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Prolog




Grandma setzte sich in ihren Lieblingsohrensessel in der Nähe des Kamins, in dem ein offenes Feuer brannte. Ihre Enkeln warteten gespannt im Wohnzimmerdurchgang, dass sie uns hereinrief und tatsächlich, da war das Zeichen. Die alte Frau klatschte einmal kurz auf ihren rechten Oberschenkel und schaute weiterhin den Flammen im Kamin zu. Schnell gingen die Kinder zu ihr und setzten sich zu ihren Füßen.
„Ihr seid mir doch eine lustige Rasselbande“, begann sie wie immer, „wollt ihr schon wieder die alte Geschichte über unsere Familie hören?“
Ein einstimmiges Nicken und treuherzige Blicke beantworteten ihre Frage. Es war bereits schon zu einem Ritual geworden. Grandma erzählte ihnen nicht nur die Familiengeschichte sondern auch ihre Lieblingsgeschichte.
Nicht einmal ihre Mama konnte diese Geschichte wie Grandma erzählen, obwohl sie eine ausgezeichnete Geschichtenerzählerin war. Doch diese Geschichte musste von den Großeltern erzählt und den Enkelkindern gehört werden. Binnen kurzen warteten die drei Mädchen auf den Anfang der Geschichte.
„Na dann fang ich mal an“, begann sie lächelnd zu erzählen.

„Es war einmal eine Kriegerfamilie. In jeder Generation wurde mindestens ein Mädchen geboren, das stärker werden sollte als ihre Mutter. Seite an Seite kämpften die Kinder und lösten schrittweise ihre Mutter und deren Geschwister ab. Cousins und Cousinen deckten sich den Rücken bis eine einzige Familie schon eine gefährliche Armee stellen konnte. Da beschloss eine andere Macht einzugreifen. Niemand wusste woher sie stammte oder warum sie gerade in diesem Moment eingriff. Auch nicht warum nur diese Familie betroffen war.
Viele junge Krieger und Kriegerinnen wurden plötzlich krank, andere wurden tödlich verwundet. Die Anzahl der Krieger aus besagter Familie schwand bis nur noch drei Mädchen übrig waren. Cousinen, die sich ängstlich aneinander klammerten.
Eine verschwommene Gestalt erschien ihnen und befahl den Dreien: „Findet heraus wer die stärkste ist, nur deren Kinder dürfen weiter unterrichtet werden, die anderen erhalten zwar eine Grundausbildung, aber nicht mehr. Die Stärkste von euch darf auch nie mehr als drei Kinder bekommen oder ich kehre zurück."
Die drei Mädchen begannen den Wettstreit und zwei wurden schwer verletzt, denn die Dritte war den anderen deutlich überlegen.
Die Stärkste kümmerte sich rührend um ihre Cousinen und zusammen schlossen sie einen Packt. Sie wollten die Worte der verschwommenen Gestalt ihren Kindern weitergeben und eine Wiederholung der Vorkommnisse verhindern.
Mit der Zeit lernten sie ihre Lebensgefährten kennen und gründeten eigene Familien. Die zwei Schwächeren hatten zusammen fünfzehn Kinder, doch die letzte von ihnen hielt sich an die drei Kind-Regel. Auch weihten sie ihre Männer ein und so hielten sich gemeinsam an den Packt.
So kam es, dass im Laufe der Zeit immer drei Mädchen von ihrer Mutter und zwei Tanten unterrichtet wurden. Sobald alle ihre Ausbildung beendet hatten, wurde die Stärkste von Ihnen durch einen internen Wettstreit ausfindig gemacht und in eine härtere Schule geschickt.
Während dieser Ausbildung wurden die Mädchen auch in der Familiengeschichte unterrichtet.
Einmal in hundert Jahren bekam die Stärkste der Mädchen jedoch bei ihrer dritten Geburt Zwillinge und das Phantom kehrt zurück. Die Vergangenheit wird zur Gegenwart und die Familie muss um ihr Überleben kämpfen. Cousins und Cousinen sterben Seite an Seite und nur die drei Schwestern, die Töchter der Stärksten, bleiben am Totenbett ihrer Familie stehen.
Sie sind der Grundstein der nächsten Generation. Durch dieses Phänomen wird garantiert das der Packt nie in Vergessenheit gerät und seither versuchen alle Mitglieder dieser Familie eine Lösung für dieses Problem zu finden, den der Blutzoll ist immer noch zu hoch.



Doch seid vorsichtig meine Kinder, das Jahrhundert nähert sich seinem Ende und eine von euch wird das Ende unserer Familie bedeuten“, lächelnd schaut die alte Frau zu ihren Füßen und blickte dann zu ihrer Tochter ins Nachbarzimmer. Mutter und Tochter wussten, dass eines der drei Mädchen am Boden entweder den langjährigen Fluch brechen würde oder die Familie erneut nahe dem Tode brachte.
Doch wer von den drei Kleinen konnten sie jetzt noch nicht wissen. Sie mussten die Mädchen so gut wie nur möglich auf den Familienwettbewerb vorbereiten und hoffen, dass sie mehr Glück hatten als ihre Ahninnen. Doch im Inneren hatten sie mit ihrem Leben schon abgeschlossen.

Leises Quängeln lies die alte Frau wieder zu ihren Füßen blicken. "Na, dann erzähl ich euch einmal meine Geschichte. Eine Geschichte, welche vor 50 Jahren ihren Anfang genommen hatte."


Eine neue Generation


-1-



„Ja“, fauchte ich genervt aus meinem Bett die Stiegen hinunter. Schon wieder ein neuer Morgen und mein Decke war gerade so schön warm. „Gleich“. Keine zwei Minuten später rief meine Mutter mich wieder und erhielt die gleiche Antwort.
Ich wollte einfach nicht aufstehen. Frustriert drehte ich mich noch einmal um, hörte aber wie meine beiden Schwestern aufstanden. Ein neuer Tag, neue Arbeit, mein Studium. Ich will nicht, Träume sind doch schöner.
Vor allem kann ich sie selber kontrollieren und zwar zur Gänze. Traumkontrolle ist schon eine Seltenheit, doch ich gehör da noch zusätzlich zu den Kuriositäten. Kaum einer kann zu 100% seine Träume steuern. Ich schon.
Naja, dann eben raus aus den Federn. Wenn ich mal auf den Beinen stand, ging eh alles sehr schnell. Kurz in den Kleiderschrank geschaut, Hose, T-Shirt, Jacke, Socken. Kurz mal überlegt ob alles zusammenpasst. Jep, passt und anziehen. Handtasche packen, Geldbörse. Ist mein Führerschein drinnen … ja, Geld … reicht wie immer fürs ganze Monat … ÖBB-Karte, Wiener Linien Karte, drinnen. So noch was vergessen. Wo ist mein Schlüssel, den hab ich gestern nicht zu den anderen gelegt. Hmm … aja, neben meinen Laptop, aber das Notebook brauch ich erst morgen also auch einpacken.
Neben meiner Zimmerwand hör ich meine beiden Schwestern hinunter huschen. So Wimperntusche und Kajal einpacken, den brauch ich erst morgen. Heut würd ich mir eh nur in die Augen fahren. Das müsste jetzt alles sein.
„Hast du deinen Koffer endlich gepackt?“, rief meine Mutter erneut hinauf. „Ja, der steht schon unten.“ „Aja, komm endlich, ihr müsst los.“
Schnell noch ins Bad Haare frisieren. Autoschlüssel aus der verflixten Handtasche kramen. Warum hab ich den wieder hineingeschmissen?

Ach ja, mein Name ist Mia … Mia Rinaldi, und das ist meine Geschichte.

Ich lebe in am Land mit meinen beiden Schwestern, meiner Mutter und meinen Stiefvater. Mit meinen einundzwanzig bin ich die Älteste. Danach kommt Rose, eigentlich Rosalind, mit ihren achtzehn Jahren und mit sagenhaften sechszehn Jahren schließt unsere Jüngste, Jane, die Runde ab. Mein Vater ist bei einen Autounfall gestorben und unser Stiefvater, naja, er versucht alles richtig zu machen, aber drei junge Frauen sind doch nicht so leicht zu verkraften.
Meine beiden Schwestern sind wahre Schönheiten und sehr modebewusst. Ich, na, ich könnte genauso gut ein Junge sein, der in einen Frauenkörper steckt. Aber man soll sich ja nicht beklagen.
Seit einem halben Jahr studiere ich, geh Wochenends arbeiten und helfe ungern zu Hause mit. Was sicher jeder nachvollziehen kann. Zu Hause ist halt alles anders.
Seit kurzem habe ich eine Zusage für ein Studentenzimmer, wo ich heute endlich einziehen kann. So gefreut wie über diese Zusage hab ich mich schon lange nicht mehr. Ah, da ist ja mein Schlüssel. Jetzt muss ich aber endlich los.
„Kommt ihr?“, rief ich meinen Schwestern noch zu bevor ich durch die erste Tür ging. Schnell in die Schuhe und Koffer weiterschleppen, danach noch die Jacke, es ist immerhin noch März und wieder den Koffer in die Hand nehmen. Hinter mir höre ich wie die Tür aufgeht. Na endlich geht’s los.
Schnell noch die Wohnungstür aufsperren und zum Auto. Eine der Kleinen, wie ich meine Schwestern immer gerne nenne, wird schon absperren. Der Koffer wird fast in den Kofferraum geschleudert. Klappe zu und hinters Steuer. Fast synchron schließe mit Rose die Autotüren. Nun aber ab zum Zug.
Die Kleinen müssen in die Schule und ich werde mein Studentenzimmer beziehen. Eigentlich wollte mich meine Mutter raufbringen, aber eines der Pferde in unserem Stall ist krank und das kommt selbstverständlich zuerst dran. Vielleicht fährt sie später noch nach und schaut sich mein neues Zimmer an.
Die Zugfahrt ist wie immer nicht besonders aufregend. Keine Kontrolle, nur viel Lärm, weil ein Drittel der Strecke fast nur Schüler im Zug stehen und sitzen. Nachdem sie ausgestiegen sind, wird es wieder ruhig.
Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie sich einer umsetzt. Die Zweiersitze sind doch nicht so beliebt, aber praktisch, wenn man größere Gepäckstücke oder Winterjacken mithat. Schon öfters hab ich auf die „Ablagefläche“ meine Jacke in der kalten Jahreszeit gelegt. Zum Aufhängen ist sie ja zu schwer und sonst würd ich ‘nen eigenen Sitzplatz für dieses Kleidungsstück brauchen.
Mich wundert nur wann der Typ eingestiegen ist. Ich hab ihn noch nie bemerkt, aber vielleicht ist er auf einer Geschäftsreise. Da er auch mit einem Reisekoffer unterwegs ist und mit Sicherheit fünf Jahre älter ist als ich könnte es ja mit meiner Schätzung hinhauen.
Ah, endlich die Zugendhaltestelle und meine Haltestelle. Schnell wieder in die Jacke die ich vorher ausgezogen hab und Sachen schnappen. Danach nichts wie zur nächsten Haltestelle.
Nun muss ich noch durch Wien zu meinem Studentenwohnheim. Also zunächst mal zum Südtiroler Platz, danach mit der U1 zum Stephansdom und weiter mit irgendeiner U-Bahn. Wo ist noch mal meine U-Bahn-Linienkarte? Irgendwo in meiner Jackentasche. Ah, den sollte ich auch mal wegschmeißen, die Party hab ich schon längst verpasst. Ne der ist der ÖBB-Zugplan. Ah, ja, habe es ja gewusst. Hier haben wir ja den gewünschten Wisch. Vielleicht sollte ich mir mal einen Neuen zulegen, ist doch schon sehr mitgenommen, obwohl ich ihn kaum brauch.
So wo ist jetzt der Westbahnhof, aja die Linie war es. So, perfekt die Straßenbahn kommt ja auch schon. Der Typ vom Zug ist ja auch hier. Hmm, süß schaut er doch aus. Aber klappen wird’s eh nicht, warum also weiterträumen. Ich hab nämlich einige Kilos zu viel, leider nicht nur auf den Hüften und so kriegt man ja so schnell nicht sooo einen Mann.
Auch gut, irgendwann klappt es auch bei mir und bis dahin nehm ich vielleicht ja auch mal so viel ab, dass ich im Winter nicht wieder alles zu nehme. Wie kann man aber Mamas Kekse verschmähen oder mittlerweile die meiner Schwestern. Das Rezept ist ja trotzdem gleich geblieben.

-2-




Ruhig ist es heute, wenig los. Komisch, naja, das Semester hat ja gerade erst begonnen und einige haben noch ein paar Tage Schonfrist. So jetzt aber wieder raus.
Mit dem Auto wär es leichter gewesen und die neue Unterführung ist mit immer noch nicht geläufig. Drei Monate Baustelle und jetzt eine neue Richtung, ich hasse Veränderungen. Die verwirren mich immer. Aja, so schnell noch die U-Bahn erwischen.
Puh, war das knapp. Hoppla. „Sorry“ Huch, das ist ja dieser süße Typ, na ist ja mal wieder typisch für mich.
„Nichts passiert. Können sie mir sagen, wo diese Straße ist.“, antworte er mir mit rauchiger Stimme.
Das ist doch nicht grad mein Puls, der in die Höhe schnellt. Schnell greife ich mir den Zettel und schau mir den Stadtplan an. Na super, dort muss ich auch hin. „Ähm, ja, dort muss ich auch hin.“
Überraschte Augen schauen mich an und gerade heute muss ich wieder mal auf jede Schminke verzichten, ich muss mich da dringend mal ändern. Kein Parfum, keine Augenschminke, kein Lipgloss. Nichts. Wenigsten hab ich mir gestern noch die Haare gewaschen.
„All right. Thanks“ Toll, wenn der noch Ire ist, hab ich den Jackpot geknackt. „Ach, ich bin Austauschstudent aus Irland“. … Toll, Jackpot.
Das ist doch zum Heulen. Der schaut super aus, kommt aus Irland, wo ich nächsten September endlich hinwill.
„Hy, ich bin nur aus dem Burgenland.“, antwortete ich ihm mit einem sicher komischen Lächeln.
Eine Augenbraue schoss bei meinem Gegenüber in die Höhe.
Sag ich's doch. Nicht mal reden kann ich mit Fremden.
Bitte liebe Erde öffne dich und verschlucke mich sofort.
Doch natürlich passiert das nicht wie im Film, wo die Heldin vor Scham in den Boden versinken kann. Nichts passiert und ich steh da wie ein begossener Pudel und weiß nicht weiter. Zum Heulen ist das, wirklich zum Heulen.
Ah, zum Glück müssen wir jetzt umsteigen, aber wie werde ich ihn jetzt los. Peinlich genug hab ich mich ja schon aufgeführt.
Na toll, wie es aussieht werde ich ihn bis zum Studentenwohnheim nicht los.
„Ist irgendwas nicht in Ordnung?“ „Nein, alles bestens.“ Ich bin nur der größte Tollpatsch und Vollidiot auf dieser Welt damit muss ich leben.
So wo ging es nochmal lang. Hmm, falsche Linie, aber hier steht nichts anderes. Na dann schauen wir mal dort hinauf.
„Kann ich dir mit deinem Koffer helfen?“, fragte er mich nochmal, nur um endlich ein Gespräch zu eröffnen.
„Nein, danke. Von wo bist du eigentlich genau.“
Schnell von der Rolltreppe runter. Den letzten Teil dieser Förderbänder hasse ich seit ich klein war.
„Ursprünglich aus Donegal, aber die meiste Zeit war ich zuletzt in Dublin.“
So wohin jetzt. Ah, dort geht also weiter und wieder eine U-Bahn. Ich freu mich jetzt schon auf mein Zimmer.
Kein Koffer mehr durch die Gegend schleppen.
Wer wird wohl mein Mitbewohner werden? Es gab ja nur noch Doppelzimmer für dieses Semester.
„Wie lange studierst du schon?“ „Naja, ich beginn jetzt mein zweites Semester und du? Als Austauschstudent muss man ja sicher schon weiter sein.“
„Ich bin im neunten Semester und mach hier mein letztes.“
Toll, nicht nur gut aussehend sondern auch noch intelligent. Hilfe, wieso rettet mich keiner?
Und schon wieder eine Frage von ihm: „Glaubst du eigentlich an Magie, Mystik, Schicksal, Vorbestimmung oder wie auch immer man es hier nennt?“
Puh, schwerer geht’s wohl nicht, oder?
„Sagen wir mal, ich hoffe das es, dass alles gibt. Aber mit der Zeit fehlt es mir immer schwerer an diesen Glauben festzuhalten. Magie kann schon mal unterschiedlich gedeutet werden. An Zauberei glaub ich nicht, aber Magie kann auch Leben und Geburt bedeuten. Das kann man immer wieder bemerken. Besonders im Frühling.“
Mann, hörte ich mich verträumt an.
„Und weiter?“
Toll, na dann mal weiter im Text.
„Mystik ist ja nur ein anderes Wort für etwas Unbekanntes, doch sobald man das Rätsel gelöst hat, gibt es nichts Mysteriöses mehr.
Das eigene Schicksal hält man ja sprichwörtlich in der eigenen Hand und kann mit Taten oder schweigender Hinnahme alles ändern.
Naja und Vorbestimmung, an das glaub ich wirklich nicht. Wie kann etwas vorbestimmt sein noch bevor man etwas dafür oder dagegen unternommen hat?“
„Bist du immer so realistisch. Träumst du nie von einem anderen Leben?“
Ertappt Freundchen und wenn ich nicht aufpasse, bist du bald auch noch ein Teil davon.
Kopfschüttelnd versuchte ich eine Lösung zu finden, um ihm zum Schweigen zu bringen.
„Wir sind da, Kleines.“
Kleines, KLEINES, na das kann auch nur dieser Riese sagen. Ich bin zwar nicht die leichteste, aber klein. Auf keinen Fall.
Zeitweise war ich in der Klasse sogar größer als die meisten Jungs, naja, vor der Pubertät versteht sich. Danach war ich wenigsten eine der Größten, wenn nicht sogar die Größte unter den Mädels.
Und jetzt das. Kleines, das darf doch nicht wahr sein. Ein genervtes Schnauben entfuhr mir und ich schnappte unter seinen fragenden Blick nur meinen Koffer und stieg aus.
Kleines, na das wird ihn auch noch leidtun. Warum ist man Skorpion, wenn man seine Rache nicht so gerne plant. Ein fragendes Gemurmel ertönte hinter mir, aber mir fielen schon so viele Rachepläne ein, dass es mich nicht weiter störte.

-3-




So aber jetzt mal wieder zurück in die Realität. Wohin bitte schön jetzt?
Wo war noch mal mein Stadtplan. Doch da reichte er mir schon seinen. Also wir sind mal wo, aja, hier. Und zu diesem Kreis müssen wir. Zum Glück hat er das eingezeichnet.
Na gut, wenn wir jetzt hier rechts, nein links, … ok in welche Richtung stehen wir eigentlich. Aaaaah, so ist diese Straße von hier links oder rechts … rechts, also wenn wir hier links gehen, dann rechts und naja, fast gerade aus, müssen wir noch gerade aus und sind nach einer links Kurve am Ziel. So schwer kann das ja nicht sein.
Mit einem Kopfnicken in die Wegrichtung schaute ich ihn an und ging los. Gleich hab ich diesen Alptraum hinter mir.
Irgendwann bin ich hoffentlich so weltgewand, dass mir so was nicht noch mal passiert. Immer wenn ich nervös bin, rede ich Blödsinn und kann nicht mehr aufhören.
Aber Kleines, dass geht mir nicht wirklich in den Kopf, was sollte der Spruch. Macht er sich über mich lustig.
Na dann, ich beachte ihn einfach nicht und kümmer mich zuerst um mein Zimmer, packe aus und schau mir dann die Gegend im, naja, Tageslicht kann man zurzeit nicht wirklich sagen. Ich schau mir halt alles an solange es noch einiger Maßen hell ist.
Es begann zu Donnern als wir durch die Tür gingen und ich konnte nur aufseufzen. Was kann bitte noch schief gehen. Zuerst mach ich mich zum Deppen und jetzt kann ich mir nicht mal die Gegend anschauen. Nach Hause könnte ich zwar heute noch fahren, aber das kam nun wirklich nicht in Frage. Ich wollte selbstständig werden und nicht wie ein verängstigest Häschen nach Hause laufen.
Aber wo ist jetzt die Rezeption oder irgendwer der einem wenigsten den Zimmerschlüssel gegen eine hübsche Kaution übergibt. Dieser Monat war wirklich teuer genug. Zimmer- und Schlüsselkaution, Monatsgebühr und Reservierungsgebühr hatten mein Konto fasst geleert.
Plötzlich ging mein Weggefährte an mir vorbei und zielstrebig auf ein Zimmer zu.
Na dann, schau ich mal dort rein. Mein Koffer blieb vor dem Zimmer stehen. So zerschrammt wie der aussieht, will ihn eh keiner haben. Dafür hat meine einzige Sprachreise in der Schule gesorgt. Von den Förderbänder zerschrammt und durch eine unvorsichtige Behandlung hat sich nicht nur der Lack zerkratzt sondern auch ein Stück Plastik in eines der Radgehäuse verirrt. Jetzt quietscht er bei jedem Schritt, wenn ich das Gewicht auf dieses Hinterrad verlagere. Toll oder.
Nun aber rein und … endlich, das könnte der Heimleiter sein … und wirklich, nach einer kurzen Begrüßung hab ich schon meine Zimmernummer und den Schlüssel.
Aber irgendetwas stimmt hier nicht, der Mann verhält sich auf einmal so komisch und der Ire neben mir verlagert sein Gewicht auch immer um. Was ist jetzt schon wieder? Hab ich plötzlich zwei Hörner, ein grünes Gesicht oder sonst etwas ähnlich Peinliches angestellt?
„Tut mir Leid Ihnen beiden mitteilen zu müssen, dass aus Platzmangel sie vorerst sich ein Zimmer teilen müssen“, begann der Heimleiter seine Ansprache.
Hilfe, wo ist der nächste Sessel. Das darf doch nicht wahr sein, ich will doch nur eine nette, ruhige Zimmergenossin und keinen Sexgott. Upps, hab ich das grad wirklich gedacht.
„Ich hoffe es macht Ihnen nichts aus, wir werden mit Sicherheit im Laufe der nächsten Wochen einige Studienabbrecher finden, welche sich über einen frühzeitigen Vertragsabbruch freuen werden und Ihnen dies sofort mitteilen. Darf ich Ihnen nun Ihr Zimmer zeigen?“
Ah, dem Heimleiter war dieser Vorfall auch sehr unangenehm. … Was soll aber ich erst dazu sagen, im letzten Monat ist so einiges über mich eingebrochen und ich will jetzt nur in Ruhe studieren und Spaß haben.

Ein kurzer Rückblick für euch:
Ich hab erfahren, dass ich adoptiert wurde und meine leibliche Mutter im Geheimdienst arbeitet.
Es gibt auch irgendeine komische Prophezeiung, welche unsere Familie betrifft.
Meine Adoptivmutter wurde einer Gehirnwäsche unterzogen als ihr Kind bei der Untersuchung kurz nach der Geburt verstarb und seitdem glaubt sie, dass ich ihr leibliches Kind bin.
Außerdem musste meine leibliche Mutter eigentlich noch zweieinhalb Jahre warten, um mir das zu sagen. Erst mit 24 Jahre dürfte ich dies erfahren, aber die Zeiten sind schwieriger und gefährlicher geworden. Also hab ich in den letzten zwei Ferienwochen einer Kampfausbildung unterzogen und war wirklich sehr erfolgreich.
Durch die Gene meiner Ahnen hab ich gleich eine Chance zu einer Spezialausbildung angeboten bekommen, welche ich in der letzten Ferienwoche mit Auszeichnung absolviert habe. Zwar musste ich noch einige Kilos verlieren, aber die paar verlorenen, muss ich zurzeit auch mit einem speziell für mich angefertigten Body wieder herzauber. Ansonsten würde zu Hause jeder den Verdacht schöpfen, dass etwas passiert ist.
Meine leibliche Mutter ist auch besonders stolz auf mich, weil noch nie ein Frischling bei ihnen so schnell die Ausbildung absolviert hat. Dies macht mich auch sehr stolz und ich freu mich, dass ich schon bald mit meiner Mutter auf Verbrecherjagd gehen kann.
Besonders als letztes Jahr ihre zwei Schwestern bei einen Einsatz ums Leben gekommen sind und sie nur noch mich als Rückendeckung haben will. Ihr restliches Team hat sich plötzlich gegen sie und ihre Schwestern gestellt und alle getötet.
Jetzt vertraut sich natürlich niemanden mehr. Ich soll dennoch mein Studium nicht vernachlässigen.

-4-




Jetzt bin ich hier in meinem neuen Zimmer mit einem heißen Zimmergenossen während meine Mutter auf der Suche nach meinen zwei leiblichen Schwestern ist.
Irgendwann muss ich meiner Adoptivmutter von meiner Geburt und ihrer Todgeburt erzählen, aber vorerst muss ich mich hier einleben und den sexy Iren aus dem Kopf bekommen.
Verflucht noch mal, kann ich kein Mädchen im Doppelzimmer haben, muss es dieser Kerl sein.
„So hier ist das Bad und das Wohnzimmer, beides müsst ihr euch teilen. Links und rechts seht ihr zwei Türen, hinter jeder ist ein Schlafzimmer. Na dann, viel Spaß noch und bleibt sauber“, sagte uns noch unser Heimleiter bevor er sich verabschiedete.
So schnell wie wir hier angekommen waren, war er auch schon weg. Es war in sichtlich unangenehm, dass dieses Hopala passiert ist.
Kurz darauf schlug mir mein neuer Zimmergenosse vor, beide Zimmer anzusehen und mir eines auszusuchen.
Schnell hatte ich meine Wahl gefällt, eigentlich fand ich das linke Zimmer bezaubernd, aber war auch das Bett dort größer und weil ich nun die kleinere von uns war, wählte ich das andere Zimmer. Es war dunkler und hatte kein Fenster wie das andere. Auch war das Licht defekt, was ich heute noch melden musste.
Das kann ja noch heiter werden. Erst wieder zum Heimleiter Bescheid geben und danach auspacken. Beides war schnell erledigt und schon startete ich meinen Laptop.
Im Internet suchte ich das nächste Fitnessstudio und schickte die Anmeldung zu meiner Agentenmutter, die sollte die Gebühr schön brav bezahlen. Immerhin musste ich fit bleiben.
Kaum war das erledigt, hörte ich ein Poltern aus dem anderen Schlafzimmer. Schnell sprang ich auf, klopfte an seine Zimmertür und fragte, ob alles in Ordnung sei? Eine beruhigende Antwort erhielt ich sofort, er hätte nur den Koffer auf den Kasten legen wollen und dabei sei im der Koffer aus der Hand gerutscht und auf den Boden gefallen. Meiner Meinung war noch etwas mehr dabei passiert und ich wollte gerade die Tür aufmachen, als sich diese schon öffnete.
Sofort schlug mir ein Blutgeruch entgegen. Er hatte eine kleine Platzwunde auf der Stirn und seitlich von ihm lag die Nachttischlampe in Scherben.
Aja, alles in Ordnung, typisch Mann. Immer zuerst den Macho herauskramen und sich ohne Mucks dann doch verarzten lassen.
Mit einem Kopfnicken animierte ich ihn mir zu folgen. Beim Heimleiter erführen wir die Adresse der nächsten Ambulanz und er erhielt noch eine notdürftige Kompresse.
Seltsamerweise gefiel er mir dadurch nur noch besser. Spitze, na dann schnell zum nächsten Arzt.
Beim Hinweg ging zum Glück alles glatt und mit zwei Stichen war die Wunde wieder verschlossen. Doch der Rückweg, naja, der Blutverlust war anscheinend doch größer als vermutet und mein Zimmergenosse begann zu schwanken. Auf halben Weg hielt ich ihn nicht mehr gerade sondern trug schon fast sein gesamtes Gewicht und die Treppen hinauf ins Zimmer umgingen wir mit dem Lastenaufzug.
Wieder im Zimmer lies ich ihn auf die Couch gleiten und hielt ihn die Fernbedingung hin. Schnell besorgte ich noch was zu trinken und schaute kurz nach meinen Mails.
Ah, spitze, meine liebe Mutter hat sich um einen Platz im Fitnesscenter für mich gekümmert und dazugeschrieben, dass dieses Center eine gute Wahl wäre und es eigentlich keinen Platz mehr gegeben hätte.
Ich wollte nicht mal wissen, wie sie es dennoch geschafft hat mir diesen Platz zu beschaffen.
Im Wohnzimmer wurde es plötzlich leise und ich hörte noch wie die Zimmertür gegenüber zu ging. Also hat er sich hingelegt. Ich wartete noch zehn Minuten bevor ich anklopfte und fragte, ob alles nun wirklich in Ordnung sei und ob er noch was brauchte.
„Alles in Ordnung, du kannst ruhig nach schauen, wenn du mir nicht glaubst und ich brauche nichts.“, war die einzige Antwort bevor sein Schnarchen immer regelmäßiger und glaubwürdiger wurde.
Lächelnd nahm ich den vorheraus ausgedruckten Anhang mit einer Bestätigung für das Fitnesscenter, sammelte meine Sachen zusammen, legte meinen Spezialbody ab (es würde mich so jetzt eh keiner mehr sehen), schrieb noch eine Nachricht auf einen Zettel, welchen ich auf den Couchtisch legte, und verließ das Heim. Ich wollte nur noch drei Stunden trainieren.
Nach meinem Training ging ich noch unter die Dusche im Fitnesscenter und zog mich wieder an. Draußen regnete es immer noch und ich joggte zum Heim zurück.
Wieder in meinem Zimmer zog ich mir meinen „Lieblingsbody“ wieder an und verfluchte ihn wie üblich. Wie ich dieses Ding hasste, aber so schnell konnte ich ihn leider nicht loswerden ohne lästige Fragen beantworten zu müssen.
Gleichzeitig verlies ich mit meinen Zimmergenossen, das jeweilige Schlafzimmer.
Kurz schaute ich verträumt auf sein verschlafenes Gesicht und seine verstrubbelten Haare. Mit gesenkten Kopf für er sich noch einmal durch die Haaren und lies eine noch größere Unordnung entstehen.
„Ich bekomm heute Damenbesuch. Hoffe es stört dich nicht“, meinte er nur und schlenderte Richtung Bad.
Schnell hatte ich meine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle und war mir sicher, dass er vor lauter Müdigkeit nichts bemerkt hatte. Nicht einmal wie ich leicht bei seinen Worten zusammengezuckt bin.
Ich glaub, ich hab mich in ihn verliebt und jetzt kommt noch irgendeine Tussi zu Besuch, die mit Sicherheit seine Freundin ist. Wieso hat sich bei meinen ersten Wunsch nicht schon die Erde aufgetan und mich verschluckt?
Keine Viertelstunde später konnte ich ins Bad und machte mich nun wirklich frisch. Anschließend kramte ich mein Handy heraus und rief meine Freundinnen an. Vielleicht hat ja eine für mich Zeit und ich konnte das Zimmer gleich wieder verlassen. Doch der Wunsch blieb mir versagt. Etwas anders hatte ich für heute auch nicht geplant und bei Regen wollte ich mir die Umgebung auch nicht genauer anschauen. Also blieb nur eine Tasse Tee, damit ich mich nicht verkühlte, mein Bett und ein gutes Buch.
Gerade als ich zu meinem Zimmer mit meiner Teetasse ging, erschien sein Damenbesuch. Eine hübsche Rothaarige, sehr gute, durchtrainierte Figur, langes welliges Haar, feine Gesichtszüge und ellenlange Beine die in einem knappen Mini steckten und ein bauchfreies Top vollendete die kesse Aufmachung. Jippie, mit meinem Body schlug ich diese Erscheinung nie und nimmer.
Also schnell ins Zimmer und Buch lesen.
Leider wurde nichts daraus, weil die junge Dame ständig laut lachte und ich begann nach meinen Kopfhörern fürs Handy oder meine iPod zu suchen. Nur schnell zu lauter Musik kommen.
Irgendwann musste ich dabei eingeschlafen sein und das Senken meiner Matratze weckte mich schlagartig.
„Du bist also Chris neue Zimmergenossin? Ich hab wenigsten das Glück mit meinen Freund in einem Zimmer zu wohnen. Kennen wir uns?“, fragte mich die Rothaarige.
Verschlafen schüttelte ich nur meinen Kopf.
He, warte mal sie hatte einen Freund und der sexy Ire hieß Chris.
Langsam setzte ich mich auf und fuhr mir durch meine viel kürzeren Haare, wobei ich mir ihre Mähne wünschte.
„Du hast einen Freund?“
„Ja, hat dir mein Bruder überhaupt nichts erzählt und sich nur von dir versorgen lassen. Tzz, typisch für den sturen Dickkopf. Ah, danke übrigens dafür“, meinte sie lächelnd.
Ihr Bruder. Der Tag konnte von nun an ja nur noch besser werden. Lächelnd unterhielten wir uns noch eine Stunde.
Nun wollte ich aber doch wissen, warum sie geglaubt hatte, dass wir uns kennen würden. Darauf meinte sie nur, dass sie jemanden kenne, dem ich auf Haar glich. Ich hoffte nur, dass sie meine leibliche Mutter nicht meinte, und antwortete ihr lächelnd, dass es schon ein komischer Zufall sei.
Schon bald darauf verabschiedete sie sich und rief mir beim Hinausgehen noch ihren Namen zu. Cassy. Sicher hieß sie eigentlich Cassandra, aber Cassy passte gut zu ihr.

-5-




Plötzlich klingelte mein Handy. Meine Mutter hat anscheinend etwas Wichtiges zu sagen ansonsten ruft sie ja nie an. Irgendwie traurig, wenn sie mir nicht täglich mindestens 30 Emails schreiben würde. Zum Telefon griff sie nur, wenn sie meine Hilfe benötigt.
Gleich beim Abheben hörte ich schon ihre Stimme. „Ich hab einen neuen Auftrag und keine Zeit. Du musst mir helfen. Bei dir sind doch einige Iren im Haus. Finde einen McKenzie und seine Schwester Cassandra. Er gehört zu der Tiger-Cooperation von der ich dir schon erzählt habe und sie ist ein neues Mitglied der Mystic Inn. Den Rest werden dir die beiden erzählen.“
Schon beim Klicken der toten Verbindung lief mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
Ich hörte wieder die Dusche und schlich mich aus dem Zimmer und in das von Chris. Ohne Licht untersuchte ich die Wände.
Nichts, aber irgendetwas war hier nicht normal. Es lag etwas Rauch in der Luft, aber ich hatte noch keine Zigarette oder Zigarre gesehen. Langsam suchte ich weiter und strich unbewusst über das Fensterbrett.
Ein Schock durchlief mich als ich auf Pulver und Ruß griff. Hat der Arzt nicht etwas von einer Eintrittswunde gesprochen und ich hab geglaubt, dass es eine Kante war und nicht ein Streifschuss oder schlimmeres.
Ich wusste nicht mehr, wie lange ich mit dem Fingern im Ruß dagestanden als Chris mich von hinten anredete.
Selbstverständlich wollte er wissen, was ich hier machte und was mir einfiel ohne zu fragen in sein Zimmer zu gehen. Seine Wut war schon mit den Händen zu greifen.
Doch es war mir egal, zum ersten Mal war mir die Meinung von jemanden völlig egal. Ich fragte nur, wer er wirklich sei? Darauf war er anscheinend nicht vorbereitet, denn er blieb lange still während ich in den Sonnenuntergang blickte.
Als ich mich umdrehte, spürte ich, dass er noch vorsichtiger wurde. Hier stimmte etwas wirklich nicht und ich fragte ihn nochmal, wer er sei? „Komm. Ich ruf Cassy zurück. Sie wird dir alles erzählen.“ So setzte ich mich erstmals auf die Couch und wartete.
Cassy lief schon fast ins Zimmer hinein und schaute dabei ihren Bruder böse an, doch dieser zuckte ruhig mit den Schultern und schüttelte seinen Kopf. Dabei ließ er mich keine Sekunde aus seinen bernsteinfarbenen Augen. Seine breiten Schultern spannten sich unter seinem Poloshirt und er versprühte Gefahr. Dennoch fühlte ich mich immer sicherer und war gespannt was Cassy mir erzählen würde.
Zuerst fragte sie mich, ob ihr Bruder mir etwas getan hätte, doch ich schüttelte nur verneinend den Kopf. Ich hätte ihn die Strafpredigt seiner Schwester gegönnt, doch waren mir Antworten jetzt wichtiger. Auch sie fragte ich, was hier los sei? … Wer sie sind? … Was sie wollen und warum sie hier sind?
„Na, gut. Wir sind auf der Flucht. In Irland hat man es auf unsere Familie abgesehen und deswegen sind wir nun hier.“ Doch genau das glaubte ich ihr nicht. Hier steckte mehr dahinter.
Dennoch ließ ich diese Erklärung vorerst im Raum stehen. Ich würde schon noch die Wahrheit erfahren und wenn ich die ganze Einheit meiner Mutter, die sie widerwillig angenommen hat, auf diesen Fall ansetzen musste. Dort hieß es auch, dass ich demnächst einer Einheit zugeteilt werden würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich das Kommando eines Unbekannten annehmen würde. Aber dieses Problem kam erst später an die Reihe.
Das einzige was ich jetzt noch wollte, war eine gehörige Portion Schlaf. Mit einem Okay und einem kurzen „Gute Nacht, ich bin müde“ ging ich in mein Zimmer und schloss ab.
Nach kurzem hörte ich Cassy das Zimmer verlassen und einige Flüche, die sich in die Richtung des zweiten Schlafzimmers entfernten. Langsam dämmerte ich ein.
Erneut schreckte mich das Senken meiner Matratze auf, wurde dies nun zur Gewohnheit.
Eine große Hand legte sich auf meinen Mund. Gleich darauf spürte ich nur noch einen Finger, der mich zur Ruhe rief.
Irgendetwas stimmte hier überhaupt nicht. Ich hörte leise Sohlen über den Fußboden streifen und verfluchte mich, dass ich immer noch in meinen Body steckte.
Die Matratze hob sich wieder und Chris, der mich geweckt hat, schlich sich zur Zimmertür um zu lauschen. Ich hörte wie er sich vermutlich genervt durch das Haar strich und stieg aus dem Bett.
So dunkel wie es war konnte ich problemlos meine Body abstreifen und in meinen Trainingsanzug steigen. Kurz darauf stand ich hinter Chris.
Wir hörten, dass jemand in seinem Zimmer war und ich spürte auch, dass er deswegen in Wut geriet. Doch wer immer er auch war, Wut vernebelte das Gehirn und ließ einen im entscheidenden Augenblick falsch handeln. Selbst ich hatte das schon binnen kurzen gelernt.
Schnell ging ich zu meinem Bett zurück und zog einen kleinen Koffer darunter hervor. Naja, man kann sich schon vorstellen was darin jetzt war. Natürlich meine Ausrüstung und einige Geschenke meiner leiblichen Mutter. Waffen, Schusswaffen, Dolche, Messer, Wurfsterne und natürlich Pulver und Munition.
Schnell schnallte ich mir einen Gürtel mit zwei Pistolen um und steckte noch einige Wurfsterne in die dafür vorgesehen Laschen. Mein Lieblingsmesser kam in die Gürtelscheide auf meinen Rücken und mit zwei weiteren Lederbänder mit Scheide schnallte ich noch meine Lieblingsdolche an meine Fesseln. Dabei lies mich Chris nicht aus den Augen und hörte weiterhin den Schritten zu.

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Zum Glück kannte ich unsere Räume schon sehr gut und wusste, dass ein Luftgitter mein Zimmer mit dem Bad verband. Schnell stieg ich auf meinen Schreibtisch und löste langsam die Gitterschrauben. Kein Ton entstand dabei und ich löste genauso leise das Gitter aus seiner Verankerung.
Chris stand bereits neben dem Tisch und nahm mir das große Metallstück ab. Geschmeidig und vorsichtig bewegte ich mich Richtung Bad. Nun wurde es knifflig. Auch hier war ein Gitter vorhanden und die Schrauben waren natürlich auf der anderen Seite angebracht. Doch dies war für mich kein Hindernis mehr. Als ich die letzte Schraube durch das Gitter zog und gleichzeitig diesem vorm Hinunterfallen bewahrte, lies ich mich auf meinen Knien nieder. Das Gitter drückte ich leicht ins Bad hinein und lies mich Kopfüber hinunter. Zum Glück war direkt unter mir das Waschbecken, wo ich das Gitter niederlegte.
Mit einem Fuß drückte ich mich nun von der Wand ab und sprang auf leisen Sohlen in die Badmitte. Beim Landen ging ich in die Hocke und zog meine Dolche. Leider hatte ich meine Messerhandschuhe nicht mitgenommen. Die wären jetzt wirklich praktisch gewesen und ein Geschenk meiner Mutter. Man nannte sie den Panther und ich sollte ihre Nachfolge antreten. Die Handschuhe waren ein Familienerbstück und jede Mutter gab ihrer Jüngsten eines der vier Handschuhpaare. Ein paar behielt sie sich und die anderen gehörten den beiden anderen Kindern. Durch eine Familientradition blieben die Handschuhe jedoch nur im Besitz der Frau mit drei Kindern, lauter Mädchen.
Weiter ging es nun an der Badezimmerwand entlang. Die Dolche passten hervorragend in meine Hände und waren gut austariert. Mit ihrer bläulichen Klinge blitzten sie bei keinem Lichteinfall auf und waren dennoch tödliche Waffen.
Vorsichtig zog ich die Tür zu mir und lugte durch den größer werdenden Spalt. Nichts und niemand war im Wohnzimmer. Doch in Chris Zimmer rumorte es immer lauter. Mir kam das immer verdächtiger vor als wollten sie und ins Zimmer locken oder zumindest Chris.
Gleichzeitig wie ich ging Chris aus meinem Zimmer hinaus und gemeinsam schlichen wir zu seinem hinüber. Dabei bemerkte ich eine Pistole in seiner Hand, die verdammt sicher dort lag.
„Wer war er nun wirklich?“, stellte ich mir erneut die Frage.
Gleichzeitig griffen wir zur Türklinke und schließlich drückte er die Tür auf und sprang nach hinten als ein Kugelhagel in seine Richtung pfiff. Ich ging mit dem Türschwung mit, der mich bis dahin verdeckt hatte und legte zum Schuss an. Mein Dolch flog wie ein Bumerang durchs Zimmer und ich hörte einige Stimmen aufstöhnen.
Der Überraschungsmoment war vorbei als ich meinen Dolch wieder in der Hand hielt und ich um die Ecke aus dem Zimmer sprang. Hinter mir schossen weitere Kugeln in die Mauer.
Fragende Augen schauten mir ins Gesicht als ich die Dolche weckstecke und zu meinen Pistolen griff. Mit einem kaum merkbaren Kopfschütteln verlegte ich das Gespräch auf später.
Ich wollte doch nur schlafen, war das so schwer zu verstehen. Während meiner Spezialausbildung war ich im öffentlichen Dienst und wollte jetzt meinen fehlenden Schlaf nachholen.
Einmal lies ich meine Pistolen in meinen Handflächen rotieren und entschärfte sie dabei. Kaum schlossen sich meine Finger wieder um die Griffe setzte ich zum Angriff an. Eine Dreivierteldrehung und ich stand wieder in der Tür während ich abwechselnd den Abzug drückte. Meine Schaldämpfer ließen keinen Ton entstehen und so ging ungehört ein Gegner nach den anderen tödlich getroffen zu Boden.
Nach fünf Schüssen schaute ich mich erstmals genauer um. Vier Tote hatte ich mit meinen Dolch gefordert, fünf jetzt. Doch aus Erzählungen meiner Mutter wusste ich, dass es noch mindestens einen hier geben musste.
Beim Knacken von Knochen drehte ich mich um und sah den letzten vor Chris zu Boden gehen. Genickbruch, die Kraft und das lautlose Geschick musste man mal haben.
Fast gleichzeitig mit diesem Gedanken läuteten zwei Handys. Schnell griffen wir zu unserem Handy und hebten ab. Ich wurde von meiner Mutter zum Rapport beordert während ein Aufräumteam hier sauber machen sollte. Zehn Tote sollten spurlos verschwinden.
So griff ich zu meinem Mantel und öffnete dem Säuberungsteam die Tür. Hinter mir nahm auch Chris seinen Mantel und folgte mir.
Vor dem Heim gingen trennten wir uns mit seinen Worten: „Das letzte Wort ist hierüber noch nicht gefallen.“ Mir war jeder andere Zeitpunkt recht, den seine Augen sprühten immer noch vor Mordlust und ich wünschte ihn mir nie als Gegner. Er war tödlich und vorsichtig, eben eine verdammt tödliche Kombination.
Mit einem Taxi für ich zum vereinbarten Treffpunkt. Dort wartete der Honda meiner Mutter. Schnell fuhr sie durch die Straßen von Wien zum Stützpunkt ihrer Einheit. Beim Eintreten hörte ich bereits das Gemurmel und zeitweise Wortfetzen über das Geschehen im Studentenheim. Die Leute waren wirklich auf Zack und ich wollte jetzt wissen, welche versteckten Kameras und Wanzen ich noch nicht gefunden hatte.
Vor meiner Abreise hatte ich zwei Plastiksäcke mit je 15kg verschrottetes Spionagematerial weggeworfen.
„Ah, unsere kleine Möchtegernagentin.“, begrüßte mich ihr Vorgesetzter. Ein schwieriger Mistkerl. Er war dick, untersetzt und hatte kaum Haare auf dem Kopf. Dennoch fühlte er sich wie Casanova persönlich, was mir keiner erklären konnte.
In meinen beiden Ausbildungswochen hatte ich erfahren, dass mein wirklicher Vater ein Spezialagent der Sonderklasse war, welcher bei einem Auftrag ums Leben kam. Dieser Einsatz wurde von dem Mistkerl vor mir angeordnet und geplant. Zeitgleich war meine Mutter im sechsten Monat mit mir schwanger. Alle drei Mädchen hatte sie mit dem gleichen Mann bekommen, doch aus einen mir unbekannten Grund war sie jetzt die Geliebte ihres Vorgesetzten und würde mich deswegen vor ihm nie verteidigen.
Ich spürte, mehr als dass ich es so, wie sie neben mir zusammenzuckte und fragte mich einmal mehr, warum sie ihn nicht auf den Mond schoss.
Meine Gedanken mussten sich auf meinem Gesicht wiedergespiegelt haben. Den ich bekam endlich meine langersehnte Antwort. Brutal klärte er mich auf:
„Der Tot deines Vaters war ein tragischer Unfall und deine Mutter hat sich für mich entschieden, weil ich der Einzige bin, der deine beiden Schwestern aus der Klemme helfen kann.“
Toll, wirklich toll. Noch dazu plusterte er sich dabei vor Stolz auf und streckte seinen Fettwanst hervor. Mit einem arroganten Blick forderte er mich dazu auf ihn weiter zu fragen, wohl damit er sich noch besser fühlen kann, weil er meiner Mutter aus der Patsche hilf. Doch leider blieb ich weiter stumm.
Seine Beleidigungen bekamen endlich einen Sinn. Ich und meine Schwestern waren ihn ein Dorn im Auge, weil wir meine Mutter an unseren Vater erinnerten.
Ich sollte seine blaugrauen Augen und sein technisches Verständnis geerbt haben. Meine älteste Schwester hat angeblich sein Aussehen geerbt und meine andere Schwester seinen Humor und seinen messerscharfen Verstand mit allen nautischen Kenntnissen. Ich hatte den intrigendurchblickenden Verstand meiner Mutter geerbt und schaute ihr auch extrem ähnlich. Ihre medizinisches Wissen hatte meine älteste Schwester geerbt und ihre zauberhafte Musikstimme meine andere Schwester.
Leider hatte ich noch keine von ihnen offiziell kennen gelernt, doch dazu später mehr.
„Wir haben hohen Besuch. Die Tiger Cooperation ist vor einer halben Stunde eingetroffen und will dich sehen, Pantherlein“, sprach er meine Mutter an.
Ich hasste es, wenn er sie so nennte. Sie war tödlich und ihr Name war ein Markenzeichen, das ich erben sollte. Doch seine Scherze verringerten den Ruf dieses Namens erheblich und ihren noch dazu. Irgendwann würde er mir dafür büsen müssen.
Schneller als ich ihn zugetraut hätte, dreht er sich um und ging los. Meine Mutter und ich folgten ihn, wobei ich mich fast hinter meiner Mutter aufhielt. Er hasste nichts mehr, als wenn ich mitkam und ich wollte nie den Grund dafür erfahren. Es wär mich sicher nur unangenehm und peinlich.
Wie gewohnt ging ich durch die Nebentür als er in ein Zimmer trat und meine Mutter folgte ihm. Ich kannte die Gebäudeart schon, obwohl ich noch nie hier war. Denn jedes Haus unserer Einheit hatte den gleichen Grundriss und war identisch eingerichtet.
Schnell stieg ich über den Schreibtisch weiter auf einen Kasten und sprang von dort auf den ersten Deckenbalken. Wie ein Affe sprang und hangelte ich mich immer höher bis ich durch ein Loch ins Nebenzimmer krabbelte.
Dort lehnte ich mich gegen die Wand. Da das Loch mir bis zum halben Rücken nur reichte, war es einigermaßen angenehm. Von hier hörte ich dem Gespräch unter mir zu.
„Mein bester Krieger ist unter euren Schutz angegriffen worden. Ihr habt mir versprochen, dass er sich hier erholen könne.“
Erholen, mein Wunsch der wohl niemals in Erfüllung gehen würde.
Wer hier wohl so schrie? Der Mistkerl meiner Mutter versuchte ihn zu beruhigen, doch der Mann, welcher vorher gesprochen hatte, brüllte weiter.
„Wenn ihr keinen besseren als einen Anfänger auf ihn ansetzten könnte, bring ich ihn woanders unter.“
Von wem sprachen die dort unten. Leicht lehnte ich mich vor um alles besser verstehen zu können. Eine leise Stimme versuchte den brüllenden Mann zu besänftigen, doch auch diese blieb ungehört.
Ein Faust krachte auf den Schreibtisch unten und meine Mutter versuchte nun ihr Glück. Doch auch ihre Worte blieben ungehört und schließlich brüllte dieser Kerl sie auch noch an. Ich spürte wie eine Hitze sich in mir breit machte und ich mich in eine verzehrende Wut steigerte.
„Mein bester Krieger, verletzt unter eurer Aufsicht. Seid ihr Agenten oder Schlafmützen. Selbst der berüchtigte Panther hat nichts mitbekommen. Hast du Schlampe an Schlagkraft verloren als dein Mann verstorben ist oder ist dir nun alles egal. Es heißt du wärst zur Gespielin geworden und längst aus dem aktiven Dienst ausgestiegen. Warum? Um deine Töchter zu schützen.
Deine älteste ist mit einem meiner Männer in Sibirien verheiratet und deine Mittlere mit einem meiner Leute in Alaska. Keiner würde es auch nur in Erwägung ziehen ihnen einen schiefen Blick zu schenken, denn dies wäre ihr Todesurteil. Was ist also wirklich passiert?“
Bei dem Wort Schlampe verkrampfte ich mich. Doch der Rest weckte meine Neugierde und ich blieb ruhig sitzen.
„Ich weiß über das Schicksal meiner beiden Älteren Bescheid, doch noch ist die Ausbildung meiner Jüngsten nicht beendet und ihre Sicherheit nicht garantiert.
Du warst der beste Freund meines Mannes und wirst mich deswegen wohl nicht verstehen. Ich kann nicht anders.“ Dabei rieb sie sich über die Arme.
Eine Hand packte ihre Hände und zog sie ins Licht. Nachdem dieselbe Hand ihre Ärmel abriss, sah ich zum ersten Mal die Einstichstellen an ihren Armen. Sie war süchtig, ihr Mistkerl von Vorgesetzter hat sie süchtig gemacht und deswegen musste sie vom aktiven Dienst zurücktreten. Es wäre ansonsten zu gefährlich für sie geworden. Dies erklärte auch endlich ihre Abhängigkeit von ihren Vorgesetzten.
Genau dies sprach der Fremde nun zornig aus. Mit gesenktem Kopf stand meine Mutter vor ihm und ihr Vorgesetzter wollte eingreifen. Beschwichtigend redete er auf den Fremden ein und griff gleichzeitig zum Schreibtisch. Keiner bemerkte diese Bewegung.
Ich wusste jedoch, dass dort eine Pistole versteckt war und meine Mutter entweder das Ziel war oder in der Schusslinie stand. Beides würde ihren Tod bedeuten.
Als die Lade langsam aufgezogen wurde, zog ich meine Pistole aus dem Halfter und entsicherte sie. Gleichzeitig mit dem Entsicherungsknacken der anderen Pistole unter mir schossen einige Köpfe in Richtung des Vorgesetzten und eine spürbare Spannung lag in der Luft.
Währenddessen rollte ich mich vom Balken und flog dem Boden entgegen. Während einer Drehung zielte ich auf dem Mistkerl unter mir als dieser auf meine Mutter anlegte und drückte ab. Beim Landen bemerkte ich wie aus dem Loch in seiner Stirn das Blut floss. Einige erstaunte Blicke musterten mich als ich auf meine Mutter zuging.
Ich wollte keine Antworten und Erklärungen mehr, ich wollte sie nur noch auf eine Entziehungskur schicken, ihre Bankkonten würden für ihre Anonymität aufkommen müssen.
Hinter mir ertönte ein erstaunter Ausruf und ich erkannte dies Stimme wieder. Doch diese Erkenntnis konnte mich jetzt nicht mehr aufhalten.
Mit einem gezielten Schlag schaltete ich den Fremden vor meiner Mutter aus, warf sie mir über die Schultern und Sprang über die Deckenbalken zur Dachlucke. Das Zimmer wurde immer für Besuche genommen, weil die Dachlucke leicht erreichbar war.
Hinter mir hörte ich nur erstauntes Rufen und Raunen und über mir die Rotorenblätter eines Helikopters.

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Auf eines konnte ich mich immer verlassen, meine neuen Freundinnen, waren immer für mich da. Ich hatte sie kennen gelernt ohne dass meine Mutter davon wusste.
Im Laufe der letzten Ausbildungswoche sind wir zu besten Freundinnen geworden und ich hab erfahren, dass die beiden meine leiblichen Schwestern waren. Freundinnen und Schwestern wie im Bilderbuch und darüber freu ich mich noch heute am meisten.
Roxanna „Roxy“ McKenzie lebte mit ihren Mann in Sibirien und war, wie ich erschrocken feststellte, schwanger. Ihre dunkle Haut, ihr schwarzes Haar und ihre zierliche, kleine Gestalt erinnerte mich immer an Esmeralda in „Der Glöckner von Notre Dame“. Auch ihr Wissen über Heilkräuter und Gegengifte lies mich immer vor Respekt zurücktreten und hatte ihren den Spitznamen Hexe eingebracht.
Elisabeth „Lizzy“ McIntosh lebte mit ihren Ehepartner in Alaska und strahlte eine nordische Schönheit aus. Sie war gut eine Handbreit kleiner als ich, dafür hatte sie honigfarbenes, langes Haar und eine Stimme, welcher man nur träumerisch zuhören konnte. Ich glaub sogar, dass sie alleine mit einem Song einen Kampf zum versiegen bringen konnte. Zumindest Wut und Zorn beschwichtigen und Angst wegsingen und diese Fähigkeit brachte ihr einen hohen Beliebtheitsgrad ein.
Neben den beiden stolzen, zufriedenen Frauen kam ich mir immer klein und schwach vor. Doch beide meinen, dass ich mich noch über sie hinwegheben werde sobald der Richtige in mein Leben getreten wäre. Wer soll das schon glauben, doch es war lieb gemeint.
Schnell löste ich Roxy ab und flog die Maschine selber weg.
Vor zwei Tagen hatten sie mir etwas von einem Trainingscamp in den Bergen Montanas erzählt. Irgendwo in der dortigen Wildnis versteckt, konnten junge Kriegerinnen ihr Training vervollständigen und zu tödlichen Kampfmaschinen werden. Nebenbei wurde auch das Pflichtfach „Wann setze ich meine Kräfte ein und warum?“ unterrichtet, welches sich langweilig anhört, aber sehr wichtig war.
Wir sollten nicht nur Selbstverteidigung lernen sondern zu töten und mit dem Tod spielt man nicht leichtfertig. So soll es auch regelmäßig vorkommen, dass Kriegerinnen vom Training suspendiert wurden, weil sie in diesem speziellen Fach zu wenig wussten oder es nicht ernst nahmen.
Es gab auch Fächer wie Geografie und Geologie, Geschichte war eher ein Nebenfach, Politik (beinhaltet: politische Kriege und Wirrnisse, Intrigen und Spionagefälle), Ballett und Tanz (um alle beweglich und geschmeidig zu halten) und zuletzt Tierkunde. Wir sollten mit den Wölfen laufen, den Delphinen schwimmen, mit den Rehen um die Wette springen, mit den Affen klettern und gegen Bären und Tiger kämpfen. Reiten, besonders Stuntreiten, gehörte auch zu unserer dortigen Ausbildung.
Alles in allen mussten wir jederzeit und mit jeder Hilfe kämpfen und arbeiten können.
Regelmäßig mussten Schülerinnen Broncos zureiten und viele brachen sich dabei die Knochen und einige wurden sogar dabei von wild um sich schlagenden Hufen getötet.
Die Broncos waren ja nicht gewöhnliche, ungezähmte Wildpferde, welche in maximal einer Stunde zugeritten werden mussten. Die gefährlichsten Zuchttiere wurden von der Weide und in die Deckstation gebracht. Dabei war ein schwarzer Araberhengst besonders beliebt. Er war fünfzehn und noch nicht gezähmt, dafür hatte er schon zwanzig Mädchen in den Rollstuhl, drei aus dem Training und fünf ins Grab befördert.
Wenn ich in meinen Brief richtig gelesen habe, wurde ich dieses Jahr das Vergnügen mit ihm haben. Na dann, Petri Heil. Außerdem wurde ich den Panthern zugeordnet, weil sie schon fast zu meiner Familie gehörten. Meine Mutter hieß ja als Agentin Panther und ich sollte ihren Platz einnehmen, weil ich jetzt schon stärker, schneller und gewiefter war als die erfahrene Roxy oder die gut ausgebildete Lizzy.
Dieses Wissen hat mich anfänglich sehr verschreckt, weil ich ja nur zwei Wochen Ausbildung genossen hatte, aber ich habe mich genauso schnell daran gewöhnt. Meine Mutter war ein Sonderfall im Militärdienst und ich sollte in ihre Fußstapfen treten.
„Hier. Da sind schon die Berge von Montana.“, rief Lizzy und freute sich, weil sie mit den nächsten Linienflug nach Alaska verschwinden würde. Man konnte die Sehnsucht nach ihren Mann schon förmlich mit den Fingern greifen.
Roxy lächelte nur, lehnte sich in ihren Sitz zurück und strich über ihren leicht gewölbten Bauch. „Dann kann ich auch bald nach Sibirien verschwinden und Mutter nehme ich auch gleich mit. Du, meine Kleine, wirst hier alles lernen, was du wissen musst. Unsere Patientin würde dich dabei nur stören.“
Verwundert schaute ich kurz zu ihr, in ihren Augen spiegelte die gleiche Sehnsucht, die Lizzys Stimme rau gefärbt hatte.
Versteht mich nicht falsch, ich freu mich für meine Schwestern, wirklich. Doch hätte ich gerne das gleiche Glück schon für mich.
So blieb mir nichts anderes als zuzustimmen, aber der Helikopter sollte bei mir bleiben. Roxy musste schön brav einen Linienflug nach Hause nehmen und sich in ihrer momentanen Verfassung nicht zu sehr anstrengen. Immerhin konnte man die Schwangerschaft schon sehen und ohne eine Co-Piloten war dann ein Flug alleine nur doppelter Selbstmord. Alle waren damit einverstanden und Roxy beschwerte sich nicht einmal.
So kam es, dass nach den Landen Lizzy, Roxy und meine Mutter mit einem Geländewagen vom Camp zum nächsten Flughafen chauffiert wurden und für einige Zeit aus meinem Leben verschwanden.
Hier waren Handys nämlich unnötig, weil es keinen Empfang gab. Stromgeneratoren leisteten nur genug Strom für die gesamte Anlage, was schon erstaunlich, wegen der Größe, war. Doch dadurch waren Laptops auch aus den Rennen.
Vor ihrer Abfahrt hat mit Lizzy noch versichert, dass sie sich um mein Studium kümmerte und meine Sachen aus den Heim holte während Roxy meine Adoptiveltern aufklären sollte. Zwar wollte ich Letzeres selber machen, doch vielleicht war es so einfacher für alle Beteiligten. Ich konnte es mir nicht vorstellen.

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Nun stand ich hier im Camp, ohne Sachen, ohne Geld und kannte niemanden. Mit dem Helikopterschlüssel in der Hand ging ich zum Büro der „Direktorin“, welche sich als Eunuch herausstellte.
Niemand wollte Geld für ein neues Namenschild ausgeben, weil jeder Cent für Trainingsmaterial benötigt wurde. Es gab sicher über tausend Boxsäcke, einige hundert Laufbänder, zwanzig Trainingsparcours à 20ha, zehn Schwimmbecken in Hallenbadgröße mit Sprungbrettern zwischen drei und fünfzig Metern.
Mir wurde von den letzten Brettern schon vom hinsehen schwindelig. Ich hatte so nebenbei Höhenangst, aber nicht Flugangst. Egal wie hoch eine Maschine mit mir flog, es war mir egal, aber ich durfte nirgendwo hinaufklettern was nur annähernd drei Meter erreichen könnte. Doch diese Angst hatte ich mittlerweile schon im Griff, wenn nicht sogar überwunden.
Mr. Tanner gab mir meinen Stundenplan und teilte mich einer Trainingseinheit zu. Dies sollte nun mein neues Leben werden.


Einsatz im Kampfgebiet – Das neue Camp


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11 Monate später


Mein Training hier ist schwer und mühsam, aber es lohnt sich.
Anfangs kroch ich mehr am Boden aus purer Erschöpfung, doch nach fast einem Jahr hatte ich meine Ausdauer und Kondition soweit, dass ich mithalten konnte.
Zwar machte ich mir einige Feindinnen und keine einzige Freundin, doch blieb ich gegen meinen Erwartungen in stetigen Kontakt mit meinen Schwestern.
Meine Mutter hatte sich eine Überdosis verabreicht und weilt seit einem halben Jahr nicht mehr unter uns. Vielleicht wollte ich deswegen so schnell wie möglich meinen ersten Einsatz absolvieren. Um meine Umgebung verändern zu können.
Lizzy hatte mir einen Studienabschluss nach meinen Wünschen besorgt und Roxy hatte meine Adoptiveltern einfühlsam aufgeklärt, doch ich durfte sie jetzt nie wieder sehen. Es wäre zu gefährlich für alle geworden. Sie konnten sich selber nicht verteidigen und ich würde mir noch gefährlichere Gegner als im Camp machen.
Alle hier waren gegen mich, weil ich aus einer bekannten, angesehenen Familie kam und einen guten Ruf geerbt hatte, der nur leichte Kratzer bekommen hatte. Wegen den Mistkerl von Vorgesetzten und Geliebten meiner Mutter und ihren Selbstmord. Ich trauerte fast ein Monat um sie, doch war meine Beziehung zu ihr nicht eng genug, dass ich länger trauern konnte.
Inzwischen wurde ich Tante eines herzigen Jungen, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war. Roxy strahlte vor Stolz in den Foto auf welchem sie mit ihren Mann und Sohn abgebildet war.
Hier erhielt ich ja nur die Post, weil ansonsten nichts funktioniert.
Lizzy schrieb mir, dass sie nächsten Sommer mit Zwillingen niederkommen würde und in fünf Jahren sollte ich beide wieder treffen. Darauf freute ich mich jetzt schon.
„Mädchen, MÄDCHEN, MÄÄÄÄDDDCHENNNNN“ Immer lauter schrie Mr. Tanner nach uns. „Alle HIER her, aber flott.“
Schnell versammelten alle Mädchen im Camp, einschließlich mir um einen leicht nervösen Mr. Tanner.
Er wusste, dass wir stärker waren als er und wir wussten es auch. Daran litt sein Ego wohl am meisten, weswegen er uns auch immer herumkommandierte. Deshalb musste ich mir immer bei seinem Anblick ein Lachen verkneifen, obwohl ich seit meinem ersten Tag hier eine Außenseiterin war.
„Kinder, hört mal alle zu.“
Wie ich dieses Wort hasste, wir waren alle volljährig und er behandelte uns wie Kindergartenkinder. Geschmeidig löste ich mich aus der letzten Reihe und drückte mich vom Boden ab. Genauso lautlos, wie ich mittlerweile gehen und laufen konnte, landete ich auf den untersten Ast einer Buche und lehnte mich gegen den Stamm. Irgendwann während seines Vortrages würde ich mich hinsetzen, doch bis dahin genoss ich den kühlen Westwind im Gesicht und um meinen Bauchnabel. Ein angenehmes Gefühl.
Ich bestand nur noch aus Muskeln und Sehnen. Kein Gramm Fett mehr, alles war stramm und stahlhart. Nach einem Jahr war ich die stärkste, schnellst, mutigste und gerissendste, was mich noch mehr zum Außenseiter machte. Doch es war mir egal, ich hatte meine Familie, meine Schwestern, welche gleichzeitig besten Freundinnen. Mehr wollte ich nicht, naja, außer einen Freund vielleicht, doch das würde sich auch noch geben.
Mr. Tanners Stimme begann sich bei jedem Wort hochzuschrauben. Er hatte uns inzwischen von unseren benötigten Leistungen für unseren nächsten Trainingsabschnitt in Kenntnis gesetzt und sprach trotzdem noch weiter.
„Kinder, es tut mir Leid euch mitteilen zu müssen, dass unser Camp geschlossen werden muss. Hier wird eine Stadt mit Einkaufscenter und allen möglichen in den nächsten Jahren errichtet.
Sämtliche militärischen Einrichtungen haben weiters beschlossen, dass sie sich nicht weiterhin zwei Camps für ihren Nachwuchs leisten wollen. Somit werden wir zu den Jungs nach Orange County in Kalifornien umziehen.
Es wird von euch äußerste Disziplin und Ruhe gefordert. Keine Orgien oder auch nur Seitenblicke. Kein Kuss, kein Bussi“, womit er eine Lachsalve auslöste, „nicht einmal ein kurzer Gedanke an irgendeine mögliche Handlung mit dem anderen Geschlecht. Ihr werdet vorbildlich und musterhaftest Benehmen zeigen. Haben wir uns verstanden?“
Ein einstimmiges Ja ertönte während ich mich gähnend zurück lehnte. Unser Mr. Tanner war schon ein Komiker für sich.
Er trauerte immer noch seiner verlorenen Männlichkeit hinterher und gönnte uns keinen einzigen vergnüglichen Moment.
Eine Granate hatte ihn vor zwanzig Jahren getroffen und sein bestes Stück weggesprengt. Die Sanitäter hatten wahre Wunder bewirkt um ihn zu retten, weil er stark geblutet hatte und erst nach einigen Minuten ausgegraben werden konnte.
Zu allem Überfluss stürzte nämlich der Unterstand über ihn zusammen. Ein Pfeiler bohrte sich zusätzlich noch durch seinen Oberschenkel und zerstörte zahlreichen Bänder und Sehnen neben Muskelgewebe. Seitdem hinkte der gute Mann leicht und wollte nicht einmal ein gewispertes Wort im Wind über Sex hören. Es war schon komisch anzusehen, wie er dieses Thema immer im Keim abwürgte.
Einmal hatten wir eine Lehrerin, die sich ihn in verliebt hatte und versuchte ihn zu erregen, doch ohne seinen besten Kameraden ging das nun eben nicht.
Daraufhin glaubte Mr. Tanner, dass sie ihn verarschen wollte und kündigte sie. Seitdem war er noch bissiger geworden.
Was soll‘s, nun hieß es packen. Vielleicht war in Kalifornien ja wieder ein Handyempfang möglich.
Ich wartete bis der Platz unter mir leer war und erhielt deswegen noch einen vorwurfvollen Blick von unserem Direktor. Trotzdem blieb ich seelenruhig sitzen und genoss die letzten Sonnenstrahlen des Tages in meinen Gesicht.
Einige Mädchen kreischten schon vor Aufregung und wurden streng ermahnt oder sogar mit einem Verweis bestraft. Ich vermute, dass es am Abend schon die ersten Strafen geben würde. Mr. Tanner wollte musterhafte Kinder ohne sexuelle Wünsche nach Kalifornien bringen, wie er sich das nur vorstellen kann.
Einige der Mädchen waren schon drei Jahre hier und hatten vorher einen Freund. Diese und zahlreiche andere waren einfach ausgehungert und würden selbst mit unserem Direktor schlafen, wenn es nur irgendwie möglich wäre.
Ein kleines teuflisches Lächeln schlich sich in mein Gesicht und blieb bis zur Dämmerung dort. Ich freute mich, dass ich zur Abwechslung einmal nicht der Sündenbock sein würde sondern andere.
Als die Temperatur sank, stieg ich von meinen Ast und sprang auf den Boden. In leichter Hockstellung landete ich und lief zu meinem Zimmer, oh Wunder, ein Einzelzimmer. Eigentlich ein umgewandelter Besenschrank, aber es genügte mir, weil ich die meiste Zeit draußen unterwegs war.
Was ihr noch über bisherige wissen solltet. Ich habe den schwarzen Araberhengst 'gebändigt'. Nun lässt er nur mich auf seinen Rücken.
Auch die Panther wurden meine Freunde und so zog ich nicht einmal mit meinen Hengst und einigen Raubkatzen durch die Weidegründe in Montana.
Manchmal blieb ich für eine Woche dem Camp fern und wurde deswegen bestraft. Doch es war mir egal, mit meinen tierischen Freunden fühlte ich mich wohl und frei. Im Camp war ich einsam und gefangen.
Das Trainingsareal war zwar riesig, doch ich hatte ja keine Freunde außer den Tieren. Diese sollten nun mit ins neue Camp nach Orange City kommen. Irgendwo dort, im Bundesstaat Kalifornien, war ein Gelände, groß genug für zwei Campgruppen, Trainingsplätzen und Trainingszubehör sowie allen menschlichen und tierischen Lebewesen. Ich konnte es mir nur noch nicht vorstellen.

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Beim Packen hörte ich nur einige Stimmen „Hollywood, ich komme“ schreien und war schon bald genervt. Wie kann man sich nur einbilden, dass wir in Hollywood trainieren würden. Das war doch lächerlich. Da wäre schon Anaheim glaubwürdiger.
Schnell hatte ich alles in einen alten Militärrucksack verstaut und wartete auf unsere Abreise. Wir sollten noch heute losfliegen.
In Hollywood war gerade irgendeine große Gala und zahlreiche Prominente würden mit Flugzeugen und Helikopter, alles natürlich in Privatbesitz, anreisen. Deswegen würden unsere Maschinen nicht auffallen, wenn wir zu unserer neuen Unterkunft losfliegen würden.
Langsam schnappte ich meinen Rucksack und ging zu einem Jet. Ich sollte einige Pferde hinüberfliegen sowie Trainingsmaterial.
Die jüngeren saßen morgen in Linienflieger. Der Rest transportierte Tiere und Güter. Zuletzt wurde nur das alte Herrenhaus und der Internatskomplex auf ein Leben hier in der Wildnis erzählen. Der Stall wurde morgen gesprengt werden, dass es wie eine alte Ruine aussehen würde. Den Plänen der Reichen und Mächtigen stand hier nun nichts mehr im Weg. Auf in neue Gefilde und neue Abenteuer.
Nach dem Landen luden alle Angekommenen alles aus. Zuerst brachten wir die Tiere in ihre neuen Unterkünfte, welche sich genauso wie unsere, unter der Erde befanden.
So also konnten sie uns allen genug Platz zur Verfügung stellen. Ein Trainingsareal von der Größe von halb Kalifornien stand uns zur Verfügung.
Täglich sollten wir die Pferde an die Oberfläche bringen, doch auch darunter war ausreichend Sauerstoff zur Verfügung. Die Raubkatzen wurden mit den hiesigen zusammengewohnt, was uns zahlreiche Kratzer einbringen und noch viel Zeit kosten würde.
Unser Trainingsmaterial wurde teilweise den hiesigen Schulen preiswert angeboten. Der Rest ersetzte das hiesige Material, welches ebenfalls zum Verkauf freigegeben wurde.
Eine Woche nach unserer Ankunft kam die lang erwartete Anrede. Der Direktor des Jungencamp brachte mich fast zum Lachen.
Kennt ihr Prof. Flidwick (so irgendwie wird der sicher geschrieben), aus Harry Potter. Genauso müsst ihr in euch denken. Dieser kleine Mann mit einer Piepsstimme stand nun am Podium neben unseren Direktor, welcher das genaue Gegenteil war.
Doch wir alle hatten Disziplin gelernt und so verzogen wir keine Mine. Heute war die Anrede für alle Mädchen und morgen für die Jungs. Warum? Das sollten wir in einem Brief erfahren, welcher bereits auf unseren Zimmern war.
„Also Mädchen“, begann Mr. Meier zu fiepsen, „Willkommen im Trainingscamp Orange City. Wie ihr bereits bemerkt haben, hat unser Camp ein Ausmaß von halb Kalifornien.
Wir mussten vor eurer Ankunft noch einmal erweitern. Die Gründe erfährt ihr in euren Briefen. Falls ihr Fragen hab, wendet euch bitte an Mr. Tanner oder mich. Noch Fragen?“
Er ließ uns keine Zeit zum Nachdenken und Mr. Tanner schickte uns auf unsere Zimmer zurück. Ich glaube, dass beide Direktoren mit der Situation überfordert waren. Beide waren erfolgreiche Kämpfer und weltweit hatten sie fast überall mitgemischt. Jedoch ein gemischtes Camp war zu viel für sie. Ironie des Schicksals, auch sie hatten ihre Grenzen und anscheinend diese gerade erreicht.
Auch hier hatte ich mir ein Einzelzimmer geschnappt, was keinen störte, denn es war nicht größer als mein altes Zimmer. Die anderen Mädchen schliefen in großen Schlafsälen mit Bewegungsmöglichkeiten.
Ich brauchte nur die Tür auf zu machen und sah nur mein Bett. Darunter stand meine Reisetasche mit meiner Wäsche. Darüber waren drei Regale angebracht, auf welchen ich bereits meine Waffen untergebracht hatte.
Gestern musste ich noch Stahlträger montieren, damit mir das Holz unter dem zusätzlichen Gewicht nicht nachgeben konnte. Auf dem Bett lag ein Brief, welcher … ach du heilige Sch**** … dreißig Blätter, die sind doch verrückt. Na dann mal los.

Willkommen

… blablabla … Informationen über das Camp

… blablabla … Wissenswerte zum Einsatz

… blablabla … Regeln



Das war schon interessanter. Was kommt noch.
Mit einem Rascheln überflog ich die anderen Blätter. Oh mein GOTT. Stöhnend schlug ich wieder zu der Stelle zurück, wo ich aufgehört hatte.
Die restlichen zwanzig Blätter waren nur Regeln, hunderte von Regeln, wer konnte sich das schon merken?

1. Bleiben sie in ihren zugeteilten Bereich (siehe Planskizze)


– Diese war A0 groß und musste mit einer Lupe gelesen werden

2. Beachten sie ihre Essens- und Duschzeiten (siehe Zeitplaner)


– auch beigelegt

3. Das andere Geschlecht ist tabu.
4. Beginnen sie kein Gespräch mit dem anderen Geschlecht oder führen sie nie eines weiter
5. Beachten sie keine Reaktion des anderen Geschlechts oder machen sie dieses nie auf sich aufmerksam.
6. Falls sie zufällig das andere Geschlecht bemerken, ändern sie sofort ihre Richtung und gehen woanders hin.


Usw. und sofort

80. Küssen Sie niemals das Geschlecht, denn es ist auch verboten.
789. Wenn sie alle Regeln beachten kann ihnen nichts passieren.
790. Falls sie schwanger werden oder ihre Partnerin werden, haben sie alle Regeln nicht befolgt und dürfen sich bei uns nicht beschweren oder aufregen.
791. Falls ein Verstoß nach Regelnummer 790 auftritt, werden sie vom Camp suspendiert und haben ihre Karriere ruiniert.



Weiter ersuchen sie uns in dem Brief uns alle Regeln zu merken und es wäre kein Fehler, dass mehrere Regeln um die zwanzig Mal wiederholt worden sind.
Falls wir nun mit dem Brief fertig wären, sollte dieser verbrannt werden. Nur die Pläne sollten in Verwahrsam bleiben.
Wer ein Regelbuch benötige solle sich umgehen bei einem der Direktoren oder den Campärzten melden.

Na toll, jetzt noch einmal von mir zusammengefasst. Jungs sind tabu sowie jedes andere Person aus dem männlichen Geschlecht. Verhältnisse mit unseren Lehrern wurden bestraft genauso wie Verhältnisse mit Mitschülern.
Als Strafe gab es nur eine Suspendierung, welche durch unsere Schuld verursacht wurde, nicht weil wir sicher monatelang enthaltsam in einem gemischten Camp verbringen würden.
Großartig. Willkommen im Irrenhaus und in einer Strafanstalt.
Noch dazu war Regel 500 und noch irgendetwas:

Ohne Erlaubnis von einem Direktor dürfen sie das Camp nicht verlassen.



Doch ich wäre nicht die Tochter meiner Mutter, wenn ich nicht eine Lösung für dieses Problem finden würde. Mit Regeln gegen eine Beziehung kam ich klar, aber mein Freiraum durfte von nichts und niemanden beschnitten werden.
Zwar musste ich deswegen meinen Hengst und meine Kätzchen zurücklassen, doch dafür würde ich endlich etwas von der Welt sehen und mitbekommen.
Daraufhin verbrannte ich den Brief, steckte mir die beiden Pläne in die Hosentasche. Sie wurden ja doch nicht lange überleben. Und dachte mir beim Einschlafen einen Plan aus. Ich würde irgendwie unbemerkt an die Oberfläche kommen. Ich hatte ja Zeit.
Beim Aufwachen war mein Plan fertig. Schnell unterschrieb ich noch das beiliegende Formular, dass ich jetzt volljährig wäre.
Hier hieß Volljährigkeit, das gesetzliche Mindestalter erreichen und keine Eltern oder anderen Erziehungsberechtigen zu haben. Da meine Schwestern dies abgelehnt hatten, war ich jetzt auf mich alleine gestellt. Zum Glück.
Es wäre furchtbar gewesen, abzuwarten bis eine oder beide starben um hier volljährig zu werden. Einige von den anderen Mädchen waren dreißig und andere im aktiven Dienst waren noch älter und waren noch nicht volljährig, weil ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten noch lebten. Grauenhaft.
Könnt ihr euch das vorstellen, 30, 40, 50 oder älter zu sein und nichts alleine entscheiden zu können was ihr machen werdet oder machen dürft.
Da hatte ich noch Glück im Unglück gehabt. Der Tod meiner Mutter war tragisch und unnötig, aber diese Regel war bescheuert.
Rasch war ich in meinen Trainingsklamotten und brachte das Formular zu Mr. Tanner, welcher alles auf seine Richtigkeit überprüfen lassen musste.
Irgendwo gab es eine Zentrale, wo hunderte von Agenten nur Formulare dieser Art überprüften. Sie hatten die gleiche Ausbildung, wie wir sie hier bekamen, doch nicht die Fähigkeit um in den aktiven Dienst zu wechseln.
Schrecklich oder? Zuerst abplagen und dann Akten schlichten. Ich hoffe nur, dass mir dies nie passieren würde. Jedoch waren einige damit sogar sehr zufrieden, wenn nicht sogar glücklich.
Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln, doch vielleicht war ich noch zu jung um diese Wahl zu verstehen.
Nach einem kurzen Gespräch mit Mr. Tanner, welches um einen möglichen Ausbruchversuch meinerseits ging, verließ ich sein Büro und versicherte ihn mit einem strahlenden Lächeln noch einmal, dass so etwas nie passieren würde.
Zumindest eine Kriegerin musste ja mit gutem Beispiel voran gehen. Dabei lächelte er mich nur an und glaubte mir mit Sicherheit kein Wort. Was soll’s. Er würde mir sowieso alle Mädchen auf den Hals hetzen.
Ich musste hier schon selber durch. Zuerst einmal trainieren.
Beim Laufen zog ich die Kopfhörer von meinen mp3-Player heraus und joggte zum Trainingsplatz.
Heute wollte ich mindestens 30km laufen, davon ca. 5 sprinten. Danach Weitsprünge und Hochsprünge üben. Geplant waren 10m weit und genauso viel hoch und das ohne Hilfsmittel. Danach vielleicht noch 5km schwimmen und drei bis viermal vom 10m Brett springen. Danach schnell Mittagessen und das Programm noch einmal wiederholen.
Gesagt getan, nur das Nachmittagprogramm änderte ich. Drei Stunden Stuntreiten waren mir da schon lieber.
Aus der Ferne hörte ich die Jungs lachen und wünschte mir einer von ihnen zu sein. Bei ihnen war es egal wie einer aussah oder sie verhielt, solange er seine Kameraden nicht verpfiff oder im Stich ließ.
Bei den Mädels war ein Zickenkrieg Alltag und mir wurde nur beim Gedanken auf ein gemeinsames Abendessen schlecht, doch ich brauchte meine Kalorien und durfte deswegen kein Essen verpassen.

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Drei Monate zogen ins Land und mein Leben bestand nur noch aus Training, Training und noch mehr Training.
Mein Körper ging wie eine Maschine. Strecken, dehnen, ausgreifen. Schneller, weiter, höher.
Auch der Theorieunterricht ging mir locker von der Hand, was meinen Mitschülerinnen sehr auf die Nerven ging. So wurde ich noch einsilbiger und zog mich noch mehr zu den Tieren zurück.
Eines Abends fand ich in einer Hosentasche die zerknitterten Pläne wieder und mein Ausbruchplan kam mir wieder in Erinnerung. Sofort schöpfte ich wieder Lebensmut, ich konnte und würde von hier verschwinden. Auch wenn es nur für einige Stunden ohne meine tierischen Freunde war und mit den Konsequenzen konnte ich leben, wie mit allen Strafen vorher auch.
Das ganze Lehrerkollegium wusste, dass sie mich nicht treffen konnten. Mit keiner Strafmaßnahme, die sie anwenden durften und ich wusste es natürlich auch.
Also bereitete ich mich für den Ausbruch vor. Gepäck wollte ich keines mitnehmen, denn dieses würde nur hinderlich sein.
Also zog ich meinen schwarzen Kampfanzug an, eine schwarze Hose und ein schwarzes Top mit passenden Schaftstiefeln, ebenfalls in schwarz. In die Stiefel steckte ich meine zwei Dolche. Der Gürtel, na den kennt ihr ja auch schon, der musste für mein Messer und die passenden Wurfsterne herreichen. Zuletzt band ich mir die Haare noch zusammen, damit ich immer freie Sicht hatte.
Kaum hatte ich leise meine Zimmertür ins Schloss gleiten lassen, lief ich schon los. Hier und da standen ein paar Wachen, meistens Lehrer eines Camps. Zweimal sah ich auch Mr. Tanner. Doch mein Ziel war die Oberfläche. Gegen Mitternacht sprang ich auf einen Baum.
Fragt mich aber nicht, wie sie es geschafft haben, dass unter der Erde genauso aussah wie darüber. Mir war egal wie sie Sauerstoff, fruchtbare Schwarzerde und vieles andere mehr hierher gebracht hatten. Es gab Bäume, Weiden, Flüsse und alles was man sich nur für ein Feriencamp für Kampfsportler wünschen konnte.
Naja, nun saß ich auf diesen Baum und beobachtete alles um mich herum. Die Mädchen gingen jauchzend in ihre Schlafsäle und die Jungs verfluchten ihre.
Nur eine kleine Gruppe ging zielstrebig auf ihren Schlafsaal zu, ob die auch für heute etwas geplant hatten?
Mit einen Schulterzucken ging ich weiter.
Gerade öffnete ich eine der Deckenfenster, welche zu den Notausgängen zählte, als plötzlich ein Alarm anging.
Zuerst glaubte ich, dass dieses Fenster gesichert war. Doch konnte ich mir dies nicht vorstellen, weil alle Lehrer jammerten, dass die Jungs regelmäßig verschwanden und zwar durch eines von diesen Fenstern.
Im nächsten Moment bemerkte ich die roten Lichter auf den Häusern. Es war also nicht einmal ein Probealarm, nein, wir wurden jetzt noch angegriffen.
Wer bitte schön greift um Mitternacht ein Nachwuchscamp an. Genau dann, wenn alle schlafen gingen und vom Training noch aufgepucht waren? Das war doch zum verrückt werden. Doch Lamentieren nützt bekanntlich nichts.
Also ging ich im Laufschritt wieder ein Stück zurück und nutzte dabei jeden Schatten und jede Grube. So ein Kampftraining war doch nicht schlecht und in solchen Fällen doch äußerst nützlich.
Nach einigen Minuten merkte ich, dass die Schatten neben mir unruhiger wurden und verlangsamte deswegen mein Tempo. Wer war wohl hier?
Die anderen waren sicher gerade dabei in ihre Kampfanzüge zu steigen, denn die Trainingsanzüge boten keinen Schutz vor Klingen oder Kugeln.
Auch mussten die meistens sicher noch ihre Waffen suchen, weil sie ihr Waffentraining vernachlässigt hatten.
Doch das gilt nur für die Mädchengruppe, die Jungs waren hier ja wie zu Hause und trainierten was nur ging, wann es nur ging.
Aus der Ferne hörte ich schon die einzelnen jungen Truppenführer ihre Kämpfer ordnen, doch keine Mädchenstimme erklang, kein weiblicher Befehl schallte durch die Nacht.
Inzwischen kam das Rascheln neben mir immer näher und ich glitt in eine Baumhöhle, hinter eine große Baumwurzel.
Kurz darauf glitten sie auf leisen Sohlen an mir vorbei. Zuerst glaubte ich, dass die Lehrer ein Überraschungsszenario geplant hatten und diesmal wirklich nichts zu uns durchgedrungen war, doch kurz darauf hörte ich eine bekannte Stimme.
Ihr kennt sicher, wie man sich im Moment des Verrats fühlt. Es trifft einen wie ein Schlag in den Magen und man schnappt zuerst ein paar Mal nach Luft. Danach schüttelt man unglaublich seinen Kopf und denkt sich, dass dies doch einfach nicht sein kann, nicht sein darf. Doch gleichzeitig versucht man zu realisieren, dass es doch gerade passiert.
Genau vor einem steht der Verräter und man fühlt sich schlagartig betrogen, verletzt und im Stich gelassen. Ein Teil von einem selber bröckelt ab und man wird diesen Schlag für den Rest seines Lebens spüren. Zwar wird irgendwann der Schmerz über den Verrat geringer werden und verdrängt bar, doch nie wieder verschwinden. Dieser Schaden bleibt lebenslang erhalten.
Genauso ging es mir als meine Mutter, meine angeblich tote Mutter, an mir vorbei schlich. Hinter und neben ihr gingen erfahren Krieger, Abtrünnige, welchen die Mordlust ins Gesicht geschrieben war und ihr Ziel war das Camp. Jedoch konnte ich jetzt nichts unternehmen. Hier war ich im Nachtteil, denn mein Versteck konnte genauso zur Falle werden, weil ich keine Rückzugsmöglichkeit mehr hatte.
Eine weitere Sirene erklang, das Zeichen, dass Hilfe angefordert worden ist und diese sich bereits auf den Weg hierher machten.
Also wartete ich hier versteckt und äußerst konzentriert, bis die letzten Schritte verklungen waren und zählte anschließend bis tausend. Danach glitt ich aus meinem Loch und wurde sofort von einem kräftigen Arm gegen den Baumstamm gedrückt.
Bernsteinfarbene Augen funkelten mich an und ein leises, raues Lachen erklang. „So sieht man sich also nach so langer Zeit wieder“, wisperte eine Stimme an mein Ohr.
Ich kannte diesen Klang, Chris … Es war wirklich Chris. Na toll, wenn er jetzt seine lang fällige Aussprache haben wollte, konnte er dies auf jeden Fall knicken. Meine Mutter war gerade zur Abtrünnigen geworden und ich wollte, nein, ich durfte sie nicht weiter ans Lager vordringen lassen.
Jedoch sorgte ich mich umsonst, kaum war er wieder leise, spürte ich wie sein Körper sich anspannte und ich freigelassen wurde.
„Sie kommen zurück und irgendwer führt sie an“, wisperte ein anderer Kämpfer genau neben mir.
Jetzt musste ich mich natürlich fragen, wie viele sind hier eigentlich versammelt und warum sind sie hier? Doch genau das war mir egal, ich war von meiner leiblichen Mutter betrogen worden. Wir, meine Schwestern und ich hatte geglaubt, dass sie gestorben wäre und jetzt führt sie Mörder zu den Auszubildenden.
Etwas Brutaleres gibt es doch nicht. Genauso hätte sie Kinder umbringen können, denn die Jungendlichen und jungen Erwachsenen hier hatten doch keine Chance gegen erfahrene Kämpfer. Deswegen war dies ja auch unser Trainingscamp. Egal wie aufgepucht die Schüler noch waren, es war ein Kampf wie bei David gegen Goliath. Nur das wir hier Goliath wären.

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Immer lauter wurde ihre Stimme, obwohl sie genauso wisperte wie die Männer vor, neben und hinter mir.
Während die Gruppe meiner Mutter, wegen irgendeinen unbekannten Grund kehrt machte, schlossen sich die Männer in einen Kreis um mich und ließen mir so keine Bewegungsmöglichkeit. Ich konnte nur hinaufspringen und über die Äste nach vorne preschen. Doch musste ich schnellstmöglich aufwärts kommen, denn ansonsten gab ich eine gute Zielscheibe ab.
Gedacht, getan und schon saß ich in der Hocke auf einen Ast. So ein Hüftaufschwung auf einen drei Meter hohen Ast war für mich nun kein Problem mehr.
Kurz dachte ich daran, wie alles war, bevor ich dieser Frau begegnet war, die ich liebevoll Mutter gerufen hatte.

Damals konnte ich solche akrobatischen Nummer nicht, auch nicht kämpfen und jetzt gehörte es schon zu meinen Alltag.
Mir kam es nicht mehr merkwürdig vor, dass ich all dies schaffte ohne außer Atem zu kommen. Es gehörte zu mir wie das Atem holen, wie meine Bewegungen, die sich durch das Training, geschmeidiger und fließender anfühlten.
Ich hatte mich verändert, doch war ich nicht die Einzige wie es schien.

Ein Ästchen knackte und eröffnete den Kampf. Im Nachhinein konnte ich nicht mehr sagen, wer dieses Ästchen berührt hatte, doch es war egal.
Messer und Dolche wurden synchron gezogen und jeder preschte vorwärts. Die Männer glitten durch die Nacht wie Raubkatzen, geschmeidig, lautlos und tödlich.
Meine Mutter hatte nur Frauen mit, doch diese bewegten sich wie Schlangen um den Klingen auszuweichen. Unsere Gegner waren uns zahlenmäßig dreifach überlegen, ohne meiner Mutter oder mir eingerechnet.
Jedoch waren die Kämpfer hier anscheinend schon einmal, oder besser gesagt, mehrmals im aktiven Dienst gewesen. Man sah ihnen ihre Kampferfahrung an, welche sie niemals hier gelernt haben konnten.
Geschmeidig stießen die Klingen nach vorne während die Kämpfer tänzelnd umeinander kreisten. Zeitweise beförderte ein Tritt eine der Frauen außer Reichweite und löste die nahende Gefahr auf.
Obwohl sie mich dort unten dringend brauchten, blieb ich ruhig auf den Ast sitzen. Ich hatte meine Mutter aus den Augen verloren und sie war mit Sicherheit die Gefährlichste von allen. Wenn sie in den Kampf einstieg, musste ich sie herausfordern oder der Schmerz würde nie abflauen. So blieb mir nichts anderes zu tun als abzuwarten und den Geräuschen zu lauschen.

Plötzlich erklang ihre Stimme aus dem Blätterwerk.
„Weist du Kleines warum ich hier bin? Du hast mich zu Fall gebracht indem du mich von Bernd , mein geliebter Bernd, fortgebracht hast. Du kleines, dreckiges Flittchen.
Wolltest ihn also für dich alleine haben, doch er war zu sehr Gentleman um sich mit dir abzugeben.
Und dann, mein angeblicher Tot, den du mit deinen Hurenschwestern inszeniert hast um endlich an meinen geliebten Bernd zu kommen. Das wäre euch nur recht gekommen.
Jedoch klappte dieser Versuch auch nicht. Ich, gab meinen eigenen Tot vor, noch bevor ihr euren perfiden Plan in die Tat umsetzten konntet. Soooo ein Pech.
Doch mein geliebter Bernd hatte sie da schon selber umgebracht. Er konnte einfach nicht ohne mich leben und erschoss sich lieber als von mir für immer getrennt zu sein. Ihr drei Miststücke habt ihn auf den Gewissen und ich werde euch eine nach der anderen dafür zahlen lassen. Das geschieht euch nur Recht.
Zuerst bist du an der Reihe, dann Lizzys frisch geborene Zwillinge und ihr Mann. Erst danach kommt sie selber dran. Zuletzt noch Roxys Junge und deren Mann. Danach wird sie selber so verzweifelt sein, dass die kleine Kröte sich selbst umbringen wird.
Erst dann wird meine Rache vollendet sein.“

Während dieser Rede überschlug sich ihre Stimme und wurde immer kreischender. Mir lief es dabei kalt den Rücken hinunter, denn mir wurde schlagartig klar, meine Mutter war gestört, geistesgestört. Wer plant wegen einem Dreckstück wie ihren Vorgesetzten den Mord an den eigenen Familienangehörigen. Außerdem musste sie schon so weit in ihren Drogenrausch versunken sein, dass sie seinen Tod durch meine Kugeln nicht mitbekommen hatte.
Kurz hatte der Kampf unter uns aufgehört und alle hatten ihren Worten gelauscht, doch genauso schnell ging es in voller Kraft wieder weiter als wäre nichts passiert.
Doch während ihrer kurzen Ansprache stieg auch meine Wut auf sie. Wir hatten alle um sie getrauert und es war nur ein Spiel für sie gewesen. Noch dazu eines, in dem sie uns umbringen will.
Fast gleichzeitig zogen wir unsere Wurfsterne und sprangen auf den Boden.
Während der zwei Wochen mit ihr in meinen Sommerferien hatte ich alles nötige von ihr gelernt und war Kräftemäßig mit ihr gleich auf. Auch meine Geschwindigkeit war ihrer ähnlich, nur fehlte mir ihre Kampferfahrung. Doch diese Sorge war unbegründet.
Schnell bemerkte ich, dass der Krieg gegen meine Mitschülerinnen mir einiges an Erfahrung eingebracht hatte. Auch waren meine Kräfte aufgrund meiner Jugend weitaus größer als die meiner Mutter, welche zusätzlich noch auf Drogen war und unter Alkohol stand.
Ich brauchte mir also keine großen Sorgen machen. Doch sie war trotzdem die Gefährlichste auf den Feld.
Langsam finden wir an uns zu umkreisen und zogen unsere Dolche. Eine fließende Bewegung hinunter zu den Schäften unserer Stiefel, ein kurzer Griff hinein, eine leichte Drehung des Handgelenks, ein kurzes Wirbeln der Waffen über unsere Handflächen bevor wir fest zugriffen und uns geschmeidig wieder aufrichteten.
Inzwischen war die Gruppe meiner Mutter getötet, verletzt oder gefangen genommen worden. Auch einige Campmitglieder, in erster Linie Lehrer, hatten sich hier eingefunden.
Doch keiner wagte es uns zu stören, alle wussten, dass dieser Kampf eine Angelegenheit zwischen ihr und mir war. Jeder Schritt wurde kalkuliert gesetzt, so dass kein Ast, kein Stein, kein Blatt oder Staubkörnchen in Bewegung gesetzt wurde.
Nicht umsonst war unser Familienwappenzeichen der schwarze Panther. Tödlich und nachtaktiv, gerissen, schlau und äußerst reizbar.
Auch wussten meine Mutter und ich bald, dass wir ähnliche, wenn nichts sogar die gleichen Kampftaktiken hatten. Ein Hervorlocken des Gegners um nicht den ersten Schritt machen zu müssen und deswegen strafbar zu werden. Falls es nämlich kein Krieger war, den wir angriffen, konnte uns dies teuer zu stehen bekommen, außer wenn wir uns nur verteidigten. Ansonsten kamen wir vor das Kriegsgericht.

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Mir kam es wie Stunden vor, in denen wir unsere Kreise zogen, leicht geduckt, mit leicht gebeugten Knien, immer kurz vor dem Sprung.
Aufgrund höchster Konzentration lief uns schon der Schweiß im Gesicht hinunter.
Wie aus weiter Ferne hörte ich, dass einige Mädchen flüsterten, dass wir schon fast zehn Minuten ohne große Änderungen in unseren Bewegungsabläufen im Kreis gingen. Zehn Minuten, eine halbe Ewigkeit und äußerst anstrengend.
Wenn nicht bald was passiert, musste ich zum Angriff übergehen, denn ewig konnte ich so nicht weitermachen. Ein Handy erklang und ich glaubte Mr. Tanner sprechen zu hören.
Plötzlich rief er, „Kätzchen, deine Mutter ist als Abtrünnige deklariert worden und somit vogelfrei. Du bist nun das neue Familienoberhaupt, der Panther, in eurer Familie. Deinen beiden Schwestern und deren Familien geht es gut. Ihnen ist nichts passiert. … Verdammt, geh endlich zum Angriff über.“
Na, waren das nicht tolle Neuigkeiten. Ich spürte ein freudiges Kribbeln, einen Adrenalinschub der Extraklasse.
Fast als hätte meine Mutter meine Gedanken gelesen sprang sie gleichzeitig mit mir vor. Dolche schlugen scheppernd aufeinander. Funken sprühten und alle Zuschauer atmeten erleichtert auf. Nun ging es los.
Die Entscheidung musste fallen. Eine von uns würde diesen Tag nicht überleben. Wenn ich ehrlich bin, würde es mind. eine Tote heute geben. Denn wenn ich starb, würden einige andere sie zum Fall bringen wollen und vielleicht würde sie noch ein paar mit in den Tod nehmen. Bei ihrem stillen Lächeln, war ich mir sicher, dass es so kommen würde, sollte ich versagen.
Doch ich war stolz darauf der neue Panther in meiner Familie zu sein, das Zeichen für die Stärkste unter den Schwestern, dem Familienoberhaupt. Naja, jung aber oho, oder?
Immer schneller trafen sich unser Klingen und die Kreise wurden immer kleiner. Plötzlich passierte es, ich hatte es fast nicht kommen sehen und reagierte instinktiv, rollte mich einfach ab. Ihre Klinge ritzte mir den Unterarm auf, doch ich saß noch das Blitzen vorne auf ihrer Stiefelspitze. Jene Spitze, die fast meine Nieren zertrümmert hätte und mit einer Klinge versehen war.
Der Schwung riss sie von den Beinen und sie traf mit der Klinge auf einen Stein von dem Rauch aufstieg. Puh, da hatte ich ja noch einmal Glück, ein vergifteter Dolch in der Sohle versteckt. Raffiniert, aber daneben.
Kaum war ich wieder auf den Beinen zog ich mein Messer und warf den letzten Wurfstern. Doch sie war nicht langsamer als ich und wich dem Geschoss aus.
Schnell steckte ich einen Dolch wieder in den Schaft, weil mir drei Klingen hantieren, doch zu viel wäre.
Ein paar schnelle Bewegungen am Messergriff ließen dieses grün schimmern. Auch ich konnte mit Gift kämpfen.
Als der Mond mich ergriff, schimmerte das Messer noch mehr und ein erstauntes Raunen kam von der Menge um uns herum.
Doch nun hieß es alles außer meinem Gegenüber ausblenden, es ging um Leben und Tod. Der Kampfeinsatz wurde durch Gift erhöht und durch dieses Sterben war grausam.
Mit einem Satz war meine Mutter wieder auf den Beinen und bereit im Blätterwerk verschwunden. Doch mir war es egal, alle schauten mich erwartungsvoll an und kurz hinauf. Sie glaubten alle, dass ich ihr folgen würde. Doch ich holte seelenruhig eine Schnur aus meinem Ärmel, welche ich um den Messergriff band.
Kein Wind wehte, kein Geräusch war mehr zu hören und doch sprang ich plötzlich von der Stelle und sah noch einen Dolch vor meinen Zehenspitzen in den Boden schießen.
Gleichzeitig war ich das Messer in die Höhe und fing an es an der Schnur rotieren zu lassen. Von Zeit zu Zeit schoss ich meine Waffe Richtung Baumkrone um mich an den Schwung und die Rotation zu gewöhnen.
Mir war die Zeit egal, ich hatte genug davon. Mir war das abwartende und nervöse Getänzel der Umstehenden egal, es waren ihre Nerven, welche aufgerieben wurden, nicht meine.
Langsam nahm der Wind wieder an Kraft zu und schlug meinen Pferdeschweif über meine Schulter während er meinen Nacken kühlte. Ich schloss die Augen und wartete ab. Sekunden verrannen, Minuten vergingen und ich sammelte mich, wurde ruhiger und immer ruhiger. Geduld, das war das Schlüsselwort.
Leise hörte ich das Schreien der anderen: „Kämpfe, sei nicht feig, was ist los“ ein Gebrüll welches immer leiser wurde. Ich zog mich in mich selbst zurück, hörte und sah nichts mehr, fühlte nur noch den kühlen, leichten Wind im Genick und verlies mich auf meinen Instinkt. Das Messer zog einen Kreis um den anderen ohne seine Bahn zu ändern, ohne einen Gegenstand zu berühren oder zu bewegen.
Ich sah nichts mehr außer dem Schwarzen meiner Augenlieder. Plötzlich ertönte kurz ein roter Fleck in meinem rechten Augenwinkel, obwohl meine Augen weiterhin geschlossen waren.
Ein kurzer Ruck an meiner Schnur und ich musste mich unter meinem Messer ducken um nicht getroffen zu werden. Genauso schnell schoss es in die Richtung, wo ich den roten Fleck gesehen hatte. Ein weiterer Ruck und ich spürte, wie dadurch ein eingearbeiteter Knopf im Griff gedrückt wurde.
Das Gift schoss durch die Klinge und erreichte die Messerspitze als sich das Messer in einen Körper grub. Kaum spürte ich durch die Schnur den Widerstand schaute ich in die Wurfrichtung.
Getroffen, ich hatte das Herz meiner Mutter getroffen, welche erstaunt ihre Waffen fallen ließ ohne sie in meine Richtung zu schmettern.

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Langsam zog ich den versteckten Armreif unter meinem Hemdärmel hervor.
Ein erstauntes Stöhnen erklang und ich wickelte ruhig die Schnur wieder auf den Reifen auf, zog das Messer aus der Leiche und wischte das Blut an ihren Kleidern ab. Sie war für mich einmal gestorben, doch jetzt trauerte ich nicht um sie. Es tat mir nicht einmal Leid, dass ich sie umgebracht hatte.
Ich überhörte das Gekreische der Mädchen und die lobende Ausrufe der Jungen. Ich wollte nur meine Schwestern sehen und steckte das Messer wieder in meine Gürteltasche am Rücken. Den Reif schob ich wieder an seinen Platz unter meinem Ärmel zurück und schaute den Himmel ab. Irgendetwas war dort.
Warme Arme umschlangen mich und zogen mich an eine harte Brust. „Gut gemacht, Kätzchen“, flüsterte mir Chris ins Ohr. Sofort schmiegte ich mich in seine Arme. Ich brauchte einfach seine Wärme, die er ohne zu zögern anbot.
Schnell hob er mich auf, drehte mich um und zog mich wieder an seinen Brust. Wie ein kleines Kätzchen schmiegte und rieb ich meine Wange an dieser und schloss genießend die Augen. Es war vorbei. Mein erster Kampf an der Front war überstanden. Ich, nein wir alle, hatte bestanden und überlebt.
Aus der Ferne ertönten Rotorenblätter. Vielleicht kam jetzt die angeforderte Verstärkung. Mir war es egal. Ich fühlte mich wohl und niemanden war etwas passierte. Keiner der Krieger war verletzt. Die Tiger Cooperation hatte gesiegt und ich hatte gesiegt. Was konnte es schöneres geben?
Das Raunen der Menge ertönte wieder lauter und ich spürte Blicke im Rücken. War es noch nicht vorbei? Schnell schaute ich widerstrebend über meine Schulter und erstarrte. Chris drückte mich sofort zärtlich und lies dann zurückweichend los.
Zwei Kriegerinnen gingen stolz und in voller Kampfespracht auf mich zu.
„Gut gemacht, Kleines. Ein besseres Familienoberhaupt kann man sich nicht wünschen.“ „Wir gratulieren dir. Du hast dir den Namen Panther verdient und seinen Ruf rehabilitiert.“
Mit einem Aufschrei sprang ich auf sie zu. Meine Schwestern. Beide heil und munter zu sehen. Hier, wo alles ein Ende gefunden hat. Nein, kein Ende, hier hat alles neu angefangen. Ein neues Leben, eine neue Liebe. Ich würde mich sicher noch im hohen Alter an diesen Abend, diesen Morgen erinnern.
An die Schritte meiner Schwestern, welche mit dem Sonnenaufgang im Rücken, auf mich zugingen und mich herzlich umfingen. An ein warmes, raues Lachen, welches hinter mir ertönte, Besitzerstolz ausstrahlte und mich innerlich erwärmte.
An zwei weibliche Stimmen, die hell ertönten und lachend mit mir scherzten. Zwei weiche, zarte Wangen, die sich an mein Gesicht schmiegten, bevor ich mein Gesicht zwischen ihren Schultern versteckte und mein Gesicht dreht. So das ich auf einer Brust zu liegen kam und meine andere Schwester anlächeln konnte.
Meine Familie, ihr war nichts passiert und der Schrecken war überstanden. Nun hatten wir noch den ganzen Morgen für uns. Schnell liefen wir zu dritt durch den Wald. Die Panther und Leoparden schlossen sich uns an und wir liefen mit ihnen lachend um die Wette.
Ja, mein Leben hatte neu angefangen und fühlte sich großartig an. Schon bald erreichten wir einen See und sprangen über die Felsen darin. Auf einen besonders großen Stein, begann ich mich im Kreis zu drehen, begleitet vom Lachen meiner Schwestern.
Leise begannen sie ein altes Kinderlied zu singen und versetzten mich zurück in mein Wickelalter. Ein Lied welches ich noch vor meiner Adoption gehört hatte, einige Stunden nach meiner Geburt.
Warum ich mich daran noch erinnern konnte, keine Ahnung. Aber ich fühlte mich endlich wie zu Hause. Wurde ruhiger und rollte mich wie eine Katze auf den Stein zusammen. Ruhig und glücklich schlief ich ein. Erst die kühle Nachtluft weckte mich.
Der Sonnenuntergang war blutrot und wunderschön. Am Himmel flogen Seile in die Luft und durch die Deckenfenster. Ob meine Schwestern gerade gingen?
Schnell sprang ich wieder auf die Beine und lief zum Ufer direkt in die Arme von Chris. „Sie sind gegangen und werden dich in den Ferien nach Alaska zu einer Familienfeier holen.“
Schade, ich wollte sie noch so vieles fragen. Doch in den Augen meines alten Zimmerkameraden sprühten unbeschreibliche Funken. Stolz, Freude, Verlangen. Wer kann da schon wiederstehen? Langsam beugte er sich hinunter und lockerte gleichzeitig seine Umarmung.
Ich konnte jederzeit verschwinden, doch ich wollte nicht mehr davon laufen. Ich war in seinen Armen zu Hause, dass spürte ich genau. Nirgendwo anders wollte ich sein.
Seine Lippen trafen auf meine und ich schloss aufstöhnend meine Augen. Ja, hier gehörte ich hin und verdammt konnte er küssen. Leidenschaftlich verschloss er meine Lippen und lies mir keine Zeit, keinen Platz zum Atmen. Dominant und zärtlich eroberte er meinen Mund und eröffnete ein Duell in meinen Mund, welches abwechselnd gesteigert wurde.
Seine Hände strichen über meinen Rücken und massierten meinen Nacken, wobei mir ein weiteres Stöhnen entkam und ich förmlich in seinen Armen zerfloss. Mit dem letzten Rest an Atem löste ich meine Lippen widerstrebend von seinen und schmiegte mich an seine Brust. Eine Hand massierte weiterhin meinen Nacken während die andere zärtlich über meinen Rücken strich.
Verträumt schloss ich meine Augen und strich über seine Brust, schmiegte meine Wangen daran und freute mich über den Ausgang der letzten Nacht. Bis plötzlich mein Magen sein Recht förderte.
Lachend liefen wir zurück und ich verschlang eine Portion, die normalerweise drei Männer sättigen würde. Naja, ich hatte auch genug dafür machen müssen. Müde und zufrieden lehnte ich mich gähnend zurück, an seiner Schulter schlummerte ich erneut ein. Ich spürte nur noch wie ich hochgehoben wurde und danach war ich schon weggedämmert.

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Als ich wieder aufwachte, stand eine Lehrerkommission vor meiner Zimmertür, weswegen ich diese nur einen Spalt öffnen konnte. So viele Füße verhinderten ein weiteres Öffnen.
Schnell drückte ich mich durch den Spalt und steckte den Brief meiner Schwestern, welchen ich beim Aufwachen gefunden hatte, in meine Hosentasche.
Fragend schaute ich mich um. Großartig, gleich nach den Aufwachen so viele Leute. Ich musste schrecklich aussehen, gar nicht wie ein großartiges, mutiges Familienoberhaupt. Eher verschlafen und verstrubelt. Schrecklich. Peinlich. Bitte, lass die Erde diese Meute verschlucken.
Doch nichts geschah. Mr. Tanner eröffnete endlich das Gespräch. „Sie waren großartig. Fabelhaft. Unglaublich. Sagenhaft. Dieser Mut, diese Eleganz, diese Anmut … Also,“ Nach einen kurzen, peinlich berührten Räuspern sprach er weiter.
„Die Prüfungskommission hat einstimmig entschieden, dass wir Ihnen heute noch Ihren Abschluss überreichen. Sie sind für den aktiven Dienst bereit und Ihre Einheit Mystic Inn, einschließlich Ihrer Schwestern, benötigen Sie als Familienoberhaupt und Captain.
Ihre Schlagkraft hat alle erstaunt und dazu gratulieren wir Ihnen. Sie haben ohne zu zögern den stärksten Krieger der Welt getötet als dieser sich vom rechten Weg entfernt hat und damit zahlreiche Leben gerettet.
Wir sind stolz Sie hier auch nach Ihrem Abschluss weiterhin unterrichten zu dürfen. Sie haben das Wissen und die Präzession schon jetzt in die Welt hinaus zu gehen. Doch bitte vergessen Sie nie, dass sie noch sieben Jahre Ausbildung hätten und deswegen hoffen wir, dass sie sich auch weiterhin für dieses Camp entscheiden und uns hier auch weiterhin beehren werden. Herzliche Gratulation, Captain.”
Danach gratulierte mir noch die ganze Kommission und ich wurde zu meinem Leidwesen den ganzen Tag gefeiert. Dabei hätte ich mir diesen Tag schöner vorgestellt.

Erst am Abend traf ich Chris wieder und er entführte mich zu unserem See. Keiner traute sich so weit vom Lager weg sodass wir hier alleine waren. Endlich.
„Ich bin froh endlich dort weg zu sein. Es war anstrengender mit diesen Leuten zu reden als der letzte Kampf.“, teilte ich ihn mit.
Nach einem leidenschaftlichen Kuss sprang ich über die Felsen und drehte mich auf meinen Lieblingsfelsen wieder im Kreis. Plötzlich blieb ich stehen und schaute mir den Sternenhimmel an und anschließend über meine Schulter zu ihm zurück. Dort stand er, am Strand, am Waldrand, lässig an einem Baum gelehnt. Er beobachte mich beim Herumalbern und auch jetzt noch, als mir der Wind meine Haare ins Gesicht blies und ich durch die langen Strähnen zu ihm blicken musste.
Schnell strich ich mir die Strähnen zurück und überlegte kurz, was ich jetzt noch machen wollte. Doch sein Lächeln nahm mir die Entscheidung ab.
Während ich zurücksprang, stieß er sich vom Baumstamm ab und kam mir entgegen. So flog ich förmlich wieder in seine Arme zurück und war glücklicher als jemals zuvor. Ich war frei, hatte keinen Stress mehr mit dem Campregeln, weil ich ja jetzt meinen Abschluss hatte. Meiner Familie ging es hervorragend und ich hatte einen Freund. Ich war keine Außenseiterin mehr, ich gehörte zu einer größer werdenden Familie. Was will ein Mädchen mehr?
„Weißt zu was, Kätzchen“, flüsterte er mir mit seiner unverwechselbaren Stimme ins Ohr, „Jetzt gehört die Welt uns und wir können sie Formen wie wir wollen.“
Verwundert schaute ich ihn an. Ich wusste, dass er drei Jahre älter war als ich. Doch er war hier ja noch in Ausbildung, oder? Er musste sich deswegen noch an die dämlichen Regeln halten, ein langes Jahre noch.
Jedoch überraschte er mich erneut, lächelnd teilte er mir mit, dass er vor drei Jahren seinen Abschluss gemacht hat. Ein ähnlicher Zufall wie meiner und deswegen musste er nur noch ein Jahr in dieser Anstalt bleiben.
Für ihn und seine Kameraden in der Tiger Cooperation galt das gleiche, fertig vor der eigentlichen Mindestzeit und nur noch auf Weiterbildung hier, bis die Mindestzeit vorüber war. Keine Regeln, keine Verpflichtungen, keine Anwesenheitspflicht. Der aktive Einsatz kam nun mal vor dem Unterricht.
JIPPIE, großartig. Schließlich ließ er mich lachend auf den Boden sinken, wo ich nach Luft ringend liegen blieb. Langsam legte er sich neben mich und streckte sich genüsslich aus. Seine Arme verschränkte er hinter seinen Kopf und schloss die Augen. So lagen wir gemeinsam ruhig und zufrieden nebeneinander und schauten in den Sternenhimmel. So ließ es sich leben, verliebt, glücklich und zufrieden, ohne Sorgen oder dem Wissen was noch auf einem zukommen würde.


Welcome to Hollywood –
Hinter den Kulissen der Schönen und Reichen


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2 Jahre später


Wer glaubt, dass es immer so weiter geht, kennt das echte Leben nicht. Es gibt nie ein Happy End wie im Märchen und man ist auch nie immer glücklich. Zwar war meine Zeit mit Chris die schönste in meinem Leben, aber er konnte auch wirklich nerven.
Ich glaube, sein Ego konnte es nicht verkraften, dass ich gleich stark war wie er. Immerhin waren wir beide Familienoberhäupter eines Kampfclans und zwar eines weltweit bekannten Clans.
Unsere Tage beinhaltete Großteils einen Besuch am See. Strechen, Training miteinander, Trainingskämpfe gegeneinander oder andere Campbewohner, Theorieunterricht und Pflege unserer vierbeinigen Freunde. Bis dato hatte ich noch keinen aktiven Einsatz und lebte von Minute zu Minute.
Chris versuchte mir alles abzunehmen und zeitweise trieb er seine Fürsorge zu weit weswegen er auch ein Jahr verlängerte. Diese Augenblicke endeten in furchtbaren Streits, die manchmal sogar mit den Messern beendet wurden. Im Nachhinein weiß ich nicht einmal, wer erster seines gezuckt hat. Doch die Versöhnung folgte natürlich immer auf dem Fuß.
Außerdem hatte ich schon einige Freundinnen gefunden, zwar vertraute ich ihnen nicht mein Leben an, so wie ich es bei Chris oder meinen Schwestern und deren Ehemännern tat, doch sie waren mir sehr wichtig geworden.
So kam es eines Tages, es war eine Woche vor meinen 23. Geburtstag, dass die Sirene anschlug als Chris und ich uns gerade zum Schwimmen begaben. Wenigstens war unser Leben bis dahin ruhig und friedlich verlaufen. Mehr als wir uns je erhofft hätten.
Schnell liefen wir in unsere Zimmer um unsere Schwimmsachen hinzuwerden und in unsere Kampfanzüge zu springen und unterwegs schlossen wir den altbewehren Waffengürtel. Innerhalb kurzer Zeit hatten sich alle kampfbereit auf dem Versammlungsplatz eingefunden und warteten auf eine Erklärung.
Diesen Sirenenton hatten wir zuletzt beim Angriff meiner 'toten' Mutter gehört. Ein Blick in die Runde bewies mir, dass die meisten vor Angst zitterten und versuchten mutiger auszusehen als sie waren. Man merkten ihnen an, dass sie noch nie einen ernsthaften Kampf geführt hatten, nicht einmal gegen einen der Trainer.
Sie hatten Angst vor einer Wiederholung der Vorkommnisse, welche vor einem halben Jahr stattgefunden hatten. Sie taten mir Leid, denn Furcht war der Erzfeind der Krieger. Furch lähmte Geist und Körper und dadurch verlor man wertvolle Sekunden, die einen den Sieg kosten konnten oder sogar das Leben.
Mr. Tanner und Mr. Meier erwarteten uns bereits. Als etwas Ruhe eingekehrt war, begann Mr. Meier mit seine Piepsstimme, welche ich immer noch nicht ausstehen konnte, zu erklären.
„Wir haben für die Tiger Cooperation einen neuen Auftrag erhalten. Chris, wo sind sie? … Aja, sie sollen mit einigen Kriegern aus den Camp nach Hollywood. Weitere Instruktionen finden sie in einem Briefcouvert in Flugzeug A3456. Also Junge, sie dürfen bis zu 10 Leute mitnehmen. Minimum für den Auftrag sind drei Extrapersonen. … Auf was warten sie noch, auf den nächsten Sommer? Los geht’s, Junge.“
Sofort schrie Chris einige Namen und verschwand mit einer kleinen Gruppe von Kämpfern. Das Flugzeug A3456 war ein Düsenjet der Spitzenklasse. Extrem leicht lenkbar, geringer Spritverbrauch, große Tanks und sehr belastbar. Höhe, Temperatur, Geschwindigkeit - kein Problem. Starten und losfliegen.
Die restlichen Schüler wurden unruhig. Hollywood, der Traum eines jeden jungen Kriegers. Einmal zu den Schönen und Reichen, vielleicht als Bodyguard oder Agent. Alles einmal hinter den Kulissen ansehen. Wer träumt nicht davon einmal Hollywood live zu sehen. Ohne Kameras und ohne scheinheiligen Reden und Ansprachen. Kein gekünsteltes Lachen, einfach das echte Leben am Hollywood Boulevard.
Keine Viertelstunde später ertönten die Jetturbinen und dann war es wieder ruhig. Die Direktoren hatten uns noch nicht zurück geschickt also kam noch etwas auf uns zu.
Diesmal fing Mr. Tanner zu reden an. „Es ist uns eine Ehre den ersten Auftrag für das neue Oberhaupt der Mystic Inn bekannt zu geben. Mia, du sollst sofort zu deinen Schwester auf Gate 807 gehen. Sie haben ebenfalls einen Brief für dich mit den weiteren Instruktionen.
So, Kinder, das war‘s und jetzt wieder an die Arbeit.“
Toll, die Jungs bekamen einen Jet und ich sollte bloß zu Gate 807. Wenn dort nicht wenigstens ein flottes Motorrad stand, war ich wirklich enttäuscht.
Schnell lief ich durch den Wald auf das Gate zu. Dort ries ich förmlich den Brief aus Roxys Händen und überflog ihn. Es gab wieder eine Galaveranstaltung mit anschließender Preisverleihung in Hollywood. Genaueres war uninteressant. Für uns war nur wichtig, dass eine Prinzessin aus Malaysia anreisen würde, welche von jetzt an unter unseren Schutz stand. Ein Foto von der Prinzessin war bereits für uns beigelegt.
Anschließend würde sie nach Nizza weiterreisen, doch vor ihrer Abreise würde eine andere Truppe übernehmen. Sie wollte nämlich unterwegs und vor Ort immer andere Schutzleute haben.
Hier vermutete sie die größte Gefahr, weswegen sie nur die Besten Leute haben wollte. Möglichst mit mindestens einer weiblichen Person in der Gruppe, wenn dies nicht der Fall wäre, wäre es ihr auch egal. Der Preis ist ihr auch egal, Hauptsache für ihre persönliche Sicherheit wurde garantiert.
Super, Miss Ich bin so reich, so kultiviert und so wichtig, ich brauche unzählige Leute zu meinen persönlichen Schutz. Ich glaub mir wird bei dem Gedanken sie länger um mich zu haben schon schlecht.
Wie kann man so eingebildet sein. Ein Schutztrupp, welchen man persönlich kannte, war doch tausendmal besser als jeder Truppenwechsel. Bei der „Übernahme“ konnte so viel passieren. Falsche Papiere, falsche Telefonate, und schon kam man von einer sicheren Umgebung in die Hölle. Sie hatte Zugang zu den besten Kriegerclans und konnte sich nicht für einen entscheiden.
Doch wie viele von diesen Clans wurden teilweise abtrünnig … unzählige. Wie blöd muss man da sein, um sich so einer Gefahr auszusetzen. Naja, wo ist jetzt dieses Bild.
Ein hübsches Mädchen mit strahlend blauen Augen und langen blonden Haaren, einer kurzen, geraden Nase und vollen Schmollmund. Leicht eingebildet stand das Näschen nach oben. Großartig, mein erster Einsatz und ich bekam als erstes so etwas ab.


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Über meine Schultern begutachteten meine Schwestern das Bild und stöhnten auf. Gleichzeitig meinten sie: „So ein reiches, verwöhntes Mädchen. Das geht schief, mit Sicherheit.“ Ich verneinte sofort, aber im Stillen gab ich ihnen recht. So eine Zicke, die konnte nur richtigen Ärger bedeuten.
Was gäbe ich jetzt dafür zu wissen, was die Tiger Cooperation mit ihren jungen Rekruten machen musste. Mit Sicherheit keinen Personenschutz für eine verwöhnte Prinzessin. Was soll’s, ändern kann ich ja doch nichts. Ab nach Hollywood.
Roxy startete ihre Honda Fireblade (SC57), Lizzy hatte sich eine Kawasaki Ninja ZX-6R geschnappt und ich schaute mich kurz um bevor ich eine Yamaha YZF-R1 nahm. Die Maschinen waren zwar schon zwei Jahre alt, doch sie waren brauchbar.
Kurz darauf rasten wir über die Strafen und ich baute eine Funkverbindung mit dem Hauptquartier der Mystic Inn auf. Von dort sollten sie uns die schnellste Route exakt zum Treffpunkt mitteilen und jeden Stau umschiffen.
Problemlos flogen wir über die Straßen von Orange County. Von Anaheim nach Hollywood, die Zeit war uns egal, wir drehten unsere Maschinen voll auf und rasten durch das Land. Manchmal sah ich es noch blitzen, doch auch das ging uns nichts an. Unsere Maschinen waren 100% unter unserer Kontrolle und jede Strafanzeige wurde wegen unserer Unbedenklichkeitserklärung Null und Nichtig. Wir genossen den frischen Fahrtwind und die Zeit unter uns.
In Rekordzeit erreichten wir den gewünschten Privatflugzeug, wo die Prinzessin von Malaysia in kurze einfliegen sollte. Lässig nahmen wir unsere Helme ab und legten diese vor uns auf den Maschinen ab. Schnell banden wir uns unsere Pferdeschwänze neu und warteten auf das einfliegende Flugzeug.
Mittlerweile hatte ich Ohrenstöpsel genommen und einen Mikro an meinen Hemdkragen gesteckt. Im Minutentakt bekam ich die neusten Infos. Wer auf der Gala war, wer wichtig war, wen wir meiden mussten, welche Truppen im Einsatz waren, wer die Gegner und wer die Freunde unserer Prinzessin waren. Kurz hörte ich wie die Tiger Cooperation aufgezählt wurde ohne genaue Angaben. Mir sollte es recht sein, Chris durfte mich von meinen Auftrag sowieso nicht ablenken also war es besser, dass ich nichts von ihm und seinen Auftrag wusste.
Inzwischen rollte das Flugzeug auf uns zu und begann mit seinem Bremsmanöver. Da wir im Dreieck standen und ich die Spitze bildete, stoppte das Flugzeug keine 5m vor meinem Vorderrad.
So ein Vollkoffer von Pilot. Auf der Flugbahn hätte ich die Maschine bereits im ersten Drittel abgebremst und nicht erst am Ende der Rollbahn. Wenn alle Bodyguards und Bediensteten der Prinzessin, welche laut Brief immer dabei waren, genauso wie dieser Pilot waren, konnte das wirklich nur noch schief gehen. Verdammt nochmal, ich hatte seit zwei Jahren meinen Flugschein und dieser Kerl musste ihn schon mindestens 10 Jahre haben.
Die Bordwand glitt zurück und eine Rolltreppe wurde zum Ausgang transportiert. Noch immer saßen wir auf unseren Maschinen. Ein schwarzer Rolls Royce für vor. Ich sah durch die getönten Scheiben noch kurz die Minibar, den Minitisch und viel Leder. Bequem, nobel, protzig.
Die ersten Bediensteten verließen den Flieger und gingen zielstrebig zu einem Kleinbus, der einige Meter hinter dem Rolls Royce stand. Gleichzeitig wurde das Heck geöffnet und ein Förderband transportiere Kisten und Truhen zu einem Lieferwagen.
Na toll, das kann ja noch lange dauern. Unsere Aufgabe war die Übernahme der Prinzessin vom Transportteam und ihre Sicherheit bis zum nächsten Team. Doch keiner hatte uns von einer längeren Ausladeprozedur gewarnt. Immer mehr Menschen kamen aus der Maschine und der Lastwagen wurde durch einen zweiten ersetzt. Auch der Kleinbus wurde durch einen anderen ersetzt. Beide vollen Wagen fuhren los und wir warteten immer.
Die Prinzessin hatte Quartier im Haus eines Bekannten bezogen. Irgendeinem neuen Hollywoodsternchen, welches bereits nach Nizza aufgebrochen war, um dort für neue Pressemeldungen und viel Rummel zu sorgen.
Nach einem erneuten Wechsel beider Fahrzeuge kamen endlich teuer gekleidete Bedienstete aus dem Flieger und eine ältere Frau, die sich immer wieder umdrehte.
Kurz darauf sprangen links und rechts von der Treppe drei schwarz gekleidete Gestalten, die sofort auf Roxy zugingen. Diese wickelte sofort die Übernahme ab und ich sah zum ersten Mal unsere erste Schutzbedürftige.
Sie ging so wie ich es mir vorgestellt hatte. Stolz und hochnäsig, als wäre sie etwas Besseres. Die ältere Frau wartete ihr zugewandt bis keine Leute mehr auf der Treppe waren. Erst dann bot sie der jungen Prinzessin, welche laut Brief gerade mal 15 Jahre alt war, ihren Unterarm an. Vorsichtig führte sie das junge Mädchen die Treppe hinab. Wo andere bereits eine roten Teppich bis zum schwarzen Wagen ausrollten.
Alles ging schnell und reibungslos. Doch die junge Dame rümpfte trotzdem ihre vornehme Nase. Irgendetwas passte ihr anscheinend nicht, jedoch störte mich dies nicht. Ihre Sicherheit war für uns wichtig, nicht ihr persönliches Wohlergehen. Für dieses waren die zahlreichen Bediensteten zuständig.
Noch immer warteten wir auf unseren Maschinen. Die vornehme Dame hatte uns bereits bemerkt und mit einem kurzen, königlichen Nicken zur Kenntnis genommen. Nun mussten wir sie zu ihrem Quartier eskortieren. Doch dafür musste sich diese riesige Limousine endlich in Bewegung setzten.
Bereits jetzt hoffte ich, dass der nächste Auftrag irgendwo an einer Kriegsfront sein wird, auch wenn dann meine beiden Schwester aufgrund ihrer Mutterpflichten nicht mitkommen durften. Was sie jetzt noch nicht wussten. Ich musste mir mein Lächeln bei diesen Gedanken verkneifen, denn die darauf folgende Diskussion würde ihre Opfer fordern und ich glaubte schon zu wissen, dass die beiden Ehemänner, meine zwei Schwager, dafür zahlen mussten.
Verzweifelte Hausfrauen in Sicht. Das Bild von meinen beiden kampferprobten Schwestern mit Kochschürze und eine Kinderschar zu ihren Füßen in der Küche war köstlich. Wer die beiden jetzt sehen konnte, in ihren schwarzen Anzügen, mit Dolche, Messer, Wurfsterne, Pistolen und je zwei Langschwertern bewaffnet, konnte sie sich nicht als mütterliche Hausfrauen vorstellen. Doch bei jeder Feier am Lagerfeuer versorgten sie fürsorglich jedes Kind und bemutterten jeden kampferprobten Veteranen, auch wenn diese es nicht wollten. So unterschiedlich wie Tag und Nacht waren die beiden Fassetten ihres Lebens.


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Als das Auto losrollte, setzten wir unsere Helme wieder auf und starteten unsere Maschinen. Schnurrend sprangen drei Motoren an und wir fuhren zu dem Rolls Royce. Roxy übernahm die Spitze, weil sie den Weg kannte, Lizzy fuhr rechts, immer auf der Überholspur und ich übernahm das Schlusslicht.
Angeblich würde der Weg bereits abgesperrt sein, wenn wir jeden der zahlreichen Passierpunkte erreichten. Naja, mal sehn. Soweit ging alles reibungslos über die Bühne. Nun mussten wir noch das Quartier erreichen und unsere Räume nahe der Prinzessin beziehen. Schlafen mussten wir dann abwechselnd, aber dafür war die Bezahlung nicht schlecht.
Zügigerer als erwartet fuhren wir los und hielten ein rasches Tempo. Es war immerhin kurz vor Mittag und anscheinend hatte Madame Hunger.
Roxy hatte eine Konferenzschaltung mit dem Fahrer aufgebaut und hörte sich das Gejammer der Prinzessin auf Malaysisch an.
Deswegen wollte ich wohl diese Sprache nicht lernen und hatte stattdessen drei Kampfkurse als Ausgleich gewählt. Manchmal sah ich sie kopfschüttelnd beschleunigen, bevor sie wieder ein normales Tempo fuhr. Alles ging glatt über die Bühne, meiner Meinung zu glatt. Und ich behielt recht.
Bereits auf der dritten Kreuzung war eine Massenkarambolage, doch die Zentrale hatte mir kurz vorher durchgegeben: Straße frei. Mit einem Druck auf den Warnknopf alarmierte ich meine Schwestern. Hier stimmte etwas nicht. Roxy signalisierte mit einer Hand Tempo verringern und Lizzy ließ sich sofort zurückfallen.
Links und rechts fuhren wir nun hinter dem Wagen her und schauten uns ständig um. Kein Schatten konnte sich bewegen ohne das wir davon etwas mitbekamen. Roxy hielt weiterhin das neue Tempo und informierte den Fahrer über die neue Route durch die Straßen von Hollywood. Sie wollte über die rückwärtigen Gassen zu der Hauptstraße zurück. Anhalten wäre, laut Prinzessin, nicht notwendig. Dabei dachte ich mir nur, dass anhalten jetzt fatale Folgen hätte.
Plötzlich bewegten sich Schatten auf den einzelnen Hausgeschossen, jedes Mal wenn wir gerade vorbei fuhren. Immer im letzten Moment so dass ich trotzdem noch etwas mitbekam.
Entweder glaubten sie, dass ich es nicht bemerkte oder sie waren wirklich so dumm und machten uns auf sie aufmerksam. Keine Gestalt war zu klar sehen nur eine Ansammlung von verschrotteten Karren vor uns.
Kurz schaute mich Lizzy an, bevor sie in eine Seitenstraße einbog. Mit einem Finger deutete sie nach oben und signalisierte dadurch, dass sie über die Dächer weiterfahren wollte. Roxy bemerkte ihr Manöver und fuhr seelenruhig weiter.
Noch einmal mussten wir unser Tempo verlangsamen. Einerseits um Lizzy Zeit zu geben, über irgendeinen Lastenaufzug nach oben zu gelangen und andererseits, weil es schwierig war den Rolls Royce mit dem vorherigen Tempo um die schmäleren Ecken zu bekommen.
Einige Ecken weiter, hörte ich leise das Summen von Lizzys Motorrad und Roxy signalisierte, dass wir bald auf der Hauptstraße ankommen würden. Sie schätzte noch drei weitere Ecken. Lizzy würde bei der letzten wieder zu uns stoßen müssen. Mir war es recht und die Zentrale meldete weiterhin die neusten Nachrichten über die Schönen und Reichen sowie deren Sicherheitsteams. Doch für uns sollte es binnen kurzen ernst werden.
Es wurde ruhiger und ruhiger und ich spannte mich immer mehr an. Früher oder später, spürte ich, würde etwas passieren.
Gerade signalisierte Roxy, das alles in Ordnung sei und Lizzy begann ihren Rückweg von den Dächern Hollywoods zu starten als plötzlich ein Schuss ertönte. Quietschend kam die Limousine vor mir zum Halten und zwang mich zu einem Ausweichmanöver, weil ich aus Sicherheitsgründen zu dicht aufgefahren war.
Roxy stoppte daraufhin sofort, doch hier war kein Platz um ihre Maschine leicht umdrehen zu können. Sie konnte zwar das Motorrad aufbocken, doch dadurch wäre der Weg blockiert, weil der Rolls Royce nirgends vorbeifahren konnte. Rückwärtsschieben kam auch nicht infrage, weil wir dadurch zu langsam wären. Nun hieß es abwarten. Entweder wurden wir vor oder nach Lizzys Ankunft angegriffen.
Routiniert lockerten wir unsere Waffen und drehten noch einmal das Gas unserer Maschinen laut auf um Lizzy zu warnen. Einmal … zweimal … dreimal heulten beide Motorräder auf und die Signallampen unserer Maschinen antworteten uns. Lizzy meldete sich über den Alarmknopf um ihre Position geheim zu halten.
Über die Zentrale erfuhr ich, dass einige Maschinen hinter ihr fuhren und den Beschuss eröffnet hatten. Ein anderes Team wäre aber näher als wir. So hieß es abwarten und hoffen. Mir wurde vor Sorge um meine Schwester schlecht. Doch lange ließen sich die Angreifer nicht lumpen. Entweder hatten sie die Verfolgung aufgegeben oder waren zahlenmäßig größer als ich anfangs vermutet hatte.
Wieso hat man eigentlich Kontakt zur Zentrale, wenn sie über die Satelliten nichts Brauchbares empfingen?
Roxy schaute die linke Fahrspur auf und ab während ich die andere Seite im Blick behielt. Noch immer hielten wir mit beiden Händen das Lenkgestänge unserer Maschinen. Leises Motorengeräusch ertönte und kam immer näher. Ein paar Hondas mussten darunter sein, deren Geräusch ich immer und überall erkennen würde.
Ich hatte mit einer dieser Maschinen das Motorradfahren gelernt und konnte deswegen deren speziellen Klang sogar im Schlaf erkennen.
Schnell fuhren sie hinter mir in perfekter Formation auf und gleichzeitig bockte ich meine Maschine auf und fuhr blitzschnell ihnen entgegen. Das Tempo auf beiden Seiten beschleunigte sich während Pistolen gezogen wurden. Kugeln flogen mir entgegen, doch sie schossen schlecht während jeder Schuss von mir einen Gegner niederstreckte. Unkontrollierte Maschinen rissen die eigenen Leute mit und ich musste mein Tempo reduzieren.
Links sah ich einige Gegenständer die sich als Sprungchance eigneten. Schnell fasste ich den Entschluss über die stürzende Bande zu springen und drehte den Gashebel voll durch. Heulend fuhr ich genau auf mein Ziel zu und stieß mich zuletzt noch von der Mauerwand ab. Mit einer halben Drehung landete ich und schoss erneut. Überrascht schauten sich die lebenden Fahrer um.
Inzwischen war Roxy über die Limousine gefahren, welche oh Zufall, aus Stahl gebaut war und dadurch das zusätzliche Gewicht am Dach aushielt. Da meine Munition langsam ausging, legte sie auf der anderen Seite los. Binnen weniger Minuten gab es keine lebenden Angreifer mehr und wir bahnten uns unseren Weg zurück.
Elegant bockte sie ihre Honda über den Rolls Royce. Mann, ich hätte wirklich gerne ein Foto davon geschossen. Ein Motorrad fährt über eine Limousine, wo eine waschechte Prinzessin sich aufhielt.
Über die Zentrale hörte ich die Beschwerde der Prinzessin bereits übersetzt. Doch mir war es egal. Dieser Vorfall hätte schlimmer ausgehen können.
Roxy fuhr schließlich wieder an, dicht gefolgt von dem Rolls und ich bildete weiterhin das Schlusslicht. Doch ich machte mir nun wieder Sorgen um Lizzy. Noch hatte ich keine neuen Meldungen von ihr bekommen. Ihre Alarmanlage signalisierte uns noch Gefahr.
Toll, hat bitte schön wer in der Zentrale sie auf einem Radar. Am liebsten hätte ich die Prinzessin sofort verlassen um nach meiner Schwester zu suchen. Auch Roxy schaute immer öfter auf das Armaturenbrett vor ihr. Nach keinen zwei Minuten war das Licht erloschen. Das hieß entweder, dass die Gefahr vorbei war, oder dass die Maschine schrottreif war. Kann mich bitte mal wer aufklären? Dämliche Zentrale und ich durfte mir immer noch nichts anmerken lassen.
Disziplin, Disziplin, Disziplin. Erst der Schützling, dann die Kameraden und zuletzt man selbst. Ich hoffte, dass wir bald vor Ort waren.
Roxy hob mehrmals kurz den Arm. Unser Signal für Ziel in Visier. Kurz darauf bogen wir in die Einfahrt ein. Durch ein Gusseisenes, kunstvoll verziertes Eisentor fuhren wir weiter durch eine Buchenallee bis hin zu einer Freitreppe, an deren Fuß sich ein Kreisverkehr mit Springbrunnen nach alten, adeligen Prunkmuster befand.
Und wer stand dort lächelnd zu uns blickend. Lizzy, eskortiert von der Tiger Cooperation. Und das kleine Miststück winkte uns seelenruhig zu. Ich könnte sie dafür umbringen.
Leise und ruhig, brachten wir alle Fahrzeuge zum Stillstand. Lizzy beobachtete weiterhin die Einfahrt währen Roxy und ich uns die nähere Umgebung teilten.
Plötzlich sprang die Wagentür auf und die Prinzessin lief, dicht gefolgt von ihrer Leibmagd, zu Lizzy und den anderen.
"Chris, Chris, mein Liebling. Hast du mich vermisst? ... Sicher, du hast mich sicher schmerzhaft vermisst.", rief sie meinen Freund entgegen. Was ist jetzt los?
Chris nahm schnell den Helm ab, schüttelte kurz einmal seinen Kopf und versuchte auf Malaysisch auf die junge Frau einzureden. Doch diese lies ihn nicht einmal drei Wörter sprechen. Fröhlich plapperte sie ihn voll. Gab ihn einen Kuss auf die Wange und lief ins Haus.
Entschuldigend sah er mich an und ging ihr hinterher. Ab dem Moment hatte ich überhaupt keinen Durchblick mehr. Hatten die beiden etwas gehabt. Sind sie noch zusammen. Er ist ja immerhin 27 und sie erst 15.
Doch auch seine Kameraden wollten mir darauf keine Antwort gegeben. Sie meinten einstimmig, dass nur Chris mir ruhig alles erklären sollte. Schließlich sind wir ja jetzt zusammen und Geheimnisse zerstören ja jede Beziehung bereits im Keim.
Doch wie sollte ich an die Wahrheit herankommen. Er war schließlich nicht zu fassen. Irgendwo in diesem riesigen Haus unterhielt er sich jetzt mit der kleinen Prinzessin und hatte mich förmlich im Regen stehen lassen. Konnte aus diesem Start überhaupt noch eine richtige Beziehung entstehen oder wurde eine Dreiecksbeziehung aller Hollywood daraus werden?
Langsam fuhr der Rolls Royce wieder an und parkte anschließend in einer großen Garage keine 20m entfernt. Daraufhin stellte Roxy und Lizzy ihre Maschine nebeneinander ab und gingen ebenfalls durch die Tür. Doch wir mussten sich selber öffnen während für die Prinzessin und den hinterher eilenden Chris ein Buttler geöffnet hatte.
Ich schaute weiterhin den Garten ab und stieß kurz die Luft durch die Zähne aus. Danach parkte ich meine Maschine neben den anderen beiden und ging schließlich in das Haus.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für alle die aktiongeladene Romantischschmöcker lieben Vorerst bleibt das Werk unvollendet, weil ich unbedingt der 2. Teil geschrieben werden muss. Jeder Teil wird in sich abgeschlossen sein.

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