm weinend in den Arm: „ Dein Vater ist vor zehn Tagen gestorben.“

Phystar besuchte mit seiner Mutter das Grab seines Vaters, das Grab lag so, dass das ganze weite Meer zu sehen war. Phystar regelte alles, was zu regeln war, legte seiner Mutter ein paar Münzen auf den Tisch und verließ mit traurigem Herzen seine Mutter, seine vielen Verwandten und seine Insel.

 

Die Arbeit auf dem Schiff ließ Phystar nicht viel Zeit für traurige Gedanken, die nächste weite Reise stand an und es gab dafür viel vorzubereiten.

Wieder führte diese Reise weit in den Osten, das Schiff steuerte mehrere Häfen an.

Die zuletzt an Bord genommene Ladung musste zu einem Hafen weit im Westen gebracht werden. Phystar steckte den Kurs ab und sah dabei, dass der anzusteuernde Hafen zu einer Stadt gehörte, die südlich von Barcinodat lag.

 

Für einen Moment musste er an seine Mutter denken, es wird lange bis zu unserem wiedersehen dauern.

 

Kurz nach verlassen des letzten Hafens geriet das Schiff in einen heftigen Sturm und Phystar hatte mit der Mannschaft alle Hände voll zu tun, ihr Schiff gut durch den Sturm zu bringen.

Kaum hatten sie den Sturm gemeistert, wurden sie von zwei Piratenschiffen angegriffen!

Die Piratenschiffe hatten keine Kanonen an Bord, wie Phystar erleichtert feststellte und bevor die Piraten sein Schiff entern konnten, rammte er das an Backbord segelnde Schiff so heftig, dass die Bordwand brach und das Schiff schnell Wasser übernahm, dem zweiten Piratenschiff segelten sie einfach davon, es waren wohl keine besonders gute Seeleute unter den Piraten.

 

Die Weiterfahrt verlief ruhig und ungehindert erreichte das Schiff den Hafen der Stadt Thurisis.

Das Löschen der Ladung und das an Bord nehmen der neuen Ladung zog sich über mehrere Tage hin und so konnte Phystar in die Stadt gehen und sich ein wenig umsehen.

Auf einem Markt erstand er ein schönes Tuch für seine Mutter.

 

Der Großteil der Fracht musste zu der großen Stadt, die an der Meerenge gelegen, gebracht werden.

Auf der langen Reise konnte Phystar seine persönlichen Dinge ordnen, etwas überrascht stellte er fest, wie viele Jahre er schon auf diesem Schiff verbracht hatte.

Angefangen als Grünschnabel frisch von der Schule war er jetzt ein gestandener Seemann mit Offizierspatent zweiter Mann auf dem Schiff.

 

Während der Liegezeit im Hafen wurde er zu seinem Kapitän gerufen. Er betrat die Kapitänskajüte und sah seinen Kapitän an dem großen Schreibtisch sitzen.

Der Kapitän zeigte auf dem vor dem Schreibtisch stehenden Sessel und Phystar setzte sich.

Der Kapitän sah Phystar ernst und sehr konzentriert an, Phystar hielt diesen prüfenden Blick mit einem kleinen Lächeln in den Mundwinkeln stand.

Der Kapitän zog eine Schublade auf und stellte vier Lederbeutel, in denen es hell klingelte, auf den Schreibtisch: „Euer Anteil unserer Reisen! Ihr seit jetzt ein reicher Mann, ihr könnt euch jetzt ein eigenes Schiff kaufen und selbstständig Handel treiben.“

 

Der Kapitän empfahl Phystar noch ein verlässliches Bankhaus, dann stand Phystar in der hellen Sonne und freute sich verrückt auf sein erstes eigens Schiff.

Die Lederbeutel gut verstaut, seine restlichen Sachen in einer Rolle verpackt, auf der Schulter, verließ er sein Schiff, auf dem er so viele Jahre Dienst getan hat.

Phystar fand das Bankhaus, anschließend eine freundliche Herberge.

Am nächsten Morgen stöberte er durch den Hafen und sah sich die vor Anker liegenden Schiffe an. Aber keines wollte ihm so richtig zu sagen, also suchte er die Bauplätze auf, auf denen vielleicht gerade sein Schiff gebaut wurde.

 

Er fand den Schiffsbauer, der unter anderem auch das Schiff gebaut hatte, auf dem er jahrelang die Meere befahren hatte.

Die beiden Männer wurden sich schnell handelseinig.

Aufgrund der Bauzeit entschloss sich Phystar, die Zeit auf seiner Insel und bei seiner Mutter zu verbringen.

 

Er kaufte sich ein kleines Segelboot und segelte zu seiner Insel.

Seine Mutter freute sich sehr, ihren großen Sohn endlich wieder zu sehen und Phystar schenkte ihr das Tuch aus Thurisis.

Dann schimpfte sie ihn aus, weil er ihr bei seinem letzten Besuch die Münzen hingelegt hatte, er könne das Geld doch viel besser gebrauchen.

Phystar lachte seine Mutter fröhlich an: „Ich habe in den vielen Jahren gut verdient, mach die keine Sorgen.“

Und als seine Mutter erfuhr, dass nicht nur das kleine Segelboot, dass in dem kleine Hafen der Insel lag, ihrem Sohn gehörte, sondern auch noch ein richtig großes Segelschiff für ihn gebaut wurde, platzte sie vor Stolz.

Am nächsten Morgen lief sie durch das kleine Dorf und erzählte allen voller Stolz von ihrem erfolgreichen Sohn.

 

Phystar machte während dessen einen Spaziergang über die kleine Insel. Er sah die Frauen an der Waschstelle, hörte er Lachen und singen.

Eine Frau kam ihm auf dem schmalen Pfad entgegen, einen Korb mit frischem Gemüse tragend.

Phystar grüßte freundlich, die junge Frau lachte ihn mit strahlenden Augen an: „ Guten Morgen, Phystar, ich bin Penèlope, erkennst du mich nicht mehr?“

„Nein“, lächelte Phystar, „ das kleine, dünne Mädchen, das immer Angst hatte, dass bist du?“

Die junge Frau drohte scherzhaft mit erhobenen Finger: „Das darfst du aber nicht mehr sagen, schau her“, sie stellte den Korb ab und drehte sich im Kreis, „ das sieht doch jetzt wohl etwas anders aus!“

„Da hast du recht“, gab Phystar zu, „das sieht jetzt aber ganz anders aus.“

„Ich bringe das Gemüse meiner Mutter“, dann habe ich Zeit für dich, „wenn du es möchtest?“

„Möchte ich“, lächelte Phystar die junge Frau an.

Gemeinsam gingen sie zu dem Haus, Penèlope gab den Korb mit dem Gemüse ihrer Mutter, bis nach her. Penèlope zog Phystar mit sich und dann waren sie nur noch allein auf der kleinen Insel.

 

Phystar segelte mit Penèlope zu der großen Stadt um nach seinem Segelschiff zu sehen. Er steuerte sein kleines Segelboot zu den Schiffsbauplätzen und dann klopfte sein Herz bis zum Hals, er sah sein Schiff vor Anker liegen!

Genauso, wie er es mit den Schiffsbauern besprochen hatte, groß, mit drei hohen Masten, mit einem dicken Bauch für viel Ladung und auf jeder Seite fünf Kanonen.

 

Feierlich taufte Phystar sein Schiff auf den Namen „Penèlope“!

 

Penèlope war einfach überwältigt und Phystar hatte in den nächsten Tagen sehr viel zu tun, er musste eine Mannschaft anheuern, Ladungen musste er ordern, Proviant gebunkert werden und vieles mehr.

 

Irgendwann war die „Penèlope“ klar bei Schiff und unter Tränen fuhr Penèlope mit dem kleinen Segelboot zur ihrer Insel zurück und Phystar startete zu seiner ersten Fahrt.

 

Als Phystar das Kommando auf der „Seetha“ übernahm, segelten unter seiner Flagge fünf Handelsschiffe und eigentlich war sein Platz zu Hause bei seiner Familie, aber ab und zu juckte es ihm und es zog ihn hinaus aufs Meer!

Sein Sohn Eubäus trat in seine Fußstapfen und seine vier Töchter hatten gute Männer geheiratet.

 

Penèlope hütete sein schönes Haus auf ihrer kleinen Insel.

Die Stadt Barcinodat

Die vier Kapitäne meldeten Alka-An klar Schiff und Alka-An wies den Kurs nach Nordwesten, trotz des herrlichen Wetters mit klaren blauen Himmel blies ein kräftiger Wind und trieb die Schiffe kräftig voran.

Phystar hatte den vier Schiffen eine Formation in der Form einer großen Eins angewiesen.

 Die „Seetha“ segelte an der Spitze der Formation, Backbord, etwas versetzt nach achtern, die „Kateene“ mit Eubäus als Kapitän.

Auf der Steuerbordseite waren die „Sirgith“ mit Kapitän Achdron und die „Dyrla“ mit Kapitän Lemkor auf Position.

 

Die Menschen und die Mannschaften auf den Schiffen erlebten ein paar schöne, ungestörte Tage. Es war eine schöne Schiffsfahrt bei diesem herrlichen Wetter.

Am Horizont tauchte die Insel auf, auf der das Piratennest sein soll.

 

Anhand der Seekarte konnte Alka-An schnell den Eingang an der südwestlichen Küste zu dem Piratennest finden. Phystar zeigte sich von dem gut getarnten Versteck beeindruckt.

Wegen des fortgeschrittenen Tages ließ Alka-An die vier Schiffe in einem Halbbogen vor dem Eingang des Versteckes ankern, morgen wollen sie sich das Piratennest dann genauer ansehen.

Alka-An sah sich noch mal die genauen Beschreibungen von Kaah - Mer, seinem Vater an.

 

Die Beschreibung war detailliert und Alka-An konnte sich beinah bildlich  das Versteck der Piraten vorstellen. Die schmale Einfahrt zwischen den hohen Felsen und die kleine Bucht, die Hütten und die kleinen Häuser der Piraten.

Auf den vor Anker liegenden Schiffen war Ruhe eingekehrt, außer der Lampe am Heck eines jeden Schiffes war es auf den Schiffen dunkel, das Wasser plätscherte leise, wie beruhigend an die Bordwände.

Verhalten tönten die Rufe der Wachen durch die Nacht.

Die Alarmrufe der Wachen kamen den auf geschreckten Soldaten wie Hohn vor, so schön geschlafen und jetzt Alarm!

 

Tatsächlich sind zwei schmale, schnelle Ruderboote klammheimlich aus dem Piratenversteck heraus gekommen und wurden von den Wachen entdeckt, bevor sie eines der vier Schiffe entern konnten.

Blitzschnell wendeten die Boote und verschwanden mit enorm hohem Ruderschlag in die dunklen Felsen.

Genau so schnell, wie die zwei Boote aufgetaucht waren, waren sie auch wieder verschwunden.

 

Da Alka-An wusste, dass es aus dieser Felsenbucht keinen anderen Ausgang gab, schickte er alle wieder in die Nachtruhe zurück.

„Um diese Herrschaften kümmern wir uns morgen bei Tageslicht.“ Alka-An schloss mit einem herzhaften Gähnen die Kajütentür.

Höchst vergnügt saß Alka-An mit Bythia, Phystar, Sotates, Owithan, Tretikow und Eubäus beim Frühstück, er beantwortete die Fragen seiner Gäste nach diesem Piratennest gerne.

 

Er erzählte auch die Geschichte von der Eroberung des Piratenschiffes  und der Vernichtung des Sklavenschiffes. Alle in der Runde zeigten sich entsetzt, als sie von den Grausamkeiten der Seeräuber erfuhren.

 

Die „Seetha“ und die „Dyrla“ wurden vorsichtig in die enge Einfahrt gesteuert,

Alka-An zeigte auf die immer noch gut zu sehenden schwarzen Brandflecken, die von ihren Katapulten verursacht worden sind und so fürchterlich unter den Piraten gewütet hatten.

Schwarz gefärbte Häuserruinen und verbogene Kanonenrohre zeugten von dem gründlichen Aufräumen von den Menschen aus der weiten Ebene.

 

Von der „Dyrla“ kam der Hinweis, dass sie das Versteck der Piraten entdeckt hatten.

Mit dem Fernglas sah Alka-An in die Felsen und suchte die angegeben Stelle.

Richtig, da waren sie, es waren etwa fünfzig Männer zusehen und drei Kanonenrohre!

Krachend entlud sich die erste Kanone und dicht neben der Bordwand der „Seetha“ steig eine Wassersäule hoch in die Luft!

Die Piraten zielten gut, denn die zweite Kanonenkugel schlug ebenfalls dicht neben der Bordwand ein, diesmal bei der „Dyrla“.

Die Kapitäne reagierten sofort und steuerten ihre Schiffe so weit es in der engen Bucht möglich war, nach Steuerbord bis dicht an die glatte Felswand.

 

Wieder krachte eine Kanone los, aber diese hörte sich anders an und kam aus einer anderen Richtung!

 

Alka-An musste grinsen, der gute alte Lemkor!

Er schoss auf die Batterie der Piraten und das wütende Geschrei der Männer bewies, dass die Kugeln ihr Ziel gut getroffen hatten.

Die mittlere Kanone stand seltsam schief und das Kanonenrohr zeigte steil in den blauen Himmel.

Der Beschuss von den drei Schiffen machte schnell Schluss mit den Piraten, viele der Männer fielen getroffen von den Felsen herunter, schlugen mehrmals auf die tieferen Felsen, um dann klatschend ins Wasser zu fallen.

Unerbittlich ließ Alka-An die Felsen nach weiteren Piraten und Kanonenstellungen absuchen, er wollte sicher gehen, dass das Piratennest fürs erste ausgeräuchert ist.

 

Mit der Dämmerung verließen die Schiffe das Piratenversteck, in dem immer noch Brände flackerten. Phystar fuhr die „Seetha“ ein Stück um die Insel nach Osten und fand dort für die vier Schiffe eine geschützte Bucht für die Nacht.

Phystar schlug Alka-An vor, der Stadt Barcinodat einen Besuch abzustatten.

Die Stadt ist wirklich einen Besuch wert und er könne für seine Frau und seiner Mutter die heiß begehrten Tücher und Decken mitbringen.

Bythia war mit dem Besuch der Stadt sofort einverstanden: „Wir alle haben genügend Kämpfe, Abenteuer und Katastrophen erlebt, jetzt sollten wir uns mal vergnügen!“

 

Nach einer kurzen Reise erreichten die Schiffe den Hafen von Barcinodat und schon der Anblick der Stadt vom Meer aus war beeindruckend.

Die Schiffe erhielten Liegeplätze an die dem Meer zugewandten Kaimauern, da sie keine Ladung löschen oder an Bord nehmen wollten.

Außer den Wachen an Bord der Schiffe strömte alles Volk von den Schiffen in die Stadt.

Alka-An hatte ein paar Tage für die Stadt frei gegeben und es käme auf einen Tag mehr oder weniger nicht an.

 

Als der Hafenmeister während der Formalitäten erfuhr, dass die Schiffe von Alka-An, bevor sie Barcinodat 

angelaufen sind, dass Piratennest auf der Insel vernichtet hatte, erschien auf seinem Gesicht pure Erleichterung: „Ähnliches ist uns schon einmal passiert, da kamen auch Fremde auf großen Schiffen und vernichteten die Piraten in ihrem Versteck.“

Alka-An lachte den quirligen Mann freundlich an: „Das war damals mein Vater.“

Verblüfft und überrascht sah der Mann Alka-An an, jetzt gab es kein halten mehr, er schleppte Alka-An in die Stadt zum Palast des Statthalters.

Der Statthalter war dankbar und lud Alka-An, die Kapitäne mit Gefolge zu einem Fest am nächsten Abend ein.

Er erlaube sich, eine Anzahl Kutschen zu schicken, um seine Gäste abzuholen.

 

Bythia wurde erst blass, als sie von der Einladung erfuhr, dann bekam sie ein knallrotes Gesicht, was soll ich bloß anziehen?

Auch die restlichen Frauen kamen mit dem gleichen Problem zusammen.

„Wir müssen in die Stadt“, beschloss Bythia wild entschlossen.

Wenig später marschierte eine wild durch einander redende Gruppe Frauen auf die drei Stadttore zu und verschwanden schnell in dem Gewimmel der vielen Menschen.

 

Alka-An saß mit mehreren Leuten bequem im Heck der „Seetha“ und genoss den herrlichen späten Nachmittag. Ihr Gespräch drehte sich natürlich um die Stadt Barcinodat, von der alle zutiefst beeindruck waren.

Die großzügigen Straßen und Plätze mit ihren Brunnen, die prachtvollen Häuser und Paläste. Sotates lobte die Gastfreundschaft der Einwohner und er habe kaum Soldaten gesehen.

 

Über das Gespräch ist die Dunkelheit angebrochen und die Gruppe der Frauen kamen wild erzählend zu den Schiffen zurück.

Lachend verabschiedeten sich die Frauen von einander und gingen auf ihre Schiffe.

 

Bythia fiel Alka-An vor lauter Freude um den Hals: „Ich habe ein wunderschönes Gewand für den morgigen Abend.“ Erleichtert lachte Alka-An auf: „Dann kann uns ja morgen nichts mehr passieren!“  

An nächsten Morgen strömten wieder viele Menschen von den Schiffen in die Stadt, Alka-An rief ihnen noch nach, das sie rechtzeitig zurück sein sollen für den Empfang.

 

Alka-An sprach mit Phystar über die mächtigen Stadtmauern und Türme. „Ein Angriff dürfte hier nicht einfach sein!“

„Ganz bestimmt nicht“, antwortete Phystar und wies auf die gut getarnten Kanonen, „ und es sind viele Soldaten in den Wachhäusern unter gebracht.“

„Ich gehe aber davon aus, dass die Stadt eher mit Angriffen aus dem Landesinnere zu tun hat.“

„Wie kommst du darauf“, fragte Phystar erstaunt.

„ Die Stadtmauern und die Türme sind wesentliche stärker ausgebaut als hier an der Seeseite“, erklärte Alka-An. Nach kurzem Überlegen stimmte Phystar zu: „ Die Seeseite schreckt mit ihren Verteidigungslinien auch jeden Angreifer ab.“  

 

Phystar hob grüßend seine Hand und ging in seine Kajüte,

Alka-An stand noch einen Moment an der Reling und sah zu den drei Stadttoren hinüber.

 

Er hörte Bythia seine Namen rufen.

Er betrat die gemeinsame Kajüte und sah Bythia in einem fantastischem Kleid, leicht unsicher wurde er von der jungen Frau angeschaut: „Gefällt es dir?“

Alka-An war völlig überrascht, dass es Bythia in der doch kurzen Zeit geschafft hatte, solch ein prachtvolles Gewand zu bekommen.

Aus einem dunkelroten Stoff genäht, lag es wie eine zweite Haut um Bythia und ließ Bythias schlanke Gestalt noch zierlicher erscheinen, der Ausschnitt zeigte viel von Bythias hübschen Rundungen.

Der mit goldenen Verzierungen belegte Stoff glitzerte bei jeder Bewegung. Keck drehte sich die junge Frau im Kreis und hob dabei ihre Arme hoch in die Luft.

„Ich bin überwältigt“, Alka-An nahm seine Bythia tief beeindruckt in die Arme, „Du siehst fantastisch aus!“ Alka-An drückte Bythia ein wenig von sich: „Wo ist das wilde Büffelmädchen geblieben, dass ich so liebe?“

„Keine Sorge, dass bin ich immer noch!“ Lachend drehte sich Bythia wieder im Kreis: „Ich freue mich so auf den Empfang, dass kannst du dir gar nicht vorstellen.“

„Doch, doch, dass kann ich mir schon gut vorstellen.“

 

Wie versprochen, rollte am frühen Abend Kutsche um Kutsche vor die Schiffe und holte die Frauen und Männer ab.

Die vielen Kuschen rollten durch die Stadttore, über die breite Prachtstrasse zum Königspalast!

Erstaunt nahm Alka-An die vielen anderen Kutschen zur Kenntnis.

 

Es wurde eine rauschende Ballnacht, nach einem üppigen Festessen und einer nur kurzen Ansprache des Königs wurde nur noch getanzt. Die Frauen strahlten mit ihren prächtigen Gewändern um die Wette, manch heißer Blick wurde gewechselt.

Kichernd hielten sich die jungen Frauen bunte Fächer vor das Gesicht und sahen nach den Männern.

Es knisterte spürbar zwischen den Menschen!

 

Mit vor Freude leuchtenden Augen drehte sich Bythia in den Armen von Alka-An zu der Musik, Alka-An sah sich in dem großen, schön geschmückten Saal um, alle schienen sich prächtig zu amüsieren.

Selbst sein etwas bärbeißiger Schiffszimmermann hopste mit einer etwas fülligen Frau im Arm vergnügt herum.

Alka-An machte Bythia auf Eubäus aufmerksam, der junge Mann hatte ein überaus elegantes Gewand, es leuchtete in einem hellen grün und war ebenfalls mit vielen goldenen Verzierungen belegt.

Die junge Frau, die Eubäus im Arm hielt, war selbst unter den vielen hübschen und attraktiven Frauen eine Augenweide.

Eine lange, schwarze wilde Mähne schöner Haare fiel ihr bis weit auf den Rücken. Das knallrote Kleid unterstrich hervorragend den Kontrast.

Eubäus hielt die junge Schönheit beim Tanz mit beiden Händen an der zierlichen Taille fest.

Wild drehten die beiden jungen Menschen ihre Kreise und das lockende Lachen der jungen Frau klang durch den Saal.

Bythia lachte Alka-An verführerisch an: „Da hat jemand sehr hübsches unseren Eubäus aber fix eingefangen!“

„So, wie du mich eingefangen hast?“ fragte Alka-An lachend zurück und wirbelte Bythia vergnügt im Kreis herum.

 

In den folgenden Tagen wurde der Proviant der vier Schiffe ergänzt und langsam rückte die Abfahrt näher. Alka-An  schmunzelte still vor sich hin, wieder kam ein Paar auf ihn zu und der Mann fragte Alka-An etwas linkisch: „Er habe die Frau hier in Barcinodat kennen gelernt und sie möchten zusammen bleiben, ob er die Frau wohl mit aufs Schiff nehmen darf?“

 

Alka-An zählte an den Fingern nach, da war jetzt schon Eubäus, der Schiffszimmermann, einer der Steuerleute, ein Schwertkämpfer, eine Heilerin, eine Bogenschützin,

Alka-An grinste in sich hinein, so ist das Leben.

 Nach einander meldeten die Kapitäne klar Schiff und so legte Alka-An die Abreise für den nächsten Morgen fest. Viele Menschen hatten sich am frühen Morgen auf der Kaimauer vor den vier Schiffen versammelt, einige traurige Abschiedsszenen waren zu sehen.

 

Phystar steuerte die „Seetha“ aus dem Hafen und drehte bei, um auf die anderen Schiffe zu warten, die „Dyrla“ mit Kapitän Lemkor folgte, Die „Sirgith“ mit dem Kapitän Achdron und den Schluss bildete Die „Kateene“ mit dem jungen Kapitän Eubäus.

Alka-An stand hoch auf dem Heck der „Seetha“, sah auf die Schiffe und rief so laut er konnte: „Auf nach Cameedor, fahren wir zurück!“

 

Lauter Jubel brandete auf den Schiffen auf, es geht nach Haus!  

Nach Haus

Kapitän Phystar ließ die Signalflaggen setzen und legte die „Seetha“ auf Kurs nach Süden.

In Sichtweite der Küste segelte der Verband der vier Schiffe mit dem leichten Wind langsam nach Süden.

Es wurde ein herrlicher Tag mit strahlendblauen Himmel, die Sonne brannte heiß.

 

Phystar ließ wieder Schatten spendende Tücher über das Deck befestigen, dankbar nutzen die Menschen an Bord den Schatten.

Zum Nachmittag schlief der leichte Wind gänzlich ein, Phystar zeigte Alka-An die vor ihn liegende Küste. „Last uns dort für die Nacht vor Anker gehen.“

Kaum lagen die Schiffe kurz vor der Küste, sprangen die ersten Männer und Frauen mit rufen und lachen in das kühle Wasser.

Kurze Zeit später wimmelte es vor Menschen im Wasser rund um die Schiffe, als wären diese in einem großen Fischschwarm geraten.

Bythia sah Alka-An fragend an und schon sprangen die beiden über Bord.

Erleichtert stöhnte Alka-An auf: „Ach, tut das gut.“

„Ja, das Wasser ist herrlich erfrischend“, lachend spritzte Bythia Alka-An Wasser ins Gesicht.

„Na, warte“, Alka-An tauchte unter und zog Bythia an den Beinen unter Wasser.

Voller Freude sah Alka-An Bythias herrlichen Körper. Prustend wie die Robben tauchten beide auf und lachten sich fröhlich wie die Kinder an.

 

Nach dem Abendessen legten sich viele zum schlafen einfach in den weichen Sand am Strand. Der Samt blaue, Sternen übersäte Himmel spannte sich über das Nachtlager und die schmale Mondsichel wanderte langsam über diese Pracht.

 

Mit der Morgensonne kam schlagartig die Hitze zurück, das Meer lag bleiern in der Hitze, kein Lüftchen bewegte sich,

Kapitän Phystar schlug Alka-An vor, diesen Tag noch hier zu bleiben und hoffen, dass der morgige Tag frischen Wind mitbringt.

Alle waren mit dieser Entscheidung einverstanden, mit faul in der Sonne liegen und erfrischen im Meer ließ sich der Tag gut ertragen.

 

Abends in der Kajüte sah sich Alka-An die Seekarte an, die den Küstenverlauf nach Süden zeigte, er beugte sich tiefer über die Karte und las „Piraten“.

Da dieser Hinweis nahe an ihrem jetzigen Ankerplatz war, nahm Alka-An die Karte und ging damit zu seinem Kapitän: „Vielleicht sollten wir die Wachen verstärken, nur zur Vorsicht! Wahrscheinlich gibt es hier keine Piraten mehr.“

Phystar war mit dem Vorschlag von Alka-An sofort einverstanden und gab die entsprechenden Anweisungen weiter.

 

Beruhigt sah Alka-An, wie ein Trupp Soldaten die Landseite des Lagers absicherte.

 

Auch der nächste Tag brachte keinen Wind und so blieben die Schiffe weiter vor Anker liegen.

 

Langsam ging Alka-An mit Bythia auf den kleinen Hügel zu, er wollte nach sehen, was das Land dahinter zeigte. Aber das leicht hügelige Land war leer und erschreckend trocken, nirgendwo eine Spur von Wasser.

Weder Mensch noch ein Tier war zu sehen, wenn es hier Tiere geben sollte, suchten wohl alle Schutz vor der Hitze.

„Wir müssen Wasser finden, unsere Vorräte gehen zur Neige und in der Hitze verdirbt es sehr schnell“, Bythia sah Alka-An fragend an, „ob wir Wasser tiefer in dem Land finden?“

Und wies mit ihrer Hand in das dürre Land. Zweifelnd wiegte Alka-An seinen Kopf: „Eher nicht, aber wir müssen es versuchen.“

 

Zurück im Lager, rief Alka-An Barthin, Warthner, Sooler und Penedos zu sich und besprach mit ihnen die Möglichkeiten nach Wasser zu suchen.

„Wir stellen mehrere Trupps zusammen und jeder dieser Trupps sucht in einer anderen Richtung. Sobald ein Trupp ausreichend Wasser gefunden, gibt er Signal.“

Fünf Trupps waren schnell zusammen gestellt und ritten in der Hitze langsam los.

Die Zeit verging, kein Signal kam von keinem der fünf Trupps.

Die Nacht verging und es wurde knapp mit dem Wasser für Mensch und Tier.

 

Fast wie eine Erlösung kam der Ruf eines Soldaten: „Das Signal, ich sehe das Signal!“

 

Der junge Mann zeigte aufgeregt mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, jetzt sahen alle die dünne Rauchfahne im Süden.

Die Packtiere wurden mit allen Gefäßen beladen, die Wasser aufnehmen konnten und schon ging es ab in Richtung Rauchsignal.

Unterwegs stießen die anderen Suchtrupps dazu und so zog eine ziemlich große Truppe durch das dürre Land. Die Tiere blökten vor Durst und auch der eine oder andere jammerte nach Wasser.

Es wurde für alle ein höllisch langer Weg bis zur der Wasserstelle, die sich dann als bescheidner Brunnen in einem kleinem, traurigen Dorf entpuppte.

 

Die Tiere wurden immer zu viert und zu fünft an die Tränke gebracht, einige waren nur noch schwer zu bändigen, der Durst machte sie fast verrückt.

 

Es dauerte ewig lange, bis alle einigermaßen ihren Durst löschen konnten, der Brunnen war beinah trocken und es dauerte die ganze Nacht, bis genügend Wasser nachgeflossen war.

Obwohl die wenigen Dorfbewohner ganz offensichtlich bettelarm waren, gaben sie das wenige, dass sie noch hatten, den Fremden.

 

Von einem älteren Soldaten, der sich mit den Dorfbewohner etwas verständigen konnte, erfuhr Alka-An, dass die meisten Menschen nach dem letzten Überfall der Räuber das Dorf verlassen hatten, es gab einfach keine Zukunft mehr für sie hier im Dorf.

Sie selbst sind jetzt auch so weit, ihr Dorf zu verlassen, dass trockene Land gibt einfach nicht mehr genug her.

Es fehlt ihnen aber an Reit- und Tragetiere, die hatten ihnen die Räuber alle gestohlen und zu Fuß konnten sie den weiten Weg nicht schaffen.

Alka-An erkundigte sich bei Sooler und Barthin, ob sie die benötigten Tiere abgeben können, beide Männer stimmten sofort zu: „Es wäre im Moment für uns sogar von Vorteil. Auf den Schiffen ist die Tierhaltung schon problematisch.“ 

So gab Alka-An den Dorfbewohner alle Tiere, die selbst nicht mehr benötigten und zogen mit den bescheidenen Wasservorräten zurück zu den Schiffen.

 

Im weg reiten sah Alka-An schon, wie die wenigen Dorfbewohner ihre armseligen Sachen auf die Tragtiere befestigten, sie wollten wirklich nur noch fort.

Das wenige Wasser war schnell aufgebraucht und damit die alte Sorge um das Wasser wieder da.

 

Der nächste Morgen brachte endlich wieder Wind und auf dem Meer war die Hitze auch erträglicher.

Am nächsten Tag sichtete der Ausguck der „Seetha“ eine kleine Stadt an der Küste und hocherfreut steuerte Phystar den Hafen an.

 

Die Ankunft der vier Schiffe löste fast Panik in der Stadt aus, bis die Bewohner feststellen konnten, dass sie es mit friedlichen Besuchern zu tun hatten.

Sehr gewichtig kam der Hafenmeister an Bord der „Seetha“ und erklärte Phystar, dass er für die vier Schiffe eine Hafengebühr erheben muss.

Phystar erledigt das schnell und fragte dann den Mann, ob sie hier ihren Proviant auffüllen können, vor allem brauchen sie Trinkwasser.

Als der Hafenmeister erfuhr, dass die Fremden das alles bezahlen können, rieb er sich vergnügt die Hände, da dürfte doch für ihn auch einiges abfallen!

 

Bythia kümmerte sich um den Proviant, mit Pferdekarren wurden Wasserfässer zu den Schiffen gebracht. Endlich konnten die Menschen mal wieder frische Nahrung zu sich nehmen.

Bythia kam mit ihren Begleitern sehr schnell aus der Stadt zurück, alle schrien und fuchtelten mit ihren Armen. Die Glocken der kleinen Stadt läuteten wild. Als Bythia in die Nähe der Schiffe kam, verstand Alka-An ihre Schreie: „Die Stadt wird angegriffen, die Stadt wird angegriffen!“

 

Sofort schickte Alka-An die Kundschafter zum Ufer, sie sollten feststellen, ob für sie von der See her Gefahr droht!

Alle Frauen und Männer wurden sofort an Bord der Schiffe gerufen und Barthin ließ die Kanonen Feuer bereit machen.

Als auf den Schiffen bekannt wurde, dass ein ziemlich großes Heer auf die Stadt zu marschiert, legte Owithan seinen schützenden Zauber über die Schiffe.

Von den Kundschaftern kam die beruhigende Meldung, dass von der See her keine Gefahr droht.

Bythia fragte Alka-An, ob sie der Stadt nicht irgendwie helfen können, die Bewohner haben gegen diesen starken Gegner keine Chance.

 

Alka-An war sich unschlüssig, eigentlich geht ihnen diese Auseinandersetzung nichts an, aber der flehende Blick von Bythia ließ ihn nicht los.

 

Er rief Barthin zu sich: „Können wir in den Kampf eingreifen und der Stadt helfen?“

„Wir können freiwillige Bogenschützen und Schwertkämpfer in die Stadt schicken, aber wir müssen dann auch mit Verlusten rechnen, dass ist euch klar?“

Barthin schickte die Meldung auf die Schiffe und sehr schnell standen die ersten Soldaten auf der Pier und es wurden immer mehr. Auch Alka-An machte sich kampfbereit und als Bythia das sah, verschwand sie kurz und kam schnell voll gerüstet zu Alka-An.

„Was soll das denn werden, fragte er verblüfft?“

„Ich kann nicht andere Menschen in den Kampf ziehen lassen und selbst hier auf dem Schiff blieben, komm, wir müssen los“, Bythia stellte sich zu den Soldaten und Alka-An gab das Zeichen zum Abmarsch.

Die Soldaten wurden in der Stadt mit lautem Jubel begrüßt, trotzdem war es eine beängstigt kleine Gruppe von Verteidigern.

 

Ein Soldat aus der Stadt versuchte Alka-An etwas zu berichten, Alka-An verstand den Soldaten nicht. der zog ihn daraufhin zu einem flachen Steinhaus mit nur einem großen Tor.

Alka-An winkte Barthin dazu. Der Soldat öffnete das Tor und Alka-An und Barthin staunten nicht schlecht, da standen vor ihnen sechs prächtige Kanonen!

Und jede Menge Kugeln und Pulver!

Alka-An und Barthin begriffen jetzt das Problem, keiner aus der Stadt konnte die Kanonen bedienen.

 

Barthin machte dem Soldaten klar, dass sie jetzt ganz schnell Pferde benötigen, dass verstand der Soldat sofort, er rannte davon und kam umgehend mit einem Vierergespann zurück.

Jetzt ging alles sehr schnell, die Kanonen wurden aus dem Haus gezogen und von Barthin sofort postiert. Die Kanonen waren schussbereit, als die Angreifer sichtbar wurden.

Alka-An schluckte heftig, dass waren sehr viele Angreifer!

 

Er hörte Barthin Befehle brüllen und die Kanoniere senkten die Lunten und krachend flogen die Eisenkugeln dem Angreifer entgegen. Auf dem steinharten Boden richteten die Kanonenkugeln verheerenden Schaden an. Durch den Aufprall der Kugeln platzten unzählige Steinsplitter aus dem Boden und verletzten viele der Angreifer erheblich.

Wieder krachten die Kanonen und jetzt erst stellte Alka-An fest, dass Bythia schon ihre Pfeile auf den Angreifer schoss. Er machte es ihr sofort nach und die Verteidiger schafften es tatsächlich, den ersten Angriff zu stoppen.

Noch einmal krachten die Kanonen und rissen große Lücken in die sich zurück ziehenden Angreifer.

Der beißende Pulverqualm ließ die Soldaten husten, aber dann klangen die ersten Jubelschreie auf, Alka-An sah sich um, es jubelten nur die Soldaten der Stadt, sie waren wohl der Meinung, das sie schon gewonnen hatten.

Aber Barthin belehrte sie sofort eines Besseren, er ließ die Stellungen ausbauen, er ließ größere Steine zu Barrieren aufschichten, erließ Pfeile und Speere anfertigen, er ließ Kanonenkugel zu den Kanonen schaffen und Pulver.

Barthin sah sich um, dass sah doch jetzt schon viel besser aus, er teilte noch die Wachen und die Freiwache konnte Essen fassen.

Alka-An nahm seine Bythia in den Arm: „Du hast gut gekämpft.“

„Du aber auch, ich hasse es einfach, wenn Menschen meinen, sie könnten einfach mal so andere angreifen und töten“, funkelte Bythia Alka-An an.

„Das kann ich gut verstehen, geht mir ja genauso“, stimmte Alka-An der Ansicht von Bythia zu.

 

Ein Soldat brachte Essen und einen Krug Wasser und sie setzten sich um Schutz eines großen Steines zum Essen hin.

Ein Kundschafter brachte Alka-An die Meldung, dass die See vor der Stadt weiterhin ruhig sei.

Alka-An bedankte sich bei dem Kundschafter, wenigstens dort herrscht Ruhe.

Krachend donnerten die Kanonen und erinnerte Alka-An an die Angreifer.

Schnell war er wieder in der Stellung und sah, dass sich der Angreifer in drei Gruppen aufgeteilt hat und jetzt die Stadt an drei Stellen gleichzeitig angriff.

Die neue Taktik der Angreifer wurde für die Verteidiger bedrohlich, weil die Angreifer nicht nur in drei Trupps die Stadt angriff, sondern dabei auch ständig ihre Richtungen änderten.

In einem sich ständig ändernden Zick Zack Kurs kamen sie der Stadt bedrohlich nahe. Barthin versuchte verzweifelt, die Kanonen neu auszurichten, was absolut vergeblich war.

 

Hinzu kam, dass die Angreifer jetzt große Holztafeln vor sich her schoben und so gut vor den Pfeilen der Verteidiger geschützt waren.

Bis die Bogenschützen aus Cameedor ihre Pfeile nicht mehr direkt auf den Gegner schossen, sondern in einem hohen Bogen.

So überwanden sie die Holztafeln der Angreifer und trafen gut.

 

Ein leicht verwundeter Soldat schleppte eine Kanonenkugel zu der Kanone, an der Barthin emsig arbeitete und zeigte die Kugel. Barthin reagierte erst gar nicht, weil gerade ein Abschuss vorbereitet wurde.

Jetzt wurde aber der Kanonier auf den Soldaten aufmerksam, der Soldat rief ein paar Worte in den Lärm und der Kanonier verstand sofort!

Die Kugel verschwand in dem Kanonenrohr und die Lunte wurde in das Zündloch gesenkt. Rumms, fauchend flog die Kanonenkugel dem Angreifer entgegen, die Kugel prallte auf den harten Boden auf und explodierte! Die Splitter der Eisenkugel rissen furchtbare Lücken in die Reihen der Angreifer.

Die restlichen Angreifer blieben wie vom Donner gerührt stehen und rannten dann mit lauten Schreckens Schreien davon.

 

Von den Kanonenkugeln wurde jetzt auch an die anderen Kanonen ein Vorrat aufgestapelt und als die zweite dieser Kugel in den Angreifern explodierte, war deren Angriffslust fürs Erste vorbei.

Unter lautem Jammern und Stöhnen, aber auch bösen Flüchen und Drohungen, zogen sich die Angreifer zurück.

 

Nur verhaltener Jubel klang bei den Verteidigern auf. Barthin teilte einige  Soldaten als Wachen ein, er rechnete damit, dass die Angreifer in der Nacht einen weiteren Angriff versuchen könnten.

Die wenigen Soldaten, die als erste eine Freiwache erhalten hatten, hatten sich gerade hingelegt, als die Alarmrufe der wachhabenden Soldaten über die Verteidigungslinien schallten.

 

Schnell waren die Soldaten auf den Beinen und reihten sich in die Front ein.

Krachend schossen die Kanonen ihre tödliche Ladung den Angreifern entgegen und nach der zweiten Salve war der Angreifer endgültig besiegt, nur wenige Soldaten der Angreifer versuchten noch einen Durchbruch, der aber von den Verteidigern erfolgreich abgewehrte wurde.

 

 Der Kommandant der Stadtsoldaten formierte einen Reitertrupp und bevor jemand warnen konnte, preschten die Reiter mit lautem Gebrüll hinter den fliehenden Männern hinterher.

Und es passierte genau das, was Barthin befürchtet hatte, außerhalb der Reichweite der Kanonen stellten sich die Angreifer neu auf und die Reiter rannten sehr naiv in die neue Stellung.

Sie erlitten schlimme Verluste, bis sie die Flucht ergreifen konnten.

Hohnlachen klang den Fliehenden nach.

Barthin schickte mit dem ersten Morgengrauen einen Spähtrupp los, der sehr schnell zurück kam und berichten konnte, dass die Angreifer abgezogen sind.

Keine Spur mehr von ihnen!

Barthin ließ vorsichtshalber die Stellung noch den ganzen Tag und die folgende Nacht halten, erst danach schickte er die Hälfte der Soldaten auf die Schiffe und in die Stadt zurück.

 

Zwei weitere Tage später ließ Barthin nur noch eine starke Wache an den Kanonen zurück.

Erleichtert kehrten die Menschen aus Cameedor auf ihre Schiffe zurück, unterwegs wurden sie von den Bewohnern der Stadt dankbar bejubelt.

 

Alka-An saß gemütlich mit seinen Gefährten beim Frühstück, als eine Abordnung der Stadt auf dem Schiff erschien und ihnen mitteilte, dass die Stadt als danke schön für die Hilfe ein Fest veranstalten möchte und alle herzlich dazu einlädt.

 

Bythia und die anderen Frauen freuten sich sehr auf das Fest, feiern und tanzen macht einfach viel mehr Spaß als kämpfen.

Es wurde eine laute und lange Nacht, fröhliche Menschen zogen durch die Gassen, überall klang Musik auf und der Wein floss reichlich.

Die Weiterfahrt verzögerte sich um einen weiteren Tag, weil doch der eine oder andere noch Probleme von dem Weingenuss hatte.

 

Es wehte ein guter, gleichmäßiger Wind, der die vier Schiffe gut über das Wasser nach Süden schob und aus manchen Köpfen die letzten Beschwerden.

Phystar folgte weiterhin in Sichtweite den Küstenverlauf nach Süden, die Berge traten zurück, das Ufer und das Land dahinter wurden flacher und der Wind frischte merklich auf, schwer stampften die Schiffe in das aufgewühlte Wasser.

 

Alka-An zeigte Phystar anhand der Karte, dass hier seinerzeit ein heftiger Sturm vermerkt worden ist.

Der Kapitän sah prüfend hoch in die dunklen, dahin jagenden Wolken: „ Das sieht für uns genauso aus.“

Die Wellen setzten sich Schaumkronen auf und das Deck der Schiffe wurde ein ums andermal von hohen Wellen überspült.

 

Bythia fragt Alka-An nach der Stadt Thurisis, sie muss doch hier irgendwo an der Küste sein?

Alka-An sah auf die Karte: „Stimmt, die Stadt liegt querab Steuerbord von uns“ und zeigte mit ausgestreckten Arm die Richtung an.

Bythia sah die Wellenberge, hörte den Sturm heulen.

„Den Besuch kann ich wohl vergessen“, kam es etwas knurrig von der jungen Frau.

„Was können wir vergessen? fragte Phystar Bythia.

„ Den Besuch der Stadt Thurisis“, antwortete Bythia dem Kapitän.

„Ich kenne die Hafeneinfahrt der Stadt, es wäre nicht empfehlenswert, nein, wirklich nicht.“

„Schade“, kam es noch mal von Bythia.

 

Der Sturm blies der jungen Frau die Haare aus dem Gesicht und presste ihr Gewand fest an ihren Körper. Bythia hielt sich an die Halteseile fest, die Phystar bei  jedem Sturm über Deck spannen lässt.

Es ging fast bis zu ihrer Kajüte gut, dann wurde sie doch noch von einer mächtigen Welle erwischt und patschnass schlug sie die Kajütentür hinter sich zu.

Sie wechselte bereits zum zweiten Mal an diesen Morgen ihre Kleider, sie war wieder, wie beim ersten Mal, nass bis auf die Haut.

Bythia stand nackt zwischen ihren nassen, auf dem Boden liegenden Kleidern, als die Kajütentür aufgerissen wurde und Alka-An genauso klatschnass in die Kajüte kam.

Obwohl es Bythia ein wenig kalt wurde, musste sie über Alka-Ans etwas verkniffenes Gesicht  laut lachen: „ Na, du großer Seefahrer, auch etwas nass geworden?“

Alka-An knurrte nur etwas Unverständliches und zog die nassen Sachen aus.

Jetzt mussten beide lauthals lachen, dass war wirklich ein Bild für die Götter, nackt standen beide in einem Haufen nasser Kleider, dass Wasser lief ihnen aus den Haaren über das Gesicht und Bythia sagte plötzlich etwas erregt: „ Oh, o, o, den Blick kenne ich!“

Alka-An nahm die junge Frau auf und trug sie zu ihrer Lagerstatt.

Die beiden merkten nichts mehr von dem Sturm da draußen.

 

Das Unwetter trieb die vier Schiffe weit nach Süden und Phystar fand erst zwei Tage später hinter einer vorspringenden Landzunge Schutz für die Schiffe vor dem Sturm.

Die Schiffe konnten Anker werfen und die Menschen an Bord der Schiffe konnten sich etwas erholen.

 

An Land fanden sie einen kleinen Wasserlauf, hier konnten sie die Wasservorräte auffüllen.

Der Sturm flaute ab und im Schein der Sonne sah die kleine Bucht richtig einladend aus.

Der in einem Halbrund gebogene Strand hatte schönen, fast weißen Sand.

Der Strand wurde von Büschen und niedrigen Bäumen begrenzt.

Schnell wurde es warm und die ersten sprangen ins Wasser, das nur noch mit kleinen Wellen in die Bucht kam.

 

Alka-An ließ die Schiffe den nächsten Tag vor Anker liegen und ritt mit ein paar Männern ein Stück in das Hinterland.

Das Land war, wie sie es schon kannten, auch hier sehr trocken, kaum, dass man Sträucher, geschweige denn Bäume sehen konnte, selbst Gras war kaum zu sehen.

Der Boden war leicht hügelig und von einem etwas höheren Hügel aus suchte Alka-An mit dem Fernrohr das vor ihm liegende Land gründlich ab.

Es war nichts zu sehen, es war ein heißes, trockenes und etwas trostloses Land.

Alka-An schlug seinen Begleitern vor, in einem weiten Bogen zu den Schiffen zurück zu reiten, es gab wirklich nichts zu entdecken.

 

Der leichte Wind hatte Mühe, den Schiffen Fahrt zu verleihen, es reichte gerade, dass die Schiffe nicht aus dem Ruder liefen.

Erst gegen Abend zogen im Südwesten dunkle Wolken am Horizont hoch und mit der aufziehenden Nacht wurde der Wind stärker.

Er erreichte nicht die Stärke des hinter ihnen liegenden Sturmes, aber er blies kräftig und gleichmäßig und die Schiffe machten flotte Fahrt.

Alka-An und sein Kapitän Phystar studierten intensiv die Karten und Alka-An zeigte auf einen Punkt:  „Hinter dieser Landzunge liegt ein kleines Dorf und etwas weiter südlich, in einer Bucht, erfolgte der Überfall der Piraten.“

„ Sobald wir in die Nähe der Bucht kommen, lasse ich die Wachen verstärken“, beruhigte Phystar Alka-An.

„Gut, wenn wir die Piratenbucht passiert haben, nehmen wir schon Kurs auf die Meerenge.“

Alka-An rollte die Karte zusammen und steckte sie in den Lederköcher zurück.

Die Schiffe ließen die Landzunge hinter sich und der Wind wurde weniger. Phystar steuerte die „Seetha“ einige Strich mehr nach Backbord auf das offene Meer hinaus, um den restlichen Wind besser ausnutzen zu können.

Die drei Schiffe folgten wie aufgeschnürt.

 

Der Wind wurde, je näher sie der Meerenge kamen, unbeständiger, er wechselte ständig die Richtung, schlief ganz ein, um dann mit heftigen Böen in die Segel einzufallen.

„Das macht aber nicht viel Spaß“, sagte Bythia zu Phystar, „ Was ist denn mit dem Wind los?“

„ Durch die Meerenge drückt ein sehr kräftiger Sturm und die beiden prallen hier auf einander und dadurch entsteht dieses Durcheinander der Winde.

Wir suchen uns am Besten einen geschützten Ankerplatz und warten ab, bis sich das Wetter beruhigt hat.“

Phystar gab dem Ausguck Bescheid und ließ Signalflaggen für die anderen Kapitäne setzen. Der Ausguck meldete gelassen, dass er einen guten Ankerplatz gesichtet habe.

 

Es folgte die Kursangabe und schon drehten die Steuerleute entsprechend den Angaben an dem doppelten Ruder.

Das hohe Ufer brach den Wind und die Schiffe lagen fast ruhig im Wasser vor dem sandigen Ufer, dass von einigen Felsgruppen unterbrochen wurde.

Am nächsten Morgen entdeckten Männer von den Schiffen etwas von dem Ufer entfernt einen kleinen Bach mit frischem Wasser. Die Wasservorräte aller vier Schiffe wurden umgehend aufgefüllt und da sich das Wetter wieder beruhigt hatte, ließ Phystar die Anker lichten und legte die „Seetha“ auf Südkurs.

 

In der hellen Nacht war die Sicht nach allen Seiten gut und so konnten die Schiffe leicht genügend Abstand zu den immer näher rückenden Felsen halten.

Die Schiffe hatten gerade mal den Anfang der Meerenge erreicht, aber diese Meerenge sah jetzt schon bedrohlich aus, die hohen Felsen rückten so eng zusammen, dass man kaum glauben konnte, dass die Schiffe diese Passage heil überstehen können.

 

Phystar ließ einige Segel reffen und steuerte die „Seetha“ sehr aufmerksam in die Meerenge.

Die drei Kapitäne folgten sofort dem Beispiel Phystars und ließen die Segel ebenfalls reffen.

Die vier Schiffe segelten leicht nach Steuerbord versetzt in die Meerenge.

Je weiter die hohen, schwarzen Felsen zusammen rückten und das Meer schier zu erdrücken schien, umso unheimlicher wurde es den Menschen auf den Schiffen.

Der Wind heulte in den Felsen und lockte dabei die seltsamsten Töne aus dem Gestein, das Deck der Schiffe war voller Menschen, keiner konnte wohl so richtig schlafen.

 

Plötzlich sprachen die Menschen laut, sehr aufgeregt wild durch einander, sie alle hatten das seltsame, fahlgelbe Licht weit hinten in der Meerenge entdeckt, es schien, als würde dahinten eine riesige Öllampe flackern!

Es wurde windstill zwischen den hohen Felsen, die Menschen schnappten nach Luft, es war, als würde die Luft aus der Meerenge heraus gesaugt werden.

Die Schiffe wurden schneller, obwohl die Segel schlaff in den Masten hingen.

Bange Aufregung machte sich unter den Menschen breit, was passiert denn jetzt wieder mit ihnen?

Die Schiffe drehten sich bei der immer schneller werdenden Fahrt wild hin und her, als wollten sie sich gegen irgendetwas wehren.

Die Menschen auf den Schiffen suchten verzweifelt Halt zu finden, die Schiffe schlingerten schlimmer herum, als bei einem heftigen Sturm.

 

Das seltsame gelbe Licht am Ende der Meerenge wurde greller, ein seltsamer, äußerst unangenehmer Gestank lag jetzt in der Luft, ein Angst einflössendes grummeln dröhnte von den Felsen und dann war wirklich ein saugendes Geräusch zu hören, so, als ob ein ungehobelter Mensch seine Suppe direkt vom Teller schlürfen würde.

Alka-An stand mit Bythia, Owithan, Tretikow und Sotates bei Phystar und starrten gebannt durch die Meerenge zu dem grellen Licht.

„Was mag das bloß wieder sein“, murmelte Bythia leise.

Keiner konnte ihr darauf eine Antwort geben. Selbst Owithan war ratlos: „So etwas habe ich auch noch nie gesehen.“

„Wir sollten den Zauber über die Schiffe legen, ich weiß nicht, ob es hilft, aber es schadet auch nicht“, meldete sich Tretikow.

„ Das machen wir sofort“, die drei Männer stellten sich etwas abseits und streckten ihre Arme aus., schon wölbte sich der bläulich schimmernde Schutzschild über die „Kateene“, schnell folgte die „Dyrla“ und die „Sirgith“.

Zum Schluss wurde die „Seetha“ in den Zauber eingehüllt und Bythia drückte sich erleichtert an Alka-An: „Man fühlt sich gleich sicherer.“

„Ja, da hast du recht, es ist sehr angenehm, mit solchen Menschen zu reisen“, Alka-An legte beschützend seines Arm um Bythia.

 

 Die schnelle Fahrt der Schiffe hielt unvermindert an, die hohen Felsen glitten schnell an den Schiffen vorbei, Phystar meldete Alka-An etwas verdutzt, dass die „Seetha“ nicht mehr auf das Ruder reagiert.

Erstaunt sah Alka-An seinen Kapitän an: „Wie ist das möglich?“

„Ich bin absolut überfragt! So etwas habe ich auch noch nie erlebt.“

Etwas nervös schaute Phystar angestrengt nach vorn, aber an ihrer Situation änderte sich im Moment nichts.

 

Die Schiffe hatten jetzt fast die engste Stelle der Meerenge erreicht, sie wurden von einem saugenden, fauchenden Sturm erfasst, der die Schiffe mit hoher Geschwindigkeit durch die Meerenge riss.

Die Schiffe wurden beinah aus dem Wasser gehoben, so stark war dieser saugende Sturm.

Es ist still geworden auf den Schiffen, die Menschen harrten verstört auf die Dinge, die sich vor ihnen zusammen brauten.

Das bedrohliche Grummeln aus den steilen Felswänden wurde lauter, es hallte zwischen den Felsen wie Donergrollen hin und her.

Einige Frauen hielten sich die Ohren zu und starrten mit weit aufgerissenen Augen nach vorne.

In dem fahlem, gelblichen Licht erschienen rot leuchtende Flammen, die sich wild zuckend über den Himmel ausbreiteten.

Das Wasser reflektierte das rote Licht und sah dadurch aus wie Blut.

Unruhig wandte sich Alka-An an Owithan und die beiden anderen Weisen: „Kennt ihr keine Möglichkeit, die uns aus diesem Schlamassel bringen könnte?“

Alle drei schüttelten mit den Köpfen: „Keiner unserer Zauber zeigte bisher Wirkung. Das ist für uns genauso neu und unbekannt, wie für euch.“

Die Schiffe wurden noch schneller, sie schaukelten in dieser wahnwitzigen Geschwindigkeit hin und her, auf und ab ging die wilde Fahrt.

Schreckensschreie hallten über die Schiffe, wenn sie den Felswänden sehr nahe kamen.

Hilflos standen die Männer an dem Ruder, sie konnten nichts machen, sie waren dieser unbekannten Macht hilflos ausgeliefert.

 

Die Schiffe wurden mit einem pfeifendem Geräusch durch die engste Stelle gesaugt, sie kamen sich dabei gefährlich nahe, die Menschen an Bord der vier Schiffe schrien vor Entsetzen laut auf.

Einige beherzte Seeleute hielten mit langen Stangen die Schiffe auf Abstand.

Alka-An sah bewundernd zu diesen Männer, an die Möglichkeit hat er überhaupt nicht gedacht, er drehte sich zu Phystar und sah, dass sein Kapitän die entsprechenden Anweisungen laut zu den Männer rief.

 

Seltsamerweise beruhigte ihn diese Aktion ungemein, jetzt war er sich sicher, dass sie alle auch dieses Abenteuer heil überstehen werden.

 

Die Meerenge wurde breiter und die Geschwindigkeit der Schiffe verringert sich etwas, das Grollen und Grummeln aus den Felswänden wurde auch weniger bedrohlich.

Auf einigen Gesichtern zeigte sich ein Hoffnungsschimmer, vielleicht geht es ja doch noch gut für sie aus!

 

Alka-An sah, dass die vier Schiffe genau auf die Mitte der lodernden Flammen gezogen wurden, die Schiffe reagierten noch immer nicht auf die Ruder und die Segel hingen trotz des Windes schlapp in den Masten.

 

Ein neues Geräusch machte Alka-An erneut unruhig, aber er wurde von Phystar beruhigt: „ Die Schiffe tauchen wieder ins Wasser ein“ und zeigte auf die drei anderen Schiffe, „seht, die „Sirgith“!“

Alle sahen jetzt zu den anderen Schiffen hinüber, richtig, die Schiffe lagen wieder im Wasser, wie es sich gehört. Langsam färbte sich alles rot von dem Licht der Flammen, die nach wie vor über den Himmel zuckten. Die Schiffe waren jetzt schon sehr nahe an dem seltsamen gelben Licht und ein nie gekanntes Gefühl breitete sich über die Schiffe aus, den Menschen standen die Haare zu Berge, ein Kribbeln lief ihnen über die Haut, wie von tausend Ameisen.

 

Die „Seetha“ berührte mit ihrem Klüverbaum das Licht  ….und fuhr einfach durch, mit einem lauten Knall ließ das Schiff das Licht hinter sich und es war nicht mehr zu sehen!

Ein Schiff nach dem anderen kam zum Vorschein und nichts und niemanden war etwas passiert!

Die Menschen auf den Schiffen sahen sich erstaunt, verwirrt, ungläubig und sehr verunsichert an, was hatte das alles zu bedeuten?

 

Es war doch nicht zu glauben, dass dieser gewaltiger Aufwand für nichts und wieder nichts gewesen sein sollte?

Aufgeregte Fragen schwirrten von Schiff zu Schiff, keiner wusste eine Antwort auf dieses Phänomen!

 

Phystar sah sich um, sie schwammen auf einem riesigen Meer und er wusste nicht, wo sie sich befanden! Es war kein Land in Sicht, an dem er sich orientieren könnte, nichts als Wasser und Himmel.  

 

Alka-An sah die drei Weisen fragend an, aber die drei Männer waren genauso perplex wie alle anderen.

Nur Owithan gab zu: „Ich weiß auch nicht, was das ganze Spektakel sollte und ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen. Vielleicht soll es ein Zeichen für uns gewesen sein, möglicherweise sind wir irgendwo hin geraten, wo „man“ uns nicht haben will.“

 

Das wäre eine Erklärung, aber so richtig weiter geholfen hatte sie auch nicht.

 

Phystar studierte Seekarten, er fand einfach keinen Anhaltspunkt, um die Position der Schiffe zu bestimmen.

Etwas verstimmt sagte er dann zu Alka-An: „Warten wir die Nacht ab, vielleicht helfen mir die Sterne weiter:“

 

Die vier Schiffe lagen immer noch bewegungslos auf dem glatten Wasser und die Menschen nutzten die Gelegenheit, um sich gegenseitig zu besuchen, auch die Kapitäne trafen sich auf der „Seetha“, um die Situation zu besprechen.

 

Die Aufgeregtheit der vielen Menschen auf den Schiffen legte sich erst spät in der Nacht, viele fanden einfach keine Ruhe, jeder fragte sich, was das ganze bedeuten sollte.

Sollte das hinter ihnen liegende Abenteuer eine Warnung sein oder ein Hinweis auf ein neues Abenteuer?

Wer steckt dahinter?

Fragen über Fragen, die ihnen keiner beantworten konnte.

 

Die Kapitäne studierte die ganze Nacht über den Sternenhimmel über sie, verglichen ihn mit ihren Seekarten, setzten ihre Navigationsgeräte ein, diskutierten erregt die ungewohnte Situation.

Nur eines konnten die Kapitäne mit Sicherheit festlegen, dass war die Richtung nach Norden, der Sternenhimmel zeigte die Richtung eindeutig an, aber wo sie sich befanden, war  noch immer völlig offen.

 

Die Kapitäne schlugen Alka-An daher in den frühen Morgenstunden vor, erstmal nach Nordosten zu segeln, in der Hoffnung, schnellstens eine Landmarke oder einen anderen Navigationshinweis zu finden.

 

Die vier Schiffe setzten die Segel und legten sich auf Nordostkurs.

Sie segelten den ganzen Tag den angegeben Kurs und sahen nichts als Wasser, sie waren von einer unendlichen Wasserfläche umgeben!

 

Die einbrechende Nacht brachte bedrohliche Wolken aus dem Westen mit, Blitze zuckten in der schwarzen Wolkenbank und das Meer rollte in hohen, unruhigen Wellen auf die Schiffe zu.

Die Kapitäne ließen die Segel bergen und segelten nur noch mit kleinen Sturmsegeln vor dem Unwetter her.

Der Sturm erreichte jetzt mit voller Wucht die Schiffe, die sich unter dem Druck des Sturmes hart auf die Seite legten. Bythia jammerte etwas genervt in der Kajüte: „Nicht schon wieder ein Sturm, langsam reicht es mir, ich möchte wieder festen Boden unter den Füßen haben.“

„Ich auch, ich bin sicher, das wir bald Land erreichen, auf dem wir dann Cameedor erreichen werden.“ Tröstete Alka-An seine Bythia.

„ Hoffentlich erreichen wir schnell Land“, stöhnte Bythia nach einer heftigen Welle und klammerte sich an einem Balken fest.

„Wir werden es schon schaffen, wir haben doch schon so viele Abenteuer überstanden, da werden wir doch nicht vor ein bisschen Sturm bange sein“, tröstete Alka-An Bythia weiter.

 

Ächzend klatschte die „Seetha“ in eine besonders hohe Welle und legte sich dabei hart auf den Steuerbordbug, lautes jammern von einigen Menschen hatte das zur Folge.

Alka-An konnte trotz der Positionslampen kaum die anderen Schiffe ausmachen, schemenhaft kämpften sie sich durch die hohen Wellen.

Der Sturm heulte durch die Takelage, er blies den Schaum von den hohen Wellen über das Schiff, die dicken, regenschweren Wolken bedeckten den ganzen Himmel, kein einziger Stern war zu sehen, es war eine pechschwarze, unheilgeschwängerte Nacht.

 

Die ungemütliche Nacht hatte die Menschen an Bord der Schiffe genervt und der neue Tag begann auch nicht viel besser.

Das kalte Frühstück wurde missmutig gegessen.

Kaum ein Mensch war an Deck zu sehen, außer der Wache, die wenigen Männer kauerten im Schutz des Deckhauses.

 

Der Wind änderte seine Richtung ständig, dadurch wurde das Meer noch mehr aufgewühlt, von allen Seiten klatschten jetzt die Wellen gegen und auf die Schiffe.

Langsam machte sich auf den Schiffen Unwillen breit, die Menschen hatten genug von den Seefahrten, sie wollten wieder an Land.

 

Alka-An ließ die Kapitäne der anderen Schiffe über die Signalflaggen mitteilen, dass diese Seefahrt sofort mit erreichen von Festland endet und unverzüglich Richtung Cameedor marschiert wird.

 

Der Sturm hielt den ganzen Tag unveränderlich an und auch die Nacht blieb stürmisch. Die Schiffe stampften schwer in der unruhigen See.

Der Sturm jaulte und pfiff in der Takelage, es war einfach ungemütlich.

Phystar grinste Alka-An und Bythia vergnügt an: „ Die Schiffe machen gute Fahrt, ich bin mir sicher, dass wir morgen Land sehen werden!“

Missgestimmt fragte Bythia den Kapitän, wieso er so vergnügt ist und Phystar antwortete Bythia erstaunt: „Der Sturm treibt uns doch gut voran und ihr wollt doch so schnell wie möglich an Land!“

Bythia grinste Phystar schief an: „ Ich hoffe sehr, dass ihr Recht behaltet!“

Und Phystar behielt Recht, nach dem kalten Mittagsmahl sang der Ausguck voller Freude die lang ersehnte Nachricht aus dem Krähennest herunter: „Land in Sicht, ich sehe Land, Steuerbord voraus.“

 

Plötzlich war das Deck der Schiffe voller Menschen und viele von ihnen kletterten in die Masten und schrien dann voller Freude: „Ich sehe es auch, ich sehe das Land!“

 

Phystar suchte auf den Karten den Küstenverlauf, eine Karte nach der anderen legte er erfolglos zur Seite, Alka-An und Bythia wurden schon unruhig, da kam die Meldung herein, dass an der Küste eine Stadt zu sehen ist.

Phystar griff jetzt zielsicher nach einer weiteren Karte, breitete diese auf den Kartentisch aus: „Hier befinden wir uns“ und legte den Zeigefinger auf einen Punkt vor der Küste, „ Ich kenne die Stadt und den Hafen.“

 

Leider mussten die vier Schiffe vor der Stadt den Sturm abreiten, bei dem Wellengang war die Einfahrt zum Hafen zu gefährlich.

 

Enttäuscht jammerte Bythia Alka-An in der Kajüte an: „Ich habe mich so auf die Stadt gefreut und jetzt schaukele ich immer noch auf diesem Schiff wie wild herum.“

Alka-An musste laut auflachen: „Du wirst sicher noch die Nacht überstehen und morgen werden wir den Hafen anlaufen können und dann bleiben wir so lange in der Stadt, wie du und die anderen Frauen es möchten!“

„Wirklich?“ Fragte Bythia.

„Wirklich!“ bestätigte Alka-An noch mal nachdrücklich, er wusste, dass er einige Zeit für die Vorbereitungen der Weiterreise benötigen wird. Alka-An nahm die junge Frau fest in seine Arme und wiegte sie tröstend hin und her, in der Nacht wird der Sturm nach lassen und morgen können wir in den Hafen einlaufen, du wirst sehen.

„Hoffentlich behältst du recht“, seufzte Bythia.

Die Stadt Lisboa de Soo

 

 

  

Alka-An hatte recht mit seiner Vermutung, der Sturm ließ in der Nacht nach und der neue Morgen zeigte sich mit einem strahlend blauen Himmel, dass Meer hatte sich beruhigt und die Sonne spiegelte sich in dem blauen Wasser.

 

Bythia schrie laut vor Erleichterung und Vergnügen.

 

Phystar steuerte die „Seetha“ in den Hafen und legte das Schiff an einer langen Kaimauer, die drei Schiffe folgten und legten sich in Reihe dazu.

 Schnell waren die Schiffe vertäut und die Menschen strömten erleichtert von den Schiffen und bildeten ein wildes Knäuel auf dem Kai.

 

Alka-An ging mit seinen vier Kapitänen zu dem Gebäude des Hafenmeisters, um die Formalitäten zu erledigen. Phystar wurde von dem Hafenmeister freundlich begrüßt und Phystar stellte dem Hafenmeister seine Begleiter vor. Als der Hafenmeister in dem Gespräch erfuhr, dass Alka-An über Land Cameedor erreichen wollte, holte er eine Karte hervor und zeigte Alka-An die beste Wegstrecke.

 

 Bis nach Cameedor dehnte sich eine gewaltige Landfläche, aber zwei Drittel des Weges konnten sie an den Ufern eines Flusses bewältigen, dann folgte ein hohes Gebirge.

„Über das Gebirge führt ein recht guter Pass, für Pferde kein großes Problem“, erläuterte der Hafenmeister und so erhielt Alka-An schon einen ganz guten Überblick über die weitere Reise.

 

Auf den Rückweg zu den Schiffen erfuhr Alka-An von Phystar, dass diese Stadt auch die weiße Stadt genannt wird. Das konnte Alka-An nachvollziehen, fast alle Häuser waren weiß getüncht.

Als die Männer die Schiffe erreichten, stand schon ein Pulk von aufgeregten Frauen davor und warteten zappelig darauf, dass es endlich in die Stadt ging.

 

Alka-An ging mit seinen Kapitänen an Bord der „Seetha“, sie hatten viel zu besprechen!

Die vier Schiffe wurden nicht mehr benötigt, da sie die Reise auf dem Landweg fortsetzen, dafür müssen Reit-  und Packtiere angeschafft werden.

Zelte wurden gebraucht und Gerätschaften, die Liste wurde lang und länger.

Inzwischen waren Sooler, Barthin, Duner und Sotates dazu gekommen.

Duner übernahm die Liste der benötigten Sachen: „Ich kümmere mich darum.“

Zum Schluss stand nur noch die Frage offen, was soll mit den Schiffen geschehen?

Alka-An bemerkte, dass die vier Kapitäne auf ihren Plätzen unruhig rutschten.

 

Alka-An nahm Duner und Barthin etwas zur Seite: „Die Männer haben uns gut hier her gebracht, geben wir ihnen als Dank die Schiffe!“

 

Barthin und Duner waren sofort damit einverstanden und Alka-An teilte den vier Kapitänen ihren Entschluss mit. Vor Freude sprangen die vier Männer wie verrückt in der Kabine herum.

 

Im Laufe des Tages trat Apscheron zu Alka-An und fragte in seiner höflichen Art, ob es recht sei, wenn er mit Phystar oder einen der anderen Kapitäne wieder nach hause segelt?

Alka-An wünschte dem jungen Mann alles Gute und eine gute Heimreise.

 

Zum Abendessen tauchten die Frauen wieder auf, schwer beladen mit ihren Einkäufen, Bythia fiel Alka-An mit leuchtenden Augen um den Hals, dass ist eine ganz tolle Stadt, so viele Märke und was man alles kaufen kann.

 

Die vier Kapitäne kümmerten sich jetzt um ihre Schiffe, Vorräte mussten heran geschafft werden, Fracht musste aufgetrieben werden, alle vier hatten Glück mit der Besatzung, die Männer blieben mit nur wenigen Ausnahmen, komplett an Bord der Schiffe.

 

In dem ganzen Trubel der Vorbereitungen für die Weiterreise und das Klarschiff machen, die Kapitäne, verloren alle das Zeit Gefühl und plötzlich standen die vier Kapitäne vor Alka-An und den anderen Gefährten aus Cameedor und wollten sich verabschieden.

Wehmut legte sich über die Menschen, dass war eine umfassende Trennung von Menschen, mit denen man eine lange Reise mit vielen Abenteuern erlebt hatte, etwas tröstlich war die Auskunft von Phystar, er werde ganz sicher den Hafen von Cameedor anlaufen und dann werden sie sich wiedersehen.

 

Mit dem ablandigen Wind segelten  die vier Schiffe auf die offene See und trennten sich dort.

Phystar mit der „Seetha“ und Eubäus mit der „Kateene“ segelten nach Süden, Achdron mit der „Sirgith“ steuerte nach Westen und Kapitän Lemkor steuerte seine „Dyrla“ nach Südwesen.

Viele Menschen blieben an der Kaimauer stehen, bis die Schiffe hinter dem Horizont verschwunden waren.

 

Langsam gingen die Menschen zu ihrem Lagerplatz zurück, den Alka-An inzwischen eingerichtet hatte. Große Stapel von Proviant, Kleider, auch Waffen und vielen Pferden bestimmten das Bild von dem Lager.

Die Zelte standen in langen Reihen und ein ständiges kommen und gehen sorgte für viel Unruhe im Lager.

 

Bythia und die vielen anderen Frauen waren nach ihren Einkäufen ruhiger geworden und kümmerten sich jetzt um die Vorbereitungen für den Rest ihrer Reise.

Sooler wies Duner daraufhin, dass die Winter in dem Gebirge ganz schön kalt werden können, sie sollten also schon für warme Kleidung sorgen.

Duner schaute etwas ungläubig in den strahlend blauen Himmel. „Seit ihr euch sicher?“

„Ich habe es von den Händlern in der Stadt erfahren, die die Wegstrecke nach Cameedor ganz oder teilweise kennen.“, erklärte Sooler.

„Ich werde mich sofort darum kümmern“, antwortete Duner Sooler.

 

Alka-An wollte sich die „weiße Stadt“, wie sie von ihren Bewohnern stolz genannt wurde, gerne noch genauer ansehen, aber die Menschen waren ungeduldig, sie wollten nur noch nach Haus.

So gab er dann an einem schönen Morgen das Zeichen zum Aufbruch. Sooler setzte sich mit seinen Kundschaftern an die Spitze des langen Trecks.

Wie von dem Hafenmeister empfohlen, folgte Sooler den breiten Fluss, der ruhig und gelassen dem neuen Meer entgegen floss.

Der Fluss kam aus Nordosten, an dem linken Ufer bildeten sich Hügel, die im Laufe der Reise höher wurden.

 

Der Treck zog durch ein schönes Land, viel Wald, Olivenhaine, Weinfelder und viel Getreide war zu sehen. Für die erste Nacht lagerten sie an dem Ufer des Flusses, unweit von der Mündung eines kleineren Flusses, der 

wohl aus den fernen Bergen kam.

Diesen Fluss überquerte am nächsten Morgen der Treck ohne Mühe und folgte weiter dem Uferverlauf des Flusses, der sie nach Cameedor bringen sollte.

 

Am dritten Tag bog sich der Fluss fast genau nach Osten und Sooler erklärte Alka-An, dass der Treck bald eine Brücke über den Fluss erreichen wird und sie die Brücke benutzen, um den Fluss zu überqueren.

 

Das Land wurde gebirgiger, die Berge wuchteten sich gen Himmel, das Grün wurde weniger und die Luft kühler. Dennoch blieb der Weg an dem Ufer des Flusses gut passierbar, die Tiere fanden genügend Nahrung und der Küchenplan wurde durch erlegte Tiere gut ergänzt.

 

In den Seitentälern sah man hin und wieder kleine, weiße Dörfer, ansonsten war das Land recht dünn besiedelt. Der nächste Tag brachte etwas Abwechselung in Form einer Händlergruppe, die mit hochbeladenen Packtieren nach Westen strebte.

Es blieb nur Zeit für ein kurzes Gespräch, die Händler machten einen leicht gehetzten Eindruck und auf die Frage von Barthin, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei, schüttelten sie ihre Köpfe.

 

Immerhin erfuhren sie, dass in Cameedor alles soweit in Ordnung sie.

Barthin sah den davon eilenden Händler misstrauisch nach, irgendetwas stimmt hier nicht!

Barthin machte zusätzliche Soldaten bereit: „Haltet die Augen auf, es liegt etwas in der Luft. Das Verhalten der Händler war zu seltsam.“

 

Der Zug der Menschen wurde jetzt von Soldaten eingeschlossen, an der Spitze des Zuges ritt jetzt ein starker Trupp von Bogenschützen, Schwertkämpfern und Speerwerfern, auch am Ende des Zuges sicherte ein starker Trupp Soldaten den Treck.

 

Die Kundschafter beobachteten die Berge genau, genau wie viele der Soldaten, aber es blieb ruhig.

 

Das Flusstal verbreiterte sich und der Fluss wurde zu einem See. Langsam ritten sie an dem Seeufer weiter und am Ende des nächsten Tages erreichten sie die Brücke über den Fluss.

 

Der See lag hinter ihnen und die rote Abendsonne spiegelte sich in dem glatten Wasser. Nachdem das Lager aufgebaut  und das Abendessen vorbei war, nutzten viele das klare Wasser des Flusses, um zu baden oder Wäsche zu waschen oder einfach nur darin herum zu toben.

 

Die Tiere grasten ruhig und die Wachen schritten ihren Bereich ab.

 

Das Gelände stieg spürbar an, das Wasser des Flusses floss wesentlich schneller und an einigen engeren Stellen tosten die Wassermassen über die Steine, die in dem Flussbett lagen.

 

Das Tal dehnte sich zu einer Art Hochebene, an allen Seiten von noch höheren Bergen begrenzt.

Das war für alle eine neue Landschaftsart, eine flache Ebene, hoch in einem Gebirge.

Leider war die Ebene sehr karg, trotz des Flusses, aber auf dem steinigen Boden wuchs nicht viel. Sooler wies die Spitze des Trecks an, so nah wie möglich am Ufer des Flusses weiter zu ziehen, weil in dem Boden der Ebene viele Querrillen auftauchten, tiefe Querrillen, die das Vorwärtskommen unnötig erschweren würde.

 

Da der Fluss sie unbeirrt weiter nach Osten führte, spielte das aber keine Rolle. Das Lager wurde notgedrungen auf einem steinigen Boden aufgebaut, der kalte Wind aus den schneebedeckten Bergen machte es zusätzlich ungemütlich. Die Tiere fanden nicht genügend Futter und brüllten und wieherten ihren Unwillen laut heraus.

Die Frauen und Männer nahmen ihr Essen in Empfang und verschwanden damit schnell in ihre Zelte, es war kalt hier oben in den Bergen.

 

Der Alarmruf der Wachen wirkte beinah unwirklich in der kalten mondhellen Nacht, die Menschen wurden aus dem ersten Schlaf gerissen.

Mehrere Reitergruppen rasten auf schnellen Pferden um das Lager und schossen ihre Pfeile auf die auftauchenden Männer. Die Verteidiger trafen dennoch mit ihren Pfeilen und Speeren besser als die Angreifer.

Von einem schnell galoppierenden Pferd mit einem Pfeil zu treffen, war nicht einfach und so zogen sich die Angreifer nach ihren ersten Attacken zurück, ihnen waren wohl die Verluste zu hoch geworden.

Überrascht und verblüfft sahen sich die Verteidiger gegenseitig an, wo waren die Angreifer geblieben, blitzschnell waren sie verschwunden und nichts war mehr von ihnen zu sehen!

 

Sooler schrie seine Warnung laut heraus: „Bleibt wachsam, der Angreifer ist in den Querrillen verschwunden, sie können über all wieder auftauchen!“

Der Alarmruf von Sooler war kam verhallt, stürmten die Angreifer erneut wie aus dem nichts auf das Lager zu und jetzt hatten die Angreifer eine neue List, viele der Angreifer kamen zu Fuß aus den Querrillen und waren blitzschnell in dem Lager, wo sie auf etwas überraschte Soldaten trafen.

 

Aber es waren zu wenig Angreifer, um das Lager ernstlich zu gefährden. Die Angreifer zogen sich mit vielen Verwundeten und Toten zurück und waren wieder blitzschnell in dem Boden verschwunden.

 

Barthin ließ mit den ersten Sonnenstrahlen mit aller Vorsicht die Umgebung absuchen, aber die Angreifer waren verschwunden.

Nur sehr schwache Spuren zeigten ihre Fluchtrichtung nach Norden in das ferne Gebirge an.

Barthin sah sich die Querrillen, in denen die Angreifer so schnell verschwinden konnten, sehr genau an, er konnte sich einfach keinen Reim darauf machen.

Die Rillen sahen aus, als ob eine riesige Hand mit der Handkante kräftig in den Boden geschlagen oder ein gewaltiger Riese mit seinen Fingern den Boden auf gekratzt hätte.

Aber das war natürlich keine plausible Erklärung.

Beim Frühstück erkundigte sich Barthin bei Sotates nach diesen Rillen.

Sotates war der Meinung, dass diese Rillen durch Bodenverwerfungen entstanden sein könnten, aber sicher war er sich auch nicht.

Ihn machte der exakte Verlauf der Rillen von Norden nach Süden unsicher.

 

Gegen Abend war eine kleinere Stadt an dem Fluss zu sehen und Duner machte sich sofort auf den Weg, um ihre Vorräte zu ergänzen. Die Küche freute sich über die frischen Lebensmittel und alle erhielten ein köstliches Abendessen.

Das Winterquartier in der Stadt Toletum

 Duner schwärmte regelrecht von der kleinen Stadt, sie ist komplett von einer mächtigen Stadtmauer umgeben, hat sehr schöne Gebäude und Plätze und einen großen Markt mit allerlei Waren.

 

Die Frauen spitzten schon ihre Ohren, ein großer Markt war sie immer  interessant!

 

Alka-An musste laut auflachen, als Bythia mit einem spitzbübischen Grinsen fragte, ob sie nicht einen Tag länger hier lagern könnten, sie brauchten dringend einige neue Sachen.

Alka-An war damit einverstanden, auch, weil er sich gerne die Stadt ansehen wollte.

So zogen dann zwei Trupps Richtung Stadt, einmal die aufgeregten Frauen und zum anderen eine Gruppe von Männern, die sich mehr für die Stadtmauern und Verteidigungsanlagen interessierten.

 

Alka-An ritt zusammen mit Sotates, Owithan, Duner und Penedos an der Spitze der Gruppe auf die Stadt zu. Vor dem wuchtigen Stadttor wurden sie von einer kleinen Gruppe von Stadtverordneten empfangen.

 

Zu seiner Überraschung entdeckte Alka-An bei den Stadtverordneten einen alten Bekannten aus seiner Zeit auf der Militärakademie, sein Name ist Peersan.

Auch Alka-An wurde von dem Mann erkannt, freundlich begrüßten sich die beiden Männer und als die Vertreter der Stadt erfuhren, warum es ging, verschwand die eine und andere Sorgenfalte aus ihren Gesichtern.

 

Peersan lud die Menschen aus Cameedor herzlich ein und wollte natürlich alles aus seiner alten Heimat wissen. Als Peersan dann auch noch erfuhr, welche gewaltige Reise Alka-An und seine Begleiter hinter sich hatten, kannte die Freude bei Peersan keine Grenzen mehr.

„Ihr müsst mir und natürlich uns alles darüber erzählen, ich kümmere mich selbstverständlich um euer Quartier“, Alka-An winkte dankend ab, wir bleiben in unserem Lager vor der Stadt, „ aber eine Einladung zu einem Festessen werdet ihr uns nicht ausschlagen?“

„Darüber werden sich besonders unsere Frauen freuen“, nahm Alka-An die freundliche Einladung an.

 

Peersan zeigte Alka-An und seinen Begleitern die Stadtmauern, die trutzigen Türme, das mächtige Stadttor, die Paläste und  die Plätze der Stadt. Stolz erzählte Peersan, dass die Stadt von mehr als 80 Türmen geschützt wird und die Mauern eine Höhe von 12 Metern erreichen.

 

Peersan erzählte auch von den vielen Kriegen und Streitereien um diese Stadt.

Zum Abschluss zeigte Peersan seinen Besuchern ein besonders schönes Stadttor.

Tief beeindruckt verabschiedete sich Alka-An und seine Begleiter von Peersan und den Herren aus der Stadt!

„Wenn ihr wünscht, zeige ich euch morgen gerne unsere Stadt weiter, wir haben noch vieles sehenswertes in unseren Mauern“, sagte Peersan zum Abschied.

Gerne stimmte Alka-An dem zu.

 

Angeregt unterhielten sich die Männer aus Cameedor über diesen angenehmen Besuch und über die Stadt. Im Lager angekommen, freuten sich die Frauen, dass sie hier wohl einige Tage bleiben werden und ihre Freude wurde noch größer, als sie von der Einladung zu dem Festessen erfuhren.

Sofort stand natürlich bei den Frauen die Kleiderfrage im Vordergrund.

Die Männer machten sich schmunzelnd über das Abendessen her, wie einfach war doch das Leben für sie!

 

Am nächsten Morgen führte Peersan seine Gäste sichtlich stolz durch die Stadt, bewundernd stand Alka-An vor einer Basilika, deren eine Ende in der Stadtmauer endete, im Nordosten vor der Stadtmauer wuchtete sich eine weitere Basilika in den Himmel, vom Baustil her schien dieses Gebäude noch älter zu sein, was Peersan auch sofort bestätigte.

Es folgten weitere sehenswerte Gebäude.

Ein Palast fiel besonders auf, in der Fassade war ein großes Tor mit Rundbogen, dass mit einem Fries mit Wappenschild geschmückt war, über den Fenstern waren weitere Wappenschilder zu erkennen.

Die Schießscharten zeugten von der Wehrhaftigkeit des Palastes.

In dem Viereck des Palastes war ein wunderschöner Innenhof angelegt.

 

Alka-An kehrte rechtzeitig ins Lager zurück, um sich für das Fest zu recht zu machen.

 

Bythia wirkte etwas aufgeregt, bis Alka-An sie mit einem Hinweis auf ihr gutes Aussehen beruhigen konnte, seine Bythia war aber auch wirklich eine Augenweide, sie war in fließende, glitzernde Stoffe gehüllt, die ihre schlanke Gestalt schön hervor hoben.

 

Die anderen Frauen waren ähnlich gekleidet.

In guter, fast fröhlicher Stimmung zogen die Menschen aus Cameedor in die Stadt und wurden von Peersan am Stadttor in Empfang genommen. Er führte seine Gäste zu dem großen Palast und in den  herrlichen Innenhof, der zusätzlich für das Fest hergerichtet worden war.

 

An der Stirnseite des gegenüber liegenden Palastflügels war eine lange Festtafel aufgestellt worden. Peersan betrat ein kleines Podest und begrüßte die vielen Gäste, dann machte er Platz für den Statthalter, der ebenfalls in einer blumigen Ansprache die Gäste aus Cameedor willkommen hieß, er ließ aber auch ein wenig die Sorge der Stadt durch klingen, als die vielen Fremden auftauchten.

 

Das fröhliche Fest ging mit viel Musik und tanzen bis weit in den frühen Morgen, müde, aber guter Stimmung gingen die Frauen und Männer nach Hause.

Rücksichtsvoll erschien Peersan erst nachmittags im Lager, um Alka-An anhand von Karten den weiteren Weg bis Cameedor zu zeigen.

 

So erfuhr Sooler und Alka-An und die anderen anwesenden Männer, dass sie den Fluss noch eine ganze Weile  nach Osten folgen können, bis der Fluss eine gut feststellbare Biegung nach Süden macht.

Ab dort müssen sie sich an den ganz gut passierbaren Weg halten.

Peersan empfahl Alka-An noch, in jedem Fall zu versuchen, dass vor ihnen liegende Gebirge noch vor dem Winter zu überqueren, sonst sollten sie lieber den Winter vor dem Gebirge verbringen und im Frühjahr das Gebirge überqueren.

Auf die Frage von Alka-An, ob es denn ein großes Gebirge sei, antwortete Peersan: „Es ist ein mächtiges Gebirge und es hat im Winter immer Unmengen Schnee.

Erschwerend kommt hinzu, dass der ganze lange Pass keinen Schutz bietet!“

„Wir lange benötigen wir bis zu diesem Gebirge?“

„Es könnte knapp mit der Zeit werden.“

„Ab wann müssen wir mit dem Winterbeginn rechnen?“

„Das ist nicht genau zu bestimmen, aber in zwei Monaten muss du mit Schnee in den höheren Lagen rechnen.“

Alka-An bedankte sich bei Peersan und sagte abschließend: „Wir werden die Situation besprechen und dann gebe ich Dir bescheid, wie wir uns entschieden haben.“

 

Im Lager wurde das Thema heftig diskutiert, anfangs des Gespräches waren alle für die Weiterreise, die Menschen wollten nach Haus, die Reise war lang genug gewesen, aber die Gegenargumente waren schwer gewichtig!

Denkt nur an die hinter uns liegenden Winter in den Gebirgen, so etwas möchte ich nicht unbedingt noch einmal erleben.

Wir sollten hier überwintern und dann im Frühjahr nach Cameedor aufbrechen.

Cameedor erreichen wir sicher vor dem nächsten Winter.

Hier in der Stadt können wir recht bequem den Winter abwarten und dann gut vorbereitet nach Cameedor aufbrechen.

Alka-An fasste spät in der Nacht alle Argumente für und wider zusammen und sagte seinen Gefährten: „Lasst uns eine Nacht darüber schlafen und beim Frühstück treffen wir unsere Entscheidung!“

 

Damit waren alle zufrieden und es kehrte Ruhe in dem Lager ein.

Früh fanden sich die Frauen und Männer bei der Küche ein und begannen sofort wieder heftig das anstehende Problem zu diskutieren.

Alka-An wies die Menschen daraufhin, dass sie sich von dem noch so angenehmen Wetter nicht täuschen lassen sollen, in dem Gebirge wird es sicher bitterkalt und sie alle können sich bestimmt noch gut an die zurück liegenden Winter erinnern.

 

Alka-An ließ seine Gefährten in Ruhe diskutieren, es wurde Mittag, warm schien die Sonne vom Himmel und der Himmel leuchtete im schönsten Blau.

Alka-An machte sich mit Sooler, Sotates, Duner und Barthin auf den Weg zur Stadt, um mit Peersan die Möglichkeit ihrer Überwinterung in seiner Stadt zu besprechen.

Sichtlich erfreut nahm Peersan den Entschluss seiner Gäste aus Cameedor zur Kenntnis.

Alka-An wollte in unmittelbarer Nähe zu Stadt Koppeln und Ställe für die Pferde bauen und für die Frauen und Männer Quartiere in der Stadt suchen.

Peersan stimmte sofort zu: „Ich kann euch einige angenehme Herbergen empfehlen!“

„Das wäre für uns sehr angenehm.“

„ Ich freue mich auf unsere gemeinsame Zeit, ich habe noch viele Fragen an euch und ich möchte euch noch viel von dieser Stadt zeigen.“

Peersan freute sich sichtlich auf die kommende gemeinsame Zeit mit den Menschen aus Cameedor.

 

Als Alka-An das Lager erreichte, erfuhr er, dass die Menschen abgestimmt haben und mit einer geringen Mehrheit entschieden haben, den Winter hier zu verbringen.

Alka-An war sehr erleichtert über die Entscheidung, er hatte gar keine Lust auf einen weiteren Winter im Gebirge.

 

Der Bau der Ställe und Koppeln ging dank der Hilfe von Peersan zügig voran, es wurden ausreichende Futtervorräte  angelegt.

Die Frauen sortierten die Dinge aus, die sie für den Aufenthalt in der Stadt benötigten, alles andere ließen sie in einigen Zelten zurück.

Eine Handvoll Männer wechselten sich in der Versorgung der Tiere ab und ein kleiner Trupp Soldaten blieb als Wache bei den Ställen.

Obwohl es anfänglich Verständigungsprobleme gab, waren die Frauen und Männer aus Cameedor erstaunlich schnell in das Leben der Stadt eingeschlossen.

Die Frauen trafen sich auf dem Markt oder beim Tuchhändler und die Männer hatten sich schnell in die vielen Handwerksbetriebe verteilt.

So gaben sich die Menschen gegenseitig ihre Kenntnisse und Erfahrungen weiter.

Barthin war von der Technik der Schmiede bei der Herstellung der Schwerter fasziniert, Duner war täglich in der Schreinerei zu finden und notierte sich ganz genau die Herstellung der Möbel.

Sooler ließ sich die Herstellung der Bogen, Pfeile und Speere zeigen und Alka-An durchstreifte mit Peersan und einigen anderen Männer die Stadt.

 

Besonders interessierte ihn die Bauweise der wuchtigen Mauern und der vielen Türme und der Stadttore.

 

Die Frauen waren mehr in den Bäckereien zu finden oder sahen sich das schneidern der hier gängigen Kleider an.

Die Verarbeitung der gesammelten Früchte und deren Aufbewahrung waren neu für sie und sie ließen es sich genauestens erklären.

Es wurde dabei mit viel Öl gearbeitet.

Zum Schluss kamen die Früchte in Tonkrügen, die sorgfältig verschlossen wurden.

 

Alka-An stand zusammen mit der Gruppe Männer auf der Stadtmauer und schaute nachdenklich nach links und rechts: „Dir fehlen nur noch die Kanonen auf den Mauern!“

„Das ist genau unser Problem, der Transport der Kanonen zu unserer Stadt ist schier unmöglich. Von Cameedor über das Gebirge ist es einfach nicht zu schaffen und der Transport über See endet in Lisboa und wir haben wieder einen langen Transportweg über Land vor uns.“

 

Nachdenklich nickte Alka-An dazu: „Man könnte versuchen, die Kanonen zerlegt auf viele Packtiere, zu transportieren. Das wird zwar immer noch mühselig werden, ist aber machbar.“

„Das musst du mir genauer erklären“, bat Peersan Alka-An.

„Wir hatten ja auch immer das Problem, bedingt durch die vielen Überfälle und Angriffe mussten wir sehr oft unsere Waffen hin und her transportieren.“

Peersan nickte verständnisvoll dazu, das kannte er.

„Unsere Schmiede haben Kanonen konstruiert, die relativ einfach auseinander genommen werden  und auf mehrere Packtiere verteilt, gut transportiert werden können“, erklärte Alka-An Peersan.

„Das wäre natürlich eine gute Möglichkeit, Kanonen für unsere Stadt heran zu schaffen“, freute sich Peersan.

Am nächsten Tag erfuhr Alka-An von Peersan, dass er sie im Frühjahr nach Cameedor begleiten wird, um sich die Kanonen an zu sehen.

 

Alka-An saß mit Bythia und den anderen Frauen und Männern, die wie sie in dieser Herberge untergebracht waren, beim Abendessen und nahm vergnügt an der lebhaften Unterhaltung teil.

Es war schön, mal so richtig sorgenlos die Tage zu genießen. Bythia und die Frauen erzählten heiter von ihrem Tagesablauf und musste das eine oder andere Mal herzhaft lachen.

Eine kleine, quirlige Frau fiel ihm dabei besonders auf, sie schilderte wort-rund gestenreich von dem Versuch eines Mannes aus der Stadt, mit ihr anzubandeln. 

Alka-An grinste Bythia fröhlich an: „Ich bin mir sicher, dass der Mann die Frau erobert!“

„Klar“, lachte Bythia fröhlich mit, „das genau will die Frau ja.“

 

Und plötzlich merkten alle, dass der Winter naht.

Aus Osten wehte ein kalter Wind durch die Gassen und auf den fernen Gipfeln leuchtete der Schnee in der Sonne.

Bythia zeigte sich erstaunt: „Diese Kälte hätte ich hier nicht erwartet!“

„Peersan hat uns mit Recht auf den Winter hingewiesen, die Stadt liegt hoch in den Bergen, ich bin froh, dass wir hier überwintern“ und zog Bythia an sich und kuschelte mit ihr. Bythia lachte ihren Alka-An an: „ So kann ich die Kälte gut ertragen.“

 

Ein paar Tage später fiel der erste Schnee und die Kinder tobten mit lautem Geschrei durch die weiße Pracht.

Es schneite weiter und es wurde richtig kalt, in den Gassen wurde es still, die Bewohner der Stadt blieben bei der Kälte lieber in ihren Häusern.

Und in den kalten Tagen passierte es, dass eine Gruppe Männer  am Stadttor um Einlass baten, der Kälteeinbruch hat sie völlig überrumpelt.

Barthin sah sich die Neuankömmlinge an und teilte seine Besorgnis Alka-An mit: „Er habe bei den Fremden ein ungutes Gefühl.“

 

Dem stimmte Alka-An sofort zu, auch er misstraute den fremden Männern.

In einem Gespräch mit Peersan erwähnte Alka-An sein ungutes Gefühl gegenüber den Fremden.

Peersan wehrte ab, es passiere öfter, dass Reisende von dem Winter überrascht werden und bei uns um Aufnahme bitten.

 

Alka-An war dadurch keineswegs beruhigt und bat Barthin, die Augen offen zu halten, vielleicht sogar die Wachen zu verstärken.

Ein Kundschafter nahm Alka-An zur Seite: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass einer der Männer bei dem Überfall auf uns dabei war!“

Alka-An dankte dem Kundschafter und mit einem sehr unguten Gefühl in der Magengegend ging er zu Peersan.

Er fand den schlanken Mann am Schreibtisch arbeitend vor: „Ich muss dir etwas berichten.“

Peersan sah hoch: „Kleinen Moment noch, ich bin gleich mit den Unterlagen fertig.“

 

Alka-An setzte sich in einem der an der Wand stehenden Sessel. Papiere raschelten und dann stand Peersan auf und kam zu Alka-An. Er setzte sich neben Alka-An in einen Sessel und sah ihn fragend an: „Was bereitet dir Sorgen?“

Alka-An sah Peersan etwas schief an: „Sieht man mir das so deutlich an?“

Peersan nickte und Alka-An fuhr fort: „ Mein Kundschafter hat mir berichtet, dass einer der Fremden bei dem Überfall auf uns dabei war!“

Sofort stand offene Anspannung im Gesicht von Peersan: „Du meinst, die Fremden wollen uns angreifen und haben dafür die Männer in unsere Stadt eingeschleust?“

„Sie sollen wohl eines der Stadttore für die Angreifer öffnen oder eine ähnliche List vorbeireiten.

Was mir auch nicht gefiel, ist, dass sie sehr hartnäckig auf eine gemeinsame Unterkunft bestanden“

„Du hast Recht, da ist etwas faul, ich werde die Soldaten in Alarmbereitschaft versetzen, unauffällig, aber sehr wachsam. Zudem werde ich die Stadttore geschlossen lassen. Es ist sowieso nur noch wenig Verkehr.“

„Wenn es möglich ist, würde ich gerne meine Soldaten und die Männer, die sich um die Tiere kümmern, in die Stadt holen, mitsamt den Tieren.“

„Das dürfte kein Problem darstellen, in den östlichen Stallungen dürfte genügend Platz für die Tiere sein.“ Alka-An bedankte sich bei Peersan und suchte Barthin, Sooler und Duner auf, um die Männer von der Änderung zu berichten.

„Wir sollten die Tiere so unauffällig wie möglich in die Stallungen bringen, damit wir die Fremden nicht unnötig hellhörig machen.“

 

Alka-An verließ die der Männer, die schon die Köpfe zusammen steckten, um die Aktion zu besprechen.

Alka-An stieg die Treppe in einem der westlichen Türme hoch und sah sich das weite Land vor der Stadt sorgfältig an.

Durch die weiße Pracht des weißen Schnees war der Tag unbeschreiblich hell und klar und die Sicht unendlich. Etwas beruhigt verließ Alka-An den Turm, es war wirklich nichts zu entdecken gewesen.

 

Mitten auf der Treppe blieb er wie angewurzelt stehen und  schlug sich mit der flachen Hand gegen seine Stirn: „ Die Querrillen, verdammt, die Querrillen habe ich total vergessen.“

 

Hastig drehte er um und rannte die Treppe wieder hoch.

Alka-An nahm das Fernrohr ans Auge und suchte sorgfältig die weit entfernten Querrillen.

Und er wurde fündig, eine ganze dünne, fast unsichtbare Rauchsäule kräuselte sich ganz leicht aus einem unsichtbaren Feuer.

Er schob das Fernrohr zusammen und suchte schnellen Schrittes Peersan auf und berichtete den Mann von seiner Entdeckung.

Sorgenvoll sah Peersan aus dem Fenster: „Hoffentlich haben die Angreifer keine schweren Waffen, sonst kann es schlimm für uns werden.“

„Da kann ich dich beruhigen, außer Pfeil und Bogen, Speere und Schwertern, haben die Angreifer keine Waffen. Deswegen versuchen sie mit List in die Stadt einzudringen:“

„Damit könntest du recht haben, diese umher ziehenden Räuberbanden haben selten schweres Geschütz.“ Etwas zuversichtlicher sah Peersan zu Alka-An: „wir werden ihnen einen heißen Empfang bereiten.“

Breit grinsend nickte Alka-An zustimmend.

 

Peersan ließ die fremden Männer ständig beobachten, so dass diese keine unbeobachtete Bewegung machen konnten.

Die Fremden versuchten zwar immer wieder, ihren Bewachern zu entwischen, aber diese waren hellwach und vereitelten jeden dieser Versuche.

Die angespannte Situation eskalierte dann, als einer der Fremden versuchte, auf die Stadtmauer zu gelangen, wahrscheinlich, um ein Signal zu setzen.

Die Soldaten verweigerten dem Fremden den Zutritt und als dieser keine Ruhe gab, legten die Soldaten ihn in Ketten.

 

Peersan warnte die Fremden jetzt sehr eindringlich, sich ruhig zu verhalten, sonst müssten sie die Stadt verlassen.

Daraufhin blieben die Fremden einige Tage ruhig und unauffällig, aber dann versuchten sie mit Gewalt das westliche Stadttor zu öffnen.

Auch dieser Versuch wurde von den Soldaten vereitelt und es gab dabei die ersten Toten unter den Fremden. 

 

Die Situation schien gerade bereinigt zu sein, als von allen Türmen und Mauern Alarmrufe ertönten: „Wir werden angegriffen, der Angriff erfolgt aus Westen!“

Jetzt zeigte sich der Erfolg der sorgfältigen Vorbereitung und Planung.

Blitzschnell waren die Mauern voller Soldaten, von den höheren Türmen flogen die ersten Pfeile, aber der Angreifer war noch zu weit entfernt.

 

Die Angreifer blieben außerhalb der Reichweite der Pfeile der Verteidiger abwartend stehen und als sie feststellen mussten, dass das Stadttor verschlossen blieb, zogen sie sich noch ein Stück weiter zurück.

 

Barthin grinste Alka-An und Peersan fast fröhlich an: „Die Angreifer haben wohl fest damit gerechnet, dass das Stadttor von ihren Leuten geöffnet werden würde!“

„Da bin ich fast sicher, dass es so ist“,  Alka-An sah zu Peersan, „ du solltest dir überlegen, ob du die Fremden noch weiterhin ungehindert in deiner Stadt herum laufen lässt.“

„Einkerkert“, knurrte Barthin, „die haben sowieso nichts Gutes im Sinn.“

„Ihr habt Recht“, Peersan rief einen ranghöheren Soldaten und gab ihm den Auftrag, die fremden Männer einzukerkern.

„Na, endlich, “ der Soldat rieb sich die Hände, „die haben es nicht anders verdient.“

 

Schnell wurde der Befehl weiter gegeben und Peersan und die anderen Männer kümmerten sich wieder um die Angreifer. Die hatten sich so weit zurück gezogen, dass sie weit außerhalb der Waffen der Stadt waren. Anscheinend berieten sie intensiv ihre weitere Vorgehensweise.

Alka-An sah sehr gespannt zu den Angreifern hinüber, Peersan eher sorgenvoll.

 

Barthin versuchte beide Männer zu beruhigen: „Innerhalb der Stadtmauern sind wir sicher, wir müssen nur weiterhin sehr wachsam bleiben. Die Angreifer werden eine neue List versuchen, um in die Stadt zu gelangen.“

Alka-An sah Barthin verblüfft an, so eine lange Rede hatte er noch nie von dem Soldaten gehört!

Und Barthin fuhr fort: „Das Gesindel ist mit allen Wassern gewaschen, denen fällt garantiert eine hinterhältige List ein, um in die Stadt zu kommen.“

 

Nach einer kurzen Pause wandte sich Barthin direkt an Peersan und fragte ihn, ob die komplette Stadtmauer mit Soldaten besetzt sei? Peersan verneinte: „ Die nordöstlich Stadtmauer nicht, da sind nur Wachen auf den Türmen postiert.“

„Nehmt bitte alle Soldaten aus den Kasernen und verteilt sie auf die Mauern, bitte!“ Barthin sah Peersan dringend an.

„Gut, wenn ihr meint.“ Peersan gab den Befehl weiter und Alka-An sah, wie die Soldaten auf der Stadtmauer erschienen.

 

Der Tag neigte sich dem Ende zu und die Angreifer blieben ruhig.

Mit der einbrechenden Dunkelheit ließ Peersan unterhalb der Mauerkrone große Fackeln in die Außenwand der Stadtmauer stecken. Die Fackeln erhellten das Gelände vor der Stadtmauer, ohne das die Verteidiger von ihnen geblendet wurden.

Die Nacht schritt voran und als schon alle der Ansicht waren, dass nichts mehr passieren wird, sprang Barthin plötzlich auf und ging zum Rand der Stadtmauer und sah vorsichtig hinaus. Wieder war ein seltsames Klirren zu hören!

 

Die Angreifer warfen Eisenkrallen auf die Stadtmauer, an denen sie Seile befestigt hatten!

Die Soldaten waren sofort zur Stelle und schnitten die Seile durch, bevor ein Angreifer die Brüstung der Stadtmauer erreichen konnte.

Die Schreie der herab fallenden Angreifer hallten um die ganze Stadt, die Angreifer hatten rings um die Stadt auf einmal angegriffen!

Die herab fallenden  Angreifer wurden von den auf der Stadtmauer postierten Soldaten erbarmungslos mit Pfeilen beschossen, die Verluste waren fürchterlich.

 

Die aufgehende Sonne beleuchtete eine grausige Szene am Fuße der Stadtmauer, viele Tote lagen in ihrem Blut und viele Verletzte  wälzten sich in dem Matsch aus Schnee und Blut!

Mit der Morgensonne erschien eine Gruppe Männer vor der Stadtmauer mit einer weißen Fahne und fragten nach, ob sie die Verwundeten und Toten mit nehmen dürften.

Peersan sah Alka-An und Barthin fragend an und die beiden Männer nickten Peersan zustimmend an.

 

Die Angreifer luden die Toten auf Pferde und legten die laut jammernden Verwundeten auf Zugschlitten.

 

Der Tag verlief ruhig, so das sich die Soldaten der Stadt erholen konnten.

Zum späten Nachmittag schallten wieder Alarmrufe um die Stadtmauer,

Die Angreifer rollten einen mächtigen Rammbock auf das Stadttor zu, die Männer, die den schweren Rammbock schoben, schützten sich mit großen Schilden vor den Pfeilbeschuss der Verteidiger.

Dadurch, dass der Weg zu dem Stadttor leicht abschüssig war, bekam der Rammbock mächtig Tempo und knallte, obwohl doch einige der Männer von den Pfeilschützen getroffen wurden, mit einem gewaltigen Knall gegen das Stadttor.

 

Sofort wurde der Rammbock zurück geschoben, um ihn ein zweites Mal gegen das Stadttor zu rammen.

Dazu kam es jedoch nicht, denn mit einem Mal erschien Owithan, Tretikow und Sotates auf der Mauer und sagten leicht lächelnd zu Alka-An und Peersan: „Wir wollen uns auch mal nützlich machen!“

 

Die drei Männer traten an die Brüstung der Stadtmauer und konnten schräg unter sich den Rammbock gut erkennen.

Owithan und Tretikow nickten sich zu und schon flogen die Feuerbälle gegen den Rammbock und setzte diesen sehr schnell in Brand.

Schreiend rannten die brennenden Männer von dem Rammbock weg und warfen sich in den weißen Schnee und wälzten sich hin und her, bis die Flammen erstickt waren.

Peersan sah mit offenen Mund dem geschehen zu und fragte dann Alka-An: „Habt ihr noch mehr Überraschungen im Ärmel? Langsam glaube ich, dass alles bei euch möglich ist!“

Lachend winkte Alka-An ab: „So schlimm ist es nicht.“

Die Angreifer hatten für diesen Tag offensichtlich genug und zogen sich weit zurück.

 

Peersan ließ einen Teil der Soldaten abtreten und sagte zu den Männern aus Cameedor: „Lasst uns die Zeit für ein warmes Abendessen nutzen.“

 

Das ließen sich die Männer natürlich nicht zweimal sagen.

Junge Frauen und Männer brachten dampfende Schüsseln zu den Soldaten und hier und da hörte man ein heimliches Kichern von den jungen Frauen.

Peersan schickte noch einen Teil Soldaten zur Ruhe und die wachhabenden Soldaten wurden regelmäßig angelöst.

 

Ein trüber, Nebel verhangender Tag wölbte sich über die Stadt und Alka-An hörte, wie Barthin die Soldaten zu erhöhter Wachsamkeit ermahnte: „Dies sei ein ideales Wetter für einen Angriff! Die Sicht ist schlecht und die Angreifer haben sicher mächtig Wut im Bauch nach den fehlgeschlagenen Angriffen.“

 

Seine, in vielen Jahren erworbene Erfahrung, täuschte Barthin auch diesmal nicht.

 

Die meisten Soldaten saßen noch beim Frühstück, als die ersten Alarmrufe zu hören waren. Schnell war alles auf den Beinen und kampfbereit an dem Mauerrand.

 

Erst sahen die Soldaten verblüfft ins das milchige Grau, wieso Alarm, es war doch nichts zu sehen!

 

Aufpassen, schrien die Wachen wieder, passt auf, die Angreifer haben sich weiße Tücher übergeworfen, sie sind damit kaum zu sehen, nur wenn sie vorwärts rennen!

Jetzt hatten die Bogenschützen den Dreh heraus gefunden, sie sahen intensiv auf eine Stelle, bis sich dort etwas bewegte und dann schossen sie ihre Pfeile zielsicher dorthin, die Schmerzensschreie gaben die Treffer bekannt!

Wieder zogen sich die Angreifer mit erheblichen Verlusten zurück.

Alka-An wunderte sich etwas und sagte das auch zu Peersan und Barthin: „Bei diesen Verlusten können die Angreifer meines Erachtens aber nicht mehr lange durch halten.“

„Darüber wundere ich mich schon eine ganze Weile, denn normalerweise sind diese Räuberbanden, die durch unser Land ziehen, nicht so stark!

Sie suchen eigentlich mehr den schnellen Erfolg und verschwinden dann genau so schnell, wie sie gekommen sind.

Das hier ist etwas anderes, sie müssen über erhebliche Mengen an Kriegern verfügen.“Schloss Peersan und Barthin sagte dazu in seiner trockenen Art: „Vielleicht haben sich diesmal mehrere Banden zusammen getan, weil sie glaubten, dann leichtes Spiel mit dieser Stadt zu haben.“

„Toletum ist nicht so leicht zu haben“, lachte Peersan, „da brauchen die Angreifer schon schweres Kriegsgerät, wenn sie erfolgreich sein wollen!“

„Sei froh, dass es nicht so ist“, klopfte Alka-An Peersan freundlich auf die Schultern.

 

Owithan sagte den Männern, dass er für die Nacht einen Schutzschirm über die Stadt legen wird, denn alle hatten eine ruhige und erholsame Nacht verdient.

Erleichtert bedankten sich die Umstehenden und freuten sich auf eine ungestörte Nachtruhe.

Staunend sahen Peersan und seine Männer zu, wie sich der Schutzschirm mal bläulich, mal silbern schimmernd über die Stadt legte.

Auch aus den Gassen klangen die Überraschungsrufe auf.

„Der Schirm hält die Angreifer wirklich ab?“, fragte Peersan Owithan.

„Du kannst ganz beruhigt sein, diesen Schild durchdringt niemand;“ Owithan grinste Peersan vergnügt an, „das mussten schon einige unangenehme Typen feststellen.“

Beruhigt teilte Peersan mit Barthin zusammen die Wachen ein und schickte den Rest in die Kasernen.

 

Der neue Morgen dämmerte mit einem freundlicheren Wetter über Toletum, von den Angreifern war nichts zu sehen. Der Schutzschild verblasste in dem heller werdenden Sonnenlicht und die Soldaten tauchten einer nach dem anderen wieder auf der Stadtmauer auf.

 

Barthin sprach Alka-An an: „Ich möchte zu gerne einen Spähtrupp los schicken. Ich hätte dann einen Überblick, um entsprechend reagieren zu können!“

Das konnte Alka-An nur zu gut verstehen, die Unsicherheit musste jeden Soldaten nerven.

 

Peersan wiegte zweifelnd mit dem Kopf, als er von Barthins Wunsch hörte.

„Das könnte ein unnötiges Risiko werden, weil wir nichts von dem Angreifer wissen. Es könnte für den Spähtrupp böse ausgehen und hier in Toletum sind wir sicher.“

Owithan schlug den Männern vor, den Spähtrupp mit einem Schutzschild zu versehen, damit wäre das Risiko für die Soldaten minimal.

„Das könnte klappen“, Barthin rieb sich hocherfreut die Hände, „ich mach mich sofort an die Zusammenstellung des Spähtrupps.“

„Nimm bitte ausschließlich Freiwillige für den Spähtrupp“, bat Alka-An den Soldaten.

 

Schnell waren die Soldaten bereit, vor dem Stadttor saßen sie auf und Alka-An sah etwas beunruhigt Barthin an der Spitze des Spähtrupps.

Der Spähtrupp ritt durch das Stadttor und verhielt kurz,

Owithan legte den Schutzschild über die Reiter und Barthin gab das Zeichen zum Aufbruch.

Die Pferde stampften durch den Schnee, der durch den Wind  an einigen Stellen aufgetürmt worden ist. Weiter entfernt von Toletum wurde die Schneedecke dünner. Obwohl die Sonne voll von dem klaren Himmel schien, war es noch richtig kalt.

 

Barthin wies die Soldaten des Spähtrupps noch mal auf die Querrillen hin, in denen die Angreifer sicher in Deckung liegen könnten.

Alka-An verfolgte den Spähtrupp mit dem Fernrohr und konnte die Umstehenden beruhigen, es ist noch nichts Ungewöhnliches passiert.

Barthin führte den Spähtrupp in einem weiten Bogen auf die nördlich gelegene Bergkette zu, aber es war keine Spur von den Angreifern zu sehen.

Barthin wurde unruhig, wie konnten sie so unbemerkt verschwinden? Mindestens einer der Wachen hätte doch etwas sehen oder bemerken müssen, einfach merkwürdig.

Außer verwehten Spuren von Menschen und Pferden war nichts zu sehen.

Barthin wurde immer nervöser, wo sind die Angreifer abgeblieben?

Barthin ließ die Männer des Spähtrupps eine lange, auseinander gezogene Reihe bilden, er hoffte so, dass dadurch eventuell eher etwas entdeckt werden könnte.

 

Der von Owithan ausgeführte Zauber machte die neue Formation ohne Probleme mit und die Soldaten links und rechts von Barthin suchten intensiv das Gelände ab.

Barthin wurde durch lautes Geschrei und von dem Trommeln vieler Pferdehufen aus seinem Grübeln gerissen, die Stadt Toletum wurde aus dem Osten angegriffen!

 

Barthin war jetzt wütend auf sich, dass er sich so hinters Licht hat führen lassen!

Die Angreifer hatten sich unbemerkt von den Soldaten auf der Stadtmauer von Toletum nach Osten verlagert und nutzten dort geschickt das unübersichtliche Gelände zur Deckung und bauten unentdeckt ihren Angriff auf.

Barthin führte den Spähtrupp sofort zur Stadt zurück.

Beim näher kommen sah Barthin, dass die Angreifer lange Leitern angefertigt hatten und diese jetzt an die Stadtmauer anlegten.Barthin staunte über die Massen der Angreifer, der Anführer musste den größten Teil seiner Krieger bisher gut versteckt haben!

 

Der Spähtrupp erreichte unbehelligt das südwestliche Stadttor, erst als die Männer durch das Stadttor ritten, heulten die Angreifer wütend auf, sie hatten den Spähtrupp zu spät gesehen.

 

Der Zauber fiel in sich zusammen und die Männer liefen sofort die Treppen zur Stadtmauer hoch.

 

Barthin konnte oben auf der Mauerkrone angekommen beruhigt feststellen, dass die verteidigenden Soldaten die Sache gut im Griff hatten.

Mit langen Stangen stießen sie die angelegten Leitern, mit deren Hilfe die Angreifer die Mauer erreichen wollten, von der Mauer weg und mit wilden, empörten Gebrüll fielen die Angreifer mit der Leiter hart auf den Boden.

 

Peersan sah, dass der Angreifer trotz der enormen Stärke keine Möglichkeit hatte, seine Stadt zu erobern.

Es waren und blieben eben doch nur Räuber, die schnelle, gemeine Überfälle auf harmlose Reisende durchführen konnten, sich aber an einer befestigten Stadt die Zähne ausbissen.

 

Mit lautem Hohngeschrei wurden die ersten Angreifer bedacht, die den Angriff abbliesen und sich aus dem Staub machten.

 

Jetzt brach die Front der Angreifer gänzlich auseinander.

Die verschiedenen Räuberbanden brachen auseinander und ritten davon.

Der Anführer aller Angreifer tobte wütend, ja beinah verzweifelt vor der Stadtmauer herum und versuchte, die Männer zusammen zu halten.

Vergeblich, Mittag war gerade vorbei, da verschwand der letzte Trupp der Angreifer in dem südöstlichen Bergen.

Ausgelassen wurde der abgewehrte Angriff der Räuberbanden von den Einwohnern und Soldaten der Stadt Toletum gefeiert.

 

Owithan legte vorsichtshalber für die Nacht seinen Zauber über die Stadt, so konnten alle mit feiern.

 

Der Alkalde von Toletum ließ mit seinen Räten ein großes Fest organisieren, an dem die ganze Stadt teilnehmen sollte.

 

Die Frauen waren natürlich sofort um die entsprechende Garderobe besorgt, ein heftiges Gerenne brach aus, alle Frauen rannten zu den Stoffhändlern und Schneidern!

 

Es wurde ein schönes Fest, aber für viele erstaunlicherweise, ein ruhiges, fast besinnliches Fest.

Der Schreck über den Angriff steckte doch noch vielen in den Knochen.

 

Der Rest des Winters ging ruhig und ungestört vorbei, der Frühling brach mit Macht über das Land, über Nacht wurde das Land grün und allerorts blühten bunte Blumen.

 

Jetzt wurden die Menschen aus Cameedor ungeduldig, sie wollten nach Haus!

Die Vorbereitungen für die Heimreise konnten gar nicht schnell genug angepackt werden.

Toletum summte wie ein Bienenhaus, Frauen und Männer trugen Kisten und Kästen zu dem Sammelplatz, Männer kümmerten sich um die Packpferde, die Zelte wurden überprüft, fehlende Dinge ersetzt.

 

Die Menschen aus Cameedor wurden von den Einwohnern Toletums herzlich verabschiedet und Peersan ritt zusammen mit Alka-An an der Spitze des langen Trecks Richtung Cameedor.

 

Peersan führte den Treck weiter an dem Ufer des Flusses nach Nordnordost.

Während des Tages erfuhr Alka-An von seinem Begleiter, dass sie bald die Stelle erreichen, an der ein Fluss in diesen hier mündet und sie an dem neuen Fluss weiter ziehen werden.

 

Die Stadt Arancues an dem Zusammenfluss der beiden Flüsse ist sehenswert, sie sollten dort ein paar Tage verweilen.

Aber erstmal müssen wir für heute Nacht einen guten Lagerplatz finden.

 

Mit diesen Worten gab Peersan seinem Pferd die Sporen und ritt zu Sooler, der sich angeregt mit Penedos unterhielt. Sooler war von dem jungen Mann sehr angetan, da er sehr wissbegierig war und schnell lernte. Penedos sollte der Nachfolger von Sooler werden.

Peersan wartete höflich, bis Sooler sein Gespräch mit Penedos unterbrach und fragend zu ihm herüber schaute?

Peersan sagte zu den beiden Männern, dass er sich nach einem geeigneten Lagerplatz für die Nacht umsehen wollte.

„Penedos kann dich dabei begleiten“, antwortete Sooler.

Peersan nickte Sooler zu und die beiden jungen Männer stoben davon.

Natürlich wurde aus dem Ritt ein harmloser Wettkampf, beide Männer waren gute Reiter und beide hatten gute, schnelle Pferde.

Penedos zügelte sein Pferd und zeigte auf eine kleine, gut geschützte Biegung des Flusses.

„Hier haben wir einen guten Lagerplatz für die Nacht, gutes Wasser, Futter für die Tiere und genügend Brennholz für die Küche.“

Penedos grinste Peersan vergnügt an: „Reiten wir zurück, der Verlierer muss der Küche helfen.“

 

Aus dem Stand sprang Peersans Pferd in einen rasenden Galopp, aber Penedos holte schnell auf und lachend kamen beide Männer gleichzeitig bei dem Treck an.

 

Der Lagerplatz gefiel allen so gut, das Wetter war schon sehr angenehm und so blieben die Menschen aus Cameedor einen weiteren Tag an dem Ufer des Flusses.

 

Peersan wies Alka-An und seine Begleiter daraufhin, dass auf der anderen Seite des Flusses eine sehr schöne Stadt liegt. Sie ist die Residenz von Alfons, den Weisen und hat viele berühmte Gebäude. Sie wird auch die Stadt der drei Religionen genannt. Sie war lange Zeit ein Zentrum  der Wissenschaften. Peersans Zuhörer zeigten sich von der Beschreibung der Stadt beeindruckt.

 

„Dieses Land hat schöne Landschaften und wirklich schöne Städte“; gab Bythia unumwunden zu.

„Wartet ab, bis ihr Arancues seht“, lachte Peersan mit blitzenden Zähnen die junge Frau an.

 

„Peersan hat wirklich nicht übertrieben“, gestand Alka-An ein, sie standen staunend am Ufer des Flusses und bewunderten die königliche Sommerresidenz am Ufer des Flusses.

Bythia und die anderen Frauen konnten sich an den großartigen Gartenanlagen gar nicht satt sehen, es war fast unwirklich schön, überall schon blühende Blumen und Sträucher, schön geschnittene Bäume, Rasenflächen wie Teppiche und über allem die zwitschernden Vögel. 

 

Die wenigen Tage in der Stadt gingen viel zu schnell vorbei, aber nach hause wollten auch alle.

 

Also führte Peersan mit Penedos den Treck weiter, jetzt an den Ufern des neuen Flusses, den Peersan  Tacuna nannte.

„Weiter nach Norden liegt die Hauptstadt dieses Landes, es ist eine wirklich große Stadt“, informierte Peersan seine Begleiter.

Für die Nacht fanden sie einen angenehmen Lagerplatz am Ufer des Tacuna.

Alka-An fragte Peersan, ob der Weg an dem Fluss sie nicht zu weit nach Norden bringt?

„Keine Sorge“, beruhigte Peersan Alka-An, „ an der Quelle des Tacuna wechseln wir an den nächsten Fluss, an dessen Ufer wir das Gebirge und das Hochland verlassen und in der Ebene direkt auf Cameedor marschieren.“

 

Einige Tage später erwähnte Peersan, dass in Norden eine weitere Stadt liegt und das sie die vorläufig letzte Stadt bis zur der Ebene ist.

Wenn irgendwelche Dinge benötigt werden, müssten wir morgen nach Norden ziehen, um die Stadt zu erreichen. Alka-An erkundigte sich bei Duner und Bythia, es sei nicht nötig, es ist noch alles ausreichend vorhanden.

 

Die Berge, die das Hochplateau im Osten begrenzte, kamen mit jedem Tag näher. Jetzt war gut erkennbar, um welch großes Gebirge es sich dabei handelt.

 

Der Treck erreichte die Quelle des Tacunas und Peersan führte die Menschen aus Cameedor jetzt direkt nach Norden, um am Abend an der Quelle des Flusses zu lagern, der sie weiter nach Osten führen sollte.

 

Zusammen mit diesem Fluss durchquerten sie das Gebirge und erreichten die dahinter liegende Ebene. Sattes Grün und viele bunte Blumen erfreuten die Augen und selbst die Pferde wurden schneller, wohl, weil sie das frische, saftige Gras witterten.

 

Nach einigen Tagen mündete der Fluss in einen größeren Fluss, der von Nordwesten kam und weiter nach Südwesten floss.

 

Peersan kannte eine Brücke über den Fluss und nachdem sie den Zoll bezahlt hatten, konnten sie passieren. Peersan machte auch diesmal wieder Alka-An auf die nächstliegende Stadt aufmerksam: „Etwas weiter südlich liegt eine größere Stadt an diesem Fluss. Wenn ihr an irgendetwas Bedarf habt, könntet ihr dort auf dem Märkten alles finden.“

 

Alka-An und Peersan sahen Duner und Bythia fragend an, aber beide schüttelten ihre Köpfe: „Wir haben noch genügend Vorräte, das Land gibt ja viel her. Danke für den Hinweis.“

 

Bythia wurde, wie viele der Menschen aus dem Treck, langsam unruhig und nervös, jetzt wollte sie nur noch nach Haus.

Peersan führte den Treck jetzt sehr genau nach Osten, das Land wurde etwas trockener und das Wasser knapper. Aber das war den Menschen im Treck beinah egal, weil sie wussten, dass sie mit jedem Tag näher an Cameedor kamen.

Nach etlichen Tagen erreichte der Treck wieder einen Fluss und Mensch und Tier stürzten sich in das kühle Wasser.

 

Alka-An ließ das Lager zwei weitere Tage an dem Fluss stehen, so konnten die Wasservorräte in Ruhe aufgefüllt werden.

Die Jäger brachten ein paar Beute Stücke zur Küche und Peersan erklärte auf die vielen Fragen hin, dass der Treck den Fluss überqueren muss und dann sind es nur wenige Tage bis Cameedor!

 

Plötzlich war eine fröhliche, aufgeregte Betriebsamkeit in dem Lager. Alle packten ihre Sachen zusammen und ließen Alka-An wissen, dass sie morgen früh weiter ziehen wollen.

 

Nach drei Tagen kam Sooler mit Penedos ziemlich aufgeregt zu Alka-An: „Ich bin mir sicher, ich habe das Meer gerochen!“

 

Jetzt war auch Alka-An nicht mehr zu halten, er stieg auf sein Pferd und ritt mit den beiden Männern nach Osten und richtig, auf einem niedrigen Hügel rastend, roch auch Alka-An auch das Meer. Der Wind aus Osten brachte diesen herrlichen Duft weit in das Land!

Ankunft in Camedoor

Die drei Männer ritten ins Lager zurück und wurden dort sofort von allen Seiten bestürmt, habt ihr das Meer gesehen oder gar schon Cameedor gesehen?

Lachend, aber auch verständnisvoll wehrte Alka-An die stürmischen Frager ab, es wird wohl noch einige Tage dauern, bis wir Cameedor erreichen werden!

 

Peersan kam hinzu und als er das durcheinander der Fragen verstand, sagte er tröstend zu den Frauen und Männern, dass es höchstens noch drei, vier Tage bis Cameedor dauern wird.

 

Jubel brach aus, vor lauter Freude und Erleichterung begannen die Menschen zu tanzen.

 

An übernächsten Tag traf der Treck mit einem größeren Trupp gut bewaffneter Soldaten zusammen.

 

Das anfängliche Misstrauen wandelte sich in maßlose Freude, als die Menschen von dem Treck und die Soldaten feststellten, dass sie alle aus Cameedor stammen!

Die Soldaten aus Cameedor wurden von allen Seiten mit Fragen nach ihrer Stadt bombardiert, jeder wollte natürlich so schnell wie möglich alles wissen.

Die Soldaten wehrten lachend ab, die wenigen Tagen schafft ihr noch, dann könnt ihr zu hause alles erfahren. Aber ihr könnt beruhigt sein, es ist alles in Ordnung in Cameedor!

 

Alka-An fragte den Truppführer der Soldaten, wieso sie so weit vor Cameedor patrouillieren?

„Wir haben einige Räuberbanden im Visier, die seit langer Zeit die Gegend unsicher machen und nachdem sie zwei Gehöfte überfallen hatten, reiten wir jetzt verstärkt im Vorfeld von Cameedor.“

 

Der Soldat verabschiedete sich und führte seinen Trupp weiter nach Norden.

Jetzt waren alle sehr unruhig und wollten nur noch nach Haus, viele wären auch noch die Nacht durch marschiert!

 

Alka-An bremste die Euphorie seiner Gefährten: „Lasst uns den Rest unserer Reise in Ruhe angehen, die wenigen Tage, die uns noch von Cameedor trennen, werden wir auch noch überstehen!“

 

Die Menschen beruhigten sich beim Aufbau des Lagers wieder und eine heitere Gelassenheit breitete sich aus, sie haben diese doch recht waghalsige Reise gut überstanden!

Auch Bythia wurde von Tag zu Tag aufgeregter, sie freute sich wahnsinnig auf das wiedersehen mit ihrer Familie, wie alle anderen auch.

 

Die ersten Häuser tauchten auf, die weit vor Cameedor gebaut waren.

Die Häuser standen inmitten von Feldern, auf den eingezäumten Koppeln graste das Vieh.

Die Menschen winkten den Heimkehrern freundlich zu.

 

Am vierten Tag war Cameedor am Horizont zu sehen und alle waren von der Größe ihrer Stadt überwältigt. Cameedor war in der Zeit ihrer Reise mächtig gewachsen.

Wieder wurde eine weitere Stadtmauer weit vor der jetzigen errichtet, hohe, große Gebäude leuchteten weiß in der Sonne.

Cameedor war eine gewaltige Metropole geworden.

Jetzt gab es kein halten mehr, die Menschen liefen immer schneller, die Reiter stoben davon.

 

Alka-An hielt aber den größten Teil zurück: „Lasst uns doch gemeinsam in Cameedor einreiten!“

Ein letztes Mal wurde das Lager kurz vor Cameedor aufgebaut und nach dem frühen Frühstück gab Alka-An zum letzten Mal das Zeichen zum Aufbruch.

 

Viele Frauen und auch Männer hatten sich heraus geputzt und ritten jetzt stolz nach Cameedor.

 

Die Heimkehrer wurden von einer Abordnung, die wohl König Theo-Duur zur Begrüßung geschickt worden ist, empfangen.

Alka-An und seine Begleiter wurden durch die Straßen von Cameedor zum Königspalast geleitet und die Menschen jubelten ihren Helden zu.

Die Straßen waren so voll von Menschen, dass die Abordnung mit den Heimkehrern kaum durch die Menschenmenge voran kam.

 

Auf dem großen Platz vor dem Palast wurden die Frauen und Männer von Theo-Duur begrüßt und zu einem festlichen Bankett in zwei Tagen eingeladen.

Tosender Jubel brach auf, dann zerstreuten sich die Menschen langsam und die Heimkehrer suchten ihr zu hause auf.

 

Die zwei Tage bis zu dem Festbankett vergingen schnell und Bythia jammerte höchst nervös. „Wie soll denn eine Frau in der kurzen Zeit ein passendes Gewand finden?“

Natürlich war pünktlich zu dem großen Fest alles bestens in Ordnung und Bythia schwebte selig am Arm von Alka-An in den Festsaal.

Alka-An lernte die Eltern und die ganze, große Familie von Bythia kennen und stolz stellte er seine Familie vor.

 

In den kommenden Tagen staunte Alka-An über die vielen neuen Gebäude, die während seiner Reise entstanden sind, ein dritter Ring von mächtigen Mauern schützte Cameedor jetzt, ein weiteres Hafenbecken war im Bau, Frachtschiffe lagen wartend vor der Hafeneinfahrt,

Alka-An kam es dem Staunen nicht mehr heraus.

 

Die Familien von Bythia und Alka-An bereiteten die Hochzeit vor und an einem schönen Sommertag fand die Feier statt.

 

Man konnte glauben, dass ganz Cameedor mit feierte.

Später zog Alka-An mit seiner jungen Frau in ein Haus, dass er im Schutz der dritten Stadtmauer hat bauen lassen.

Schnell war der Platz zwischen der zweiten und dritten Stadtmauer bebaut und Theo-Duur ließ die erste innere Stadtmauer abreißen, um in der Stadt mehr Platz zu schaffen. Cameedor wuchs und gedieh prächtig und die Menschen lebten in der Stadt glücklich und zufrieden.

 

Ende

Die Trilogie

der Fantasy Abenteuer Geschichten ist komplett und besteht aus folgenden Büchern:

 

Darkahr, Fürst der weiten Ebene

ISBN 978 - 3 -7309 - 1388 - 8

 

Kaah-Mer, Das große Abenteuer

ISBN 978 -3 -  943142 -45 - 7

 

Alka-An, Abenteuer im fernen Osten

ISBN  978 - 3 - 943142 - 47 - 1

 

Impressum

Texte: Klaus Blochwitz
Bildmaterialien: Klaus Blochwitz
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Stephan und Philipp

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