Er rannte. Er rannte so schnell er konnte durch den Wald. Flüchtig sah er nach hinten. Nichts. Absolut nichts war dort zu sehen, bis auf die Bäume und Büsche die sich leicht im Wind wiegten, doch er wusste, dass jemand, oder besser gesagt etwas, hinter ihm her war. Nur was wusste er nicht. Wieder hörte er Schritte. Hinter ihm war etwas was ihn einholte. Nicht schnell, nicht langsam, aber immer noch schnell genug, um ihm zu zeigen, dass er nicht mal eine Chance hatte dem etwas zu entkommen.
„Mr George!“
Wieso kannte der Fremde seinen Namen? Woher kam er? Was wollte er? Wieso jagte er ihn? Mr George hatte so viele Fragen.
„Mr George!“ Die Stimme wurde lauter.
Mr George stolperte und fiel auf den, vom Regen feuchten, Boden. Er wollte sich gerade aufrichten, als ihn jemand an der Kehle packte und grob hochhob. Der Mann den Mr George sich nun gegenüber sah, bot keinen schönen Anblick. Er hatte schulterlange, schwarze, fettige Haare, die er sich nach hinten in den Nacken gekämmt hatte. Sein ganzes Gesicht war von Narben übersät und er kniff seinen eh schon schmal Mund zusammen. Seine Nase hatte in der Mitte einen Knick, so als sei sie schon einmal gebrochen gewesen. Seine buschigen Augenbrauen zog er fragend in die Höhe.
„Mr Georg.“ flüsterte er mit rauer, unförmiger Stimme in sein Ohr. „Wieso sind Sie so unhöflich und ignorieren mich einfach. Sie haben mir ja nicht nicht einmal geantwortet.“
Die Füße von Mr Georg baumelten in der Luft und der Mann hielt ihn einfach weiter da oben, so als würde er nichts wiegen. Mr George versuchte sich aus dem eisernen Griff des Mannes zu befreien, doch es ging nicht.
„Was wollen Sie von mir?“ presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Ich habe nur eine Frage...“ zischte es unangenehm neben seinem Kopf.
„Dann fragen Sie doch endlich, aber lassen Sie mich, um Gottes Willen, runter!“
„ Nein, mein Lieber, wir wollen doch wohl nicht unhöflich werden oder? Ach und wenn wir gerade schon mal dabei sind, wo sind denn nur meine guten Manieren hin, die lassen mittlerweile echt zu wünschen übrig! Ich sollte wieder mehr Zeit mit den Menschen verbringen. Also, Ich will mich dir vorstellen: meine Name ist Lorenzo – meinen Nachnamen brauchst du nicht zu wissen - Und nun zu meiner eigentlichen Frage.“ - Mr George wurde bereits schwindelig, weil er keine Luft mehr bekam - „Kennen Sie dieses Mädchen? Sie haben nicht viel Zeit zum Überlegen und wenn sie es überhaupt tun, dann sollten Sie es schnell und gut erledigen. Sonst kann ich für nichts garantieren, ich hatte schon längere Zeit nichts mehr zu Essen gehabt.“
Lorenzo hielt ihm ein Foto vor sein Gesicht. Er kannte das Mädchen, es war Nadja Ebony, eine seiner Schülerinnen. Er kannte sie nur zu gut, doch er hatte geschworen es geheim zu halten, das Geheimnis, was ihre Eltern ihm anvertraut hatten, kurz bevor sie ermordet wurden. Mr Georg und Nadja's Eltern waren gute Freunde. Er hatte ihnen versprochen zu schweigen, egal was ihm auch zustoßen würde. Selbst wenn er dabei sterben würde. Die einzige die noch davon wusste war Miranda Rain, Nadja's Tante und jetzige Adoptivmutter.
„Nein, ich kenne sie nicht. Ich habe sie auch noch nie gesehen. Wieso sollte ich sie denn bitteschön kennen?“ antwortete er.
„Mmmmmmhh... falsche Antwort.“
Lorenzo drückte noch einmal fest zu und schleuderte dann Mr George von sich. Mr George drehte sich mehrmals in der Luft und schlug heftig gegen einen Baum. Man hörte wie seine Knochen in der Wirbelsäule knackten.
Mr George schrie. Blut spritzte aus seinem Mund. Eine Rippe musste seine Lunge durchbohrt haben. Der Schmerz war unerträglich. Ihm wurde wieder schwindelig. Vor seinen Augen fing alles an zu verschwimmen. Seine Brust wurde zusammen gepresst so als würde ein schwerer Stein auf ihr liegen. Es war ein kaum auszuhaltender Schmerz. Als würde man ihm einen Dolch mitten in sein Herz rammen, ihn wieder herausziehen, wieder zustechen und den Dolch einmal um die eigene Achse drehen. Immer wieder und wieder. Mr Georg sah verschwommen, dass Lorenzo sich einen Stein vom Boden nahm, ihn in der Hand wog, zielte und warf. Der Stein landete genau auf seiner Brust. Er zuckte zusammen und hustete. Blut, soviel Blut. Es kam aus seinem Mund, befleckte seine Kleidung und verteilte sich auf dem Erdboden, wo es langsam einsickerte. Mr George wollte sich auf die Seite drehen, doch nun landete ein großer Stein auf seinem Buch er hustete erneut und wieder kam ein Schwall Blut aus seinem Mund. Er schaute vorsichtig auf seine Brust, um nicht noch einmal husten zu müssen, und suchte den Stein, damit er ihn vielleicht, vorsichtig von sich hinunterrollen konnte. Was er auf seiner Brust sah war aber kein Stein. Was er sah war ein Schuh. Ein Schuh? Jetzt wunderte sich Mr George. Wie konnte ein Schuh so schwer sein? Und überhaupt, was machte ein Schuh auf seiner Brust? Plötzlich beugte sich ein schwarzer Schatten zu ihm herunter und ihm wurde bewusst, dass nicht der Schuh soviel wog, sondern, derjenige der ihn trug und das war keine Geringerer als Lorenzo persönlich.
„Ich frage dich ein letztes mal. Kennst du dieses Mädchen?“ Er hielt das Foto von Nadja so, dass Mr George nur das Bild sah und nichts weiteres um ihn herum, dass seine Aufmerksamkeit hätte auf sich lenken können.
„Ich sagte es doch bereits. Ich kenne dieses Mädchen nicht und...“ röchelte Mr George.
„Schon wieder Flasche Antwort, also mal ehrlich Mr George, muss ich mir Sorgen um Sie machen? Ich hoffe ja nicht. Naja in wenigen Sekunden wird das ja so oder so egal sein, also, sagen Sie lebe wohl zu der lieben, guten, alten Welt.“
Lorenzo beugte sich langsam zu ihm herunter und zog seine Lippen zu einem Zähnefletschen zurück. Lange gerade Eckzähne sprossen aus seinem Zahnfleisch hervor. Das letzte bisschen Abstand überwand er mit einem plötzlichen nach vorne schnellen und biss in seine die Kehle seine Kehle.
Mr George schrie erneut laut auf. Lorenzo begann ihm das Blut auszusaugen. Er war gierig und nahm viel zu viel auf einmal. Langsam wurde es schwarz vor Mr George's Augen. Ein undurchdringliches schwarz. Nun wurde wirklich alles endgültig schwarz um ihn herum.
„Du kanntest sie und sie ist hier.“ flüsterte Lorenzo. Es war das letzte was Mr George hörte und es machte ihm Angst, dann wurde alles still. So still wie der Tod seine Opfer holt.
Kapitel 1
„Nadja, Nadja!“ Diese Stimme. Ich kannte sie irgendwo her... aber woher nur?
„Nadja! Du musst jetzt runter kommen oder du kommst zu spät!“ Mira, es war meine Tante Mira. Das konnte nur bedeuten, dass heute Schule war und ich wieder verschlafen hatte. Schule, das Wort kotzte mich langsam an. Sie sagte es zwar nicht, aber allein der Gedanke daran lies mich würgen. Ich verstand absolut nicht warum Mira mich zu so etwas unnützen zwang. Langsam drehte ich mich um und schaute auf meinen Wecker 7:30 Uhr. Nicht gut. Gar nicht gut. Ich riss die Augen auf und rechnete noch schnell nach wie viel Zeit ich brauchen würde um mich fertig zu machen. Also zehn Minuten bis zur Schule, zehn Minuten zum Essen und normalerweise eine halbe Stunde für den Rest, sprich duschen, föhnen, schminken etc. Nun gut. Das alles sollte auch in zehn Minuten machbar sein und zur Not konnte ich ja auch einfach das Essen ausfallen lassen. Ich stand auf, holte mir frische Sachen aus dem Schrank und stellte mich unter die Dusche. Als ich fertig war föhnte ich mir schnell die Haare sodass sie nur noch feucht waren und schminke mich kurz, meine Haare konnte ich wohl nicht mehr glätten und stürzte ich die Treppe herunter und ging auf direktem Wege in die Küche. Dort angekommen machte ich mich daran mir einen heißgeliebten Cappuccino zuzubereiten. Ich füllte die heiße Flüssigkeit in einem Pappbecher zum mitnehmen und häufte mir drei Löffel von dem Zucker in die Tasse. Mit meiner Schultasche über der Schulter und mit dem heißen Getränk in der Hand sprintete ich zu meinem alten Chevy und fuhr los um meine Freundin, Madisson, abzuholen. Da ich das Essen ausfallen gelassen hatte, hatte ich noch genügend Zeit, trotz allem fuhr ich viel zu schnell. Vor ihrem Haus angekommen, stieg ich aus und rannte zur Haustür, wo ich gleich mehrmals klingelte. Erst nach einer geschätzten Stunde wurde die Tür geöffnet.
„Da bist du ja endlich, ich habe eine gefühlte Ewigkeit auf dich gewartet!“ stürzte Mad sofort auf mich ein.
„DU hast eine gefühlte Ewigkeit auf MICH gewartet???“ fragte ich sie entsetzt.
„Ja habe ich und jetzt los.“
„M-Moment! Wir wollen doch mal eins klarstellen, ich habe hier auf DICH gewartet und nicht du auf mich. Außerdem bin ich heute früher als sonst, obwohl ich echt verdammt spät aufgewacht bin.“ den letzten Teil des Satzes nuschelte ich vor mich hin, sodass Mad es nicht mehr hörte.
„Was hast du gesagt?“ sie schaute mich misstrauisch an und zog eine Augenbraue hoch.
„Ach nichts besonderes, hatte auch nicht mit dir zu tun und jetzt lass uns gehen, sonst kommen wir zu spät zum Unterricht.“
„Ist ja schon gut, aber sei nicht immer so stur Mädel.“ mit diesen Worten ging Mad an mir vorbei und stieg in meinen Chevy. Und zwar nicht auf den Beifahrersitz. Sie setzte sich eiskalt auf den Fahrersitz. Ich war sprachlos, was nicht selten vorkam seit ich hier hergezogen bin und Mad meine beste Freundin geworden ist.
Texte: Katharina
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2013
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