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Kapitel 1

Als ich wieder zu mir kam wusste ich, dass ich nicht mehr zuhause war. Nicht mehr dort wo meine Familie war. Ich lag auf Stein, war nackt und mein Hals tat weh, warum würde ich später noch erfahren. Es war Nacht und ich lies meine Augen geschlossen, was ein großer Fehler war. Mir war kalt und ich zitterte. Es musste Winter sein, denn als ich leicht meinen Arm bewegte schob ich etwas weg was sich wie Puder oder so anfühlte. Plötzlich hörte ich ein komisches Geräusch so als ob etwas auf mich zu gebraust kommt. Ein helles Licht blendete mich und das sogar durch meine geschlossenen Lieder und ich kniff meine Augen noch doller zusammen. Es war ein Auto und es kam immer näher, doch kurz vor mir hielt es mit quietschenden Autoreifen an. Es schlitterte wohl noch einen Moment und dann kam es zu stillstand. In dem Moment, wo die Reifen quietschten schlug ich meine Augen auf. Eine Tür wurde geöffnet und jemand stieg aus. Er kam langsam auf mich zu und ich wusste es war ein Junge in meinem Alter. Ungefähr 17 oder 18, älter konnte er nicht sein. Langsam, ganz langsam drehte ich mich um. Der Junge blieb vor Schreck stehen und guckte mich aus großen Augen an. Alles was ich aus mir heraus bekam war ein leises, heiseres „Aua“ Es musste ziemlich erbärmlich klingen, aber die Furcht wich sofort aus dem Gesicht des Jungen und verwandelte sich in Besorgnis. Er kam auf mich zu und wollte mir aufhelfen, doch da bemerkte er erst das ich vollkommen nackt war. Er richtete sich schnell wieder auf und schaute mit hochrotem Kopf in eine andere Richtung.
„Was ist? “ fragte ich und schaute ihn irritiert an.
„Nun, du hast gar nichts an und... Hier zieh dir das über. “ Er hob seine Arme, zog sich sein T-Shirt über den Kopf und reichte es mir, ohne mich auch nur anzusehen.
„Warum schaust du mich nicht an? “ Während ich sprach zog ich mir das T-Shirt vorsichtig an. Meine Arme und Beine waren noch ganz steif und es schmerzte sehr sich zu bewegen Ich befühlte mein Gesicht. Bei meinen Worten drehte er sich nun doch zu mir um und machte ein verlegenes Gesicht.
„Sehe ich irgendwie komisch aus?“
„Nein, nein du siehst gar nicht blöd aus, wenn ich ehrlich bin siehst du sogar sehr hübsch... Ach was rede ich da! Komm wir müssen dich hier wegbringen.Es ist viel zu kalt und Nachts schleicht hier immer so ein Irrer rum.“ Das waren doch mal interessante Neuigkeiten, aus den lässt sich was machen. Mann muss nur dafür sorgen, dass dieser Irre mal wirklich etwas irres machen würde und man hätte Angst, Schrecken und auch ein wenig Hass auf den Täter geschürt. So etwas ist keine schwere Aufgabe für eine Gesandte der Hölle. Ich erschrak und zuckte zusammen. Woher kamen diese Gedanken? Ich fröstelte. Es fühlte sich an wie eine Erinnerung aus einem alten Leben.Der Junge hob mich hoch und trug mich so wie man eine Braut nach der Hochzeit über die Schwelle tragen würde (was mir natürlich gar nicht gefiel! Ich meine das ist doch mal voll peinlich, aber ich hielt still) und verfrachtete mich so auf den Beifahrersitz seines Wagens. Als wir losfuhren ruckelte das Auto und ich musste einen Schrei unterdrücken, was mir anscheinend nicht so gut gelang, denn er drehte den Kopf leicht zur Seite und fragte mich: „Was ist? “
„Nichts, nichts! Es ist nur... Ach vergiss es!“Wir fuhren weiter, bis wir die Stadt erreichten. Als wir in eine ruhige Straße einbogen hielt er bei einer kleinen Villa und stieg aus. Er kam auf meine Seite, öffnete die Tür und hob mich hoch. Ich legte meinen Arm um seinen Hals und lehnte meinen Kopf an seine starke Brust. Halt warte was für Gedanken waren das nur. Bei der Haustür angekommen, musste er mein Gewicht etwas verlagern um an die Klinke heranzukommen. Drinnen war es warm und gemütlich, die Einrichtung war schön und man konnte sich gut vorstellen hier zu leben. Er trug mich die Treppe herauf und ging durch die zweite Tür links. Es war das Bad. Er setzte mich auf den Hocker neben dem Waschbecken und lies das Wasser in die Badewanne ein.
„Du kannst dich gleich erst einmal in der Badewanne aufwärmen und ich mach dir in der Zwischenzeit eine heiße Schokolade.“Ich zögerte, ich wollte nicht so unhöflich sein und sein nettes Angebot abschlagen, aber andererseits wurde mir von Süßigkeiten, egal welcher Art, immer schlecht.
„Nein, danke. Ich möchte lieber einen Kaffee.“Er schaute mich komisch an, so als würde er an meinem Verstand zweifeln – wobei ich der Meinung war, dass er derjenige war der den Verstand verlor – entschied sich, aber letztendlich doch einfach, ohne jeglichen Protest, nach unten zu gehen und mir meinen Kaffee zu machen.
„Gut, sag mir Bescheid, wenn du Hilfe benötigst. Okey?“Ich nickte. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand ich auf, zog mir das T-Shirt, das er mir gegeben hatte, über den Kopf und begutachtete mich im Spiegel. Ich sah gut aus. Fand ich zumindest. Dafür, dass ich nackt, draußen in der Winterkälte gelegen hatte, sah ich sogar noch anschaulich gut aus. Ich stieg in die noch nicht ganz volle Badewanne und stöhnte leicht, weil das Wasser meine eiskalte Haut verbrühte. Ich war gerade dabei mich hinzusetzen als jemand anklopfte. Aus Reflex setzte ich mich blitzschnell hin, sodass ich bis zum Hals im Wasser reichte.
„Ich habe frische Klamotten für dich und leg sie vor die Tür, ja? Die sind allerdings von mir und dürften dir etwas zu groß sein.“ sagte er und seine Schritte entfernten sich wieder.
„Ja, danke. Ist schon okey.“ sagte ich, obwohl ich wusste das er mich nicht mehr hören konnte.Als ich nach einer gefühlten Stunde fertig war trocknete ich mich mit einem Handtuch ab, holte mir die Sachen die vor der Tür lagen und zog mich an. Ich ging aus dem Bad heraus und sah mich um. Die Wände waren mit einer beigen farbenen Tapete überzogen und mit einigen Bildern verziert. Es gab noch drei weitere Türen in diesem Flur. Ich ging langsam auf eine davon zu. Bei ihr angekommen holte ich tief Luft und öffnete sie. Ich mochte es nicht, wenn jemand in meine Privatsphäre eindrang und genauso wenig mochten andere es bestimmt auch nicht. Trotz meines unguten Gefühls öffnete ich die Tür. Hinter der ihr lag ein Schlafzimmer. Es war schlicht eingerichtet, aber strahlte trotzdem eine Art Eleganz aus. Ich schlich langsam weiter und drehte mich einmal um mich selbst. Das Zimmer war riesig, doppelt so groß wie meines. Moment woher wusste ich wie groß mein Zimmer war? Gegenüber von der Tür stand ein riesiges Himmelbett. Ich ging langsam darauf zu und schaute mich dabei im Zimmer um. Links standen einige überdimensionale Bücherregale. Die Bücher darin waren nach Farben sortiert und der Größe nach angeordnet. Auf der rechten Seite hing ein großer Flachbildschirmfernseher an der Wand und davor waren einige vergoldete Sessel um einen zierlichen Tisch herum. An der Seite stand ein Großer Schreibtisch aus Mahagoni mit einem edlen Lederdrehstuhl davor. Auf dem Schreibtisch lagen einige Zeichnungen verteilt. Ich ging darauf zu und stellte mich neben den Stuhl. Auf den Zeichnungen waren alle möglichen Dinge zusehen, wie zum Beispiel ein kleines Mädchen das versucht einen roten Luftballon vom Baum zu holen, der ihm gerade davongeflogen war. Sie waren alle sehr Naturgetreu gehalten und sahen wundervoll aus. Ich schaute mir noch ein paar andere Bilder an und verließ, dann lautlos das Zimmer.Ich schaute die mir gegenüberliegende Tür an und öffnete sie vorsichtig. In dem Zimmer dahinter lag ein weiteres Schlafzimmer. Dieses war wahrscheinlich das Schlafzimmer seiner Eltern. Es war schlicht eingerichtet und interessierte mich nicht sonderlich weiter. Ich schloss die Tür hinter mir und wandte mich der vierten und letzten Tür zu. Als ich vor ihr stand lauschte ich. Der Junge wollte nach mir sehen. Ich trat schnell von der Tür zurück und tat so, als würde ich gerade erst aus dem Badezimmer kommen.
„Bist du fertig?“ fragte er mich.
„Nein, wie kommst du denn jetzt darauf? Ich bin überrascht, dass du so schlau bist.“ sagte ich daraufhin ein wenig pikiert.
„Es tut mir ja herzlich leid, Prinzessin. Verzeihen Sie die Störung.“Bei dem Wort Prinzessin zuckte ich zusammen. Der Kerl hatte ja keine Ahnung.
„Ja das sollte dir auch leidtun.“ Ich verschränkte meine Arme und ging vor ihm die Treppe runter. Leider hatte ich nicht damit gerechnet, dass mein Immunsystem mich so im Stich lassen würde. Mir wurde schwarz vor Augen und ich kippte nach vorne. Eine Hand griff nach meinen Oberarm und jemand zog mich an seine starke Brust und hielt mich einfach nur für eine Weile fest.
„Geht es dir gut?“ fragte mich eine Stimme. Wer war dieser Jemand? Seine Stimme war voll und klang tief. Es war ein angenehmer Klang.
„Hörst du mich wie geht es dir?“ Die Stimme fragte mich wieder. Die starken Arme hoben mich hoch und trugen mich den Rest der Treppe runter. Unten angekommen bog er nach links - oder war es rechts?- ab und legte mich auf ein ledernes Etwas, vermutlich war es ein Sofa.
„Ich rufe einen Arzt, du bist ganz bleich.“ sagte die Stimme nun.
„Nein, keinen... Arzt. Bloß... keinen... Arzt“ das war das einzige was ich noch herausbrachte. Ich konnte nur hoffen, dass er mir vertraute und wirklich keinen Arzt rief, falls ich das denn überhaupt gesagt und es mir nicht eingebildet hatte. Dann fiel ich in die schwarzen Arme der Ohnmacht.

Als ich wieder zu mir kam, hörte ich Stimmen. Ich befürchtete, dass der Kerl doch die Ärzte gerufen hatte.
„Wer ist das Mädchen?“ fragte eine Frauenstimme.
„Das weiß ich doch selber nicht Mom.“ nein, es war kein Arzt hier und mir kam die Erkenntnis, dass der Kerl, der mich aufgefangen hatte, auch der Kerl war der mich hergebracht hat und mir wurde mulmig zumute.
„Du musst doch wissen wer sie ist!“ die Diskussion wurde also fortgesetzt.
„Nein ich weiß nicht wer sie ist, immer hin ist sie in Ohnmacht gefallen bevor ich sie fragen konnte!“ ich glaubte es war an der Zeit sich einzumischen.
„Rebella“ meine Stimmenbänder waren noch sehr trocken und daher kam wahrscheinlich eher ein Krächzen heraus.
„Sie ist wach!“ die Besitzerin der weiblichen Stimme kam besorgt auf mich zu.
„Was hast du gesagt?“ fragte sie mich.„Rebella“ meine Präzision und Wortgewandtheit musste sie bestimmt sehr überraschen.
„Ich habe Sie immer noch nicht genau verstanden.“ sie scheute ihren Sohn verständnislos an.
„Mom, sie hat ihren Namen gesagt. Bist du seit neuesten auch noch schwerhörig oder was?“ er schlug sich gegen die Stirn.
„Hey Freundchen, nicht in diesem Ton. Und wie lautet jetzt ihr Name?“ sie schaute ihn fragend an.
„Rebella“ antworteten wir beide gleichzeitig.Seine Mom schaute mit großen Augen von Einem zum Anderen.
„Das ist aber ein außergewöhnlicher Name.“
Ich wollte mich aufsetzten und fiel jedoch gleich wieder um.
„Bleib ruhig liegen, Kleines du bist bestimmt noch total erschöpft. Schlaf noch ein bisschen.“ sagte wieder die, der junge hatte sie eben mom genannt oder?Mein Gehirn schaltete wieder ab und ich sah nur noch die schwärze der verhassten Ohnmacht.

Als ich aufwachte war ich an einem anderen Ort, hatte ich das etwa nur geträumt? Ich stand auf und schlug die Decke zurück die auf mir lag. Hier war alles so rot. Ganz anders als in meinem Traum. Ich ging zu Tür und öffnete sie. Dahinter war ein elendig langer Flur. Ich bog nach rechts ab und blieb immer mit einer Hand an der Wand. Der Flur war fast komplett schwarz in ungefähr 50 Meter Abständen tauchte mal auf der einen mal auf der anderen Seite eine Fackel auf. Dazwischen waren ein paar Türen an denen ich immer rüttelte um zu gucken, ob sich eine davon öffnen lies, doch sie waren alle verschlossen. Nach einer Weile kamen keine Türen mehr und es war nur noch ein trostloser Flur. Ich fing an zu rennen blieb jedoch weiterhin mit der Hand an der Wand. Auf einmal hörte die Wand auf zu existieren und die Fackeln schwebten in der Luft. Ich rannte immer schneller bis ich keine Luft mehr bekam und blieb stehen. Ich stützte mich mit meinen Händen auf den Knien ab und atmete erst mal tief durch bis sich mein Herzschlag und meine Atmung etwas beruhigt hatten und dann schaute ich auf, was ich da sah lies mich jedoch die Luft anhalten. Ich stand in einem riesigen Saal. Ich drehte mich einmal um mich selbst um mir den kompletten Raum anzugucken und schaute ganz zum Schluss zur Decke und was ich da sah ließ mich innehalten. An der Decke war ein altes Fresko zu sehen das den Teufel zeigte wie er einen Engel enthauptete. Als sich auf einmal die decke immer weiter von mir entfernte und ich einen Luftzug spürte, schaute ich nach unten und fing an zu schreien.

Ich schreckte hoch und stieß beinahe mit einem anderen Kopf zusammen.
„Was machst du da?“ fragte ich diesen jemand über mir und rieb mir den Kopf, weil ich immense Kopfschmerzen hatte.
„Du hast angefangen zu schreien, dann wollte ich dich wecken doch du hast mir dann beinahe eine Kopfnuss verpasst“ sagte eine Mädchenstimme mit einem Grinsen das man gut raushören konnte.

Impressum

Texte: Katharina Margraf
Bildmaterialien: Katharina Margraf
Tag der Veröffentlichung: 21.03.2013

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