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Kapitel 1. Mein Leben&Ich




Ein blaues Auge, eine gebrochene Nase, ein ausgekugelter Arm und Prellungen an den Rippen. Ich lag verdreckt auf dem Boden und hoffte, jemand würde mir jemand helfen. Bevor die Sonne aufging. Der Grund, für all diese Verletzungen, verrate ich euch noch. Lieber erzähle ich, wer ich bin.
"Mein voller Name ist Alexandra Summers", hatte ich meinen Mitschülern erklärt, als ich auf diese Internat kam. "Aber bitte nennt mich Alex." Diese Worte hatte ich mitten in der Nacht zu den müde aussehenden Kindern gesagt. Als ich auf das Internat gekommen war, war ich gerade mal Sieben. Weder wusste ich, was alles an so einem Ort passieren konnte, noch das ich nicht die einzige war. Früher war ich nie in Kontakt mit anderen Menschen. Immer allein. Tagsüber konnte ich nicht raus und Abends durfte ich nicht raus. Ich wünschte, ich wäre nie auf dieses Internat gekommen, wo ich noch glaube, alle Menschen seien 'Mondkinder'. "Xeroderma pigmentosum" erklärte meine Lehrerin, "Ist eine seltene Krankheit. Leider wirst du nicht mit den anderen Unterricht haben. Du wirst einzel Unterricht bekommen." Xeroderma pigmentosum. Das bedeutet ich kann nur nachts aus dem Haus. Mondscheinkind, nannten sie mich. Neben dem Mondscheinkind nannten sie mich auch Alex. Acht Jahre später hatte sich nicht viel geändert. Die meisten dachten nach wie vor ich sei ein schiefgegangenes Experiment. Die einzige die immer zu mir gehalten hatte war Alissa. Meine beste Freundin. Noch dazu war ich Vertrauensschülerin. Verdammt miese Sache. Ich musste Kinder beschützen, die mich für ein Monster hielten.
Nun zum Anfang meiner Geschichte. Es war eine kühle Nacht und bei jedem sanften Windstoß erzitterte ich. Das Internatsgebäude zog sich wie ein unheilvoller Schatten vor mir in den Himmel. Obwohl ich es erwartet hatte, erschrak ich dennoch, als ein Schrei die Stille der Nacht verriss. Sofort sprintete ich in die Richtung in der das Mädchen geschrien hatte.
Dean Miller. Das hätte ich mir gleich denken können. Er stand bedrohlich vor einem kleinen Mädchen. „Ich sagte gib mir dein verdammtest Geld!“ knurrte er. Er war zwar älter als ich, doch ich war so groß und mindestens ebenso stark wie er.
„Hey Dean, macht die kleine dich fertig?“ Es war mein spöttischer Tonfall, der Dean so wütend machte. Noch ehe er ausholen konnte, wusste ich, dass er das Mädchen schlagen wollte und sprang beinahe so schnell das ich das Gleichgewicht verlor, zwischen die beiden und fing seine geballte Faust ab.
„Verzieh dich Summers, “ Er flüsterte es, eine Drohung, die nicht so leicht abzutun war, „sonst komm ich morgen Mittag zu dir ins Schlafzimmer und zieh dich auf dem Pausenhof. Mal sehen wie schön du brutzelst.“ Ein fieses, gefährliches Lächeln umspielte seine Lippen und die Erkenntnis, eine gute Idee zu haben flackerte in seinen Augen auf. Ich ließ seine Hand nicht los, aber drehte mich um zu dem Mädchen.
Da sie im Schatten stand, konnte ich sie nicht erkennen. „Hey, es ist alles okay. Ich bin ja hier. Geh jetzt rein. Beeil dich und bleib drinnen, ja?“ Ich lächelte leicht und hoffte, das Lächeln würde ihr Mut machen. Ohne zu antworten rannte die kleine um die Eckt der Gebäudes und verschwand. Erst jetzt viel mir auf, wie die Welt um mich herum aussah. Das Gras, auf dem wir standen, war dürr und ausgetrocknet, die Wand war voller Graffiti, die Bäume halb umgestürzt und die Mülltonnen überfüllt. Dean nutze den Augenblick, in dem ich unvorsichtig war und veränderte seine Handposition so, dass er meine Hand packte und nicht umgekehrt. Er drehte mir mit einem Schwung den Arm so schnell um, dass er mir die Schulter auskugelte. Der Schmerz durchzuckte mich, doch ich merkte es nicht weiter. Eine Eule, die genau über mir saß, hatte sich all meiner Aufmerksamkeit bemächtigt.
„Jetzt bist du dran.“ Hörte ich Dean hinter mir und ich drehte den Kopf zu ihm. Und da kam der Schlag. Die Wucht des Schlags kam so unerwartet, das ich auf die Knie ging. Er hatte mir wahrscheinlich die Nase zertrümmert. Blut lief aus meiner Nase über meinen Mund, bis zum Kinn. Dann kam noch ein Schlag, der auf mein rechtes Auge ging. Kurz sah ich rote und schwarze Punkte vor meinem Auge, doch es ging nach ein paar Sekunden vorbei. Der Schmerz, den ich vorher im Arm nicht bemerkt hatte, kam jetzt doppelt so stark wieder, ebenso wie der Schmerz, meiner zertrümmerten Nase.
„Du hättest dich raus halten sollen Summers.“ Erklärte er, als Rechtfertigung. Dean drehte noch einmal meinen Arm so weit, das er knackte und trat mir mit voller Wucht in die Rippen. Ich war mir nicht sicher, ob ich Prellungen davon trug, oder nur blaue Flecken, doch es tat tierisch weh. Dean drehte sich nicht einmal um, als er davon stapfte. Als ich dachte es wäre weg, hörte ich ihn noch einmal rufen: „Wenn du jemanden erzählst ich war das, war es das Letzte, das du tust.“
Die Schmerzen lähmten mich und ich konnte mich nicht rühren. Die Sonne würde sicher bald aufgehen. Ich war in Versuchung zu schreien, doch wie sollte ich erklären hier verkrümmt und blutend auf dem Boden zu liegen? Ich hatte nicht vor, jemandem davon zu erzählen. Niemandem. Ich würde sagen, ich war aus dem Fenster gestürzt und der Baum hätte meinen Fall abgedämpft. Die Eule, die ich vorher so würdevoll betrachtet hatte, schlug zweimal mit den Flügeln und flatterte dann davon. Der Tag war nah…

Kapitel 2. Schutzengel




Ich hatte es geschafft, mich auf den Bauch zu drehen, damit, falls ich wirklich von den Sonnenstrahlen berührt wurde, mein Gesicht verschont würde. Die Schmerzen die durch meine Brust zuckten ließen mich erschaudern. Langsam schloss ich die Augen, machte den Frieden mit meinem Leben und zählte all die Gründe auf, warum es berechtigt war, dass ich in den Himmel kam. Mein Leben lang hab ich versucht anderen zu helfen. Ich habe immer versucht, nicht selbstsüchtig zu sein.
In dem Moment, an dem ich daran dachte, ob ich vielleicht meine Eltern im Himmel kennen lernen würde, hörte ich etwas wie ein Flügelschlagen. Die Eule? Keine Ahnung, warum ich als erstes an die Eule dachte, doch dieser Gedanke schien mir irgendwie tröstend. Angst vor Sonnenstrahlen, öffnete ich vorsichtig meine Augen. Ein sanfter rosa Himmel bildete sich vor mir. Panik kroch mir über all in den Körper. Doch es war nicht der Sonnenaufgang, der dieses Gefühl in mir auslöste. Es schienen riesige, weiße Flügel zu sein. Jede einzelne Faser, jeder Feder war mit Gold strähnen durchzogen. Der Oberkörper entblößt, mit einer weißen Hose, stand der Fremde vor mir.
Er kniete sich nieder und legte mir die Hand auf die Stirn. Egal wie er sich bewegte, sein Gesicht blieb immer im Schatten. Als der erste Goldene Schein den obersten Punkt meines Wohnheims erreichte, fielen mir die Augen zu. Nur wage spürte ich, wie mich zwei starke Arme aufhoben. Dann war alles weg.
Ich schlug meine Augen auf. Mein Zimmer, was von jeder Art von Sonnenlicht geschützt war, umgab mich. Keine Flügel. Es war nur ein Traum... dachte ich gerade, als ich das erste mal tief einatmete und die stechenden Schmerzen in meinem Brustkorb spürte. Zitternd stieß ich die Luft zwischen meinen Zähnen aus. Irgendwo muss es doch sein!, rief ich in Gedanken. Leicht nervös suchte ich unter meinem Bett, in dem ich lag, nach meinem Handy. Endlich hatte ich das Handy in der Hand und ließ mich zurück in mein Kissen fallen. Nach wenigen Sekunden hatte ich Alissa's Nummer gewählt. Leise flüsterte sie:" Verflucht Alex! Du solltest schlafen! Außerdem hab ich Unterricht. Sei froh das wir grad die alte, taube Schachtel haben!" Alissa musste zwar kichern, doch dann wurde sie wieder ernst. "Nein wirklich, ruf mich nach der Schule an." "Nein..." Es kam leise und gebrochen aus meiner Lunge. Ich war mir nicht sicher, ob sie mich überhaupt gehört hatte.
Aber ich hatte Glück. "Alex. Alex, was ist los? Du hörst dich so seltsam an." In ihrer Stimme lag ein Hauch von Sorge. "Bitte... komm..." Stammelte ich und musste die Tränen unterdrücken. Jedes Mal wenn sich meine Brust hob und senkte führ ein Stechender Schmerz durch meinen Körper. Ich hörte wie Alissa anfing zu zittern, denn das Handy schlug rhythmisch gegen den Tisch. Als sie sich wieder beruhigt hatte, flüsterte sie leise. "Ich komme. Ich bringe Hilf mit. Wo bist du?" Die Hilflosigkeit in ihrer Stimme machte es nur noch schlimmer. "Zimmer..." Dann konnte ich nicht mehr sprechen und fing an zu zittern.
Ohne aufzulegen, fing Alissa an zu brüllen "Mrs. Filz!! Wir müssen sofort zu Alex, sie ist verletzt!" Alissa schrie und war offensichtlich den Tränen nahe. Dann brach die Verbindung ab.
Ich wartete ein paar Minuten, doch es kam mir vor, als wären es Stunden. Nur eine einzelne Kerze erhellte mein Zimmer. Mein Blick glitt zur Decke, auf der eine schwarze Rose gezeichnet war. Sie leuchtete, aber nicht hell. Es war eine schwarz leuchtende Rose. Obwohl ich es noch nie gesehen hatte, war ich mir hundertprozentig sicher, dass wenn alles dunkel war, die Rose noch dunkler leuchtete.
Ein einzelnes Blütenblatt viel von dem Bild herab und als es meine Haut berührte, wurde es zu einer leuchtend weißen Feder, mit Goldenen Adern. Es ist doch nur ein Bild, dachte ich verwundert, doch auch glücklich.
Die Tür ging auf, ich versteckte die Feder, vorsichtig, um mich nicht zu ermüden und sah zur Tür. "Ali..." Fing ich an, doch ich stoppte. Das waren weder Mrs. Filz noch Alissa. In der Tür stand Dean. Angst packte mich und ich rutschte so ruckartig von ihm weg, das ich von der Bettkante rutschte. Ich fluchte in Gedanken und behielt den Blick auf Dean. Mein Ausgekugelter Arm Schmerzte als ich mich abstützte. Meine Atmung klang leicht ringend und mein Herz flatterte. Ein Engel hatte mich gerettet. Würde er es wieder tun? Würde er mir jetzt helfen? Ohne nach zu denken glitt meine Hand unter mein Bett über die Feder. Ihre Berührung gab mir beinahe so etwas wie einen elektrischen Schlag und die Verzweiflung wurde von einem Hauch der Hoffnung vertrieben. Unwillkürlich musste ich lächeln.
Dean schien etwas verwundert.
"Hast du den keine Angst?" Fragte es mit leicht spöttischem unterton. Langsam und vorsichtig schüttelte ich den Kopf.
"Kannst du nicht sprechen?" Der Ton, die Gefühle die sich in diesem Satz versteckten verwirrten mich. Nur für eine Sekunde, nur eine einzige, hörte ich Reue und Bedauern. Mein Blick verriet mich, denn plötzlich wurde Deans Blick Unsicher, worauf Spott kam.
"Na ja, so lang das verletzte Vögelchen nicht singen kann, brauche ich mir ja auch keine Sorgen zu machen." Er drehte sich um und wollte gehen. Es schien, als würde er überlegen, doch dann entschied er sich doch, einfach weiter zu gehen. Beinahe eine Sekunde später stürmte Alissa in das Zimmer. Ich wusste, dass ich aussah, als wäre ich in einer Kneipenschlägerei verwickelt gewesen sei. Als ich sah, wie immer wieder Tränen über Alissas Backen rollten, fing ich ebenfalls an zu schluchzen.
Mrs. Filz kam etwas später. Durch ihr stämmiges Gewicht hatte es bei ihr etwas länger gedauert. Ich wusste genau was sie sah. Alissa und ich saßen heulen auf dem Boden und ich war voller Blut. "Oh mein Gott..." Hörte ich die ältere Dame flüstern. Schneller, als ich es ihr eigentlich zugetraut hatte, nahm sie ihr Handy und rief einen Krankenwagen. "Ja. Ich brauche unbedingt einen Krankenwagen an dem Universe-Internat. Ich weiß nicht genau was das Mädchen hat. Ihr Name ist Alexandra Summers. Sie hat XP. Ja mit XP meine ich Sonnenlicht Allergie. Was soll das heißen sie sind für so eine Art von Mensch nicht genügend ausgestattet? Verdunkeln sie einen Raum, dann geht los. Sie braucht Hilfe. Ich akzeptiere keine Wiederrede! Los!" Damit legte Mrs. Filz auf und sah mich an. "Was ist dir passiert?" Sie sah wirklich besorgt aus. Ich deutete auf meinen Hals und schüttelte leicht den Kopf. Dann zeigte ich auf meinen Arm und schrieb mit meiner linken Hand 'ausgekugelt'. Dann noch 'Rippen geprellt' und 'Nase zertrümmert'. Mrs. Filz Augen weiteten sich und sie kam zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Wer war das?" In ihrerer Stimme lag so eine Art von Wüt, bei der ich Gänsehaut bekam. Ich nach wieder das Papier und schrieb 'Unfall'. Sie sah mich missmutig an, aber nickte. Als die Krankenwagen schon zuhören waren, versuchte ich aufzustehen. Mrs. Filz und Alissa halfen mir. Ich sah Alissa kurz in die Augen. Auf das Papier, was ich nahm, schrieb ich 'nicht ohne meine Feder. Die weiß-goldene unter meinem Bett'. Alissa sah mich kurz verwirrt an, doch sie sah unter dem bett nach und zog die lange, wunderschöne Feder hervor. Beide sahen mich verwirrt an, doch ich nahm sie nur an mich und spürte wieder diesen Hauch von Trost. Nachdem ich meinen Anzug, gegen Sonnenlicht anhatte, trugen sie mich die Treppe hinunter. Es tat nicht so sehr weh, wofür ich sehr dankbar war. Als der Krankenwagen da war, wurde ich hineingelegt und die Feder lag auf mir. Sie reichte mir von der Hüfte, bis zur Schulter. Ich sah starr gerade aus, als ich verkabelt wurde, Infusionen und Verbände bekam. Ich hörte die Sanitäter reden, tuscheln, dass ich Glück hätte, nicht tot zu sein. Über mir war eine Art Abdeckung, damit kein Sonnenlicht hinein kam. Dennoch sah ich große Flügel über mir und hörte das Schlagen der Flügel...

Kapitel 3. Ein unerwarteter Freund




Nachdem ich aus meinem unfreiwilligem Schlaf aufgewacht war, lag ich in einem hell erleuchtetem Zimmer. Die Fenster waren abgedeckt, doch dadurch wirkte das fahle Licht nur noch greller und hässlicher. Ich seufzte und drehte meinen Kopf zur Seite. Die Wand war weiß, die Decke war weiß. Alles was verdammt nochmal weiß! Ich verdrehte die Augen und dachte daran, wie ich Krankenhäuser hasste. Als junges Kind war ich beinahe jeden Tag in so einem dämlichen Krankenhaus. Ein kleiner Tisch stand neben meinem Bett, ebenso wie ein leerer Stuhl. Meine Engels feder lag nach wie vor auf dem Tisch. Vorsichtig streckte ich meinen unverletzten Arm nach der Feder aus. Als ich sie zu fassen bekam, musste ich lächeln. Weg mit Anti-Depressiva, her mit Engelsflügeln! Gerade als ich über meine Gedanken lachen wollte, wurde die Tür aufgerissen. Ein junger Mann kam herein und lächelte. "Ah gut, sie sind wach Miss Summers. Sie waren auch lange genug weg. Beinahe zwei Wochen." Als ich nur stumm nickte, begann er wieder zu reden. "Sie haben eine außergewöhnlich lange Krankenakte. Es ist mir klar, dass sie durch ihre Krankheit eingeschränkt sind, doch das ist kein Grund sich umzubringen." Immer noch lächelnd setzte sich der Mann, dessen Name Herbert Schliffer war, auf den Stuhl neben mir. Kurz dachte ich, ich hätte mich verhört. "Dkr. Schliffer, ich habe nicht versucht mich umzubringen. Es war ein Unfall." Der junge Mann lächelte immer noch, doch es beruhigte mich nicht. Es machte mir Angst. Die Brille, die vor seinen Augen war, rutschte leicht herunter, als er meine Akte öffnete. "In dieser Akte steht, dass sie ihre Eltern nicht kennen. Eine Lehrerin an dem Universe-Internat hat sie aufgenommen. Doch auch diese ist verstorben. Du bist dennoch dort geblieben. Du hast nicht viele Freunde, aber du bist auch nicht einsam. Hier steht außerdem noch, dass du Vertrauensschülerin bist. Stimmt das?" Ich antwortete nicht. Stand das alles, was er gesagt hatte, wirklich in meiner Akte? Kurz überlegte ich, ob ich beobachtet wurde, denn ich hatte ein Gefühl, dass ich angestarrt wurde. Und damit meinte ich nicht Dkr. Grinsebacke. Werde jetzt nicht noch paranoid!, schimpfte mein Verstand.
"Wie war die Frage?" Stotterte ich leise, weil ich den Faden verloren hatte. "Ich habe dich gefragt, ob es stimmt, dass du Vertrauensschülerin bist." Antwortete der Doktor. Als ich nur stumm nickte und mich in dem Zimmer umsah, stand der Mann auf und ging aus dem Zimmer, vorsichtig bedacht die Tür nur so wenig wie möglich zu öffnen. Verächtlich schnaubend stand ich langsam auf. Diese Kittel hasse ich am meisten, fluchte ich in Gedanken, als ich vor einem Spiegel stand. Die schulterlangen, braunen Haare fielen wirr von meinem Kopf, die braun-grünen Augen waren leicht angeschwollen und meine Haltung leicht verkrümmt. Die Schmerzen hatte nachgelassen. Plötzlich musste ich loskichern. Oh Gott, ich bin ja voll auf Tablette, schwirrte es mir im Kopf rum. Noch immer lachend ging ich zu dem Fenster. Ein großes Lacken war davor und ich vermutete, dass die Gardienen ebenfalls unten waren. "Vielleicht... wenn ich... kommt der Engel wieder..." Es waren nur Fetzen von Gedanken, die ich nicht zu ende gesprochen hatte. Leise und vorsichtig zog ich die Gardienen hoch. Durch das weiß konnte ich sehen, wie sanftes Sonnenlicht in das Zimmer fiel. Gerade wollte ich mich in das Licht fallen lassen, doch die Zeit blieb für ein paar Minuten stehen. Die frage, warum ich das tat, war in meinem Kopf. Weil ich ihn wieder sehen möchte, hallte es in meinem Kopf. Mein Engel. Mein Schutzengel. Weil es doch keinen Sinn hatte, allein und deprimiert in dieser grausamen Welt weiter zu leben. Die Zeit schien eingefroren, meine Augen waren geschlossen und ich fühlte mich leicht wie eine Feder, doch ich fiel nicht. Kein Schmerz durchströmte meinen Körper. Feste, starke Hände hatten ich um meine Hüfte und hielt mich fest. "Mein Engel" Flüsterte ich leise und mit einem Hauch Freude.
"Verdammt Alex, was tust du da?" Plötzlich wurde ich aus meinem Traum gerissen. Das war nicht mein Engel. Oh nein. Das war wohl eher der Teufel. Dean zog mich von dem Fenster weg. Mit Füßen und einer Hand wehrte ich mich. "Doktor, Schwester!" Dean hielt mich fest und Rief immer wieder nach Hilfe. Nach ein paar Minuten kam ein junges Mädchen herein gestürmt und sah der Szene mit geweiteten Augen zu. "Jetzt helfen sie mir doch, sie tut mir weh und wenn ich sie loslasse will sie sich verletzen." Schimpfte Dean empört. Als ich protestieren wollte, blieben mir die Worte allerdings im Hals stecken. Er hatte Recht. Dennoch rechtfertigte das nicht, dass er mich mit Gewalt fest hielt. "Lass mich endlich los!" Rief ich hysterisch. Die Schwester nickte nur stumm und ging zu einem Schrank mir Spritzen und Fläschchen. Als sie wieder mit einer Spritze kam und mir den Inhalt injizierte wurde ich plötzlich ruhig. Ich hörte auf mich zu wehren und sackte zusammen. Die Schwester ließ die Gardienen wieder runter und Dean zog mich auf das Bett. Meine Lider zuckten, doch ich wollte nicht schlafen. In diesem Zustand war es mir egal, was Dean getan hatte. Er hatte mir gerade geholfen. Beinahe unbewusste griff ich nach seiner Hand und zog ihn schwach auf den Stuhl neben meinem Bett. "Geh nicht weg." Bat ich ihn ganz leise, bevor meine Augen zufielen.

Kapitel 4. Kuss der Ewigkeit



Ein leises Schnarchen weckte mich. Das Bett auf dem ich lag war hart, die Decke dünn und kühl. Ein pochender Schmerz begrüßte mich, als ich zögernd die Augen öffnete. Die Hand, die immer noch in meiner lag fühlte sich rau und stark an. Der Hauch eines lächelns legte sich auf meine Lippen. Langsam drehte ich meinen Kopf zu dem Jungen, der meine Hand hielt. Aus dem eben noch so schön entspanntem Gesicht wurde ein Schaubild des Schocks.
Dean hielt meine Hand. Das hatte ich alles total vergessen. Schock, Angst, Ungläubig. Das waren die Gefühle die so stark waren, dass ich sie beinahe schon fassen konnte. Vorsichtig stand ich auf und ging zu der Tür. Mir war ein bisschen schwummerig, aber nichts Ernstes.
Darauf bedacht leise zu sein, legte ich meine Hand auf den Türgriff. Ebenso leise drückte ich die Klinke runter. Ich stemmte mein Gewicht gegen die Tür, doch es tat sich nichts. D
an lehnte ich mich nach hinten. Wieder nichts.
Hatten sie mich hier drinnen eingesperrt? Und dann auch noch mit Dean Miller? Wollten sie mich etwas umbringen?
Ein kleiner Seufzer ließ mich erschaudern. Ich drehte mich zu Dean. Gut, er war nicht aufgewacht. Immerhin hatte ich noch ein paar Versuche hier raus zu kommen. Mit aller Hoffnung betete ich, dass es Nacht war. Wie ein Schatten huschte ich zu dem Fenster. Die Gardienen waren zu. Ich will ja nur wissen, ob es Nacht ist, rechtfertigte ich mein Verhalten. Mein Verstand ratterte. Als ich das letzte Mal wach war, hatte ich versucht mich zu verletzen. Doch es war nicht bewusst passiert. Es war so etwas wie ein Versehen. Ich war auf Tablette und war von dem Gefühl beflügelt, einen Engel zu sehen.
Immer wieder versuchte ich die Gardienen hoch zu ziehen, doch es ging nicht. Oh super, ich war in der Falle mit einem gewalttätigen Psychopat. Kurz überlegte ich ob ich ein Testament machen sollte, doch was hatte ich schon, was ich jemandem vermachen konnte? Mein Handy? Schrott. Meine Klamotten? Aus dem letzen Jahrhundert. Während ich all meine Wertsachen aufzähle, in Gedanken, drehte ich den Kopf ganz unbewusst zu Dean.
Einen kurzen Aufschrei konnte ich nicht verhindern. Dean saß wie zuvor auf dem Stuhl, nach hinten Gelehnt, als würde er schlafen, doch seine Augen waren auf und sein Blick ruhte auf mir. "Du sahst du unglaublich schön aus, als du geschlafen hast." Flüsterte er.
Ein Glanz legte sich auf seine Augen. Jetzt musste ich lachen. Er hatte mich zusammengeschlagen, allen auf dem Boden liegen lassen, kurz bevor die Sonne aufgegangen war, hatte mich dennoch auch davor gerettet mich ins Sonnenlicht zu stürzen und war bei mir geblieben, als ich ihn darum gebeten hatte. Mein Lachen erstarb sofort, als mir das klar wurde. "Wie lange war ich... hab ich geschlafen?" Meine Stimme klang gleichgültig.
"Zwei Tage." Erklärte Dean, immer noch mit diesem Glanz in den Augen. Mir gefiel es nicht, wie er mich ansah. Bisher hatte ich immer nur Spott, Abscheu, Ekel und Gleichgültigkeit in seinen Augen gesehen. Mit diesen Augen, die mich jetzt auf so eine komische Art ansahen.
War er wirklich so lange bei mir geblieben. Meine Augen sollten mich verraten haben, den Dean stand auf und kam mir etwas näher.
"Ich hätte dich nie allein gelassen. Du hast mich gebeten zu bleiben und dass bin ich."
"Die ganze Zeit?"
"Zu gehen erschien mir falsch. Es ist immerhin meine Schuld das du hier bist."
Ich verdrehte die Augen und mein Blick sagte; 'Ach wirklich? Ist dir das auch schon aufgefallen?' Plötzlich musste Dean grinsen. Sein Grinsen ließ ihn ein wenig wie ein kleinen Jungen aussehen. Sein braunes Haar hing ihm wirr vorm Gesicht, seine Augen, grau-blau, verschlafen und träumerisch. Ok, was für Mittel haben die mir hier gespritzt?
Dass ich Dean mal attraktiv finden würde, hätte ich nicht in meinen schlimmsten Alptraum geglaubt. Mit geschmeidigen Schritten glitt Dean näher an mich heran. Jetzt hatte er so gar nichts mehr von dem Mistkerl, der mich geschlagen hatte. Seine Augen schienen so voller Trauer, voller Selbsthass und Reue. Dieses tiefe grau-blau, diese zwei runden Herzen, die mich mit so einem liebevollen Blick ansahen, immer näher kamen, bis ich seinen Atem spüren konnte. Er war genau auf meiner Höhe, weshalb wir uns ohne Probleme in die Augen sehen konnten. Sein Gesicht war nicht steif oder arrogant, wie sonst, sondern weich.
Mein Verstand schrie laut, voller Zorn; 'Was tust du da? STOP! Dieser Penner hatte vor dich umzubringen! Mach die Augen auf und schlag ihn, doch bitte nicht...' Die Stimme setzte einfach aus, als Deans Lippen sich sanft auf meine legten. Ein Zittern lief über meinen Rücken. Ich erwiderte den Kuss, der Zärtlich war, liebevoll und genau das, was ich gerade brauchte. Ohne nachzudenken Schmiegte ich mich enger an ihn ihn, ohne den Kuss zu unterbrechen. Meine Arme hatte ich um seinen Nacken gelegt und er seine um meine Hüfte. Etwas weichen, schwarzes umgab mich. Nur ein kurzes blinzeln hatte ich Zeit es zu sehen. Schwarz, weich, groß, um Dean und mich geschlungen. Obwohl die Neugier mich gepackt hatte, ließ ich die Lider wieder fallen. Des Kuss zog sich in die Länge und mein Gefühl stieg auf den Höhepunkt. Schlussendlich mussten wir den Kuss abbrechen, da ich grinsen und lachen musste. Ein Gefühl, als könne ich fliegen durchnebelte mein Gehirn. Mit einer Leichtigkeit, die ich bewunderte, hatte Dean mich hochgehoben und trug mich zum Bett.
Dieses Gefühl, als er mich in den Armen hielt, war schön. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und hörte auf sein Herzrhythmus. Wieder musste ich lächeln, den mein Herz passte sich dem seinem an. Er legte mich ins Bett und legte sich zu mir. In diesem Moment war mir alles egal. Was er getan hatte, ob gut oder schlecht, dass ich eingesperrt war und dass ich ein Mondschreinkind war. Solange er bei mir war.

Kapitel 5. Bilder&Gefühle



Eine Weile verharrten wir so, bis mein Gesicht anfing zu schmerzen. Meine Nase juckte und nervte mich. Wie lange würde es dauern, bis sie wieder heil war? Der Arm machte mir inzwischen keine Probleme mehr, ebenso wie meine Rippen. Die hatte es anscheinend nicht all zu stark erwischt. Langsam stand ich von meinem Bett auf. Verdammt, ich brauch Schmerzmittel, dachte ich träge. Dean setzte sich auf und ich konnte seinen Blick auf mir spüren.
"Geht es dir gut? Hast du Schmerzen?" Ich drehte den Kopf zu ihm und nickte leicht.
"Dämliche Nase." Schimpfte ich wie ein kleines Kind. "Warte, ich komme gleich wieder."
Er gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn, wobei er auf die Zehenspitzen musste, was ich unglaublich süß fand. Dann ging er zu der Tür. Er klopfte zwei mal dagegen, bis die Tür geöffnet wurde. Er ging hinaus und dir Tür wurde wieder geschlossen. Traurig berührt, dass ich wieder alleine war, lehnte ich mich an die Wand neben der Tür. Das Jucken an der Nase wurde schlimmer, doch jedes Mal wenn ich meine Nase berührte, schmerzte sie.
Nach ein paar Minuten ging die Tür erneut auf. Dean war nicht zu sehen. Nur ein Mann in einem weißem Kittel stand in der Tür. Die Ausdruckslose Mine, die er aufgesetzt hatte, machte mir ein wenig Angst. Nichtsdestotrotz wich ich seinem Blick nicht aus. Auch er wich meinem Blick nicht aus, als er zu dem Stuhl neben meinem Bett ging und sich setzte.
"Warum setzt du dich nicht auf das Bett?" Fragte der Mann leicht hochnäsig. Ich zog eine Grimasse und stand auf. Dennoch setze ich mich auf mein Bett, ihm gegenüber.
"Möchtest du mir erklären, warum Sie zwei mal Versucht haben sich... äh, Ihr Leben zu beenden?" Blöd Mann, dachte ich und meine Augen verengten sich.
"Das erste mal war ein Unfall. Ich bin auf dem Fenster gestürzt." Er nickte und schrieb etwas auf den Block in seiner Hand. Die Dicke Brille auf seiner Nase ließ ihn wie einen alten Opa aussehen. Das weiße Haar war kurz geschoren und es sah aus, als würde sein Friseur ihn hassen. Die Augen waren Grün, wie frisches Moos.
"Könnten Sie mir dann auch erklären, warum das vermeintliche Fenster geschlossen war, aus dem Sie angeblichen gefallen sind?" Ohne zu zögern antwortete ich; "Ein Freund hat das Fenster geschlossen und hat mich in mein Zimmer gebracht. Ich war kurz bei ihm, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. Dann bin ich gefallen." Wieder kritzelte er etwas auf das Blatt und nickte stumm. "Ok, gut. Was war beim zweiten Mal, als sie hier waren?"
Nachdenklich zog ich die Augenbrauen zusammen. "Das war ebenfalls eine Art Unfall. Ich war voll mit Medikamenten und sehnte mich einmal danach, die Sonne zu sehen, ohne diesen Schutzanzug. Ich hab nicht nach gedacht." Wieder nickte der alte Mann. Nachdenklich setzte er sich zurück und faltete die Hände. In diesem Moment schien er eine Entscheidung getroffen zu haben und durchwühlte seine Aktentasche. Er zog mehrere Bilder daraus und zeigte sie mir nacheinander. Das erste Bild war ein Sonnenuntergang am Meer.
"Was für Gefühle löst dieses Bild bei dir aus?" Wollte er wissen. Lange und schweigend betrachtete ich es.
"Für mich ist das der Anfang eines Tages. Das Ende der Tage, meiner Freunde. Die Gegend ist wunderschön, ich würde gern einmal dahin. Die letzten Sonnenstrahlen wecken in mir Sehnsucht, sie einmal selber betrachten zu können." Danach brach ich ab. Es gab noch viel mehr, was ich sagen konnte, doch der Mann war schließlich nicht mein Tagebuch. Jetzt war eine Zeichnung, eines weinenden Kindes dran. Obwohl es nur eine Zeichnung war, tat es mir im Herz war. Das berichtete ich ihm auch. "Außerdem bin ich enttäuscht, traurig und wütend, dass niemand da ist, der ihr hilft oder sie tröstet." Noch dazu erinnert sie mich an das Mädchen, was ich einmal gewesen war. Allein, traurig und ohne Trost. Der Mann kritzelte wieder etwas auf sein Blatt. Auf dem nächsten Bild war ein Mädchen. Es war sehr hübsch, nur ihre Gesichtszüge waren zornig und arrogant. "Was fällt dir hiezu ein?" Wollte er wissen.
"Für mich ist sie sehr schön, nur ihr Gesicht ist von Zorn und Wut zerschlissen. Ihr äußeres ist schön, doch in ihr drin ist es dunkel und einsam. Allein und arrogant." Dieses Mal nickte er nicht und schrieb sich auch nichts auf. Er betrachtete mich. Als ich mich grade darauf vorbereitete ein weiteres Bild zu beurteilen, stand er auf und ging zur Tür.
"Ich muss jetzt los. Viel Glück miss Summers."
Zwei mal geklopft, öffnete sich die Tür und er verschwand ebenfalls. Nun traten mir Tränen in die Augen. Die Bilder lösten in mir seltsame Gefühle aus, Fragen und Selbstmitleid. Würde ich je einen Sonnenuntergang betrachten können, warum hatte mir niemand geholfen, als ich jung, allein und hilflos war, hatte ich mich auch in das einsame, zornige und arrogante Mädchen verwandelt, dass auf dem Bild gewesen ist? Ich zog die Beine aufs Bett, an mich heran und dachte nach.
So verhaarte ich mindestens eine Sunde. Gerade jetzt war es mir Recht, das die Tür zugeschlossen war und ich allein sein konnte. Als ich immer noch keine Antworten auf meine Fragen fand, hörte ich auf mich in Selbstmitleid zu wälzen und stand auf. Laut und genervt schritt ich zur Tür. Mit lautem Poltern schlug ich gegen die Tür und rief; "Kann mir bitte jemand Schmerzmittel geben? Ich habe Schmerzen!" Vielleicht war das nicht gerade schlau, aber das war mir egal. Meine Nase tat weh und die Leute, die etwas dagegen tun konnten, taten nichts. Das machte mich nun mal wütend.
Dkr. Schliffer kam ins Zimmer und funkelte mich böse an. "Bitte verhalten sie sich zivilisiert miss Summers! Ich habe ihre Medikamente. Aber bevor ich sie ihnen gebe, möchte ich mit Ihnen über ihre Krankheit reden."
Auf dieses Thema hatte ich gerade so wenig Lust, aber ich sagte nichts sondern sah ihn an. "Sie haben Glück, dass Sie noch am Leben sind. Werfen Sie dieses Leben nicht weg. Die Lebenserwartung kann im Schnitt mit 30 Jahren definiert werden. Es gibt allerdings auch Fälle, die das sechste Lebensjahrzehnt erreicht haben. Ihre Haut ist sehr empfindlich im Bezug auf UV-Strahlen. Äußere Einflüsse und körpereigene Vorgänge können unterschiedliche Krebsvorgänge auslösen. Auch Sonnenlicht und schädliche Substanzen rufen Erbgutveränderungen hervor, die durch die so genannte Nukleotid-Exzisions-Reparatur behoben werden und aus dem Erbgut herausgetrennt werden. Das geschädigte und herausgeschnittene Erbgut wird im Normalfall wieder durch einen Mechanismus ausgefüllt. Bei solchen Menschen wie Ihnen ist diese Funktion gestört und krebserregende Substanzen werden permanent im Erbgut angesammelt. So treten Hauttumore bis zu 2000mal häufiger auf, als bei gesunden Menschen. Verstehen sie nun, warum es äußerst töricht von Ihnen war, so ein Risiko einzugehen?"
"Denken sie nicht, ich wüsste nicht was ich habe?" Schimpfte ich nun laut los. "Mein Leben lang musste ich allein und traurig damit leben, abgetrennt von der Gesellschaft. Sie können mir nichts vormachen, in dem Sie mir sagen, Sie wüssten was ich durchmache. Das können sie nämlich nicht! Können sie mich nun bitte allein lassen. Egal ob mit oder ohne Schmerzmittel, ich möchte allein sein!" Die blauen Augen des jungen Arztes sahen mich erschrocken an. Die beinahe schwarzen Haare fielen wirr um seinen Kopf. Er stellte eine kleine Dose neben mich auf einen Tisch, der neben meinem Bett stand. Da fiel sein Blick auf die lange Feder. Er streckte seine Hand danach aus, doch ich war schneller und riss sie an mich. Finger weg, gab ich ihm mit meinem bösen Blick zu verstehen, dass ist meine! Er nickte und ging dann zur Tür.
"Es tut mir leid miss Summers." Meinte er tonlos und klopfte zwei Mal. Dann war er weg und ich entspannte mich leicht. Und wo zum Teufel blieb Dean? Er fehlte mir. Ich klammerte mich fest an die Feder, doch selbst sie ließ mich im Stich. Keine Hoffnung, kein Glück erfüllte mich. Nichts. Enttäuscht legte ich die Feder neben mich aufs Bett und legte mich hin. Dann griff ich nach der Dose. 'Antibiotika' stand auf dem Etikett. eine Tablette auf der Zunge ging ich in das kleine Badezimmer, dass in meinem Zimmer eingebaut war und schluckte sie mit Wasser. Verdammt, ich will hier raus. Nach hause. Nachdem die Schmerzen beinahe ganz weg waren, ging ich zu der Tür und klopfte zweimal. Nichts tat sich. Obwohl ich nicht glaubte, dass es funktionierte, legte ich die Hand auf die Türklinke und drückte sie runter. Sie ging auf. Innerlich gab ich einen kleinen Freudenschrei von mir.

Kapitel 6. Mein dramatischer Abgang



In dem, von mir gehassten, OP-Hemd und der weißen Hose lief ich durch die Gänge. Natürlich hatte ich vorher nach gesehen, ob es draußen hell war. Zum Glück war es tiefste Nacht. Ich lief zur Rezeption und räusperte mich. Die ältere Frau mit rot gefärbten Haaren war auf ihrem Stuhl eingeschlafen. "Entschuldigung?" Sagte ich etwas lauter. Sie zuckte kurz zusammen und blinzelte. Es ging ein paar Minuten, bis sie mich bemerkte. Kurz sah sie ängstlich aus. Ich beschloss später darüber nachzudenken.
"Ja, meine kleine, was kann ich für dich tun?" Ihre Stimme war seltsam rau, doch freundlich. "Könnten Sie bitte in meine Akte sehen und mir sagen, wann ich zurück nachhause kann? Mein Name ist Alexandra Summers." Mit einem strahlendem Lächeln bedachte ich sie. Die Dame murmelte so etwas wie 'selbstverständlich' und wandte sich dem Bildschirm zu. Es dauerte nicht lange, bis sie mich wieder ansah.
"So gesehen könnten sie jetzt gleich nachhause. Sie bräuchten nur die Unterschrift von Dkr. Schliffer. Und der ist um so eine später Uhrzeit nicht mehr da." Ach wirklich?, dachte ich. Eben war er doch auch noch da gewesen. Sie wollten mich nicht gehen lassen, aber warum? Entschlossen den jungen Arzt selber zu finden, nickte ich der alten Dame zu und ging dann. Aber nicht in die Richtung meines Zimmer. Nein, ich lief in die entgegengesetzte Richtung. Doch gut, dass sie geschlafen hat, überlegte ich. Ich schaute in jedes Zimmer, leise um niemanden aufzuwecken. Langsam verlor ich die Hoffnung, bis ich an ein Zimmer kam, in dem ich Stimmen vernahm.
"Das erklärt aber nicht, warum sie noch am Leben ist!" Schimpfte eine Stimme, die ich nicht kannte. "Ich werde sie sicher nicht umbringen. Und du auch nicht!" Das war Dean. Eigentlich sollte es mich schocken, Dean darüber reden zu hören, dass er und sein... Kumpel (?) jemanden umbringen sollten, doch das tat es nicht. Dann vernahm ich ein tiefes, sarkastisches Lachen. "Das werden wir sehn, mein Freund. Stell dich nicht auf deren Seite, bleib lieber auf unserer. Das könnte sonst gefährlich für dich werden. Und für deine kleine Freundin." Dann folgte eine lange Stille. Hatte gerade jemand Dean bedroht? Auch wenn er manchmal ein Arschloch ist, ist er dennoch mein... war er jetzt mein Freund? Ach, das klären wir später, schrie ich in Gedanken. Mit einem lauten Knall schlug die Tür gegen die Wand, nachdem ich sie aufgestoßen hatte.
"Hey du Penner, lass ihn in Ruhe!" Knurrte ich wütend. Der Aschblonde Schopf drehte sich zu mir. Zu meinem Bedauern war er beinahe zwei Köpfe größer als ich. Sein Gesicht war voller feiner Züge, die Augen eisblau und das Lächeln fies und unglaublich sexy.
"Wenn man über den Teufel tratscht, kommt er angelatscht." Der Junge brach in schallendes Gelächter aus. Mir war es nur Recht, wenn er laut war. Dann würde mir vielleicht jemand zu Hilfe kommen. Der Junge mit dem schönem Gesicht und den schönen Augen stand an dem Fenster und Dean saß auf einem Stuhl. Angespannt sah er mich an. Er versuchte mir klar zu machen, dass ich verschwinden sollte, doch ich schüttelte nur den Kopf.
"Ich finde das gar nicht witzig. Was ist hier los? Und warum bedrohst du Dean?" Mit einer geschmeidigen Schnelligkeit stand er vor mir und schloss die Tür hinter mir. Er stand ganz dich vor mir, und hatte sein Gesicht zu meinem herabgelassen. "Es ist nicht Dean, den ich bedrohe, sondern du." Ein Hauch von Zufriedenheit durchströmte meinen Körper, als ich nicht vor ihm zurück wich.
"Tja, schön für dich. Ich würde jetzt gern mit Dean gehen, wenn eure Hoheit nichts dagegen hat." Giftete ich ihn an und lief an ihm vorbei zu Dean. Der sah mich nur mit großen Augen an. Ein Luftzug hinter mir, verriet, das der Junge hinter mir war. Noch einmal wollte ich mich zu ihm umdrehen und ihn beschimpfen, doch mir blieb keine Zeit. Kühle, weiche, aber auch starke Hände legten sich um mein Kopf. Will er mich umbringen?, dachte ich, mit einem Hauch Sehnsucht. Sein Kopf ganz nah an meinem flüsterte er: "Sei nicht so frech! Wenn ich wollte, wärst du jetzt schon tot. Aber ich werde dich nicht umbringen. Noch nicht." Ich spürte wie er anfing zu lächelnd. "Wir werden uns wiedersehen, kleines Mondscheinkind!" Damit waren seine Hände verschwunden, wie auch der Rest von ihm. Das einzige was er hinterlassen hatte, war das Zittern, was meinen Körper überlief, die aufgerissene Tür und den angst einflößenden Ausdruck auf Deans Gesicht. Mit einem Sprung war er bei mir und nahm mich in den Arm. Was war da gerade geschehen? Jemand hatte grade gesagt, er wolle mich und Dean umbringen. Aber wer war das?
Auch wenn ich wollte, ich konnte Dean gerade nicht fragen. Immer noch leicht zitternd sah ich ihn an. "Später..." versicherte er mir. Nachdem wir eine Weile so stehen geblieben waren, wollte ich nur eins. Nachhause. "Dean... weißt du wo Dkr. Schliffer ist?" Dean nickte leicht und nahm mich an der Hand. Er führte mich durch Gänge, als wäre er hier schon oft gewesen. Als Dean vor einer Tür stehen blieb, legte ich langsam die Hand auf die Klinke und öffnete die Tür. Mehrere Ärzte und Schwestern waren darin. Dkr. Schliffer sah mich kurz an und nickte. Er sagte irgendwas zu seinen Kollegen und kam dann zu uns.
"Ich nehme an Sie wollen nachhause?" Fragte er mich. Stumm nickend sah ich ihn an. Auch er nickte und holte ein Zetel. Ich las weder, was er schrieb,noch achtete ich darauf, das mich die Leute in dem Raum mich so seltsam ansahen. Er übergab den Zetel an mich und nickte mir zum Abschied zu. Völlig aufgelöst stolperte ich den Gang entlang. Das war ja mal ein scheiß Tag, jammerte ich. Ohne mich zu fragen, legte Dean seine Hände hinter meine Füße und hob mich mit einem Hieb hoch. Dankbar lächelte ich ihn an.
Als wir an der Rezeption ankamen, ließ mich Dean runter und lief mit mir zusammen zu der alten Dame. Zum Glück schlief sie nicht wieder. Sie sah uns kommen und legte dieses 'ich kann sie nicht leiden,muss aber lächeln' Lächeln aus. Ich tat es ihr gleich und bekam einen mörderischen Blick als Antwort.
"Hier ist die Unterschrift. Darf ich jetzt gehen?" Fragte ich lächelnd. Die Dame nickte und suchte etwas in einem Schränkchen neben ihr. Sie holte eine Dose heraus, die identisch mit der war, die Dkr. Schliffer in mein Zimmer hatte stehen lassen. "Ich muss nur noch mal schnell in mein Zimmer, dann muss ich aber wirklich los." Mit den Wimpern klimpernd lief ich mit Dean zu meinem Zimmer. Als die Tür geschlossen war, brach ich in lautes Lachen aus. Dean schien das gar nicht witzig zu finden, auch wenn er sich zwang zu lächeln.
"Der Typ vorhin in dem Zimmer, hat der Ernst gemeint, was er gesagt hat?" Fragte ich ihn ernst. Dean nickte traurig und nahm die restlichen Sachen mit. Nachdem ich mich umgezogen hatte, nahm ich die Feder an mich und betrachtete sie. Dann klemmte ich sie unter den Arm und hakte mich bei Dean unter.
Kurz darauf stolzierten wir über den Krankenhaus Parkplatz. Ich wollte mein Handy nehmen und ein Taxi rufen, doch Dean schüttelte grinsend den Kopf. "Wir nehmen mein Motorrad."
Nachdem wir circa eine halbe Stunde gefahren sind, waren wir da. Hand in Hand standen wir vor der großen Mauer. besser gesagt vor dem großen Tor, was uns den Eingang versperrte. Mein Herz machte einen kleinen Sprung, als mich Dean an sich drückte und mir einen Kuss gab. Wir standen so da, beiden unwillig sich zu bewegen.
"Alex, bevor wir hier jetzt rein gehen, versprich mir zwei Sachen." Bat mich Dean, immer noch in den Armen haltend. Ich nickte und erwiderte; "Alles."
Deans Unsicherheit war so groß, dass ich wusste, das es etwas Ernstes war.
"Es gibt da etwas, was ich dir unbedingt sagen muss..."

Kapitel 7. Geständnis der Seele



Lachend, heulend, schluchzend und verständnislos lag ich auf dem Boden. Irgendwie war alles zusammen. "Du sagst, du bist ein gefallener Engel, weshalb du schwarze Flügel hast, du aber mal weiße hattest?" Dean sah mich an, mit einem verständnisvollen Blick an. "Genau genommen, hab ich dir grade gestanden, das es meine Aufgabe war dich umzubringen, damit ich wieder weiße Flügel bekomme und ich es wieder wert bin in den Himmel zu kommen. Ich bin ein gefallener Engel, da ich mich gegen des Herren Befehle gestellt hatte. Nun aber vermisse ich den Himmel und die Engel machten mir einen Vorschlag. Ich solle dich umbringen, damit meine Schuld beglichen war. Doch ich konnte es nicht.
Ich war es, der dich in dein Zimmer gebracht hat. Du bist eine Art Mischling. Du warst einmal ein Engel, noch bevor deine Seele in ein Körper kam, doch als du in deiner menschlichen Hülle warst, war deine Seele verletzt und du hast zu viel böses gesehen und dadurch deine Seele verdorben. Deswegen verträgst du kein Licht.
Du bist kein gefallener Engel. Du bist ein toter Engel. Und tote Engel sollten tot sein. Doch die Drecksarbeit überlassen sie Gefallenen, damit sich ihre Macht nicht noch mehr verringert. Aber da ich mich geweigert habe, haben sie jetzt Engel darauf angesetzt. Ich kann nur versuchen, die zu beschützen." Jetzt musste ich aufhören zu lachen. Toll, ich bin also ein toter Engel? Wers glaubt.
"Beweis mir, dass du ein Engel bist. Auch wenn du ein gefallener bist, hast du noch Flügel. So hab ich das wenigstens verstanden." Mit hochgezogenen Augen wartete ich. Dean seufzte und murmelte; "Ich wusste, dass du das sagen würdest." Er zog sein T-Shirt aus, worauf ich natürlich seine Bauchmuskeln bewunderte. wenn man jemanden hasst, achtet man gar nicht so auf ihn. Immer noch auf dem Boden sitzend sah ich ihn zu. Er nahm ein Taschenmesser aus seiner Hosentasche und hielt es sich an die Handfläche.
"Suspendisse caelestis" Flüsterte er, doch ich hörte es noch. Dann schnitt er sich in die Handfläche. Plötzlich sammelte sich Dunkelheit hinter Dean. Schien sich zu festigen, bis es weite, große, schwarze Engelsflügel hinter ihm erschienen. Ich keuchte. Sie waren so wunderschön. Früher hatte ich immer gedacht, in Romanen würden sie wirklich übertrieben, wenn sie die Schönheit der Engelsflügel beschrieben, doch sie hatten das Gegenteil getan. Die Flügel waren ausgebreitet und waren in voller Größe. Nach oben hin waren sie mindestens drei Kopf größer als Dean. Die Federn waren Schwarz, die winzigen Adern der Federn waren weiß, und leuchteten.
"Oh mein Gott." Flüsterte ich. All meine Gedanken waren weg. Ich nahm nichts wahr. Mein Atmen setzte aus, sogar mein Herz verpasste einige Einsätze. Dann stiegen mir erneut die Tränen in die Augen. Dean hatte während des Ganzen die Augen geschlossen, doch nun öffnete er sie wieder. Sein Blick fiel auf mich. Ist ja toll. Engel wollen mich umbringen, ich selbst bin eigentlich schon ein toter Engel und meine Liebe ist ein gefallener Engel.
Dean streckte mir die Hand hin und ich ergriff sie. Ehrfürchtig stand ich vor ihm.
"Alex, ich hab mich nicht verändert. Bitte, behandle mich nicht, als wäre ich jemand anders. Ich war auch schon ein gefallener Engel, als du es nicht wusstest. Bitte, lass dass nichts an uns ändern!" Ein sanftes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Als ich vor ihm stand, ganz nach, schlangen wir die Arme umeinander und hielten uns Fest. Und wie bei dem Kuss im Krankenhaus Zimmer, waren wir umgeben, von schwarzen, weichen Flügeln, nur dass ich dieses Mal wusste, was es war. Ganz leise flüsterte er in mein Ohr: "Ganz leise, dann wird uns niemand sehen. So wie meine Flügel gekommen sind, wird uns auch meine Seele vor den Augen anderer beschützen." Leicht lächelnd sah ich dann in seine Augen. Instinktiv klammerte ich mich an ihn. Er schlang seine Arme um mich und hielt mich hoch.
Dann waren wir in der Luft. Ich sah mich um. So weit oben waren wir nicht, doch es war hoch genug um leicht Panik zu bekommen. "Keine Angst, ich hab dich!" Ich schmiegte mich noch enger an ihn. Er hielt mich wirklich fest, aber nicht so sehr, dass es mir weh tat. Wir waren an den Fenster zum Korridor. Mit leichten Flügelschlägen waren wir unverletzt und leise auf dem Boden. Er öffnete mir das Fenster und half mir herein. Als wir drinnen waren, flüsterte er wieder; "Suspendisse caelestis" Und die Flügel lösten sich in Schatten auf. Er lächelte, ebenso wie ich. In meinen Augen lag ein Glanz, ein Leuchten, dass ich nur hatte, wenn ich wunschlos glücklich war. Und das war ich gerade. Hinter ihm schien ein halber Mond durchs Fenster und tauchte den Korridor in ein sanftes, weißes Licht. Dean stand mit dem Rücken zum Fenster, wodurch sein Körper einen Schatten warf, der mich beinahe ganz verdeckte.
Ich beugte mich vor und küsste ihn noch einmal innig und liebevoll. "Denk jetzt nicht dass du mich los bist. Ich passe auf dich auf." Erwiderte Dean nur und gab mir noch einen raschen Kuss. Dann nahm er wieder meine Hand und wir gingen gemeinsam in mein verdunkeltes Zimmer. Dean zündete die Kerzen an und erhellte dadurch das Zimmer ein wenig. Klar hatte ich auch elektrisches Licht, doch ich mochte Kerzen einfach mehr. Dann legten wir uns gemeinsam in mein Bett. Ich kuschelte mich an Deans Schulter und lauschte auf sein Herz.

Kapitel 8. Ein nicht ganz unbekannter Fremder



Ausgeruht, in den Armen eines Engels, eines Engels, der einen liebte, friedlich und entspannt. So fühlte ich mich gerade. Schmunzelnd drehte ich mich aus Deans Umarmung und stand auf. Nachdem ich mich lange genug gestreckt hatte, gähnte ich lange und ging duschen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Nacht war. Ob ich wohl zum Unterricht musste, fragte ich mich griesgrämig. Als ich mit dem Handtuch um mich geschlungen aus dem Badezimmer ging, lief ich direkt zu meinem Zimmer. Deans leises vertrautes Schnarchen ließ mich wissen, dass er noch schlief.
"Hey Engelchen, kannst du mir zeigen wo mein Zimmer ist?" Aschblondes Haar und verächtliche Augen starrten mir entgegen, als ich mich zu der Stimme umdrehte. Zeig keine Angst, ermahnte ich mich. Der Engel stand nicht weit von mir entfernt. "Ich bin neu hier und brauche noch Hilfe, bei der Orientierung."
Beinahe hätte ich laut los gelacht. Der Ton, den er angeschlagen hatte, war ängstlich und respektvoll. Nur seine Augen. Nur sie verrieten, dass er sich innerlich über mich lustig machte.
"Ja, gerne. Also, du musst hoch aufs Dach, aus dem Fenster klettern und runter springen. Dann bist du da, wo du hingehörst." Schnaubte ich. Die Gesichtszüge des jungen Engels verzerrten sich. Eben waren noch mindestens 20 Schritte zwischen uns, als er plötzlich ganz dich vor mir stand. Vor Schreck stolperte ich zurück und knallte gegen die Wand.
"Ich bin hier, um hier zur Schule zu gehen. Um zu lernen. Dennoch spielst du hier noch eine gewisse Rolle. Einen Plan habe ich nicht, ich werde spontan entscheiden, wann ich dich umbringen soll. Ach ja, vergiss nicht. Immer wenn du denkst alleine zu sein, werde doch stets ich bei dir sein." In diesem Moment wusste ich nicht, was ich fühlen sollte. Angst? Wut? Furcht? Panik? Ehrfurcht? Doch alles was ich spürte, war Humor. "Spiel ruhig mein Schatten, doch du wirst nie die Gelegenheit haben mir etwas an zu tuen."
Am liebsten hätte ich ihm noch die Zunge rausgestreckt, doch er war so nah, dass ich mich nicht traute. "Sei dir da nicht zu sicher. Ich bin so gesehen dein einziger Klassenkamerad. Da die Schüler, die am Tag unterricht haben, keinen Platz mehr in ihren Klassen haben, wurde mir angeboten mit dir in eine Klasse zu gehen. Und so ein verlockendes Angebot kann ich mir doch nicht entgehen lassen."
Mit dem vertrauten Spott, lächelte er mich an. "Dean wird mich beschützen. Egal was du ausheckst, du wirst immer scheitern!" Meinte ich jetzt etwas verärgert. Ein leises Lachen drang aus der Kehle des Schönlings. "Du denkst doch nicht im Ernst, dass Dean eine Bedrohung für mich ist oder? Ich könnte ihn mit einem Finger schnippen umbringen. Selbst du bist schwieriger klein zu kriegen, als er. Ich finde allein in mein Zimmer danke. Wir sehen uns dann in einer halben Stunde im Unterricht. Ach ja, mein Name ist übrigens Dillen." Und schon war Dillen um die Ecke verschwunden. Mein Kopf war wieder einmal leer. Kurzer Hand beschloss ich nicht länger darüber nach zu denken und ging in mein Zimmer, in dem Dean immer noch schlief. Auch wenn er verlieren würde, und er es wüsste, würde er mich dennoch beschützen, stellte ich zufrieden fest. Dann trocknete ich meine Haare und zog mich an. Als auch mein zweiter Stiefel geschnürt war, nahm ich noch eine Tablette.
Vielleicht wird es ja ganz witzig, dachte ich vergnügt und ging in das Klassenzimmer. Die Lichter waren zwar an, doch sie erhellten nur den hinteren Teil der Zimmers, da sie vorne kaputt waren. Dillen war noch nicht da. Dafür aber Mr. Putzer. Als ich die Tür hinter mir lautstark ins Schloss fallen ließ, sah der Mann hoch. Mr. Putzer war circa 35 Jahre alt und nett. Sein wuscheliges, blondes Haar hatte er zu einem Zopf gebunden, wodurch er ein wenig wie ein kleines Kind wirkte. Seine Grünen Augen leuchteten immer, wenn ich sie sah. Immer bis auf einmal. Er wurde benachrichtigt, dass seine Schwangere Frau bei der Geburt gestorben war und das Kind ebenfalls. Doch er hatte dich davon nicht runter kriegen lassen. Oft bewunderte ich ihn, für seine Stärke.
"Ah Alex, gut das du hier bist. Ich habe von deinem.. Unfall gehört. Wie geht es dir?" Meine Mundwinkel zogen sich etwas nach oben. "Mir geht es gut, danke der Nachfrage, Mr. Putzer." Ich ging vor zu ihm und setzte mich auf meinen Platz, genau vor ihm. Er saß lässig auf dem Schreibtisch. Er hielt etwas in der Hand. Nur schwer erkannte ich, dass es eine Akte war. "Ist die von dem neuen Schüler? Ich habe ihn schon kennen gelernt. Schein ein netter Bursche zu sein." Scherzte ich leicht sarkastisch. "Das ist aber lieb von dir Alex. Schön das du so über mich denkst."
Offenbar bereit, sich nichts anmerken zu lassen, von seinem verwirrten Geistlichen Bedürfnis mich kalt zu machen. Ließ er sich neben mich auf den Stuhl fallen. Beide begrüßten sich höfflich. In dieser Stunde lernten wir den Satz des Pythagoras.Ich schob es auf Dillen, dass ich so unaufmerksam war, doch in Wahrheit dachte ich nach. Es gab Engel. Verschiedene Arten von Engeln. Gab es noch mehr da draußen? Weilten sie sogar vielleicht unter uns? Unwillkürlich dachte ich daran wie Mr. Putzer sich in einen bestialischen Werwolf verwandelte und fing an zu lachen. Beide Augenpaare richteten sich verwirrt auf mich, woraufhin ich verlegen den Kopf senkte. Nach einigen Sekunden der Verwirrung, fing Mr. Putzer wieder an zu erklären.
Das gute am Nacht Unterricht ist, dass man immer nur ein Fach am Tag hatte, weil sonst alle Lehrer Schlafentzug hätten. Nach drei Stunden war Schluss, wofür ich nur zu dankbar war. Mit schnellen, unsicheren Schritten huschte ich auf dem Klassenzimmer. Noch wollte ich nicht zurück in mein Zimmer. Ich musste nachdenken.
Also lief ich auf das Schulgelände, bis zu der nördlichen Mauer. Nach ein paar Versuchen hatte ich es geschafft hoch zu kommen. Der Baum, der schon hinter der Grenze lag, bot mir immer Sicherheit. Weiter Oben war ein dicker, sicherer Ast, der mich völlig versteckte. Ich setze mich an meine Lieblings stelle und dachte nach. Mit dem Kopf auf den Händen versank ich erneut in Gedanken. Alles was Dean mir erzählt hatte, war wahr. Nicht wissend woher ich es wusste, wusste ich dennoch das es wahr war. Kaum vor zu stellen das ich mal ein Engel war. Und jetzt ein toter dazu. Ein Engel wollte mich töten und würde mich jetzt auf Schritt und tritt verfolgen.
Und wie, als wollte Dillen mir zustimmen, tauchte er plötzlich neben mir auf. Er saß auf dem Ast neben mir und sah mich an. "Hör zu, solange nichts passiert heißt das ja nicht, dass wir keine Freunde werden können. Es wird bestimmt eine ganze Weile dauern, bis es mir überhaupt möglich ist, dir auch nur ein Haar zu krümmen. Und warum sollten wir in der Zwischenzeit nicht daran denken und einfach wie zwei normale Menschen miteinander umgehen."
Ich sah ihn mit großen Augen an. Eigentlich hatte ich vor zu lachen. Doch ich konnte nicht. Er hatte auf eine verrückte, seltsame Art Recht. Wenn es so oder so unausweichlich ist, könnten wir das auch vergessen.
Egal was ich erwartet hatte, das jedenfalls nicht. Stumm nickend sah ich ihn an. "Wenn wir uns jetzt ... verstehen, möchte ich dich etwas fragen." Auch er nickte. "Okay. Alles." Antwortete er vollkommen ernst. "Wer oder was ist Gott?"
Die Frage schien ihn zu amüsieren, denn er schmunzelte gelassen. "Es gibt keinen richtigen Gott. Das ist eher so etwas wie der stärkste Engel. Es gibt auch keinen Teufel. Das ist alles frei erfunden. Es gibt lediglich einen stärksten Engel und einen stärksten Dämon. Engel und Dämonen sind wie ihr Menschen auf dieser Erde. Nur die" Er überlegte "Reinrassigen sind entweder in der Hölle, oder im Himmel." Komisch, dachte ich mir und stellte direkt die nächste Frage. "Was meinst du mit Stärke? Was haben Engel und Dämonen für Kräfte?" Offenbar unsicher, ob er mir antworten sollte, starrte Dillen auf seine Hände. Nach einigen Minuten sah er auf, mir direkt in die Augen.
"Engel haben die Gabe, einem Menschen in ihre Seele zu sehen. Ihre Aura umgibt sie und verratet viel über einen Charakter. Wir können Menschen einschlafen lassen, wann immer wir wollen. Noch dazu können wir Erinnerungen verändern. Das ist aber sehr schwierig und nur Einhundert alles Engel können das. Und denke daran, dass diese Engel auf der ganzen Welt verteilt sind. Dämonen haben die Gabe einem die Seele zu rauben. Das geht nur, wenn die Seele verletzt und schwach ist. Wenn ein Mensch seine Seele verliert, verliert er seinen Charakter, seine Eigenschaften, die ihn einzigartig machen. Es macht einen zu einem Zombie. Das machen Dämonen nicht willkürlich, nur wenn sie wütend sind. Sie können einem Flüche auferlegen, die den jeweiligen Menschen verfolgen, bis an ihr Lebensende. Dämonen können Engeln ihrer Macht und ihrer Flügel berauben. So gesehen würden sie den Engel in ihrer Hülle töten. So wie sie es mit dir getan haben." Dillen brach kurz ab. Seine Stimme war wütend und traurig, als er den letzten Satz ausgesprochen hatte. In seinen Augen schien ein Feuer zu wüten. Dann, endlich, sprach er weiter; "Es gibt nur zwei Dämonen die das schaffen können. Einer ist nach wie vor in der Hölle. Der andere auf der Erde. Sei froh, dass es der auf Erden wahr, der dich deines Daseins beraubt hat. Wenn es der in der Hölle gewesen wäre, wärst du jetzt ein sabberndes Etwas. Keine Flügel, kein Gehirn, keine Kräfte. Bloß eins seiner kleinen Haustiere."
Leichte Tränen schimmerten in Dillen's Augen. Egal was er machen würde, egal ob er mich umbringen würde, er tat mir leid. Irgendwas verriet mir, dass er schon einmal einen geliebten Engel verloren hatte. Vorsichtig legte ich eine Hand auf sein Bein, tätschelte es wohlwollend und flüsterte ihm zu, dass alles gut würde. Als er nach circa zehn Minuten des Schluchzens den Kopf hob, sah er verbittert und einsam aus. "Warum tust du das?" Wollte er wissen. Seinen Ton konnte ich nicht deuten. "Das tuen Freunde eben füreinander." Erwiderte ich leicht lächelnd. Etwas nasses, kühles kullerte an meiner Wange herunter. Erst jetzt fiel mir auf, das ich ebenfalls weinte. Nicht um meiner Willen. Um Dillen's Willen. Er hatte sicherlich auch schon viel durchgemacht. Du bist nicht allein auf der Welt, vermittelten meine Augen ihm und dann tat er etwas, was ich nie und nimmer von ihm erwartet hatte. Er lehnte seinen Kopf an meine Brust und schloss die Augen. Wie ein kleines Kind lag er da, mit verheulten Augen. Und auch meine Reaktion darauf, war nicht ganz normal. Ich legte meine Hand auf seinen Kopf und ließ ihn sich an mich lehnen.

Kapitel 9. Beflügelte Seele



Dillen lagen beinahe drei Stunden reglos da, still schweigend und ruhig. "Dillen" fragte ich leise, "Was wird mit mir passieren, wenn ich sterbe?". Seid Dillen sich an mich gelehnt hatte, hatte weder ich noch er sich bewegt. Die beiden Äste, die so nah aneinander gewachsen waren, boten so viel Platzt, so dass Dillen sich ausgestreckt hinlegen konnte, ohne das wir uns berührten, lediglich sein Kopf lag auf meiner Brust.
"Das weiß ich nicht genau." Gab er leise und verletzt zurück. Seine Stimme klang jetzt nicht mehr so zerbrechlich. Nur zart und freundlich, doch es war noch ein Hauch von Selbsthass darin. Ein leises Kichern ging von Dillen aus. "Weißt du, dass du als Mensch eine ganz besondere Gabe hast? Ich habe sie bisher bei keinem Menschen gesehen. Oder gefühlt." Setzer er an, als ich nicht darauf antwortete, dass er nicht wüsste, was nach meinem Tod geschehen würde.
"Was soll das für eine Gabe sein?" Wollte ich wissen. Meine Mundwinkel zuckten leicht, wie bei einem vergnügten Lächeln. "Du schaffst es, Leute so zu behandeln, dass sie dich lieben und dir nie Etwas antun würden. Ich will dir nichts tun. Auch wenn deine Seele noch so dunkel ist, ist dein Herz um so reiner."
Ich musste leise Lachen, wobei sich mein Brustkorb hob und senkte, was zur Folge hatte, dass Dillen's Kopf hoch und runter wippte. Darüber musste ich noch mehr lachen. Auch er stimmte nach ein paar Minuten in mein Gelächter ein. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, schloss ich die Augen und dachte darüber nach, was er gesagt hatte.
Als ich beinahe einschlief, ertönte plötzlich ein donnerndes Grollen. Es war ohrenbetäubend laut. Sofort war ich hellwach und sah in den Himmel. Grade eben war er noch unbewölkt und man hatte freien Blick auf die Sterne. Jetzt waren schwarze Wolken so weit das Auge reicht am Himmel. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Dean bei uns war. Verschlafen starrte er uns an. "Ich erkläre es dir später." Versprach ich. Dass Donnern und Grollen wurde immer lauter. "Das ist kein natürliches Wetter." Meinten Dillen und Dean wie aus einem Mund. Beide sahen sich feindselig an. "Suspendisse caelestis" Hörte ich Dillen. Kurz darauf sprach Dean dieselben Worte und hinter ihnen sammelten sich ihre Flügel. Wie schon einmal von mir betrachtet, zog sich die Dunkelheit hinter Dean zusammen und schwarze, große Flügel entstanden. Hinter Dillen sammelte sich Licht. Es waren die Federn, die ich gesehen hatte, als ich in mein Zimmer getragen wurde. Weiß und golden, strahlend.
Wie ein Blitzschlag, schlug etwas neben dem Baum auf, auf dem wir saßen. "Dillen, du hast deine Aufgabe abgelehnt und dich somit gegen alle Engel gewendet. Dafür gehörst du in die Hölle. Doch zuvor, nehme ich mir noch deine weißen Flügel." Die tiefe Stimme kam von dem Platz, wo der angebliche Blitz eingeschlagen war. Angst bildet sich auf Dillen's Gesicht. Schneller als ich sehen könnte, war Dillen auf die Knie gegangen und verzog sein Gesicht. Es schien Schmerz zu sein, welcher ihn quälte. Das leuchtende Weiß seiner Flügel schwand, bis sie ebenso pechschwarz waren, wie die von Dean. "Du bist schwach, Gefallener. Du hast dich von deinen Gefühlen steuern und beeinflussen lassen. In der kurzen Zeit, in der du auf der Erde warst, hast du dich von dem Verhallten dieser Missgeburt der Natur verführen lassen. Du hast dich in etwas verliebt, was von einem Dämon geschaffen worden ist. Somit bist du nicht besser als es."
Wut stieg in mir auf. Egal, wenn von beiden der Engel meinte, er hatte meine Freunde verletzt. Auch wenn mir schon oft gesagt wurde, dass ich viel zu nett war, hatte ich immer gedacht, ja und? So bin ich halt. Doch nun war damit Schluss. Ich hatte seine Aura und seine Seele gespürt. Dillen war einsam und verletzlich, auch wenn er es gut zu verbergen wusste. Er war so gesehen nicht viel änderst als Dean. Und ich liebte Dean.
Gerade, als ich wütend losschreien wollte, wendete das leuchtende Etwas, was man Engel nannte sich zu mir. "Nun zu dir, Unwürdige!" Meinte er mit einer tiefen rauen Stimme. Mit einem Satz sprang ich von dem Ast und landete genau vor ihm. Jetzt sah ich ihn richtig. Er hatte langes, blondes Haar, blaue Augen und sein Gesicht, war von solch schönen Zügen, dass er aussah, als wäre er ein Engel. Ach ja, vergessen. Er war ja ein Engel. Er war beinahe größer als 2 Meter. Das war unnatürlich. Er sah aus wie ein Riese.
"Ja, blabla ich kenne die Geschichte." Erwiderte ich entnervt. "Toter Engel, tote Seele, keine Aura. Die Story wird alt. Lass dir was besseres einfallen!" Schnauzte ich weiter. Die Blauen Augen des Engels weiten sich. "Wie kannst du es wagen, du Monster?" Donnerte er. Seine Stimme war beinahe so laut, wie das Donnern was uns umgab. Seine Augen wanderten von mir, zu Dean und Dillen. Sein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Riesen. "Du bist später dran." Meinte er an mich gerichtet und zog einen Dolch. Dean reagierte sofort und sprang ebenfalls von dem Baum. Er sah unglaublich schön und wild aus. Er war auf den Knien, die Flügel über ihm ausgebreitet, den Kopf zu mir gerichtet. Nur ein Sekundenbruchteil hatte ich Zeit dazwischen zu gehen. Der riesen Engel hatte sich mit dem Dolch auf Dean gestürzt. Zum Glück hatte ich einen Bruchteil, den der reichte mir aus. Ich war zwischen den Dolch und Deans Herz gesprungen.
Nur Schade, das er jetzt mein Herz erwischt hatte. Es war, als wäre ich von einem Ort zum anderen ge-beamt worden. Grade war ich noch neben dem großen Engel, dann zwischen Dean, dem Dolch und dem Engel, dann lag ich auf einmal auf dem Boden. Dillen und Dean saßen an beiden Seiten neben mir. Eigentlich hätte ich schon tot sein müssen. Eigentlich hätte ich Schmerzen haben müssen. Doch da war nichts. Nur Wut. Mit einem Ruck zog ich den Dolch raus und sah das Blut an der Klinge. "Das war nicht nett du Arschloch!" Brüllte ich den Engel an, der eben noch vergnügt, jetzt schockiert ein paar Schritte entfernt stand. "Was zum..." Meinte er und ging zurück. Erst ein paar Schritte, dann immer mehr und immer schneller. Ein seltsames Gefühl durchströmte meinen Geist. Ein kribbeln schlich sich über meine gesamte Haut. Es war, als hätte ich gelernt, ein neues Teil meines Körpers zu bewegen. Als ich es tatsächlich versuchte, merkte ich, wie ich langsam vom Boden abhob und hörte das Schlagen riesiger Flügel. Waren das etwa... meine? Ich drehte den Kopf zur Seite und Erblickte riesige Dunkelblaue Flügel aus meinem Rücken ragen, deren Adern purpurn waren. Das Dunkelblau war stehlend, leuchtend. Das Purpurn war rosig und orange. Obwohl die Farben so verschieden waren, ergaben sie gemeinsam doch eine wunderschöne Zweisamkeit. Energie durchströmte meine Seele, mein Herz und meinen Körper. Ich hatte gut Lust zu schreien, doch ich wagte es nicht.
Der Engel, der mich beinahe getötet hatte schwang in etwas Entfernung in der Luft. Sein Blick war zornig und wütend. "Wir sehen uns wieder!" Fauchte er. Meiner Meinung nach, wirkte er beleidigt. Ein triumphierendes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. "Versuch es nur, du kleines Etwas. Du hast ja keine Ahnung, mit wem du dich gerade angelegt hast. Komm mir oder meinen Freunden noch einmal zu nahe und du wirst weder in den Himmel, noch in die Hölle kommen. Ich werde deine Seele auslöschen!" So schnell wie die Freude gekommen war, war sie wieder weg. Hatte ich gerade eben wirklich einem Engel damit gedroht, ihm seine Seele zu rauben und sie zu vernichten? Ein Hauch von Reue machte sich in mir breit, doch ich verdrängte dieses Gefühl. Dieses Etwas hatte eben versucht Dean um zu bringen. Dann war eine Drohung mehr als untertrieben. Meiner Meinung nach. Eben so schnell, wie er gekommen war, verschwand der Engel wieder. Mein einer Geschmeidigen Bewegung sank ich zu Boden.
Wahrscheinlich kann ich so gut mit den Flügeln umgehen, weil ich schon einmal ein Engel war, überlegte ich, als ich die Flügel hinter mir zusammen gleiten ließ. Dillen war plötzlich neben mir, legte eine Hand auf meine Schulter und sah mich ehrfürchtig an. Im Gegensatz zu ihm zeigte ich keinerlei Gefühle. Dean stand auf und ging auf meine andere Schulter. Auch er legte mir eine Hand auf Schulter.
Egal was das gerade war, ich wollte nicht, dass jetzt irgendjemand etwas tat oder sagte. Eigentlich wollte ich einfach nur ins Bett. "Gute Nacht, Jungs." Meinte ich unbeholfen und stolzierte zum Eingang. "Möchtest du nicht erst deine Flügel wieder frei geben?" Fragte Dillen mit einem gezwungenem Lachen. Das Lachen tat mir in den Ohren weh. Dillen zwang sich zu lachen, wahrscheinlich nur, um nicht zu weinen. Es war meine Schuld, dass Dillen nun ein Gefallener war. "Es tut mir leid. Für euch beide." Flüsterte ich und schloss die Augen. Ein Malt tief ein und ausgeatmet öffnete ich die Augen wieder. Die Energie, die durch meinen Körper strömte, wurde etwas weniger, als ich sanft über die Flügel strich und sie frei gab. Ich wusste es. Alles. Die Erinnerungen waren zurück. Ich erinnerte mich daran, ein Engel gewesen zu sein. In einer Erinnerungen sah ich, wie ich einen Gefallenen ermordete. Er war jung, beinahe noch ein kleines Kind. Seine schwarzen Flügel lösten sich hinter ihm auf und sein gesamtes Auge wurde schwarz. Auf beiden Seiten. Die Haut wurde innerhalb weniger Sekunden weiß, beinahe unsichtbar. Den letzten Herzschlag hörte ich noch, bevor meine Flügel mich wieder hoch in den Himmel trugen.
Doch die aller schlimmste Erinnerung war die, wie ich gestorben bin. Ein Dämon hatte mich verfolgt. Schon lange. Er wusste, dass ich Gefallene tötete und fand mich daher interessant. Er nahm sich einige seiner Dämonen Krieger und nahm mich gefangen. Keine Ahnung wie sie es taten, doch sie brachten mich in die Hölle. Der mächtigste alles Dämonen wartete bereits auf mich. Er sagte, ich sei auf eine gewisse Hinsicht einer von ihnen. Ich tötete Engel, die sich dem stärksten wiedersetzten. Er bot mir an, sich ihnen anzuschließen. Auch nur der Gedanke daran, meine eigene Rasse zu töten machte aus mir etwas, was man auch als Sterbende Seele nannte. Mir wurde klar, wie falsch und töricht es gewesen war, Gefallene zu töten. Immer wieder wehrte ich mich dagegen, wenn Dämonen mich zu ihrem Herrscher führten, bis er einmal selbst zu mir kam. Da war es, wo er mir meiner Seele beraubte. Mein Körper wurde zu einem Seelenlosen Zombie. Bis ich schließlich von einem Engel umgebracht wurde.
All die Erinnerungen kamen nacheinander. Und jetzt sah ich, wer mich umbrachte. Und ich wusste, er und was er war. Es war Dillen, der mich umgebracht hatte. Er wollte mich nicht so sehen. Als Haustier eines Dämons. Wollte seine Schwester nicht so sehen. Bei dieser Erinnerung blieb ich stehen, als wäre ich gegen eine Glastür gelaufen. Deswegen war er vorher so zerstreut, wurde mir zitternd klar. Ich musste zurück. Zu beiden. Inzwischen war ich schon in dem, für Mädchen gebaute Gebäude. Sofort rannte ich wieder zurück. Die beiden Jungs lehnten an der Wand, wo gerade meine Seele zu mir zurück gekommen war und schienen über etwas zu reden. Dean lehnte lässig an der Wand und Dillen hatte sich auf einen Stein schräg von ihm gesetzt. Mit anmutigen Schritten lief ich zu ihnen. Als ich vor ihnen stehen blieb, schienen sie mich gar nicht war zu nehmen.
"Sie ist sicher total durcheinander." Meinte Dean besorgt. "Sie ist stark. Sie wird dass schon irgendwie packen." Gab Dillen leise zurück.
"Bist du dir da ganz sicher? Ich will nicht, dass ihr altes Leben ihr neues beeinflusst. Sie hat in ihrem vorherigen Leben genug durch gemacht. Ich weiß nicht, ob sie es noch einmal schafft."
"Das weiß ich" Gab Dillen nun gereizt zurück. "Ich bin immer hin ihr Bruder!" Dean sah ihn nur kurz an und nickte langsam. "Sorry, hab ich vergessen. Wann hast du es eigentlich bemerkt? Dass sie Jess ist. Ich dachte, sie sei nur ein ganz normaler toter Engel. Erst als ich sie im Krankenhaus geküsst habe, wurde es mir klar. Ihre Aura hat es mir verraten. Sie war so stark, so machtvoll, so gefährlich."
Dillen sah Dean auf eine seltsame Art und weise an. "Ich habe es gemerkt, als sie mich tröste. Sie wusste es irgendwoher. Dass ich sie kannte, diese arme Seele, die gestorben ist. Alex wusste nicht, dass es Jess, also sie war. Sie war einfach für mich da. Daher wusste ich es. Jess war immer nett und tröstend. Jeder mochte sie. Doch sie war auch hochnäsig, leicht arrogant und unheimlich gefährlich."
Ein kurzes Auflachen ließ die beiden zu mir sehen. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich es war, die gelacht hatte. Oh, Dillen hatte Recht. Jetzt, wo meiner beiden Leben gemischt waren, war es ebenso wie mein Verhalten. Es schien sich ein leichter, dunkles Tuch von mir und die Welt um mich wurde etwas lebendiger.
"Mich habt ihr wohl nicht erwartet, was?" Zwei Münder vor mir zogen sich zu einem warmen Lächeln zusammen. "Ich wollte nochmal zurück kommen. Ich weiß es wieder. Was ich alles getan habe. Und es tut mir leid." Meine Stimme wurde immer leiser und auch mein Lächeln wurde immer steifer. Wie unnatürlich es aussah, dessen war ich mir bewusst, doch wenn ich jetzt nicht lächelte, würde ich weinen.

Kapitel 10. Liebe...



Ich saß auf meinem Bett, nachdenklich und schmollend. Seid etwa zwei Wochen hatte ich meine alter Seele wieder. Alles in mir fühlte sich seltsam an, als ob da zu viel in mir drinen wäre. Man sollte meinen, es wäre gut, von alles Lebenswichtigen Organen zwei in sich zu haben, doch dass ist es ganz sicher nicht. Alles fühlte sich vollgestopft, schwer und träge an. Das war ganz sicher kein gutes Gefühl. Seid dem Angriff hatten Dean und Dillen Stellung von meinem Zimmer bezogen. Einer draußen, vor meinem Fenster und einer vor meiner Tür. Sie wechselten sich immer ab. Wenn Dean eigentlich vor meiner Tür sein sollte, kam er Nachts zu mir, legte sich mit mir ins Bett und streichelte meinen Rücken. Das war das beste und wichtigste was ich brauchte.
Weiter waren wir noch nicht gegangen. Ich musste das auch alles erst verdauen, überlegen, welches Leben ich nun leben wollte. Entweder die anmutige, schöne, starke Jess, oder die kleine, missmutige, langweilige Alex. Schön, so gesehen ist das eine ganz leichte Entscheidung, aber dieses missmutige, kleine und langweilige Mädchen war mir ans Herz gewachsen. Die Flügel und die Kraft würden mir bleiben, egal für wen oder was ich mich entschied. In einer schönen Samstagnacht, als Dean vor meinem Fenster war, schlich ich mich zum Fenster und schrieb einen Zetel:
'Lieber Dillen,
mach dir keine Sorgen um uns, wir sind nur etwas draußen spazieren. Ich hätte dich gefragt, doch ich glaube nicht, dass du uns das "erlaubt" hättest und so spare ich nur ein paar Wörter.
Also, wir sind vor Sonnenaufgang zurück. Versprochen.
Deine Jess/Alex

'
Mit Sorgfalt legte ich den Zetel auf mein Bett und machte das Fenster auf. Eine Sekunde später hielten Dean und ich uns im Arm und tauschten sanfte Küsse. "Lass uns ein bisschen spazieren gehen, bitte." Mit großen, bittenden Augen sah ich ihn an. Ich wusste, dass er meinem Hunde Blick nicht standhielt und musste leise Kichern als er nickend nachgab. Seine Hand fand meine, in der Dunkelheit, nahm sie sachte und so liefen wir über den Hof. Hand in Hand, Liebende, Engel, die nur auf der Suche nach Ruhe und Sicherheit waren.
Den Kopf an seine Schulter gelehnt, die Augen geschlossen und mit einem Lächeln auf den Lippen gingen wir auf das Tor zu. Wie von Geisterhand ging es vor uns auf und schloss sich hinter uns. Als ich fragend zu Dean schaute lächelte er mich einfach nur an. Was auch mich wieder zum Lächeln brachte. Gemeinsam liefen wir weit, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Langsam bekam ich das Gefühl, dass ich noch nie zuvor hier war. So weit waren wir schon gelaufen. Das Zeitgefühl hatte ich schon längst vergessen.
Als wir nach circa drei Stunden an einer kleinen Waldlichtung stoppten sah ich mich um. Es war wunderschön hier. Die Bäume standen ein paar Meter von uns entfernt, es lief ein kleiner Bach mitten durch die Graß Fläche und hatte einen kleinen Wasserfall. Ein paar Baumstümpfe waren neben dem Wasser. Es war beinahe Neumond. Wie sollen wir hier bloß zurück finden?, fragte ich mich amüsiert. Ich ließ mich auf einem Baumstumpf neben dem Wasser nieder und schloss die Augen.
Dann öffnete ich sie wieder. Ich liebte Dean. Von ganzem Herzen. Daran konnte nichts etwas ändern. Auch wenn er es nicht ansprach, mich nicht drängte, wusste ich was er wollten. Und ich wollte es auch. Dean stand etwas entfernt von mir. Sein Gesicht war mir abgewarnt. Er sah nachdenklich aus. Gut, dann würde er es nicht merken.
Langsam und vorsichtig schlüpfte ich aus meiner Jacke. Danach zog ich mein Top über meinen Kopf und auch die Hose und Schuhe waren schnell ausgezogen. Nun stand ich völlig in Unterwäsche da. Soll ich das wirklich tun, fragte ich mich, doch die Zweifel verschwanden, als ich an Dean dachte. Dann zog ich auch meine restlichen Klamotten aus. Vorsichtig, damit Dean es nicht hörte, ging ich in das mir Hüfthoche Wasser.

!!!!So, der Rest ist nicht Jugendfrei :D Denkt euch was aus ^^!!!!


Nach all dem waren wir auf einem Moos Bett eingeschlafen. Dean hatte mich liebevoll hierher getragen. Noch in Erinnerungen versunken, lächelnd und verträumt, nahm ich nicht war, dass die Sonne schien. Unsere beiden Flügel hatten wir wieder frei gelassen. Wo sind nur meine dämlichen Kleider, dachte ich lachend, als mir klar wurde, dass ich hier nackt über eine Waldlichtung lief, auf der Suche nach meinen Klamotten. Als die sanfte Wärme beinahe heiß wurde, sah ich zum Himmel empor. Sonne?, dachte ich verwundert. Ich hab irgendwas vergessen, aber was?, fragte ich mich verwirrt. "Alex!", Hörte ich Dean besorgt rufen. Jetzt wusste ich es wieder. Aber warum schmerzte mich das Sonnenlicht nicht?
"Ich bin hier Dean, es geht mir gut.", Gab ich fröhlich zurück. Ich hatte keine Lust mir Sorgen zu machen, denn ich fühlte mich gut. Frei, an nichts gebunden, nur frei. Dean war hinter mir auch schon aufgestanden und kam auf mich zu. Als ich mich zu ihm umdrehte, blieb er plötzlich stehen.
"Du äh... Deine Augen?", Es war eigentlich eine Aussage, doch er ließ es wie eine Frage klingen. "Was ist mit meinen Augen?" Wollte ich nun wissen. Waren sie angeschwollen? Zeigten sich Reaktionen auf das Sonnenlicht?
"Sie haben... verschiedene Farben." Sprach er weiter, was ihm offensichtlich nicht so leicht fiel. Ein klägliches Lachen drang aus meiner Kehle.
"Ich hab mich für keine von beiden entschieden.", stellte ich ruhig fest. Weder das erste, noch das zweite Leben, was ich geführt hatte, war etwas, woran ich mich festklammerte. Es waren beide Seelen, die meinen Geist erfüllten. Ich vermutete, dass daher auch beide Augen verschiedene Farben hatten. Ohne noch etwas zu Dean zu sagen, ging ich zu dem Bach und sah ihn Wasser. Ein braun-grünes und ein eisblaues Auge sahen mir entgegen. Ein Gefühl der Leere breitete sich in mir aus.
"Ich will nachhause.", hörte ich meine eigene Stimme. Zu meinem Bedauern, zitterte sie etwas.

Kapitel 11. Abschied ist nicht immer... schwer?



Immer noch grinsend liefen wir neben einander Richtung Internat. "Ich frag mich immer noch wie dein Top so hoch in die Baumkrone gekommen ist.", kicherte Dean und sah mich dabei von der Seite an. Ich grinste ebenfalls. Die Frage beschäftigte mich wirklich. Ach ja und da war noch dieses super süße Lächeln und das wunderschöne Glitzern in Deans Augen, was mich zum Lächeln brachte. Ein wolliges, warmes Gefühl machte sich in mir breit.
Hand in Hand liefen wir die Strecke zurück. Die Sonne hell und warm über uns. Eine Schande, dass ich so etwas schönes noch nie zuvor gesehen habe, dachte ich bei mir. Als langsam die Mauern des Internats in Sicht kamen, blieb ich stehen. "Ich will nicht", erklärte ich fest. "Nicht mehr hier. Das gehört nicht mehr zu mir." Dean, der schon weiter gegangen war,stoppte nun auch und drehte sich zu mir.
"Wo willst du dann hin?", wollte er nun mit sanftem Blick wissen. Den Kopf schüttelnd kam ich auf Dean zu.
"Egal wo. Nur nicht hier", gab ich leise zurück.
"Wir müssen wenigstens Sagen, wo wir hingehen."
"Dann lass uns das jetzt tuen, unsere Sachen packen, Dillen dazu und dann weg hier", jammerte ich beleidigt. Dean unterdrückte ganz offensichtlich ein Lachen und versuchte gelassen zu wirken. Dummerweise brachte mich das zum lachen. Er sah grad einfach so schnuckelig aus. Er lächelte mich an und ich glaubte, einen Hauch von Röte auf seinen Wangen zu sehen.
Er kam zu mir, nahm meine Hand und wir liefen weiter auf das Internat zu. Wie ein Gentleman öffnete er mir das Tor und half mir herein. Als das Tor hinter uns ins Schloss krachte, sahen einige Schüler zu uns. Sofort sah ich zu Boden. Es mussten ja nicht alle meine verschiedenfarbige Augen sehen. Sie liefen über den Hof. Scheinbar hatten sie Mittagspause. Es war doch nicht all zu schlecht, dass ich nur wenig Kontakt mit ihnen hatte, in den letzen Jahren, den nun hörte ich sie tuscheln, ich sei eine Neue, an der Schule. Lächelnd und nickend ging ich an den Jungen und Mädchen vorbei.
Sichtlich erschöpft ließ Dean sich auf mein Bett fallen, als wir in meinem Zimmer angekommen waren.
"Es ist schwierig, ganze Zeit so zu tun, als würde ich lächeln", meckerte Dean lächelnd. Ich kicherte nur und öffnete den Schrank, der gegenüber des Spiegels stand. Nur meine Lieblings Klamotten, hatte Dean gesagt. Ein Kichern hallte durch das Zimmer, als die Tür aufging.
"Alex", schrie Alissa und rannte auf mich zu. Als ich den Kopf zu ihr wand, blieb sie nicht stehen. Sie rannte auf mich zu, sprang mir in die Arme.
"Es geht dir gut", flüsterte sie leise, noch immer auf dem Boden liegend. "Nicht mehr lang, ich bekomme keine Luft mehr", antwortete ich lachend.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.01.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Buch meiner Familie. Noch dazu, einer Gruppe von Mädchen, meiner little, lovely family. Ich lieb euch leute <3

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