Band Nr. 01
»Wie alles begann ...«
(Pilotgeschichte)
Vorgeschichte (Teil 1)
Vorgeschichte (Teil 2)
Vorgeschichte (Teil 3)
Vorgeschichte (Teil 4)
Vorgeschichte (Teil 5)
Der letzte (halbwegs) normale Abend
Ein Morgen wie kein anderer
Unglaubliche Erkenntnisse
Lisa's Einführung in die Welt der Hexen & Magier
Eine unerwartete Reise nach Bregenz (Teil 1)
Ein unvergesslicher Abstecher nach Markt Eisenberg
Eine unerwartete Reise nach Bregenz (Teil 2)
Die Geheimnisse von Area 51 & Cheyenne Mountain
Lisa zu Besuch in der 4. Dimension
Lisa's schönstes Geburtstagsgeschenk
Eine verhängnisvolle Reise in die Vergangenheit
Strafe muss sein!
Epilog
Quellenverzeichnis
Wie Poltergeister jagten Lisa die Schuldgefühle. „Hüte dich vor den Iden des März!“ Diese Warnung war keine leere Floskel – sie kam von jenen, die den Preis einer Zeitreise am eigenen Leib erfahren hatten.
Doch die Versuchung war zu groß gewesen. „Was soll schon schiefgehen?“, dachte Lisa sorglos. „Schließlich gehört den Mutigen die Welt!“ Mit dieser Überzeugung sprang sie, ahnungslos, welchen Albtraum sie entfesseln würde, durch’s Zeitportal.
Ihre Reise ins Jahr 1301 war voller Abenteuer gewesen. Doch als sie in die Gegenwart zurückkehrte, erstarrte sie vor Schrecken: Puchberg am Schneeberg lag in Trümmern! Nichts war mehr, wie’s mal war: Kein Kinderlachen, keine Touristen, keine Stimmen – nur bedrückende Stille, durchbrochen vom Heulen des Windes.
Er trug den Geruch von Asche mit sich; wirbelte den Staub über’s Pflaster zerstörter Straßen. Cafés, Hotels, Restaurants – alles war dem Erdboden gleichgemacht! Selbst der Golfplatz und Klettergarten – einst voller Leben – waren nur noch verbrannte Erde. Auch der glitzernde Teich des Kurparks war ausgetrocknet. An seinem Ufer verrotteten die Ruderboote wie gestrandete Geisterschiffe.
Lisa sank auf die Knie. Ihre Finger krallten sich in den Staub, während Tränen über ihre Wangen liefen. Sie wollte schreien – doch nicht mal das brachte sie über die Lippen. Die Worte der Altvorderen hallten gnadenlos in ihrem Kopf wider: „Sprich mit niemandem! Verändere nicht mal das kleinste Detail! Denn jede noch so kleine Tat könnte die Gegenwart beeinflussen, wie du’s dir in deinen kühnsten Träumen nicht ausmalen kannst!“
Und nun war geschehen, was sie am meisten gefürchtet hatte. „Verdammt soll ich sein – in Ewigkeit!“ Ein Schaudern durchfuhr sie; ihre Schultern sanken herab. „Was hab‘ ich nur getan?“ Jede Entscheidung, jedes Gespräch, jeder Schritt hatte eine Kettenreaktion ausgelöst. Und nun stand sie vor den Trümmern ihrer Abenteuerlust.
Hätte sie sich doch nur selbst aufgehalten. Hätte sie doch niemals diesen Sprung gewagt. Doch Vater Zeit kannte kein Mitleid: Der Fluch der Vergangenheit hatte seine moralischen Klauen in Lisa geschlagen – und die Erkenntnis, was passieren könnte, kam einen Wimpernschlag zu spät.
Ein Vulkan der Emotionen tobte in ihr: Wut, Frust, Hass auf sich selbst – alles wirbelte durcheinander wie ein wilder Zyklon.
Mit der Energie eines F5-Tornados stürmte sie durch’s Wohnzimmer, das Ziel klar vor Augen: ihr Refugium, volle Fahrt voraus!
Drei Wochen Strafe, liebe Leser: Der Hexenrat hatte ihr diese Bürde auferlegt, obwohl sie mit ihrem Papa die Zeitlinie wieder in Ordnung gebracht hatte!
Ob das fair war, fragt ihr euch? Vielleicht. Aber für 'ne 12-Jährige? Verdammt hart, findet ihr nicht auch?!
Wenigstens: Puchberg am Schneeberg erstrahlte schöner als zuvor.
Mit krachendem RUMMS flog ihre Zimmertür fast aus den Angeln – das ganze Haus bebte, als würde es Lisa’s Zorn erwidern.
„Lisa-Marie, wenn du schon Kleinholz aus unserer Bude machst“, rief ihre Mama aus der Küche herauf, „dann bitte ordentlich, ja?“
Lisa schnaubte. „Ach, halt die Klappe, Mama!“ Aber laut aussprechen? Besser nicht! Stattdessen stampfte sie ins Schlafzimmer. Ihr Bett rückte ins Fadenkreuz ihres Zorns – aber sie konnte sich gerade noch zurückhalten, es nicht in Stücke zu reißen.
Mit entschlossenem Ruck ließ sie sich auf die Matratze fallen. Ein paar Minuten Ruhe wären ein Geschenk des Himmels gewesen, doch stattdessen loderte das Feuer in ihr nur noch stärker auf!
TICK - TACK - TICK - TACK. Die Uhr hämmerte im Kopf wie eine drohende Unheilsmelodie: Viertel drei Uhr nachmittags, am 5. Juli 2014 war’s.
Erst war da nur die Ungeduld, dann ein nagendes Unbehagen: Wo blieb Christina, ihre beste Freundin und Schwester im Herzen, bloß so lange? Vor einer Stunde hatte sie angerufen und Christina hatte versprochen, so bald wie möglich zu kommen. Und jetzt? Absolute Funkstille!
Lisa’s Blick verfinsterte sich. „Wo treibt sich diese blöde Nuss schon wieder ewig herum?“, murmelte sie, während sie mit zittrigem Griff sich das Handy schnappte und Christina’s Nummer wählte.
Ihr Herz klopfte schneller mit jedem Freizeichen. „Komm‘ schon, Chrissi, geh‘ ran ...“ Ihr Magen zog sich zusammen; ein unsichtbares Band legte sich um ihre Brust, zog sich immer enger – bis ihr fast die Luft wegblieb.
Dann – die Mailbox. „Das ist die Mailbox von Christina Braun. Hinterlässt bitte eine Nachricht – denn ich bin zurzeit nicht erreichbar!“
„Chrissi, wo bist du?! Ruf‘ mich sofort zurück, hörst du?“ Ihre Stimme überschlug sich fast, ehe sie das Gespräch beendete.
Das Handy fiel auf die Bettdecke; Lisa sprang auf. Wie vom wilden Affen gebissen, raste sie aus'm Zimmer, quer durch's Wohnzimmer und stand Sekunden später schon am Balkon.
Frische, würzige Alpenluft strömte in ihre Lungen – doch selbst das half nichts. Die Stille war erdrückend; fast schon unnatürlich.
Ein Rabe flatterte auf, seine Flügel klatschten gegen die Luft, dann war wieder nichts zu hören. Die Kirchturmglocke schlug dumpf in der Ferne, doch anstatt beruhigend zu klingen, jagte ihr dies eisige Schauer über den Rücken.
Sie umklammerte das Geländer, als wollte sie’s unter ihrer Anspannung zerquetschen. „Bitte, Chrissi, tauch‘ doch endlich auf!“ Sie flehte darum, dass ihre Freundin jeden Moment mit dem Fahrrad um die Ecke biegen würde, dass alles in Ordnung war.
Doch nichts: keine Bewegung, kein Geräusch. Nur diese unheimliche, quälende Stille.
Währenddessen fegte die verloren geglaubte Freundin durch die Straßen von Schneebergdörfl.
Wer Zeuge ihrer Höllenfahrt war, hätte schwören können, sie wollte einen Rekord aufstellen: Christina vs. Vater Zeit! Und der Sieger dieses gnadenlosen Duells? Nun ja, liebe Leser – das wissen bloß die Götter.
Jeder Tritt in die Pedale war ein verzweifelter Schlag gegen die Gewissheit, viel zu spät dran zu sein. Doch die Welt um sie herum verschwamm zu einem einzigen Punkt. Alles konzentrierte sich auf ihr Ziel: Schneebergstraße 313, 2734 Puchberg am Schneeberg.
Rasch kam sie ihrem Ziel näher, als plötzlich ihr klingelndes Handy sie aus der Gedankenwelt riss.
Ein Blick auf's Display – und ein genervtes Augenverdrehen folgte. „Lisa – auch das noch!“ Ihre Stimme war ein Mix aus Panik und Resignation. „Mann, oh Mann – die wird kochen, wie der Schneeberg zu besten Zeiten!“
Doch für's Stehenbleiben war keine Zeit – also dröhnte ihr Klingelton ungehindert weiter durch die Gassen.
„Dann kommen wir halt in die Hölle; im Himmel kennt uns sowieso koa Schwein. Und wenn ma uns net bessern und so weiter tuan, losst uns der Petrus in den Himmel nie rein!"
Ein frecher Hit der Jungen Zillertaler – laut, unüberhörbar und, wie Christina fand, die perfekte Untermalung ihrer Situation! Deutlich konnte sie sich Lisa’s erheitertes Gesicht vorstellen, wenn sie den Song hörte.
„Ja, ja – dann kommen wir halt in die Hölle. Aber ehrlich g’sogt, des stört uns goar net groß. Do is‘ immer heiße Stimmung, und do geht die Party ab: Rund um die Uhr do is‘ der Teufel los!"
Christina lachte heiter: „Passt wie die Faust auf's Auge!"
Und wenn die Leute tuscheln? Sollen sie doch! Sie hatte genug davon, dass die Dorfgemeinschaft sie ständig in die 0815-Schublade der braven Pfarrerstochter stecken wollte. Es wurde höchste Zeit, dass die anderen begriffen: Sie war so viel mehr als das!
Lisa’s Elternhaus tauchte endlich vor ihr auf – erhaben wie ein Endgegner nach einem mörderisch schweren Level.
Mit kräftigem Ruck zog sie an den Bremsen. Das schrille Quietschen der Reifen zerriss die Stille, hallte durch die Straßen und ließ ein paar Amseln erschrocken aufflattern. Es war der Moment, in dem Christina wusste: Mit allerletzter Kraft hatte sie’s wieder mal geschafft!
Keuchend sprang sie vom Fahrrad, ließ sich auf die kühle, raue Oberfläche der Gartenmauer sinken und atmete tief durch – als wär' sie dem feurigen Krater des Schneebergs entstiegen.
Christina zog ihr Handy aus der Tasche. „30 verpasste Anrufe: Lisa-Marie Berger.“ Sie stöhnte.
„Heiliger Topfenstrudel: Das gibt 'ne Predigt!" Ihre Blicke sprachen Bände. „Dagegen ist Papa's Geschwafel von der Kanzel ein Wellnessurlaub im Kloster St. Ossiach zur inneren Einkehr!“
Bevor sie sich auf Lisa's Backpfeifen vorbereiten konnte, begann das Handy erneut zu klingeln.
„Vor der Kirche der Heiligen Anna, lag ein kleines Findelkind. Eingepackt in wollene Decken, lag es da im eiskalten Wind ..."
Christina riss die Augen auf wie'n Scheunentor. „Gottverdammt – jetzt auch noch WhatsApp!“ Sie wusste, dass Lisa das Drama längst auf die Spitze getrieben hatte. „Was tun?, sprach Zeus. Die Götter sind besoffen und der Olymp vollgekotzt!", schoss es ihr brennheiß durch den Verstand.
Doch als die nächste Zeile erklang, war ihr plötzlich nicht mehr nach flapsigen Sprüchen zumute.
„Denn das Mädchen ohne Namen, das man heut' Anna nennt, möchte einmal gerne Mutter zu dir sagen ..."
Irgendetwas daran ließ ihre Gedanken stocken; ließ etwas Unausgesprochenes zwischen den Zeilen der Kastelruther Spatzen lauern. Eine höhnische Antwort des Universums? Oder vielleicht doch mehr?
„Und sagt: Bitte, bitte melde dich; denn ich hab‘ dich so sehr vermisst!"
Ein unruhiges Ziehen breitete sich in ihrer Brust aus. Ihre Finger zitterten einen Hauch zu sehr, als sie das Handy in der Hand drehte.
Aber nein - nicht jetzt - nicht heute!
Ein letzter Rest Trotz flackerte in ihr auf. „Ach, Scheiß' der Hund drauf: Ich meld‘ mich später!", dachte sie entschlossen – und ließ das Handy weiterklingeln.
Während die letzten Kräfte wie Suppe durch ein Nudelsieb aus'm Körper sickerten, kippte sie leicht nach hinten und schloss die Augen für wenige Momente. „Zwei Minuten ... Jesus ... mehr verlange ich doch gar nicht, bevor Lisa über mich herfällt – wie Shir Khan nach drei Tagen ohne Beute ...!“
Doch unverhofft kommt oft: „Servus, meine Teure!“, erklang eine mürrische Stimme, die selbst den schönsten Sommertag in ein Gewitter tauchen konnte. „Es wird ja höchste Eisenbahn, dass du bei uns einreitest!“ Ein schwarzer Panther schritt stolz den Weg entlang; sein glänzendes Fell spiegelte majestätisch das Licht der Sonne wider.
Ein breites Lächeln huschte über Christina’s Gesicht. „Bobby!“, rief sie freudig und sprang von der Gartenmauer. „Wie schön, dich zu sehen, alter Mäusefänger! Sag‘ schön: Wie geht’s, wie steht’s, Mausibär?“
Bobby jedoch war, wie so oft, meilenweit entfernt von guter Laune. „Vor wenigen Minuten ging’s mir blendend“, knurrte er. „Aber seit du wieder deine depperten Witze reißt, bekomm‘ ich einen fürchterlichen Rückfall!“ Seine Laune war, wie gewohnt, im 3. Kellergeschoss, gleich unter der Tiefgarage.
Christina kicherte, während er sich mit der würdevollen Langsamkeit einer Sphinx auf seine vier Buchstaben platzierte.
„Einen fürchterlichen Rückfall?“ Ihr schelmischer Blick funkelte wie ein Diamant. „Aber sicher nicht so schlimm wie jener vom Milliardär Eduard von Magenbitter, wenn er Professor Pfiff’s Anwesenheit ertragen musste, oder?!“ Sie wusste genau, wie sie Bobby liebevoll necken konnte, ohne ihn auf die Palme zu treiben.
Jener funkelte sie böse an, als ob er sie zum 2. Mittagessen verputzen wollte. „Bei aller Liebe!“ Sein Tonfall war scharf wie eine Rasierklinge. „Der Protagonist heißt schon noch Eduard von Bittermagen, du Kernphysiker! Und die göttliche Komödie mit Gunther Philipp, ein dicker Hund, ist ein Meisterwerk der Extraklasse von Franz Marischka!“
Doch plötzlich hielt er inne, als wär‘ er, wie Thunder Jack aus Talkeetna, Alaska, viermal vom Donner getroffen worden! Sein Blick verhärtete sich, fixierte die andere Straßenseite, als hätte er dort Lucas Fürst Sr. in persona erblickt!
Christina folgte Bobby’s Blick: Nichts! Nichts, was in ihren Augen besonders wirkte; nur Casa de Rosenthal erhob sich würdevoll vis-à-vis.
„Alles in Butter, Mausibär?“ Ihre Stimme war eine Mischung aus Verwirrung und Galgenhumor.
Bobby schnaubte gereizt. „Du kleiner Teufelsbraten solltest deinem Herrgott auf Knien danken“, murmelte er mit verärgertem Fauchen, „dass heute nur Idioten unterwegs sind, die einem keinen Funken Spaß gönnen!“ Seine Muskeln waren angespannt, sein Schwanz peitschte nervös hin und her.
„Bobby, bitte, was ist los?“ Christina’s Stimme nahm einen besorgten Unterton an. „Du führst dich ja auf wie 'ne Mieze, der man den Futternapf weggenommen hat!“
Doch Bobby ließ sich nicht erweichen. „Vergiss es einfach! Denn du würdest es sowieso nicht checken“, erwiderte er genervt. „Tu‘ mir stattdessen den Gefallen und lass‘ mich einfach in Ruhe! Haben wir uns verstanden?“ Sein Blick ließ keinen Widerspruch zu.
„Wenn du meinst ...“ Christina zuckte mit den Schultern, spürte aber genau, dass hier mehr im Busch war, als dieser Panther zugeben wollte.
Bevor sie ihn weiter bedrängen konnte, sprang er mit der Eleganz einer Großkatze über’s Gartentor, landete geschmeidig auf'm Gehsteig und wandte sich zum Gehen.
Mit einem letzten, scharfen Kommentar verabschiedete er sich: „Himmel, Schimmel, weißes Pferd, noch eins!“ Es war ihm vollkommen wurscht, was andere von ihm hielten; sein Blick fiel erneut auf die andere Straßenseite, und ein tiefes Knurren entkam seiner Kehle. „Frag‘ mich, was diesen gusseisernen Affen geritten haben mag, seinen Funken Menschlichkeit an diesen Giftpilz dort zu verschwenden?!“
Dominik Neubauer’s Blicke sprachen Bände (Siehe Bild).
„Himmelhur‘ von Babylon; das wird ja mal gesagt werden dürfen!“ Bobby’s Ausdrucksweise war eine explosive Mischung aus Frustration und unverblümtem Humor zugleich. „Noch dazu“, grummelte er weiter, „weiß dieser blonde Giftzwerg nicht mal, wie gottverdammt wahr ihr Klingelton der Spatzen aus Südtirol nun mal ist!“ Dann war er weg.
Christina blieb allein zurück – ratloser als sie es seit Langem gewesen war. „Na super. Jetzt steh' ich da wie 'ne Kuh vor'm UFO!“
Selbst feinster Galgenhumor half ihr nicht weiter. Die Stille um sie herum fühlte sich plötzlich schwer an, fast erdrückend. Mit einem mulmigen Gefühl streckte sie die Hand aus, drückte den Klingelknopf von Casa de Berger – und wartete.
„Was, wenn Lisa nicht mehr so ist wie früher?“ Ihre Gedanken wirbelten durch den Kopf wie’n unbändiger Sturm. „Was, wenn sie enttäuscht ist, weil ich zu spät komm‘?“ Christina seufzte. „Aber ich kann doch nicht einfach so tun, als wär‘ nix gewesen!“
Ein leises Surren durchbrach die Ungewissheit, und plötzlich öffnete sich die linke Seite des Tors, als wär’s von unsichtbarer Hand geführt.
Zögernd schob sie ihr Fahrrad durch’s Tor und betrat das Grundstück. Die Angst, es könnte etwas Gefährliches im Verborgenen lauern, war schwer abzuschütteln.
Der Vorgarten präsentierte sich in farbenfrohem Schauspiel aus Blumenbeeten, saftigem Gemüse und prächtigen Obstbäumen – ein wahres Paradies der Natur. „Wie immer“, dachte sie, „blüht hier alles in voller Pracht, während bei mir alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann!“
Bienen summten geschäftig von Blüte zu Blüte, und der Duft von frisch gebackenem Brot und Semmeln wehte verlockend aus der Küche. „So viel Leben um mich rum, und ich fühl‘ mich, als würd‘ ich ersticken!“
Mit jedem Schritt, den Christina tat, spürte sie, wie die Leichtigkeit des Gartens in scharfem Kontrast zur inneren Unruhe stand. „Was, wenn sie mich nicht mehr sehen will?“
In Lisa’s Elternhaus, einem wahren Mekka der Hexerei und Magie, musste man täglich auf alles gefasst sein!
„Es wird alles gut, es wird alles gut“, murmelte sie fast unhörbar zu sich selbst. „Ach, wenn’s bloß so einfach wär‘, gäb‘ ich ein Fürstentum ...!“
Der Türgriff fühlte sich an wie ein verheißungsvoller, aber auch beängstigender Schlüssel zu dem, was jenseits der Schwelle auf sie wartete.
„Was wird Lisa sagen, wenn sie hört, warum ich mich so verspätet hab‘? Würde sie mir vorhalten, ich würd‘ schon wieder auf Albert Schweitzer und Mutter Teresa machen?“
Plötzlich durchbrach eine Stimme ihre Gedankenwelt: „Servus, Christina – schön, dass du endlich da bist!“, rief Robert Berger, Lisa's Papa, mit seinem charmantesten Lächeln.
Christina zuckte zusammen, als hätte sie Fürst Sr. – den Herrn der christlichen Unterwelt – persönlich erblickt.
Mit gequältem Lächeln reichte sie ihm die Hand zur Begrüßung; das Fahrrad lehnte sie an die Hauswand und versuchte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
„Grüß Gott, Herr Oberstudiendirektor“, begann sie würdevoll. „Es tut mir sehr leid, dass ich etwas zu spät dran bin“, sagte sie mit festem Ton. „Ich wurde leider dreimal am Weg hierher aufgehalten, müssen Sie wissen.“
„Ach, schon vergessen; Schwamm drüber“, antwortete er mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Seit du unser Familiengeheimnis kennst, weißt du ja, dass nichts vor uns verborgen bleibt.“
„Stimmt“, erwiderte sie. „Aber...“ Ihr Blick wanderte ins Vorzimmer, als würde sie dort die Büchse der Pandora mit allem Unheil wittern.
„Keine Sorge“, unterbrach der Gastgeber zärtlich. „Ich hab‘ dir doch schon oft genug gesagt: Du musst vor niemandem in unserer Familie Angst haben; am wenigsten vor Bobby, dem verhinderten Despoten!“ Er lachte schadenfroh.
Christina lachte ebenfalls. „Verhinderter Despot, der war gut!“ Doch die Anspannung, die sie fühlte, ließ in keiner Weise nach, trotz des blinden Vertrauens in Lisa’s Eltern.
„Ist doch wahr!“ Robert lächelte. „Und ich wette, Lisa hat dir längst erzählt, warum, oder?“
Christina nickte, obwohl sie’s bereute: Sie kannte Bobby’s schreckliches Geheimnis und kämpfte immer noch damit, es zu verarbeiten. „Ich hoff‘ nur, Lisa ist mir nicht allzu böse, dass ich zu spät dran bin“, sagte Christina, während sie ins geschmackvoll eingerichtete Vorzimmer gebeten wurde.
„Keine Sorge: Du wirst’s überleben“, meinte Robert düster. „Aber ob du ohne eine Standpauke wegkommst, die du nicht so leicht vergisst, ist 'ne andere Frage.“
„Wie meinen Sie das?“, wollte sie wissen; doch er war plötzlich verschwunden, und die Tür schloss sich mit leisem Zischen hinter ihr. „Lisa kann impulsiv sein, und junge Hexen sind unberechenbar wie der Schneeberg ...“, ein unheimliches Gefühl der Bedrohung überkam sie erneut.
„Glaub‘ mir, Christina“, vernahm sie Robert’s Stimme aus der Küche nun. „Katzen, die fauchen, beißen nicht; und Lisa schon gleich gar nicht – vertrau‘ mir!“ Sein schelmischer Unterton war nicht zu überhören, und ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen. „Und du weißt doch, wo ihr Zimmer liegt, oder?“, fragte er nun vom Keller herauf.
„Natürlich, sicher doch, Herr Oberstudiendirektor“, rief sie respektvoll und versuchte, neuen Mut zu fassen. „Lisa ist zwar 'ne reichlich ungestüme Junghexe, aber ein Monster, das mich auffressen will, ist sie ganz sicher nicht!“
„Kein Monster“, stimmte Robert zu, als er plötzlich vor ihr auftauchte und eine Dose Thunfisch samt Öffner ihr in die Hand drückte. „Aber ein bisschen Vorsicht schadet ja nie. Denn: Katzen steh’n tierisch auf Thunfisch! Vielleicht auch Tigerdamen wie Lisa?“ Sein Lachen durchbrach die Anspannung, und die Schadenfreude war ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
Christina konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. „Himmel, Herrgott: Spinnt mein Direx jetzt völlig?“, dachte sie verzweifelt. „Oder bin ich bloß das perfide Opfer von ‚Verstehen Sie Spaß‘?“ In Christina’s Augen war alles längst im Bereich des Möglichen angekommen.
„Versuch’s doch bitte wenigstens, Lisa mit Thunfisch zu besänftigen“, sagte Robert schelmisch und machte sich wieder magisch aus‘m Staub. „Denn mehr, als ein Kanonenschuss mit’m Ofenrohr ins Gebirge, kann’s doch sowieso nicht werden, oder?!“ Jetzt vernahm sie seine Stimme aus‘m Schlafzimmer im Erdgeschoss.
„Jesus Christus im Himmel: In welchem Narrenhaus bin ich hier nur gelandet?“, murmelte Christina und glaubte, in einem Albtraum gefangen zu sein.
Die Thunfischdose samt Öffner legte sie entschlossen zur Seite und betrat mit zittrigen Knien die Treppe ins Obergeschoss. „Wenn ich diesen Tag heil überleb‘, vermach‘ ich mein Sparbuch der Mutter Kirche des Augsburger Bekenntnisses!“, schwor sie feierlich und schlug dreimal das Kreuz vor dem Herrn.
Die Stufen knarrten unter ihrem Fliegengewicht, als sie ins Obergeschoss schritt. An den Wänden hingen unzählige Familienfotos – Lisa und ihre Eltern blickten sie an, als könnten sie ihre Gedanken lesen.
Jedes Bild war ein Fenster in die Vergangenheit: Australien, Neuseeland, England, Hawaii, die Karibik, Skandinavien, Ungarn, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Irland, Amerika, Kanada, die Malediven, Brasilien, Barbados, Mallorca, Ägypten, Japan – ein Reisekatalog in Bilderrahmen.
Doch in diesem Moment fühlte sie sich nicht wie eine Weltentdeckerin, sondern wie ein Mäuschen in einem Spukhaus. Die Angst, vor dem, was sie erwartete, nagte an ihr wie die Termiten am Gebälk der Kirche zur Heiligen Anna.
Als sie das Wohnzimmer im Obergeschoss betrat, schlug ihr eine merkwürdige Stimmung entgegen.
„Lisa, entschuldige bitte meine Verspätung! Ich hoff‘, du kannst mir …“, begann Christina, doch Lisa fiel ihr scharf ins Wort.
„Verspätung?“ Ihre Stimme vibrierte vor unterdrücktem Zorn. „Du bist gut, Chrissi! Über eine Stunde ist vergangen, seit du mir versichert hast …“
„Ja, ja, ich weiß!“ Christina hob abwehrend die Hände. „Es tut mir unendlich leid!“ Ihre Nervosität lag in der Luft wie ein lähmender Nebel.
Hastig bog sie nach rechts ab. Rechts das Bad, links Lisa‘s Freizeitraum – ihr Reich für Konsolenspiele, XXL-Puzzles und Filmabende. Und geradeaus: Lisa‘s Schlafzimmer; die Tür stand einladend offen.
„Chrissi, Schwester meines Herzens“, begann Lisa in gespielt feierlichem Ton. „Versprich mir eins – bei allem, was dir heilig ist!“
Christina blieb abrupt stehen: Ein ungutes Gefühl kroch ihr den Rücken hoch. „Was denn, Lisa?“
„Dass du keine depperten Fragen stellst und – bei allen Göttern – keinen Nervenzusammenbruch bekommst!“
„Äh …“, machte Christina und schritt vorsichtig weiter.
„Was ‚äh‘? Trällert bei dir bloß'n Systemfehler oder Bluescreen der Marke C-Format ein?“, spottete Lisa schelmisch.
Mit zusammengekniffenen Lippen trat Christina durch die Tür. „Bereit oder nicht, ich komm‘ jetzt rein – verstanden?!“
Sie lugte um die Ecke, schärfte ihre Sinne … doch Lisa war nirgends zu sehen. Ihre Stirn legte sich in Sorgenfalten.
Im Zimmer?, nichts. Der Balkon?, leer; stattdessen stand dort ein Tisch mit zwei Sesseln und die Schachtel des beliebten Schneebergland-DKTs, bereit für eine Partie.
„Chrissi“, ertönte Lisa‘s Stimme aus‘m Schlafzimmer, „da draußen kannst du suchen, bis du schwarz wie’n Rauchfangkehrer bist! Sag‘ schon: Bin ich wirklich so schwer zu finden?“
Christina‘s Herz machte einen Sprung: Lisa war ‘ne Wicca – unsichtbar zu werden, war für sie ein Kinderspiel! „Lisa-Marie, bitte“, flehte sie. „Ich mag’s nicht, wenn du auf große Hexe Verschwindibus machst!“
„Christina-Charlotte“, erwiderte Lisa süffisant, „dafür brauch‘ ich nun wirklich nicht meine Hexenkräfte zu bemüh‘n! Putz‘ lieber mal deine Brille – vielleicht findest du mich dann ja leichter!“
Lisa‘s Schadenfreude war unüberhörbar. „Und ich dachte, dein Nasenfahrrad vom Hartlauer Puchberg mit Schweizer Premium-Gläsern sei von einmaliger Qualität!“, kicherte sie.
Christina‘s Wut kochte hoch - mit entschlossenen Schritten marschierte sie zurück ins Schlafzimmer.
Gewissenhaft sah sie sich erneut um – und blieb wie angewurzelt stehen. Ihr Blick fiel auf etwas, das sie vorher übersehen hatte. „Lisa-Marie“, hauchte sie entsetzt. „Bitte sag‘ mir, dass ich träume!“
Ihr verschlug’s die Sprache – auf Lisa’s Bett lag ... ein bengalischer Königstiger. Kein Plüschtier, kein Poster: Ein beeindruckend großer Tiger – majestätisch wie Shir Khan – hatte es sich dort gemütlich gemacht!
Zaghaft trat Christina näher, setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. „Lisa, wenn du das bist ... gib dich zu erkennen!“ Doch der Tiger rührte sich nicht. „Haben wir uns verstanden, Madame Junghexe?“ Christina zwickte sich in den Unterarm – sie glaubte, träumen zu müssen – nein, sie war hellwach! „Lisa, ich weiß ja, dass du leidenschaftlich gern Stofftiere sammelst – aber das hier ist jetzt wirklich übertrieben!“
Ihre Hand glitt zögernd über's Fell – und in diesem Moment erstarrte sie: Der Brustkorb hob und senkte sich! Christina's Mienenspiel gab wieder, was sie empfand: „Großer Gott im Himmel steh' mir bei!"
„Und?" Lisa blinzelte ihr seelenruhig entgegen. „Zufrieden, mich endlich gefunden zu haben?“
Wie von der Furie abgewatscht sprang Christina hoch. „Großer Gott im Himmel“, rief sie, beinahe zu Tode erschrocken. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Schon ging Rums-die-Bums die Ladung los – dieser Schock war dann doch zu groß!
Wie’n Mehlsack kippte sie auf der Flucht Richtung Zimmertür um – ohnmächtig lag sie da, fern, irgendwo in Morpheus‘ Reich unterwegs.
Lisa schüttelte ungläubig den Kopf. „Echt jetzt, Chrissi?!“, brummte sie theatralisch und musterte ihre ohnmächtige Freundin. „Und ich bat dich noch, keinen Nervenkoller zu bekommen, und was machst du? Den perfekten Abgang á la Dornröschen!“
Mit einem Satz sprang sie vom Bett, marschierte anmutig zu Christina rüber und stupste sie mit der Schnauze an: Keine Reaktion, nur sachtes Atmen.
Lisa seufzte dramatisch. „Mann, oh, Mann: Chrissi, wenn du wenigstens in Würde umkippen würdest! Aber nein, du musst 'nen Special-Effekt draus machen: Rums-die-Bums und aus die Maus!“ Ihr Blick wanderte zur Zimmertür. „Tja, dann bleibt mir wohl nix anderes übrig ...“ Sie fuhr die Krallen aus – rein zur Show, versteht sich – und setzte ein diabolisches Grinsen auf. „Weißt du, Christina: In manchen Kulturen, vor allem Indien, wird ein Tiger als göttliches Omen angesehen und was machst du, du blöde Nuss? Du fällst ihn Ohnmacht!“ Ihre Blicke sprachen Bände.
In den Tiefen der Bewusstlosigkeit wurde Christina in eine andere Welt gesogen: weich und vertraut; weit entfernt von der grausamen Wirklichkeit, die sie niedergestreckt hatte.
Plötzlich stand sie im Kindergarten, einer Zeit, in der alles heil und glücklich war. Die Sonne malte goldene Muster auf den Boden, und sie sah sich und Lisa da vorn auf‘m Teppich sitzen.
Beide waren 5 Jahre alt, mit blonden Zöpfen, die fröhlich wippten, während sie von bunten Holzschienen mit Holzeisenbahn umringt waren. „Los geht’s, Christina! Fahren wir nach Puchberg, um Mama und Papa zu besuchen!“, rief die kleine Lisa lachend, als sie einen Zug auf die Gleise setzte. Christina lachte mit; unbeschwert, ihre hellen Stimmen schwangen durch die Luft.
Doch mitten im Lachen spürte Christina ein Zucken in der Luft – ein leichtes Flimmern, als würde die Realität um sie zittern. Für einen kurzen Moment wurde der Raum kühler und der warme Sonnenschein blasser. Ein Schatten, kaum wahrnehmbar, schlich über den Boden; schwer und drohend. Christina rieb sich die Augen, und als sie wieder aufsah, war alles wie zuvor - fast alles. Irgendetwas in der Szene fühlte sich ... falsch an; sie konnte aber nicht sagen, was es war.
Bevor sie‘s verstehen konnte, veränderte sich schon alles – sie war jetzt 8 Jahre alt.
Ihre Finger krallten sich ans glatte Metall eines Klettergerüsts im Kurpark. Neben ihr schwang Lisa an einem Seil, mutig und energisch, während Christina zögerte, das Gleichgewicht zu halten.
„Komm‘ schon, Chrissi! Ich fang‘ dich auf!“, rief Lisa fröhlich und unbeschwert.
Christina stieß sich ab, und wie immer hielt Lisa ihr Versprechen: Sie landete sicher in Lisa’s Armen; beide lachten – doch diesmal war das Lachen leiser. Gedämpft, als würde es aus einer anderen Welt kommen.
Christina warf einen Blick über die Schulter – hinter dem Klettergerüst, am Rand des Parks, hing eine dunkle Wolke, die sich langsam auf sie zubewegte. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich das einbildete oder ob die Wolke wirklich da war.
Bevor sie genauer hinschauen konnte, verschwand das Bild, und mit ihm die Wolke.
Die nächste Erinnerung tauchte auf, wie ein Bild, das aus dem Wasser emporstieg. Sie und Lisa waren 9 Jahre alt und saßen im Garten am knisternden Lagerfeuer.
Der Duft von gegrillten Würstchen und Steaks erfüllte die laue Sommernacht. „Grillwürstel! Ich könnte sie kiloweise verdrücken!“, rief Lisa vergnügt und biss genussvoll hinein.
Christina lachte und säbelte am Teller, an einem Stück Rindersteak herum, doch dieses Mal schmeckte das Fleisch anders – bitterer, verbrannter. Die Hitze des Feuers wurde unangenehm, zu heiß, als würde sie ihre Haut versengen.
Sie rutschte unruhig auf ihrem Platz hin und her, während die Flammen hochschlugen, die Funken stoben, und sich das gemütliche Lagerfeuer in ein wütendes Inferno zu verwandeln schien. Sie blinzelte und plötzlich war‘s wieder ruhig; doch die Unruhe im Bauch blieb besteh’n.
Die Sterne funkelten über ihnen; Lisa’s Augen strahlten im Schein des Feuers. Doch da war etwas in ihrem Blick, etwas Dunkles, das Christina noch nie zuvor gesehen hatte. Für einen Moment wirkte sie wie eine völlig Fremde auf sie!
Und dann wechselte die Szenerie erneut. Der vertraute Schmerz des Wechsels durchfuhr sie wie ein Blitz: Schlagartig waren die beiden Mädels 10 Jahre alt.
Sie saßen im Gras am Ossiacher See. Der Mond hing silbern am Himmel, beobachtete jede ihrer Bewegungen im Feriencamp.
„Egal, was passiert,“ flüsterte Lisa, „wir bleiben immer zusammen!“ Christina nickte, ihre Finger streiften sich, aber diesmal fühlten sich Lisa‘s Hände kalt an; eiskalt! Christina zog ihre Finger zurück, erschrocken vom erlebten.
Sie drehte den Kopf zur Seite und sah den Mond, der jetzt viel dunkler und bedrückender schien, als er sein sollte. Der Schein des Wassers wirkte wie pechschwarze Tinte, und der Wind trug ein Flüstern mit sich, das Christina frösteln ließ.
Die Wärme der Erinnerungen, die sie eingehüllt hatte, begann zu schwinden. Etwas war falsch – sie konnte es fühlen, tief im Inneren. Doch sie konnte nicht sagen, was es war.
Dann zerbrach die Szene mit scharfem Knall, fast wie Glas, das zu Boden fiel. Und aus den Scherben trat die bittere, kalte Realität hervor: Lisa war kein Mensch mehr – sie war zum bengalischen Königstiger geworden! Christina fragte sich bis zuletzt, wie ihrer besten Freundin bloß so ein Missgeschick passieren konnte?! „Hoffentlich“, dachte sie halb im Traum, halb erwacht, „lässt sich das wieder rückgängig machen!“
Langsam, jedenfalls, kehrte Christina ins Hier und Jetzt zurück. Ein feuchtes, kratziges Etwas glitt über ihr Gesicht. Angewidert verzog sie die Miene und fluchte derbe: „Himmel, Scheich und Wolkenbruch!“ Ihre Gedanken taumelten wild umher. „Was zum Teufel stinkt hier so bestialisch nach Thunfisch?“ Angeekelt hielt sie sich die Nase zu. „Das hält ja keiner aus!“
„Mann, oh Mann, Dornröschen wacht endlich auf!“ Minutenlang hatte Lisa alles versucht: vom sanften Anstupsen mit ihren Tigerpranken bis zu ausgiebigem Ablecken, um Christina zurück in die Welt der Lebenden zu holen.
Mit halb geöffneten Augen erblickte Christina smaragdgrüne Augen, umrahmt vom bulligen Kopf einer Tigerdame. Für einen Moment dachte sie, im tiefsten Albtraum ever gefangen zu sein!
„Und, geliebte Schwester meines Herzens? Geht’s dir wieder gut?“ Lisa‘s vertraute Stimme drang aus‘m Maul des Tigers, der synchron die Lippen bewegte.
Christina fühlte sich wie im Rausch der Emotionen – riss die Augen auf wie‘n Scheunentor und schrie, als würde Lisa über sie herfallen!
„Großer gegrillter Käsegeist des Sommerlandes noch eins!“, brüllte Lisa wiederum. Diese nur zu menschliche Antwort wirkte auf Christina‘s Hysterie wie der 100-Oktan-OMV-Premiumtreibstoff. „Gottvater, der Gehörnte, noch mal“, schickte sie ein Stoßgebet gen Wicca-Himmel, „das hält doch keine Sau dieser Welt aus!“ Lisa legte erneut los; brüllte so tigerhaft, dass bei Christina ein weiteres Mal die Lichter ausgingen.
Zutiefst erleichtert, dass endlich Ruhe einkehrte, atmete Lisa 20.000 Meilen tief durch. „Ich wusste ja, dass die blöde Nuss nervlich nicht die Stabilste ist, aber dass ...“
„Sie auf Feuermelder à la Armageddon macht, war doch etwas überraschend!“, schnitt Bobby unerwartet ihren Satz ab.
„Bobby“, fauchte Lisa genervt, ihre Augen funkelten wie Sterne am Nachthimmel, voller Ärger und Anspannung. „Musst du dich immer so anschleichen?“ Sie ließ ihren Blick zu ihm wandern, als würde sie ihn mit den Augen erdolchen. „Sag’ schon, Opa: Hast du wieder literweise Yohimbe-Tee gesoffen und bist stundenlang in Stargate SG-1 auf Disney+ versunken?“
Panther Bobby, Lisa’s Opa – aber das werdet ihr, liebe Leser, noch früh genug erfahren – trat sachte näher. Sein Blick huschte zwischen der ohnmächtigen Christina am Boden und der zornigen Lisa, die wütend auf ihrem Hinterteil saß, hin und her.
„Sonst geht’s dir aber gut, ja?“, fragte er skeptisch und hob eine Augenbraue. „Was kann ich denn dafür, dass mir Thor und die Asgard so sympathisch sind? Und sag‘ schon: Ist’s denn ein Verbrechen, diese Serie mit Richard-Dean Anderson leiwand zu finden?“
„Dann dampf‘ doch ab ins Sternbild des Pegasus, wenn du dich so nach den Asgard und ihren Feinden, den Goa’uld, sehnst!“, fauchte sie bedrohlich, bereit, sich in den Kampf zu stürzen. „Oder kündige dich zumindest das nächste Mal wie ein normaler Besucher der Erde an!“
Bobby trat näher und legte seine schwarze Pfote auf Lisa’s Tigerbrust; betrachtete sie mit treuen, ernsten Augen. „Lisa, willst du wissen, warum ich noch immer hier verweil‘?“ Sein Blick war fast verletzlich.
Sie schaute ihn skeptisch an, nicht bereit, die Mauer zwischen ihnen einfach so einzureißen.
„Weil ich’s nicht ertragen könnte, wenn dein kleines Herz brechen würd‘ – deshalb!“ Seine Stimme wurde leiser, fast flüsternd, als könnte das Geständnis das Gewicht der Welt auf seinen Schultern verlagern. „Aber das bleibt bitte unser Geheimnis, ja?“ Fürbittende Blicke trafen Lisa.
„Und warum?“, fragte sie scheinheilig, obwohl die Antwort offenkundig war.
„Kreuz, Birnbaum, Hollerstauden noch eins!“, entfuhr’s Bobby deftig. „Weil ich lieber als das egoistische Aas gelte, das jeden niederbrüllt, der ihm in die Quere kommt – darum! Und sag‘“, fuhr er nahtlos fort, seine Augen loderten vor Zorn, „hast du’s jetzt endlich kapiert oder spielst du bloß wieder die Depperte vom Schneebergland?“
„Schau an“, grinste Lisa geheimnisvoll; die Spannung zwischen ihnen war greifbar. „Du hast ja Seiten an dir, die ich noch gar nicht kannte!“ Neugier blühte auf, wie eine seltene Blume im Frühling.
Bobby wurde plötzlich verlegen, blickte zu Boden und murmelte: „Prinzessin meines Herzens. Edle Zaubermaus, glaub‘ mir: Ich weiß genau, dass ich kein Guter bin! Denn ich hab’ viele Fehler in meinem Leben gemacht – viel zu viele!“ Sein Kampf mit den Emotionen war unübersehbar. „Und du weißt, dass ich, wenngleich’s im Auftrag des Kaisers war, einen Mord beging und nur deswegen straffrei ausging damals!“ Er schüttelte den Kopf, als hätte er einen zentnerschweren Semmelknödel verschluckt. „Aber ja“ Bobby schluckte heftig, „es klebt das Blut eines Verräters an meinen Pranken!“ Er zögerte, die Unsicherheit umhüllte ihn wie der Nebel des Grauens. „Gibt’s da was, das ich dir noch nie erzählt hab‘!“
Lisa horchte auf und warf einen kurzen Blick auf Christina. Ihre Neugier wuchs ins Unermessliche: Was könnte Bobby ihr anvertrauen wollen, das so wichtig für ihn war?
„Jetzt, wo dein Armleuchter von Papa nicht da ist, erzähl’ ich dir, was mir schon lang‘ auf meiner pechschwarzen Seele brennt!“ Er holte tief Luft, bevor er fortfuhr: „Ob du’s mir nun glaubst oder nicht …“ Bobby druckste herum, als ob die Worte schwerer wären als die Schwärze der Nacht. „Es bleibt dir überlassen! Aber … ich … ich weiß nicht … wie ich’s ausdrücken soll …“ Er würgte, als würd‘ er an einem Berg Semmelknödel ersticken. „Weißt du, Lisa …“, nahm er einen neuen Anlauf, „ich will diesem alten Hornochsen, zu dem du offenbar mit Stolz Papa sagst, schon seit Ewigkeiten um Verzeihung bitten!“
Lisa konnte kaum glauben, was sie da hörte! Ihre Augen weiteten sich, und ihr Herz setzte für einen Moment aus. Sie kannte ihren Opa gut genug, um zu wissen, dass das entweder nicht ohne Grund geschah oder es schlimmer um ihn stand, als sie annahm!
„Aber dein übermächtiger Stolz hält dich davon ab, richtig?“, meinte sie; herausfordernd sah sie ihn an.
„Wahre Worte!“ Ein bitteres Lächeln huschte über Bobby’s Gesicht; seine Augen schimmerten verdächtig feucht. „Aber, Lisa, so wahr ich Generalhofmarschall seiner Hoheit, Kaiser Gregor V. von Österreich-Ungarn bin - du erzählst das keinem weiter, was ich dir gleich gestehen werde! Haben wir uns verstanden?“ Sein Blick ließ kein Wenn und Aber zu!
„Keine Sorge, Opa“, erwiderte Lisa tief gerührt; wischte sich eine Träne aus den Augen. „Dein Geheimnis ist bei mir, et nunc, et semper, sicher verwahrt!“ Zum Schwur hob sie die linke Pfote.
Bobby holte tief Luft. „Jeden Tag denke ich an den 21. August 1401 zurück!“, begann seine Erzählung. „Es war der Tag, an dem mein Sohn den 12. Geburtstag feierte und zugleich der Tag anbrach, an dem wahr wurde, was die Kastelruther Spatzen treffend besingen: Schatten über’m Rosenhof – wenn Sucht zum Schicksal wird und ein Kartenspiel entscheiden muss, ob man Haus & Hof verliert!“
Bobby unterbrach sich für einen Augenblick: Es war ihm, als würde er in einen Heulkrampf ausbrechen.
„Der 21. August 1401: Der Tag, an dem ich den größten Fehler meines Lebens machte!“, sprach er weiter, als er sich einigermaßen gefangen hatte; nervlich wie seelisch.
Lisa spürte, wie ihr Herz schwer wurde. Sie kannte die Geschichte - hatte sie oft genug gehört. Aber heute schien sie anders, viel realer. „Opa, das ist …“
„Warte, lass mich ausreden“, unterbrach er sie sanft; seine Stimme zitterte. „Ich hatte immer geglaubt, es sei die Schuld meines Sohnes, dieses alten Armleuchters, dass alles so endete! Ich hatte ihm Jahrhunderte hindurch die Verantwortung aufgebürdet, als ob er die Macht hätte, das Schicksal zu ändern! Aber jetzt … jetzt sehe ich klarer, glaub‘ mir: Ich hab‘ den Fehler begangen, nicht er – nicht Robert, mein ganzer Stolz!“
Die Worte schmerzten wie ein Schlag ins Gesicht. Lisa spürte, wie Tränen in den Augen brannten. „Opa, es ist nicht deine Schuld! Ihr habt gekämpft; habt alles versucht!“
„Aber ich hätte anders handeln müssen“, sagte er; seine Stimme so leise, dass sie ihn fast nicht hörte. „Ich hätte ihm die Wahrheit sagen, ihn nicht mit meiner Verzweiflung belasten sollen! Stattdessen hab‘ ich ihn aus der Ferne beobachtet, wie er unter‘m Druck beinahe zerbrach! Glaub‘ mir: Es brach mir das Herz, dass ich nicht für ihn da war, als er mich am meisten gebraucht hätte!“
Bobby senkte den Kopf, und Lisa konnte die Scham in seinem Gesicht sehen. Sie stand auf, ging zu ihm und setzte sich neben ihn. „Opa, du hast dein Bestes gegeben! Du warst da, als es zählte, auch wenn du‘s nicht so siehst. Du bist nicht allein! Wir können das zusammen durchstehen!“
Er sah sie an, und in seinen Augen funkelten die Tränen, die er zurückzuhalten versuchte. „Aber ich kann nicht vergessen, was passiert ist! Dieses Wissen verfolgt mich Tag für Tag! Dieser gottverdammte Wutausbruch, der mich überkam, an jenem Tag in der Scheune, als Robert sich so deppert angestellt hatte! Und der Moment, als Willy Sommer, unser treuester Knecht, sich als Judas entpuppte!“
„Daran kannst du nichts ändern, Bobby!“, stellte Lisa klar. „Aber du kannst für ihn da sein, ihm helfen, wenn er fällt! Sei der Papa, der du für ihn sein solltest! Sei bitte sein Vorbild, das er sich schon so lange gewünscht hatte!“
Bobby nickte langsam, und ein Hauch von Hoffnung kehrte in seine Augen zurück. „Ich werd‘s versuchen, Lisa. Ich versprech‘ es dir!“
Lisa, tief berührt vom Vertrauen, das Bobby in sie setzte, wurde plötzlich von einer Mischung aus Angst und Schadenfreude übermannt. Hinter ihm hatte sich nämlich ein stiller Zuhörer positioniert, der über seine Worte nicht schlecht staunte!
„Zum Glück hat Opa hinten keine Augen!“, dachte sie schelmisch. „Sonst wüsste er nämlich, dass Papa alles mitangehört hatte.“ Ein echtes Gefühl der Angst überkam sie und kämpfte, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. „Hoffentlich geht er nicht wie der Schneeberg zu besten Zeiten hoch!“
Doch Bobby hatte mehr aus ihrem Mienenspiel herausgelesen, als ihr lieb war. „Was ist los, Lisa? Sag‘ schon!“, rief er empört. „Du hast schon wieder dieses Glitzern in den Augen!“ Er war kurz davor, sie anzuspringen. „Ich kenn’s zu gut: Es gleicht dem mörderischen Blick des gefühlskalten Wahnsinnigen Igor Morovich vom KGB!“ Er drehte sich blitzartig um, doch hinter ihm war niemand. „Muss wohl an meinen Nerven liegen …“
„Oder am übermäßigen Kaffeegenuss!“, lachte Lisa schelmisch, um ihre Angst kleinzuhalten, dass Bobby explodieren könnte. „Während du dir den Klassiker Condorman mal wieder zu Gemüte führst, nicht wahr?“
„Sehr witzig, du zu groß geratene Miezekatze!“, brummte er verärgert.
Zugegeben, liebe Leser: Bobby war zwar ein verurteilter Hexenmeister, aber noch lange nicht auf den Kopf gefallen!
„Das sagt der Richtige“, lachte Lisa erneut. „Aber was machen wir mit unserem Dornröschen hier?“ Ratlosigkeit überkam sie; ihre Gedanken wirbelten durcheinander.
Bobby schritt entschlossen auf Christina zu, die noch immer reglos am Boden lag. „Was wohl?“ Er hockte sich auf seine vier Buchstaben und begann, in seinem magischen Fell zu kramen, in dem er Unmengen nützlicher Dinge verstauen konnte – für den Fall, dass er sie mal brauchte.
„Eins steht fest: Du erstaunst mich von Mal zu Mal mehr, Opa – weißt du das?!“
Bobby blickte verwirrt auf. „Wie meinen, Prinzessin?“
„Ich mein‘, dass du auf die Idee kamst, dir ein magisches Fellkleid zuzulegen, das dieselben Eigenschaften hat wie die Handtasche von Agatha Cromwell aus Halloweentown!“
Jetzt erst verstand er, was Lisa meinte, und antwortete gelassen: „Ach, das“, grinste er schelmisch, „das musste ich mir nicht extra zulegen; das war eine der Gnaden, die mir mein Rechtsverdreher vor 100 Jahren erstritten hatte!“
Und, liebe Leser, ihr fragt euch sicher, was Bobby damit meinte, oder? Aber gemach, meine Guten, ihr erfahrt es noch früh genug; dann werdet ihr angenehm überrascht sein – versprochen!
Letztendlich dauerte seine Suchaktion über 20 Minuten; dabei zauberte er Unmengen an Dingen hervor.
Lisa konnte kaum glauben, was sie sah: Griff nach einem Foto eines fliegenden Etwas und betrachtete es fasziniert. „Opa“, rief sie erstaunt, „jetzt sag‘ bloß, du warst, wie ich mit Papa vor ein paar Tagen, in der Area 51 und hast das legendäre UFO der Nazis, die Glocke, gesehen?!“
Bobby unterbrach seine Suche und grinste verschwörerisch. „Hab’ ich, meine Kleine!“ Sein Blick verriet alles. „Und die Glocke – also das Nazi-UFO – ist ja noch gar nichts! Aber was soll ich dir erzählen? Du warst ja selbst dort und weißt, was die idiotensichere Air-Force dort treibt!"
„Vor allem“, fügte er verschwörerisch hinzu, „wo sich der Heilige Gral befindet! Wobei, dass sich die Amis die heilige Lanze, die Bundeslade und das Kreuz samt der Nägel und die Dornenkrone einverleibt haben, ist ja wohl Sakrileg genug!“
„Genau, Opa", übernahm nun Lisa das Wort, „die Erkenntnis nämlich, dass der Heilige Gral ausgerechnet in der Wehrkirche St. Laurentius aufbewahrt wird, hat mich wahrhaftig aus den Socken gehauen! Vor allem“, fuhr sie fort, „was Papa damit zu tun hat und wie Pfarrer Bertram Schober den Gral entdeckte – als er beim Staubwischen an der Marienstatue am Altar eine Falltür auslöste!“ Lisa erzählte dies mit einer Mischung aus Erstaunen und Spannung, während Bobby weiterhin eifrig in seinem Schatz an Krimskrams wühlte.
Schließlich fand er doch, wonach er gesucht hatte. „Ha!“, rief er triumphierend. „Ich wusste ja, dass ich ihn hier irgendwo verstaut hab’, von meinem letzten Besuch in Belgien!“
Bobby setzte sich eine große Wäscheklammer auf die schwarze Nase. „Sicher ist sicher! Du weißt ja, dass man mit Chemiewaffen vorsichtig sein muss!“ Dann warf er ihr ebenfalls eine Wäscheklammer zu.
„Bobby, bitte …“, rief Lisa entsetzt. „Das kann doch unmöglich dein Ernst sein, oder?“ Sie glaubte, ihr Opa dreht jetzt völlig ab – hat nicht mehr alle Tassen im Schrank!
„Sag‘ schon, Sweetheart: Wie willst du diese blöde Nuss denn sonst wach kriegen?“ Bobby hielt ein Prachtexemplar stinkenden Limburger Käses Christina unter die Nase - und siehe da, es wirkte!
„Himmel, Herrgott, scheiß die Wand an!“, fuhr das Mädel kreischend hoch. „Ein Angriff mit Chemiewaffen!“, schrie sie und fegte kreidebleich aus‘m Zimmer.
„Mah“, schwärmte Bobby, während er den Käseduft genüsslich einatmete, „dieser Kriegsschrei hätte dem legendären Crazy Horse bei der Schlacht am Little Bighorn alle Ehre gemacht! Glaub‘ mir: Dann wär’ ihm der Sieg gegen die Weißen sofort gewiss gewesen und nicht nach Stunden!“
„Mein Gott, Opa!“, prustete Lisa vor Lachen. „Du bist unmöglich!“ Sie griff sich an den Kopf; schüttelte Selbigen lachend. „Aber bei dir wundert mich ja gar nix mehr!“
Bobby grinste selbstzufrieden, als er zurückblickte, um sicherzustellen, dass Christina wirklich weg war. „Glaub‘ mir, Kleine: Hannibal Smith vom A-Team hat recht - ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“
Christina stürmte wie‘n Railjet der ÖBB ins Badezimmer, um sich von Bobby’s Limburger-Käse-Anschlag zu erholen.
Doch ihre Erleichterung währte nur kurz.
Kaum war sie aus der vermeintlichen Oase der Sinne zurück, fegte sie wie‘n F5-Tornado über den Flur und schrie: „Bobby, du verhinderter Despot!“
Ebenjener ahnte Schlimmes – sein Blick sprach Bände.
„Mir scheint, du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank!“ Christina’s Wutschrei vibrierte durch die Wände. „Was zur Hölle ist in dich gefahren, mich mit diesem perversen Limburger-Käse vergiften zu wollen?!“
Wie ein rachsüchtiger Engel mit Flammenschwert stand sie in der Tür und wechselte stechende Blicke zwischen Bobby und Lisa, die sich – aus bekannten Gründen – in einen Königstiger verwandelt hatte.
„Wenn du mich schon terminieren willst, dann mach’s wenigstens ordentlich, mit Grabstein: Hier ruht Christina-Charlotte Braun, dahingerafft durch Limburger, in der Blüte der Jahre, mit 11 Lenzen!“ Ihr Sarkasmus war unüberhörbar.
Bobby ließ sich seelenruhig nieder und blinzelte selbstgefällig. „Von einem Giftanschlag kann kaum die Rede sein, meine Teure!“ Christina’s Zorn traf ihn wie brennende Pfeile.
„Ich wollte dich nur ins Leben zurückholen – und das ist mir ja erstklassig gelungen, nicht wahr, Dornröschen?“ Sein Grinsen war frech wie eh und je. „Und du weißt ja, wie's heißt: Die Toten schlafen unter der Erde!“ Er deutete mit der Pfote sarkastisch auf den Fußboden.
Christina ballte die Fäuste. „Robert-Alois Berger Sr.“, begann sie theatralisch, „ich schwör‘ dir: Diese Boshaftigkeit wird dein Freifahrtschein in die Verbannung sein!“
„Oh, ho, ho, hab‘ ich jetzt aber Angst vor dir, Kleine!“ Er konnte es nicht lassen. „Du hast ja …“ Weiter kam Bobby nicht, denn Lisa sprang plötzlich auf und brüllte so laut, dass selbst Shir Khan den Schwanz eingezogen hätte.
„Hey, Freunde des guten Streitgeschmacks!“ Ihre Stimme grollte wie Donner. „Beruhigt euch mal wieder, ja? Bobby hat’s doch nur gut gemeint!“ Sie sah Christina warnend an und drohte mit erhobener Tigerpranke.
Bobby wollte protestieren, doch Lisa schnitt ihm das Wort ab. „Und du, meine Schwester im Herzen, kennst diesen schwarzen Kater nicht so, wie ich ihn kenn‘!“ Ihr Blick war bedeutungsschwer. „Denn tief in seiner Seele ist er mein Opa – ein Mensch, zu dem ich gelernt hab‘, voller Respekt aufzublicken!“
Christinas Blicke wurden schuldbewusst, bedauernd. „Lisa, es tut mir leid wegen meiner Reaktion! Aber wie hättest du denn an meiner Stelle reagiert? Sag‘ schon!“
Keine Antwort – nur vielsagende Blicke wechselten hin und her.
„Und, Bobby? Hast du auch was dazu zu sagen?“
Er kämpfte sichtbar mit dem Gewissen. Sein Teufelchen auf der linken Schulter rief fordernd: „Bobby, bitte: Du willst ein Panther sein? Zeig‘ ihr doch, wer der Herr im Haus ist! Oder hast du nicht den Mumm, du abgehalfterter Räuberhauptmann des Neunkirchner Föhrenwaldes?“
Dann meldete sich sein guter Engel auf der rechten Schulter zu Wort: „Bobby, ich bitte dich: Mach‘ jetzt nix Verkehrtes! Jeder hier weiß, wie viel Gutes in dir steckt!“
Christina und Lisa verfolgten Bobby’s innere Zwiesprache mit wachsender Neugier. Beide wussten zu gut, dass er sich zu gern auf die Seite des Teufelchens schlug – aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Oder meint ihr, liebe Leser, dass Bobby sie begraben würde?
Er blickte von Christina zu Lisa und zurück. Die Spannung im Raum war greifbar. Schließlich atmete er tief durch und erhob sich langsam.
„Christina“, begann er sanft, „ich weiß, dass mein Scherz über die Stränge geschlagen war! Manchmal vergess‘ ich leider, dass nicht jeder meinen Humor teilt.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich wollte dir echt nicht schaden, nur ein bisschen Schwung in die Bude bringen – bitte, glaub‘ mir doch, Sweetheart!“ Christina öffnete den Mund, doch Bobby hob die Pfote. „Lass‘ mich ausreden – bitte!“ Sein Blick war ernst. „Das Engelchen hier“, er tippte sich auf die Schulter, „hat mir klargemacht, dass ich manchmal leider zu weit geh‘. Und, ja, ich hab‘ Scheiße gebaut! Aber das ist Stoff für ‘ne andere Geschichte!“ Er trat einen Schritt auf Christina zu und hob beschwichtigend die Pfote. „Ich entschuldige mich aufrichtig! Es war falsch von mir, und ich versteh‘, dass du wütend bist! Lass‘ uns bitte Frieden schließen, Herzblatt! Unsere Freundschaft ist mir zu wichtig, als dass sie wegen so einem Schwachsinn zerbricht!“
Christina’s Zorn schien zu schwinden. Sie blickte zu Lisa, die ermutigend lächelte. Schließlich ließ sie die Schultern sinken und nickte. „Okay, Bobby. Aber denk‘ das nächste Mal zweimal nach, bevor du so einen Schwachsinn machst – okay?!“
Bobby lächelte erleichtert und streckte die Pfote aus. „Deal or No Deal, Christina?“
Diese zögerte erst – schlug dann aber ein und sagte: „Wir haben einen Deal, Bobby!“
Lisa atmete erleichtert auf und schloss die beiden in eine herzerwärmende Umarmung ein. „Gut, dass ihr euch wieder vertragt! Und jetzt können wir endlich den Tag genießen, ohne uns gegenseitig an die Gurgel zu gehen!“
Doch unverhofft kommt oft: Plötzlich flatterte ein magischer Briefumschlag durch die offene Balkontür ins Zimmer.
Christina reagierte überrascht, während Lisa und Bobby wissend lächelten. Der Umschlag landete vor Bobby’s Pfoten, der ihn mit hochgezogener Augenbraue öffnete.
„Typisch: Diese 3 Idioten bekommen ja alles mit!“, murmelte er, als er las, was auf’m Umschlag stand: „Zu Pfoten von Panther Bobby – diesem verhinderten Despoten!“ Und mit dessen Botschaft nahtlos fortfuhr: „Schau‘ an, du alter Heuchler: Siehst du endlich ein, was du vor 100 Jahren Getrieben hast? Wenn du dich weiterhin gut führst, schaut ein Gespräch beim Richter Dr. Martin Eulenberg für dich raus! Was ist, alter Despot – haben wir einen Deal oder haben wir einen Deal? Beste Grüße senden Dominik, Roman und Simon Neubauer – Vorsitzende des Hexenrats, 4. Dimension!“
Bobby’s Grinsen wurde schelmisch, fast dämonisch.
Mit eleganter Geste zauberte er Messer und Gabel aus seinem magischen Fell hervor, nahm den Brief wie eine delikate Mahlzeit zwischen die Bestecke und begann ihn genüsslich zu verschlingen.
„Mhh, ein Hauch von Pergament mit feiner Note von überheblicher Bürokratie – ein wahrer Gaumenschmaus!“ Er leckte sich die Pfote und gähnte.
„Mein Gott, Bobby: Wer sich mit einem magischen Panther, wie dir, anlegt, muss wohl auf alles gefasst sein!“ Christina schüttelte ungläubig den Kopf, aber sie konnte nicht anders, als zu lachen. Die Harmonie in Lisa's Elternhaus war wiederhergestellt.
Bobby wollte sich gerade taktisch aus'm Zimmer zurückziehen, doch an der offenen Tür hielt er abrupt inne. Seine Augen verengten sich: Ein Funke Neugier flammte auf – doch dahinter lauerte etwas Unbestimmbares, das Lisa und Christina nicht greifen konnten.
„Und? Was habt ihr jetzt vor?“ Seine Stimme trug schelmisches Lächeln mit sich, während sich ein verschlagenes Grinsen auf seine Lippen stahl. „Jetzt, wo du den ersten Schock wohl gut verdaut hast, hast du sicher ’nen richtig großen Wunsch auf Lager, oder?“
Christina errötete sofort und senkte verlegen den Blick; Bobby hatte sie durchschaut – wie immer eigentlich. Und er sollte recht behalten: Sie hatte tatsächlich einen Wunsch, doch er schien ihr zu absurd, um ihn laut auszusprechen!
Bobby lachte leise, ein warmer, fast schon väterlicher Klang lag in seiner Stimme, bahnte sich seinen Weg durch die angespannte Stille. „Christina, bitte: Mach‘ dir keine Sorgen! Du bist hier unter Freunden. Absolut niemand wird dich auslachen!“
Lisa nickte enthusiastisch. „Genau! Ich bin für jede Schandtat bereit, egal wie verrückt sie auch sein mag!“
Christina holte tief Luft. Ihr Herz schlug schneller, fast wie auf einer Achterbahn, die kurz vor der steilsten Abfahrt stand. Ihre Finger krallten sich in den Stoff ihrer Jeans, während sie sich zwang, den Mut aufzubringen.
Schließlich sagte sie leise, fast zaghaft: „Also, ich … ich hab’ da echt einen großen Wunsch schon seit Langem …“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ich wollte … einmal mit einem Tiger draußen spazieren gehen …“
Stille.
Bobby und Lisa tauschten Blicke, die mehr sprachen als tausend Worte.
Christina hielt den Atem an. „Bitte, lacht mich nicht aus! Bitte haltet mich nicht für vollkommen deppert!“, flehte sie in Gedanken – ihre Blicke verrieten ihre Besorgnis mehr, als ihr lieb war.
Doch dann – schallendes Gelächter: Lisa bog sich vor Begeisterung - nicht aus Spott, sondern weil sie die Idee grandios fand! „Chrissi, du bist der pure Wahnsinn in Tüten! Ich sag’ dir: Das wird ’ne Aktion, die größer ist als der ganze Schneeberg zusammen! Und solang’ ich als Königstiger meine Strafe absitze, bin ich natürlich sofort dabei!“
Christina quietschte vor Freude und fiel erst Lisa, dann Bobby um den Hals. Ihre Unsicherheit verflog in Windeseile, stattdessen funkelte sie vor Aufregung, heller als der Abendstern am Nachthimmel.
Doch kaum ebbte die Euphorie ab, kroch auch schon ein dunkler Schatten in ihr Bewusstsein zurück. Ein kalter Hauch zog durch den Raum, als hätte jemand ein Fenster zur Nacht aufgerissen. Eine Bedrohung, die sie nicht ignorieren konnte: Bruno von Falkenhorst nämlich war’s, der sie so erschaudern ließ im Moment der plötzlichen Erkenntnis!
Falkenhorst, der Förster von Puchberg, sollte eigentlich den Wald und seine Tiere schützen. Doch in Wahrheit war sein größtes Vergnügen die Jagd – nicht aus Tradition oder Notwendigkeit, sondern aus reiner Profitgier!
Denn alles, was sich als begehrte Trophäe eignete, war vor seiner Flinte nicht sicher! Und ein bengalischer Königstiger … wäre für ihn der Fang des Jahrhunderts!
Christina spürte, wie ihr Mund trocken wurde, während ihr Herz in der Brust raste. Ihre Knie wurden weich, ein eisiger Schauer lief ihr den Rücken hinab. Sie sah‘s förmlich vor sich: Falkenhorst‘s kaltes, berechnendes Grinsen, die düstere Silhouette seines Gewehrs, das bedrohlich im Mondlicht glänzte.
„Und … was ist mit Falkenhorst?“ Ihre Stimme klang brüchig, fast erstickt von der Angst. „Dieser selbst ernannte Wildschütz schießt doch auf alles, was nicht schnell genug Reißaus nimmt! Und ein Tiger wie du, Lisa …“ Sie schluckte hart. „Den lässt er sich sicher nicht entgehen!“
Die Vorstellung war so real, dass Christina fröstelte, obwohl der Raum warm war. Ihr Puls hämmerte in ihren Ohren, und für einen Moment fühlte sie sich klein, wie‘n Reh, das im Scheinwerferlicht eines Lkws gefangen war.
Lisa hingegen verzog keine Miene. Dann hob sie langsam das Kinn und ihre Augen funkelten entschlossen. „Geh‘ bitte, Chrissi!“, begann sie, „dieser abgehalfterte Wilhelm-Tell-Verschnitt kann’s ja gern versuchen!“
Christina wollte nur zu gerne glauben, was Lisa da in die Welt posaunte, doch die Angst saß tief. Lisa, als riesiger Tiger, wär‘ ein viel zu leichtes Ziel! Ihre rebellische Ader schrie danach, sich nicht einschüchtern zu lassen – aber was, wenn ihr Verstand diesmal recht hatte?!
„Denn ich, Lisa-Marie Berger – ein stattlicher Königstiger – werd‘ ihm schon zeigen, wo der Bartel den Most holt! Verlass‘ dich drauf und vertrau‘ mir bitte“, fügte Lisa nahtlos hinten an, ihre Stimme fester als Granit, Gneis und Basalt in einem.
Bobby lehnte sich genüsslich gegen den Türrahmen, während seine Stimme vor Siegesgewissheit vibrierte. „Verlass‘ dich drauf, Sweetheart – das wird ‘ne Lektion, die er nie vergessen wird!“
Christina blinzelte, denn da war er wieder – dieser Unterton! Diese unausgesprochene Genugtuung, die in seinen Worten mitschwang. Ihr Blick verengte sich, sie legte den Kopf leicht schief und sprach: „Du, sag‘ mal, Bobby“, begann sie langsam, „du hast da doch was am Laufen mit Falkenhorst, oder? Das klang grad‘ so, als hättest du mit ihm noch ‘ne persönliche Rechnung offen!“ Christina kicherte süffisant.
Bobby zuckte kaum merklich zusammen, dann verzog sich seine Miene zu einem verschlagenen Grinsen; seine Augen funkelten amüsiert.
„Ach, Chrissi …, wie um alles in der Welt bist du denn darauf gekommen?“ Seine Stimme triefte vor gespielter Unschuld, aber Christina ließ sich nicht täuschen.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und hob ‘ne Augenbraue. „Das war so offensichtlich wie frisch geputzte Fensterscheiben, alter Mäusefänger!“
Lisa konnte sich nicht mehr halten – sie prustete los, ein herzliches, unkontrolliertes Lachen, das sich durch den Raum brach wie ein Frühlingssturm. „Oh Mann, Bobby, sie hat dich voll erwischt!“, japste sie, während sie sich vor Lachen den Bauch hielt.
Bobby’s Blick wanderte strafend zu ihr, doch es war ein gespielter Tadel, der in seinen goldgelben Augen tanzte. „Weißt du, Prinzessin meines Herzens …“, begann er drohend, während er sich langsam von der Tür abstieß und auf sie zu schritt, „Panther, die fauchen, beißen nicht – aber ich bin mir sicher, dass ich gleich ‘ne Ausnahme machen könnte …“
Lisa wich lachend einen Schritt zurück, die Pranken abwehrend erhoben. „Hey, hey, nicht auf mich losgehen, Katerchen! Ich bin bloß die Kommentatorin, nicht die Verfasserin des Beweismaterials!“
Christina kicherte, ihre Angst war nun endgültig der Vertrautheit und der Aufregung gewichen. Sie spürte es mit jeder Faser: Dieses Abenteuer würde großartig – und verdammt gefährlich; aber mit Lisa und Bobby an ihrer Seite war‘s das allemal wert!
Die drei tauschten Blicke aus: Freundschaft, Abenteuerlust und ein Funken purer Wahnsinns lagen darin. Dann nickten sie einander zu: Das Spiel konnte beginnen!
Gemeinsam verließen sie Lisa’s Zimmer und flitzten voller Abenteuerlust den Flur entlang. Sie marschierten durch’s Wohnzimmer und die Stufen ins Erdgeschoss hinab. Das Vorzimmer war bloß der erste Schritt auf'm Weg ins Abenteuer.
„Ich kann’s kaum erwarten!“, rief Christina und hüpfte die letzten Stufen hinab. „Das wird der beste Spaziergang aller Zeiten; ich sag’s euch!“
Lisa grinste zuversichtlich. „Sicher wird er das! Keine nervigen Nachbarn, keine Streitereien mit Leuten, die wir nicht ausstehen können – nur wir, die frische Luft und unsere Freiheit!“
Und Bobby, der seinen Platz an Christina’s Seite rechts eingenommen hatte, stimmte ins Geplänkel freudig mit ein: „Vor allem keine tristen Wände von Casa de Berger! Ich fühl‘ mich fast schon wie‘n König auf‘m Kutschbock, der die Welt erobern will!“ Er schlich ein paar elegante Schritte voraus, als wollte er neue Wege erobern.
Doch dann stoppte Christina abrupt auf der letzten Stufe; ihre Augen weiteten sich, und sie sah Lisa mit besorgtem Blick an, der Bände sprach. „Aber … was ist, wenn wir Falkenhorst doch begegnen?“
Für einen Moment war’s stiller als sonst je zuvor. Lisa’s Lächeln verblasste, und sie drehte sich zur Freundin hin. „Ach, Chrissi komm‘ schon“, sagte sie, doch ihre Stimme klang nicht so sicher, wie sie’s eigentlich gewollt hätte. „So schlimm wird’s auch wieder nicht werden!“
Christina’s Blick wurde todernst, dann senkte sie den Kopf, ein Hauch von Unsicherheit in ihren Augen. „Wenn ich doch auch nur so zuversichtlich wär‘, wie sie ... dann könnte ich wirklich beruhigt sein!“
Bobby, der die Sorgen in Christina’s Gesicht wahrgenommen hatte, drehte sich mit einem warnenden Blick zu ihr hin. „Falkenhorst, wirklich? Und ich dachte, wir hätten das hinter uns, Herzblatt!“ Seine Miene wurde plötzlich ernster, als sie’s von ihm kannte, und er sprang die letzte Stufe hinab und setzte sich schützend vor sie und Lisa. „Vertrau‘ mir, Chrissi: Sollte uns der alte Kauz über den Weg rennen, gibt’s Zunder, aber so richtig!“
Lisa legte eine Pfote auf Bobby’s Rücken und sagte energisch: „Genau, Bobby: Wir lassen uns ganz sicher nicht von diesem Wildschütz den Spaziergang verderben, der glaubt, er wär‘ über allem Recht erhoben! Und wenn er uns wirklich begegnen sollte, gibt’s eine Abreibung für ihn, die er nicht vergisst!“
Christina nickte und lächelte wieder, doch die Sorge verschwand nicht ganz aus ihren Augen. „Ach, Lisa, wenn ich doch auch nur so zuversichtlich wär‘, wie du, gäb‘ ich echt ein Fürstentum drum!“ Sie sah ihre Freundin mit der Entschlossenheit an, die in ihr leuchtete, und spürte, wie sich die nervöse Anspannung in ihrem Magen zu einem prickelnden Gefühl verwandelte. Vielleicht würde doch alles gut ausgehen.
Gerade als Christina sich ein wenig beruhigt hatte, erhellte ein sanftes, magisches Leuchten das Vorzimmer. Es war kein gewöhnliches Licht, sondern ein fast übernatürliches, farbenfrohes Leuchten, das die Luft in eine magische Aura hüllte.
Christina hielt inne, blinzelte erstaunt, während Lisa und Bobby längst wussten, was Sache war. „Typisch!“, murmelte Lisa genervt, als sie erkannte, wer da eben erschien.
Martina Berger, Lisa’s Mama, trat theatralisch in Erscheinung. Ihr schulterlanges, blondes Haar war von einer Mischung aus tiefem Blau und Türkis umhüllt, wie ein Hauch von Meer, das im Sonnenlicht glitzerte.
„Martina…“, seufzte Bobby, während er die Augen verdrehte. „Kannst du dich nicht mal wie’n normaler Mensch ankündigen? Sag‘ schon: Ist das so schwer, Schwiegertochter?“
Sie ließ ein amüsiertes Lächeln auf ihren Lippen tanzen, stieg aus magischen Aura und betrachtete Bobby mit spöttischem Blick. „Robert, das hast du gerade nötig, wie? Du, der Stargate SG-1 wie kein anderer liebt und am liebsten zu den Asgard ins Sternbild Pegasus umziehen würde, meckerst über theatralische Auftritte?“
Bobby starrte sie einen Moment lang an, als wolle er sich in den Keller, in seine Schmollecke verkriechen. „Hast du überhaupt ‘ne Ahnung, wie‘s ist, mit jemandem wie dir unter einem Dach zu leben?“, murrte er. „Hoffentlich gibt’s in der Küche was Vernünftiges, damit ich meine Nerven wieder beruhigen kann!“
Martina schmunzelte bloß, während die farbenfrohe, magische Aura vollends ins Reich der Magie verschwand.
Bobby, der sich die Worte seiner Schwiegertochter nicht weiter anhören wollte, brummte missmutig vor sich hin und zog von dannen. Der Flur schien fast von seinem Groll erschüttert, als er in die Küche verschwand, seine Schritte hallten im Haus wider, als wollte er mit jedem Tritt den Streit hinter sich lassen.
Lisa, die die Szene beobachtet hatte, seufzte: Sie wusste, dass ihre Mama es liebte, alles mit einer Prise Dramatik zu versehen, aber es war wirklich selten, dass sie es auf diese Weise übertrieb. „Was will sie eigentlich?“, murmelte sie fast mehr zu sich selbst. „Wenn sie immer so auftritt, wird’s nie ruhig bei uns!“
Christina, die neugierig geworden war, drehte sich zu Martina und fragte, fast schon zögerlich: „Sagen Sie mal, Frau Berger: Können Sie mir denn nicht ein kleines Stück Zukunft zeigen? Nur einen Blick, was uns auf‘m Spaziergang erwarten wird? Ich meine, für Sie, die große Madame Martina, wird das doch wohl ein Klacks sein, oder?“
Martina lachte leise, ihre Augen funkelten in geheimnisvollem Glanz. „Ach, Christina…“ Sie schüttelte den Kopf. „Zu viel Wissen kann sehr gefährlich werden! Das ist kein Spaß, und du solltest aufpassen, was du dir wünschst. Ich kann euch nur raten, achtsam zu sein. Ihr werdet sehen, wo euch der Weg hinführt. Und wenn ihr jemandem begegnet, der euch unheimlich vorkommt … na ja, dann ist‘s entscheidend, wie ihr darauf reagiert!“
Lisa verzog eine Miene. „Ach, komm‘ schon, Mama: Ein bisschen mehr Details wären nicht schlecht gewesen! Wir wollen einfach nur ’nen Spaziergang machen, mehr nicht. Was soll da schon groß passieren?“
„Was soll da schon groß passieren?“, wiederholte Martina in einem halb ironischen, halb ernsten Ton. „Genau das ist das Problem, Lisa! Man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke lauert, und manchmal kann der kleinste Moment alles verändern!“ Sie machte eine Pause und sah Lisa intensiv an, als wollte sie etwas aus ihr herauslocken, doch dann wandte sie sich wieder an Christina.
„Ich weiß, dass du neugierig bist, aber …“ Martina hob die Hand und ließ die Worte in der Luft hängen. „Zu viel Wissen birgt eine Gefahr, die man nicht immer einschätzen kann. Es ist nicht, weil ich dir misstraue, Christina. Es geht darum, euch beide zu schützen!“
„Aber …“ Christina seufzte genervt, „dieses kryptische Gerede hilft mir aber kein Stück weiter! Sie wissen doch genau, wie ich das hasse! Warum können Sie uns nicht einfach sagen, was uns erwartet?“
Martina antwortete ruhig, fast zu ruhig: „Christina, bitte: Manchmal ist‘s echt besser, nicht alles zu wissen, vor allem, wenn es sich um die Zukunft handelt! Ihr müsst auf eure Instinkte hören. Ihr werdet wissen, was zu tun ist, wenn der Moment kommt.“
Lisa stöhnte und sah ihre Mama mit einem Blick an, der alles andere als zufrieden war. „Könnt ihr zwei nicht einfach mal kurz den Drama-Modus auslassen? Wir gehen einfach los, es gibt keinen Grund, sich jetzt schon Sorgen zu machen!“ Sie stieß sich von der Wand ab und ging zur Tür, wo sie sich kurz umdrehte. „Komm‘, Chrissi. Lass uns den Spaziergang genießen, bevor wir uns in irgendwelche Visionen hineinsteigern!“
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Texte: Copyright by Robert Berger
Bildmaterialien: Microsoft Bing Image Creator
Cover: Mysticsartdesign: www.pixabay.com
Lektorat: Robert Berger & OpenAI's ChatGPT
Korrektorat: Robert Berger & OpenAI's ChatGPT
Satz: Robert Berger
Tag der Veröffentlichung: 12.04.2024
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Diese Geschichte widme ich allen Träumern & Abenteurern, die sich nach einer Welt voller Magie, Hexerei, Wunder und Abenteuer sehnen.
Möge euch Lisa's Geschichte inspirieren, an die Kraft der Freundschaft und der Magie, die in jedem von uns steckt, zu glauben.
Viel Spaß beim Lesen wünscht euch
Robert Berger