„Lauf !!“ ihre Stimme überschlug sich, klang schrill in den Ohren des jungen Mädchens. „Fliehe !! Sieh nicht zurück !!“ Merve rannte um ihr Leben. Zweige schlugen ihr ins Gesicht, Gestrüpp kratzte an ihren Beinen entlang und das Laub unter ihren Füßen knisterte bei jedem Schritt den das Mädchen tat. Tiefe Stimmen wehten über einen eiskalten Luftzug zu den Beiden Fliehenden, lies sie erschauern.
Bald schon wurde aus den tiefen Stimmen ein Gröhlen, ein Höhnen. Merve durfte nicht zurück blicken. Sie musste weiter laufen. Irgendwann musste dieser Wald doch ein Ende finden! Verzweifelt suchten ihre eisblauen Augen einen Ausweg. Eine bemerkbare Lichtung der Zweige und Äste die sich bei jedem Schritt vor ihren Blick schoben. Warum nur war sie mit Phoebe diesen Weg gegangen ? Phoebe, die eine leidenschaftliche Gotha war hatte sie in diesem Wald geschleppt um ihr zu beweisen, dass es den Satan tatsächlich gab.
Jetzt wurden sie verfolgt. Verfolgt von Unbekannten, die mit den Leben der zwei Mädchen spielten. Sie kamen immer näher. Merve hörte den Schrei von Phoebe, die hinter ihr gelaufen war. Doch das Mädchen drehte sich nicht um. Sie wusste was mit ihr geschehen war. Sie hatten Phoebe eingeholt. Merve rannte. Sie rannte einen Weg, den sie längst verloren hatte. Um sie herum schien der Wald zum Leben zu erwachen. Bäume knarzten, Äste bewegten sich unabhängig von den kalten Luftzügen, die immer wieder durch diesen Teil des Waldes streifte. Das Rascheln im Gebüsch nahm zu. Unheimliche Stimmen flüsterten in das Gewissen des Mädchens, schienen ihre Gedanken zu umschmeicheln und si ein Sicherheit zu wiegen. Kurzzeitig wurde Merve tatsächlich langsamer. Sie wandte den Kopf zur Seite und stieß einen spitzen Schrei aus. Feuerrote Augen blitzten direkt neben ihr auf. Ein Knurren, welches nur von einem Tier stammen konnte.
Panisch begann sie wieder zu rennen, ohne Aussicht auf Erfolg. Äste streiften ihr Haar und das Laub zu ihren Füßen wirbelte auf.
Ein erneuter Schrei hallte durch den Wald. Er hing in der Luft, verstummte nur langsam. Vögel schreckten auf, breitete ihre Schwingen aus und erhoben sich in die Luft. Es war ein Schrei einer Verdammten. Einer Toten. Einer Toten die Soeben wieder zum Leben erwachte.
Merve rang nach Atem, ihre Beine zitterten, ihr ganzer Körper zitterte. Vor Kälte, Erschöpfung und Angst.
Nach einem erneuten, flüchtigen Blick entdeckte sie die Bresche, welche sich vor ihr auftat. Fast schon erlösend wies sie ihr den Weg. Mit einer letzten Kraftanstrengung kämpfte sie sich durch das Gestrüpp hindurch, auf dieses kleine Loch im Wald zu, blitzende, rote Augen. Sie spürte einen kalten Atem, der zugleich Fäulnis und Tod ausstrahlte. Eine Aura, die nur so vor Folterung triefte. Mit einem letzten Sprung, der ihr alle Kraft kostete katapultierte das Mädchen sich durch die Öffnung, landete unsanft auf den Knien, überschlug sich und blieb dann im hohen Gras liegen.
Sanft um schmiegte die Wärme einer lauen Sommernacht ihren Körper. Die Gräser wiegten sich in einem leichten Luftzug und das zirpen der Grillen war deutlich zu hören. Der helle Vollmond verstrich sein Licht über die Landschaft. Kleine Lichtpunkte die man als Sterne bezeichnen konnte übersäten den dunklen Nachthimmel. Keine einzige Wolke lies sich blicken.
Die zierliche Mädchengestalt, welche noch immer im hohen Gras lag zuckte kurz auf. Ihr Körper bebte. Ein lautes Schluchzen. Erst jetzt konnte Merve ihre Gefühle aus dem Käfig, der sich um sie geschlossen hatte, seit sie diesen Wald betreten hatte lassen.
Kristallklare Perlen in Form von Tränen bildeten sich in ihren Augen, rannen über ihr fein gebildetes Gesicht. Ihre Hände krallten sich in den Erdboden. So sehr, dass es schmerzte. Verzweifelt und leise Wimmernd rollte sie sich zusammen, schlang die Arme um die Beine und schloss die Augen.
Merve war am Ende. Ihre hellen Karamellfarbenen Haare klebten vor Nässe an ihrem Gesicht und ihr Atem ging nur stockend.
Sie wiegte sich außerhalb des Waldes in Sicherheit.
Doch dann vernahm sie Schritte. Sie waren leise und kaum wahrnehmbar. Aber Merve hörte sie trotzdem. Es war wie eine streichelnde, sanftmütige Aura die sie begann zu trösten, ihr Sicherheit einzuflößen, sie zu beruhigen.
Zögernd öffnete Merve die Augen. Ihr war es ab jetzt egal was mit ihr passieren würde. Fast zumindest. Sie wollte nur noch weg. Weg von hier, weg aus dieser Stadt. Auf den Gedanken, dass dieser jemand, der sich ihr näherte sie töten könnte oder die Gestalt aus dem Wald war kam sie nicht. Sie bemerkte ihn auch erst, als er keinen Meter mehr von ihr entfernt stand.
Ängstlich schloss sie die Augen erneut, betete, dass ihr nichts passieren würde, dass das alles nur ein schrecklicher Traum war. Ein Traum, aus dem sie gleich wieder aufwachen und ihre Mutter sie zum Frühstück rufen würde. Aber so war es nicht.
Stattdessen spürte sie eine warme, sanfte Hand die sich auf ihre Schulter legte. Augenblicklich wimmerte Merve auf, presste die Augenlieder fest zusammen. Sie wollte es nicht wahr haben. Sie hätte Phoebe nie trauen sollen.
Das letzte was Merve spürte war, dass sich starke Hände um ihren Körper schlossen und sie hoch hoben. Es war schon fast eine Wiege voll Sicherheit, Geborgenheit.
Als sie wieder erwachte wusste sie sofort, dass sie sich in einem Haus befand. Sie lag auf einem weichen Bett in einem dunklen Zimmer. Die Erinnerungen an den gestrigen Abend hatten sich in ihr Gedächtnis gebrannt und sie Schluchzte erneut auf.
Dann Schritte. Eine Tür ging auf. Merve zuckte zusammen, kroch weiter unter die Bettdecke. Eine hochgewachsene Gestalt trat ein. Es war ein Mann. Er hatte dunkle, schwarze Haare und er trug lediglich eine verwaschene Jeans. Sein Kopf wandte sich zu ihr um und Merve’s Augen wurden ruhiger. Er hatte keine roten Augen. Sie waren ebenfalls schwarz und die Gesichtszüge waren weich, warm und liebevoll. Langsam kam er an das Bett heran. „Wie geht es dir ?“ seine Stimme war leise, umschmeichelte Merve aber wie Balsam, der sich auf ihr verwundetes Gemüt legte. Sie fasste sofort Vertrauen in den jungen Mann, lies ihren Blick kurz auf seinem Oberkörper haften. Er wirkte anziehend und sehr attraktiv auf sie.
Vorsichtig ließ er sich auf der Bettkante nieder und Merve fühlte sich ertappt. Beschämt sah sie auf ihre Fingerspitzen. „Geht so.“ murmelte sie schließlich leise. „Danke.“ Der Dunkelhaarige lachte leise auf. Es war ein angenehmes Lachen. Es jagte Merve einen angenehmen Schauer über den Rücken.
„Danke für was ??“ hauchte er leise, beugte sich etwas zu ihr hinab, fixierte sie mit seinen Augen. Eine Tat, die Merve verunsicherte. „Dafür, dass Sie mich gerettet haben..“ nuschelte sie nach kurzem Zögern. Der junge Mann nickte leicht. „Ach..dafür.“ mit einer verwerfenden Handbewegung seiner Rechten beugte er sich etwas weiter über sie. Seine linke Hand hatte er mittlerweile neben ihrem Oberkörper auf der Bettdecke abgestützt.
Merve blinzelte, sah kurz weg. Aber sein intensiver Blick zog ihre Eisblauen Augen wieder zu sich. Ohne wirklich zu wissen, was sie tat hob sie zögernd eine Hand, strich dem jungen Mann über die Wange. Nun lächelte der fremde Retter. Er wirkte eine Anziehungskraft auf Merve aus, die sie von niemandem kannte und auch noch nie gespürt hatte. Vorsichtig strich sie ihm mit der anderen Hand über den Oberkörper, der ihn so attraktiv für sie machte. Dann zog sie ihn zögerlich zu sich hinab. Ihre Lippen waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt, als er erneut zu Sprechen begann. Es war kaum mehr ein Hauchen. „Glaubst du an den Satan ?“ sie zuckte zusammen, ihre Eisblauen Augen weiteten sich. Die Szenen von der gestrigen Nacht schossen ihr durch den Kopf. Wer war er ? Was war er ?
Fast sofort verfiel sie wieder in Panik. Doch der Unbekannte lächelte von Neuem. „Keine Angst..“ murmelte er leise, nahm ihre zarten Handgelenke sanft in eine seiner Hände, führte sie zurück zu ihrem Oberkörper. Dann erhob er sich halb, drehte sich ganz zu ihr um und nahm nun auch die Füße auf das Bett, so dass er direkt über ihr sozusagen auf allen Vieren verweilte.
Merve war unfähig etwas zu sagen. Sie öffnete den Mund um irgendetwas zu sagen. Schloss ihn aber wieder. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Seine Hand hatte ihre Handgelenke wieder freigegeben. Und schon wieder schienen sich ihre Augen in den Seinen zu verfangen.
Sie wusste plötzlich wieder, was sie wollte, ihre Angststarre war wie weggefegt allein durch einen Blick in diese dunklen, leicht schimmernden Augen. Erneut fuhr ihre Hand zu seinem Nacken. Diesmal senkte er den Kopf bereits freiwillig und ohne Druck von ihrer Hand. Dabei ließ er sich auch langsam mit der linken Hand neben ihr abstützend auf ihrem Oberkörper nieder. Sie spürte seinen muskulösen Oberkörper auf ihrem zierlichen Körper, schloss genussvoll die Augen. Er begann leicht zu lächeln. „Gefällt dir wohl was..“ hauchte er leise. Seine Lippen berührten ihre weiche Haut am Hals, bestückte ihn leicht und federnd mit süßen Küssen.
Merve wandte den Kopf leicht zur Seite, strich mit ihren Händen über seinen Rücken. Sie bemerkte nicht, wie aus dem leichten lächeln ein hämisches Grinsen wurde. Langsam strich er mit der Zungenspitze über ihren Hals. Die kleinen Äderchen zeichneten sich deutlich unter ihrer zarten Haut ab. Kurz hielt er inne, dann öffnete er seinen Mund ein Stückchen weiter. Seine Zähne waren spitz, scharf und gefährlich.
Ohne eine weitere Sekunde zu vergeuden versenkte der Fremde seine Zähne in ihrem Hals, biss schmerzhaft fest zu. Merve schrie auf. Es war ein Schrei, wie er vor wenigen Stunden an ihre eigenen Ohren gedrungen war. Verängstigt riss sie die Augen auf, versuchte ihn mit ihren Händen von sich zu schieben. Versuchsweise wollte sie den Kopf herumreißen, wollte den höllischen Schmerzen, die durch ihren gesamten Körper fuhren entgehen.
Blitzschnell umfasste er mit der rechten Hand erneut ihre Handgelenke. Diesmal jedoch fest und hart. Rasch zog er sie unter seinem Oberkörper auf die andere Seite, nach Rechts, damit er sie besser unter Kontrolle hatte. Zusätzlich legte er seine linke Hand an ihr Kinn, drückte er grob herum, dass ihr Hals nun völlig frei lag.
Sein ganzes Gewicht lag nun auf ihrem zierlichen Körper und drückte sie nach unten. Merve keuchte panisch nach Luft. Tränen rannen ihr aus den Augen.
Aber der junge Mann kannte noch kein Ende. Gierig begann er langsam und qualvoll das süße Blut aus ihren Venen zu saugen, es völlig auszukosten.
Erst als sein Verlangen gestillt war und sie kaum mehr unter ihm zuckte, oder gar atmete zog er seine Zähne ruckartig aus ihrem Hals. Merve’s Kopf blieb schlaff auf der Seite liegen. Sie blinzelte leicht, schluchzte auf als sie spürte, dass er ihre Handgelenke los lies. Aber jetzt war sie viel zu schwach um sich zu wehren. Es war mehr ein keuchen und ein schluchzen das nun von Merve kam. „Lass mich gehen… Bitte.“ Flehte sie leise, kaum ein Hauch einer zittrigen Stimme.
Sanft strich er ihr über die Wange, richtete ihren Kopf wieder gerade, so dass sie ihm in die Augen sehen musste. Mit letzter, verbliebener Lebenskraft bäumte sie sich unter ihm auf, schrie.
Seine Augen hatten sich rot gefärbt. Blutrot. Die Aura wurde dunkel. Sie spürte wieder einen kalten Atem, der zugleich Fäulnis und Tod ausstrahlte.
„Du hättest deiner Freundin Glauben schenken sollen…. Denn sie wusste es!“ seine Worte waren dunkel, höhnend und kratzig. Dann senkte er seine Lippen auf die ihre, kostete den Geschmack des Mädchens aus, öffnete dann mit geschickten Händen ihren Kiefer. Ihr Brustkorb begann zu zittern, zu beben. Merve wollte den Kopf wegdrehen. Sie spürte, wie er etwas aus ihr heraussog. Etwas, dass jeder Mensch hatte und das nur der Satan selbst begehrte.
Ihre Seele.
Tag der Veröffentlichung: 17.06.2011
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