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Unverhofft kommt nicht oft


Unverhofft, kommt nicht oft!
Respekt und Achtung gebietet es mir in dieser Geschichte nahe an der Wahrheit zu schreiben, aber nicht alles.
Manche Geschichten schreibt das Leben und bei dieser Geschichte ist es so. Ich muss nichts hinzudichten und verfälschen. Namen und Orte erwähne ich nicht aus Respekt vor den noch lebenden Personen.
Was sich auf meine Person bezieht ist autobiografisch. Einige Personen die in dieser kurzen Erzählung vorkommen leben nicht mehr.
Es war vor 23 Jahren, ich war Altenpflegerin in einem Pflegeheim und hatte gerade in die private Pflege gewechselt.
Der Schichtdienst war sehr anstrengend und ich wollte eine kleine Pause machen. Unser Hausbau und die Kinder beanspruchten mich zusätzlich. Mein Körper streikte und ich hatte eine Menge an Gewicht verloren.Der Garten musste noch angelegt werden und die Pflasterung ums Haus wurde auch in Angriff genommen.
Eines Tages im Oktober bekam ich einen Anruf von einem Pfarrer unserer Nachbargemeinde. Er suchte händeringend nach einer Pflegeperson für einen alten Herrn im Alter von 83 Jahren, der noch mit einem Schlaganfall im Krankenhaus lag. Ich nenne ihn mal Opa Franz.
Der Pastor bat mich, den alten Herrn doch mal mit ihm im Krankenhaus zu besuchen.
damit ich mir ein Urteil erlauben könnte, und die Pflege übernehmen würde.
Opa Franz hatte bisher allein in seinem Haus gelebt. Seine Frau war ein paar Jahre vorher gestorben. Die Ehe war kinderlos geblieben.
Er hatte noch zwei Nichten, die aber auch nicht mehr die Jüngsten waren. Sie hatten sich wenig um den alten Onkel gekümmert, wie er versichert hatte.
Das erfuhr ich später von Bruno, Opa Franz Nachbar, der sich mit seiner Frau immer gekümmert hatte um den alten Herrn, seit dessen Frau gestorben war.
Sie hatten Einkäufe getätigt und sich um die Wäsche, Haus und Garten gesorgt.

Opa Franz war mit seinen Nichten zerstritten wie ich dann später auch erfuhr. Er hatte in seinem Testament die Nichten als Erbinnen eingesetzt, da er ja kinderlos war.
Längere Zeit ging es ihm gesundheitlich nicht gut, aber seine Nichten kümmerten sich nicht so um ihn, wie er es erwartete.
So enterbte er die Nichten und erinnerte sich an einen Neffen, der damals noch in der ehemaligen DDR wohnte. Dem wollte er nun sein Vermögen testamentarisch vermachen. Der Neffe, inzwischen an die 50 Jahre, fuhr zur See als Kapitän auf einem Frachter überall auf den Weltmeeren. In jungen Jahren hatte er seinen Onkel einmal um Geld gebeten, dieser war darüber sehr erbost und schickte ihn fort ohne Geld.
Seitdem war der Kontakt abgebrochen. Der Neffe wiederum, wollte nun von seinem Onkel nichts mehr wissen und lebte inzwischen im Osten, in Mecklenburg-Vorpommern.
Osten und Westen wurden durch den Mauerbau getrennt.
Opa Franz hatte mittlerweile, weil er wusste nicht mehr viel Zeit zu haben - einen Rechtsanwalt beauftragt, den Neffen zu suchen und ihn auch schon testamentarisch als Alleinerben eingesetzt.
Der Neffe wusste noch nichts von seinem Glück als Erbe. Nun war ich gefragt als Pflegerin und Unterstützung für den Nachbarn, der schon sehr viel Zeit opferte für Opa Franz, obwohl er und auch seine Frau schon die 70 Jahre überschritten hatten. Der alte Herr wollte in kein Heim, er wollte unbedingt in seinem Zuhause bleiben, obwohl er es sich hätte leisten können.
Opa Franz war immer schon zeit seines Lebens ein gläubiger Mensch und auch Bruno, der Nachbar war es. Sie kannten den Pfarrer gut, er besuchte sie öfter. Am Sonntag in der Kirche verkündete er auf der Kanzel, dass durch eine glückliche Fügung für einen alten Menschen eine Pflegerin gefunden wurde.
Nun wurde für Opa Franz in seinem Wohnzimmer ein Krankenbett aufgestellt. Ich teilte mir die Pflege zu unterschiedlichen Zeiten mit Bruno, dem Nachbarn. Morgens kam noch zusätzlich eine Pflegerin zur Körperpflege. Nachtwache hielt oft Bruno, auch der Pastor sprang mal ein, und am Tag versorgte ich den alten Herrn mit allem was die Pflege so braucht.
Vom Nachbarn erfuhr ich dann auch noch einiges über die interessante Lebensgeschichte von Opa Franz.
Der alte Mann war selbständig, als Handelsvertreter immer sehr sparsam und bescheiden gewesen, ja fast geizig. Obwohl das Brot alt war, schnitt er den Schimmel ab und aß es auf.
Nachdem seine Frau gestorben war zog er sich völlig zurück in sein Haus.

Der Schlaganfall veränderte sein Leben und er baute körperlich immer mehr ab. Zu Hause aß und trank er zuletzt nicht mehr, irgendwie hatte er sich wohl aufgegeben, er lebte noch einen Monat und lag im Sterben.
Ein einziger Gedanke hielt ihn noch am Leben, dass sein Neffe, der Erbe gefunden würde, damit wirklich niemand anderer das Erbe bekam.
Man spürte sehr stark, er hielt sich mit letzter Kraft am Leben, bis zu dem Freitag, als der Rechtsanwalt aus Mecklenburg mit der Nachricht anrief, er hätte den Neffen mit seiner Familie gefunden.
Man spürte förmlich seine Erleichterung und sein Körper entspannte sich.
Die Grenze war glücklicherweise gerade 1990 offen, und so kündigte sich der Rechtsanwalt mit dem Neffen am Samstagnachmittag bei Opa Franz zum Besuch an.
Ein Jahr vorher hätte die Geschichte wahrscheinlich einen anderen Lauf genommen
Opa Franz bekam es noch mit, zumindest vermute ich es, aber er verstarb dann leider an Schwäche in der Nacht von Freitag auf Samstag, ehe er seinen Neffen wiedersah.
Der Neffe traf seinen Onkel nicht mehr lebend an. So eröffnete ihm der Rechtsanwalt was sein Onkel ihm als Erbschaft hinterlassen hatte.
Ein großes Haus mit Garten, eine Million DM, kostbaren Schmuck und einen Oldtimer.
Mit soviel Geld hatten sie nicht gerechnet, das war zuviel des Guten.
Der Neffe und seine Frau fielen erst einmal in eine kurze Ohnmacht, bevor sie das Erbe realisierten und später rechtlich antraten.
So waren sie unverhofft, und dank glücklicher Fügung der Grenzöffnung, zu Reichtum gekommen!
© Klaerchen

Impressum

Texte: Klaerchen
Bildmaterialien: Autorin Klaerchen ,Cover
Tag der Veröffentlichung: 05.07.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Alle die es interessiert besonders meine Freunde

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