"Katzen erreichen mühelos, was uns Menschen versagt bleibt: durchs Leben zu gehen, ohne Lärm zu machen."
Ernest Hemingway
Prolog
Ich wurde verfolgt, wieder einmal. Mein dämlicher Lehrer hatte mir wieder einmal die falschen Informationen gegeben. Plötzlich hörte ich einen Trommelwirbel. Als ich näher lief, sah ich ein Lagerfeuer und viele Zigeuner. Hier könnte ich mich vielleicht endlich verstecken.
Das bin ich
Die Schule war aus und wie jedes Jahr mussten wir über die Sommerferien eine Praxis ablegen. Ich besuche die Magic-War-Akademie, eine Schule für übernatürliche Wesen aller Art, die als Krieger, Söldner, Spione und ähnliches ausgebildet werden. Mein Name ist Kiara Knightly und ich bin eine Formwandlerin. Die meisten glauben, wir Formwandler können nur eine bestimmte Form annehmen, doch das stimmt nicht. Ich hab mich zwar auf den schwarzen Panther spezialisiert, doch ich kann genauso gut ein Vogel, eine Schlange oder sogar ein Kleiderschrank werden. Was wir nicht können ist unsere menschliche Gestalt nach Belieben zu verändern. Ich bin mit der zweiten Klasse der Akademie fertig, doch ich brauch leider immer noch elf Jahre. Elf! Hat irgendwer schon eine Schule mit dreizehn Schulstufen gesehen. Ich noch nicht. Bis ich hierher kam. Was solltet ihr noch von mir wissen. Ach ja! Ich gehör zwar zu den Klassenbesten, hab aber noch nie etwas gelernt. Meine Eltern sind ebenfalls ausgezeichnete Formwandler gewesen, dass muss ich geerbt haben. Während meines ersten Schuljahres wurden sie ermordet. Seither muss ich jede Sommerferien losziehen und Aufgaben für meinen Vormund erledigen. Er ist zusätzlich noch der Direktor der Schule. Ätzend, echt! Niemand kann ihn ausstehen, aber ich muss ihn ja als Vormund haben.
Sommerferien mal anders!
"Kiara, geh sofort zum Direktor!"
Ich lief rot an, muss er mich jetzt schon durch seine Sekretärin und durch die Lautsprecher der Schule ausrufen lassen. Es konnte mich sowieso in der Schule niemand leiden, weil ich das Mündel des Direktors war. Jetzt würden sie mich noch zusätzlich aufziehen. Doch was soll ich machen, meine Eltern sind tot und mein Vormund, war der beste Freund meines Vaters.
Mit hängenden Kopf und schweren Schrittes ging ich in die Richtung seins Büros. Klopfte einmal an und ging ohne Aufforderung hinein. Vor mir saß, in einen großen, schwarzen Lederdrehstuhl, hinter einem dunkelbraunen Mahagonischreibtisch der Direktor der Magic-War-Akademie und mein Vormund. Wie ich ihn hasste. Manchmal glaube ich sogar, dass er am Tod meiner Eltern Mitschuld war, doch das war sicherlich Unsinn. Er war ja nicht einmal in der Nähe gewesen, wie soll er dann mitverantwortlich sein. "Kiara, da bist du ja endlich.", sprach mich er mich mit seiner rauen, unangenehmen Stimme an. Er sah wirklich gut aus mit seinen 45 Jahren. Dunkelbraunes, dichtes Haar, muskulös, 1,90 groß, dunkelbraune Augen, die mich immer an Bitterschokolade erinnerten. Doch sein Charakter war mir zuwider. Er war launisch und immer schlecht gelaunt, wenn ich zu ihm sollte.
Warum er es trotzdem machte. Erstens wollte er mich Ärgern und mir immer wieder zeigen, dass ich ihm gehorchen muss solange ich nicht volljährig bin. Ich war aber erst 16 Jahre alt und musste deswegen leider noch zwei Jahre mit ihm auskommen.
"Tag!", begrüßte ich ihn wie immer knapp. "Mädchen, du musst in die Wüste. Dort sind neue Spuren entdeckt worden, die den Fall von deinen Eltern betreffen. Ich kann leider nicht mitkommen. Im Amazonasgebiet ist wieder ein Aufstand ausgebrochen. Du schaffst es bestimmt alleine, oder?" Sicher, warum sollte ich nicht in einem mir fremden Land, ohne ausreichende Sprachkenntnisse alleine zurechtkommen. Was denkt er sich eigentlich. "Ja, sicher kommt ich alleine zurecht. Wann soll ich los.", antwortete ich wie immer brav und senkte meine Augenlieder. Wie ich dieses Großmaul hasste. Wenn es schon wieder eine falsche Spur ist, bring ich ihn bei nächster Gelegenheit um. "Hier, dein Pass und alle anderen Papiere die du benötigst, eine Landkarte und etwas Geld.", damit überreichte er mir die Sachen und, dass glaubt mir keiner, 300 Euro. Wie soll ich mit so wenig Geld zwei Monate in der Wüste überleben, aber wenigsten waren die Tickets für das Flugzeug bereits bezahlt. Ich nahm die Sachen entgegen und verabschiedete mich.
Zuhause packte ich schnell einen Koffer mit meinen Waffen, steckte die Papiere und meine Geldbörse in meine Sicherheitstasche, welche ich am Gürtel, auf der Innenseite meiner Hose trug, legte noch einige Kleidungsstücke und Stiefeln zum Wechseln in den Koffer und führ mit der U-Bahn zum Flughafen. Mein Flieger flog bereits 20 Minuten später los und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig an Bord zu kommen. Ich musste wirklich in die Wüste, auf den Infozettel, den mir mein Direktor gegeben hat, stand nur ich solle nach eine gewissen Abu ad Madschal fragen, wie immer man das auch richtig ausspricht. Naja, meine Sommerferien waren ja sowieso wieder mal im Arsch. Dann kann ich auch eine Stecknadel im Heuhaufen suchen gehen. Mein Flugzeug landete in Hassi Messaoud, irgendeinen Ort in der Wüste Sahara. Vom Flughafen ging ich zu meinem ersten Treffpunkt, einen kleinen Pup. Wo ich einen ehemaligen Schuler der Akademie treffen sollte. Gleich mein Eintreten erkannte ich sie. Sie war groß, fast so groß wie ich mit meinen 1,76, hatte hüftlanges, blondes Haar, das sich erst kurz vor ihren Hüften leicht wellte. Ihre violetten Augen suchten den Pup ab und blieben an mir hängen als ich durch die Tür trat. Sie hatte bereits einen dunklen Teint, bestimmt wegen der hiesigen Hitze. Außerdem war sie gertenschlank und muskulös. Zwar zeigten sich keine Muskelstränge ab, wenn sie sich ruhig verhielt oder ging. Doch ist wusste, dass sie tödlich war. Sie konnte es mit mindestens sieben bewaffneten Soldaten gleichzeitig aufnehmen, auch ohne eigene Waffen. Diese Fähigkeit lernten wir zwischen der fünften und siebten Klasse und sie sicherte uns unser Überleben. Langsam ging ich auf sie zu. Voriges Jahr war sie noch in der Abschlussklasse und meine Erzfeindin, jetzt sollte sie mir mit einer Unterkunft helfen. Besser konnte es für mich überhaupt nicht laufen. "Hey, Charlie", begrüßte ich sie. "Hey", kam die Antwort genauso verärgert zurück, "Komm, ich zeig dir deine Bleibe, dann bin ich weg." Ich folgte ihr einige Gassen und Hintauswege bis vor ein heruntergekommenes Gebäude, die Tür hing in der Angel und ich wunderte mich warum sie noch nicht herausgefallen war. Auch der Rest des Gebäudes war abschreckend. Der Innenhof war verwachsen und schaute wie eine Mülldeponie aus. Überall liefen Ratten herum. Der Sand hatte sich in einer Ecke gesammelt und verdeckte eines der Fenster im Erdgeschoss. Die Wäsche auf den Leinen war grau oder schwarz und stank erbärmlich. Charlie öffnete eine Tür im Erdgeschoss und zeigte mir meine Kammer. Dort stand ein Bett, ein Nachtkästchen und sonst hatte bereits nichts mehr Platz. "Hier wohnst du. Achja, falls wir uns wiedertreffen sollten. Man nennt mich hier Skorpion und nicht Charlie. Merk dir das", giftete sie mich zum Abschied noch an. Skorpion, dass passte zu ihr, sie war in der Schule schon als Giftmischerin bekannt. Ich stellte meine Koffer neben das Bett und lüftete die Bettdecke, den Polster und zuvor noch das Leintuch aus. Eklig, alles schaut aus als wär hier jemand ermordet worden, was wahrscheinlich auch stimmte. Nah toll, hoffentlich kann ich hier bald weg.
Der Hinterhalt
Ich legte noch ein Handtuch aus meinen Koffer auf das Kissen. So konnte ich mich wenigsten hier hinlegen ohne dass mir übel wurde. Anschließend schloss ich die Tür und legte alle mitgenommenen Waffen auf das Bett. Ich zog meine Kampfsachen an, schwarze Röhrenhose, schwarzes T-Shirt, schwarze Stiefel und einen schwarzen Gürtel. In die Sohlen meiner Stiefel steckte ich zwei Messer, die ich durch einen Schieber auf der Seite leicht hervor drücken konnte. Sie waren mir schon einige Male sehr nützlich gewesen, wenn ich meine Hände nicht frei bekam. In meine Gürteltasche steckte ich noch einen dünnen Dolch, denn keiner bisher bemerkt hat zusätzlich zog ich noch ein Messerhalfter und ein Pistolenhalfter auf den Gürtel. Meine Schwerter verstaute ich wieder im Koffer, nur die Klappschwerter nahm ich mit. Nützliche Waffen, per Knopfdruck sprang die Klinge heraus, welche dreimal so lang war die der Griff. Sie war schärfer und Härter als Titan und Diamant zusammen. Und das Beste. Ich hatte die einzigen beiden Exemplare von meinen Eltern geerbt.
Langsam wurde ich müde, doch vorher wollte ich mir noch die nähere Umgebung anschauen. Ich verschloss meinen Koffer, schob ihn neben das Bett und schloss die Tür beim Hinausgehen ab. Gemütlich joggte ich durch die Straßen und zog die Kapuze meines T-Shirts über meine kurzen Haare. Nach fast einer halben Stunde hatte ich den Block umrundet. Ich wollte gerade um die letzte Kurve biegen als ich Stimmen hörte. Sofort blieb ich stehen und schlich an der Hausmauer entlang zur Ecke. "Wo ist diese Schlampe.", hörte ich eine wütende Männerstimme. "Keine Ahnung, Tom, ich hab sie vor 'ner Stunde hier hergebracht. Los suchen wir sie, der Boss will sie unbedingt. Tod oder lebendig", antwortete eine verärgerte Frauenstimme. Diese Stimme kannte ich, es war Charlie oder wie sie hier hieß der "Skorpion". Verdammt, ich muss hier weg. Leider musste ich meine beiden Langschwerter zurücklassen, aber die hatten sie sicherlich schon gefunden und sich unter den Nagel gerissen. Ich lief ein Stück des Weges zurück und bog rechts ab, mein Gefühl sagte mir, dass ich so schneller war. Und ich hatte recht. Vor mir war eine Brücke die aus Hassi führte und dahinter lag die Wüste. Verdammt, jetzt blieb mir nur noch der Weg in die Sahara. Was konnte mir jetzt noch passieren. Plötzlich höre ich Stimmen hinter mir und ich versteckte mich in einer Spalte zwischen den Häusern, die sich links neben mir befand. Der Staub stieg mir in die Nase, doch ich konnte noch ein Husten unterdrücken. Was jetzt. Ich wurde immer ruhiger, ein gutes Zeichen für mich. Der Skorpion und drei Männer liefen an mir vorbei ohne mich zu bemerken. Nach zirka einer Stunde lief ich wieder auf der Straße Richtung Brücke und hinaus in die Wüste. Mein letzter Gedanke in Hassi war noch, wie konnte mich mein Vormund nur zu dieser Person schicken, wusste er nicht, dass sie die Seiten gewechselt hat und dass anscheinend schon während ihrer letzten Jahre an der Akademie. Jeder wusste, dass dort erfahrene Profikämpfer ausgebildet wurden, doch die meisten schlossen sich dem FBI, CSI, der Naza oder anderen Kampfeinheiten an. Nur die schwarzen Schafe der Schule wurden zu Gangster und Ganoven, dafür aber zu den Gefürchtetsten von allen.
In der Wüste
Bereits seit mehreren Stunden lief ich im schnellen Tempo durch die Wüste. Ich hatte dennoch die Orientierung noch nicht verloren. Ein weiteres Erbe meiner Eltern, besser gesagt meines Vaters. Er lebte hier in der Wüste, bis er meiner Mutter begegnete. Sie hat die Hitze nicht vertragen und so zogen sie weg. Doch den Orientierungsinn sowie die Widerstandskraft gegen Hitze hatte ich von meinem Vater und die Widerstandskraft gegen Kälte von meiner Mutter. Jedoch hatte ich diese Fähigkeiten noch keine mitgeteilt. Sie waren meine persönlichen Erinnerungsmöglichkeiten an meine Eltern. Meine Mutter wäre in früheren Zeiten bestimmt eine Wikingerprinzessin als auch Kriegerin geworden und mein Vater, naja, es gibt ja immer noch Elitekrieger in der Wüste, er wäre bestimmt einer ihrer Anführer geworden, wäre er geblieben.
Mittlerweile ist die Dämmerung über die Dünen emporgestiegen. Blutrot hat sich der Sand gefärbt, wunderschön anzusehen. Ich drehte mich auf einer Düne um und schaute in die Richtung aus der ich gekommen bin. Schnell strich ich mir über die Augen und schaute noch einmal in dieselbe Richtung. Das gibt es doch nicht, Staubwolken und sie nähern sich mir. Entweder ist es ein aufziehender Wüstensturm oder meine Verfolger. Blitzschnell drehe ich mich im Kreis und realisierte meine Umgebung. Kein Höhle in Sicht, was jetzt. Verdammt, warum passiert das immer nur mir. Lächelnd schaute ich mich noch einmal langsamer um. Verdammt wird wahrscheinlich gegen Ende meines Aufenthalts zu meinem Lieblingswort werden.
So Schluss mit Lustig, ich muss hier weg. Links geht es bergauf. Dass schafft der Sturm oder meine Verfolger schneller als ich zu Fuß. Vor mir ist weit und breit nur Sand. Rechts kann ich noch Umrisse erkennen. Naja, und hinter mir braut sich etwas zusammen und ich will überhaupt nicht wissen was es ist. Als nach rechts. Ich beschleunigte mein vorheriges Tempo noch weiter und lief bald doppelt so schnell wie zuvor. Nach fast zwei Stunden versank ich in den Dünen, der Sand rannte mir in die Schaftstiefel und erschwerte mir das Laufen noch zusätzlich. Fünf Stunden lief ich nun schon fast ohne Pause durch die Wüste. Düne abwärts, Düne aufwärts, kurz umdrehen und weiter. Mittlerweile wusste ich, dass ich verfolgt wurde. Vor fast einer Stunde hatte ich einen absterbenden Motor gehört und fluchende Stimmen, darunter auch die vom Skorpion. Nun verfolgten sie mich zu Fuß. Allein würde mich der Skorpion wahrscheinlich einholen, weil sie bis vor kurzen noch gefahren ist. Doch sie will anscheinend mich einer Prüfung unterziehen, um zu sehen, wie lange ich durchhalten konnte. Wahrscheinlich nicht mehr lange, wenn ich jetzt schon Sand in den Schuhen habe.
Ich schaffte es noch zwei weitere Stunden durchzuhalten ohne mein Tempo zu verringern. Doch langsam ging selbst mir die Kondition aus. In der Schule mussten wir oft zwölf Stunden durchlaufen. Doch dort gab es nur sandige Stellen, keine Sanddünen ohne Ende. In der Akademie machte mir das Konditionstraining kein Problem mehr. Hier ging mir die Luft langsam aus. Schluss, aufhören. Ich muss positiv denken. Mittlerweile war es stockfinster und die Temperatur war um etliche Grade gesunken. Ich hätte mir doch meine Bomberjacke mitnehmen sollen, aber nein, ich brauchte mir ja keine Sorgen zu machen, dass man auf mich schießen konnte. Sicherlich hatte der Skorpion Pistolen und Zielfernrohre für Gewehre und Musketen mit. Sie war besser ausgebildet als ich, doch anscheinend kam mir meine Ahnenreihe aus Krieger doch zugute. Charlie stammt aus einer Bäckerfamilie ohne kriegerischen Hintergrund. Ich aus einer Wüstenkriegerfamilie und einer Kriegerfamilie die einerseits von Wikingern und andererseits von Amazonen abstammt. Glück für mich, Pech für meine Verfolger. Außerdem konnte ich durch einen Geburtsfehler in der Dunkelheit besser sehen als am Tag. Was man von den Leuten hinter mir nicht behaupten konnte. Ich höre bereits ihr Flüstern: "Wo ist sie hin?" und "Sei still, vielleicht kann sie dich hören."
Nach etlichen weiteren Stunden, in denen ich meine Verfolger, dank des Skorpions, immer noch nicht abschütteln konnte, hörte ich in der Ferne ein Donnern. Spitze, jetzt noch ein schöner Wüstensturm, dann kann mir eh nichts mehr passieren. Obwohl mir der Klang nicht geheuer war, lief ich weiter in diese Richtung. Vielleicht schreckten meine Verfolger davor zurück. Langsam dämmerte der Morgen und hinter mir erklang ein glückliches Seufzen. Wahrscheinlich weil sie jetzt besser sehen konnten. Achja, wie lange halten diese Leute eigentlich noch durch oder kamen sie von einer der Partnerschulen von der Magic-War-Akademie. Hoffentlich nicht.
Plötzlich hörte ich ein Pfeifen und sofort rollte ich mich rechts weg. Die Kugel schlug neben meiner Schulter ein und ich rutschte die Düne seitlich hinunter. Anscheinend hatten meine Verfolger diese Reaktion nicht erwartet und wurden langsamer. Am Dünenfuß stieß ich mich wieder empor und lief zwischen den Tälern weiter. Jetzt wo alle oben auf der Düne sind, kann ich mich nach ein paar weiteren Dünen verstecken. Das Donnern wurde inzwischen immer lauter, doch ich lief weiterhin in diese Richtung.
Nomaden und Zigeuner
Langsam kam mir der Gedanke, dass ich doch in eine andere Richtung hätte laufen sollen. Doch die anderen waren bestimmt schon hinter mir in den Tälern. Vor mir musste bald der Wüstensturm erscheinen. Naja, dann nichts wie hinein und hoffen, dass ich überlebe. Leider hatte ich nicht einmal eine Decke für meinen Kopf mit. Unvorbereitet wie ich bin, wird mein erster Kontakt mit so einer Sturmstärke bestimmt ein unvergessliches Ergebnis.
Seit meinem Aufbruch aus Hassi waren schon 15 Stunden vergangen. Ohne weiter Unterbrechung, ohne Essen und vor allem ohne Trinken lief ich bereits so lange durch die Wüste. Mein Hals war ausgetrocknet, meine Kehle schmerzte wegen des Sandes, meine Augen mussten sich schon rot gefärbt haben, weil ständig Sandkörner hineinflogen. Und das Schlimmste, ich glaube meine Lunge zerreißt bald in tausend Stücke. Ich kann nicht mehr. Erst jetzt wurde ich langsamer, meine Kräfte gingen zur Neige. Mein einziger Gedanke war: Hilfe, hilft mir den keiner, Hilfe.
Ich bog wieder nach einer Düne ab und stoppte. Was war das. Ist das eine Fata-Morgana, hab ich doch noch einen Hitzeschlag bekommen. Ich schüttele meinen Kopf und begann zu lächeln. Nein, ich phantasierte doch nicht. Vor mir befand sich ein Lager. Anscheinend Nomaden. Ein Lagerfeuer flackerte in der Morgendämmerung, Kinder liefen zwischen den Zelten und spielten fangen, Frauen saßen am Feuer und backten Fladen oder erwärmten Kamelmilch für die Kleinkinder. Die Männer saßen abseits und redeten. Einige weitere standen in einiger Entfernung und suchten die Umgebung ab.
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und jemand sprach mit im arabischen Kauderwelsch an. Was nun. Mein Arabisch ist, gelinde gesagt, grottenschlecht. Na gut, dann halt Englisch, zwar auch nicht viel besser, aber wenigstens besser. Nein, Französisch, meine Lieblingssprache. Dass könnte auch klappen. "Bonjour, je m'appelle Kiara", stellte ich mich grüßend vor und drehte mich um. Na sieh mal einer an, eine Frau. Sie lächelte und fragte mich auf Deutsch: "Was willst du hier?" "Ich bin auf der Flucht, warum man mich verfolgt, weiß ich nicht. Ich suchte Informationen bezüglich des Mordes an meinen Eltern, Marsha und Micha Sulivan." "Die Tochter vom großen Micha. Komm wir helfen dir. Wir schulden ihn noch einige Gefallen und vielleicht kannst du uns ja auch bei unserem Problem helfen?" "Sicherlich, aber ich sollte mir etwas andres anziehen." "Nein, nur die Hosenbeine aufkrempeln, eine Tuch um deine mageren Hüften binden, dein Top auswechseln und einen Schleier um deinen Kopf wickeln." "Wenn ansonsten nichts ist. Dann mal los."
Ich folgte ihr zu dem größten Zelt der Karawane. Drinnen krempelte ich mir die Hosenbeine empor und befestigte sich mit Sicherheitsnadeln. Dann zog ich mir mein T-Shirt aus, zurzeit auch mein einziges, und zog das Top von meiner Retterin an. Es reichte mir gerade mal bis über den Nabel. Himmel noch mal, ich kam mir nackt vor. Anscheinend merkte sie es, doch sie zuckte nur mit den Schultern. "Mein Name ist Roza McKenzie. Ich bin die Frau von Samuel McKenzie. Eigentlich stammen wir aus Irland. Doch wir haben uns in die Wüste verliebt und sind geblieben. Mein Mann ist außerdem der Stammesführer unsere Zigeunertruppe und wir bilden hier Krieger aus." "Spitze, dann kann mir ja nichts mehr passieren." "Wer verfolgt dich?" "Naja, das ist so eine Sache. Ich bin in der Magic-War-Akademie. Die kennt ihr sicherlich auch." Sie nickte und ich sprach weiter, "Ich versuche außerdem in meine Sommerferien das Rätsel um den Tod meiner Eltern zu lüften. Dafür wurde ich diesmal in die Wüste geschickt. Ich sollte eine ehemalige Schülerin und Absolventin treffen, die mir meine Unterkunft in Hassi zeigt." "Hassi?! Das ist nicht gut, überhaupt nicht gut" "Stimmt. Außer das diese Mädchen noch eine Giftmischerin ist, hat sie mich anscheinend an irgendjemanden verraten, der mich Tod oder Lebendig haben will. Wahrscheinlich lieber lebendig, um mich zu foltern. Ich hab zufällig ihr Gespräch in meiner Unterkunft gehört als ich nach einem Rundgang zurück gehen wollte und bin geflohen. Anschließend bin ich locker 15 Stunden durch die Wüste gelaufen und naja, jetzt bin ich hier." Sie reichte mir noch einen Schleier und half mir ihn um meinen Kopf zu wickeln. Jetzt schaute ich aus wie eine von ihnen, nur heller. Viel heller. Sie ging zu einer Truhe und holte einen Topf mit Ton heraus. Damit schmierte sie mir alle sichtbaren Körperteile ein. Jetzt schaute ich wirklich aus, wie eine Zigeunerin, nur noch der Schmuck fehlte mir. "Schmuck brauchst du nicht, den bekommen nur versprochen Mädchen bei uns", antwortete sie auf meine Gedanken. Unheimlich, aber was soll’s. "Wobei soll ich euch helfen“, frage ich sie. "Meine Tochter Roxy ist verschwunden, vielleicht kannst du sie finden. Micha hat ein unglaubliches Gespür beim Auffinden von Leuten. Vielleicht hast du es ja auch." Ich hatte es, dass wusste ich und nickte. Zusammen gingen wir wieder hinaus und sie stellte mich den anderen vor. Name, Familienstammbau, Grund meines Aufenthalts. Alle waren bereit mir zu helfen.
In der Schule lernten wir, dass Zigeuner schlecht sind. Also verlogen, betrügerisch, heimtückisch, einfach nicht glaubwürdig. Doch hier waren alle sehr nett zu mir. Sie halfen mir, versteckten mich in der Menge. Es war wirklich eine große Karawane.
Als der Skorpion mit seinen Leute ankam, war ich bei den anderen Frauen und backte Fladen. Die Männer nahmen bei ihrem Auftauchen die Waffen zur Hand und gingen auf die Vier zu. "Was wollt ihr", fragte einer von den Männern. Seine Stimmte klang befehlsgewohnt, wahrscheinlich war es Roza's Mann Samuel. Gleich darauf bestätigte mir Roza flüsternd meine Vermutung. Inzwischen verschwand der Skorpion mit seinen Leuten. Ich hatte anscheinend nun meine Ruhe.
Ich blieb insgesamt eine Woche bei der Karawane, verbesserte meine Reitkünste, lernte Fladen zu backen, spielte mit den Kindern, hörte ihre Geschichten am Lagerfeuer und lernte von ihnen den Tanz der Zigeuner. Feurig und wild. Nur eins bedrückte mich, ich wusste nicht, was der Skorpion zu Samuel gesagt hat. Er schaute mich kurz nach ihren Abgang nur neugierig an und schwieg dann. Ich konnte nicht herausfinden, was ihn beschäftigte und was es mit mir zu tun hatte. Einmal antwortete er mir: "Du hast deine Geheimnisse, ich die meinen." Naja, dass stimmte auch, er wusste nicht, dass ich eine Formwandlerin bin. Aber wenn er meinen Vater kannte, musste er es doch wissen, oder nicht? Auch egal, ich stimmte ihn in Gedanken zu und fragte nicht mehr weiter. Roza lächelte nur bei diesem Gespräch, auch von ihr bekam ich keine Informationen über die Geschehnisse vor einigen Tagen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir über alles gesprochen, doch jetzt verschloss sie sich vor mir und ich konnte nicht mehr zu ihr durchdringen. An meinem letzten Abend bei der Gruppe saßen wir wieder am Lagerfeuer und Geschichten wurden erzählt. Plötzlich wurde es still. Keiner sagte mehr ein Wort, keiner stieß mehr einen Ton hervor, selbst die Tiere wurden leise. Eine unheimliche Stille breitete sich aus, eine Totenstille. Kurz bevor ich zum reden ansetze, stand Samuel auf und ging näher an das Lagerfeuer. "Kiara, du bist nicht hier, weil wir eine Formwandlerin brauchen. Auch nicht, weil du Hilfe benötigt hast. Du hättest es auch alleine geschafft. Du bist stark, stärker als dein Vater. In deinen Augen sehe ich die Stärke deiner Mutter. Ihren Kampfgeist, ihre Güte und Warmherzigkeit. Du weiß sicherlich bereits, dass wir in der Schuld deines Vaters stehen. Nach seinem Tod, stehen wir nun in deiner Schuld. Wir werden sie irgendwann begleichen. Doch nun brauchen wir deine Hilfe. Wir schaffen es nicht allein." Meine Welt brach vor mir zusammen. Immer wurde mir erzählt, dass Zigeuner schlecht waren, ich ihnen nicht vertrauen durfte. Hier habe ich das Gegenteil gelernt, sie waren mir sogar lieber als meine Mitschüler, meine Lehrer und vor allem lieber als mein Vormund. Ich wusste nicht mehr weiter, ich saß nur da und schaute Samuel an. Wenn ich bisher nur falsches über andere Kulturen und Völker gelernt habe, was war dann noch gelogen. Warum belogen uns unsere Lehrer. Ich wusste es nicht. Ich zog meine Knie an und legte meinen Kopf darauf. Nur nicht weinen, sonst kann ich wieder lange nicht aufhören. Die Erfahrung habe ich bereits oft gemacht, wenn mich mein "lieber" Vormund wegen Kleinigkeiten oder aus Langeweile bestraft hat. Langsam hob ich wieder den Kopf und schaute zu Samuel. Erst dann sprach er weiter: "Du weißt, dass Roxy verschwunden ist. Auch das wir über die Eigenschaften deines Vaters Bescheid wissen. Kannst du uns helfen? Willst du uns überhaupt helfen?" "Sicherlich werde ich euch helfen. Doch ich brauche weitere Informationen." Er lächelte, "Du ähnelst deiner Mutter äußerlich und innerlich. Du hast all ihre guten Charaktereigenschaften, ihr dichtes braunes Haar, ihren geschwungenen Mund, ihre blau-grauen Augen, die an einen stürmischen See oder an das tobende Meer erinnern. Wenn ich nicht den Jungs gesagt hätte, dass du unser Ehrengast bist, wärst du wahrscheinlich in Bedrängnis gekommen. Sie mussten sich wirklich zurückhalten." Mein Gesicht färbte sich rot, ich wusste, dass ich das Aussehen meiner Mutter geerbt hatte. Sie war eine Wikingerschönheit. Der einzige Unterschied war, dass ihre Locken bis zu den Fersen fielen. Ich hatte stattdessen das glatte Haar meines Vaters und trug meine Haare nur Schulterlang. Samuel sprach schließlich dem Feuer zugewandt weiter: "Roxy, ist unser Ein und Alles. Rozas und mein einziges Kind, unser Erbe. Wir haben sie ausgebildet. Sie ist wie unsere Krieger aufgewachsen. Wild, kampferprobt, unerschrocken und dennoch wunderschön und freiheitsliebend. Sie ist warmherzig wie du und genauso trau und loyal." "Aber was ist passiert, wo ist sie?", fragte ich inzwischen. Samuel drehte sich um und sprach weiter, seine Augen färbten sich dunkel vor Trauer. "Ich weiß es nicht. Sie wollte neue Pferde einfangen. Wir brauchten welche für unsere Nachwuchskrieger. Sie ritt alleine los, wie schon so oft zuvor. Doch sie kam nie zurück. Wir suchten sie über ein Monat, doch vergebens. Dann bist du erschienen und wir schöpften wieder Hoffnung." Na toll, alles hängt von mir ab. Wie immer. Ich muss nicht nur das Rätsel um den Tod meiner Eltern lösen, sondern auch noch den Freunden meines Vaters helfen. Und das Beste kommt ja bekanntlich noch zum Schluss. Meine Spürnase war seit dem Tod meiner Eltern defekt. Ich konnte meiner Intuition in Sachen Aufspüren nicht mehr vertrauen. "Hilf uns", fleht Roza neben mir und ich konnte nur nicken. Irgendwie musste ich ihnen helfen, irgendwie würde ich es schaffen, irgendwie - nur wie? Samuel ging zu einem einfachen Holzkoral und kam mit einer wunderschönen braunen Araberstute zurück. "Hier. Das ist Roxys Stute. Sie wird dir helfen unsere Tochter zu finden. Sie ist ohne sie zurückgekehrt. Das bedeutet in der Regel nichts Gutes, doch wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben." Ich schaute ihn erstaunt an. Er wollte mir das Pferd seiner Tochter anvertrauen. Das PFERD seiner TOCHTER. Ich schüttele meinen Kopf und wollte ablehnen. "Ein Nein wird nicht akzeptiert. Du kannst ihr ihre Stute ja zurückbringen", sagte Roza und lächelte mich an. Ich fragte mich wohl schon zum tausendsten Mal, wie Roxy wohl aussieht. Ähnelt sie ihrem Vater, der dunkelhäutig und griesgrämig aussieht. Jedoch hat er ein freundliches, ruhiges Temperament, fast schon kühl für einen Zigeuner. Seine kurzen dunkelbraunen Haare waren dicht und wuchsen unkontrolliert, obwohl er sie zu bändigen versuchte. Seine Augen schimmerten mich grünlich an, mit einem bernsteinfarbenen Stich. Oder ähnelt Roxy ihrer kleinen Mutter. Diese ist ca. 1,5 groß und reicht ihren Mann gerade Mal bist unter die breite Brust. Doch ihre Haarpracht ist beneidenswert. Wie schwarze Seide wellen sich ihre Haare bis zu ihren Fesseln. Ihre smaragdgrünen Augen lächeln mich an, voller Vertrauen auf meine Fähigkeiten. Geldbraun leuchtet ihre Haut im Schein des Feuers, doch unter Tags ist sie dunkler.
"Achja,", meinte Roxy, "wir sind auch Formwandler. Das solltest du wissen. Doch wir können uns nur in Falken verwandeln." "Das ist doch ungewöhnlich für Formwandler, warum könnt ihr euch nicht noch in andere Gestalten und Formen verwandeln?", fragte ich sie. Samuel fing jetzt wirklich an zu Lachen. Seine raue Stimme klang wolltuend in der Nacht. "Was haben sie dir eigentlich beigebracht?", fragte er mich lachend, "Formwandler können nur eine Gestalt annehmen. Nur selten passiert es, dass sie mehrere Gestalten und sogar Formen annehmen können. Zu diesen Ausnahmen gehörten die Ahnen deiner Eltern und auch die beiden." Mein Vertrauen in meine Lehrer und meinen Vormund, falls für ihn überhaupt noch vorhanden, schwand weiter. Was kam als Nächstes? Was stimmte noch nicht? "So Schluss für heute, morgen musst du los.", sprach Roza bevor sie mich in ihr Zelt zog.
Die Suche beginnt
Am nächsten Morgen wurde ich zeitlich von Roza geweckt. Sie gab mir einen Beutel mit Nahrungsmittel, Fladen, Trockenfleisch und Kamelmilch. Ich hasste mittlerweile Kamelmilch. Doch besser als nichts.
Draußen stand die braune Stute bereits gesattelt. Samuel hat mir am Vortag bereits gesagt, dass sie Acara hieß, was überhaupt nichts bedeutete. Eine Seltenheit bei den arabischen Stämmen, wo alles etwas bedeuten soll. Besonders die Pferdenamen.
Ich stieg auf die Braune und ritt los. Sie hatte seidige Gänge und flog über die Dünen als wären wir in der Ebene. Sagenhaft. Traumhaft. Unvergesslich (für mich).
Zuerst ließ ich ihr ihren Willen. Sie lief von Stadt zu Stadt von Ort zu Ort. Doch keine Spur von Roxy. Niemand kannte oder wusste etwas über das Mädchen. Niemand kannte die Zigeuner, Samuel und Roza McKenzie. Niemand konnte mir hilfreiche Informationen geben. In der Nacht übte ich meine Verwandlungskünste. Jetzt wo ich alleine war und niemand mich beobachten konnte. Nur Acara war hier und sie würde schweigen falls mir etwas misslang. In der Schule wurde ich wegen jeden Fehler gehänselt und alle merkten sich jede noch so kleine Kleinigkeit die ich als Mündel des Direktors nicht konnte. Hier, bei Acara, allein in der Wüste, ohne eine weitere menschliche Seele in der Nähe, konnte ich, ich selbst sein. Ein einfaches Waisenkind. Ein Mädchen mit schwach ausgeprägten Fähigkeiten. Mit nur einem einzigen Unterschied zu Gleichaltrigen. Ich konnte mich in mehrere Gestalten verwandeln, sie nur in eine einzige. Ich begann zu lächeln und schließlich auch zu lachen. Araras Wiehern stimmte mit ein als ob sie mit mir Lachen würde. Mich wortlos verstehen würde. Ich hatte Charlie abgehängt, hatte Freunde gefunden und ... .
Mein Körper fing an zu kribbeln und sich zu verzerren. Ich schrie auf, denn ich wusste nicht was mit mir passiert. Acara schaute aus sicherer Entfernung zu, sie verstand es noch weniger als ich. Plötzlich lag ich schweißüberströmt im Sand. Die Mittagssonne brannte auf mich herunter. Ich setzte mich stöhnend auf und wartete bis die Schmerzen aufhörten. Kurz nach dem Tod meiner Eltern hatte ich denselben schmerzhaften Anfall. Dabei verdrehte sich mein ganzer Körper und schlängelte sich am Boden. Damals rutschte ich zusätzlich noch eine Klippe hinunter und schürfte und schnitt mir meinen Rücken auf. Damals konnte ich drei Wochen nicht stehen, gehen, liegen. Ich versuchte mich damals mit meiner Willensstärke in der Luft zu halten. Doch ich war für die lange Dauer zu schwach dafür. Heute war es leichter. Ich hatte nur die Schmerzen des Krampfes zu verkraften. Genug für einen Tag, doch keine bleibenden Wunden. Langsam stand ich auf und ging auf Acara zu. Sie schaute zurück und schlug um sich. Ich musste sie laufen lassen, sie wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Sie hatte panische Angst vor mir. "Leb wohl, Mädchen.", rief ich ihr noch hinterher. Hoffentlich kam sie heil bei Samuel und Roza an. Der Wind frischte inzwischen auf und löschte ihre Spuren im Sand aus. In der Ferne hörte ich noch ihr Wiehern, dann war ich alleine. Alleine in der Stille.
Eine plötzliche Wende
Ich lief wieder durch die Wüste. Auf der Suche nach einen Mädchen statt nach Informationen über meine Eltern. Es war zum Verzweifeln. Keiner wusste etwas. Mittlerweile war ich in Aflou. Einige Leute auf der Straße sagten mir, dass meine Route fast wieder zu meine Ausgangspunkt: Hassi geführt hat. Kopfschüttelnd ging ich weiter. Ich bin im Kreis gegangen. Doch irgendetwas zog mich nach Hassi, da war ich mir nun sicher. Irgendetwas war dort. Irgendetwas was mir weiterhelfen würde - entweder zu Roxy oder zu Informationen bezüglich meiner Eltern. Was hat Roza damals gesagt, achja, dass Hassi kein guter Ort wäre. Warum?
Ich zog weiter. Mein Ziel war nun Hassi. Hier sollte eine Entscheidung fallen. Nur welche? Das wusste ich nicht. Mein Gespür für die Fährtensuche war nach dem Krampfanfall in der Wüste vor fast einen Monat zurückgekehrt. Ich folgte irgendeiner wichtigen Spur und in Hassi werde ich die Lösung finden.
Nach einer weiteren Woche war ich wieder da, wo ich nach meiner Flugzeit angefangen habe, in Hassi Messaoud. Einer Stadt voller Gangster und Ganoven. Großartig. Ein richtiges Urlaubsparadies, nur nicht für Normalsterbliche. Selbst als Formwandler musste man sich in Acht nehmen. Doch wo sollte ich hier mit meiner Suche beginnen. Zu meiner alten Unterkunft würde ich nicht gehen. Das war zu gefährlich. Also wo sollte ich nun beginnen?
Ein Lufthauch zog über meine Wange und ich bekam Gänsehaut. Ein Lufthauch? Hier wehte kein Lüftchen. Blitzschnell drehte ich mich um und sah einem Riesen genau auf die Brust. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und sah ein narbenzerfurchtes Gesicht auf mich herabblicken. Er war bestimmt über 2m groß und mein Nacken begann zu schmerzen, weil ich schon so lange schlecht geschlafen habe. Langsam ging ich einige Schritte zurück um meinen Nacken zu entlasten. Ich ließ den Mann vor mir jedoch nicht aus den Augen und er mich auch nicht. Obwohl er so groß war, wirkte er nicht wie ein Kasten. Er war muskulös, ein Waschbrettbauch zeichnete sich unter ein fadenscheiniges T-Shirt ab, seine Augen waren stahlgrau und passten nicht zu seinen Gesichtsnarben. Mein Gefühl sagte mir, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Irgendetwas bekam ich nicht mit. Schon wurde mir schwarz vor den Augen. Ich spürte noch den Stich eines Wurfpfeils und flog zu Boden.
Als ich wieder zu mir kam, ließ ich meine Augen geschlossen und ahmte die Bewusstlose nach. "Sie kann nicht hier bleiben.", sprach eine raue, sexy Männerstimme. "Was sollen wir mit ihr denn machen. Jetzt wo sie einmal hier ist?", meldete sich eine andere Männerstimme. Wo ist hier?, fragte ich mich. "Bringt sie zurück", sprach wieder der Erste. "Nein, wenn du sie los haben willst. Bringst du sie zurück", meldete sich wieder der andere zu Wort. "Schluss jetzt. Sie bleibt und damit basta.", meldete sich ein Dritter zu Wort. Woa, hoffentlich sieht er so gut aus, wie seine Stimme klingt. Leicht rau, tief, doch nicht zu tief, einfach woa. Jemand stand auf und ich hörte den Sessel über Steinplatten scharben. Schritte kamen auf mich zu und ich wurde unsanft aufgehoben. Jetzt reicht’s aber. Wütend schlug ich meine Augen auf und sah dem Narbengesicht entgegen. "Hallo. Na, endlich wach?" Also ihm gehört die erste Stimme. Nicht schlecht. "H-H-Ha-llll-ooo", meldete sich piepend die zweite Stimme zu Wort. Der Mann sah erbärmlich aus. Klein, hager, mausgraue Haare, gräuliche Haut, völlig unterernährt. Ich schaute mich weiter um. Es war nur noch ein weiterer Mann im Raum, er musste also die Stimme haben, die mich so gefesselt hat, mehr noch als Stimme Nummer eins. Er war groß, fast so groß wie der Riese der mich immer noch in den Armen hielt. Schmalhüftig, aber nicht dünn. Seine Muskeln waren gut proportioniert. Auch er hatte einen Wachbrettbauch. Seine silbernen Augen fesselten meinen Blick. Ich sah im gerade, von meiner liegenden Position aus, ins Gesicht. Mittelbraune Haare umrandeten sich ebenmäßiges Gesicht. Zwar nicht klassisch schön, aber verdammt attraktiv. "Erstens: Wo bin ich? Zweitens: Was wollt ihr von mir? Drittens: Ich will hier runter.", sprach ich so ruhig und leise wie möglich. Ich kochte vor Wut. "Also zuerst mal stellen wir uns vor. Dieser unscheinbare Knabe hier heißt Georg. Der Kasten dort ist Tom und ich bin Chris. Nun zu Frage Eins, wo du bist soll dich nicht interessieren. Antwort zwei: Unser Boss will dich sehen und zuletzt, Tom, lass sie runter." Schon landete ich auf den Boden. Verdammt, mein Arsch tat mir weh, das war doch ein ziemlich hoher Sturz. Ich sah das Lachen in den Augen von Chris und Tom und schaltete ab. Ein Knurren ertönte im Raum. Georg versteckte sich in der Ecke. Tom und Chris bekamen große Augen. Ich knurrte weiter und verwandelte mich. Die Drei rissen ihre Augen auf als vor ihnen eine schwarze Raubkatze stand, ein Panther. Mist, warum verwandle ich mich immer wenn meine Wut oder mein Zorn mit mir durchgingen.
Naja, was soll's, sie haben es gesehen, sie mussten also daran glauben. Mir tat es nicht einmal Leid, denn so wie sie mich bisher behandelt hatten, hatten sie es verdient. Ich sprang mit einem gewaltigen Sprung los und lief mit fließenden, ausgreifenden Sprüngen auf Georg in der Ecke zu. Ein Satz noch, dann konnte ich meine Kiefer um seine Kehle schließen. Mitten im Sprung wurde ich auf die Seite geschmissen. Kein Mensch konnte die Kraft dafür aufbringen. Ein Knurren ertönte erneut im Raum, doch diesmal nicht von mir. Ich drehte mich leicht zur Seite und stand einem weißen Tiger gegenüber. Er war gut zwei Köpfe größer als ich. Ich schaute mich weiter um. Es standen nur noch der zitternde, fast schluchzende Georg und der Riese Tom im Raum. Chris war also auch ein Formwandler und wenn mich nicht alles täuscht ist der Kasten namens Tom dort sein Bruder. Also auch ein Formwandler. Spitze, kann es noch besser werden. Chris knurrte mich noch einmal an. Anscheinend um mich abzuschrecken, doch damit bewirkte er genau das Gegenteil. Ich ging zwei Schritte zurück, beugte meinen Oberkörper nach vorne und knurrte zurück. Warnend, bedrohlich, vergebens. Er zuckte nicht einmal mit einer Wimper. "Na Chris, vielleicht kann sie uns doch helfen Phips und Roxy zu finden.", meinte Tom. Roxy? Meinten sie die Roxy die ich suchte. Ich richtete mich auf und schaute Tom mit schief gelegtem Kopf an. "Kennst du einen von beiden? Phips McIntosh und Roxy McKenzie." Ich verwandelte mich zurück und nickte: "Ja, ich suche auch Roxy. Ihre Eltern vermissen sie und schickten mich los um sie zu suchen." "Du warst bei Roza und Samuel?", fragte Chris, der sich ebenfalls zurückverwandelt hat. Ich nickte erneut. Dann fielen mir wieder seine ersten Worte ein und ich fragte, "Wer ist euer Boss? Wer wollte mich unbedingt sehen?" Lachend zeigte Tom auf Chris, der leicht rot anlief. Das gibt's doch nicht, zuerst schmeißt er mich um, knurrt mich an und zuckt mit keiner Wimper als ich kampfbereit vor ihm stand und jetzt wird er rot. Lachend wandte ich mich zur Tür. "Bis später, Jungs." Doch ich kam nicht so weit. Vor mir erschien eine Feuersäule und ich musste zurück weichen. Als ich mich wieder umdrehte, lies Chris die Hand sinken. Also gut, er ist nicht nur Formwandler sondern auch Elementenbändiger. Noch eine Eigenschaft, die wir gemeinsam haben. Großartig, dachte ich sarkastisch.
Tag der Veröffentlichung: 02.05.2010
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