Cover

Prolog


"Raus hier. Mir reicht's endgültig. Verschwinde und komm nie wieder. Das hat nun das Fass endgültig zum überlaufen gebracht." Die wütende Stimme meiner Mutter peitschte mir um die Ohren, dabei hatte ich nur die letzte Eskapade meiner Schwester vertuscht und sie auf meine Schultern genommen. Ich habe die Verantwortung wie immer übernommen, ohne vorher nachzudenken. Das würde ich wieder machen, doch anscheinend war es meiner Mutter nun doch zu viel geworden. Meine Koffer standen gepackt vor der Eingangstür. Sie hielt mir mein Geldbörse, meine Pass und die Autoschlüssel hin. Ich nahm alles und ging ohne zurückzublicken weg. Die Koffer landeten im Kofferraum und ich führ weg. Sie würde mich nie wieder sehen. Mittlerweile war ich genauso wütend wie sie. Ich hatte doch nichts verbrochen, doch konnte ich ihr das nicht sagen. Seit fast einen Jahr deckte ich meine kleine Schwester, jetzt wurde mir die Rechnung präsentiert. Meine Schwester ist ein richtiges Partygirl. Ihre Haut hat selbst noch im Winter eine gesunde Bräune, weil sie ständig unterwegs ist. Außerdem hat sie einen Kleidungsstil wie ein Model und kann sich genauso in Schale werfen. Nicht einmal schaute ich ihr deswegen neidisch nach. Ich selber war das genaue Gegenteil. Am liebsten sitze ich vor dem Computer, spiele oder arbeite darauf, lass zwischendurch einige Bücher und gehe kaum fort. Doch dies sollte sich jetzt ändern. Ich wollte mein Leben in die Hand nehmen. Jetzt wollte ich meine Jugend genießen und endlich frei sein. Es sollte nichts mehr geben was mich zurückhalten konnte.




Der Beginn eines neuen Lebens


Nach langer Suche fand ich eine kleine Wohnung und begann mit einer Lehre. Ich hatte zwar eine Matura, aber niemand wollte mich einstellen. So kam ich als Sekretärin in eine Schiffswerft. Es stand erbärmlich und überall rann das Wasser. Nicht einmal rutschte ich aus und fiel auf meinen Hintern. Gleichzeitig wurde ich zum Packesel deklariert. Überall musste ich mithelfen und mitschleppen. Ich kannte das schon von zu Hause, aber dies war nun wirklich Schwerstarbeit. Todmüde fiel ich jeden Abend ins Bett. Untertags sah ich immer wieder den regen Treiben der Schiffsmannschaften zu während die Boote repariert wurden. Selten kam eines nur zur Kontrolle in die Werft. Hie und da verkaufte ich auch eine der Neuanfertigungen oder vermittelte einen Sonderauftrag. Letzteren waren immer die aufsehenerregendsten Boote. Schnittige Fregatten, schnelle Motorboote und manchmal sogar ein Kriegsschiff, welches als Frachter verwendet wurde. Verrückt, wie die Launen der Menschen sich manchmal entwickeln. Einige Male hatte ich auch das Gefühl, dass es nicht mit rechten Dingen zuging. Dann ging ich einfach ins Büro und wartete bis die Kundschaft weg war. Nebenbei suchte ich immer noch nach einer anderen Arbeitsstelle. Doch vergebens. Ich hatte zwar gewaltig in Gewicht verloren und sah nun wirklich gut aus. Nicht einmal hörte ich einen anerkennenden Pfiff hinter mir. Doch es war mir egal. Vorher hatte mich niemand bemerkt, jetzt sollte mich nicht interessieren. Ich kannte die Männer, die sich jetzt nach mir umdrehten. Sie waren mir egal.
Es vergingen Wochen und Monate und ich entwickelte eine Routine. Mir war egal, wer der Kunde war, solange ich einen Profit für mich herausschlagen konnte. Mein Boss erhöhte darauf mein Gehalt und weite mich ein wenig mehr in sein Geschäft ein. Er führte einen Schwarzmarkt für Militär- und andere Operationen. Jeder der zahlen konnte, war ein willkommener Kunde. Er schaute wie ein Puff-Chef aus. Seine rechte Wange wies eine Narbe auf, die ihn einer mit einem Messer zugefuhrt hatte. Seine langen, schwarzen Haare waren in einem Kopf zusammengebunden, der ihm lose den Rücken hinunter hing. Er trug immer einen Mantel oder ein Jackett, welches nur über seine Schultern hing. Manchmal blitzte seine Pistole aus dem Halfter unter dem Überwurf hervor. Niemand zeigte daran Interesse. Es gehörte zum Alltag. Wenn mal eine Kontrolle des Werfts anfiel, sprachen wir den Besucher immer laut an und unser Boss versteckte die Waffen in einem Tresor, der sich im Lager hinter einer Verkleidung befand. Keiner konnte ihm je etwas nachweisen, obwohl die Kontrollen hier immer schärfer und genauer durchgeführt wurden als in anderen Werften. Jeder vermutete nur eine Schwarzmarkthandel oder schlimmeres, doch es gab nie Beweise. Wir hielten alle dicht und wurden dafür gut entlohnt. Wenn ich mich nun zurück erinnere, konnte ich mich nicht mehr mit den schüchternen Mädchen von damals in Verbindung bringen. Mein ganzes Auftreten und Verhalten hatte sich geändert. Ich war genauso korrupt wie alle anderen. Wir waren wie eine Familie, doch niemand kannte den anderen besser. Jeder verheimlichte seine Herkunft, seinen Familienstand, seine Freunde und Bekannten. Niemand wusste wo der andere wohnte. Dennoch waren wir eine eingeschworene Gemeinschaft und auf Profit aus. Zahlte ein Kunde mal nicht rechtzeitig. Gingen die schwächer Besaiteten, darunter auch ich, ins Bürogebäude während im Hafen am anderen Ende des riesigen Grundstückes alle Differenzen geklärt wurden. Was dort genau passierte interessierte mich nicht. Wir hatten nur einen Kunden weniger oder eine Sofortzahlung. Mir war mittlerweile schon egal, wie die Entscheidung ausfiel. Das Geld bekamen wir dennoch. Nach fast einem halben Jahr war ich ein richtiges Miststück. Ich feilschte, drohte und gewann immer mehr an Macht. Mein Ansehen in Schwarzhandel stieg. Mein Spitzname wurde immer bekannter. Sie nannten mich "Panther", weil ich tödlich wie mein Namensgefährte zuschlagen konnte. Ich griff jedoch nie selber ein, sondern schickte unsere Mittelsmänner los. Jeder sah mich mit mehr Furcht als Respekt an und mir war es egal. Im Hinterkopf wusste ich noch, dass ich nie so werden wollte. Doch es hatte sich viel geändert, seit mich meine Mutter aus dem Haus geworfen hatte. Nach einem Jahr in der Werft wurde ich in alles eingeweiht. Mein Boss war einer der führenden Mafiabosse. Seine Schiffe waren überall beliebt, ob beim Militär oder deren Gegnern. Die Mittelsmänner waren besser trainiert als der israelische Geheimdienst, welcher angeblich der beste der Welt ist. Niemand traute sich etwas gegen ihn zu unternehmen. Neben der Werft betrieb er noch ein Puff und einen Menschenhandel. Das war auch der Grund warum funktionstaugliche Schiffe regelmäßig in die Werft kamen. Kontrolle war nicht notwendig, es wurde menschliche Ware verladen und zum Verkauf freigegeben. Auch diese Erkenntnisse lassen mich mittlerweile kalt. Ich gehörte schon völlig zur Untergrundwelt. Mein Leben fand fast nur noch nachts statt, wenn ich neue Verträge abschloss. Dabei begleiteten mich immer zwei oder drei Söldner. Niemand wagte es auch nur den kleinen Finger gegen mich zu erheben. Dennoch war ich nicht zufrieden, ich war abhängig von meinen Begleitern. Das wollte ich nun verändern. Nach einer kurzen Unterhaltung mit meinem Boss erlaubte er mir ein Kampftraining zu starten. Dies sollte ein Jahr dauern und würde ein Intensivtraining sein. Meine Muskulatur war bereits durch das heben und tragen der schweren Kisten im Werft gestärkt. Jetzt musste ich lernen sie im Kampf einzusetzen. Bereits am nächsten Tag sollte ich mit dem Training beginnen. Die besten Lehrer und Trainer der Welt sollten mich unterrichten. Ich lernte mich zu verteidigen, zu rennen, zu sprinten, zu springen, mich abzurollen, im Lauf oder Sprung zu wenden und vieles mehr. Nach einem halben Jahr konnte ich mich problemlos gegen zehn erfahrene Gegner verteidigen. Nun sollte ich lernen von mir aus auszugreifen. Dabei kam mir meine gute nächtliche Sicht zu Gute. Ich liebte die Nacht seit meiner Kindheit, jetzt wurde ich tödlich wie die Nacht. Mein Name war in aller Munde, jeder kannte meine Fortschritte. Nach Ablauf des Trainingsjahres war ich eine tödliche Kampfmaschine, verschlagen und hinterhältig. Wenn mich so meine alten Bekannten getroffen hätten, würden sie mich nicht mehr wiedererkennen. Ich hatte nun überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit dem Mädchen, welches von zu Hause fort musste. Doch hatte ich sie nie vergessen. Jeden Monat überwies ich per Dauerauftrag eine enorme Summe nach Hause. Am Anfang kam noch ein dankender Anruf, doch nun war es für alle anscheinend selbstverständlich. Ihr Verhalten ärgerte mich, doch ich würde deswegen den Bankauftrag nicht stornieren. Sie sollte mit den paar Tausendern machen was sie wollen, ich braucht das Geld nicht. Ich hatte selber genug und konnte mich nach zwei Jahren Arbeit schon pensionieren lassen. Mein Verhandlungsgeschick und meine Kaltblütigkeit lassen meine Verhandlungspartner erschauern noch bevor ich den Raum betrat. Eine der Kellnerin hatte mir einmal erzählt, dass die Klienten sich immer an der Bar Mut zutrinken mussten, bevor sie sich zu mir an den Tisch gesellten. Mir war es egal, ich lächelte nur darüber und veränderte nichts. Sollten sie sich doch fürchten, ich konnte davon nur profitieren. Mein Verlangen nach aufregenderen Auseinandersetzungen wuchs, ich suchte nach einem Partner, der mich noch mehr fördern konnte. Doch ich fand noch Weicheier. Zwei Monate nachdem ich mein Training beendet hatte, versuchte ein Klient mich in der Gasse zu überwältigen. Ich spürte seinen säuerlich riechenden Atem an meinen Nacken entlang streichen. Eine grapschende Hand wanderte von meiner Brust zu meinen Hüften. Ich wartete ab. Als sie gerade meine Hosenbund wich ich geschickt unter seinen Arm aus. Er schaute mich erstaunt an. Ein Kasten von einem Mann stand erregt vor mir. Seine Augen glühten vor Geilheit. Seine Hose war sichtlich zu eng. Ich zuckte nur mit der Schulter, wandte mich ab und ging. Schon nach wenigen Schritten hatte er mich an der Schulter gepackt und wollte mich herumwirbeln. Ich nutze den Schwung und trat aus. Meine Fuß landete unter seinem Kinn und Luft entwich seine Kehle. Vor Schmerz fasste er sich an den Hals. Inzwischen stand ich immer noch auf einem Bein und begann meine Tritte abwärts zu setzen. Zuerst zwei auf die breite Brust, dann einen in den Magen. Ich spürte, dass sich der fast hundertzwanzig Kilo Koloss vor mir leicht hob. Mit fünf weiteren Tritten in den Magen hob ich ihn in die Luft. Sein Mageninhalt landete neben mir auf der Gosse. Mit einem weiteren Round-Kick katapultiere ich ihn gegen die Straßenwand. Dort blieb er liegen und konnte sich nicht mehr bewegen. Ich schaute an mir hinab und bemerkte zu meiner Erleichterung, dass mich nichts erwischt hatte. Schnell band ich mir den Zopf neu und ging fort. Ich musste im Büro Bericht erstatten und mir eine Predigt über richtiges Verhalten mit schwierigen Anhören. Langweilig. Ich konnte nichts für das Verhalten meines Gegenübers. Gut, ich kleidete mich inzwischen sehr freizügig. Meine engen, schwarzen Hosen reichten zwar bis über meine Knöchel, doch sie versteckten meine langen, schlangen Beine nicht. Mein schwarzes Top war entweder ärmellos oder langärmlich mit einem langen Schlitz auf der Seite und überlässt auch nichts der Fantasie des Betrachters. Am Abend nahm ich immer meine schwarze Bomberjacke mit. Doch zog ich sie beim Eintreten, auch wenn es noch zu kurz war, immer aus. Mein schwarzes Haarband, verwendete ich manchmal auch als Gürtel. Dann hing mir mein seidiges, braunes Haar glatt bis über die Schultern. Länger wollte ich meine Haare nicht wachsen lassen. Meine blaugrauen Augen blitzten ständig verführerisch in die Runde. Meine Bewegungen erinnerten schon seit langen mehr an eine teure Prostituierte als an ein einfaches Mädchen vom Lande. Mein Hüftschwung lies sowohl Männer als auch Frauen scharf einatmen. Nicht einmal musste ich Avancen von Frauen und Männern abweisen. Mir wurde dieses Verhalten immer langweiliger. Ich wollte diese Leute nicht näher an mich heranlassen, doch ihre Blicke wurden mir immer lieber. Es entwickelte sich ein Spiel zwischen mir und den anderen. Je langweiliger mir wurde desto heißer zog ich mich an. Meistens trug ich schwarze Sachen, weil mir die Farbe am besten gefiel. Manchmal kombinierte ich noch einige silbrige oder rote Klamotten mit meinem restlichen Outfit. Selten trug ich weiß, weil ich mir dann billig vorkam. Selbst meine Abendgarderobe bestand aus schwarzen Cocktailkleidern und heißen Minis. Ich war überall anwesend, auch ohne Einladung. Mein Auftreten war überall erwünscht, denn ich heizte die Stimmung immer öfter an. Dennoch vergaß ich nicht zu trainieren, denn ich wollte meine Unabhängigkeit nicht verlieren. Meine Bodyguards waren nur noch der Form halber mit. Ich brauchte niemanden mehr, ich konnte mich besser verteidigen als jeder andere es könnte.

Der Hinterhalt


Dennoch wurde ich nie leichtsinnig. Ich wusste, dass Leichtsinnigkeit mein Todesurteil ist. Neben meiner bisherigen Aktivtäten lernte ich von meinen Boss nun auch zu segeln. Ich liebte große Katamarane und die steife Brise auf dem Meer. Nicht einmal blieb ich für eine Woche auf See. Je rauer und stürmisches das Meer wurde desto lieber blieb ich draußen. Ich kannte meine Grenzen und ging gerne aufs Ganze. Nach zwei Monaten Segelunterricht begann ich mich an Segelwettbewerben anzumelden. Schon nach kurzer Zeit gewann ich alles was nur möglich war. Auch mit dem Motorrad fahren hatte ich begonnen und flitzte ohne Helm durch die Straßen der Stadt. Der kühle Fahrtwind, besonders in der Nacht, regte meine Sinne an und steigerte meine Risikobereitschaft. Ich war schon fast drei Jahre von zu Hause fort. Manchmal fuhr ich in die Nähe meines Elternhauses und beobachtete meine Familie aus der Ferne. Es war zu riskant, wenn ich mich jetzt öffentlich zu ihnen bekennen würde. Das Risiko war mir zu groß, denn jeder wollte mich fallen sehen. Den Namen "Panther" sprach man nur noch in Flüsterton aus. Jeder kannte meine Schlagfähigkeit, ob mit Worten, Waffen oder roher Gewalt. Ich war ein fixer Bestandteil der Mafia geworden. Gefühllos und tödlich. Dennoch vermisste ich meine Familie, dies würde sich nie ändern. Egal was noch auf mich zukommen würde.
Die Besuche bei meiner Familie wurde mit den Monaten immer seltener dafür erhöhte ich die regelmäßigen Überweisungen. Ich hatte ja das Geld und brauchte es nicht in diese Menge. Außerdem musste ich schon seit langen nichts mehr bezahlen, weil jeder mir alles förmlich hinterher warf. Zog ich einmal etwas an, wurde es zum neuen Modetrend und die Geschäfte boomten. Besonders meine Lieblingsgeschäfte konnte ich nur noch nach Ladenschluss aufsuchen. Sie öffneten extra für mich und Sicherheitsleute hinderten die Massen nach mir hineinzustürmen. Ich wurde gefeiert wie ein Popstar. Doch nicht wegen meines Könnens oder meines Charmes sondern wegen meiner tödlichen Ausstrahlung. Jeder wollte es mir gleichtun, doch keiner kam nur im Entferntesten an mich heran. Schon bald fand ich mich auf einem Podest wieder. Das wollte ich nun wieder nicht. Ich zog mich zurück, hielt mich bedeckt und wartete ab, bis sich die allgemeine Aufregung gelegt hatte. Es dauerte fast ein Monat bis niemand mehr versuchte mich nachzuahmen. Daraufhin wurde ich wieder aktiv. Ich musste meinen Rang bei sämtlichen Untergrundorganisationen wieder festigen. Meine kurze Pause hatte Platz für Spekulationen gelassen. Tat- und schlagkräftig verbesserte ich mir meine Position und wurde noch gefürchteter. Jeder wollte nun mehr über mich herausfinden, doch dieses Wissen wusste noch nicht einmal mein Boss. Niemand sollte mich mit meinen alten Ich in einem Zusammenhang bringen. Das war nun die einzige Möglichkeit um meine Familie zu schützen.
Schon nach kurzer Zeit reduzierte ich meine Aufmerksamkeit. Ich wusste was ich konnte und die anderen hatten dasselbe Wissen. Ich verschwieg niemandem mein Können. Am Verhandlungstisch war ich genauso tödlich wie auf der Straße. Bereits nach kurzer Zeit verabschiedete ich meine Bodyguards. Sie waren mir ein Klotz am Bein. Ich brauchte meinen Freiraum, meine Unabhängigkeit. Niemand sollte mich daran hindern oder mich eingrenzen. Mein Selbstbewusstsein erreichte seinen Höhepunkt. Mir war alles egal, ich hatte alles und doch nichts. Niemand verweigerte mir meine Wünsche, doch ich konnte nicht zu meiner Familie zurück. Sie wussten, dass ich lebte, doch nicht wie. So sollte es auch bleiben. Sie würden sich nur für mich schämen und das konnte ich nicht verkraften. Ich wurde immer aggressiver und leichtsinniger. Mein Boss ermahnte mich immer öfter, doch ich veränderte nichts. Ich hob förmlich ab und alle spürten diese Veränderung. Jeden Abend versuchte mich jemand anderes zu überwältigen. Als ich noch schwächer war - jedoch alle Sinne bei einander hatte - versuchte niemand einen Angriff oder nur selten. Nun war stand wurde ein täglicher Kampf Teil meines Tagesablaufs. Dabei steckte ich nie etwas ein, nicht einmal einen Kratzer. Meine Gegner waren dafür immer Krankenhaus reif. Dies steigerte noch mein übertriebenes Selbstbewusstsein. Ich merkte nicht einmal, dass ich in einem Teufelsrad steckte. Niemand konnte mich erreichen, weil ich früher niemanden an mir herangelassen hatte. Die einzigen Personen, die vielleicht noch helfen konnten, waren für mich unterreichbar.
Ich begann mich am Menschenhandel zu beteiligten und leitete einige Schiffsfuhren. Auf See waren schon bald meine riskanten Manöver bekannt. Die Crew wusste nie ob sie mich für mein Können respektieren oder Angst um ihr Leben haben sollten. Zunehmend verbrachte ich immer längere Zeit auf der See. In rauen Zeiten spiegelte sie mein Inneres wieder. Ich wurde die Geisel des Meeres. Die See fesselte mich und ich blieb schließlich fast ständig auf hoher See. Auch von dort konnte ich mit potentiellen Geschäftspartnern verhandeln. Immer wenn wir in die Werft einliefen, schickte mir mein Boss schwierige Kunden an Bord. Schnell wurde ich mit ihnen einig und sie zahlten noch mehr als ursprünglich vereinbart. Niemand wiedersprach mir, doch ich spürte, dass sie mich alle fallen sehen wollten. Die Suche nach meiner Vergangenheit verstärkte sich zunehmend. Dies bemerkte ich jedoch nur am Rande, die See war mein neues Zuhause. Ich focht, wie die damaligen Piraten, meine Kämpfe nur noch auf See. Hier und auf dem Land konnte mir niemand das Wasser reichen. Ich sah wie sich jeder duckte, wenn ich mich bewegte oder in seine Richtung blickte. Manchmal sah es wirklich komisch aus, wie sich alle wendeten, um meinen Blick zu entrinnen. Dies entlockte mir dann ein ironisches Lächeln und ich dachte über meinen Werdegang nach. Vom Landein zum Mafiagirl. Großartig, atemberaubend, gefährlich, tödlich. Ich achtete nicht mehr auf meine Umgebung, mein Selbstbewusstsein hatte alle Grenzen gesprengt. Mir war egal, was andere über mich dachten oder sagten. Ich kam mir wie ein Superheld vor, unverwundbar und unfassbar. Niemand konnte mich festhalten oder überwältigen. Keine hatte diese Fähigkeiten.
Doch ich sollte mich irren. Nach einem Jahr auf See, machte ich wieder einen Landgang. Ich zog durch die dunklen Straßen der Stadt und war übermüdet. Mir war langweilig und ich achtete nicht auf meine Umgebung. Plötzlich schoss eine Hand aus der Dunkelheit und zog mich an der Schulter zurück. Geschockt lies ich es zu. Ein Taschentuch befand sich fast gleichzeitig auf meinen Mund und meiner Nase. Mir würde übel und schwindlig. Kurz darauf sah ich zwei bernsteinfarbene Augen an und fiel in Ohnmacht.
Ich wachte auf einer Fregatte auf und wusste nicht wie ich überhaupt hierhergekommen bin. Langsam setzte ich mich auf, weil mein Kopf noch vom Betäubungsmittel dröhnte. Schnell hatte ich die Kajüte überblickt. Kein Fenster, keine losen Gegenstände, nicht einmal Lacken oder anderes zerreisbares Material. Nichts was man einfach bewegen konnte. Frustriert lies ich mich wieder auf das blanke Eisengestellt zurückgleiten. Wo war ich hier? Wer hatte mich überwältigt? Wieso war ich nicht aufmerksamer? Was wollten diese Leute von mir und wieso hatten sie mich gefangen genommen? Was war ihr Ziel? Wo wollten sie mich verfrachten? Suchend blickte ich mich noch einmal um. Nichts, niemand im Raum. Langsam wurde mein Kopf wieder klar. Ich wartete bis auch die letzten Nachwirkungen sich in Luft auflösten. Draußen dämmerte es bereits. Die Nacht, mein Freund, meldete sich. Spitze, nun aber los. Ich glitt aus dem Bettgestell und ging zur Tür. Verschlossen, natürlich. Mit meinen Füßen wollte ich gerade gegen den Rahmen treten als ich bemerkte, dass ich nur meine Unterwäsche trug und sonst nichts. Kopfschüttelnd schaute ich noch einmal an mir herunter. Ich war fast nackt. Wo sind meine Sachen? Meine Kleidung, meine Stiefel und vor allem wo sind meine Waffen? Jetzt war ich wirklich wütend. So konnte ich nicht herumlaufen. Ich schaute in den eingelassen Schrank. Nichts, leer. Frustriert fuhr ich mir durch die Haare. Was nun? Nach fast eine Stunde hörte ich schwere Schritte in meine Richtung kommen. Die Tür wurde aufgeschlossen. Ich hörte drei Schlösser knarren und ein Mann stand plötzlich in der Tür. Er ähnelte den Piraten aus den alten Geschichten. Sein langes, strähniges Haar fiel ihn in Wellen den Rücken hinab. Er war muskulös, gut definierte Muskeln, die alle antrainiert waren. Eine schmale Taille und breite Schultern. Am fesselndsten waren seine silbrigen Augen, die mich ohne Unterbrechung anblickten. Er schloss die Tür hinter sich und lehnte sich gegen das Metall. So standen wir uns kurz gegenüber, er voll bekleidet und ich nur in meiner Unterwäsche. Als ich mir meiner peinlichen Lage bewusst wurde, blickte ich ihn erzürnt an. Konnte ihn aber nur ein Lächeln abringen. Seine Augen blitzten auf und ich sah, dass er ein Lachen unterdrücken musste. Spitze, die gefährlichste Kämpferin überhaupt hatte sich von einem dahergelaufenen Möchtegern-Piraten überwältigen lassen. Ich schoss all meine Fragen gleichzeitig ab, ich wollte jetzt Antworten oder ich würde noch durchdrehen. Daraufhin schallte sein raues Lachen durch die Kajüte und mir zog es dabei den Unterleib zusammen. Verdammt, er war wirklich attraktiv, obwohl er ungepflegt aussah, strahlte er puren Sex aus. Langsam richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und kam auf mich zu. Ich war mit meinen 176cm schon nicht klein, aber er war gut einen Kopf größer. Mit einem Blick zu Decke vergewisserte ich mich, dass die Kajüte noch Spielraum bildete, doch um durch den Türrahmen zu kommen, musste er vorher den Kopf einziehen. Ohne mich aus den Augen zu lassen, strich er mir zärtlich über die Wange. Kopfschüttelnd blickte er auf mich herab. Ich öffnete meinen Mund um ihn meine Meinung entgegen zuschleudern als er den Moment nutzte und mich küsste. Vorsichtig erkundete seine Zunge meine Unterlippe und drängte sich zwischen meine Zähne. Ich wollte zubeißen als er schnell zweimal gegen meine Zunge stieß. Daraufhin schmiegte ich mich an seinen muskulösen Körper, krallte meine Hände in seine Mähne und spürte seine Hand um meine Taille.
"Na, Kleine. Was nun?", riss mich seine raue Stimme aus den Fesseln unserer Leidenschaft. Frustriert stöhnte ich auf und stieß mich an seinen Oberkörper ab. Ich lehnte mich nun meinerseits rücklings gegen die hölzerne Außenwand des Schiffes und schaute ihn fragend an. Bis auf meine Fragen, hatte ich noch nichts mit ihm gesprochen. So sollte es auch bleiben. Meine Sturheit entlockte ihm noch ein sexy Lachen und er ging wieder auf mich zu. Mit seinen Unterarmen stützte er sich neben meinen Kopf ab und nahm ein Gesicht so wieder gefangen. Sein Körper versperrte mir jeden Fluchtweg. Ich spürte, dass er mindestens so schnell, wenn nicht schneller, als ich reagieren würde. Gefesselt von seinen Augen wartete ich ab, was passieren würde. Mit einer Hand strich er nun die Träger von meinen Schultern, wanderte meine Leiste hinab zu meinen Höschen. Langsam wanderten seine Lippen von meiner Stirn, über meine Wange an mein Ohr. Kurz tauchte seine Zunge in die kleine Höhle bevor sein Atem die Feuchtigkeit trocknete. Ich begann zu zittern und schloss die Augen. Seine Lippen bewegen sind nun meinen Hals hinab zu meinem Busen. Scharf zog ich den Atem ein als sich sein Mund um meine Nippel schloss. Binnen kurzer Zeit hielt mich nur noch sein Oberkörper aufrecht. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen so erregt war ich. Fest klammerte ich mich in seine Haare und zog sein Gesicht noch dichter an mich. Blitzschnell legte er meine Beine um seine Hüften und ich zog ihn so noch fester an mich. Seine Erregung drängte sich durch seine Hose an mich und steigerte meine noch zusätzlich. Zwischen seinen Liebkosungen küsste er mich immer wieder, doch irgendetwas störte mich trotz meiner hochgradigen Erregung. Mir war es völlig egal als er sich wieder meinen Brüsten widmete. Sanft benetzte seine Zunge meine BH und der Unterschied zwischen seinen warmen Mund und der kalten Luft lies mich erneut erzittern. Meine Beine zogen ihn noch fester an mich, so dass ich nicht mehr wusste wo ich anfing und er aufhörte. Wir bemerkten nicht, wie die Tür erneut geöffnet wurde. Erst das Knarren der Diele lies uns aufschrecken.

Wie ein Schlag auf dem Kopf


Langsam klärte sich mein Blick und löste mich von ihm. Ich konnte erkennen, dass er zwar erregt war, doch hatte er sich perfekt unter Kontrolle. Bis auf die Ausbeulung seiner Hose, lies er sich nichts anmerken. Mein Atem ging indessen noch stoßweise und ich war völlig verwirrt. Ich ließ meinen Blick zu dem Störenfried schweifen und erstarrte. Mein Boss stand direkt vor mir. Lächelte gequält und wartete auf meine Reaktion. Der Mann vor mir, lehnte sich seitlich neben mich und hielt meine Taille fest. Ich fahr völlig neben der Spur. Wusste nicht was ich sagen oder wie ich handeln sollte. Was war hier los? Was sollte das ganze? Verwirrte blickte ich von einem Mann zum nächsten und wartete auf eine Erklärung. Doch niemand wollte dazu ansetzen. Mein Boss war meine Klamotten auf das Bettgestell, stellte meine Stiefel dazu und nickte mir zu, bevor er sich umwandte und wieder rausgehen wollte. Ich blickte kurz zu dem Typen neben mir empor und erntete ein schiefes Grinsen. Das reichte mir, ich konnte nicht mehr. Wütend blitzenden meine Augen auf. Ich wollte endlich wissen was los war. Mein Boss war fast aus der Kajüte getreten als ich meine Stimme wieder fand. Mit deutlich gedämpfter Stimme suchte ich um eine Erklärung an. Stocksteif stand mein Verräter mir gegenüber, den Rücken mir zugewandt. "Es musste so sein, Liebes. Das war zu deinem Besten. Dein Selbstbewusstsein war schon krankhaft. Bevor dir etwas Ernsthaftes passiert, habe ich dies geplant. Du sollst auf ein Jahr auf See bleiben. Chris und seine Leute werden auf die aufpassen." Damit nickte er den Mann neben mir noch zu und verlies mit traurig, hängenden Kopf die Kajüte und, wie ich später noch erfuhr, das Schiff. Ohne sich umzudrehen und zurückzublicken ging er fort, genauso wie ich damals von zu Hause fort ging. Plötzlich war in der Kajüte die Hölle los. Chris und ich liefen gleichzeitig los. Im letzten Moment zog er mich wieder hinein und lehnte sich wieder gegen die geschlossene Metalltür. Wütend blickte ich ihn an, richtete meine Unterwäsche und wartete erneut ab. Noch einmal würde mir diese ganze Peinlichkeit nicht passieren. Seine Augen flehten mich an, ihm zu verzeihen. Er wollte es nicht, es war ein Befehl von Oben und, wie jeder andere, musste er diesen erfüllen. Ich kannte die Regeln, doch mein Stolz hinderte mich daran, ihm zu verzeihen. Auch er verließ mich nach kurzer Zeit und schloss hinter sich ab. Schnell zog ich mir meine Sachen an und wartete ab. Ich spürte wie unter mir das Schiff an Fahrt zu legte. Wir führen auf die hohe See hinaus und ich war hier eingesperrt. Die ganze Nacht kehrte niemand zurück. Erst im Morgengrauen wurde die Tür wieder aufgeschlossen. Ich wartete ab, ob jemand hereinkommen würde, doch nichts passierte. Ich fühlte mich von allen verraten, doch gestand ich mir ein, dass es zu meinen Besten war. Sie hatten mich vor Schlimmeren bewahrt.


Gefecht auf hoher See


Die Tage vergingen, ich lernte den Rhythmus des Schiffes kennen. Die tägliche Routine an Board und die Geräusche des Schiffes. Jede Kleinigkeit war mir bekannt, ich konnte alles jederzeit richtig zuordnen. Schon am ersten Tag wusste ich, dass ich die einzige Frau an Bord war. Doch niemand beachtete mich. Ich war für alle wie Luft. Chris war selbstverständlich nicht nur ein Söldner. Er war der Sohn meines Bosses, also ein hohes Tier in der Mafia und außerdem noch der Kapitän dieses Schiffes. Großartig, der attraktives Mann den ich bisher kennengelernt habe, ist für mich aufgrund deines Daddys tabu. Spitze. Die See wurde von Tag zu Tag rauer. Manchmal hörte ich Kanonenschüsse in der Ferne. Vor dem Hinterhalt hatte ich von Piraten in der Karibik gehört. Sollten wir dorthin segeln. Das kann doch nicht ihr ernst sein, oder? Chris ging mir seit unserer Bekanntschaft in der Kajüte aus dem Weg. Der Rest der Mannschaft behandelte mich wie Luft. Ich hatte nichts zu tun und war kurz vorm Durchdrehen. Warum hatte ich alles gelernt und trainiert, wenn ich es nicht anwenden konnte. Verzweifelt schaute ich auf den Großrahr, doch dort wollte mich der Späher auch nicht sehen. Sein Revier sollte keine Frau betreten. Auch nirgendwo sonst ließen mich die Männer mithelfen. Als ob ich zu diesen schwächlichen Frauen gehörte, die zu keinen Handstrich fähig sind. Ich kannte die Bedeutung von Arbeit, obwohl ich den Begriff Schwerstarbeit erst bei der Mafia kennengelernt hatte. Warum behandelten mich alle wie ein Kind. Ich hatte Fehler gemacht, doch was sollte mir hier passieren. So lange untätig herumzustehen, lies mich an mir selbst zweifeln. Die Schüsse wurden inzwischen immer lauter und dröhnten bald in der Nähe. Wir segelten von einer Insel zu der Nächsten. Inzwischen hatte ich meine Waffen wieder. Doch kein Platz zum Trainieren. Die Männer trainierten spät abends oder früh morgens, wenn ich in meiner Kajüte eingesperrt war. Danach war Trainingssperre. An diese Regel musste ich mich wie alle anderen auch halten.
Plötzlich drehte das Schiff und ich konnte noch eine Sicherrungsleine schnappen, bevor ich auf die Knie sank. Mit der andren Hand hielt ich den Abstand zur Planke und lies mich langsam nach vorn gleiten. So saß ich fast parallel zum Meeresspiegel. Das Schiff schwankte im Wind, bevor es wieder Fahrt aufnahm. Schnell änderte sich die Atmosphäre an Board. Waffen wurden entstaubt und geladen. Kanonen festgebunden und geladen. Ein Matrose hisste die Piratenflagge. Was war hier nur los? Gehörte um Imperium meines Bosses noch die Piraterie oder warum hissten wir die Totenkopfflagge, die "Jolly Roger". Der Wind nahm an Stärke zu und der Bug stieß durch die Wellen. Die Segel blähten sich und zusätzliche wurden gehisst. Immer schneller flogen wir über die See. In der Ferne sah ich eine zweite Totenkopfflagge. Unser Schiff nahm direkten Kurs auf das andere Piratenschiff. Mit einem Blick über die Schulter entdeckte ich den Kapitän, welcher das andere Schiff anpeilte. Grimmig und entschlossen, lenkte er sein Schiff durch die Wellen. Fasziniert beobachtete ich ihn. Stolz und entschlossen visierte er sein Ziel an. Schnell kontrollierte ich meine Schusswaffen und die Klingen meines Messers wie auch meiner Dolche. Alles war bereit zum Einsatz. Der Spaß sollte beginnen. Mein Lachen hallte über das Deck. Einige Köpfe drehten sich zu mir um, wahrscheinlich hielten sie mich für verrückt. Doch ich spürte, dass meine Untätigkeit endlich ihr Ende gefunden hatte. Chris indes ignorierte mich weiterhin. Was soll's? Ich fühlte mich wieder frei und losgelöst. Jetzt konnte ich wieder wirklich durchatmen. Das andere Piratenschiff hatte uns bemerkt und nah nun ebenfalls Fahrt auf. Kanonen rollten heraus und einige Männer standen in den Wanten und in der Takelage. Stahl blitze im Licht und ich spürte meine Erregung wachsen. Nach so langer Untätigkeit wollte ich kämpfen, mich bewegen, irgendetwas machen - egal was. Beide Schiffe wendeten fast gleichzeitig und fuhren in die gleiche Richtung weiter. Die Wände schrammten aneinander und die Enterhacken flogen durch die Luft. Schnell kletterte ich in die Takelage und über das Großrahr auf der anderen Seite wieder hinunter. Inzwischen stürmten beide Schiffsmannschaften das jeweils andere Schiff. Das Gefecht war im vollen Gange und wieder beachtete mich keiner. Was war nun wieder los? Auf dem Land kämpfte ich ständig und hier war ich mitten in der Schlacht immer noch Luft. Schnell schob ich meine Verwirrung beiseite und schaute mich um. Überall schlug Klinge an Klinge. Dolche und Messer zogen lange Risse in die Haut des Gegners. Es war deutlich zu erkennen, dass wir zwar weniger Leute waren, dafür besser ausgebildet. Zwei bis drei Gegner kämpften gegen einen von unserer Mannschaft. Ich lachte auf. Soweit musste es also kommen. Mein Freiheitsdrang hat mich hierhergeführt und jetzt war ich nutzlos wie ein vergessenes Paket. Ich hing in der Takelage wie bestellt und nicht abgeholt. Schaute allen zu und wünschte mir eingreifen zu können. Doch der Ausgang der Schlacht war schon festgelegt. Enttäuscht zog ich mich auf den Ausguck zurück und blickte auf die See. Nirgendwo regte sich nur eine kleine Brise. Nach nicht einmal fünf Minuten sah ich eine Bewegung am Horizont. Der Wind kam mit einer steifen Brise aus dieser Richtung und die beiden Schiffe lagen quer zu dieser Richtung. Nach kurzer Zeit erkannte ich die "Union Jack", die Flagge der britisch-irischen Marine. Verdammt, auch das noch. Schnell überflog ich die Schlacht unter mir. Irgendwo musste ja unser Kapitän sein. Ich fand im am Bug stehend mit gezogenen Schwert. Der Wind blies ihn immer wieder eine Strähne ins Gesicht. Doch es störte ihn nicht weiter. Konzentriert parierte er jeden Angriff seiner Gegner und verletzte sie mit jeder Gegenattacke. Er war den dreien bei weitem überlegen. Doch ahnte er nichts vor der drohenden Gefahr der Marine. Aus Erzählungen wusste ich, dass diese Schiffe niemals alleine fuhren und mehrere Kriegsschiffe waren genau das, was wir jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnten. Schnell hangelte ich mich wieder hinunter. Flitzte unter klirrenden Schwertern hindurch, sprang über zischende Klingen und drängte mich zwischen dem restlichen Kampfgetümmel zum Bug durch. Wenige Schritte vorher zog ich meine Dolche aus den Schaftstiefeln. Zurrend flogen sie durch die Luft direkt in die Kehle meiner Gegenüber. Den dritten Gegner enthauptete Chris und schaute mich nun endlich an. Mit einem Kopfnicken zeigte ich in die Richtung der näher kommenden Schiffe. Mittlerweile konnte man mindestens fünf wahrnehmen. Noch zu weit entfernt, um mit ungeschultem Auge, die Flaggen und die Größe des Konvois erkennen zu können. Schnell war Chris mir meinen Dolch zurück und brüllte seine Mannschaft zusammen. Auch unsere Gegner machten sich zur Abfahrt bereit. Niemand wollte mit der gehissten "Jolly Roger" festgenommen werden. Binnen kurzen lösten sich die beiden Schiffe voneinander und flogen über die See. Abwechselnd schlief die Mannschaft während der Rest die Segel im Auge behielt, Löcher flickte und andere Tätigkeiten wieder aufnahm. Chris wechselte sich mit dem Steuermann ab. Mindestens ein Drittel der Mannschaft war immer wach und wie schon vorher war ich die Einzige die nicht eingeteilt wurde.
Wir waren jetzt schon fast ein Jahr auf See, meine "Gefangenschaft" sollte bald vorüber sein. Ich freute mich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren und wieder aktiv zu werden. Anfangs war die Pause noch angenehm gewesen, doch nach einer Woche wusste ich, dass ich hier als Gast angesehen wurde. Bis jetzt hat sich daran nichts geändert. Ich war nur Ballast für die Mannschaft. Ein untätiger Nichtsnutz, den niemand in seiner Nähe haben wollte. Selbst der Kapitän hatte sich mir nie wieder genähert, was mir einen leichten Stich verpasste. Ich war anscheinend nur ein Auftrag für ihn. Als ich in Sicherheit war, hatte er seinen Spaß und hielt nun Abstand zu mir. Trotz der langen Zeit liebte ich die See immer noch, doch mein Drang nach Aktivität war stärker. Ich wollte wieder etwas unternehmen. Mich körperlich betätigen. Wir traten nun endlich die Heimreise an, in einem Monat sollten wir die Werft erreicht haben sofern es die See zuließ. Seit mir dies klar geworden ist, braute sich ein Wetter zusammen. Wir mussten auf einer der näheren Inseln halten. Die Luft drückte uns alle nieder. Das Atmen wurde zunehmend schwieriger. Einige Inselbewohner wurden krank und wir hielten Abstand. Nach drei Tagen gingen unsere Lebensmittel zur Neige und der Sturm lies immer noch nicht nach. Draußen tobte das Meer und schlug riesige Wellen, wir waren froh einen rettenden Hafen angelaufen zu haben. Schließlich faste sich Chris ein Herz und ging auf Nahrungssuche. Irgendjemand musste etwas zum Essen verkaufen können und die Krankenlager musste er ja nicht besuchen gehen. Nach fast zwölf Stunden kam er mit fünf Karren zurück. Wasser, Lebensmittel, Stoffe und Leinen. Alles war vorhanden. Alle Vorräte waren aufgestockt. Schnell liefen wir die Planke hinunter und nahmen die Sachen entgegen. Vor der Dämmerung war alles verstaut und wir saßen lachend zusammen. Unsere Bäuche waren mit den Leckereien vollgestopft und wir wurden müde. Langsam löste sich die Gesellschaft auf, jeder zog sich in seine Kajüte zurück.
Am nächsten Morgen wurde ich von einem Trommelwirbel an der Tür geweckt. Der Stauermann war außer sich. Chris lag krank in seiner Kajüte und niemand wollte sich in seine Nähe begeben. Spitze, nun war ich also doch noch zu etwas gut - als Krankenschwester, obwohl ich keine Erfahrung darin hatte. Schnell ging ich zur Kajüte des Kranken. Fiebrig wandte er sich im Bett. Schweiß rann seine Stirn hinab. Ein Krug Wasser, eine Schüssel und ein sauberes Tuch lag vor der Tür. Ich schnappte mir alles und schloss die Tür hinter mir. Schnell benetzte ich das Tuch und kühlte die Stirn meines Patienten. Wirres Zeug brabbelnd warf er sich herum. Ich musste aufpassen, dass er mich nicht schlug. Schnell schaute ich mich in seiner Kajüte um. Sie war größer als meine und hatte sogar Fenster. Auch einige Seile lagen auf den Boden sauber zusammengerollt. Damit konnte ich ihn auf dem Bett niederbinden. Schnell handelte ich, bevor er sich selbst oder mich verletzen konnte. Auch seine Sachen waren schnell ausgezogen. Durch den Türspalt rief ich nach neuem Wasser und ein großes Leintuch. Schon bald hatte ich alles. Das Leintuch befeuchtete ich mit dem Wasser und wickelte Chris damit ein. Nun musste ich zusehen, dass der Stoff feucht bleibt. Es versprach eine lange Nacht zu werden.
Nach zwei Tagen sank endlich seine Temperatur und ich konnte jemanden überreden mir zu helfen. Ich brauchte dringend Schlaf. In meiner Kajüte sank ich auf die neue Matratze und schlief sofort ein. Den ganzen Tag schlief ich durch und wachte von erneutem Trommelwirbel an der Tür auf. Was war nun? Der Ausguck schien ein fremdes Schiff erspäht zu haben und niemand wusste, was jetzt zu unternehmen war. Solange der Kapitän krank ist, durften sie nicht angreifen. Großartig, also blieb nur noch Flucht. Schnell hatte ich die Mannschaft soweit, dass sie meine Befehle befolgten. Präzise lenkte ich das Schiff durch die Kliffe und durch andere schwierige Stellen. Währenddessen stieg das Fieber von Chris wieder an, doch die anderen konnten sich nun um ihn kümmern. Ich war sozusagen der Ersatzkapitän, bis der wirkliche wieder auf seinen eigenen Beinen stehen konnte. Doch das Versteckspiel mit unseren Verfolgern widerte mich bereits nach zwei Tagen an. Ich wollte mich ihnen stellen, konnte jedoch das Schiff und die Mannschaft dafür nicht in Gefahr bringen. So fuhren wir mit unseren Verfolgern im Nacken in Kreis. Nach einer Woche kannte ich alle Schwierigkeiten und bemerkte, dass sie uns nicht ins seichtere Gewässer folgten. Bei der nächsten Runde lenkte ich das Schiff noch dichter an das Kliff heran und entdeckte eine Passage. Dieser folgend umrundeten wir die Insel und kamen hinter dem anderen Schiff wieder heraus. Vor uns bemerkten wir den Trubel. Die ganze Mannschaft auf dem anderen Schiff suchte den Horizont ab, wollte uns wieder finden. Ich ließ die Segel einholen und wartete auf die Nacht, in der Dämmerung war es zu gefährlich. Während wir warteten, schmiedeten wir einen Schlachtplan. Wir wollten so nah wie möglich unbemerkt heransegeln und das Schiff in Wellen stürmen. Gesagt, getan. Wir schafften es den Plan umzusetzen. Nach nicht einmal einer Stunde sank das gegnerische Schiff. Die Mannschaft war tot oder an die Masten gebunden. Alle Wertgegenstände und Karten sowie sämtliche Munition und Waffen waren auf unserem Schiff. Erleichtert setzten wir wieder Kurs, zurück zum Werft. Unbemerkt stand Chris an der Tür und beobachtete uns, wie wir herumalberten und glücklich in die Nacht hinaussahen. Erst als ich zum Steuerrad zurück wollte, bemerkte ich seine Silhouette im Schatten. Fast gleichzeitig erreichten wir das Steuerrad und unterhielten uns noch die restliche Nacht. Ich spürte seinen Stolz über meine Entschlossenheit und meinen Mut, obwohl es für mich eine selbstverständliche Ablenkung war. Außerdem war er froh, dass ich nicht versucht hatte, ihm seine Mannschaft abspenstig zu machen. Zu Mittag liesen wir uns vom Steuermann ablösen und gingen in seine Kajüte. Endlich liesen wir alle Hüllen fallen und schliefen schließlich erschöpft und eng umschlungen ein. Den Rest der Heimfahrt verbrachte ich entweder in der Takelage oder im Bett, doch war ich dabei nie alleine. Seine Blicke verfolgten mich draußen und verbrannten mich unter Deck. Ich war ständig erregt und wusste bald nicht mehr, was ich dagegen unternehmen sollte. Doch mir war es egal, ich war glücklich, verliebt und hatte endlich einen Platz gefunden, wo ich hingehörte. An der Seite eines starken Mannes, denn meine Unerschrockenheit und mein Tatendrang nicht zurückschrecken lies.
Im Werft teilten wir seinen Vater unsere Zukunftspläne mit uns segelten glücklich den Sonnenuntergang und den wirklichen Abenteuern entgegen. Die "Jolly Roger" blieb nun ständig gehisst.

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Tag der Veröffentlichung: 15.05.2010

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