Mary Camebridge geschrieben von Christina Brinkhoff
Gabriel Samson geschrieben von Klara Dietzel
Gabriel Samson
"Du dreckiger Sohn einer Hure" keifte die Hofherrin mit in die Hüfte gestemmten Armen. Ihr saures, empörtes Gesicht machte mehr als deutlich, dass er hier keine Arbeit finden würde. "Was erlaubst du dir? Wer denkst du wer du bist?" eiferte sie weiter und machte dabei beinahe den Eindruck, als bereitete ihr der Zwischenfall mit dem Schäfersjungen Freude. Die letzten Tage waren ereignislos gewesen und sie langweilte sich schrecklich. "Wir stellen nur rechtschaffene Leute ein!" beendete sie ihre Schimpftirade und spuckte vor Gabriel auf den Boden. Mit erhobenem Haupt und zufriedener Miene knallte sie die Tür vor ihm zu. "Verschwinde oder ich hetze die Hunde auf dich, dass sie dir Beine machen" hörte er sie noch sagen. Ein leises Seufzen entfuhr seinen Lippen. Als er sich dessen bewusst wurde, hielt er inne, hob den Kopf und ging mit weiten Schritten die Straße entlang. Die Stadt schlief in der Mittagshitze und ihre Bewohner hatten sich, bis auf ein paar Knechte und Mägde, in ihre kühlen Häuser zurückgezogen. Gabriels erstarrten Gesichtszüge ließen nicht erkennen was in seinem Kopf vorging. Einzig die verkrampften Schultern ließen auf seine Sorgen schließen. Er lief zum Westrand der Stadt und durchquerte das große, in die alten, dicken Stadtmauern eingelassene Tor. Bald gelangte er zu dem kleinen, etwas heruntergekommenen Gehöft, das er mit seinen Eltern und seinen beiden Geschwistern bewohnte. Sein Vater war in diesen Tagen mit der Schafherde auf den Weiden. Gabriel wurde von seiner Mutter empfangen. Sie küsste ihm seine Stirn, wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen musste. Seinem Blick entnahm sie wie der Tag in der Stadt für ihn verlaufen war. Sie drückte stumm und mitfühlend seinen Arm und bat ihn am Tisch Platz zu nehmen. Lucy und Olivia saßen bereits in der Küche und schauten ihn mit ihren großen braunen Augen an. "Gabe" lächelte Lucy und sprang auf um ihrem Bruder um die Hüfte zu fallen. Er streichelte ihren Kopf und hob sie hoch. Lucy war grade 5 Jahre alt geworden und vergötterte ihren großen Bruder. Olivia sah mit ihren blonden langen Haaren und ihren feinen Gesichtszügen aus wie ein Engel. Sie wird mit jedem Tag schöner, dachte Gabriel nicht ohne Stolz. Doch alle Schönheit wird ihr nichts nützen. Sie wird ebenso ein ehrloses Leben führen müssen wie wir alle und eine Heirat in höhere Kreise ist nahezu unmöglich. Er ging mit Lucy auf dem Arm zu ihr und strich sanft über ihr seidenes Haar. Nachdenklich sah er aus dem Fenster, wie sollte es nur weiter gehen?
Mary Camebridge
Stumm blickte die junge Frau aus dem Fenster ihres Zimmers. Es war in einem der beiden Türme des großen Herrenhauses untergebracht und Mary konnte von dort bis ganz nach unten in die Stadt herabblicken. Ihre blonden Locken waren gerade frisch gewaschen worden und sollten eigentlich hochgesteckt werden, doch nach einem Streit mit ihrer Mutter hatte die 16 - Jährige ihre Zimmermädchen heraus geschmissen, weil sie alleine sein wollte. Nun stand sie am Fenster, hatte die Arme um ihren zierlichen Laib geschlungen und blickte stumm, mit Tränen in den rehbraunen Augen heraus. Sie nahm eigentlich kaum etwas wahr, blickte nur mit leerem Blick durch die Welt. Als es klopfte wurde die Kleine aus ihrer Gedankenwelt gerissen und Mary zuckte zusammen, drehte sich um. Ohne darauf zu warten, dass seine Tochter ihn herein bat, betrat Graf William Camebridge den Raum und blickte seine einzige Tochter an. "Ich weiß gar nicht, was du hast. Diese Hochzeit ist das Beste, was dir passieren kann! Mary, du würdest Königin werden!", meinte er, wobei er versuchte das Ungehaltene aus seiner Stimme zu vertreiben. Leider klappte es nicht so ganz und Mary hörte die ganze Verachtung gegen ihr Verhalten heraus, seufzte leise und senkte den Blick. »Das mag sein Vater, aber .. ich sehne mich nach Liebe! Nach wahrer Liebe! Und dieser .. dieser Prinz er ist ein .. ein Casanova, Vater! Das wisst Ihr! Er .. Er würde sich eine Mätresse nach der anderen nehmen und .. könnt Ihr nicht verstehen, dass ich mich nach etwas anderem sehne?«, fragte sie, wobei ihre Stimme gefährlich zitterte und eine kleine Träne langsam über ihre Wange rollte. "Es geht aber nicht darum, was Du möchtest, sondern darum, was für unsere Familie am Besten ist! Sei nicht so selbstsüchtig, sondern denke ein Mal an deine Familie!", meinte er und Mary senkte den Blick weiter, seufzte. Diesen Kampf hatte sie verloren und egal, was sie noch tun würde, sie würde nichts daran ändern können. "Du lässt deine Zimmermädchen jetzt wieder ihre Arbeit verrichten und dir mit den Haaren und dem Kleid helfen. In einer Stunde wirst Du in der Kutsche noch London sitzen, hast du mich verstanden!?", fragte er. Marie zögerte, wollte erst widersprechen, doch dann nickte sie. »Ja Vater ..«, murmelte sie und der Graf nickte zufrieden, verließ den Raum und schickte die Kammerzofen wieder herein, dich sich daran machten, die Haare der jungen Grafentochter hochzustecken.
Gabriel Samson
Als Gabriel erwachte herrschte draußen graue Dämmerung. Er richtete sich auf und schwang die Beine aus dem Feldbett. Das Wasser mit dem er sich das Gesicht und den Hals wusch war eisig, doch er zuckte nicht als es seine Haut berührte. Er zog eine zerschlissene Lederhose und ein graues Wams an. Dann machte er sich auf den Weg. Mit einem kleinen Apfel in die Tasche, trat er aus der knarrenden Haustür die er leise hinter sich schloss. Die kühle Luft füllte seine Lungen und weckte die Lebensgeister in ihm. Gabe liebte diese kontrastlose, einsame Zeit zwischen Schlafen und Wachen...Dämmerung. Schattenlos und neblig lagen die Wiesen und der Wald vor ihm. Er atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen. Wohin er wollte wusste er noch nicht. Er konnte nicht sehr lange wegbleiben denn seine Mutter würde ihn auf dem Hof brauchen wenn der Morgen anbrach. Sein Körper verschmolz mit der Dunkelheit als er sich auf den Weg durch das Gestrüpp machte. Still beugten sich die alten Bäume über ihn und gewährten ihm Schutz. Er hatte sie schon immer gemocht, diese Riesen aus längst vergangenen Zeiten, die Zeugen vergessener Tage.
Mary Camebridge
Die Kutsche rumpelte durch den Wald. Mary blickte starr auf die Polster ihr gegenüber, schwieg. Ihre Zofe, die neben ihr saß. versuchte ein Gespräch in Gang zu bringen, doch Mary ignorierte die Frau. Sie biss sich nur auf die Unterlippe, senkte den Blick. Plötzlich hielt die Kutsche an. Mary sah auf und ihre Zofe steckte den Kopf aus dem Fenster. "Warum halten wir?", rief sie dem Kutscher zu, der sich umwand. "Ich muss kurz was mit den Vorreitern besprechen. Der Wald ist gefährlich.", meinte er, wand sich an die Männer auf den Pferden. Mary seufzte wieder leise, schloss die Augen und lehnte ihren Kopf an der Kutsche an. Sie verzog das Gesicht, als das Gefährt wieder los rumpelte und ihr Hinterkopf einmal gegen die Kutschenwand schlug. Ihre Zofe begann zu schimpfen, doch mehr tat sie nicht, sie versuchte auch nicht mehr die Grafentochter in ein Gespräch zu verwickeln, da Elena bemerkt hatte, dass es keinen Sinn hatte und Mary nicht reden wollte.
Gabriel Samson
Der Wald um Gabriel herum war dicht und kaum ein Lichtstrahl fand seinen Weg durch das Blätterdach der Bäume. Ihre Stämme waren so dick, dass es viele Schritte brauchte um sie zu umgehen. Dicke verschlungene Wurzelstränge krochen am Boden entlang und bildeten moosige Täler- und Hügellangschaft die ihn nicht selten und ein paar Köpfe überragte. Gabriel hatte grade eine besonders hohe Wurzel erklommen als er das Sirren eine Bogensehne vernahm. Nah, viel zu nah! Er warf sich zur Seite und viel in eine hölzerne Kuhle mit dornigem Gestrüpp. Er hob schützend den Arm vor das Gesicht, keuchte und versuchte sich aufzurappeln. "Was zum.." begann er, als er die Umrisse eines Mannes mit Köcher und Bogen in der Hand auf die Wurzel steigen sah. Ein dumpfes Lachen von irgendwo zwischen den Bäumen drang an Gabriels Ohr und eine derbe Stimme sagte "Ha, das Bürschchen ist ja fast noch ein Kind! Was sollen wir mit ihm anstellen John?" Gabriel spürte die Hände in seinem Nacken ehe er sie sah. Er wurde an seinem Wams gepackt und hoch gehoben und blickte kurz darauf einem bärtigem Mann mit rauen Zügen und dunklen, blitzenden Augen ins Gesicht. Dieser musterte Gabriel und sagte: "Ich fürchte an ihm ist nichts zu holen. Der sieht aus als wäre er nicht mehr als eine arme Kirchenmaus. Wer bist du Junge?" [2. Stunden später] Das Feuer prasselte heiter vor sich hin und Gabriel beobachtete mit einem gebratenen Hasenbein in der Hand die Meute auf der anderen Seite des Feuers. Vier waren es. Kräftig und breitschultrig allesamt, mit langen Haaren und zerschlissenen Umhängen. Es war wohl eine Rotte Diebesgesindel, die es in den Wäldern häufig gab. John, der Bogenschütze und ein Mann namens Grim mit roten verfilzten Locken schienen die Köpfe der Gruppe zu sein, zu der außerdem die Brüder Rich und Ben gehörten. Sie hatten Gabriels Geschichte hören wollen und er hatte ihnen seine Situation erklärt. Was machte es schon? Viele der Banditen die in England hausten waren ihm in ihrer Herkunft nicht unähnlich. Eltern mit ehrlosen Berufen, ärmliche Verhältnisse und von Geburt an der Verachtung der restlichen Gesellschaft gewiss. John hatte ihm angeboten zu bleiben. Rich hatte gelacht und gemurmelt: "Noch ist er recht schmächtig aber das wird schon werden, wenn er eine Weile mit uns zieht". Gabriel hatte um ein wenig Zeit gebeten. Er wusste nicht was er von dem ganzen halten sollte. Er hatte nie ganz die Hoffnung aufgegeben, einmal ein geachteter Bürger Englands zu sein. Würde er sich einmal dem Diebeswesen verschreiben, würde er sein Leben lang nichts anderes mehr tun können. Ein Vogelfreier und Ausgestoßener. Aber mit etwas Glück ein wohlgenährter! Er müsste unerkannt bleiben. Seine Familie würde Höllenqualen leiden wenn herauskäme das ihr Sohn und Bruder Mitglied einer Räuberbande wäre. Doch könnte er sie auch unterstützen. Nahrungsmittel und Geld könnte er ihnen bringen. Nachdenklich biss er in das Fleisch und das warme Fett rann sein Kinn hinunter. Er hatte lange nichts mehr gegessen was diesem gleichkam und er schloss die Augen. Entschlossen stand er auf und nickte John zu welcher aufstand und ihm entgegen trat. "Hast du dich entschieden?" fragte er. "Ich bleibe" sagte Gabriel mit fester Stimme. Und John klopfte ihm grinsend auf die Schulter. [1. Woche später] Gabriel lag bewegungslos, verborgen zwischen Farnen am Wegrand. Er atmete flach und ruhig. Neben ihm lag Grim, in dessen Gesicht ein verschwörerisches Lächeln hing. Gabriel umfasste den Griff seines Dolches fest und lauschte auf das verräterische Hufklappern das jeden Moment erklingen musste. Und endlich waren sie da. In schnellem Trab kamen die Pferde den Weg hinunter und zogen die goldbesetzte Kutsche hinter sich her. Der Ruf einer Eule erklang und die Männer in den Büschen spannten jeden Muskel an. John ließ sich von einem Baum fallen und landete geschmeidig mitten auf dem Weg. Die Pferde scheuten und der Kutscher stieß einen erschrockenen Laut aus. Angsterfüllt sah er auf den gespannten Bogen vor sich. Es war vollkommen unmöglich die Kutsche hier zu wenden und innerhalb weniger Sekunden hatten die Männer sie umstellt!
Fortsetzung folgt...
:)
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Anmerkung!
Vorab möchten wir auf die, uns bewusste, historische Unfundiertheit hinweisen. Das Geschriebene soll allein der Unterhaltung dienen und gibt keine korrekten Geschichtsangaben wieder.