Alltagsgestaltung
als
HighlySensetivPerson
"Jeder Farbfleck,
jeder Klang eines Liedes,
jede anmutige Form ist ein Appell an unsere Liebe"
Rabindranath Tagore
Vorwort
Die Grundlagen
Die Sinne
Akkustischer Sinn (hören)
GeschmackssinnGleichgewichtssinn
Haptischer Sinn (Tastsinn)
Optischer Sinn (sehen)
Olfaktorischer Sinn (Geruchssinn)
'Der 7. Sinn'
Die ‚Grübelrübe‘
Der Nährboden
Quellenangaben
Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden!
Ich als Mensch mit HS, dabei nun mehr mit langjähriger Erkenntniserfahrung und intensive Beschäftigung mit der Thematik, denke es ist sinnvoll bereits bekannte Hilfsstrategien im pragmatischen Alltagsumgang zu bündeln und präsentieren. Schliesslich haben sich viele schon viele einzelne Menschen mit HS damit intensiv beschäftigt und ausgetauscht. So entstanden im Laufe der Zeit viele interessante Gedankenimpulse für Handlungsmöglichkeiten.
Welche letztlich zu einem passen ist wohl eine Frage des ausprobieren und testen.
Solch eine Bündelung wird im folgenden Text passieren. Dabei setze ich Voraus, das die theoretischen Grundlagen zur HS mehr oder weniger bekannt sind und richte das Augenmerk auf mögliche Entlastungshilfen im täglichen Umgang. Im Aufbau des Werkes orientiere ich mich an den Sinnen und Basiswissen.
Eines sollte uns allen klar sein ‚von nix kommt nix‘ (wie der Volksmund sagt), ich meine damit wenn ich eine Änderung, Verbesserung meiner Lebensqualität erreichen möchte ist es notwendig ehrlich zu mir selbst zu sein, kleine Schritte zu machen und üben, üben, üben.
Wundervoll wenn man da auf bereits erprobte Ideen zurückgreifen kann!
Da das Erleben von akzeptabler Lebensführung und die Grundlagen dazu individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, wird hier zunächst der Schwerpunkt auf drei allgemeine Aspekte gelegt. Die Auswahl richtet sich danach für "HSP'ler" Orientierung und Hilfestellungen anzubieten. Dies insofern da sie bei der Gestaltung des Alltages unterstützend sein können:
‚Alles darf sein!‘
und
‚Alles ist anschaubar!‘
sind wohl die Maxime für Menschen mit HS schlechthin.
Hierbei geht es zunächst einmal darum zu würdigen. Sich selbst, sein persönliches Erleben und die eigenen Bedürfnisse. Die Basis von würdigen ist der Wert. Der eigene Wert ist niemals an Handlungsweisen gekoppelt und immer da und frei von Bewertungen.
Zur Würdigung des Eigenen gehört auch das liebevolle Annehmen der persönlichen ‚Marotten‘. Bei näherer Betrachtung wird sich immer eine sinnvolle Funktion dahinter entdecken lassen. Vielleicht ist diese nur etwas "aus dem Ruder gelaufen" und oder verfremdet.
Als drittes kann ergänzt werden:
‚Alles ist bereits vorhanden‘
Beispielhaft seinen hier zwei Dinge Aufgeführt, ‚Ayurveda‘ und der Bereich der ‚Sprichwörter‘, um die mögliche Spannweite und Unterschiedlichkeit einzelner Felder zu erwähnen,.
In der Lehre des "Ayurveda" zum Beispiel ist enorm viel Wissen gesammelt, welches vor hundertern von Jahren schriftlich festgehalten wurde und viel später von der heutigen ‚Wissenschaft‘ re-entdeckt wurde und wird.
Beim anderen Extrem, den Sprichwörtern, wird vorhandenes Wissen komprimiert und griffig als "Slogan" verpackt in den Alltagsgebrauch transformieren. Ein erläuterndes Beispiel könnte sein:
"Bläst man eine Kerze aus, stirbt ein Seemann"
Bevor man diesen Spruch ins Reich des Aberglauben schickt, ist er eine kurze Überlegung wert. Was geschieht beim Kerze ausblasen – die Flamme erlöscht, doch der Docht glimmt weiter. Ein glimmender Docht bei Seegang und auf einem Schiff aus Holz und andern leicht brennbaren Materialien, kann schnell zu einem verheerenden Brand führen.
Für den Umgang im Alltag können auch "Bilder" hilfreich zur Gestaltung der persönlichen Situation sein.
Um ein bekanntes Beispiel an zuführen sei "das innere Kind" erwähnt. Hierbei wird ein Symbol benutzt das jeder kennt und mit leben füllen kann, Heilung und innerer Friede können darüber erreicht werden.
Ähnlich ist die Metapher des jeden Menschen innewohnenden "Goldenen Kerns".
In diesem Zusammenhang wurde der Begriff der archäologischen Arbeitsweise gebraucht, um zu verdeutlichen wie behutsam und Schritt für Schritt die Freilegung dessen von statten geht.
Die "Perlenkette der Augenblicke" (ein indianisches Bild), scheint eine wunderbare Symbiose der Würdigung und des Umgangs mit dem Lebens zu bilden.
Jede einzelne Perle symbolisiert einen erlebten Augenblick. Gemeinsam aneinander gereiht bilde sie eine Schnur, welche erst in der Bildung einer (Kreis) Kette ihre edle Vollendung findet. Die Anzahl der Momente, jeder in sich kostbar, vollenden sich zu einem Leben.
Eine abgerundete Sache.
Auch benannt werden soll eine weiter Freundin des Alltags für Menschen mit HS, nämlich die "Regelmäßigkeit".
Das Konstante, Wiederkehrende und eventuell ritualhafte, schafft Raum für Geborgenheit und Sicherheit. Gerade Menschen mit HS benötigen diese "Oasen", da sich ihr "Energiehaushalt" darin eigenständig wieder aufbauen und regulieren kann.
Zunächst davon ausgehend das Mensch sein mit HSl eine andere Wahrnehmung der Umwelt bedeutet, kann man ganz allgemein Festhalten das die betreffende Person schlicht ‚dünnere Filter‘ als die Mehrheit der Menschen besitzt. So treffen denn zwei Erlebnisstrukturen aufeinander, welche durchaus nicht immer unbelastet sind.
Es folgen für die Sinne, jeweils einzeln aufgelistet, diverse pragmatische alltagstaugliche Anregungen die sich als nützlich für das Alltagsleben von Menschen mit hs erwiesen haben:
Akustischer Sinn (hören)
So sehr der Gehörsinn Quell freudevoller Erfahrungen sein kann, so sehr kann er leider auch das ausgelöste Grauen durch Reizüberflutung sein.
Als unterstützende Hilfestellungen haben sich erprobt:
Stets Ohrschutz dabei zu haben und gegebenenfalls zu verwenden. Ein beliebtes Beispiel ist der Schutz beim benutzen öffentlicher Verkehrsmittel! Der Ohrschutz selbst kann von traditionellen Schaumstoffstöpseln, Silikonstöpseln, Bauarbeiter ‚mickey mouse Ohren', bis hin vom Hörstudio angefertigte spezial Geräte (wie sie beispielsweise Profimusiker verwenden) reichen. Was für den einzelnen da empfehlenswert ist kann nicht gesagt werden, sondern hängt von den individuellen Bedürfnissen ab.
Man kann versuchen vermehrt ‚Nischen‘ zu nutzen. Wie etwa hauptsächlich zur Mittagszeit Einkäufe zu erledigen, da dort erfahrungs gemäss weniger Geräuschkulisse erzeugende Menschen unterwegs sind.
Oder auch Wohnungen unter dem Dach oder freistehende Häuser bevorzugt zu bewohnen, da der Lärm der Nachbarn so idealer weise reduziert ist.
Geschmackssinn
Da das intensive Geschmacks erleben oft enorm viel der Kapazitäten in Anspruch nimmt erscheint es sinnvoll dem viel Raum zu geben.
So kann man zum Beispiel beim auswärtigen essen auf allgemeine Reizarmut des Umfeldes (ein Tisch in ruhiger Ecke oder ähnliches) achten.
Eher Gerichte auswählen von denen man weiss es ist an sich keine (Geschmacks-) Überforderung.
Darauf achten als letzte Bissen, etwas zum ‚nachwischen‘ zu sich nehmen, Kohlehydrat haltige Beilagen, sind oft eher arm im eigen Geschmack und saugen somit die noch vorhanden Geschmacksreste im Mund auf.
Gleichgewichtssinn
Diese Ausprägung ist wohl diejenige welche am individuellsten ist. Somit denn es auch schwer Ratschläge zu kristallisieren.
Eventuell kann man davon berichten das sowohl diverse Körperarbeitstechniken (z. Alexandertechnik oder Yoga) die Sensibilität für die eigenen Bedürfnisse trainieren und somit indirekt Handlungsoptionen auf zeigen. Al sauch pragmatische Erdungstechniken wie gezielt darauf achten ob die Fußsohlen im Kontakt mit dem Boden stehen, können zudem unterstützend wirken.
Habtischer Sinn (Tastsinn)
Spannederweise berichten viele Menschen mit HS, das durch die habtische Wahrnehmung ein Schwierigkeitsfeld die Schuhe sind. Hier hilft wohl ausprobieren macht schlau. Gutes Fussbett und hohe qualitative Produktsbestandteile erleichtern oft die Suche. Auch empfiehlt es sich im Bereich ‚outdoor‘ die Fühler auszustrecken – da diese Produkte für eine herausfordernde Belastung konzipiert werden.
Im allgemeinen ist das Thema Bekleidung ein extrem wichtiges. Drückende Sockenbündchen, kratzende Stoffe, halsnahe Bekleidungsstücke und und und, sind häufig eine extrem quälende und Lebensqualität mindernde Beeinflussung.
Ebenso können Fußbodenbeläge starken Einfluß auf das empfinden der persönlichen Lebensqualität nehmen, da permanent Informationen durch den Kontakt mit ihm aufgenommen werden.
Optischer Sinn
Indirekt wird hier des öfteren die Herausforderung Helligkeit benannt. Durch die ausgeprägte Wahrnehmung werden auch sehr deutlich Lichtverhältnisse erlebt und Helligkeit kann schnell zu Überreizung führen. Immer wieder empfohlen wird Sonnenbrillen zu tragen (auch ohne Sonne), bzw. auf getönte oder sich dem licht anpassende (Brillen-) Gläser zurück zugreifen.
Erhöhte oder willkürliche Stil-mixe in der Einrichtungsgestaltung können eine Überforderung sein, da das Auge an den diversen Eindrücken immer ‚hängen‘ bleibt. Minimalismus und klare Stile, mit schlichten Strukturen werden bei starker Ausprägung bevorzugt.Ein einfaches Regenerationsmittel ist der Aufenthalt ‚im Grünen‘. Hier ruht sich der optische Sinn aus.
Olfarktoischer Sinn (Geruchssinn)
Wahrscheinlich der direkteste der Sinne, direkter Input von den Geruchssensoren ins Gehirn. Da die Welt voll Gerüche ist, nur maginal beeinflusst werden kann und sogar von diversen Branchen gezielt zur Manipulation eingesetzt wird, ist es natürlich eine extreme Herausforderung für Menschen mit HS sich hier Umgangsstrategien zu erschliessen.
Kleinere Tips sind zum Beispiel hauptsächlich Produkte zu benutzen die für Menschen mit Allergie konzipiert sind, eben da sie meist Duftstoffarm oder frei sind. Wenn man selbst nicht auf das Tragen von Parfüm verzichten will, ist es möglich dieses auf ein Tuch oder Kleidungsstück aufzutragen und bei Reizüberflutung abzulegen.
'Der 7. Sinn'
Der sogenannte 7. Sinn oder auch Hellsichtigkeit, Intuitives Wissen, und und und genannt. Es gibt also noch nicht einmal einen klaren Namen, geschweige denn eine klare Definition des Sinnes.Trotzdem ist dieses Etwas bei einer Gruppe der Menschen mit HS stark ausgeprägt. Leider wird dieser Sinn zunächst nur von ‚esoterisch‘ geprägten Gruppen bejaht und benutzt. Doch gerade um nicht in die ‚eso-Schiene‘ zu geraten und damit eventuell viel Glaubwürdigkeit einzubüßen ist es ratsam einen Umgang damit zu finden.
Als pragmatische Hilfstrategien sind demnach auch nicht wirklich viele Denkansätze oder Empfehlungen auszusprechen, vielleicht das im besonderen auf diesen Sinn Klarheit als Handlungsgrundlage essentiell wichtig ist. Also was nehme ich war und was davon ist meine Interpretation? Wieviel möchte ich davon mitteilen und will mein gegenüber das überhaupt wissen?
Die ‚Grübelrübe‘ oder auch oft als ‚Kopfkarusell‘ benannt, bezeichnet das Phänomen der nicht mehr stillstehend oder fokusierenden Gedanken. Schlimmer noch da sie sich ständig im Kreis bewegen und höchst uneffektiv sind. Ein Ergebnis, eine Entscheidung kann nicht mehr zustande kommen oder getroffen werden. Leider läuft dies oft vor der Einschlafphase zu Hochtouren auf und verhindert dadurch den Schlaf.
Erprobte Hilfen sind da zum Beispiel Dinge wie Hörspiele oder bineurale Töne anzuhören. Auch mit selbstgesetzten ABC-Aufgaben (zu einem harmlosen Thema – Vornamen oder so – mit jedem Buchstaben des Alphabetes ein Wort aufzählen), wurden gute Erfahrungen gesammelt.
Langfristig ist hier unbedingt zum Erlernen von Entspannungstechniken allgemein zuraten, damit mit dem ganzen aufgenommen Input umgegangen werden kann.
Und wie immer im Leben gibt es natürlich auch bei dieser Grundlagensammlung einen Haken.
Was nützen die ganzen schönen Tips, Tricks und Hilfestellungen wenn keine Basis da ist auf der alles eingepflanzt, eingeübt, gehegt und gepflegt werden kann?! Also:
Ohne Basisarbeit mit zu praktizieren braucht man nicht mit dem Umsetzen der diversen Anregungen anzufangen. Sie verbluffen ohne Nährboden sowieso nur oder bleiben im besten Fall Symptomkosmetik, schlimmstenfalls uneffektive Energieverschwendung.
Doch nimmt man seine Eigenverantwortung an ist es jederzeit möglich eine Basis zu schaffen.
Der erste Schritt ist die Akzeptanz: Ja ich bin ein Mensch mit hs-Ausprägung!
Daran schliesst sich leider auch direkt die Erkenntnis an, das mit diesen Voraussetzungen ein Leben innerhalb der Norm, selbst unter grösstmöglicher Selbstbverleugnung (welche in seelischen Erkrankungen mündete), nicht gangbar ist.
Und eben dieses erfordert eine konsequente Trauerarbeit, oft einhergehend mit der Aufgabe oder ummodelierung persönlicher Wünsche und Zielsetzungen des eigenen Lebens.
Und hier kommt dann die HS direkt zu tragen, da Trauerarbeit sehr herausfordernd ist, gerade in der Kombination mit der HS, ist es zwingend notwendig dabei auf das eigen Tempo zu achten. Und viel Milde mit sich selbst walten zu lassen.
Letztlich ist es unrelevant ob ich ein Instrument erlernen möchte oder Leben mit HS es gilt doch stets für alles üben, üben, üben!
Literatur, Anregungen und co:
"Treffpunkt Hochsensibilität: Das Forum für hochsensible Menschen"
"Na und ?! – Es ist gut eine HSP zu sein"
ja, online Veröffentlichung 2012
Elain N. Aron diverse wissenschaftliche Veröffentlichungen (ab 1997)
wikipedia
"zartesaitet.net" Österreichische Internetseite
"hochsensibel.org" Deutsche Internetseite
2015
Tag der Veröffentlichung: 14.05.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
"Herzblut"